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LSoc(-j2.-i,(S,(o
Sarbarö College librarg
MRS. ANNE E. P. SEVER,
OF BOSTON,
WlDOW OF Cot. JAKES Warrik SKVIR,
Sitzungsberichte
der
philosophisch - philologischen
und der
historischen Classe
der
k. b. Akademie der Wissenschaften
zu JVlünchen.
Jahrgang 1895.
Mttnehen
Verlag der K. Akademie
1896.
In CkymmiflsioD des G. Franz'schen Verlags (J. Roth).
Inhalts - üebersicht.
Die mit * bezeichneten Abhandlungen sind in den Sitzongsberiehten nicht abgedruckt.
Oeffentliche Siüung der kgl. Akademie der Wissenschaften zur
Feier des 136. Stiftungstages am 28. Märe 1895.
Seite
V. Pettenkofer: Nekrologe 177
V. Christ: Nekrologe 183
V. Cornelias: Nekrologe 200
▼. Pettenkofer: Mitteilung Über den Zographos- Preis . . . 202
Oeffentliche Sitzung zu Ehren Seiner Majestät des Königs und
Seiner Königl. Hoheit des Prinz-Regenten am 15. November 1895.
M. V. Pettenkofer: Eröfinungsrede 544
Wahlen 549
Philosophisch-philologische C lasse.
Sitzung vom 5. Januar 1895.
Y. Christ: Schnitzel aas einer Pindarwerkstätte 3
*K. Krumbacher: Ein Dithyrambus auf den Chronisten Theo-
phanes 1
Sitzung vom 9. Februar 1895.
V. Maurer: Zwei Rechtsfälle in der Eigla 65
J. Haurj: Ueber Prokophandschriften 125
* Rück: Wilibald Pirkbeimer's Schweizerkrieg, nach Pirkheimer's
Autographie im britischen Museum herausgegeben . . 32
IV
Sitzung vom 2. März 1895.
^ Seite
*Kuhn : Himmel- und HölIenfahrteD, ein Beitrag zur allgemeinen
Literaturgeschichte 205
Sitzung vom 4. Mai 1895,
*Eeinz: Wasserzeichen des 14. Jahrhunderts in den Hand-
schriften der k. Staatsbibliothek 206
Sitzung vom 15. Juni 1895.
Unger: Seleukidenära der Makkabäerbücher 236
H. Paul: Tristan als Mönch, deutsches Gedicht aus dem 13. Jahr-
hundert 317
Sitzung vom 6. Juli 1895.
Wölfflin: Benedict von Nursia und seine Mönchsregel . . . 429
*W. Meyer: Nürnberger Faustgeschichten 428
Sitzung vom 2. November 1895.
N. Wecklein: Beiträge zur Kritik des Euripides .... 479
Sitzung vom 7. Dezember 1895.
*Iw. V.Müller: Ueber die ünechtheit der dem Galen beige-
legten Schrift über die beste medicinische Schule . . 550
G. Unger: Zu Josephos. I. Die unpassend eingelegten Senatus-
consulte 551
R. Simon: Ueber einige Commentatoren des Yajurveda . . 605
Historische Classe.
Sitzung vom 5. Januar 1895.
*S. Eiezler: Die bayerische Politik im schmalkaldischen Krieg 2
Sitzung vom 9. Februar 1895.
M. Lossen: Ueber die Verheirathung der Markgräfin Jakobe
von Baden mit Herzog Johann Wilhelm von Jölich-Cleve-
Berg 1581-1583 33
V
Seite
*y. Hefner- Alteneck: Ueber Schilderer und Schildbemalang
des Mittelalters 82
Sitzung vom J2. März 1895.
*v, Cornelius: Calvin und Perrin in den Jahren 1546 und 1547 205
SUzung vom 4. Mai 1895,
J. Friedrich: Ueber die Cenones der Montanisten bei Hiero-
nymus 207
*Heigel: Beitrage zur Geschichte der Uebereinkunft von Pill- .
nitz vom 27. August 1791 206
^Simonsfeld: Beiträge zum p&pstlichen Urkunden wesen im
Mittelalter und zur Geschichte des 14. Jahrhunderts . . 206
Sitzung vom 15, Juni 1895,
* Stiege: Entstehung des Welthandels 222
Dove: Das älteste Zeugniss fflr den Namen Deutsch .... 228
SUzung vom 6, Juli 1895,
*J. Friedrich: Ueber die unächten Kaiser- und Papstschreiben
in den Biographien des Johannes Chrysostomus .... 428
SUzung vom 2, November 1895,
*W. Preger: Ueber eine noch unbekannte Schrift Suses . . 477
*H. Simons feld: Neue Beiträge zum päpstlichen Urkunden-
wesen im Mittelalter und zur Geschichte des 14. Jahr-
hunderts 477
Sitzung vom 7. Dezember 1895,
*S. Biezler: Geschichte der Hexenprocesse in Bayern bis zum
Ende des 80jähngen Krieges 550
Einsendungen von Druckschriften 455, 651
Register 675
//t- (> 3
Sitzungsberichte
und der
historisehen Classe
der
k. b. Akademie der Wissenschaften
zu JVIünchen.
1895, Heft L
^^ Münehen
Verlag der E. Akademie
1895.
In Gommisnon des G. Frans^sohen Yerlaga (J. Roth).
/
/
I
I •
\ .' . *
\
Sitzungsberichte
der
königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.
Sitzung vom 5. Januar 1896.
Philosophisch-philologische Classe.
Herr W. v. Christ hielt einen Vortrag :
Schnitzel aus einer Pindarwerkstätte
erscheint in den Sitzungsberichten.
Herr K. Krumbacher hielt einen Vortrag :
Ein Dithyrambus auf den Chronisten Theo
phanes
erscheint in den Sitzungsberichten.
1805. Sitsangab. d. phil. u. bist. Gl.
▼c« S, X
e Gaase.
H^rr .^. RttZttt tA^Iz ^in^c Vortrag:
bi^ bayi^ri^cke Politik im ^chnialkaldi^chen
Kri*rg
^Tieb^nt in den l)enkmhnfie^.
3
Schnitzel aus einer Pindarwerkstatte.
Von W. Christ.
(Vorgetragen am 5. Janaar.)
Unscheinbar ist der Titel, den ich diesen zerstreuten
Bemerkungen gegeben habe, und doch könnte er, einmal ge-
adelt durch Max Müller^s ships from a German Workshop, leicht
grossere Erwartungen erregen als ich zu erfüllen vermöchte.
Denn nur klein sind die Schnitzel, die sich mir bei einer
Neubearbeitung Pindars, die demnächst im Teubner'schen
Verlag erscheinen wird, ergeben haben; sie betreffen ver-
schiedene literarische, kritische und archäologische Fragen
und sollen ihrem Titel entsprechend in zwangloser Folge und
ohne grossen gelehrten Apparat gegeben werden.
1.
Die auf dem Boden des alten Olympia von den deutschen
Forschem ausgegrabenen Inschriften weiss der Freund Pindars
besonders zu schätzen : sie geben interessante Parallelen zu
Stellen des thebanischen Dichters und klären vielfach über
dunkle Punkte der gymnischen Wettkämpfe auf. Zu den
beiden äginetischen Jünglingen Alkimedon und Aristomenes,
welche im Ringkampf über vier Gegner gesiegt hatten
(0. 8, 68. P. 8, 81), gesellt sich jetzt ein dritter, Xenokles
aus dem arkadischen Gebirge Mainalos , der sich inscr. 128
in Arch. Zeit. 1878 rühmt
MaivdXiog SevoxXfjg vlxaoa EvM^tpoovoq vlo^,
äjtrtjg jnovvoTiakäv riooaqa oo\umT §Xcov.
Ti^r >-
Hkloriache Clasee-
♦>^'l :z:
Schnitzel aus einer Pindarwerkstätte.
Von W. Christ.
(Vorgetragen am 5. Januar.)
Unscheinbar ist der Titel, den ich diesen zerstreuten
Bemerkungen gegeben habe, und doch könnte er, einmal ge-
adelt durch Max Müller's ships from a German Workshop, leicht
grossere Erwartungen erregen als ich zu erfüllen vermöchte.
Denn nur klein sind die Schnitzel, die sich mir bei einer
Neubearbeitung Pindars, die demnächst im Teubner'schen
Verlag erscheinen wird, ergeben haben; sie betreffen ver-
schiedene literarische, kritische und archäologische Fragen
und sollen ihrem Titel entsprechend in zwangloser Folge und
ohne grossen gelehrten Apparat gegeben werden.
1.
Die auf dem Boden des alten Olympia von den deutschen
Forschem ausgegrabenen Inschriften weiss der Freund Pindars
besonders zu schätzen : sie geben interessante Parallelen zu
Stellen des thebanischen Dichters und klären vielfach über
dunkle Punkte der gymnischen Wettkämpfe auf. Zu den
beiden äginetischen Jünglingen Alkimedon und Aristomenes,
welche im Ringkampf über vier Gegner gesiegt hatten
(0. 8, 68. P. 8, 81), gesellt sich jetzt ein dritter, Xenokles
aus dem arkadischen öebirge Mainalos , der sich inscr. 128
in Arch. Zeit. 1878 rühmt
MatvdXiOQ SevoyJ.fj^ vixaoa Evd^vcpqovoc; i'Foc,
&7rtriq fiovvonaXäv reooaQa oojßiaiT ektov.
1*
4 W. Ckrisi
E. Cartins a. St. p. 84 hält denselben ffir einen jung?:
Knaben, indem er ämt]^ für identisch mit djrr^v erklärt cn-i
mit 'nicht flfigge' wiedergibt. Aber abgesehen davon, da^
djTT^C weder so einfach mit d.Tri;r identificiert werden kam.
noch eine Verschreibang des drrijc ans <Lm/v aaf einen
Stein irgend welche Wahrscheinlichkeit hat, gibt auch ^otn'z
richtig gefasst^ einen ganz guten Sinn; es heisst 'nicht fallen!'
'nicht strauchelnd'. Ich weiss zwar für dieses Wort kelcf
zweite Stelle anzugeben, wohl aber fiir die zwei verwandten
äjtrco^ wnd fisTTona;, Das erste steht bei Pind. P. 9. 92
q?dnas A' o^vofnd doAO) drTCüTi dfiitdoaaic dir^QX^o xvxm
und Philo de rep. VII p. 534 c hr :iäot rorrois djrrdni t<-*
Jüoyfo ^ostoo^y-rTfu, das zweite nicht blo^ bei Longin 33, 4
und JL ey.^^T «ji'jcsse des Hesychius nrnforov' ro /atj Tilzaof
äJl* imoz. f rLi-em auch in einem olympischen Siegenrer-
lieiciiiii^b Q'^ •Ji.^>n':«2Taphen Phlegon bei Photios cod. 97.
'lolövjoo? 'Aj^z^ij^*^^*'^ zifjuLiiv, äsmoTOs nsoiodor. Hier steir
freilich U*i h^<£^T in der Ausgabe des Photios ZAsrran'j:
grost: gerti.^''>r'-. : ab^r eine Kampfe^rt neoiodog gäbe?
nicht, XLA r.j :■ .-^,v wird nur nach dem spater herrschendes
Spra«.bg*r'-r*,:-. z-^i^r:, d^^ jener IsiJoros in allen vier Wett-
spielen iXTiT^i :t-'v>xov . auf dem Isthmus, in Nemea, za
Delphi t;:.^ ;r. 0.7v.:.a -^i-^er geblieben war. Es ist deshalb
ä7TTo/Tog ;r. 'i-tr. j^.*^.«'.r-^r* ^inne wie son-t a.TTc»>c gebraucht
und demLi.r. rr, z ■clr^i.-.^m Anfansrsbuehstaben zu schreiben.
wie richtig av*-. Ml.l-r in Fragm. bist, graec. III 606 ge-
than hat
9
Da wir elr,-.** -^i ü^^t für die Ordnung der Spiele
ebenso wichtig*rr.. »* t.r, «i^n neueren Forschem vemach-
läs-igten UrkM.ie »V:'.^,-:. i<, bemerke ich gleich noch weiter,
dass in jenem S.*^^rT*r.'7>,xr.LU der Sieg des Hekatomnos
aus Milet im bew^f :.^»^i La A zweimal erwähnt ist, im An-
fang: ivbca 'tyiyjtrouF'.^i J/v,//;//^ fjjadujv xm diavLor »u
Schnitzel aus einer Pindarwerkatätte. 5
o7iXh7]v xoiQ und weiter unten : 'ExatojLivayg Mdijöiog ÖTtXhrjv.
Das kann nicht so ohne weiteres gebilligt werden ; die rich-
tige Stelle aber zeigt die sonst befolgte Reihenfolge der
Wettkämpfe, über die ich in den Prolegomena meiner Aus-
gabe gehandelt habe; danach fand der bewaffnete Lauf wie
in Athen so auch anderwärts erst am Schlüsse der nackten
Leibesübungen vor dem Pferdelauf statt. Daher steckt im
Eingang der Fehler und ist dort zu schreiben ivlxa 'Exa-
TOfivcog MiXrjaiog oxddiov xal dlavXov [xai öjiihrjv, rglg]. Die
eingeklammerten Worte sind eine Interpolation des ursprüng-
lichen Siegerverzeichnisses, wie bekanntlich in ganz ähnlicher
Weise zu Rom die Gonsular- und Triumphalfasten durch
eingestreute Nebenbemerkungen interpoliert wurden. Was
aber die Sache anbelangt, so kam das auch sonst vor, dass
einer in den drei Arten des Laufes, im einfachen Stadion,
im Doppellauf und im bewaffneten Lauf siegte, und dass dieses
eigens angemerkt wurde. So heisst es von Thessalos im Sieges-
gesang auf den Korinthier Xenophon bei Pindar 0. 13, 38:
XQavamg Iv ^A&dvaioi rgla Sgya jtodaQxrjg äjuiga '&rjx€ x&Higt
diitpl xdfiaiq, und lesen wir ein Aehnliches von dem be-
rühmten Läufer Leonidas aus Rhodos bei Philostratos, gymn.
p. 278, 6 Kays. : Aewvliag 6 'Podiog in ^OXv/Luiiddag riaoagag
hbca Tr}v xqixxvv xavrrjv , seil. dnUrov dgdfiov xal oradiov
xal diavXov,
3.
In unserer XJeberlieferung (schol. Pind. 0, 9, 148. 13, 154.
I. 3, 114) und in den Werken der Neueren finden wir zwei
gymnische Spiele Thebens angegeben, die Jolaia und die
Herakleia, zu Ehren des Haupthelden der Stadt, des Hera-
kles, und seines Neffen und Kampfgenossen, des gefeierten
Wagenlenkers Jolaus, des Sohnes des Iphikles. Aber dass
es zo Theben zwei gymnische Spiele, und obendrein zwei
Jahr für Jahr gefeierte {heia Pind. I. 3, 85) gab, ist von
>^f . ^ 3
Sitzungsberichte
/
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philosophisch - philologischen
und der
historischen Classe
der
k. b. Akademie der Wissenschaften
zu IVIünchen.
1895. Heft L
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Verlag der E. Akademie
1895.
In Gommisaion des G. FranE'achen Verlags (J. Roth).
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Sitzungsberichte
der
köoigl. bayer. Akademie der Wissenschaften.
Sitzung vom 5. Januar 1895.
Philosophisch-philologische Classe.
Herr W. y. Christ hielt einen Vortrag :
Schnitzel aus einer Pindarwerkstätte
erscheint in den Sitzungsberichten.
Herr K. Krumbacher hielt einen Vortrag:
Ein Dithyrambus auf den Chronisten Theo
phanes
erscheint in den Sitzungsberichten.
1895. Sitaangsb. d. phiL u. bist. Cl.
'IUI ^. TuDiiiir I?9&
R:Äorjädit* CLüffie.
H^rr S. K:t3US ^i_er -h;:»*i V-rr-tr
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<fr»fir?«"i4 '21 UHL .. ♦fIL\ÄlIl.-J~i*a.
Schnitzel aus einer Pindarwerkstätte.
Von W. Christ.
(Vorgetragen am 6. Janaar.)
Unscheinbar ist der Titel, den ich diesen zerstreuten
Bemerkungen gegeben habe, und doch könnte er, einmal ge-
adelt durch Max Müller^s ships from a German Workshop, leicht
grossere Erwartungen erregen als ich zu erfüllen vermöchte.
Denn nur klein sind die Schnitzel, die sich mir bei einer
Neubearbeitung Pindars, die demnächst im Teubner^schen
Verlag erscheinen wird, ergeben haben; sie betreffen ver-
schiedene literarische, kritische und archäologische Fragen
und sollen ihrem Titel entsprechend in zwangloser Folge und
ohne grossen gelehrten Apparat gegeben werden.
1.
Die auf dem Boden des alten Olympia von den deutschen
Forschem ausgegrabenen Inschriften weiss der Freund Pindars
besonders zu schätzen: sie geben interessante Parallelen zu
Stellen des thebanischen Dichters und klären vielfach über
dunkle Punkte der gymnischen Wettkämpfe auf. Zu den
beiden äginetischen Jünglingen Alkimedon und Aristomenes,
welche im Ringkampf über vier Qegner gesiegt hatten
(0. 8, 68. P. 8, 81), gesellt sich jetzt ein dritter, Xenokles
ans dem arkadischen Gebirge Mainalos , der sich inscr. 128
in Arch. Zeit. 1878 rühmt
MatvdXioq SevoxXfJQ vlxaoa Ev'&vq^oovog vios,
äjttijg fAOVVOTinkar reoofiQn ocujuaiT fMdv.
1*
4 W. ChrUi
IL CunrjÄ a. St. p. S4 hält denselben ftr men jungen
Kraben, indem er 'inmj^ flr ide&tia«:-D mit a:Trrgr erklärt und
irJt 'filchl fl jgge* friedergibt. Aber abgesehen daTon. dass
isn/fi weder «o einbfzh mit o-ir^r identi Meiert werdai kann,
öfififi eine Verachreibang des d.-TTi;c aas d.-n7;r auf einem
Hi^D irgend welche Wahrscheinlichkeit hat, gibt auch ä^mjg,
richtig gefa.»-jt. einen tranz guten Sinn : er heisst 'nicht fallend,'
'r.icht fstm^i^th^lnd* , Ich wei^s zwar für dieses Wort keine
zweite St/:I!e anzugeben, wohl aber für die zwei Terwandten
AfiTOß^ hi.f] fLTvtono:;. Da-» er?te steht bei Pind. P. 9. 92
*fdnfM4 ff h'irof.nti hokff} änröni daßidtjofu^ bn]oj[tio xvxlor
urrl Plato de rep. VII p. 534 c iv näoi joi-roi^ arTum rro
i/r/ftj bumofjtvrijmf da.s zweite nicht bloss bei Longin 33, 4
und in einer Gk^se des Hesychius ämfoTor' ro fifj Tunnovy
4y,// t.oro^, v/ndem auch in einem olympischen Si^erver-
y/nchnin de-» Chronographen Phlegon bei Photios cod. 97 :
*IoiAoßooc *Ah^avdofvQ TidXrjv, äjixonog Tieoioöov. Hier steht
freilich bei Bekker in der Ausgabe des Photios ^A^nanos
groriM geM^hrieben: aber eine Kampfesart ^eoioöog gab es
nicht, mit nf.oUfbov wird nur nach dem später herrschenden
Sprai;hgebrauch gesagt, dass jener Isidoros in allen vier Wett-
spielen ixaxa TJtfiohdov) , auf dem Isthmus , in Nemea , zu
Delphi und in Olympia Sieger geblieben war. Es ist deshalb
äntonoc; in dem gleichen Sinne wie sonst ojncüg gebraucht
und demnach mit kleinem Anfangsbuchstaben zu schreiben,
wie richtig auch Müller in Fragm. bist, graec. III 606 ge-
than hat.
2.
Da wir einmal bei dieser für die Ordnung der Spiele
ebenso wichtigen, wie von den neueren Forschern vernach-
lÜHHigten Urkunde stehen, so bemerke ich gleich noch weiter,
djiSH in jenem Siegerverzeichnis der Sieg des Hekatomnos
aus Milet im bewaffneten Lauf zweimal erwähnt ist, im An-
fang: Mxa 'Kaxardjuvajg Mihjoiog orddiov xal ölavkov xai
!•
-^
Schnitzel aiis einer Pindarwerkstätte. 5
ojtlhfjv TQig und weiter unten : 'Exardfivcog MiXrjoiog ÖTzkirrjv.
Das kann nicht so ohne weiteres gebilligt werden; die rich-
tige Stelle aber zeigt die sonst befolgte Reihenfolge der
Wettkämpfe, über die ich in den Prolegomena meiner Aus-
gabe gehandelt habe; danach fand der bewaffnete Lauf wie
in Athen so auch anderwärts erst am Schlüsse der nackten
Leibesübungen vor dem Pferdelauf statt. Daher steckt im
Eingang der Fehler und ist dort zu schreiben hlxa 'Exa~
rofjLvcog Mikrjoiog oxddiov xal dlavkov [xal öjtXlrrjVf tgCg]. Die
eingeklammerten Worte sind eine Interpolation des ursprüng-
lichen Siegerverzeichnisses, wie bekanntlich in ganz ähnlicher
Weise zu Rom die Consular- und Triuraphalfasten durch
eingestreute Nebenbemerkungen interpoliert wurden. Was
aber die Sache anbelangt, so kam das auch sonst vor, dass
einer in den drei Arten des Laufes, im einfachen Stadion,
im Doppellauf und im bewaffneten Lauf siegte, und dass dieses
eigens angemerkt wurde. So heisst es von Thessalos im Sieges-
gesang auf den Korinthier Xenophon bei Pindar 0. 13, 38:
xgavacug h ^A^dvavai rgia Sgya nodagxrjg äjuSga dijxe xdilior*
äfjKfl xofiaiQt und lesen wir ein Aehnliches von dem be-
rühmten Läufer Leonidas aus Rhodos bei Philostratos, gymn.
p. 278, 6 Kays. : Aewvldag 6 'Podiog in ^OXvfxmddag rioaagag
ivbca rrjv tqittvv xavTtjv , seil. önUiov Sgöfiov xal aradlov
xal dtavkov,
3.
In unserer Ueberlieferung (schol. Pind. 0. 9, 148. 13, 154.
I. 3, 114) und in den Werken der Neueren finden wir zwei
gymnische Spiele Thebens angegeben, die Jolaia und die
Herakleia, zu Ehren des Haupthelden der Stadt, des Hera-
kles, und seines Neffen und Kampfgenossen, des gefeierten
W^enlenkers Jolaus, des Sohnes des Iphikles. Aber dass
es zu Theben zwei gymnische Spiele, und obendrein zwei
Jahr für Jahr gefeierte {tteia Pind, I. 3, 85) gab, ist von
V
3:1 • A
'tn r^^ * -r*r, ^
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n, xi:l an
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Schnitzel atu einer Pindarwerhstätte, 7
seien, und bemerkt Dissen ausdrücklich zu 0. 9, 97: Jolaia
sive Heraclea Thebana habebantur ad Jolai tumulum, qui idem
Amphitryonis et Alcmenae, ante portas Proetides. Aber da
bat Dissen nicht blos Unsicheres eingemischt, sondern auch
einen Hauptpunkt, welcher bei der Frage in Betracht zu
kommen hat, ganz übersehen. Es handelt sich nämlich zu-
gleich um den Ort in Theben, wo die Spiele stattfanden.
Nach der Beschreibung des Pausanias gab es in Theben
zwei Gymnasien und Stadien, eines des Jolaos, von dem wir
IX 23, 1 lesen : jiqö tojv nvlcov iatl tcbv ügoiTldcov xai to
'loXdov xaXovfievov yv/xvdoiov xal axddiov xarä xavrä reo re h
^OXvßuilq xal x(p ^EnidavQlcov y^g x^ß^^' Iv^OLV'&a deixvmat
xai riQcoov 'loXdov . . vnegßdvn dk tov axadlov rd iv Se^iq,
bodfiog trcTKov xal h aincß üivddgov fivrjfid iori, und ein
zweites des Herakles, das ausserhalb des Thors der Elektra
lag, and von dem Pausanias IX 11, 7 bemerkt: rov di 'Hga-
xieiov yvfjLvdotov Sx^rai xal arddiov, äfAipdxeqa i7i(6vv/Lia tov
&€ov. Diese Angabe aber gibt er, nachdem er zuvor unter
den Denkwürdigkeiten Thebens näher der Stadt, zur Linken
des Elektrathores die Trümmer des Hauses des Amphitryon
und das auch aus Pindar L 4, 79 bekannte Grab der Kinder
des Herakles und der Megara erwähnt hatte. Es befand sich
also nicht blos Yor dem Prötosthor, sondern auch vor dem
Elektrathor ein Gymnasium und ein Stadion, und von Am-
phitryon und Alkmene erwähnt Pausanias überhaupt nur
Gebäudereste vor dem Elektrathor. Da scheinen wir also um-
gekehrt zur Annahme zweier Spiele, der des Herakles vor
dem Elektrathor und der des Jolaos vor dem Prötosthor hin-
gewiesen zu werden. Ein Ausweg, dieser Schlussfolge zu
entkommen, ist indes nicht schwer. Vor dem Elektrathor
lag neben dem Herakleion nur ein Stadion, vor dem Prötos-
thor bei dem Grabmal des Jolaos ausser dem Stadion auch
ein Hippodrom, und das hatte seinen guten Grund in der
ortlichen Beschaffenheit, wie jeden ein Blick in die beiden
/
I
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' »,
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Sitzungsberichte
der
köoigl bayer. Akademie der Wissenschaften.
Sitzung vom 6. Januar 1896.
Philosophisch-philologische Classe.
Herr W. v. Christ hielt einen Vortrag :
Schnitzel aus einer Pindarwerkstätte
erscheint in den Sitzungsberichten.
Herr K. Krumbacher hielt einen Vortrag :
Ein Dithyrambus auf den Chronisten Theo
phanes
erscheint in den Sitzungsberichten.
1806. SitiuDgBb. d. phtl. a. bist. Cl.
4 W. Christ
E. Curtias a. St. p. 84 hält denselben für einen jungen
Knaben, indem er äjiti^g für identisch mit djrri^v erklärt und
mit 'nicht flügge' wiedergibt. Aber abgesehen davon, dass
äjni^g weder so einfach mit äjcri^v identificiert werden kann,
noch eine Verschreibung des ojiri^g aus äjiri^v auf einem
Stein irgend welche Wahrscheinlichkeit hat, gibt auch äjtti^g,
richtig gefasst, einen ganz guten Sinn ; es heisst 'nicht fallend,'
'nicht strauchelnd'. Ich weiss zwar für dieses Wort keine
zweite Stelle anzugeben, wohl aber für die zwei verwandten
äjiTwg und äTtrcoTog. Das erste steht bei Pind. P. 9, 92
(pwrag <5' d^vgenei doXo) äjiToni dafidaoaig diriQxsxo xvxXov
und Plato de rep. VII p. 534 c h näoi rovroig äjiTCüu reo
koycp diajioQevrjTaif das zweite nicht bloss bei Longin 33, 4
und in einer Glosse des Hesychius äTTxcorov' rö fit] nlntov,
äiX ioTog, sondern auch in einem olympischen Siegerver-
zeichnis des Chronographen Phlegon bei Photios cod. 97 :
^loidcDQog 'AXeSavögebg JcdXrjv, ämcoxog Jieglodov. Hier steht
freilich bei Bekker in der Ausgabe des Photios ^Ajttwrog
gross geschrieben; aber eine Eampfesart negiodog gab es
nicht, mit negiodov wird nur nach dem später herrschenden
Sprachgebrauch gesagt, dass jener Isidoros in allen vier Wett-
spielen {xarä nsQiodov) ^ auf dem Isthmus, in Nemea, zu
Delphi und in Olympia Sieger geblieben war. Es ist deshalb
äjirayxog in dem gleichen Sinne wie sonst djcrwg gebraucht
und demnach mit kleinem Anfangsbuchstaben zu schreiben,
wie richtig auch Müller in Fragm. bist, graec. III 606 ge-
than hat.
2.
Da wir einmal bei dieser für die Ordnung der Spiele
ebenso wichtigen, wie von den neueren Forschern vernach-
lässigten Urkunde stehen, so bemerke ich gleich noch weiter,
dass in jenem Siegerverzeichnis der Sieg des Hekatomnos
aus Milet im bewaffneten Lauf zweimal erwähnt ist, im An-
fang : Ivixa 'Eaxarö^iviog MiXtjoiog ardöiov xai dlavkov xai
Schnitzel atts einer Pindartoerkstätte. 5
oTtXhriv TQig und weiter unten : 'ExaTÖ/uvcog MtXrjotog önXhrjv.
Das kann nicht so ohne weiteres gebilligt werden ; die rich-
tige Stelle aber zeigt die sonst befolgte Reihenfolge der
Wettkänapfe, über die ich in den Prolegomena meiner Aus-
gabe gehandelt habe; danach fand der bewaJFnete Lauf wie
in Athen so auch anderwärts erst am Schlüsse der nackten
Leibesübungen vor dem Pferdelauf statt. Daher steckt im
Eingang der Fehler und ist dort zu schreiben Mxa 'Exa-
TÖßivayg Mdijoiog arddiov xal dlavXov [xal oTtllrrjv, tglg]. Die
eingeklammerten Worte sind eine Interpolation des ursprüng-
lichen Siegerverzeicbnisses, wie bekanntlich in ganz ähnlicher
Weise zu Rom die Consular- und Triumphalfasten durch
eingestreute Nebenbemerkungen interpoliert wurden. Was
aber die Sache anbelangt, so kam das auch sonst vor, dass
einer in den drei Arten des Laufes, im einfachen Stadion,
im Doppellauf und im bewaffiieten Lauf siegte, und dass dieses
eigens angemerkt wurde. So heisst es von Thessalos im Sieges-
gesang auf den Korinthier Xenophon bei Pindar 0. 13, 38:
xgavaalg h ^A&dvauji rgia ^gya Jtodagxrjg a/bLega ^rjxe xdkkiqr*
äficpi xdfiaig, und lesen wir ein Aehnliches von dem be-
rühmten Läufer Leonidas aus Rhodos bei Philostratos, gymn.
p. 278, 6 Xays. : Ascovldag 6 Yodiog in' 'Olvfiniddag teaoagag
ivtxa rrjv rgitrvv ravxtjv , seil. önXkov dgdfiov xal axadiov
xal diavXov.
3.
In unserer Ueberlieferung (schol. Pind. 0. 9, 148. 13, 154.
I. 3, 114) und in den Werken der Neueren finden wir zwei
gymnische Spiele Thebens angegeben, die Jolaia und die
Herakleia, zu Ehren des Haupthelden der Stadt, des Hera-
kles, und seines Neffen und Kampfgenossen, des gefeierten
Wagenlenkers Jolaus, des Sohnes des Iphikles. Aber dass
es zu Theben zwei gymnische Spiele, und obendrein zwei
Jahr für Jahr gefeierte {ireia Pind. I. 3, 85) gab, ist von
6 W. Christ.
vornhereiu nicht sehr wahrscheiulich. Dem widerspricht
die Analogie der anderen Städte und Kultorte: zu Olym-
pia, Neniea, Delphi, auf dem Isthmus, zu Epidaurus, Eleu-
sis, Marathon gab es überall nur ein Festspiel mit Wett-
kämpfen, und auch in Athen und auf Aegina werden wir nur
ein derartiges Fest, dort die Panathenaia, hier die Aiakeia,
annehmen dürfen. Daneben gab es allerdings, namentlich
in den grösseren Städten, wie Athen und Korinth, und an
den glänzenderen Kultstätten, wie Delphi, noch andere Feste,
mit denen Aufführungen, Fackellauf und scenische Agonen
verbunden waren, aber das schliesst den Satz bezüglich der
gyuiniscfaen und Reiterwettkämpfe nicht aus. Wie unsere
Dörfer nur eine Kirmes oder Kirch weih haben, so hatten
auch die Städte Griechenlands in der Regel nur ein Haupt-
fest, mit dem der kostspielige, aber auch Tausende von Men-
schen anziehende Apparat von turnerischen Wettspielen ver-
bunden war: man pflegte eben für ein Fest seine Mittel auf-
zusparen, um dieses dann um so glänzender begehen zu können.
Vollends will für Pindars Zeit die Annahme nicht passen,
dass es zu Theben und Athen mehrere Festspiele gegeben
habe. Oefters nämlich preist derselbe die Siege seiner Helden
in Theben und Athen, dann aber immer nur mit der ein-
fachen Ortsangabe in Theben {6y)ßaig 0. 7,84. 13,107.
N. 4, 19) oder in Athen {xQavaaXq h "A^dvaig 0. 7, 82.
13, 38, h 'AMvaig 0. 9, 88. I. 2, 20, iv yovvoTg A&aväv
1. 3, 43, eiHovibficov &7i 'A&aväv N. 4, 19) ohne weiteren
Zusatz, den man doch erwarten sollte, wenn es in einer dieser
Städte mehrere Turnfeste gegeben hätte. Einmal freilich ist
das Fest genannt F. 9, 97 rekeralg (bglaig iv IlakXddog, aber
ebenda fehlt der Name der Stadt, doch wohl deshalb, weil
es sich nur um ein Fest und nur um eine Stadt handelte.
Davon ausgehend haben denn auch in unserer Zeit Böckh
und Dissen angenommen , dass 'Ilgankeia und ^lokäeia nur
zwei verschiedene Namen eines und desselben Festes gewesen
SchnUßel aus einer Pindarwerkstätte. 7
seien, und bemerkt Dissen ausdrücklich zu 0. 9, 97: Jolaia
sive Heraclea Thebana habebantur ad Jolai tumulum, qui idem
Amphitryonis et Alcmenae, ante portas Proetides. Aber da
bat Dissen nicht blos Unsicheres eingemischt, sondern auch
einen Hauptpunkt, welcher bei der Frage in Betracht zu
kommen hat, ganz übersehen. Eß handelt sich nämlich zu-
gleich um den Ort in Theben, wo die Spiele stattfanden.
Nach der Beschreibung des Pausanias gab es in Theben
zwei Gymnasien und Stadien, eines des Jolaos, von dem wir
IX 23, 1 lesen: ngo x&v nvldw laxl x(bv Hgoirldwv xai to
*Iol&ov xalovßievov yvfxvAoiov xal arddiov xaxä xavrä rtß re iv
^OXvfuiiq. xai tcß 'EjtidavgUov yrjg %(biia' hnav^a deixwxac
xai ^Q€pov ^loidov . . vnegßdvri dk xov Gxadlov xd h de^iq.
ÖQOfiog tnjicov xai iv avxcp üivddQov fivfjfAd iaxi, und ein
zweites des Herakles, das ausserhalb des Thors der Elektra
lag, und von dem Pausanias IX 11, 7 bemerkt: xov dk 'Hga-
xieiov yvfivdoiov 1%^^^ ^^^ oxdöiov, äßitpoxeQa iTKow/xa xov
&eov. Diese Angabe aber gibt er, nachdem er zuYor unter
den Denkwürdigkeiten Thebens näher der Stadt, zur Linken
des Elektrathores die Trümmer des Hauses des Amphitryon
und das auch aus Pindar I. 4, 79 bekannte Grab der Kinder
des Herakles und der Megara erwähnt hatte. Es befand sich
also nicht blos vor dem Prötosthor, sondern auch vor dem
Elektrathor ein Gymnasium und ein Stadion, und von Am-
phitryon und Alkmene erwähnt Pausanias überhaupt nur
Gebaudereste vor dem Elektrathor. Da scheinen wir also um-
gekehrt zur Annahme zweier Spiele, der des Herakles vor
dem Elektrathor und der des Jolaos vor dem Prötosthor hin-
gevFiesen zu werden. Ein Ausweg, dieser Schlussfolge zu
entkommen, ist indes nicht schwer. Vor dem Elektrathor
lag neben dem Herakleion nur ein Stadion, vor dem Prötos-
thor bei dem Grabmal des Jolaos ausser dem Stadion auch
ein Hippodrom, und das hatte seinen guten Grund in der
ortlichen Beschaffenheit, wie jeden ein Blick in die beiden
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Z^ / ^. />'. .0^'.-.-. — /. L;r einen Ri:h:er in der Unter^
. > >i
Schnitzel aus einer Pindarwerkstätte. 25
weit, Uhadamanthus, an, so sehr er auch sonst von den zw^i
anderen Richtern der Toten, Minos und Aiakos, den letzteren
bei jeder Gelegenheit verherrlicht und sogar die Zwiste der
Götter schlichten lässt I. 8, 24. Aber in der Unterwelt
kennt er nur den einen Richter, Rhadamanthus , offenbar
weil er sich von Homer Od. 4, 563
dkXd o' ig 'HXvoiov nediov xal neigara yairjg
ä9dvaroi Jte/Mxpovoiv, 8'&i ^av9dg 'Padd/biav^vg,
nicht entfernen wollte.
Den Hymnus nennt Pindar I. 5, 63 geflügelt, jireQuevra
v^vov, doch wohl, weil er an das homerische enea TtxsQdevxa
dachte und vielleicht auch in diesem Sinne sich die Phrase
Tov (J* äTtxEQog enkero fiv'&og zurecht legte.
N. 3, 33 lesen wir von Peleus nakaiaioi d' iv dgerdig
yeya&E IJrjkevg äva$ vTiigakkov al^fidv xafxwv. Die Scholien,
die zum Teil auf den ersten Homerkenner, Aristarch, zurück-
gehen, merken richtig an, dass sich hier Pindar auf Homer
IL 19, 390
Tlrfkidda fxeklr)v, xr]v Ttaxgi (plXco xdfxe XeiQCOv
beziehe. Sie hätten noch hinzufügen können, dass er dem-
nach auch in seinem Homertext xdjue las, wie Aristarch
wollte, und nicht Ttöge, wie jetzt von vielen auf Grund des
syrischen Palympsestes gelesen wird.
N. 10, 9 nennt Pindar den Amphiaraos, des Oikles Sohn,
TioXifioio veqpog. Das ist ein unklares Bild, das durch die
Annahme, dass vecpog hier die Sturm- oder Gewitterwolke
bedeute, nur halb aufgehellt wird. Pindar Hess sich aber
zu dieser Metapher verleiten, weil er sich des Verses II. 17, 243
ijiel nokifioio vecpog tieqI ndvxa xakvTixec
erinnerte und in demselben gerade so wie ein Teil der alten
Ausleger (s. schol. B) unter der Wolke des Krieges nicht
den Krieg im allgemeinen, sondern den Hektor verstand.
26 W. Christ
Dass er dann einer schiefen Auffassung anhing, macht mich
nicht irre. Denn auch N. 4, 96, wo er vom Tarnlehrer
Melesias sagt tgaxv^ de nakiyxÖToig ^(peÖQog, folgt er, wie
zuerst Schneidewin erkannt hat, dem Archilochos fr. 86
OQqg fv' for' ixeivog {fy/rjXdg ndyog \ tgtjxvg re xal naUyxoxog, \
h rcp xa&rifxai rfjv ika(pQt^(üv /idxrjv, indem er falschlich
gegen Satzbau und Metrum nach ndyog ein Komma gesetzt
dachte und XQtjxvg re xal naUyxoxog Apposition zum Subjekt
des Relativsatzes sein liess.
10.
In den Scholien zu 0. 3, 60 lesen wir von dem Knaben,
der für den Siegeskranz zu Olympia die Zweige mit goldenem
Messer im heiligen Oelbaumhain abschnitt: ögenei i/LKpi^akijg
TiaTg XQ^^^ ögendvco xXddovg eC' xe/nvcov, 8aa xal xä äyco*
viofxaxa. Der Wettkämpfe waren aber nicht 17, sondern 18,
wie wir aus den sonstigen Zeugnissen wissen und nach An-
leitung des Pausanias V 8 und des Philostratos gymn.
p. 267 K. auch mit Namen belegen können. Sie hiessen
der Reihenfolge ihrer Einführung nach: 1. ÖQÖfiog axadUp,
2. ölavlog, 3. döhxog, 4. ävögcbv nevxa'&kov, 5. &vdQ(bv ndlrj,
6. ävdgcüv nvy/Mtj, 7. Tjuiojv xeXeicov dgdfiog äg/iaxi, 8. dv-
dg(bv Tiayxgdxiov, 9. ltitkov xeXtjxoyv dgöfiog, 10. naldojv
dgdfiog Gxaöico, 11. naldcov ndkrj, 12. naidwv jivy/jLrj, 13. önXi-
xöjv ögofxog, 14. tn7io)v xeXelcov dgöjuog ovvcogidif 15. tkoXcdv
dgöfiog ägfxaxt, 16. 7t(bko)v ögofiog avvcoglöi, 17. ncolcDV
xtXrixiov dgojüLog, 18. jiaiScov Tiayxgdxiov, Von diesen
Wettkämpfen war der letzte, naldcov nayxgdxiov, in der
145. Olympiade, der vorletzte, ncoXoiv xekrjxcov dgöjLLog, in
der 131. Olympiade eingeführt worden. Dieselben 18 äyo)"
vlofiaxa begegnen uns auch noch bei Phlegon Fragm. 12 in
dem Siegerverzeichnis der 177. Olympiade, nur dass hier im
Dolichos neben dem griechischen Sieger auch noch ein römi-
scher aufgeführt ist, waa auf verschiedene Länge des griechi-
Sclmüzel atut einer Pindarwerkatätte, 27
sehen und römischen Dauerlaufs und somit auf die Spaltung
des dritten äycövio/ia in zwei Spielarten schliessen lässt. Zu
ihnen war noch zeitweise gekommen das Pentathlon der
Knaben, der Lauf des Maultiergespanns {fifjudvtov djiYJvrj)
and das Trabrennen {ndinr])^ von welchen drei Spielarten
aber die erste nur in der einen 38. Olympiade zur Anwen-
dung kam und auch die beiden anderen schon in der 84. OL
wieder abgeschafft wurden (Paus. V 9, 1 und schol. Pind.
y. 5 inscr.). Dass also diese drei Arten des Wettkampfes
in dem Scholion, von welchem wir ausgingen, nicht in Be-
tracht gezogen sind, kann nicht auffallen ; aber woher kommt
die Zahl 17 statt 18? Haben wir vielleicht nur einen ein-
fachen Schreibfehler vor uns? Das anzunehmen, wäre nicht
unerhört, zumal auch in einem anderen Scholion zu 0. 5, 14
<nEq>6yovg sx^i ^i]\ ot orefpavovat rovg vix(bvrag die Zahl ver-
derbt ist, wenn auch an zweiter Stelle richtig rj und nicht C
steht. Aber zum Zufall und zum Schreibfehler soll man '
doch immer nur, wenn alle anderen Mittel versagen, seine
Zuflucht nehmen. Ich suchte daher ehedem den Grund des
Fehlers im Texte des Pausanias. Denn auch dort stehen nur
17 äycDvlajuara, indem durch eine Lücke der dökixo^ aus-
gefallen ist- Aber unsere Scholien — ich meine natürlich
nur die alten — sind, glaube ich, älter als Pausanias, so dass
man nicht so leicht einen Fehler der Scholien auf Pausanias
zurückführen darf. Ich richte daher jetzt meine Vermutung
nach einer anderen Richtung. Die Spaltung des Dolichos in
zwei Unterarten, die uns aus der 177. Olympiade belegt ist,
findet sich weder bei Pausanias noch bei Philostratos noch
in den Scholien, das heisst, sie ist erst nach der Zeit des
Autors, dem alle unsere Quellen folgen, eingeführt worden.
Stund also in dem Buch des Istros tzeqI äy(6va)v oder bei
Polemon, auf den die Notiz über die Dauer des Wettkampfes
mit dem Maultiergespann in den Scholien zu Pind. Od. 5, 1
zurückgeführt wird, noch nichts von dem römischen Dolichos,
Zr", IT .7,--^
^
Wf-ffAx, i*fT y^Jtr irzT «jr»!!: -it^. erw^IJi^» rw^r cur
♦prvih *!<» U.zr.UfT* tch ie=: Gesetz al- i-^rr. König aller
Kjniriii*t- Ar/*T ^^'ic^zLZL^ hat H^ttA'.': sehr z^ sehieii Pindar:
ifj ^n^ K^lie ron ^i/rv: ?*!••::**« Wen i^msr^er. t:::! saccticbeD
Ar.vr*a'j%r.;r*rr. •tirnir.t er irit d^rai tr-f^'r-anis:*!:«: Dichter ni
<«n*?r yS'fii*e Coerein, das man an eice direkte Anlehnimg
zn dfmken ber*«ht:gt ist. Der Gegenstand Terdient ein-
g#rhende rDte>iif;hüng: ich will hier nur auf ein paar Pnnkte
W^jn Pindar in der herrlichsten seiner Dichtungen
F* 1, %'*J den Spnjf'h tliut xo^ioofor oixxtouov r^O*'tro^, und
Wf^fA'A 3, 52 den Periander sagen lässt: öi* Af iia\yt*jr ooco
ff tßf/ri.ßoOru xofoof'/y im\ ff oiiCTfiofGf'fcu, so ist es ja möglich,
flhtit beide Schrifbiitelier unabhängig Yon einander sich auf
r;ine rolkHtQmliche Spmchweisheit beziehen, aber der Anklang
ifer^MloU an Pindar ist so stark, dass ich doch lieber an eine
It/frriiniifcen% de- Historikers glauben möchte.
f>ie Vorstfdlung von dem Neide der Götter ist dem Alter-
tiirij Ql^rbaupt eigen; aber das Altertum machen doch immer
die Men>4chen, und jene Vorstellung tritt uns doch ganz be-
mßruhfrn bei Herodot und Pindar entgegen. Bei dem frommen,
gotte^fUrcbtigen Sinn, der beiden gemeinsam ist, aber doch
bei Herodot mehr in dummfrommem Aberglauben, bei Pindar
mehr in theosophischer Spekulation sich äussert, ist es mir
Schnitzel aus einer Pindarwerkstätte. 29
ebensowenig auffallig, dass sich beide in jener Vorstellung
vom Neide der Götter begegnen, als zweifelhaft, wer von
ihnen zuerst den Gedanken in Umlauf gesetzt und bei dem
andern wachgerufen hat.
An zwei Stellen N. 4, 27 and I. 6, 33 erwähnt Pindar
den Kampf des Herakles mit dem Riesen Alkyoneus auf dem
thrakischen Isthmus, und nennt an letzterer Stelle den Al-
kyoneus einen Rinderhirten (rov ßovßoxav). Dazu haben wir
ein leider lückenhaftes Scholion, aus dem wir aber doch so
viel ersehen, dass Herakles mit dem Alkyoneus um die Sonnen-
rinder stritt. Nun lesen wir aber auch bei Herodot 4, 8
von der merkwürdigen Sage, dass Herakles, als er die Rinder
des Geryoneus von der Sonneninsel Erytheia wegtrieb, mit
den Rindern in das Skythenland kam und dort mit einem
Schlangenweib den Agatbyrsos, Gelonos und Skythes zeugte.
Bei beiden finden wir also eine Fabel des fernen Westens
mit dem Norden Europas in Verbindung gebracht, wie Pindar
auch noch eine andere Fabel des Westens, die von dem
Kampfe des Perseus und der Gorgonen, mit dem Norden in
Zusammmenhang bringt, indem er P. 10, 45 den Perseus
in dem Hyperboreerlaud die Gorgo überwinden lässt. Hier
denke ich nun nicht daran, dass Herodot dem Pindar folgte,
aber beachtenswert bleibt es doch, dass beide sich in Ver-
quickung der Sagen des Westens mit dem Norden Europas
begegnen.
Aber sicher direkt aus Pindar hat Herodot geschöpft,
wenn er 5, 80 einen Thebaner den Ausspruch der delphischen
Pythia, sie sollten, um sich an den Athenern zu rächen, die
Nächsten bitten (x(bv äyxiora deea^ai), folgendermassen deuten
lässt: iy(6 juoi doxico ovvdvai lo ßeXei Xeyaiv fj/uv x6 //av-
rtjiov, 'AooJTiov keyovrai yeveodat ^uyaregeg ßtjßi] ts xal
ATyiva' rovricov ä6ek(peo)v f.ovofaov, doxeco y^^dv Atyivriticov
d€£<r&ai rdv '^eöv XQ^^^^ TijucorrJQWv yeveo&ai. Diese Ge-
schichte von den zwei Töchtern des Flussgottes Asopos,
30 TT. Christ
Aegina und Thebe, von denen Zeus die eine nach der schön
fliessenden Dirke, die andere nach der Insel Oinopia ver-
pflanzte, steht aber bei Pindar I. 8, 16 ff. und ist gewiss von
Pindar erfunden worden, um die enge politische Zusammen-
gehörigkeit durch eine Fabel aus der mythischen Vorzeit zu
begründen und anzupreisen. Wer wird also hier noch zwei-
feln, ob Pindar die Fabel von einem namenlosen thebanischen
Bürger aufgeschnappt, oder Herodot sie aus Pindar entlehnt
und in ältere Zeit — denn das von Herodot berührte Er-
eignis fallt vor I. 8 — zurückverlegt hat?
12.
Um das Dutzend voll zu machen, will ich zum Schluss
noch einige Textesverbesserungen geben, welche sich aus
Pindar ergeben oder doch mit ihm zusammenhängen.
Thucyd. 5, 54 : Kaqveiog S* ^v jurjv, leQO/j^via AojQievai.
Bei Thukydides kann man, da das Wort im Nominativ steht,
nicht unterscheiden, ob legojui^via oder leQojurjvla zu accen-
tuieren ist. Aber bei Pindar N. 3, 2 findet sich der Dativ
h IsQOjurjvlq. Danach geht das Wort nach der 2. Deklina-
tion und ist auch bei Thukydides zu schreiben leQO/urjvla.
Plut. vit. Thes. 10: ZxeiQCDva rolvvv KvyxQ^cog fiiv
yeveo'&ai yajUißQoVf Alaxov de Trev&egöv, nt]ii(og de xai TeJia^
fiöjvog ndjinov, i^ ^EvÖTjtdog yeyov6rü)v T^g ^xeigcovog xal
Xagixkovg -^^^yargdg. Dass in dieser Stammestafel Zxelgo}"
vog mit Xeigwvog verwechselt ist, erheben die anderen Zeug-
nisse über allen Zweifel. Bei Pindar N. 5, 12 erscheint En-
dais als die Mutter des Peleus und Telamon, in den Scholien
dazu aber wird ausdrücklich Endais oder Endeis als Tochter
des weisen Chiron bezeichnet. Ebenso nennt Pindar P. 4, 103
unter den weiblichen Wesen in der Hütte des Chiron die
Chariklo und Philyra, wozu die Scholien bemerken, dass
Philjrra die Mutter, Chariklo die Gattin des weisen Ken-
tauren war. Endlich sagt kurz und bestimmt Apollodor in
Sehnüzel aus einer Pindartoerkstätte, 31
der Bibliothek III 12, 6 : ya/ieT dk Ataxbg 'Evdr]tda, rrjv Xei-
gwvog, i^ fjg avxco Jialdeg iyevovro ürjlsvg te xal Tekaficbv.
Plato legg. VIII p. 833^ befiehlt auch die Frauen und
Mädchen im Laufen zu üben, schreibt aber für diese minder
anstrengende Läufe vor : xdgaig fikv Avrißoig yvfivaXg oxddiov
xal dlavXov xal iq)biniov xal ödki^ov. Einen icpbiniog dgd-
^og gibt es aber nicht, wohl aber einen ijijtiogf dessen
Länge in der Mitte stund zwischen dUxvkog und döh^og (s.
Mommsen, Heortologie 144). Dieses fkmov ist ohne weiteres
an die Stelle des durch ein begreifliches Missverständnis in
den Text geratenen iipbuiiov zu setzen.
32
Sitzung vom 9. Febraar 1895.
Philosophisch-philologische Glasse.
Herr K. y. Maurer hielt einen Vortrag:
Zwei Kechtsfälle in der Eigla
wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Herr W. v. Christ legte eine Abhandlung vor von Dr.HAURi :
Die Ueberlieferung Porkops
wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Herr W. v. Christ legte ein Manuscript vor von Dr. Rück :
Wilibald Pirkheimer's Schweizerkrieg, nach
Pirkheimer's Autographie im britischen Mu-
seum herausgegeben
wird für ein Supplementheft der Sitzungsberichte bestimmt.
Historische Glasse.
Herr M. LosSEN hielt einen Vortrag:
Ueber die Verheiratung der Markgräfin Jakobe
von Baden mit Herzog Johann Wilhelm von
Jülich-Cleve-Berg 1581-1583
wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Herr J. H. V. Hefner- Alteneck hielt einen Vortrag:
lieber Schilderer und Schildbemalnng des
Mittelalters.
33
Die Verheiratung der Markgräftn Jakobe von Baden mit
Herzog Johann Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg.
(1581 — 1585.)
Von Max Lo8sen.
(Vorgetragen am 9. Februar.)
Das tragische Ende der Herzogin Jakobe von Jülich-
Gleve-Berg, gebornen Markgräfin von Baden, und das Qe-
heimnisvolle, was immer noch über ihm lag, bat in neuerer
Zeit wiederholt zu dem Versuch gelockt, den verhüllenden
Schleier vollends zu heben. ^) Wir dürfen sagen, daß dieses
Bemühen ziemlich erfolgreich gewesen ist. Weniger hat man
sich bemüht, auch das Dunkel zu lichten, welches die Vor-
geschichte von Jakobens Heirat umgibt. Ich hatte Gelegen-
heit, teils bei meinen Studien über den Kölnischen Krieg,
t^ils durch eigens angestellte Forschungen in den Münchner
Archiven, jene Vorgeschichte fast vollständig aufzuhellen und
glaube, daß die Mitteilung meiner Ergebnisse einen nicht
unwichtigen Beitrag zur Geschichte der Gegenreformation
bildet, und man insbesondere durch sie eine Anzahl Personen
^) Vgl. den Art. Jakobe v. Baden von Fei. Stieve in d. A 1 1 g. D.
Biogr. Bd. 13 und von der dort angeführten neueren Literatur be-
sonders Stieve, Beitr. z. Gesch. der Herzogin JaVobe in d. Ztschr.
des Berg. G.-Vs. Bd. 13. 1877 und Göcke, Zur Proceßgeschichte der
Herzogin Jacobe in d. Ztschr. f. Preuß. Geschichte, Bd. 15, 1878.
1896. Sitzungsb. d. phU. u. biat. Cl. 3
34 Max Zossen
genauer kennen lernt, welche in den achtziger Jahren des
16. Jahrhunderts einflußreich in dieselbe eingegriflfen haben. *)
Der Plan, den nunmehr einzigen Sohn des Herzogs
Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg , den am 29. Mai 1562 ge-
borenen Herzog Johann Wilhelm, zur Zeit Administrator des
Stifts Münster, mit der um vier Jahre älteren, am bairischen
Hof erzogenen und lebenden Markgräfin Jakobe von Baden
zu vermählen, begegnet uns zuerst um die Mitte des Jahres
1581. Als Urheber erscheinen drei streng römisch-katholisch
gesinnte Räte des Herzogs Wilhelm: der Kammersekretär
Paul Langer, der Jülichsche Haushofmeister Johann von
Ossenbroch und der Jülichsche Landdrost Werner Herr zu
Gimnich, vormals Hofmeister des im Jahre 1575 gestorbenen
älteren Sohnes Karl Friedrich, danach einige Zeit (bis 1578)
auch des Herzogs Johann Wilhelm.*) Langer stand bereits
seit dem Jahre 1574 mit einigen bairischen Räten, nament-
lich dem Sekretär Winkelmair, dann dem Kanzler Dr. Elsen-
heimer und dem Hofmeister der Herzogin Renata, Hans
Jakob von Dandorf, in vertrautem Briefwechsel; Ossenbroch
hatte im Frühjahr 1580 seinen einzigen Sohn Johann als
^) Meine Hauptquelle ist der Band .HeiraUhandlungen Lit. D*
im Münchner Reichsarchiv (RA.), welcher von f. 190/848 ausschließ-
lich Akten über die „Heirats-Unterhandlung zwischen Herzog Jobann
Wilhelm u. Mgfin Jakobe"" von 1582—86 enthält. Die Kölnischen
Kriegsakten der Münchner Archive und des Düsseldorfer Staats-
archivs, welchen ich einzelne Ergänzungen entnommen habe, citiere
ich mit den im 1. Band meiner Gesch. des Kölnischen Kriegs ange-
gebenen Abkürzungen; genauer werde ich die Titel vor Bd. II meines
Kölnischen Kriegs verzeichnen. — Die wichtigsten und interessan-
testen von den Briefen, auf welchen nachfolgende Darstellung beruht,
gedenke ich im nächsten Band der Zeitschrift des Bergischen Oeschichts-
vereins (Jahrg. 1895) zu veröffentlichen.
^) Für Langer u. Gimnich vgl. m. Köln. Krieg, Bd. I (Register);
Ossenbroch spielt im späteren Leben der Herzogin Jakobe eine Haupt-
rolle.
Verheiratung der Markgräfin Jakobe von Baden. 35
Edelknaben am Münchner Hof untergebracht ; ^) Gimnich,
seit langen Jahren das Haupt der römisch-katholischen Partei
an Herzog Wilhelms Hof, hatte mit seinem Zögling Herzog
Karl Friedrich mehrere Jahre am kaiserlichen Hof gelebt
und war namentlich mit Kaiser Rudolfs oberstem Hofmeister,
dem Freiherrn Adam von Dietrichstein, einem eifrigen Katho-
liken, Freund Spaniens und Gegner der Protestanten, in
Verbindung geblieben.
Während Langer und Ossenbroch das Heiraisprojekt mit
dem bairischen Kanzler Elsenheimer vertraulich verhandelten,
suchte der Landdrost Gimnich durch den Herrn von Dietrich-
stein den Kaiser für dasselbe zu gewinnen. Als der Dechant
von ü. L. Fr. in Achen, Franz Voß, mit den anderen aus
Achen entwichenen Häuptern der katholischen Partei im
Spätjahr 1581 an den kaiserlichen Hof ging, nahm er von
seinem Freund und Schwager*) Gimnich auch den Auftrag
mit, für den Plan der badischen Heirat dort den Boden zu
sondieren.
Dieser mußte von vornherein günstig erscheinen: denn
dem Kaiser wie der ganzen katholischen Partei im Reiche
lag viel daran, daß nach dem Tode des bereits in der Mitte
^) Am 7. März 1560 schickt Herzog Wilhelm v. Jülich an Herzog
Wilhelm von Baiem ein Leibroß als Qeschenk und bemerkt dazu: er sei
von seinem Haushofmeister, Amtmann zu Grevenbroich und Gladbach
und Rat, J. v. 0. ersucht worden, dessen Sohn Johann, «der ein Zeit-
lang auf unser geliebten gemal cammer aufgewart und sich zu un-
serm gefallen anders nit als vleißig erzeigt und verhalten", bei Hg. W.
in Dienst zu befördern; Hg. W. möge den Knaben gutwillig auf-
nehmen und wie andere seines gleichen halten. Der Herzog ant-
wortet willf&rig. (Ogl. u. Kpt. RA. Jülich und Cleve I, 174 f.). In
späteren Briefen O's an bairische Räte wird der zuerst am Münchner,
dann am Mantuaner Hof untergebrachte Knabe mehrmals erwähnt.
^) So nennt Werner von Gimnich selbst in einem Brief vom
9. August 62 (Kop. RA. Heiratehandlgn. D, 216) den Achener Dechant.
Wie beide verwandt, weiß ich nicht.
8*
3G Max Lo$9en
der sechziger stehenden alten Herzogs^) das kfinfiage Hanpt
der dnrch kirchliche nnd politische Gegensätze tief gespal*
tenen jQlich-cleyischen Lande bei Zeiten dnrch Heirat mit
den katholischen nnd zugleich mit den österreichischen Haus-
Interessen enge Terknüpft wurde. Nun gab es im Reiche
überhaupt nur noch einige wenige katholische Fürstenfamilien,
und Ton diesen fanden sich nur in zweien, im markgräflichen
Hause Baden-Baden und im herzoglichen Hause Lothringen,
Tochter, die bereits heiratsföhig waren oder demnächst wur-
den. Eine Verbindung des Erben von Jülich-Cleve-Berg mit
dem Hause Lothringen war bei dessen engen Beziehungen zur
französischen Krone nicht unbedenklich. Dagegen sprach für
die Heirat mit einer Markgräfin besonders noch deren Be-
ziehung zum Hause Baieru: — die vier Kinder des im Jahre
15G9 bei Moncontour gefallenen Markgrafen Philibert von
Baden, Philipp, Jakobe, Anna Maria und Maria Salome,
waren nach dem Tode ihres Vaters an den Hof ihres Oheims
und Mitvormundes, des Herzogs Albrecht V. von Baiern ge-
kommen und hier im katholischen Bekenntnis erzogen worden.
Schon in den Jahren 1579 und 1580 hatte man vom
bairischen Hofe aus mit Paul Langer und anderen katho-
lischen Räten des Herzogs Wilhelm über eine eheliche Ver-
bindung zwischen den Häusern Baden und Jülich verhan-
delt: Markgraf Philipp, seit dem Jahre 1571 regierender
Herr der Markgrafschaft Baden-Baden, sollte Herzog Wilhelms
jüngste, katholisch gewordene Tochter Sibylla heiraten. Kaiser
Rudolf, dessen Einsprache SibjUens Wunsch, den geforsteten
Grafen Karl von Arenberg zu heiraten, im Jahre 1578 durch-
kreuzt hatte, wäre mit dieser Heirat einverstanden gewesen,
aber einstweilen war damit nichts zu erreichen, weil Sibylla
entschieden erklärte, viel lieber wolle sie in ein Kloster gehn.
^) Herzog Wilhelm war geboren am S. Pantaleonstag, 28. Jali
1516.
Verheiratung der MarJcgräfin Jakobe von Baden, 37
denn einen andern heiraten, als den Grafen. ^) Doch hielt
namentlich die alte Herzogin von Baiern, Anna von Oester-
reich, die als Schwägerin von Herzog Wilhelm und Tante
von Kaiser Rndolf ein gewichtiges Wort sprechen konnte,*)
an dem Plane fest, und nahm wiederholt Anlaß, ihn auch
am clevischen Hof wieder in Erinnerung zu bringen. So im
Jani 1581, als Wolf Wilhelm Freiherr von Maxirain und
Hans Jakob von Dandorf zur Teilnahme am Eintritt ihres
Sohnes, des Herzogs Ernst, in sein Stifb Lüttich an den
Niederrhein gingen.
Einige Zeit danach, im Februar 1582, schickte Herzogin
Anna den Herrn von Dandorf eigens, wie es scheint, wegen
der beiden Heiratsprqjekte an den clevischen Hof: in bezug
auf Sibylla sollte Dandorf bei dem Hofmeister Ossenbroch
und anderen geheimen Räten (Langer war vor einigen Mo-
naten gestorben)') sich erkundigen, wie es mit der Aren-
*) Ans den Verhandlungen über den Plan einer Heirat der Her-
zogin Sibylla, zaerat mit Graf Karl von Arenberg, dann mit Mark-
graf Philipp, finden sich einzelne nicht uninteressante Stücke in
dem S. 34 Anm. 1 angeführten Band der Heiratshandlun^en, RA.
f. 181/9 und 849/356; anderes RA. Adelsselekt, Fase. Arenberg. —
Schon am 26. April 1679 schreibt Paul Langer an Hans Winkelmair:
.Die bekante person [Hgin. Sibylla] ist auf den gefürsten grafen
also Temart und von ime eingenomen, das man mit der Sachen [d. i.
dem Projekt der Heirat mit Mgrf. Philipp] noch nit eilen darf.* RA.
Heiratshandlgn. Lit. A, 425. — Die oben erwähnte Aeußerung in dem
Bericht von Mazlrain und Dandorf an Hgin. Anna von Baiem vom
21. Juni 1581, RA. Heiratshandlgn. D, 356.
2) Erzherzogin Anna, Gemahlin, seit 1579 Witwe Herzog Al-
brechts V. von Baiern, und Erzherzogin Maria, Gemahlin Herzog
Wilhelms von J.-Cl.-B., Töchter Kaiser Ferdinands I., Schwestern
Kaiser Maximilians 11., beide vermählt im Jahre 1646.
») Nach dem Buch Weinsberg (KStA. II, 319) starb Paul Langer
um den 26. Nov. 1681 in Folge eines Sturzes vom Pferde. 1. Dezember
wird er in einem Brief der jülichschen Räte an den Hofmeister von
der Horst als bereits verstorben bezeichnet. DA. Landesherrl. Familien-
sachen 28^ f. 59.
38 Max Lassen
bergischen Heirat stehe, wie das Fräulein gesinnt, und ob
rätlich sei, daß der Kaiser oder sonst Jemand wieder für
Markgraf Philipp anhalte. Weiter aber sollte Dandorf —
und dieß war wohl der Hauptzweck seiner Sendung — jenen
Räten eröffnen, die Herzogin habe erfahren (vermutlich eben
durch Ossenbroch), Herzog Julius von Braunschweig und
vielleicht auch einige Räte des Herzogs Wilhelm, die der
neuen Religion zugethan, bemühten sich, eine Heirat zwischen
einer Tochter des lutherischen Braunschweiger Herzogs und
dem jungen Herzog von Jülich zu stiften. Ein solches Vor-
haben sollten die katholischen Räte hintertreiben, dagegen
die Heirat mit einer katholischen Fürstin empfehlen. Als
solche wären zunächst die beiden noch unversprochenen Mark-
gräfinnen, die 24jährige Jakobe und die 18jährige Maria
Salome, zu nennen ; ^) erst wenn Dandorf von den katholi-
schen Räten vermerke, daß keine HofiPnung den alten Herzog
zu der badischen Heirat zu bewegen, solle er, um jedenfalls
zu verhüten, daß zum Schaden der katholischen Religion eine
lutherische Frau dorthin komme, andere katholische Fürstinnen,
aus den Häusern Lothringen, Florenz, Mantua, vorschlagen.
Genaueres über die Art, wie Dandorf seiner beiden Auf-
träge sich entledigte, liegt zur Zeit nicht vor; doch ergibt
sich aus späteren Berichten soviel, daß er im Monat März
oder Anfangs April 1582 zu Düsseldorf mit einigen katho-
lischen Räten, darunter auch dem Hofmeister des Admini-
^) Von den drei Töchtern des Mgr. Philibert war nach Schopf lin
(Historia Zaringo BadensiB, tom. III, 1765, p. 36 bs.) Jakobe im Jahre
1558, Anna Maria 1562, Maria Salome 1563 geboren. Die mittlere
Schwester wurde bereits im Jahre 1578 (1. Februar) mit dem Herrn
Wilhelm von Rosenberg vermählt. In den bairischen Akten über
diese Heirat (BA. Heiratshandign. Lit. A) findet sich keine Angabe,
weshalb Anna Maria, fast noch ein Kind, und nicht die ältere
Schwester, zuerst verheiratet wurde. Sie starb, in Folge einer un-
glücklichen liTiederkunft, bereits im April 1583.
Verheiratung der Markgrafin Jakobe von Baden, 39
strators von MüDster, Dietrich von der Horst/) verhandelte
und mit guten Hoffnunf;ren, wenigstens für die Heirat zwi-
schen Herzog Johann Wilhelm und der älteren Markgräfin,
heimkehrte. Von der Horst hatte sich , wie es scheint, an-
heischig gemacht, seinen jungen Herrn selbst für die Ver-
mählung mit Jakobe einzunehmen; die Werbung bei dem
Vater sollte dann durch den Kaiser erfolgen, wie dieß im
vorigen Jahre bereits Werner von Gimnich durch Vermitt-
lung des Achener Dechants Voß mit dem Freiherrn von
Dietrichstein geplant hatte. Das weitere sollte auf dem zum
22. April nach Augsburg ausgeschriebenen Reichstag verab-
redet werden.
Ehe es jedoch hierzu kam, stellten sich dem Projekt
verschiedene, teils erwartete, teils unerwartete Hindernisse in
den Weg.
Ein zu erwartendes Hemmnis war die Unlust des alten
Herzogs seinen Sohn überhaupt jetzt schon zu verheiraten.
Seit Herzog Wilhelm, im Jahre 156G, zuerst von Schlag-
anfallen heimgesucht worden, war nicht bloß seine Zunge
gelähmt, sondern auch seine Urteilskraft geschwächt; um so
hartnäckiger hielt er fest an einzelnen alten Vorstellungen
und Ideen, Ab- und Zuneigungen, Eine solche Vorstellung
war die, daß sein jüngerer, jetzt einziger Sohn, wenn er
^) Nach Fahne, Gölnische Geschlechter I, 174 ist unser Dietrich
von der Horst bereits im Jahre 1687 gestorben. Der in der späteren
Geschichte der Herzogin Jakobe viel genannte Dietrich von der Horst,
gleich jenem Amtmann zu Düsseldorf und Angermont, aber daneben
Domherr zu Trier nnd Propst zu Cleve, war jedenfalls einer seiner
vielen SOfane. Am 29. Juni 1582 bittet Dietrich von der Horst den
Herrn von Dandorf (Ogl. RA. Jülich u. Cleve II, 70), Herzog Wilhelm
von Baiem mOge beim Papst befördern, da er mit einer ziemlichen
Anzahl von Kindern begabt sei, ,nnd sechs meiner sone zum geist-
lichen stand dnrch beistant guter hern und freunde gern befördert
sehen solte*, daß einem derselben, Maximilian, eine Präbende auf
dem Domstift Monster verliehen werde.
40 Max Lassen
Anteil an der Regierang erhalte, ihn selbst davon verdrängen
werde. Unter der Herrschaft dieser fixen Idee erf&llte sich
Herzog Wilhelm mehr nnd mehr mit krankhafter Abneigung
gegen seinen, obendrein von jeher als Schwachkopf betrach-
teten Sohn. Er mochte diesen nicht am sich haben nnd war
deshalb froh, daß Johann Wilhelm als Administrator des
Stifts MQnster weit weg von ihm auf seinen mönsterschen
Stiftshänsem saß. Verheiratete sich Johann Wilhelm, so
mußte er auf Münster yerzichten und der Vater ihm. wenn
nicht die Mitr^erung, so doch eine Residenz und angemes-
sene Einkünfte in seinen Erblanden einräumen.
Ging doch sogar das vielleicht nicht ganz grundlose
Gerücht, der alte Herzog, dessen geisteskranke Gemahlin
Maria im Dezember 1581 gestorben war, denke daran sich
wieder zu verheiraten, in der Hoffnung, noch einen männ-
lichen Erben zu erzielen und dann seinen älteren Sohn sein
Leben lang Bischof von Münster bleiben zu lassen. ^)
^) Am 4. Aagiut 1582 berichtet hierüber Eard. Madmszo aa.s Augs-
burg an den Kard. von Como: tutto hatte qui che il duca di Glaces,
come ei dice, non vorrä che il figliulo resigni, anzi si dice che egii
fli faabbi laaciato intendere di volere pigliare moglie et lasciare che il
figliulo attenda allo stato ecclesiastico, parendoli debole et poco si-
curo di successione ; ma chi conosce il stato del duca, ha qnesto o
per coperta di prolongatione della resignatione o per discorso di
gpettatori di questa attione. Hansen, Nuutiatnrberichte II, 495 f. —
Im folgenden Jahre (August und September 1583) &ußert sich der
Konzipist jenes Briefs, Miuutio Minucci, nachdem er Monate lang am
Niederrhein gelebt und mit dem jülichschen Hofe viel verkehrt hatte.
Aber Herzog Wilhelms HeiratsgelQste und Absicht, seinen Sohn nicht
zur Regierung kommen zu lassen, viel bestimmter, und zwar sowohl
in einem Discurs fQr den Herzog von Baiern (bei Hansen H, 634 ff.),
wie in einer Relation für Papst Gregor XIII (Hansen II, 642 f.). Der
findige Italiener meint sogar, um jene Heiratsgelflste ungefährlich
fär die katholische Kirche zu machen, solle sich eine bairische oder
dem bairischen Hause nahe stehende Fürstin dazu verstehen, den fast
siebzigjährigen, geistesschwachen Mann zu heiraten.
Verheiratung der Marhgräfin Jakobe von Baden, 41
Eben um dieses Hemmnis ihres Heiratsprqjektes zu
brechen, planten die katholischen Räte, daß die Werbung
vom Kaiser ausgehen solle; denn Gefügigkeit gegen kaiser-
liche Befehle und Wünsche war auch eine seit langer Zeit
festgewurzelte Idee des alten Herzogs.
Ein nicht erwartetes Hindernis für das Projekt der
badischen Heirat war dagegen der um diese Zeit, im Som-
mer 1582, auftauchende Plan den jungen Herzog mit einer
lothringischen Prinzessin zu vermählen.
Dieser Plan entstammte vermutlich dem Kopfe eines seit
Jahren, halb versteckt, im protestantischen Interesse thätigen
Praktikanten, des bei Herzog Wilhelm in großer Gunst
stehenden jülichschen Rates und Drosts zum Sparenberg,
Otto von dem Bjlandt, Herrn zu Rheid, welcher bei jener
Besprechung Dandorfs mit den katholischen geheimen Räten
vielleicht selbst zugegen gewesen war, jedenfalls aber wußte,
daß die badische Heirat vor allem zum besten der römisch-
katholischen Religion geplant war.
Dem alten Herzog war wohl an sich die lothringische
Heirat ebensowenig genehm, wie die badische; aber das dort
in Aussicht genommene Fräulein Antonie war wenigstens
nicht, wie die Markgräfin, längst mannbar, sondern erst vier-
zehn Jahre alt, so daß sich die Hochzeit leicht auf mehrere
Jahre hinausschieben ließ.
Mit dieser Vorstellung mag der Herr von Rheid, oder
wer es sonst war, den alten Herzog diesem Projekt günstiger
gestimmt haben, als dem von der andern Seite empfohlenen. ^)
^) Minucci behauptet in dem vorhin erwähnten Discurs für den
Herzog von Baiem ganz bestimmt, der Herr von Rheid habe den
alten Herzog für die lothringische und gegen die badische Heirat
eingenommen, magnis fallaciis iisque argumentis, quae etiam famani
ipsins marcbioniasae laedere poterant (quod etiam erit suo tempore
carandam, ne Reidins impune ansus sit). Die jülichschen Räte drücken
sich in den von mir benatzten Briefen viel zweifelhafter aus; aus
42 Max Zossen
Der junge Herzog selbst wurde durch ein aus Lothringen
ihm zugebrachtes Porträt der Herzogin Antonie so fQr die-
ihnen er^bt sich nicht einmal mit Gewißheit, ob der Herr von
Rheid nur mit dem Herzog Johann Wilhelm oder auch mit dem
alten Herzog Über das lothringische Fräulein gesprochen hatte. So
berichtet Gimnich am 1. Aug. 82 im Vertrauen an den Herrn von
Dietrichstein (Kop. von Dandorfs Hand, BA. Heiratshandlgn. D, 211)
«wie ein falscher bruder unter uns, dem der ganz handl bewust, dem
jungen hem herzog Johan Wilhelm administrator des stifts Münster
den vorhabenden heurat etlicher maßen zuwider gemacht .... Dan,
wie ich glaubwürdig bericht, sollen iren f. G. die jung fÜrstin von
Lotring angebracht, derwegen die neigung zum tail dahin gefallen".
Aehnlicb unbestimmt drückt sich Ossenbroch in einem Brief an Dan-
doif vom 1. August 82 aus (Ogl. a. 0. f. 206). — 7. August 82
schreibt Gimnich weiter an Dietrichstein (Kop. v, Dandorf a. 0. f. 21i),
er habe seit seinem jüngsten Schreiben femer erfahren, .wie dem
hem administrator des stifts Münster die zweitte fürstin und tochter
von Lotring dermaßen gerüemt und hochgebrisen worden, daß ire
f. G. das gemüet ganz und gar dahin gesetzt und sich dessen mfint-
lich erklert. Ist aber dem alten meinem g. hem noch nichts für-
bracht". [Diese Stelle kann entweder bedeuten, daß Herzog Jobann
Wilhelm seinem Vater noch nichts von seiner Neigung fQr die
lothringische Prinzessin gesagt habe, oder daß dem alten Herzog von
dem lothringischen Projekt noch nichts gesagt worden sei.] G. fährt
fort: «Wie man mir gesagt, sol das werk von einem bereutter ans
Lotring getriben sein worden; aber von wem und durch wen diser
unversehner handl gepracticirt, ist geferlich zu schreiben. Als ich
gehört, sol die lotringisch farstin noch gar jung sein, kan kain
teutsch, und obwol der herzog von Lotring catho lisch, sagt man doch,
daß der hof voller Hugenotten sei, und nachdem junge leut (!) dem
handl sehr anhangen, wais ich nit, was zu vermueten.' [Herzog Karl
von Lothringen hatte von seiner Gemahlin Claudia, Tochter König
Heinrichs U. von Frankreich 2 Söhne und 7 Töchter; doch ist bei
den Verhandlungen über die Verheiratung des jungen Herzogs von
Jülich nie von der ältesten, Christine, welche später, im Jahre 1589,
den Großherzog von Toscana heiratete, die Rede, sondern stets von der
am 26. August 1568 geborenen zweiten Tochter Antonie, nachmals
Herzog Johann Wilhelms zweiter Gemahlin.] — Ueber den Herrn
V. Bheidt vgL m. Köln. Krieg Bd. I, Reg. s. v. Bjlandfc. Die üble
Verheiratung der Markgräfin Jakobe von Baden. 43
selbe eingenommen, daß er Ende Juli den geheimen Räten
seines Vaters sagen ließ, er wolle die lothringische Prinzessin
and nicht die Markgräfin znr Frau.
Der Herr von Gimnich und Ossenbroch gerieten über
diese unerwartete Störung ihres Projekts in die größte Auf-
regung; ^) da jedoch an ein offenes Auftreten des Kaisers
Nachrede gegen die Markgräfin, deren Minucci in dem erwähnten
Discnrs gedenkt, bezog sich wahrscheinlich auf ihre Liebschaft mit
dem Grafen Hans Philipp von Manderacheid-Gerolstein, von der nach-
mals noch, in dem Prozeß gegen die Herzogin Jakobe, so viel die
Rede ist. In gröbster Gestalt, aber auch mit entschiedenem Wider-
spruch, begegnet uns die Verleumdung in einem Brief des Dr. Hein-
rich Suderman, Syndikus der Hanse, an Herrn Heinrich von Rantzan
vom 9. April 1585 (bei Andr. Schumacher, Gel. Männer Briefe
an die KOnige in Dänemark, 1759. 8^, S. 843): Mihi admodum novum
fhit ex litteris gener. D. V. percipere ea quae de 111"** principis nostri
Jnliae uzore ante matrimonium impraegnata scribit, cum ista de re
improbe conficta (ut suspicor) ne rumusculus quidem bis in locis in-
cubuerit, et certum atque indubitatum est, lllm^m dominam summo
loco haberi tam a patre seniore l\\^^ duce Guilelmo, quam a filio
marito. Quamobrem flagellatione digui sunt, qai de magnis prin-
cipibüs viris (!) tam probrosa, flagitiosa et falsa spargunt.
^) Ossenbroch schreibt in seinem Bericht über die lothringische
Praktik vom 1 August 82 an Dandorf u.a.: „E. L. moigen fuir ge-
weiß halden, das meir und andere bewouste heiren das houft so
krank, weir neicht wol weißen, wie weir zo haus hoiren** (RA. Hei-
ratshandlungen D, f. 206). In einem späteren Brief an Dandorf (vom
18. Oktober 82 a. 0. f. 230) behauptet 0. sogar, der unlängst [nach
Weinsberg II, 861 am 29. September 82 zu Köln] erfolgte Tod des
Marschalls Werner von Gimnich sei durch Verdruß über die Störung
ihres Planes verursacht oder beschleunigt worden: „dan ich mach
meit warheit schreiwen, als der landroist heibeivoren femomen, das
in deir bewouste sach allerleiß geigenspeil gedriften wort, hat sein
L. seich dermaßen daromb erzoirneit und geieiret, das er in ein feiber
gefallen und in sein krankheit fier und fier im neicht hoigers ange-
leigen, ja Deicht ein halbe stont noch fier sein abscheiden, dan allein
deiß hoichweichteich und loibleiche werk, wei e. L. zo unser samen-
kompz femeimen. Und e. L. moigen es fier geweiß halden, das ich
meich dermaßen och geert, das es meich noch im koip steicht."
44 Max Zossen
gegen die Verbindung mit dem katholischen, dazu mit dem
bairischen Hause verschwägerten Hause Lothringen nicht zu
denken war, so wurde der Herr von Dietrichstein gebeten,
vorläufig für Einstellung der bereits vorbereiteten kaiserlichen
Werbung zu sorgen. Dagegen ließ Ossenbroch der Herzogin
Anna dringend empfehlen, baldigst Herzog Johann Wilhelms
Hofmeister, Dietrich von der Horst, an seine frühere Zusage
zu mahnen und zugleich von ihm bestimmte Erklärung zu
verlangen, ob dem jungen Herzog eine Werbung des Kaisers
für die badische Heirat nunmehr erwünscht kommen werde.
Ueber diesen Verhandlungen war zu Augsburg der
Reichstag eröffnet worden und bot Gelegenheit zu persön-
licher Verständigung der alten Herzogin von Baiern und
ihrer Söhne einerseits mit dem Kaiser, anderseits mit den
Jülich -cle vischen Reichstagsgesandten, namentlich mit Wil-
helm von Harf, Herrn zu Aistorf ^) und dem wegen der
Achener Sache in Augsburg anwesenden Dechant Voß. Das
Ergebnis dieser Besprechungen, über die wir jedoch nichts
näheres wissen, war, daß Herzog Ernst, Bischof von Frei-
sing und Lüttich, vom Kaiser den Auftrag empfing, in Person
dem ihm wohl gewogenen alten Oheim die Vermählung seines
einzigen Sohnes mit der Markgräfin Jakobe zu empfehlen.
Die kaiserliche Kommission datiert vom 10. August;
jedoch trat Herzog Ernst erst am 9. September die Reise
nach dem Niederrhein an, begleitet von seinem obersten
Kämmerer und vertrauten Rat, Paul Stör von Ostrach.
Ende September erschien Herzog Ernst bei seinem Oheim
auf Schloß Bensberg, ging von da zu Herzog Johann Wil-
helm nach Ahaus ins Stift Münster und kam am 11. Oktober
^) Die anderen Jülich -cle vischen Reichstagsgesandten waren,
nach Peter Fleischman, Description des .... reichstag zu Augs-
purg. Augspurg 1682. 4^. 8. 199: Niklans von der Broel, Lic. Andreas
Harzheim und Lienhart Buchner, die beiden ersten jedenfalls, ebenso
wie der Herr von Aistorf, der katholischen Partei angehörig.
VerheircUung der Marhgräfin Jakobe von Beiden, 45
wieder zam alten Herzog zurück, dießmal nach Schloß Ham-
bach bei Jülich. ^)
Herzog Ernst war mit dem Ergebnis seiner Besprech-
ungen mit beiden Herzogen nicht ganz unzufrieden; irgend
welche Zusage brachte er jedoch nicht mit nach Baiern zu-
rück. Der alte Herzog scheint ausweichend geanwortet zu
haben: er denke zur Zeit noch nicht daran seinen Sohn zu
verheiraten; er müsse seine geheimen Räte befragen, die jetzt
nicht zur Stelle, und dergleichen.
Während der folgenschweren Ereignisse der nächsten
Monate — Abfall des Kurfürsten Gebhard Truchseß von der
katholischen Kirche und Ausbruch des Kölnischen Kriegs —
wird man es am bairischen wie am kaiserlichen Hof nicht
für zeitgemäß gehalten haben, das badische Heiratsprojekt
ernstlicher zu betreiben. Doch mahnte ab und zu der Hof-
meister Ossenbroch (der Herr von Gimnich war Ende Sep-
tember 1582 gestorben),*) man möge die Sache nicht ein-
schlafen lassen, ein Porträt der Markgräfin schicken, durch
häufige Briefe und kleine Geschenke den alten Herzog wohl-
geneigt erhalten. Das geschah denn auch gelegentlich. ^)
^) Ansza^ aus der kaiserlichen Kommission vom 10. August (aus
dem Wiener Archiv) bei Stieve, Zur Qesch. der Herzogin Jakobe in
Bd. 13 der Ztschr. d. Berg. G V. Nachtr. S. 194 f üeber Herzog Ernsts
Abreise von Angdburg Hansen a. 0. U, 541. Ueber seinen zum
Teil auch den Kölnischen Dingen gewidmeten Aufenthalt am Nieder-
rhein wird der 2. Band meines Kölnischen Kriegs weiteres bringen.
Daß Herzog Ernst mit dem Erfolg seiner Werbung in der badischen
Eeiratssache nicht ganz unzufrieden war, schließe ich aus einer wohl
auf sie zu beziehenden Aeußerung des Herzogs Wilhelm von Baiern
bei Aretin, Gesch. Maximilians I, S. 259^.
2) S. 0. S, 43 Anm. 1.
^) 15. Januar 83 schreibt Ossenbroch an Dandorf: er hoffe das
bewußte Portr&t (die «conterfeitong'^) sei nunmehr auf dem Weg,
denn die Gelegenheit erfordere, daß die Sache sobald immer möglich
durch die K. Mt. und Ihre Durchlaucht [Herzogin Anna] getrieben
werde. — Weiter antwortet er auf Dandorfs Anregung wegen eines
46 Max Lassen
Als dann Herzog Ernst im März 1583 wieder an den
Rhein kam, dießmal für längere Zeit, als Bewerber um den
durch 6ebhards Abfall freiwerdenden Kurfilrstenstuhl, stand
bereits der Entschluß fest, im Zusammenhang mit der Kölner
Sache auch Johann Wilhelms Vermählung und, was das-
selbe bedeutete, die Nachfolge im Stift Münster nach den
Wünschen des Hauses Baiern ins reine zu bringen.
Anfangs April begab sich Paul Stör im Auftrag seines
Herrn nach Ahaus im Stift Münster, und machte mit Von
der Horst aus, daß der Administrator demnächst in Düssel-
dorf mit Herzog Ernst zusammentreffen solle, um genaueres
anderen Porträts [wohl des Herzogs Johann Wilhelm]: er wolle be-
dacht sein, dasselbe zu bekommen und es alsdann übersenden. —
Nach einem spätem Bericht von Paul Stör an Herzog Wilhelm von
Baiem (vom 5./ 15. Dezember 83, StA. 9/5, f 806) hatte ein Maler
Octavio die Markgr&fin abconterfeit ; dieses Porträt ist ohne Zweifel
übersendet worden. — Am 21. Februar 83 schreibt Barvitins an Dan-
dorf (StA. 130/1, f. 442): Juliacensis senior in deliberatione de nuptiis
mutat valde parumque abest quin in alteram partem flectatur; mira-
biles enim artes adhibentur ab alteris. Administrator filins ad
Horstium satrapam scribit adfaisse sibi eandem ob causam Tiram
quendam astutissimum. Haec ex ipsius ore habeo. Ipse se de eadem
re ad Leodiensem scripturum dixit. Zugleich wird von Barvitius fol-
gende Stelle aus einem Brief des Lic. Dietrich Graminaens, Hof-
dieners bei dem Administrator, mitgeteilt und glossiert: Ad cognitum
negotium (Badense) quod attinet aliud suspicari nequeo quam apud
nos summam puritatem et innocentiam militare, nosque (administra-
torem) paratissimos futuros ad omnem nutum et voluntatem patris;
proinde in eo laborandum, ut ibidem tormenta grandiora (rationes
efficaces) adhibeantur ad antiquam molem (Lotharingicam) everten-
dam. Hie (apud Ädministratorem) venustatis et formae concinnitatis
sjaecie (Badens,)^ eorumque supercilio, qui orbi dominantur (Caesaris
et aliorum) omnia disponi poterunt. Ego optabam maturiorem reso-
lutionem. Hae foedae et intempestivae mutationes tarn Colonienses
quam Alenconianae buic negotio nihil [? 1. nonnihil] oberunt. —
6. März 83 schickt Herzog Wilhelm von ßaiern mit einem eigenh.
Brief (Eop. RA. Heiratshandlgn. D, 282) seinem Oheim durch Dandorf
,ein cristallen trinkgeschirlen*.
Verheiratung der Markgräfin Jakobe von Baden. 47
wegen Betreibung seiner Heirat mit der Markgräfin zu ver-
abreden. *) Jobann Wilhelm war jetzt durch seinen Hof-
meister — vermutlich in Folge jenes Briefes, welchen die
alte Herzogin von Baiern im August vorigen Jahres an diesen
geschrieben hatte ^) — ganz für die Markgräfin eingenommen,
so daß Herzog Ernst damals schon sicher auf seine Zusage
rechnete, daß er sie und keine andere zur Frau haben wolle.
In den Tagen vom 23. bis 25. April fand dann die
verabredete Zusammenkunft statt und führte dazu, daß Johann
Wilhelm seinem Vetter die Hand darauf gab, daß er die
Markgrätin Jakobe heiraten werde; doch sollte vor der Ver-
lobung eine geheime Brauischau am bairischen Hof statt-
finden. •)
^) Nach seiner Rückkunft yom Hof des Administrators, am
11./21. April 83, berichtet Stör nach Baiem an Dandorf: ,,Mein v^er-
richtong ist halb fuchs, halb haß : die glaten gesellen wil keiner den
namen haben noch die sach auf sich nemcn und geboren doch, als
sei ir heil änderst nicht dan das es fortgee. Ander soltens tun, da-
mit inen kein unglimpf blib und geet doch si an und ander nit. In
summa, es ist verschoben und sol in kurz der jung zum alten komen,
dahin si auch der anbringer verfliegen solle und fuchs oder haß auß-
prössen* (StA. 18(46 f. 272). Erläutert werden diese dunklen Andeu-
tungen durch folgende Stelle aus Herzog Ernst s Brief an seinen
Bruder, Herzog Wilhelm, vom 12722. April (a. 0. f. 287): .Badischen
heurat betreff.: weil der jung in kurz gen Düßeldorf kombt, wil ich
wol fleis tun, die faust von im zu bekomen, und was folgt hinach
schreiben; das wöl der her brueder unser g<>^° liebsten frau muetter
anmelden".
^) Herzogin Anna von Baiern an Dietrich von der Horst, Mün-
chen 14. August 82, Kpt. von Elsenheimer korrigiert und Kop. von
Dundorfs Hand RA. Heiratshandlgn. D, f. 228 und 218.
^j 25. April / 6. Mai 82 schreibt Herzog Ernst aus Köln an seinen
Bruder Herzog Wilhelm (StA. 180/7 f. 42 Chiffer und Auflösung):
«Nechsten erchtag [28. April] bin ich gen Düsseldorf geraist und
gleich die stunt wider komen; hab bei dem alten von Gülch erhalten,
das er auf den waltag seine rate tails hieher ordnen wil. So haben
wir bei dem jungen von Gülch erhalten, das er sich erclerf-
1 :-
48 Max Lassen
Von all dem erfuhr der alte Herzog nichts; er sollte
erst, nachdem Johann Wilhelm seine künftige Braut gesehen
habe, durch gemeinschaftliche Werbung des Papstes, des
Kaisers und des Königs von Spanien um seine Einwilligung
angegangen werden.
An diesen Besprechungen nahmen von Herzog Wilhelms
Räten, außer Dietrich von der Horst, auch der Herr von
Aistorf und der jülichsche Vicekanzler Dr. Johann Harden-
rat teil, vermutlich auch Ossenbroch; Herzog Ernst hatte
wieder seinen Paul Stör mitgebracht, außerdem den Agenten
Johann Barvitius, der von früher her mit Herzog Wilhelms
Räten gut bekannt war und daher, ohne Verdacht zu er-
regen, mit ihnen verhandeln konnte.^)
andere als die marggrevin zu nemen; doch wil er sich zuvor dan
handlung beschicht, persönlich besprechen mit ir; das hält auch der
von Horst ain notturft, dan mit dem alten herzog sonst wenig zu
richten, würt je lenger je wunderlicher. Wan Dandorfer widerkombi,
tractiren wir weitter hievon.*
^) Barvitius schreibt an Dandorf aus Köln am 25. April (Ogl.
eigb. Chiffer StA. 130/6 f. 820): Redii bodie una cum nostro principe
Dnsseldorpi'o, ubi apud Horstium, Hardenradium, Alstorfium et alios
primarios de multis arcanis negotiis per me seorsum egi. Sententiam
ac mentem expiscatus sum singulorum, quomodo quisque tractandus
esset nostris indicavi. Observabantur enim valde a Seniore et aliis
anlicis, qui cum principe et Storio agerent. Ego mc dam tertiam
personam interposui, dum me in illam aulam pulcbris pollicitatio*
nibus allicere conarentur. Saepe enim et iam diu ab iis invitatus
fui. Im PS. fügt er noch bei: De nuptiis laetam spem apportamu)*.
— 2. Mai 83 schickt Stör das Porträt (conterfet) des jungen Herzogs
nach München an Dandcrf, mit der Bitte es ,an gehörig ort zu ant-
wurten*. — Bald nach dieser Zusammenkunft des Herzogs Ernst mit
seinem Vetter kam die Herzogin Dorothea von Braunschweig, gebo-
rene Prinzessin von Lothringen, auf der Reise ins Bad Spaa nach
Düsseldorf und soll sich dort vergeblich für das Projekt der lothrin-
gischen Heirat bemüht haben. Daodorf schreibt darüber am 23. Mai/
2. Juni 83 aus Köln an den Herzog von Baiern (StA. 130/10 f. 21):
.Herzog Erich von Braunschweig gemabel ist dise tag zue Düßel-
Verheiratung der Markgräfin Jakobe von baden, 49
Die geplante Brautschau verzögerte sich bis in den Sep-
tember, vermutlich weil sie in dieser Zeit der Jagden am
leichtesten vor dem alten Herrn geheim gehalten werden
konnte.
Auf Mitte September wurde Paul Stör nach Münster
zum Administrator beschieden, welcher außer ihm nur noch
seinen Hofmeister Von der Horst und ein paar Diener mit
nach Baiern nahm. Die Reise ging unter dem Namen einer
Gesandtschaft des Kurfürsten Ernst an seinen Bruder, den
Herzog von Baiern. Stör gab dazu den Namen her, der
junge Herzog und Von der Horst reisten unbekannt, als
seine Begleiter, um die Reise zu sichern und zu beschleu-
nigen, wurden von Münster aus einerseits, von München aus
anderseits bis nach Koburg frische Kutschen und Reitpferde
unterlegt, sodaß die auf 78 Meilen angeschlagene Reise bis
nach Ingolstadt bequem in je acht Tagen hin und zurück-
gelegt werden konnte. Für die Fahrt von Ingolstadt nach
einem erst später zu bestimmenden herzoglichen Schloß und
den Aufenthalt daselbst waren dann noch vier Tage ge-
rechnet.*)
dorf bei dem alten Heraog von G flieh gewesen unter dem schein,
als ob si in sanrprunnen gen Spa verraisen wolt, allerlei sa befur-
derang des lotringischen henrats am selbigen hof tractirt, daß aber
der alt kainswegs versteen wil. Unsere hieige leut wollen den badi-
sehen für gewiß halten/
^) 5./ 16. September 88 teilt Kf. Ernst seinem Bruder Hg. Wilhelm
den Plan für die Reise nach München mit, welchen ihm der Admini-
strator sngescfaickt hatte (RA. Jülich und Cleve II, 77, Notiz bei
Stieve a. 0. S. 2). Auf dieses, am 12./22. in München eingetroffene
Schreiben hin erhielt der bairische Einspännige Hans Spring in Zaun
genaue Instruktion für die Legung der Kutschen und Reitpferde von
Mflnchen bis nach Koburg und zurück (Kpt. Elsenh. a. 0. II, 83). —
Am 17./27. September teilt der Herzog seinem Statthalter zu Ingol-
stadt mit (Kpt Elsenh. StA. 9/2 f. 470), sein Bruder, Kurfürst Ernst,
habe etliche Räte, darunter seinen obersten Kämmerer und Stallmeister
Paul Stör, in großer Eile zu ihm abgefertigt; er, Herzog Wilhelm habe
1895. Sitsungab. d. phU. u. hist. Gl. 4
50 M<uc Lassen
Die Reise wurde programmgemäß aasgefährt. Am
16. September yod Münster aufgebrochen, trafen die Reisen-
den am 25. auf Schloß Dachau ein, wo sie bereits von der
herzoglichen Famifa'e und der Markgräfin Jakobe erwartet
wurden. Herzog Johann Wilhelm blieb dort nur einen Tag,
der aber genügte, um ihn mit warmer Zuneigung für seine
künftige Braut zu erfüllen. A.uch die Markgräfin scheint
ihren künftigen Gemahl wenigstens ohne Widerwillen auf-
genommen zu haben. Das schwärmerische, übrigens durchaus
unanstößige Liebesverhältnis, in welchem Jakobe früher zu
dem am bairischen Hofe lebenden jungen Grafen Hans
Philipp von Manderscheid-Gerolstein gestanden hatte, war
vermutlich mit beiderseitiger Zustimmung als aussichtslos ge-
löst worden ; war doch der Graf vor einigen Monaten neuer-
dings in den geistlichen Stand eingetreten, dadurch daß er
auf Betreiben des Herzogs Ernst von Baiern im Kölner
Domkapitel wieder einen Platz erhielt, auf den er vor sechs
Jahren zu Herzog Ernsts Gunsten hatte verzichten müssen.^)
deshalb denselben eine Kntsche entgegengeschickt; der Statthalter solle
für deren Diener 3 oder 4 gute Klepper bereit halten, den Gesandten
die Tfaore bei Tag oder Nacht öflfnen und ihnen nach Dachau, wo er,
der Herzog verweilen werde, einen Wegweiser mitgeben. — In einem
Brief an Kurfürst Ernst (Kpt. Elsenh. StA. 180/0 f. 88 vom 26. Sep*
tember/5. Oktober ohne Ort, aber wohl ans Dachau) schreibt Hg. Wil-
helm : .Des bewusten gasts sein wir gestern alhie gewertig gewesen, ist
aber nit komen, verhoffen doch solle heut geschehen, und ist desselben
herkunft so geheim und verschwiegen, als unsere hem es verstehent.*
*) Üeber den Verzicht des Grafen Hans Philipp v. M.-G. im J. 1677
siehe meinen Köln. Krieg I, 468 f. Die jährliche Pension, welche er
von Baiern für diesen Verzicht erhielt, betrug, nach einem Brief von
Herzog Wilhelm an Herzog Ernst vom 13./28. Mai 88 (RA. Erzstift
Köln I, 51), 800 Gulden. — Im Jahi« 1578 finden wir den Grafen
bereits ständig am bairischen Hof (RA. Adelsselekt, Arenberg No. 40);
Juni 1581 nimmt er in Herzog Ernsts Gefolge am Einritt in Lüttich
teil (Köln. Krieg 1. 749 f.) — Der BeschluIS, ihm den durch die Heirat
des früheren Bischofs von Minden, Graf Hermann von Schauenbnrg,
Verheiratung der Markgräfin Jakobe vofi Baden. 51
um die Mitte Oktober befand sieb Herzog Johann
Wilhelm wieder im Stift Münster, ohne daß ein Unberufener
erfahren hatte, wo und zu welchem Zweck er so lange fort-
gewesen war.^)
Zu Dachau war abgesprochen worden, daß nunmehr
ohne Verzug die froher geplante Werbung der drei katholi-
schen Potentaten in's Werk gesetzt werden solle, und zwar
in der Form, daß der alte Herzog ganz allgemein aufge-
fordert werde, zum besten der katholischen Religion, zur
Sicherung seiner Lande und zur Erhaltung guter Nachbar-
schaft mit dem spanischen König, als Herrn der Niederlande,
erledigten Kapitelplatz einzaräumen , wurde im Kölner Domkapitel
bereits am 5. April fsfefaßt, die persönliche Besitzergreifung erfolgte
am 13. Mai; der neue Domkapitular blieb dann in Köln bis nach
Herzog Ernsts Wahl zum Erzbischof. — Ueber seine späteren Schick-
sale habe ich in den von mir neu benützten Akten nichts gefunden,
als einen eigenh&ndigen Brief an Hg. Wilhelm von ßaiern aus Köln
vom 6. April 86 (RA. Adelsselekt, Manderscheid), worin er bittet, der
Hersog möge ihn mit einem guten Pferd begnaden, , die weil ich mich
in Kun. Mt. zu Hispanien dienst, dem obersten Platto in medio Maji
vorzuziehen, versprochen **, und möge die andere bewußte Sache bei
seinem hochw. Herrn Bruder (Kf. Ernst) gnädigst promovieren.
^) In einer an den Kurfürsten von Sachsen gelangten Zeitung
vom 30. September (DrA. loc. 8929 Frankf. Hdig. f. SOI) heißt es:
^Vergangne tag ist des königs von Polen botscbaft, seines bruders
Eon, mit 4 kutschen und etlichen pferden zu München ankommen,
wie in gleichen des herzogen von Gnlichs gesanten, der ambtman von
Dasseldorf und sonst noch einer von der Horst.** Vielleicht war der
vermeintliche polnische Prinz eben Herzog Johann Wilhelm. — Am
9./19. Oktober ersucht Herzog Wilhelm seinen Bruder, den Kurfürsten,
seine Frau Mutter und ihn beim jungen Herzog von Jülich zu ent-
schuldigen, daß sie auf einen auf der Rückreise, von „Erberen "
(Ebern?) im Stift Würzburg aus geschriebenen Brief nicht geantwortet,
ans Besorgnis, die Briefe möchten intercipiert werden, .und die sach,
die wir bisher so gehaimb gehalten, wie auch noch, dardurch an tag
und ▼ileicht gar an S' L. hern vatter komen" (Kpt. Winkimair StA.
9/2 f. 486).
52
setoen einzigen Sohn baldigst mit dner gut katholischen
FQrstin zn verheiraten. Ein Name sollte nicht genannt
werden: habe Herzog Wilhelm einmal die baldige Ver-
mahlung seines Sohnes bewilligt, so werde das weitere nicht
fiel Schwierigkeit machen.*)
In diesem Sinne schrieb alsbald nach der Zusammen-
kunft die alte Herzogin von Baieni an ihren Vertranten am
kaiserlichen Hof, den Herrn von Dietrichstein, und sprach
dieser sodann mit Kaiser Rudolf, welcher den Wünschen
seiner Tante bereitwilligst entgegenkam: die Instruktion für
die kaiserlichen Gesandten wurde genau so abgefaßt, wie
Herzogin Anna, auf Grund eines Entwurfs des Kanzlers
Elsenheimer, empfohlen hatte.
Einige Schwierigkeit machte in Pn^ die Wahl zweier
passenden Gesandten. Der erste war rasch gefunden: näm-
lich der Keichähofrat Dr. Andreas Gaii, Kölner von Geburt,
eifriger Katholik, dem Hause Baieru und namentlich dem
Kurfürsten Ernst warm ergeben und auch bei dem Herzog
von Jülich und dessen katholischen Raten wohl gelitten.
Ein zweiter geeigneter Gesandter fand sich nachher in der
Person den Grafen Hermann von Manderscheid-Blankenheim,
der sich wahrend des Kölnischen Kriegs der katholischen
Partei angeschlossen hatte und vor kurzem erst zum kaiser-
lichen Rat bestallt worden war.^)
I) Kurzer Bericht von Herzog Wilhelm an Knrfärst Ernst über
die Dachauer Abrede, aus München 6715. Oktober 83, Kpt Elsenh.
StA. 9/5 f. 244, auaführlicher Brief der Herzogin Anna an Dietrich-
ütein vom 10./20. Oktober, Kpt. Elsenheimer, and eigh. Antwort Diet-
richBteins vom 22. November, StA. HeiraUhdlgn. D. 236 und 239.
^) [nstruktion des Kaisers, nebst Kredenz, für Hermann Graf zu
Manderscbeid und Blankenheim und Dr. Andreas Qail dat. Prag
28. November 1583 RA. Heiratshdlgn. D 245. Ebenda f. 241. 253 und
256 weitere Korrespondenz der Herzogin Anna mit Oietrichstein Über
die Abordnung der kaiserlichen Kommissare. Die Herzogin hatte für
den Fall, daß der Kaiser keinen andern geeigneten Gesandten neben
Verheiratung der Markgräfin Jakobe von Baden, 53
Die Vermittelung bei Papst Gregor XIII. übernahm
Herzog Wilhelm von Baiem ; als päpstlicher Kommissar war
Knrförst Ernst ins Auge gefaßt, der dadurch Gelegenheit
bekommen sollte, die Leitung der ganzen Werbung in die
Hand zu nehmen.*) KurfÖrst Ernst sollte auch mit dem
Prinzen von Parma, Statthalter der Niederlande, als dem
Vertreter des spanischen Königs, über dessen Teilnahme an
der Werbung sich verständigen; als ein geeigneter Gesandter
fiör Spanien war bereits der zu Lüttich wohnende Markgraf
von Bergen-op-Zoom ausersehen.*)
Endlich wurde noch verabredet, daß entweder der Kaiser
selbst und seine Gesandten oder Kurfürst Ernst für seine
Dr. Gail wisse, den Grafen Karl von Zollem empfohlen, bat dann
aber, als sie durch Dietrichsteins Brief vom 7./17. Dezember erfuhr,
daß Manderscheid ernannt, er möge Zollems halben nichts weiter er-
wähnen. — Am 28. Dezember 83 wurden Kredenz und Instruktion an
Dr. Gail abgesandt (RA. a 0. f. 263).
1) Hg. Wilhelm ▼. Baiem an Gregor XIII. München 18./28. Okt. 83
bei Theiner, Ann.eccl.III,410. Jakobens Name ist darin nicht genannt.
3) Am 21. /81. Oktober 83 (Ogl. chiflFriert StA. 9/6 f. 287) schreibt
KarfQrst Ernst ans Brühl an seinen Bruder, Hg. Wilhelm: Wie es mit der
bewußten Heirat stehe, habe er ans Herzog Wilhelms Schreiben (vom
5./15. Oktober s. o. S. 52 Anm. 1), sowie von Stör bei dessen Hierherkunft
gern gehört. Seither habe ihn der junge Herzog durch Stör bitten
lassen, .das wir uns in disem werk und beschickung auf Bepst. Ht.
begem zu dero gesanten, weil wir vor andern bei Sr. L. hem vattern
wa« angenem, gebrauchen lassen wolten.' Er wolle dieß dem Werk
zu gntem gern übernehmen, Herzog Wilhelm möge befördern, daß
vom Papste ehestens ein Kredenzbreve , sowie vom Kaiser ein vor-
nehmer Hat hieher geschickt werde. Inzwischen wolle er bei dem
Prinzen von Parma es dahin richten, daß der zu Lüttich wohnende
Markgraf von Bergen wegen des spanischen Königs mit gleicher Wer-
bung zu Herzog Jülich abgefertigt werde. Alsdann wollen sie sich
ohne besondere Instruktion wohl vergleichen, wie die Werbung am
besten anzubringen. Der junge Herzog wolle mittlerweile seines
Vaters vornehmste Räte dahin bringen, daß sie bei Ankunft der Ge-
sandten den alten Herrn gleichfalls um seine Verehelichung bitten.
54 Max Losaen
Person vor dem Eintreffen der Oesandischaft am jfilich-
cleviscben Hof den alten Herzog auffordern sollten, seine
geheimen Räte zu beschreiben , damit dieser nicht wieder,
wie im vorigen Jahre, ihre Abwesenheit zum Vorwand einer
Verschiebung seines Entschiasses nehmen könne.
Mit der Werbung selbst ging es nachher jedoch nicht
so rasch wie geplant.
Dießmal kam der Anstand von Rom und war verursacht
durch Besorgnisse der Kurie wegen des Stifts Münster.^)
Herzog Johann Wilhelm war zur Zeit noch Admini-
strator von Münster. Nun war in Rom die Besorgnis, am
clevischen Hof hege man Säkularisationsgelüste, niemals ganz
verschwunden. Deshalb bestand der Papst darauf, Johann
Wilhelm müsse, bevor er heirate, auf das Hochstift verzichten.
Auch Herzog Wilhelm von Baiern und Kurfürst Ernst wünsch-
ten, dass der Verzicht auf Münster der Heirat vorausgehe;
aber ebenso bestimmt rechneten sie darauf, daß niemand
anders als Kurfürst Ernst der Nachfolger Johann Wilhelms
im Stift werde. Das war abör zur Zeit nicht zu erlangen,
weil ein beträchtlicher Teil der dortigen Domherren immer
noch an der Wahl des Erzbischofs Heinrich von Bremen
festhielt, während andere befürchteten, durch Wahl des
Kurfürsten Ernst ihr Stift in den Kölnischen Krieg zu ver-
wickeln. Drohten doch die niederländischen Staten ganz
ungescheut, wenn man Herzog Ernst wähle, würden sie ihre
Soldaten ins Gebiet von Münster einrücken lassen. Mehr
als ein Jahr verging noch, bis es den vereinigten Bemühungen
des Administrators und des Kurfürsten von Köln gelang,
von den Anhängern des Bremer Erzbischofs so viele zu ge-
^) Den ziemlich verwickelten Zusammenhang der Müneterschen
Wahlsache mit dem Heiratsprojekt beabsichtige ich genauer im
2. Band meines Kölnischen Kriegs darzulegen.
Verheiratung der Markgräftn Jakobe von Baden, 55
winnen, dass die Wahl des Herzogs Ernst gesichert erschien.
Lange Zeit wurde daher selbst von den katholischen Räten
des Herzogs von Jülich, namentlich auch von dem Hofmeister
des Administrators, Dietrich Von der Horst, der Gedanke
verfolgt, Herzog Johann Wilhelm solle auch nach seiner
Heirat, bis die Nachfolge des Kurfürsten Ernst gesichert,
Protektor oder Defensor des Stifts Münster bleiben, wenn
man auch die Verwaltung dem Domkapitel überlassen müsse.
Hierzu war jedoch weder die Zustimmung des romischen
Stahles noch die der bairischen Herzoge zu erlangen. Auch
der Administrator selbst war diesem Plane stets abgeneigt.
Doch war es inzwischen dem Herzog Wilhelm von
Baiern wenigstens gelungen, durch wiederholte Briefe, sowie
durch persönliche Vorstellungen des zu Ende des Jahres 1583
nach Rom gesandten Johann Barvitius, den Papst soweit zu
beruhigen, daß er sich dazu verstand, während die Munster-
sche Wahlfrage noch unerledigt schwebte, an der gemein-
samen Werbung bei dem alten Herzog sich zu beteiligen.^)
Nach Beratung der Sache in der deutschen Kongre-
gation und in einem Konsistorium der Kardinäle wurden am
8./18. März 1584 drei Breven ausgefertigt, welche den Kur-
fürsten Ernst als Vertreter des Papstes mit der Werbung
^) Die erste Antwort des Papstes auf das o. S. 68 Anm. 1 er-
wähnte Schreiben des Herzogs von Baiem vom 18./28. Oktober liegt
nicht vor; ihren Inhalt kann man nngefiihr aus Herzog Wilhelms
Rflckantwort vom 9./19. November (Kop. StA. 180/8 f. 115) entnehmen:
Herzog Wilhelm trägt darin vor, wie notwendig die baldige Vermäh-
lung des jungen Herzogs von Jülich sei, um zu verboten, daß dieser
eine häretische Gemahlin erhalte. Sodann versichert er, daß der
Administrator, sobald dessen Heirat ernstlich ins Werk gesetzt, die
Regierung der münsterschen Kirche gewiss nicht länger behalten
werde. Der geeignetste Nachfolger im Stift Münster sei sein Bruder,
der Kurfürst von Köln. Was nachher mit den Stiften Hildesheim
und Freising geschehen solle, werde der Papst zu erwägen wissen;
Stift Freising wQrde am besten einem seiner Söhne verliehen.
56 Max Lassen
bei dem alten Herzog von Jülich betrauten und ihn bei
diesem und bei dem Administrator beglaubigten.')
Am 5. Mai 1584 (n. St.) erfolgte nunmehr namens der
drei katholischen Potentaten, des Papstes, des Kaisers und
des Königs von Spanien, zu Düsseldorf die Werbung beim
alten Herzog, in Gegenwart der angesehensten geheimen
Räte aus allen Landschaften. Von den designirten Gesandten
waren jedoch nur Kurfürst Ernst und der Graf von Mander-
scheid erschienen; Dr. Gail mußte als kaiserlicher Kommissar
in Rotenburg sein, der Markgraf von Bergen war aus unbe-
kannten Ursachen weggeblieben, — doch glaubte sich Kur-
fürst Ernst berechtigt, auf Grund der vorliegenden Instruk-
tionen auch im Namen des spanischen Königs und des Prinzen
von Parma zu sprechen.*)
') Bereits am 14. Janoar 84 (n. St.) hatte Barvitius mit dem
Kardinalstaatesekrei&r von Como eine lange Besprechung n. a. auch
aber Betreibung der Jfilichechen Heirat (Barvitina* rOmisches Tage-
buch vom 18.— 22. Januar StA. 811/17 f. 12)« aber erst am 17. Man
(a. 0. f. 48) konnte er melden, daß der Papst dieser Tage, in folge
einer neuen Mahnung seines Herzogs, wegen der Jülichschen Heirat
in ungewöhnlicher Weise die Congregatio Germanica und ein Consi-
storium (der Kardinäle) berufen habe und daß bereits beschlossen sei,
an den Herzog von Baiem, den Kölner Kurf&rsten und die beiden
Herzoge von Jülich Breven zu richten. Diese 4 Breven, vom 18. Mars
(n. St) datiert, sind gedruckt bei Th einer a. 0. HI, 621 ss. In dem
an Herzog Wilhelm von Baiem gerichteten erinnert der Papst wieder
daran, daß Herzog Johann Wilhelm, im Falle seiner Heirat, die Re-
gierung der mflnsterschen Kirche aufgeben und baldigst ein geeig-
neter Nachfolger beschafft werden müsse. Wenn das Domkapitel den
Erzbischof von Köln (Kf. Ernst) w&hle, wolle er, der Papst, die Bestä-
tigung nicht verweigern, verlange aber, daß Kf. Ernst dann auf Hildes-
heim und Freising verzichte; dagegen wolle er die Administration
von Freising einem der Söhne des Herzogs Wilhelm übertragen.
^) Kurzer Auszug aus der Werbung vom 6. Mai und der Ant-
wort vom 6., aus dem Wiener Archiv, bei Stieve a. 0. S. 196; Ko-
pie RA. Heiratshdlgn. D. 274. — Ueber die beabsichtigte Teilnahme
des Markgrafen von Bergen an der Werbung zwei Briefe des Prinzen
Verheiratung der Markgräfin Jakobe van Baden. 57
Die bereits vom 28. November 1583 datierte kaiser-
liche Instruktion enthielt, wie verabredet, nur den Auftrag,
dem alten Herzog ganz allgemein die baldige Vermählung
seines Sohnes mit einer katholischen Fürstin anzuraten und
hierauf bestimmte Erklärung zu fordern. Von den ver-
mnteten Gegen bedenken des Herzogs sollten ihm die Ge-
sandten das eine — daß im Falle der Verheiratung sein Sohn
auf das Stift Münster verzichten müsse — als unziemlich
für einen katholischen Fürsten ausreden, in bezug auf das
andere aber — daß Johann Wilhelm nach seiner Heirat
dem Vater in die Regierung greifen werde — erklären, der
Kaiser selbst wünsche, und auch der junge Herzog werde
ohne Zweifel nicht anders gesinnt sein, daß der alte Herzog
Wilhelm Zeit seines Lebens regierender Fürst bleibe.
Eine solche Erklärung wurde von Kurfürst Ernst, der
persönlich das Wort führte, dem Obeim abgegeben;^) von
y. Parma aus Toumai 19. Apri] 84 an Kurfürst Ernst und an Hg. Wilh.
▼on Jülich in Gorresp. du Card, de Oranvelle (publ. p. Piot) T. XI,
1894, p. 671 und 584. Danach war die Vollmacht des spanischen
Königs ausgeblieben, hatte aber der Prinz von Parma es auf sich ge-
nommen, anstatt des KOnigs selbst, den Marquis zu beglaubigen. — Wer
▼on Herzog Wilhelms jQlichschen und clevischen Räten bei der Wer-
bung zugegen war, finde ich nicht angegeben, doch scheint mir, daß
es ausschließlich katholische waren, nicht nur von vornherein wahr-
scheinlich, sondern auch aus folgender Stelle des Briefes zu folgen,
worin Kurftirst Ernst am 16. Mai, zwei Tage nach seiner Rückkunft
▼on Düsseldorf nach Bonn, seinem Bruder, Herzog Wilhelm, über den
Verlauf der Werbung berichtet: „Es haben uns gleichwol nit allein
der jung herzog, sonder auch alle damals anwesende gulchisch und
elegische ret zum höchsten erbetten, das wir uns ▼errer in disem
werk, demselben zum besten, zu commissarien gebraueben lassen
wolten, aeitemal uns des alten herzogs gemuet zum besten bekant
und wir S'L. zum maisten mechtig." (Ogl. entziffert StA. 88/24 f. 84.)
^) Die Erklärung des Kurfürsten lautete sogar viel bestimmter
al« die Instniktion: Sie, die Gesandten, hätten ausdrücklichen Befehl,
dem Herzog den etwaigen Verdacht etlicher Friedhässigen auszureden,
58 Max Lassen
Stift Münster aber ss^te er nichts, yemintlich, weil er bei
seinem argwöhnischen Oheim nicht den Verdacht erregen
wollte, als betreibe er zunächst im eigenen Interesse — tun
Stift Münster zn bekommen — die Yerheiratang seines
jnngen Vetters.^) Dagegen ging der Kurfßrst, ohne Zweifel
im Einverständnis mit den anwesenden katholischen Raten
des Herzogs, in der Hauptsache wesentlich über die kaiser-
liche Instruktion hinaus; er knüpflie nämlich seine jetzige
Werbung so bestimmt an die im Herbst 1582 im Auftrag
des Kaisers vorgetragene an, daß sich Herzog Wilhelm da-
durch veranlaßt sah, die Akten jener früheren Verhandlung
hervorholen zu lassen, woraus sich ergab, daß der Herzog
damals im Namen des Kaisers ermahnt worden war, nicht
allgemein, seinen Sohn mit einer katholischen Fürstin zu ver-
mählen, sondern eben mit der Markgräfin Jakobe. Da nun
die jetzige Werbung als eine Fortsetzung der früheren be-
zeichnet wurde, war damit auch jetzt wieder die badische
Heirat angeraten.
Der alte Herzog, vielleicht zuvor schon von seinen katho-
lischen Räten bearbeitet, jetzt eingeschüchtert durch die
daß mit solcher Heirat dem Herzog die Regiemng entzogen werden
solle; der Potentaten Wille nnd Gemflt sei, daß der alte Hersog die
bisher mit großem Rohm gef&farte Regierang solange continniere, als
es dem lieben Grott geföUig, «also auch, da schon ir f. G. dieselbige
selber verlassen wolte, das es die potentaten guetwillig nit gestatten
konten, sonder dabei zn verharren ermanen wollen.*
^) In einem Schreiben vom 21. Jnli 84 hatte Herzog Wilhelm
von Baiern den alten Herzog von Jülich mit bezng anf den jnngst
gefaßten Entschloß baldiger Verheiratung seines Sohnes gebeten, beim
münsterschen Domkapitel die Wahl seines Bmders Ernst zu betreiben
(RA. p:rzstift Köln I, 416.) Kurfürst Ernst hielt jedoch diesen Brief
znrück: ^weil S'. L. widerwertige ret derselben darauf leicht allerlei
einbilden mochten, als were der hewnßt henrat durch uns allain da-
mmb getriben worden, damit wir durch solches mitl zum stifb Mun-
ster kemen, und also den alten hem zu unlust bewegen mochten.*
Kf. E. an Hg. W. Bonn 8. Aug. 84, StA. 9/6 f 892.
Verheiratung der Marktjräfin Jakobe von Baden. 59
Autorität von Papst, Kaiser und König von Spanien, beruhigt
zugleich und ermahnt durch zwei bei ihm in 6unst und
Ansehen stehende Männer, seinen Neffen und seinen Lehens-
mann, Ueß am folgenden Tag, 6. Mai, antworten: im Ver-
trauen darauf, daß Kaiser, Papst und König ihm nur raten
wollten, was zu seinem, seines Sohnes und seiner Lande
besten gereiche, gebe er seine Zustimmung, daß sein Sohn
baldigst die Markgräfin heirate. Die Heiratsabrede sollte
bereits in einigen Wochen, am 1. Juli, zu Düsseldorf statt-
finden.
Verschiedene Zufälligkeiten, namentlich ein Unfall, wel-
clier dem Bruder der künftigen Braut, Markgraf Philipp,
auf einem Kitt durch die Eifel zugestoßen war, verzögerten
nachher die für die Abrede bestimmte Zusammenkunft bis
zum 12. September. Zu dieser erschienen, wieder in Düssel-
dorf, Gesandte des Markgrafen Philipp, als des nächsten
Angehörigen der Braut, ferner, als Beistand namens der
Verwandtschaft, Kurfürst Ernst, sodann für den Kaiser Graf
Hermann von Manderscheid und Dr. Andreas Qail. Als Hei-
ratsgut wurden der Braut, gegen das badische Herkommen,
aber in Annäherung an die Aussteuer, welche Herzog Wilhelm
seinen drei verheirateten Töchtern bewilligt hatte, 31000 Gul-
den bewilligt; Kurfürst Ernst hatte sich jedoch vorher von
Herzog Johann Wilhelm versprechen lassen, daß er auf Aus-
zahlung dieser hohen Summe nicht bestehen, sondern mit
10000 Qulden sich begnügen werde. ^)
^) Die Heiratsabrede, „geschehen zu D. am 18. monats Septem-
biis A<> 84 st. corr.* ist gedruckt bei Lacomblet, Urkondenbuch IV,
No. 689. L. bemerkt zwar, daß statt der in der Abrede bewilligten
AuBstener von 81000 Gulden nachher nur 10000 Gulden bezahlt wurden,
nicht aber, daß dieß zwischen Herzog Wilhelm und Kurfärst Ernst
schon lange vor der Hochzeit insgeheim abgemacht worden war. Trotz
dieser Abmachung ging es nachmals, bei der von Lacomblet er-
wähnten üebereinkunft zwischen Markgraf Philipp und Herzog Jo-
60
Max Zonen
Die Hochzeit sollte am 20. Janaar 1585 stattfinden,
wnrde dann aber, weil man bei Hof bis dahin nicht mit
den Znrichtangen fertig zu sein fürchtete, nm einige Wochen,
bis zum 24. Februar, Yerschoben. Bald aber erfolgte eine
zweite längere Verschiebung, wofür der schon längst unge-
duldige junge Herzog die Eläte seines Vaters TcrantworÜich
machte,*) an der in Wirklichkeit aber nur der Leichtsinn
des Bruders der Braut, des Markgrafen Philipp, schuld war.
Während schon alle Vorbereitungen im Gange waren, fiel es
hann Wilhelm, am 12. Juli 85, nicht ohne Schwierigkeiten ab. Kur-
fürst Ernst schreibt darfiber am 24. Joli 85 ans Bonn an seinen Bmder,
Herzog Wilhelm, (Ogl. StA. ^ f. 105): , Hieneben mngen wir E. L.
dan frenntlich nit verhalten, das wir den 14. diß Ton Penspnrg der
Gnlchischen henratstractation, davon wir E. L. von Penspnrg anß bei
jangster post geschriben, Gotlob glücklich wider hieher gelangt, mid
obwol der jnng herzog von etlichen raten nnd sonderlich von dem
von der Horst, der sich gleichwol krank gemacht nnd der Sachen nit
beigewont, vast gesterkt gewest, auf dem lautem puechstaben der
heuratsabred der 81 M. fl. heuratsguets halb zu verharren, so haben
wir's doch letstlich mit vil gehabter mühe und erinnerung, was es
solcher 31 M. fl. halber für ainen heimblichen verstaut ghabt, und von
dem jungen hem selb nit mer als 10 M. fl. begert worden, dahin ge-
bracht, das es bei den 10 M. fl. gebliben und sich der jnng her vcr-
reversirt, das S. L. damit also ersettigt sein und roerer nit ervordem
wellen. Solcher tractat ist aber alles mit haimblichen practicken
förgangen, darumben der alt herzog nicht gewußt, und S. L. noch auf
dise stunt anders nit bericht, dan die 81 M. fl. heuratguet volgen
werden. Sonst, da Sr. L. deßhalb das wenigist förkomen, betten wir
hierinnen nicht richten können.* — Herzog Wilhelm von Jülich hatte
seinen drei verheirateten Töchtern je 35000 fl. Aussteuer mitgegeben.
*) In der Korrespondenz des jungen Herzogs mit den bairischen
Verwandten kommen öfter Aeußerungen vor, welche die Ungeduld
bezeugen, womit Herzog Johann Wilhelm die wiederholten Verzöge-
rungen der Heiratssache aufnahm. Ein spitziger Briefwechsel de«
jungen Herzogs mit den geheimen jülichschen und bergischen Riten
seines Vaters hierüber, aus den Monaten Dezember und Januar 1684/85,
DA. Landesherrl. Familiensachen 281 f. 34.
Verheiratung der Markgräfin Jakobe von Baden. 61
ihm ein, eine Reise nach Italien anzutreten, sodaß die Hoch-
zeit bis zum 16. Juni verschoben werden mußte.^)
Auch sonst fehlte es nicht an allerhand Widrigkeiten,
die noch bis zur letzten Stunde der geplanten Heirat Hemm-
nisse in den Weg zu legen drohten.
So waren wenige Wochen vor der im September 1584
gehaltenen Heiratsabrede Gesandte des Herzogs Erich von
Braunschweig zu Düsseldorf erschienen, um in seinem Namen
und dem seiner Gemahlin, Dorothea von Lothringen, die Ver-
mählung des Herzogs Johann Wilhelm mit ihrer Nichte,
der Prinzessin Antonie, zu empfehlen.*) Diese, bei dem
^) In einem Breve an KurftirBt Ernst vom 23. Februar 85 (bei
Theiner, Ann. £ccl. III, 622) sucht Papst Gregor XIII. das Fern-
bleiben des Markgrafen von der Hochzeit der einen Schwester (Maria
Salome) und den durch Philipps Reise verschuldeten Aufschub der
Hochzeit der andern (Jakobe) damit zu rechtfertigen, daß Markgrat
Philipp eine sogar durch ein Wunder gebilligte Wallfahrt zum heiligen
Haus von Loreto habe machen müssen. Daß jedoch diese Wallfahrt
nur ein Verwand war, darf man schon daraus schließen, daß der
selbst 80 devote bairische Herzog Wilhelm und seine Frau Mutter
mit der Verschiebung der Hochzeit gar nicht einverstanden waren.
Hg. Wilh. V. Baiern an £f. Ernst, 6. Dez. 84, Kpt. Elsenh. StA. 38/20
f. 115. Aehnlich wieder am 4. Januar 86, Ogl. RA. Unruhen im Erz-
süft Köln II, fol. 1; desgl. Elsenheimer an Von d. Horst Kpt. StA.
3d9/59 f. 45.
^) Schon im Jahre 1588 scheint sich Herzog Erichs Gemahlin,
Dorothea von Lothringen, die Schwester der Herzogin Renata von
Baiern, für die Heirat des jungen Herzogs von Jülich mit ihrer Hase
Antonie bemüht zu haben. Dandorf schreibt am 2. Juni 83 (n. St.)
an den Herzog von Baiern: ^Henog Erich v. Braunschweig gemahel
ist dise tag zne Düßeldorf bei dem alten herzog von Gülch gewesen,
unter dem schein als ob si in saurprunnen gen Spa verraisen wolt,
allerlai zu befurderung des lotringischen heurats am selbigen hof
tractirt, dazu aber der alt kainswegs versteen wil." — üeber die etwa
Anfangs August 1584 erfolgte förmliche Werbung eines braunschweigi-
sehen Gesandten berichtet Hg. Johann Wilhelm selbsf '*ern
7. August 84 an den Herzog von Baiem (RA. Heirp );
62 Max Zossen
weit vorgerückten Stand der Verhandlungen über die badische
Heirat, allerdings seltsame Zamatung hatte der alte Herzog
mit der Antwort abgewiesen, daß er seinen Sohn, wie früher
seine Töchter, nur nach Gutachten des Kaisers verheiraten
wolle, der Kaiser aber die Sache bereits in die Hand ge-
nommen habe.
Jetzt, im Dezember 1584, als die Hochzeit zum zweiten
Male verschoben wurde, verbreitete sich das Gerücht, die
großenteils protestantisch gesinnten Landstände des Herzogs
machten sich Hoffnung, daß die badische Heirat ganz zurück-
gehen und statt dessen ihr junger Herr eine Tochter des
lutherischen Herzogs Julius von Braunschweig heiraten werde. ^)
Weiter hielt die immer noch unentschiedene Frage der
Nachfolge im Stift Münster die Gemüter fortwährend in
Spannung, bis sie durch den unerwarteten Tod des Erz-
bischofs Heinrich von Bremen eine rasche, den Wünschen
der katholisch-bairischen Partei entsprechende Lösung fand.
Am Palmsonntag, 4. April alten Stils, des Jahres 1585,
war Herzog Heinrich auf seinem Haus Bremervörde mit dem
Pferd gestürzt; am 23. April (a. St.) starb er an den Folgen
innerer Verletzungen. Nun gaben seine bisherigen Anhänger
im münsterschen Domkapitel den vereinten kölnischen und
«
Johann Wilhelms Argwohn, daß «die von der Religion ** diese Wer-
bung angestiftet, ist jedoch innerlich unwahrscheinlich.
^) Dieses Qerücht meldet eine Zeitung ans Köln vom 13. De-
zember n. St., welche der Erzbf. von Bremen am 20. Dezember aus
Iburg an den Efstn. von Sachsen schickt (DrA. loc. 8929 XII, 169).
Schon in dem o. 8. 66 Anm. 1 erwähnten römischen Tagebuch des
Barvitius vom 18. — 22. Januar 84 kommt folgende Stelle ans seinem
Gespräch mit dem Kardinal vor: Non quidem metuit (Administrator)
ex parte marchionissae diSicultatem uUam, sed apud patrem sunm
eiusque consiliarios aut provinciales haereticos impedimentnm ac
rumorem metuit. Vocatam ab iis Palatinum Neburgensem [Pfalzgraf
Philipp Ludwig, der Gemahl der zweiten Tochter des alten Herzogs,
Herzogin Anna]; illos malle ipsam aliam dncere haereticam.
Verheir<tkMg der Markffräfin Jaiebe von Baden, 63
jülichschen Werbungen rasch nach: am 8./ 18. Mai resignierte
der bisherige Postulierte und Administrator, Herzog Johann
WilheliBy in die Hände des Kapitels und wurde sofort Kur-
fBrst Ernst mit großer Majorität zum Bischof von Münster
gewählt.
In denselben Tagen trat Markgräfin Jakobe, geleitet
von ihrer jüngeren Schwester Maria Salome, deren Ge-
mahl, Landgraf Qeorg Ludwig von Leuchtenberg,*) und
Schwiegermutter, der verwitweten Landgräfin Mechtilde von
Leuchtenberg, die Reise von München nach der Markgraf-
schaft Baden an; von dort aus übernahm ihr Bruder, Mark-
graf Philipp, mit seinem Vetter Markgraf Jakob von Baden-
Dnrlach, das weitere Geleite bis nach Düsseldorf.^)
Das Brautgeleite bedurfte für seine Fahrt nach dem
Niederrhein starker Bedeckung; denn wenige Wochen zuvor,
am 9. Mai a. St., war Neuß, die erste Stadt des Erzstifts
*) Markgr&fin Marie Salome, Jakobens jüngste Schwester, hatte
sich am Dienstag nach Katharinae, 27. November 84 (nach Schöpft in
a. 0. III, 40) mit dem Landgrafen Georg Ludwig von Leuchtenberg
vermählt.
^) Markgraf Philipp hatte anfänglich gewünscht, daß seine
Schwester Jakobe alsbald nach der Heiratsabrede (September 84) zu
seiner Muhme, der Markgr&fin von Baden-Durlacb, gehen und dort
sich bis zur Hochzeit aufhalten solle; Herzog Wilhelm und die alte
Herzogin von Baiern waren damit bereits einverstanden; dann aber
wandte sich Jakobe mit der flehentlichen Bitte an die Herzogin
Renata, sie bis zur Heimfuhrung am bairischen Hof zu lassen; sie
machte besonders geltend: „wiewol ire lieb die marggräfln zu Durlach
ir aigene mnm, were sie doch nit irer religion und ir darumb
nit maglich so lan^ bei ir zu bleiben, man wolte ihrer lieb daa ain
crenz aufladen, das ir unertreglich wer.* Auch könne es bei ihrem
künftigen Gemahl» allerlei Nachdenken machen, wenn man sie so
plötzlich vom bairischen Hof abfordere, als habe sie sich nicht so
verhalten, wie sich gebührt. Daraufhin vermittelte die alte Herzogin
von Baiern, daß Jakobe bis zur Heimführunp^ am Münchner Hof
bleiben durfte. RA. Heiratshdlgn. D. 316 ff.
^/2 M^
weit Torgeroekien Stand der YeriMndliiiisren über die badisehe
Hemi, aSkrüngB irttwame Zumstang lettie der alte Herzog
mit der Antwort abgewiesen, daß er sönen Sohn, wie froher
Mfine Toebter, nor nach Gutachten des Kaisers Terheiraten
wolle, der Kaiser aber die Sache bereits in die Hand ge-
nommen habe.
Jetzt, im Dezember 1584. ak die Hochzeit zom zweiten
Male versehoben wurde, rerbreitete sich das Gerücht, die
groOeoteik protestantisch gesinnten Landstände des Herzogs
machten sich Hoffnung, daß die ba'Ji^cfae Heirat ganz zoruck-
gehen und statt dessen ihr jonger Herr eine Tochter des
Intherischen Herzogs Jolias Ton Braanschweig heiraten werde. ^)
Weiter hielt die immer noch unentschiedene Frage der
Nachfolge im Stift Monster die Gemüter fortwährend in
Spannnng, bis sie durch den unerwarteten Tod des Erz-
bischofe Heinrich ron Bremen eine rasche, den Wünschen
der katholisch-bairischen Partei entsprechende Losung fand.
Am Palmsonntag, 4. April alten Stils, des Jahres 1585,
war Herzog Heinrich auf seinem Haus Bremenrörde mit dem
Pferd gestürzt; am 23. April (a. St.) starb er an den Folgen
innerer Verletzungen. Nun gaben seine bisherigen Anhänger
im mfinsfcerschen Domkapitel den vereinten kölnischen nnd
Johann Wilhelms Argwohn, daß ,die Ton der Religion* diese Wer-
bung angestiftet, ist jedoch innerlich on wahrscheinlich.
^) Dieses Gerücht meldet eine Zeitung ans KOln Tom 13. De-
zember n. St., welche der £rzbf. Ton Bremen am 20. Dexember aas
Ibnrg an den K&tn. von Sachsen schickt (DrA. loc. 8929 XII, 109).
Schon in dem o. S. 66 Anm. 1 erwähnten römischen Tagebach des
Bar?itiaf vom 18. — 22. Januar 84 kommt folgende Stelle aus seinem
Gespräch mit dem Kardinal yor: Non quidem metuit (Administrator)
ex parte marchionissae difficultatem ullam, sed apud pairem suum
eiuHqae consiliarios aut provinciales haereticos impedimentnm ac
mmorem meto it. Vocatnm ab iis Palatinum Neburgensem [Pfalsgraf
Philipp Ludwig, der Gemahl der zweiten Tochter des alten Herzoge,
Herzogin Anna]; illos malle ipsum aliam dnoere haeretieam.
Verheiratung der Markgräfin Jakobe von Baden. 63
jülichschen Werbungen rasch nach: am 8./ 18. Mai resignierte
der bisherige Postulierte und Administrator, Herzog Johann
WilhelxB, in die Hände des Kapitels und wurde sofort Kur-
ftorst Ernst mit großer Majorität zum Bischof von Münster
gewählt.
In denselben Tagen trat Markgräfin Jakobe, geleitet
▼on ihrer jüngeren Schwester Maria Salome, deren Ge-
mahl, Landgraf Georg Ludwig von Leuchtenberg , ^) und
Schwiegermutter, der verwitweten Landgräfin Mechtilde von
Leuchtenberg, die Reise von München nach der Markgraf-
schaft Baden an ; von dort aus übernahm ihr Bruder, Mark-
graf Philipp, mit seinem Vetter Markgraf Jakob von Baden-
Durlach, das weitere Geleite bis nach Düsseldorf.^)
Das Brautgeleite bedurfte für seine Fahrt nach dem
Niederrhein starker Bedeckung; denn wenige Wochen zuvor,
am 9. Mai a. St., war Neuß, die erste Stadt des Erzstifts
^) Markgr&fin Marie Salome, . Jakobens jüngste Schwester, hatte
sich am Dienstag nach Katharinae, 27. November 84 (nach Schöpf! in
a. 0. III, 40) mit dem Landgrafen Qeorg Ludwig von Leuchtenberg
vermählt.
^) Markgraf Philipp hatte anfänglich gewünscht, daß seine
Schwester Jakobe aUhald nach der Heiratsahrede (September 84) zu
seiner Muhme, der Markgr&fin von Baden-Durlach, gehen und dort
sich bis xur Hochzeit aufhalten solle; Herzog Wilhelm und die alte
Herzogin von Baiern waren damit bereits einverstanden; dann aber
wandte sich Jakobe mit der flehentlichen Bitte an die Herzogin
Renata, sie bis zur Heimführung am bairischen Hof zu lassen; sie
machte besonders geltend : «wiewol ire lieb die marggräfin zu Durlach
ir aigene mum, were sie doch nit irer religion und ir darum b
nit möglich so lang bei ir zu bleiben, man wolte ihrer lieb dan ain
crenz aufladen, das ir unertreglich wer." Auch könne es bei ihrem
künftigen Gemahl» allerlei Nachdenken machen , wenn man sie so
plötzlich vom bairischen Hof abfordere, als habe sie sich nicht so
verhalten, wie sich gebührt. Daraufhin vermittelte die alte Herzogin
von Baiem, daß Jakobe bis zur Heimführung am Münchner Hof
bleiben durfte. KA. Heiratshdign. D. 316 ff.
64 Max Lassen, Verheiratung der Markgräfin Jakobe von Baden.
Köln, durch üeberrumpelang in die Hände des Parteigängers
des abgesetzten Kurfürsten Gebhard, des Grafen Adolf von
Neuenar, gefallen, dessen Soldaten fortan die kölnischen und
jülich-clevischen Lande weithin durch ihre Streifzüge unsicher
machten. Kurfürst Ernst selbst, welcher bei der Hochzeit
das Haus Baiern hätte vertreten sollen, war wegen der
durch den Verlust von Neuß geschaffenen mißlichen Lage
nach Prag zum Kaiser gereist und traf erst unmittelbar vor
dem Hochzeitstag wieder in Bonn ein, sodaß seine persönliche
Vertretung und die des Gesamthauses ßaiern dem Kölner
Afterdechant, Graf Ladislaus von Tbengen, zufiel.
Die feierliche Einholung der Braut durch ihren Bräutigam
und ihren künftigen Schwager, Pfalzgraf Philipp Ludwig
von Neuburg, erfolgte vom Dorfs Himmelgeist aus nach
Düsseldorf am Vormittag des 15. Juni, Trauung und Ein-
segnung der Ehe am nächsten Nachmittag, Sonntag Trini-
tatis, in der Schloßkapelle. Daran schlössen sich prunkvolle
Festlichkeiten von allerlei Art, Bankette, Tänze, Waffen-
spiele und Feuerwerk zu Land und auf dem Rhein, volle
acht Tage lang,^) während ringsum im jülich-clevischen und
kölnischen Gebiet der Religionskrieg wütete und die blühen-
den Landschaften in Wüsten verwandelte.
^) AoBfÜhrliche Beschreibung der Hochzeitsfeierlichkeiten mit
vielen (37) Kupfern bei Diederich Graminftus, Beschreibung
derer fürstlicher Güligscher etc. hochzeit, so im jar Christi 1586 am
16. Juni und nechst folgenden acht tagen zu Düsseldorf... gehalten
worden. Gedruckt zu Cöln, Anno 1587. 2^
65
Zwei Rechtsfalle in der Eigla.
Von K. Maurer.
(Vorgetragen am 9. Februar.)
Die Lebensbeschreibung des isländischen Dichters Egill
Skallagrfnisson enthält neben mancherlei anderen rechts-
geschichtlich werthvoUen Angaben zwei ausführliche Berichte,
welche, unter sich eine gewisse Aehnlichkeit zeigend, er-
wünschte Aufschlüsse über das norwegische Familien- und
Erbrecht der älteren Zeit gewähren. Da die beiden Rechts-
falle, auf welche sich diese Berichte beziehen, noch gar
manche dunkle Punkte zeigen, will ich sie hier einer ein-
gehenden Untersuchung unterziehen, deren Ergebniss zugleich
auch einen Beitrag zur Losung der yielbestrittenen Frage
nach der »Glaubwürdigkeit der Egils-Saga und anderer Is-
länder-Saga's* liefern mag, welche von dem scharfsinnigen
dänischen Gelehrten Edwin Jessen seinerzeit so lebhaft
angefochten wurde. ^) Ich benütze dabei die kritische Aus-
gabe der „Egils saga Skallagrimssonar**, welche Finnur Jöns-
son in den Jahren 1886 — 88 für das „Samfund til Udgivelse
af gammel nordisk Litteratur'' besorgt hat, weil sie einen
Yollständigeren Apparat bietet, als dessen neuere deutsche
Ausgabe. *) Dieser Ausgabe entlehne ich auch die chronolo-
1) In H. ▼. SybeTa Historischer Zeitschrift, Bd. XXVIII, S. 61
bU 100 (1872).
^) In Heft S der Altnordischen Saga-Bibliothek von H. Gering
nnd E. Mogk (1894).
18»& SiUimgBb. d. phO. u. hist. CI. 6
56 Max Lassen
bei dem alten Herzog von Jülich betrauten und ihn bei
diesem und bei dem Administrator beglaubigten.^)
Am 5. Mai 1584 (n. St.) erfolgte nunmehr namens der
drei kathoh'schen Potentaten, des Papstes, des Kaisers und
des Königs von Spanien, zu Düsseldorf die Werbung beim
alten Herzog, in Gegenwart der angesehensten geheimen
Räte aus allen Landschaften. Von den designirten Gesandten
waren jedoch nur Kurfürst Ernst und der Graf von Mander-
scheid erschienen; Dr. Gail mußte als kaiserh'cher Kommissar
in Rotenburg sein, der Markgraf von Bergen war aus unbe-
kannten Ursachen weggeblieben, — doch glaubte sich Kur-
fürst Ernst berechtigt, auf Grund der vorliegenden Instruk-
tionen auch im Namen des spanischen Königs und des Prinzen
von Parma zu sprechen.*)
') Bereits am 14. Januar 84 (n. St.) hatte Barvitius mit dem
Kardinalstaatesekretär von Como eine lange Besprechung u. a. auch
über Betreibung der Jülichschen Heirat (Barvitius* römisches Tage-
buch vom 18.-22. Januar StA. 811/17 f. 12), aber erst am 17. März
(a. 0. f. 48) konnte er melden , daß der Papst dieser Tage , in folge
einer neuen Mahnung seines Herzogs, wegen der JüUchschen Heirat
in ungewöhnlicher Weise die Congregatio Germanica und ein Consi-
storium (der Kardinäle) berufen habe und daß bereits beschlossen sei,
an den Herzog von Baiem, den Kölner KurfQrsten und die beiden
Herzoge von Jülich Breven zu richten. Diese 4 Breven, vom 18. März
(n.St.) datiert, sind gedruckt bei Th einer a. 0. III, 621 es. In dem
an Herzog Wilhelm von Baiem gerichteten erinnert der Papst wieder
daran, daß Herzog Johann Wilhelm, im Falle seiner Heirat, die Re-
gierung der mflnsterschen Kirche aufgeben und baldigst ein geeig-
neter Nachfolger beschafiPt werden müsse. Wenn das Domkapitel den
Erzbischof von Köln (Kf. Ernst) wähle, wolle er, der Papst, die Bestä-
tigung nicht verweigern, verlange aber, daß Kf. Ernst dann auf Hildes-
heim und BVeising verzichte; dagegen wolle er die Administration
von Freising einem der Söhne des Herzogs Wilhelm übertragen.
^) Kurzer Auszug aus der Werbung vom 5. Mai und der Ant-
wort vom 6., aus dem Wiener Archiv, bei Stieve a. 0. S. 196; Ko-
pie RA. Heiratshdlgn. D. 274. — Ueber die beabsichtigte Teilnahme
des Markgrafen von Bergen an der Werbung zwei Briefe des Prinzen
Verheiratung der Marhgräßn Jakobe van Baden. 57
Die bereits vom 28. November 1583 datierte kaiser-
liche Instruktion enthielt, wie verabredet, nur den Auftrag,
dem alten Herzog ganz allgemein die baldige Vermählung
seines Sohnes mit einer katholischen Fürstin anzuraten und
hierauf bestimmte Erklärung zu fordern. Von den ver-
muteten Gegenbedenken des Herzogs sollten ihm die Ge-
sandten das eine — daß im Falle der Verheiratung sein Sohn
auf das Stift Monster verzichten müsse — als unziemlich
für einen katholischen Fürsten ausreden, in bezug auf das
andere aber — daß Johann Wilhelm nach seiner Heirat
dem Vater in die Regierung greifen werde — erklären, der
Kaiser selbst wünsche, und auch der junge Herzog werde
ohne Zweifel nicht anders gesinnt sein, daß der alte Herzog
Wilhelm Zeit seines Lebens regierender Fürst bleibe.
Eine solche Erklärung wurde von Kurfürst Ernst, der
persönlich das Wort führte, dem Oheim abgegeben;^) von
V. Parma aus Toumai 19. April 84 an Kurfflrst Ernst und an Eg. Wilh.
von Jülich in Gorresp. du Card, de 0 ranvelle (pnbl. p. Piot) T. XI,
1894, p. 571 und 584. Danach war die Vollmacht des spanischen
Königs ausfi^eblieben, hatte aber der Prinz von Parma es auf sich ge-
nommen, anstatt des Königs selbst, den Marquis zu beglaubigen. — Wer
von Herzog Wilhelms jQlichschen und cleviechen Räten bei der Wer-
bung zugegen war, finde ich nicht angegeben, doch scheint mir, daß
es ansschließlich katholische waren, nicht nur von vornherein wahr-
scheinlich, sondern auch aus folgender Stelle des Briefes zu folgen,
worin KnrfQrst Ernst am 15. Mai, zwei Tage nach seiner Rückkunft
von DSsseldorf nach Bonn, seinem Bruder, Herzog Wilhelm, über den
Verlauf der Werbung berichtet: »Es haben uns gleichwol nit allein
der jung herzog, sonder auch alle damals anwesende g^lchisch und
devische ret zum höchsten erbetten, das wir uns verrer in disem
werk, demselben zum besten, zu commissarien gebrauchen lassen
wolten, seitemal uns des alten herzogs gemuet zum besten bekant
und wii S'L. zum maisten mechtig." (Ogl. entziffert StA. 88/24 f. 34.)
1) Die Erklärung des Kurfürsten lautete sogar viel bostimmter
als die Instmktion: Sie, die Gesandten, hätten ausdrücklichen Befehl,
dem Herzog den etwaigen Verdacht etlicher Friedhässigen auszureden,
68 je: Maurer
)>6r61fr mit des Königs Urlaub und Vollmacht nach Halogpi-
laod, am sich in den Besitz der Vergabnng zu setzen,^)
nachdem dieser ihn zuvor noch zum Landherm gemacht und
ihm alle die Krongfiter (yeizlur) verliehen hatte, welche
Bardr besessen hatte« einschliesslich der königlichen Rechte
fiber die Lappen (finnferd), ganz wie diese dem Bard ver-
liehen gewesen waren. Bards Wittwe, Sigridr Sigurdardöttir,
lässt nch ebenso wie ihr Vater die Abmachung ge&llen;
aber doch erfolgt, nachdem diess festgestellt ist, erst noch
eine förmliche Werbung {>oröl& um sie, sowie eine feierliche
Verlobung und Hochzeit. *) Nun fordern sofort die Hilldirid-
arsynir das Vermögen ihres Vaters Bjöi^lf ; ') ))ör61f aber
weist diese ihre Forderung unter Bezugnahme auf das Ver-
halten Brjmjölfs und Bards zurück, welche jene als Conen*
binenkinder und darum als nicht erbberechtigt angesehen
hätten.^) Harekr erklärt sich zwar bereit, einen Zeugen-
beweis darüber zu erbringen, dass für ihre Mutter ein ,mundr"
bezahlt worden sei, ^) und dass sie ächtgeboren seien,*) in-
dem er zugleich beifügt, dass sie dem Brynjölf und Bard
gegenüber um ihrer Verwandtschaft willen ihren Anspruch
nicht weiter verfolgt hätten, während sie jetzt einem Nicht-
verwandten gegenüber stünden; {)6rölfr aber beharrt auf der
Ablehnung ihrer Ansprüche, indem er geltend macht, dass
^) Konosgr lofar l>at, ok gerir med ordsendisg ok jartegner,
at ]>öröifr skal t)at allt fa, er Bärdr gaf honanji Isetr t)at fjigja, at
§ü gjof var gior med rade konangs, ok hann vill 8h4 vera lata.
3) Das Bisherige nach cap. 9, 8. 25—28.
S) Fä I)at, er 4tt hafdi Björgölfr fadir t)eira.
^) pat var mdr kannigt of Brynjölf ok enn kunnara vm B^lrd, at
t>eir voro manndömsmenn snä miklir, at {>eir mnndy hafa midlat ykkr
t)at af arfi BjOrgölfs, sem l>eir vissi, at rdttindi veri til. Var ek naerr
pnif at f)id höfnt t>etta eama äkall vid B4rd, ok heyrdiz m^r sai, sem
honnm psdiii {)ar engl Bannyndi til, puitkt hann kalladi ykr friUasonii.
') at t)eir mimda vitni til fa, at möder l>eira var mnndi keypt
^) at vit flem mann adalbomer.
Verheiratung der Markfjräßn Jakobe von Baden. 59
Autorität TOD Papst, Kaiser und König von Spanien, beruhigt
zugleich und ermahnt durch zwei bei ihm in Gunst und
Ansehen stehende Männer, seinen Nefien und seinen Lehens-
mann, ließ am folgenden Tag, 6. Mai, antworten: im Ver-
trauen darauf, daß Kaiser, Papst und König ihm nur raten
wollten, was zu seinem, seines Sohnes und seiner Lande
besten gereiche, gebe er seine Zustimmung, daß sein Sohn
baldigst die Markgräfin heirate. Die Heiratsabrede sollte
bereits in einigen Wochen, am 1. Juli, zu Düsseldorf statt-
finden.
Verschiedene Zufälligkeiten, namentlich ein Unfall, wel-
cher dem Bruder der kßnftigen Braut, Markgraf Philipp,
auf einem Kitt durch die Eifel zugestoßen war, verzögerten
nachher die für die Abrede bestimmte Zusammenkunft bis
zum 12. September. Zu dieser erschienen, wieder in Düssel-
dorf, Gesandte des Markgrafen Philipp, als des nächsten
Angehörigen der Braut, ferner, als Beistand namens der
Verwandtschaft, Kurfürst Ernst, sodann für den Kaiser Graf
Hermann von Manderscheid und Dr. Andreas Qail. Als Hei-
ratsgut wurden der Braut, gegen das badische Herkommen,
aber in Annäherung an die Aussteuer, welche Herzog Wilhelm
seinen drei verheirateten Töchtern bewilligt hatte, 31000 Gul-
den bewilligt; Kurfürst Ernst hatte sich jedoch vorher von
Herzog Johann Wilhelm versprechen lassen, daß er auf Aus-
zahlung dieser hohen Summe nicht bestehen, sondern mit
10000 Gulden sich begnügen werde.*)
^) Die Heiratsabrede, , geschehen zu D. am 18. monats Septem-
bria A^ 84 at. corr.* iat gedrnckt bei Lacomblet, Urkundenbuch IV,
No. 589. L. bemerkt zwar, daß statt der in der Abrede bewilligten
Aosateaer von 31000 Gulden nachher nur 10000 Gulden bezahlt wurden,
nicht aber, daß dieß zwischen Herzog Wilhelm und Eurfdrst Ernst
schon lange vor der Hochzeit insgeheim abgemacht worden war. Trotz
dieser Abmachung ging ea nachmale, bei der von Lacomblet er-
wähnten üebereinkunft zwischen Markgraf Philipp und Herzog Jo-
70 K. Maurer
herein auf eine Schwierigkeit, indem über das Stecht, Ton
welchem man dabei auszugehen hat, keine Klarheit besteht.
Der Landherr Bjorgölfr war im südlichen Theile 7on Häloga-
]aud, und der Bauer Högoi im südlichen Theile des Naum-
dselafylki sesshaft, sodass das Recht dieser beiden Landschaften
für die rechtliche Beurtbeilung der Verbindung massgebend
sein rousste, welche der Erstere mit der Tochter des Letzteren
eingegangen hatte. Nun gehörte das Naumdselafylki nach
der Historia Norwegise ^) znr Landschaft Drontheim im
weiteren Sinne des Wortes, also zum FrostuJ)fDge, während
Halogaland eine apatria*^ für sich bildete, und ebenso stand
es nach dem gemeinen Landrechte, ^) soferne nach diesem
zwar die Naumdaslir ebenso wie die ßaumsdaalir und die
Nordmsßrir das Frostupfng zu beschicken hatten, aber nicht
die Haleygir. Andererseits aber setzt zwar eine Reihe von
Stellen in unseren Frostu|>ingslög voraus, dass der Ding-
verband lediglich auf die 8 Volklande des eigentlichen Dront-
heims beschränkt war; ^) dagegen rechnen einige andere
Stellen zu den Angehörigen des Rechtsverbandes neben den
^innanfjardarmenn" oder eigentlichen Dröntern auch noch
ffütanfjardarmenn*', also Angehörige von Volklanden, welche
ausserhalb des Meerbusens von Drontheim gelegen sind,^)
oder behandeln neben jenen 8 Volklanden auch noch die
4 Volklande ^fynr ütan Agdaness'* als zum Verbände ge-
hörig, *) unter welchen doch nur Raumsdalr und Nordmaeri,
sowie Naumudalr und Halogaland verstanden werden können,
und hiezu stimmt auch, dass in dem anhangsweise folgenden
Novellenverzeichnisse •) einerseits von Rechtsverbesserungen
gesprochen wird, welche die Könige „öUum lögunautum*
*) bei G. Storm, Monumenta historica Norvegiae S. 77—78.
«) Landelög, pfDgf. b. § 2. 8) pr^L. IV, § 64; X, § 30; XII,
§ 8. *) ebenda IV, § 66. ») ebenda X, § 8. «) ebenda
XVI, § 1 und 4, dann 2 und 3.
Zwei EechUfäUe in der Eigla. 71
oder ,{>r8endum ok öllum lögunautam'' yerwilligten, und an-
dererseits Ton solchen, welche nur ^Häleygjum öllum' oder
«NaumdoBlum'* verliehen wurden. Ich habe aus diesen und
anderen Stellen schon früher den Schluss gezogen, ^) dass
der Dingverband des FrostuJ^fnges bis in das 13. Jahrhundert
hinein nur die 8 Volklande Drontheims umfasst habe, wäh-
rend die Bechtsgenossenschaft weiter gereicht und auch die
genannten 4 weiteren Yolklande ausserhalb des ))rändheims-
fjördr mit inbegriffen habe, und ich habe im Zusammen-
hange damit auch bereits darauf aufmerksam gemacht, dass
noch nach unseren Frostupüigslög das Frostupfng nur von
den 8 Yolklanden Drontheims beschickt wurde,*) während
die Dingpflicht der ,utanfjardarmenn', von welcher daselbst
allerdings auch gesprochen wird, ') sich nur auf je deren
eigenes fylkis|>£ng beziehen konnte, welches für sie die oberste
Instanz bildete. Allerdings geht in dem bekannten Rechts-
streite, welchen K. Sigurdr Jörsalafari gegen den Landherm
Sigurd Hranason fuhrt, die Sache, nachdem sie, sei es nun
am |>randamessI)fDge als an dem fylkispfnge von Haloga-
land, oder aber am Hrafnistu|»{nge als an dem fylkisf^fnge der
Naumdselir al^ewiesen worden war, ^) noch an das Frostu-
^ing oder Eyrn^fng;') aber es geschieht diess nicht etwa
darum, weil dieses die höhere Instanz für jenes fylkisl»ing
gewesen war, sondern aus dem ganz anderen Grunde, weil
1) Die Entstehung der älteren Fro8taI)ing8lög, S. 6 bis
20 (in den Abhandlangen unserer Glasse 1875); Galat)fng, 8. 894
bis 403 (Allg. Encyklopädie von Ersch n. Graber, Bd. 96, 1877). Die
hier über die Dingstätte zu Jörülfsstadir ausgesprochene Ansicht habe
ich, beiläafig bemerkt, längst als irrig aufgegeben.
2) Frl)d. II, §2. 8) ebenda §1.
^) Jenes nach der Halda, Hrokkinskinna and Morkin-
skinna, Dieses nach Eirspennill, JOfraskinna, Gullinskinna
and Frissbök.
^) ygL G. Storm, Sigurd Ranessöns Proces, S. 13-15, 36—39.
72 K. Maurer
alle Rechtsstreitigkeiten zwischen mehreren gleichzeitig regie-
renden Eonigen untereinander an einem der 3 oder 4 grossen
lög{»fng in Norwegen entschieden werden mnssten. Nach
allem Dem ist anzunehmen, dass wenigstens schon Tom An-
fang des 12. Jahrhunderts an in Halogaland sowohl als im
Naumdaslafylki die Frostu{>fngslög ganz ebenso gegolten haben
wie in der Landschaft Drontheim selbst, wobei ich dahin-
gestellt sein lasse, ob die gelegentlich desselben Rechtsstreites
erwähnte Berufung der Naumdselir neben den Haleygir zum
{)randarness|»fnge, oder auch der H&leygir neben den Naum-
dffilir oder auch Raumsdselir zum Hrafnistupfnge ^) auch noch
auf das Bestehen einer Dinggenossenschaft unter eben diesen
Volklanden neben der Rechtsgenossenschafb schli^ssen lasse.
Man wird ferner auch wohl vermuthen dürfen, dass derselbe
Rechtszustand auch bereits am Ende des 9. Jahrhunderts
gegolten, oder dass doch wenigstens der isländische Verfasser
der Eigla dessen Geltung fOr diese Zeit vorausgesetzt haben
werde. Aber freilich ist damit nicht gesagt, dass d&s Recht
Hälogalands und des Naumdselafylkis im 9. Jahrhundert das->
selbe gewesen sei, wie das durch kirchliche Einflüsse viel-
fach umgestaltete Recht der uns vorliegenden Frostu|>fngslog,
und überdiess ist auch noch stets mit der anderen Möglich-
keit zu rechnen, dass der Isländer, welcher die Sage auf-
zeichnete, jenes Recht da und dort durch seine eigenen
Rechtsanschauungen trüben lassen konnte.
Diess vorausgeschickt, fragt sich nun zunächst, wieweit
die von Björgdlf mit Hilldirfd eingegangene Verbindung
eine rechtmässige Ehe war oder nicht? Es genügt nicht,
wenn Pinnur Jönsson bei Besprechung der juristischen Ver-
hältnisse in der Sage sich darauf beruft,^) dass die Gragas
^) Q. Storm, Sigard RanessOns Proces, 8. 13 und S. 86— 57;
vgl. auch die Bemerkungen 0. Storms S. 51 — 62.
2) Fortale, S. LXXXVI—VII.
Zwei EechtafäUe in der Eigla. 73
als Vorbedingung fßr das Bestehen einer rechtmässigen Ehe
eine legale Verlobung, das Kaufen der Frau um einen ^mundr'^
im Betrage Ton mindestens einer Mark Silbers, sowie die
Fder der Hochzeit sammt offenkundigem Beschreiten des
Ehebettes binnen einer bestimmten Frist und vor einer be-
stimmten Anzahl von Qästen fordere, und dass auch das
Recht des 6ula|>fnges ganz ähnUche Vorschriften enthalte,
nur mit dem Unterschiede, dass in diesem der Mindestbetrag
des mundr auf 12 Oeren, also iVa M., angesetzt sei. Aller-
dings si^en die isländischen Rechtsbücher: ^) ,Sa madr er
eigi ar^engr er modir bans er eigi munde keypt morc e]^
meira fe eda eigi bruUaup til gert e|>a eigi fostnod. f>a er
kona munde keypt er morc 6 alna avra er goldin at munde
e^a handsoiod eda meira fe ella. {)a er bruU lavp gert at
l5gom (ef logradande fastnar kono enda se 6 menn at brul-
iaypi et fsBsta oc gangi brudgumi i liose) isama saeing cono'',
d. h. .Der Mann ist nicht erbföhig, wenn seine Mutter nicht
um ein Brautgeld yon einer Mark oder mehr Geld erkauft,
oder keine Hochzeit mit ihr gehalten, oder sie nicht verlobt
wurde. Dann ist eine Frau um ein Brautgeld erkauft, wenn
eine Mark zu 6 Ellen als Brautgeld bezahlt oder durch
Handschlag yersprochen wurde, oder aber mehr Geld. Dann
ist eine Hochzeit gesetzmässig gehalten, wenn der gesetz-
massige Geschlechtsvormund die Frau verlobt und mindestens
6 Leute bei der Hochzeit zugegen sind, und der Bräutigam
offenkundig mit der Frau in dasselbe Bett geht*. In den
6nla|»£ngslög, § 51, dagegen lautet die Vorschrift: „{)at er
nu pvi nest at v€r scolom j[>at vita hversug v^r scolom konor
kaupa med mundi. ])ess at barn se arfgengt. ^a scal madr
festa med kono |»eirri 12 aura öreigi mund, oc hava vid
^) Kgabk, § 118, S. 222; die eingeklammerten Worte sind ans
der Parallelstelle Stadarhölsbk, § 58, S. 66 ergänzt. Sie wieder-
holen sich ebenda, § 171, S. 204; vgl. auch Skälholtsbk, § IS,
8.80 und Belgsdalsbök, §49, S. 241.
74 K. Maurer
^at vatta, oc have hann brudinenn en hon brud konor, oc
geye henne giof of morgen, er |>au haya um nott saman
verit. slica sem hann festi vid benne. }>a er barn pat arf-
gengt, er alet er sidan*', d. b. «Nun ist das Nächste, was
wir wissen sollen, wie wir Frauen mit Brautgeld kaufen
sollen, sodass das Kind erbfähig werde. Da soll der Mann
mit dieser Frau 12 Unzen Armen-Brautgeld versprechen und
dabei Zeugen zuziehen, und er soll Brautmänner haben und
sie Brautweiber, und er gebe ihr am Morgen, nachdem sie
die Nacht über zusammen gewesen waren, die Gabe, wie er
sie ihr gegenüber yersprochen hatte. Dann ist das Kind
erbfähig, das nachher geboren wird'. Die Bestimmung wird
anderwärts ^) auch wohl folgendermassen ausgedrückt: «Nt
leikr a tveim tungum hvärt madr er arfgengr seda eigi.
stemni f>eim til t>ings er hanom stendr iiri arve. |>a scal
hann niota vatta sinna at hann stemdi hanom })fng. Nu
scolo f>at adrer vattar bera, ver varom |»ar er moder hans
var mundi keypt, oc nemna hyar |»at var, oc |»ar varo bsede
brudmenn oc brudkonor, oc giof geyen su oc yid henne yar
fest, eigi minni en 12 aurar oreigi mundr*", d. h.: .Wird
nun streitig, ob ein Mann erbfähig ist oder nicht, da lade
er den vor das Ding, der ihm das Erbe yorenthält. Da soll
er seiner Zeugen darüber gemessen, dass er ihm ein Ding
anberaumt habe. Dann sollen andere Zeugen darüber aus-
sagen, dass sie dabei anwesend waren als seine Mutter um
ein Brautgeld erkauft wurde und den Ort nennen, an dem
diess geschah, und bezeugen, dass dabei sowohl Brautmänner
als Brautweiber zugegen waren, und dass die Gabe gegeben
wurde, die ihr gegenüber yersprochen worden war, nicht
weniger als 12 Unzen Armen- Brautgabe '^. Damit ist nun
freilich für das Recht des Gulaf>iDges und für das yon diesem
abgezweigte isländische Recht im Wesentlichen erwiesen, was
1) GpL. § 124.
Ztcei Rechts fälle in der Eigla, 75
Finnur Jönsson als dessen Vorschrift bezeichnet hat; aber
f&r die hier massgebenden Frostu|»ingslög beweisen jene
Stellen zunächst Nichts, und da uns jene nur in einer unter
Erzbischof Eysteins Einfluss entstandenen Umarbeitung vor-
li^en, finden wir in ihnen keine eingehende Vorschrift über
die Form der Eheschliessung vor, weil diese dem au&schliess-
liehen Bereiche der kirchlichen Gesetzgebung und Gerichts-
barkeit vorbehalten werden wollte. Indessen lässt sich doch
darthun, dass aach dieses Recht wesentlich auf demselben
Standpunkte sich befand, welchen die oben besprochenen bei-
den Rechte einnahmen. In den Frostu|»fngslög, und gleich-
lautend auch im älteren Stadtrechte, wird einmal die Frage
behandelt, ^) wieweit Brautkinder erbföhig seien und wird
gesagt, dass Kinder, welche der Bräutigam mit seiner Braut
erzeugt, unter der Voraussetzung gleich ehelich geborenen
ihres Vaters Erbe nehmen sollen, dass dieser binnen Jahres-
frist nach eingegangener Verlobung gestorben ist, d. h. inner-
halb der Frist, binnen welcher regelmässig die Hochzeit der
Verlobung zu folgen hatte;*) erben sollen solche Kinder,
wie wenn ihre Mutter um ein Brautgeld erkauft wäre und
dabei wird noch ausdrücklich beigefügt, dass in keinem an-
deren Falle Jemand zur Erbfolge gelange, es sei denn seine
Mutter um ein Brautgeld erkauft, oder er selbst rechtsform-
lich in das Geschlecht aufgenommen. Damit ist also gesagt,
dass an und för sich und abgesehen von dem hierher nicht
gehörigen Falle einer künstlichen Aufnahme in die Verwandt-
^) Fr|)L. in, § 13: En ef fadur misair vidr firir brallaup innan
|)eirra 12 manada, oc er bam getet, pa take barn t)at arf fadur eins
Bern moder vere myndi koeypt. En i engom stad adrum koemr madr
til arfa nema moder se myndi koeypt, eda hann se med lagum i seit
leiddr. Ebenso BjarkR. III, §68, nur dass hier beidemale „mnndi*
statt myndi geschrieben steht. Auch im KrR. Sverris, §67 kehrt
die Stelle wieder; nur fehlt hier der letzte Satz.
3) FrJ)L. III, § 12j KrR. Sverris, §66.
76 K, Maurer
Schaft nur diejenigen Kinder als eheliche galten, für deren
Mutter seinerzeit ein »inundr* erlegt worden war; von den
beiden anderen Voraussetzungen einer rechtmässigen Ehe,
welche die Gragas und die Gula|)£ngslög neben der Zahlung
des mundr noch kennen, ist aber die eine, die Verlobung
nämlich, durch die Besonderheit des hier besprochenen Falles
als bereits erfüllt bezeichnet, während die andere, nämlich
die Hochzeit, durch die Lage der Dinge unmöglich geworden
ist. Dazu kommt, dass an einer anderen Stelle des Stadt-
rechtes, welches recht wohl zur Ergänzung des Dronter
Landrechtes herangezogen werden darf, da es mehrfach einen
älteren Text desselben benützt hat, die Abhaltung einer
rechtsfSrmlichen Hochzeit ganz ausdrücklich neben der Zah*
lung des Brautgeldes betont wird, wenn es gilt die eheliche
Geburt eines Kindes zu beweisen, indem hier gesagt wird: ^)
ipWenn Jemand einen Zeugen beweis für seine Erbfähigkeit
erbringen soll, so soll er ihn darüber erbringen, dass seine
Mutter um ein Brautgeld erkauft wurde, und dass dabei
2 Brautmänner und 2 Brautweiber waren, und dass dafür
ein bestimmtes Mindestmass von Bier eingekauft worden war,
und dass ein Dienstknecht und ein Dienstweib dabei war;
dann ist die Hochzeit nach dem Gesetze gehalten und nach
rechtem Stadtrechte*. Dass hier ebensowenig als an der ent-
sprechenden Stelle der G{>L. § 124 auch noch der Verlobung
als eines weiteren Erfordernisses gedacht wird, erklärt sich
ganz genügend aus dem Umstände, dass die Bezahlung des
Brautgeldes bei der Hochzeit in dem Betrage zu erfolgen
hatte, welcher bei der Verlobung versprochen worden war,
und können wir hiemach mit voller Sicherheit annehmen,
1) BjarkB. § 132: Ef madr skal lata ser vitni bera til arfs,
f)ä skal sv4 bera 14ta, at mödir hana var mundi keypt, ok t>ar väni
brüdmenn 2 ok briidkonur 2 ok t>ar var inn keyptr askr öldr eda
meira ok par var gridmadr ok gridkona. pä er at lOgnm gert ok
at Bjarkejjarrdtti r^ttam.
Zwei Beehtsfme m der Eigla. 77
dass die Frostuf^fngslög in Bezug auf die Erfordernisse der
Eingehung einer rechtsgültigen Ehe wesentlich denselben
Grundsätzen folgten, wie das Recht des Gula|)fnges und des
isländischen Freistaates.^)
Vergleicht man nun die Angaben der Eigia mit diesen
RechtsTorschriften, so ist klar, dass zunächst deren Hauptstelle
weder einer Verlobung erwähnt noch auch der Zahlung eines
Brautgeldes, und dass, wenn zwar von einer Hochzeit und
Ton dem Beschreiten des Bettes die Rede ist, diese Hochzeit
doch ausdrücklich als «lausabrullaup', d.h. lose, nicht voll-
kommen gültige Hochzeit bezeichnet wird. ^) Allerdings wird
gesagt, dass Bjdrgölfr die Hilldirfd um eine Unze Goldes
kaufte, und ich wage nicht mit Finnur Jönsson ohne Wei-
teres anzunehmen, dass dieser Betrag hinter dem für das
Brautgeld yorgeschriebenen Mindestbetrage zurückgeblieben
sei. Dass sich der Werth des Goldes zu dem des Silbers wie
8 : 1 verhielt, werden wir freilich mit Wilda ^) und Wein-
hold^) annehmen dürfen, wie diess auch Finnur Jönsson
^) vgl. meine Bemerkungen in der Kritiscfaieu Vierteljahrs-
scfarift fQr Gesetzgebung und Rechtswissenschaft X, S. 882
bis 404 (1668); Fr. Brandt, Foreleesninger over den norske Rets-
hiatorie I, 8. 98—104(1880); K. Lehmann, Verlobung und Hochzeit
nach den nordgermanischen Rechten des früheren Mittelalters (1882);
E. Oliyecrona, Om Makars Giftorätt i Bo, S. 142— 168 (ed. 6, 1682);
E. Hertzberg, De gamle Loves mjnding, in Cbristiania videnskabs-
selskabs forhandlinger 1889, nr. 8; ferner bezüglich Islands V. Fin-
sen*8 Tortreff liehe Fremstilling af den islandske Familieret efter
Grägäs, S. 226—242, in den Annaler for nordisk Oldkyndighed og
Historie 1849 und L. Beauchet, Formation et dissolution du mariage
dans le droit islandais du moycn-age in der Nouvelle Revue bisto-
rique de Droit fran9ai8 et ^tranger IX, S. 65—106 (1885; auch ein-
zeln 1887).
^) cap. 7, S. 19; siehe oben S. 66, Aum. 4. Mit Unrecht legt
Jessen, S. 71, nur auf das Fehlen einer vorhergehenden Verlobung
und eingeladener Gäste Gewicht.
*) Strafrecht der Germanen. S. 828—329.
*) Altnordisches Leben, S. 119.
78 K. Maurer
gethaD hat, und werden wir demnach gleich ihm die Unze
Goldes ihrem Werthe nach einer Mark Silbers gleichzostellen
haben. Aber die Mark, welche nach isländischem Rechte als
der mindeste zulässige Betrag des Brautgeldes galt, war nicht
eine Mark Silbers, sondern eine ,mörk sex alna aura*^,^) und
diese verhielt sich zur Mark Silbers wie 1:4,') sodass also
eine Unze Goldes gleich 4 Mark dieser geringeren Währung
anzusetzen ist; die 12 Unzen der Gulapingslog aber, welche
als ^oreigi mundr'', d. h. Brautgeld eines Armen bezeichnet
wurden, ') sind jedenfalls auch nur als »sakmetinn eyrir* zu
verstehen, und dieser verhielt sich zu Erzbischof Eystein's
Zeit, also in der Zeit kurz vor der Entstehung unserer Quelle,
zum „silfrmetinn eyrir" wie 2:3,*) sodass jene 12 Unzen
nur den Werth einer Unze Silbers erreichten. Den Anfor-
derungen der Gula|>ingslög würde also die Unze Goldes,
welche Bjorgölfr zahlte, eben noch genügt, und die Anfor-
derungen der Grägas würde sie sogar erheblich überschritten
haben; vom Betrage der gemachten Zahlung aus würde sich
demnach kaum ein begründeter Einwand gegen deren Be-
deutung als Brantgeld erheben lassen, auch abgesehen davon,
dass es immerhin bedenklich bleibt, aus dem Rechte Islands
und des Gulaj^mges auf das Recht des Frostu|)fnges, und aus
Quellen aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts auf das Recht
am Schlüsse des 9. Schlüsse zu ziehen, zumal wenn diese
Quellen selbst unter sich nicht einmal übereinstimmen. Ent-
scheidenden Werth glaube ich dagegen darauf legen zu
müssen, dass die Zahlung an unserer Stelle nicht als ,,mundr*
bezeichnet wird. — Der Ausdruck ^kaupa^ kann bekannt-
0 siehe oben S. 73.
3) Egsbk. §246, S. 192, welche Stelle aber nach AM. 624 in
4 (bei FinseD, III, S. 462) zu berichtigen ist; vgl. V. Finsen, Ord-
register S. 668—69.
») GfL. § 61 und 124, oben S. 78—74.
*) Heimskr. Magnus s. Erlingssonar, cap. 16, S. 792 u. öfter.
Zwei Bechtsfmie in der Eigla. 79
lieh den Äbschluss jedes entgeldlichen Geschäftes bezeichnen,
und auch in der Anwendung auf Weiber kann er noch eine
sehr verschiedene Bedeutung haben. Unsere Sage selbst be-
zeichnet einmal 1^2 Mark Silbers als den gangbaren Preis
einer Unfreien von durchschnittsmässiger Güte, ^) und nach
einer anderen Quelle galt für eine unfreie Magd eine Mark
Silbers als der Durchschnittspreis,*) ein Preis also, welcher
zo der von Björgölf geleisteten Zahlung vollkommen stimmen
würde. Aber auch noch eine ganz andere und viel näher
liegende Möglichkeit ist in unserem Falle gegeben. Das
ältere norwegische Recht kannte nämlich neben der voll*
gültigen Ehe auch noch ein Concubinat, welches von jener
scharf unterschieden, aber doch nicht nur geduldet, sondern
sogar in gewissem Umfang ausdrücklich anerkannt und recht-
lich geschützt war. *) Verboten und bestraft wurde selbst in
der christlichen Zeit nur die Bigamie und das Halten einer
Concubine neben einer rechtmässigen Ehefrau ; *) dagegen
soll nach einer Stelle des älteren Stadtrechts *) derjenige,
welcher sich eine „birgiskona", d. h. Helferin nimmt, dabei
zwei Zeugen beizieht und offenkundig mit ihr zu Bett geht,
dafür keiner Busse an den Eonig verfallen, sondern nur den
Verwandten des Weibes ihr Recht bezahlen, vorkommenden-
1) cap. 60, S. ad7.
^) LaxdsBia, cap. 12» 8.28 (ed. Kälund); über den Preis der
Unfreien vgl. A. Gjessing in d. Ann. for nord. Oldk., 1862, S. 123-25.
3) vgl. Fr. Brandt, Forelseaninger, I, S. 109—110.
*) GpL., § 25; FrpL. III, § 5 und 10; BjarkR. I, § 8 und III,
§ 67; BpL. I, § 17, II, § 8 und III, § 7; EpL. I, § 22 und ü, § 18.
^) BjarkR. III, § 129: £f madr tekr birgiskona ser ok hefir
v4tta tv4 vidr ok gengr i liösi i hvflu hennar, {)ar k konungr öngv-
an rätt &. Nu ef bann liggr med henni i annat sinn. I>a skal hann
bieta Bjni sfnum slikan rätt sem ädr beetti hann freendam hennar.
£n ef annarr madr liggr med birgiskona bans, pä skal sä, basta
honum 12 anrnm at r^tti sfnum. Eine andere Hs. schreibt byrgis-
kona, Norges gamle Love, IV, S. 84.
80 ÜT. Mßurer
falls sogar seinem eigenen Sohne, d. b. doch wohl in dem
Falle, da er aus einem früheren Beischlafe mit derselben
Concubine bereits einen solchen erzeugt hat, und ihr nun
nochmals beiwohnt. Dagegen gewährt ihm die Stelle sogar
einen Anspruch auf Busse gegen jeden anderen Mann, der
etwa dem Weibe beiwohnt. Ganz ähnlich bestimmt auch eine
Stelle des sogenannten Christenrechtes E. Sverrir's,^) dassder
Mann, welcher eine «frilla^, d. h. Liebste hat, mit der er
Speise und Trank, Sitz und Bett getheilt hat, und welche
er für die Dauer seiner Abwesenheit so gut verseift hat,
dass sie anderweitiger ünterhaltsmittel ebensowenig bedarf
wie wenn sie eine rechtmässige Ehefrau wäre, für den Fall
ihrer Verführung durch einen Anderen gegen diesen einen
Anspruch auf die Zahlung seines Rechtes haben solle, ganz
wie wenn sie mit ihm verwandt wäre, wogegen sie, wenn
er nicht in dieser Weise für sie gesorgt hat, ihm nicht mehr
gehört als jenem Anderen. Ich habe schon vor Jahren be-
merkt, ^) dass beide Stellen augenscheinlich aus einer für
uns verlorenen älteren Redaction der Frostu|)ing8log stammen,
und dass die Verschiedenheit, welche in Bezug auf die Höhe
des Busssatzes zwischen ihnen besteht, sich zunächst daraus
erklärt, dass in der Stadt alle Leute vom Landherrn ange-
fangen bis herab zu dem Freigelassenen, der sein Freilassungs-
bier gehalten hat, die gleiche Busse, nämlich die des holdr,
nehmen sollten. Damit war gesagt, dass im Stadtrechte die
vom Zuhälter zu beanspruchende Busse auf einen ein für
^) ErR. Sverrirs, § 69: En ef madr a ser frillu oc fler han
a fra henne oc bsefir ban la^bt firer hana vietir sna at bon I)arf seigi
annara faiiKa bseldr en seigin kona bans, oc bsefir baft bana med ser
til oldrs oc tili atz. oc bnit sses bans oc seng oc glsepr madr hana
fra bonom. pa skal slikan reet a benne taka sem a akjld kono sinni.
en ef bann biefir seigi sua gort f)a er bon eBigi bans beelldr en hins.
^} Studien über das sog. Gbristenrecbt E. Sverrirs,
S. 60—63 (1877).
Zwei RecfUsfälle in der Eigla, 81
allemal feststehendea Betrag gesetzt werden konnte, während
sie sich iin Landrecbte je nach seinem Stande verschieden
bemessen masste; dazu kam aber dann freilich auch noch
hinzn, dass das Stadtrecht dem Gekränkten nicht wie das
Liandrecht seine volle Busse verwilligte, sondern nur deren
Hälfte, was der Halbheit der Concubinatsverbindung sehr
wohl entspricht und wahrscheinlich auf die Abneigung der
Kirche gegen derartige Verbindungen zurückzuführen sein
wird. Jedenfalls ist klar, dass das Concubinat selbst in ver-*
gleichsweise später Zeit vom Recht nicht nur unbehelligt
gelassen, sondern sogar geschützt wurde, vorbehaltlich na-
türlich der Rechte der Verwandten des Weibes, welche durch
dessen Eingehung nicht verletzt werden durften. Weiterhin
ist dann aber auch nicht minder einleuchtend, dasa mit Zu-
stimmung dieser Verwandten derartige Verbindungen voll-
kommen legal eingegangen werden konnten, und da die
bereits angeführte Stelle des Stadtrechtes ausdrücklich von
einer Beiziehung von Zeugen bei deren Eingehung spricht,
wird sich kaum bezweifeln lassen, dass bei dieser Gelegen-
heit auch wohl vertragsweise Abmachungen über die ver-
mögensrechtliche Stellung der fridia, birgiskona oder fylgi-
kona (fylgiskona, d. h. Folgerinn) getroffen wurden. Mit
anderen Worten: die Verbindung konnte sich ganz einer
ehelichen analog gestalten, wie diess unter dem Drucke der
Cölibatsgebote noch im späteren Mittelalter bei den Verbin-
dungen norwegischer Priester mit ihren Köchinnen vorkam,
wie denn noch Erzbischof Olaf in seinem Statute vom 23. Au-
gust 1351 über die zahlreichen Priester klagt,*) „qui propria}
salutis et juramenti sui immemores, immunditias foetoribus
^) Norf^es gamle Love, III, S. 302; vgl. auch E. Keys er.
Den norske Kirkes Historie under Katholicismen, II,
S. 347 u. 433—34, sowie A. Chr. Bang, Udsigt over den norske
Kirkes Historie under Katholicismen, S. 187 — 90 u. L. Daae,
Norske Bygdesagn, I, S. 26— 28.
1895. Sitxungsb. d. phil. u. hist. Gl. 6
82 K, Mauret
turpiter insudantes, non solum sibi focarias simpliciter ad-
juDgentes et in curiis snis publice detinentes, verum etiam,
quod execrabilius et dampnabilins est, e&s, pactis, donationi-
bu8, Tel aliis fidelitatis proroissionibus intervenientibus, con-
vocatis ad hoc earum consangnineis, ad instar laycorum sibi
impudenter associant et conjungunt.* Von hier aas erklären
sich auch Bestimmungen wie die in den 6ala|){ng8lög, ^)
nach welchen in dem Falle, da Jemand mindestens 20 Jabre
lang ununterbrochen mit seiner fridia gelebt und offenkundig
das Bett getheilt hat, ohne dass eine gegentheilige Bekannt-
machung erfolgt wäre, die Verbindung als eine rechtmässige
Ehe gelten, die aus ihr geborenen Kinder erbfähig sein und
auf die Verbundenen die Regeln der legten Gütergemein-
schaft Anwendung finden sollen, oder auch wie die in den
Borgar{>fngslög, ^) nach welchen ein Weib, welches mindestens
30 Jahre lang mit einem Manne offenkundig als dessen Ehe-
frau gelebt hat, in güterrechtlicher Beziehung als solche
behandelt werden soll, wenn auch die Zeugen verstorben
sein sollten, welche bei der Eingehung der Ehe beigezogen
worden waren, und durch welche an und för sich diese Ein-
gehung zu erweisen wäre. Allerdings hat E. Hertzberg ')
1) G|)L., § 126: Ef madr byr vid fridlu siimi 20 vetr aeda 20
vetrmn lengr. gengr i liose i bvilu hennar. verdr engl skilnadr
{)eirra a ))yi mele. oc koma I)ar engar lysisgar a. adrar a peim
20 yetrum. hinam fystnm. I)a ero bom |>eirra arfgeng. oc leggia log
felag peirra.
^) B{>L. II, § 10: Nt ef hiun hafa buit 30 vsettra eda I)ui lengr.
ero giftar Yithni ol i fra daud hefir hon radet läse ok loko at allam
hibilum setet sefbir aldre vid adrar husproeyiar af allum bseitit eeigin
kona bans, par til skal hon hafa 6 manna viihDi at sua hefir yerit
bunadr I)8ßira SO vaettra eda })ui leogri t)a huerfr hon til laga giftar
i gard mauz l)ri dseili af fe i lande ok lausum oeyri ok til 8. marka
f mundi. Im Jydeke Lov, I, cap. 27 (ed.Thoreen, S. 44— 45) betragt
die Frist umgekehrt nur 8 Jahre.
^) Qrundtreekkene i den neldste norske Procea, S. 11
bis 12 (1874).
Zwei Bechtsfäile in der JtSgla, 83
bemerkt, und auch ich habe schon früher und später darauf
hingewiesen , ^) dass diese Vorschriften zunächst nur durch
die Grandsätze bedingt sind, welche bezüglich der Verjährung
des Zeugenbeweises binnen einer Frist von 20 oder 30 Jahren
gelten, und somit an und für sich keineswegs auf die Ver-
wandlung eines Goncubinates in eine rechtmässige Ehe durch
den Ablauf einer solchen Zeitfrist abzielen, wenn sie auch
unter Umstanden immerhin zu einer solchen führen können;
aber doch lassen sie sehr deutlich erkennen, dass seiner
äusseren Erscheinung nach das Zusammenleben der Ooncu-
bine mit ihrem Zuhälter dem der Ehefrau mit ihrem Ehe-
manne so gleichartig, und zumal so gleichmässig ungestört
und offenkundig war, dass, abgesehen von der an den län-
geren Zeitablauf geknüpften Rechtsvermuthung eben nur
dnrch ein Zurückgreifen auf die Vertragszeugen festgestellt
werden konnte, welche von beiden Verbindungen im ge-
gebenen Falle vorliege. Scharf getrennt hielt freilich nicht
nur die Kirche die „byrgesconor'* von den rechtmässigen
Ehefrauen,^) sondern auch das weltliche Recht unterschied
sehr bestimmt zwischen den beiden Verhältnissen, wie denn
z. B. in den Frostuffngslög der Fall besprochen wird,') da
Jemand seine frilla hinterher heirathet, und dadurch die mit
ihr erzeugten Kinder zu ehelichen macht, falls nur nach der
Hochzeit ihm noch weitere Kinder von der Frau geboren
werden, oder sogar eine eigene Bestimmung erlassen wird,*)
dass die Verlobung mit der frilla deren Kinder nicht zu
ehelichen machen soll, wenn ihr nicht auch die Hochzeit
folgt. Es entspricht der Mittelstellung, welche das Goncu-
1) Kritische Vierteljafaresschrift, X, S. 298 — 99 (1868);
Stadien über dae sogenannte Christenrecht K. Sverrirs,
S. 60—51 (1877).
2) flomiliubök, S. 216 (ed. Th. Wis^n).
3) FrpL. III, § 11; KrR. Sverris, § 65.
*) FrpL. III, § 13; BjarkR., § 68.
84 K, Mß%^er
binat zwischen der rechtmässigen Ehe und den ganz unge-
regelten geschlechtlichen Verhältnissen einnimmt, dass die
Kinder, welche ein freier Mann mit einer freien Concubine
erzeugt, einerseits von den ehelichen Kindern, andererseits
aber auch nicht nur von den Kindern, welche ein solcher
mit einer Unfreien gewinnt (den {)ybomir), sondern auch
von jenen anderen unterschieden werden, welche er insgeheim
mit einer Freien erzeugt, und für welche je nach ihrem
Geschlechte die Bezeichnungen hrfsüngr oder hrfsa gelten. ^)
Die Gulajxfngslög sagen :^) ^Der heisst homongr, der der
Sohn eines freien Weibes ist, für welches kein Brautgeld
bezahlt, mit der aber offenkundig das Bett bestiegen wurde.
Aber der heisst risungr, der der Sohn eines freien Weibes
ist, und heimlich erzeugt. Aber })yborenn sunr ist der Sohn
einer Magd, welchem die Freiheit geschenkt wurde, ehe er
die dritte Weihnacht erlebt hat* ; in den FrQstuf>fngslög
aber wird gesagt:') »Wenn einer ein freies Weib im Wald
beschläft und mit diesem Weibe einen Sohn erzeugt, so heisst
dieser risungr, der soll dasselbe Recht nehmen, wie es seinem
^) vgl. über die Terminologie meine Abhandlung fiber »Die
unächte Geburt nach altnordischem Rechte, S. 4— 16 (in
UDseren Sitzungsberichten, 1888).
^) 6l>L., § 104: Sa heiter hornODgr er fnalsar kono sunr er.
oc eigi goUdenn mundr yid. oc genget i liose i hvila hennar. En sa
heitir risungr er frialsar kono sunr er oc getenn a laun. £n [)7borenn
sunr er ambattar suur. sa er fraelsi er gefet. fyrr en hann have 3 netr
binar helgu.
^) Fr^L. X, § 47: En ef madr legz med frialsri cono i scögi.
oc getr sun med {)eirri cono. pa heitir sä risungr. hann scal taca
sHcan rätt sem fadir hans ätti. En ef hann legz med frialsri cono
beima a bce i faiisum, oc getr hann sun med |)eirri cono. {)4 heitir
sä hornungr. hann scal oc taca slican rett sem fadir hans. En sunr
pyborinn ef honum er frelsi gefit frä horni oc frä nappi, og eigi eldra
en ]>rävetrum. oc töc hann hvärki til reips ne til reko. pä scal hann
taca. t)ridiungi minna r(^tt en fadir bann, en hann scal vid engi
mann t)yrmasc.
Zwei Bechts fälle in der Eigla* 85
Vater zukam. Wenn er aber daheim auf dem Hofe ein Weib
in den Häusern beschläfk und mit diesem W^eibe einen Sohn
erzeugt, so heisst der hornongr; er soll auch dasselbe Recht
nehmen wie sein Vater. Aber der sunr {»yborinn, wenn ihm
die Freiheit geschenkt wurde, ehe er noch das dritte Jahr
überschritten hatte, vom Winkel und vom Troge, und so,
dass er weder Strick noch Spaten angriff, da soll er um ein
Drittel weniger Recht nehmen als sein Vater, und er soll
Niemanden gegenüber Ehrerbietung zu erweisen haben*'. Die
Bezeichnung hornüngr, d. h. Winkelkind, mag an beiden
Stellen für das Concubinenkind, und die Bezeichnung hrisüngr,
d. h. Buschkind, für den unehelichen Sohn aus einer yöUig
ungeregelten Begegnung mit einer freien Mutter darum ge-
wählt worden sein, weil es gerade hier galt, beide möglichst
bestimmt von einander zu unterscheiden, während die Aus-
drücke frillusynir und launsynir, welche ursprünglich sicher-
lich den gleichen Gegensatz bezeichnet hatten, schon früh-
zeitig auch in weiterem Sinne für alle und jede Arten von
unehelichen Kindern üblich geworden waren und darum ihre
anfangliche beschränktere Bedeutung nicht mehr deutlich
genug zum Ausdrucke bringen konnten. Bezüglich der ihnen
zustehenden Rechte werden übrigens die Concubinenkinder
nur noch von den ehelich geborenen scharf unterschieden,
wie sie denn zumal erst an einer weit späteren Stelle als
diese zur Erbschaft ihres Vaters berufen, und in diesem,
aber auch nur in diesem Sinne als «-eigi arfgengir", nicht
erbfähig, bezeichnet wurden ; dagegen scheinen die hrisüngar
mit den hornüngar deren sämmtliche Rechte zu theilen, und
nur die |>ybornir sind in einer Reihe von Beziehungen diesen
beiden Classen gegenüber zurückgesetzt, welche Zurücksetzung
ursprünglich sogar noch weiter gereicht zu haben scheint,
wie denn zumal auch die in den GJ)L. § 58 und Fr|)L. IX,
§ 1 vorgesehene settleidmg, d. h. Aufnahme in die Verwandt-
schaft ursprünglich nur für die |)ybornir gegolten und erst
86 K. Maurer
büiierher auch aaf die beiden Classen der unehelichen Kinder
freier Mütter Anwendung gefunden haben dürfte. Der sehr
erbebliche Unterschied bestand allerdings von An&ng an
zwischen den hrisiingar oder eigentlichen launsynir und den
bomungar oder eigentlichen frillusynir, dass bei diesen
letzteren zufolge der Offenkundigkeit der zwischen den Aeltem
bestehenden Verbindung die Vaterschaft jederzeit ohne Wei-
teres feststand, während sie bei jenen ersteren erst durch die
Anerkennung Seitens ihres Vaters, oder, soweit eine solche
zulässig war, durch eine Beweisführung Seitens der Mutter
oder des Kindes selbst festgestellt werden musste; ob aber
zwischen den frilluböm und denjenigen launbom, deren
Vaterschaft als sicher galt, in früherer Zeit auch noch iu
Bezug auf die ihnen zustehenden Rechte ein Unterschied
gemacht worden war oder nicht, lässt sich meines Erachtens
nicht mit Sicherheit entscheiden. Allerdings wurde, worauf
ich schon früher hingewiesen habe, ^) in Bezug auf die Thron-
folge die längste Zeit hindurch zwischen beiden Classen ron
unächten Kindern kein Unterschied gemacht; aber das 6e»
wicht dieser Thatsache wird dadurch einigermassen verrin-
gert, dass in einzelnen Fällen wenigstens auch wohl von
freien Müttern geborene uneheliche Söhne neben acht ge-
borenen auf den Thron gelangten, wie denn z. B. Hakon
Adalsteinsföstri den K. Eirfk blodöx vom Thron verdrängte,
oder Sigurdr munnr und Eysteinn neben dem allein ehelich
geborenen K. tngi Haraldsson zur Regierung gelangten.
Diese Auseinandersetzung über den Concubinat scheint
nun deutlich erkennen zu lassen, welcher Art die Verbindung
war, welche Björgolfr mit der Hilldirid einging. Er leistet
für deren Abtretung ihrem Vater eine Zahlung und diese
Abtretung ist demnach eine vertragsmässige, wenn auch der
1) Die un&chte Geburt, 8,56—69; vgl. auch Fr. Brandt,
Forelaesninger, I, S. 133—34.
Zwei Rechtsfäüe in der Eigla, 87
Vertrag thaisächlich ein erzwungener ist. Er besteigt auch
sofort offenkundig mit Hilldirid das Lager; aber von einer
Yorgäugigen Verlobung ist keine Rede und die geleistete
Zahlung wird nicht als mundr bezeichnet. Nicht eine recht-
mässige Ehe wird somit abgeschlossen, sondern nur ein Con*
cubinatsverhältniss eingegangen, welches freilich durch die
Zustimmung des Vaters der Hilldirid rechtlich geregelt war.
Björgöifr selber spricht von einem lausabruUaup, also von
einem Vorgange, der zwar eine Hochzeit, aber doch nur
eine lose, also nicht vollkommene Hochzeit war, was der
Eingehung eines vertragsweise geregelten Goncubinates voll-
ständig entspricht. Das Wort kommt meines Wissens nur
an dieser Stelle vor und auch an ihr setzt eine, allerdings
miuderwerthige, Hs. dafür den Ausdruck „skyndibruUaup^,
welcher an den beiden weiteren Stellen, an welchen er nach-
gewiesen ist, ^) eine einmalige Beiwohnung bei einem ganz
zufälligen Zusammentreffen bezeichnet. Auch die Zusammen-
setzung .skyndikona*' kommt einmal in der Jömsvikinga
saga vor, ^) und zwar als Bezeichnung eines leichtfertigen
Weibes, mit ^püta", d. h. meretrix zusammengestellt, wäh-
rend andere Bearbeitungen dafür «förukona eda putnr^,')
«lausungarkona* ^) oder kurzweg „huers dags puta' ^) geben,
und die lateinische Uebersetzung des Arngrfmur la}rdi die
betreffenden Worte umschreibt und somit keine Uebersetzung
des hier fraglichen Ausdruckes bietet. ^) Man könnte hier-
1) Hrölfs 8. kraka, cap. 15, S. Öl (FAS. I); Bosa ß., cap. 18,
S. 54 (ed. Jiriczek), wo die altere Ausgabe (FAS. III, S. 227) freilich
nur das einfache brullaup hat, während die älteste (ed. 0. Vcrelius,
S. 57) schon richtig ,skyndebra1Iaup*' las.
3) FM8. XI, cap. 17, S. 54.
') cap. 6, S. 11 (ed. Carl af Petersens); fornkona in der Aus-
gabe Ton Adlerstamm, cap. 5, S. 89 ist verdruckt für ITSrukona.
*) ed. Gederschiöld, S. 10.
5) Plbk, I, § 127, S. 158.
^} ed. Gjessing, cap. 14, S. 24.
88 K, Maurer
nach, zumal wenn man bedenkt, dass das Wort bradhlaup
ursprünglich lediglich die copula camalis bezeichnet zu haben
scheint,') allerdings dafQrbalten, dass skyndibruUaup, d. h.
eilfertige Hochzeit, und weiterhin dann auch lausabruUaup,
lediglich in diesem Sinne zu verstehen sei; indessen scheinen
mir doch bezüglich des letzteren Wortes wenigstens über-
wiegende Gründe für jene andere Deutung zu sprechen. —
Als Ergebniss unserer Untersuchung stellt sich somit die
Thatsache heraus, dass die zwischen Björgolfr und Hilldirid
bestehende Verbindung lediglich ein vertragsweise eingegan-
gener Concubinat war und dass somit Brynjölfr sowohl als
Bärdr die aus dieser Verbindung hervorgegangenen Söhne
mit vollem Recht als frillusynir bezeichneten und von der
Beerbung ihres Vaters ausschlössen, in Bezug auf welche sie
ja als unächt geboren unbedingt hinter dem ehelich geborenen
Sohne zurückzustehen hatten. Wenn Harekr und Hraerekr
die für ihre Mutter geleistete Zahlung als ein Brautgeld und
demgemäss deren Verbindung mit ihrem Vater als eine recht-
massige Ehe aufgefasst wissen wollten, so widerspricht diess
den Thatsachen, und es begreift sich leicht, warum sie nie-
mals ihre Ansprüche auf dem Rechtswege geltend zu machen
wagten. Wenn dagegen |)örölfr zur Verstärkung seiner Be-
hauptung, dass sie nicht ehelich geboren seien, sich auch
noch darauf beruft, dass ihre Mutter gewaltsam entführt und
mit Heeresmacht weggeschleppt worden sei, so will damit
offenbar nicht etwa neben dem Fehlen eines legalen Ehe-
bundes noch ein weiterer Grund für den Mangel der Erb-
fähigkeit der Söhne geltend gemacht, sondern lediglich aus
dem gewaltthätigen Vorgehen Björgölfs recht drastisch die
Nichtexistenz eines rechtmässigen Ebevertrages erschlossen
werden.
*) vgl. V. Finsen in den Annaler, 1849, S. 236—87, Anm,
und Joh. Fritzner, s. v. brüdlaup, brudr, u. a. m.
Zwei BecfUsfälle in der Eigla. 89
Nun ist allerdings richtig, dass das Besitzrecht ^örolfs
vielleicht auch noch von einer ganz anderen Seite her hätte
angefochten werden können. Dieses Besitzrecht beruhte aus-
schliesslich auf der letztwilligen Verfügung, welche Bardr
Brynjöl&son mit des Königs Zustimmung zu seinen Gunsten
gemacht hatte und allenfalls noch auf seiner Heirath mit
der Wittwe Bärds; die Rechtsbeständigkeit jener Verfügung
liess sieh aber yielleicht in Frage ziehen. Das norwegische
Recht, so wie es uns in den Proyinzialrechten vorliegt, kennt
zwar eine gjaferfd, ^) also eine letztwillige Verfügung über
den gesammten Nachlass an Liegenschaften sowohl als an
Fahrhabe; aber es lässt diese nur für den Fall zu, dass ge-
borene Erben nicht vorhanden sind, und es gestattet anderen-
falls zum Nachtheil dieser letzteren Vergabungen nur in sehr
eng b^renztem Umfange, ^) wobei noch überdiess zu beachten
kommt, dass von den beiden wichtigsten Ausnahmsfallen der
eine, die tiundargjöf, erst durch die christliehe Kirche, und
der andere, die fjördüngsgjöf, gar erst durch den Cardinal
Nikolaus Brekspear, also im Jahre 1152, in das Recht herein-
kam. ^) Nun hinterliess aber Bardr einen ehelichen Sohn
Namens Grirtir *) und dieser war somit sein geborener Erbe,
dessen Enterbung zu Gunsten |)6rölfs unmöglich war. Da
nun jene letztwillige Verfügung Bärds dem {)6r6lf ausdrück-
lich auch die Erziehung (uppfsezla) dieses seines Sohnes über-
trug, liegt es nahe, mit Finn Jönsson ^) eine Uogenauigkeit
des Ausdrucks anzunehmen und die Verfügung dahin aus-
zulegen, d&ss der Nachlass dem |)6rölf nicht zu eigenem
1) GpL. § 107; FrI)L. IX, § 3 und 4.
2) So zumal Q^h. § 129.
^) vgl. meine Abhandlung .Ueber den Hauptzehnt einiger
nordgermanischer Rechte*, S. 16—51 (in den Abhandlungen
unserer Glasse, Bd. XIII); femer Fr. Brandt, I, S. 165 — 59.
«) Eigla, cap. 8, S. 24.
5) Fortale, S. LXXXVII.
90 K, Maurer
Recht, sondern nur zur Verwaltung fQr den unmündigen
Grim überwiesen und somit nur die gewohnliche tutela iisu-
fruetuaria des norwegischen Rechts ihm übertragen werden
wollte. Freilich stösst man dabei sofort auf eine neue
Schwierigkeit. Auch zur Führung der Vormundschaft ist
bekanntlich der nächste geborene Erbe berufen ^) und Ton
der Bestellung eines Vormundes durch letztwillige Verfügung
ist nirgends die Rede; indessen bleibt dabei immerhin ein
Ausweg offen. Die 6{)L. § 103 lassen nämlich die Mutter
schon an vierter Stelle ihr Kind beerben, dann nämlich,
wenn weder Leibeserben, noch der Vater oder Geschwister
desselben vorhanden sind; die für den vorliegenden Fall
massgebenden Fr])L. VIII, § 7 berufen sie dagegen erst an
sechster Stelle, also nach den Kindern und Kindeskindern,
dem Vater, den acht geborenen Geschwistern, den Onkeln
und Tanten, sowie den Neffen und Nichten. Von allen diesen
Verwandten nennt uns nun die Eigla keinen einzigen als
vorhanden, und es wäre demnach recht wohl denkbar, dass
Bärds Wittwe als Mutter Grims zur Vormundschaft über
diesen berufen gewesen wäre, welche Vormundschaft dann
]K)rölfr als der ihr bestimmte Ehemann zu führen gehabt
hätte. ^) In der angegebenen Weise lässt sich somit die Be-
rufung {)örölfs zur Vermögensverwaltung immerhin erklären,
vorausgesetzt, dass das Recht des 13. Jahrhunderts auch schon
im 9. galt, oder dass der Verfasser der Eigla sich ohne
Weiters an das norwegische Recht seiner Zeit oder auch an
das Recht seiner isländischen Heimat gehalten hat, welches
letztere die Mutter bereits zwischen den brödir samfedri und
die systir samfedra von ehelicher Abkunft einschob. •) Jeden-
falls ist klar, dass die Zustimmung des Königs die Verfügung
! bis 189.
1) GpL. § 115; FrpL. IX, § 22-23; vgl. Fr. Brandt, I, S. 186
2) FrpL. XI, § 6.
8) Kgsbk. §118, S. 218; Stadarhölsbk. §56, S. 68.
Zwei BechtsfäUe in der Eigla. 91
Bärds nicht rechtsgültig machen konnte, falls sie diess land-
rech tlieh nicht bereits war. Jessens Versuch, ^) das Eingreifen
K. Haralds aus dessen angeblicher Einziehung aller ödals-
güter in Norwegen zu erklären, erweist sich schon dadurch
als völlig verkehrt, dass es sich im gegebenen Falle gar
nicht blos um solche handelte. Ebensowenig kann ich zu*
geben, dass der König, wie Finnr Jönsson annimmt, darum,
weil Bardr sein Landherr war, über dessen Besitz schalten
und walten konnte wie es ihm gefiel; aber richtig ist aller*
dings, dass dieser neben dem ihm zu Eigen gehörigen Ver-
mögen auch noch als Landherr mehrfache „veizlur" und
,Ien* des Königs besass, über welche diesem die freie Ver-
fugung zustand und welche somit nur durch seine Verleihung
auf {)6rölf übergehen konnten und seinerzeit wirklich über-
gingen, und nicht minder richtig bleibt überdiess auch, dass
es sich bei K. Haralds bekannter Gewaltthätigkeit immerhin
empfehlen konnte, sich dessen Zustimmung zu erbitten, zu-
mal da eine Sonderung des lehenrechtlichen Besitzes von
den landrechtlichen unter Umständen ihre Schwierigkeiten
haben konnte. In dieser Beziehung ist das Verhalten der
Betheiligten in Bezug auf ])örölfs Verheirathung mit Sigrid
ungemein belehrend. Wie über sein Vermögen und über die
Erziehung seines Sohnes so verfQgte Bärdr zugleich auch
über die Hand seiner Frau; aber wenn auch Sigridr selbst,
ihr Vater und ihre ganze Verwandtschaft auf des Königs
Gebot nicht weniger als auf J)6rölfs Persönlichkeit hohen
Werth legen, so gehen doch die Werbung, Verlobung und
Hochzeit ganz in gewöhnlicher Weise vor sich. Man sieht,
an den Vorschriften des Landrechts vermochte der Wille des
Königs Nichts zu ändern ; aber er war von sehr erheblichem
Einfluss auf die Entscbliessnngen , welche die Betheiligten
im gegebenen Falle zu fassen hatten. Genau derselbe Vor-
*) aog. Ort, S. 68-70.
02 K. Maurer
gaug wiederholt sich später nochmals, nachdem K. Haraldr
den |>6rölf getödtet hat und nach seinem Willen eben jene
Sigrid mit dessen Verwandten, Ejvindr lambi, yerheirathen
will, welcher dabei auch {)or61fs ganzen Besitz erhalten soll. ^)
Auch in diesem Falle fügt sich Sigridr der Werbung, weil
sie keinen anderen Ausweg zu haben glaubt; aber selbstver-
ständlich hat der Zwang, welchen der König auf ihre Ent-
Schliessungen ausübt, auch in diesem Falle mit der Rechts-
frage nichts zu thun.
2.
Der zweite Rechtsfall ist etwas verwickelter. Brynjölfr,
ein Sohn des Björn hersir in Sogn und somit von dem oben
genannten Brynjölfr Björgölfsson durchaus zu scheiden, hat
zwei Söhne, Björn und {)ördr. Der erstere von diesen sieht
bei einem Gastmahle die [)öra hladhönd, eine Schwester des
l)örir hersir Hröaldsson, verliebt sich in sie und hält sofort
bei diesem ihrem Bruder um sie an. Von ihm abgewiesen
entführt er die |)öra und bringt sie zu seinem Vater nach
Aurland, um sie zu heiraten; Brynjölfr aber, mit {)örir von
Alters her befreundet, gibt diess nicht zu, erklärt vielmehr
die Entführte in seinem Hause so halten zu wollen wie wenn
sie seine eigene Tochter wäre und lässt ihrem Bruder Busse
anbieten. [)örir besteht auf der Rücksendung seiner Schwester,
welcher sich hinwiederum Björn widersetzt. Darüber geht
der Winter hin; im Frühjahre entführt Björn mit Beihülfe
seiner Mutter die |)öra aus seines Vaters Haus und gelangt
mit ihr glücklich nach Hjalltland, d. h. Sbetland.^) Hier
hält er mit ihr Hochzeit,^) erfährt aber auch sofort, dass
K. Harald ihn geächtet und den Jarl Sigurd beauftragt habe,
ihn tödten zu lassen. Daraufhin fährt er nach Island hin*
4 Eiffla, cap. 22, S. 67-68.
2) cap. 32, S. 102—5.
') gerdi liann brullaup til J)öru.
Zwei ReehtsfäXle in der Eigla. 93
über, wo er von Skallagrfm als Sohn seines Bekannten
Brjnjölfr und Schwager seines Bandbruders {)6rir sehr freund-
lich aufgenommen wird. ^) Erst hinterher kommt auf, dass
er mit der |)6ra ohne Zustimmung ihrer Verwandschaft durch-
gegangen und dass er in Norwegen der Acht verfallen sei;
auf Befragen gesteht er nun auch dem Skallagrim ein, dass
er sie ohne die Zustimmung ihrer Verwandten geheirathet
und dabei zumal nicht mit der Zustimmung ihres Bruders
gehandelt habe. ^) Auf Island kommt {)öra mit einer Tochter
nieder, welche Asgerdr genannt wird ; Skallagrimr aber lässt
sich durch seinen Sohn ])örölf, der von dem oben bespro-
chenen gleichnamigen Bruder Skallagrfms natürlich wohl zu
unterscheiden ist, dazu bestimmen, zwischen Björn und |>örir
eine Aussöhnung zu versuchen. Da auch Brynjölfr sich so-
fort an der Vermittlung betheiligt, gelingt diese. Als man
bievon auf Island Kenntniss erlangt, ') geht Björn mit |)6r<$if
nach Norwegen hinüber, wo nun der Vergleich zwischen ihm
und })6rir endgültig abgeschlossen und daraufhin von diesem
auch der |>6ra Alles ausbezahlt wird, was sie auf seinem
Hofe gut hatte, und von da ab halten |)örir und Björn mit
einander gute Freundschaft und Schwägerschaft. ^)
Asgerdr, die Tochter Björns und der J)öra, war bei der
Rückkehr ihrer Eltern nach Norwegen zunächst in Skalla-
grfras Haus auf Island zurückgeblieben und hier heran-
gewachsen. *) Inzwischen war ihre Mutter gestorben und ihr
*) Eigla, cap. 38, S. 105—8.
2) cap. 34, S. 108—9.
^) cap. 35, S. 111: p& sogdu l)eir {)au tidendi, at Björn var i
88ßtt tekinn i Noregi.
^) cap. 35, S. 111—12: Laugdu {)eir Brynjölfr stefnu sin i niilli.
Kom )>ar ok Björn til ))eirar etefnu. Trygdu {)eir pörer pa ssetter
med sär. Sidan greiddi I>örer af hendi f^ }>at, er pöra atti i hans
gardi, ok sidan töku |)eir vpp pörer ok Björn vinattn med teingdum.
•'») cap. 35, S. 111.
94 K. Maurer
Vater hatte eine zweite Frau geheirathet, mit welcher er
eine Tochter Namens Gunnhildr erzeugte. ^) Als aber
])ör61fr Skallagrlmsson wieder einmal nach Norwegen reiste,
nahm er im Auftrage seines Vaters die Asgerd mit, um
sie zu ihrem Vater zu bringen. ^) Wirklich führte er sie
diesem zu, der sie mit Irrenden aufnahm; Björn lebte aber
auf seinen Gütern ohne in des Königs Dienst treten zu
wollen und wurde danim Björn höldr genannt. ') Etwas
später wirbt pörölh um die Asgerd, verlobt sich mit ihr
und heirathet sie mit Zustimmung ihrer ganzen Verwandt-
schaft. ^) Nachdem er aber in England gefallen ist, ^)
schliesst seine Wittwe, wiederum mit Zustimmung ihrer
Verwandtschaft, eine zweite Ehe mit {xSrölfs Bruder EgilL ^)
Schon früher hatte dieser durch mehrere von ihm be-
gangene Todtschläge den Zorn des Königs Eirikr blödöx
auf sich geladen, und wenn es auch dem {)6rir hersir,
dem Bruder der |)öra hladhönd, damals gelungen war, den
König zur Annahme einer Busse zu bewegen, so hatte dieser
doch erklärt, einen längeren Aufenthalt Egils in seinem
Reiche nicht dulden zu wollen. '') Trotzdem gestattet der
König später dem })6rir zu Liebe einen nochmaligen Winter-
aufenthalt Egils bei diesem; ®) da dieser nun aber, wenn
auch nicht ohne guten Grund, mit Eyvind skreyja, einem
Bruder der bösen Königin Gunnhild, gekämpft und diesem
ein Schiff abgenommen hat, ^) hält selbst sein treuer Freund
Arinbjörn, des |M5rir hersir Sohn, dessen längeren Aufenthalt
in Norwegen für unmöglich, und Egill fiihrt daraufhin mit
seiner soeben erst geheiratheten Frau nach Island heim. *®)
1) Eigla, cap. 37, S. 117. 2) cap.88. S. 119-20. ») cap.41,
S. 128. *) cap. 42, S. 129-80 und cap. 44, 8. 188. ^) cap. 54,
S. 172. «) cap. 56, S. 182-88. 'f) cap. 44, S. 139: bad JkSri
8v4 til faaga, „{xStt ek geri saett nokkura, at Egill se ekki langvistam
1 miDO rfki*. ») cap. 48, S. 149—50. ») cap. 49, S. 161-61.
^0) cap. 66, S. 183.
^wei ÜecktsfäUe in der Eigta, 95
loEwischen hatte Bergonundr, ein Sohn des ])orgei]T
pjmif6ir^ die Gunnhild geheirathet, die Tochter des Björn
höldr aus seiner zweiten Ehe, ^) und als dann Björn starb,
nachdem Egill und Asgerdr nach Island zarOckgekehrt waren,
nahm er dessen ganzen Nachlass in Besitz, ohne der Rechte
dieser letzteren irgendwie zu achten.*) Sobald aber Egill
von Björns Tod und dem Vorgehen Bergönunds Kenntniss
erlangt hat, macht er sich trotz alles Vorgefallenen noch-
mals mit seiner Frau nach Norwegen auf und erhebt hier,
trotz des entschiedenen Abrathens seines Freundes Arinbjörn,
der inzwischen seinen Vater ])(irir beerbt hat, •) Namens der
Asgerd Anspruch auf den halben Nachlass Björns, da dessen
beide Töchter zu dessen Erbschaft gleich nahe berufen seien.
Bergonundr, ein ebenso gewaltthätiger als habgieriger Mann,
weist seine Anforderung derb zurück, weil Egill selbst vom
Konig geächtet*) und seine Frau offenkundig von der Matter-
seite her unfreier Abkunft sei; *) als dieser daraufhin erklärt,
die Sache an das Gulapfng bringen zu wollen und seine
Ladung zu diesem ergehen lässt , ^) antwortet jener mit
Drohungen,') Sehr erbost darüber, dass seine Tante eine
unfreie Magd gescholten wurde, ®) wendet sich Arinbjörn zu-
nächst an den König mit der Bitte, ihm und Egill den
Rechtsweg offen zu lassen ; aber wenn dieser auch sein Ge-
such nicht ausdrücklich abschlägt, so zeigt er sich wenigstens
sehr widerwillig. Als es nun zum Gulapinge kommt, werden
hier die Richter innerhalb der geheiligten Schranken (vebönd)
niedergesetzt, je ein Dutzend aus dem Firdafylki, Sygnafylki
und Hördafylki, und da Arinbjörn die Richter aus dem Firda-
1) Eigia, cap. 56, 8. 180; vgl. cap. 37, S. 117.
^) cap. 66, 8. 184. «) cap. 55, S. 180. *) vtlagi Eiriks
konnngs. ^) pof at pat er kunnigt al})ydu, at hon er l).yborin
at mödemi. ^J pä. stefner £gill honnm ping ok Hkytr malinu
til Golat)iiig8 laga. '') Das Obige nach cap. 56, S. 185—66. ^} er
J>öra fodnrsjster hann var kollut ambatt.
96 K, Maurer
fjiki und ^ördr von Aurland die aus dem Sygnafyiki zu
ernennen hatte, stehen die Aussichten fdr Egill sehr günstig.
Dieser trägt nun seine Sache vor und macht geltend, dass
seine Frau Asgerdr als eine Tochter Björns und von allen
Seiten her vornehmster Abkunft^) zur Erbschaft berufen sei;
er beantragt daraufhin, dass ihr der halbe Nachlass Bjaros
an liegender sowohl als fahrender Habe zuerkannt werde.
Bergönundr dagegen bringt vor, dass seine Frau Gunnhildr
die einzige eheliche Tochter Björns und darum auch allein
zu dessen Erbschaft berufen sei, wogegen Asgerdr, Björns
einzige weitere Tochter, nicht erbberechtigt sei, weil ihre
Mutter mit Gewalt entfährt und nur als Goncubine gehalten
worden sei, ohne Zustimmung ihrer Verwandtschaft und von
Land zu Land geschleppt; *) er erbietet sich zugleich zum
Beweis darüber, dass ihre Mutter zweimal entfuhrt worden
sei, dass sie mit Vikingem und geächteten Leuten das Land
verlassen habe und da8s Björn mit ihr während der Zeit
seiner Acht die Asgerd erzeugt habe. ^) £r bezeichnet es
ferner als eine Unverschämtheit, dass Egill es wage ins Land
zu kommen, obwohl ihn der König geächtet habe, und dass
er sich unterstehe, seine Frau als erbfähig zu bezeichnen,
obwohl sie eine Unfreie sei; er verlangt schliessL'ch , dass
ihm die ganze Erbschaft Björns zuerkannt, Asgerdr aber für
eine Unfreie des Königs erklärt werde, weil zur Zeit ihrer
Erzeugung ihre beiden Aeltern in des Königs Acht gewesen
seien. ^) Hierauf antwortet sofort Arinbjörn, indem er sich
^) ödalborin ok lendborin i allar kyokufslir, en tiginborin framm
i SBttir.
'^) Var mödir hennar hemumin, en eidan tekin frillataki ok
ecki at fraanda rädi, ok flntb land af landi.
3) at |)öra bladhaund inödir Asgerdar var hertekin heiinan fra
pöris bröder sin!), ok annat sinai af Aurlandi fra Brynjölfd. För bon
[)4 af landi a braut med vikingom ok ütlaugom konungs, ok i l)eiri
ütlegd gato pau Bjauro dötlor |>eB8a, Asgerdi.
^) Vil ek pess kreQa dömendr, at peir doemi m^r allan arf
Zwei BeefUafäUe in der Mgla, 97
zur Beweisführuog darüber erbietet, dass bei dem zwischen
seinem Vater und dem Björn höldr abgeschlossenen Ver-
gleiche die Verleihung der Erbfähigkeit an Äsgerd ausbe-
duDgen worden sei, während er zugleich darauf hinweist,
dafis K. Eirikr selbst wisse, dass er den Björn wieder in den
Landfrieden gesetzt habe. ^) Wirklich führt er sofort zwölf
wohlbefahigte Ohrenzeugen des Vergleichsabschlusses vor,
welche sich zur Beeidigung ihrer Aussage erbieten.*) Die
Richter erklären sich bereit die Eide anzunehmen, wenn der
König es nicht verbiete, und dieser erklärt, solches weder
erlauben noch yerbieten zu wollen. Da lässt die Königin
Gunnhildr, um ihren Günstling Bergönund zu retten, das
Gericht mit Waffengewalt sprengen.')
Der weitere Verlauf der Dinge hat zunächst mit der
Rechtsfrage nichts mehr zu thun. Wir hören wie Egill, da
ihm der Rechtsweg abgeschnitten wird, noch am Ding den
Bergönund zum Zweikampfe fordert und zugleich ein förm-
liches Verbot gegen jede Benützung des streitigen Grund-
besitzes ergehen lässt; ^) wie er sodann, vom Könige selbst
verfolgt, zwar sein Kaufschiff verliert, aber dafür auch dem
Könige seinen Verwandten Ketil tödtet und glücklich ent-
kommt. ^J Wir hören femer, wie Egill von K. Eirfk geächtet
Bjamar, en dosmi Aagerdi amb^tt konunga, {)af at hon var suä
getin, at ])ä var fadir hennar ok mödir i üttlegd konungs.
^) vitni manum u^r framm bera, Eirfkr konungr til })e88, ok
Idta eida fjrigja, at t)at var skilit i sastt l)eira pöris faudur mfns ok
Bjamar haulldz, at Asgerdr döttir |>eira Bjamar ok J>öro var til
arfa leidd eptir Björn faudor sinn, ok snä. |)at, sem ydr er sjdlfom
kunnikt, konungr, at {)ü geyrdir Björn ilendan, ok aulla ^\xi mali
var }>& Inkt, er ädr hafdi milli stadit ssettar manna.
^} Arinbjöm I^t f)ä framm bera uitnisbordinn 12 menn, ok
allir vel til valdir, ok hanfdo allir {)eir heyrt d sastt l)eira pöris ok
Bjamar, ok bndo f)d. konnungi ok dömaundom at sueria par eptir.
') Das Bisherige nach cap. 66, S. 187—91.
*) cap. 66, S. 191—92.
») cap 56, 8. 193-97.
1895. Bitxiingsb. d. phil. u. biet. Cl. 7
98 K Maurer
wird; ^) wie er sodaDB den Bergönund überfallt, ihn samint
seinem Bruder und einem Verwandten des Königs seihst er-
schlägt, seinen Hof plfindert und dann auch noch des Königs
Sohn Bögnyald sammt seinen Begleitern tödtet, dem Eonig
selbst aber und seiner Königin eine «oidstöng* errichtet and
dann ungefährdet nach Island heimgelangt. ^) Ebensowenig
ist hier zu besprechen, wie K. Eirikr von seinem eigenen
Bruder, Hakon Adalsteinsföstri, aus Norwegen vertrieben
wird, und wie er sieb sofort nach England wendet, wo Egill
nochmals mit ihm zusammentrifft; dagegen muss ein weiterer
Versuch dieses letzteren, das seiner Frau gebührende Erbe
in Besitz zu nehmen, hier noch eingehend erörtert werden.
Den ganzen Nachlass Bergönunds hatte dessen Bruder,
Atli hinn skammi, in Besitz genommen; Egill aber ging von
England aus nach Norwegen hinüber, um ihm gegenüber
die Rechte seiner Frau geltend zu machen. ^) Durch Empfeh-
lungen des englischen Königs Adalsteinn (d. h. iEdelstan)
unterstützt, trägt er dem K. Hakon seine Sache vor, b^n-
sprucht für seine Frau den halben Nachlass Björns an
liegender und fahrender Habe, und erbietet sich zur Beweis-
führung durch Zeugen und Eide, ^) indem er darauf hin-
weist, wie ihm seinerzeit durch K. Eirik und dessen Frau
am Gula|>fnge der Rechtsweg abgeschnitten worden sei, und
den König bittet, ihn nunmehr zu seinem Rechte gelangen
zu lassen. Der König halt ihm zwar scharf genug sein
trotziges und feindseliges Benehmen gegen K. Eirik und
dessen gesammtes Haus vor, verwilligt ihm aber um K. Adal-
steins willen doch den Genuss des Landfriedens und recht-
lichen Schutz für seine Ansprüche. *) Nun fährt Egill nach
Ask auf der Insel Fenbring in Hördaland und spricht hier
1) cap. 57, S. 199. «) cap. 57, S. 199-209. ») cap. 62,
S. 228. *) baud par framm vitni ok eida med mdli smu. ^) en
firi saker Adalsteins konangs föstra mins, I)d skalltu hafa hdr frid
1 landi ok nii logum ok landsretti. Das Obige nach cap. 68, 8. 229—81.
2hüei BechtJtfäüe in der Eigla. d9
den Aili um das seiner Fraa zogehörige Vermögen an, welches
Bergönundr ihr widerrechfclich vorenthalten habe; ^) dieser
aber verweigert dessen Herausgabe nnter Berufung auf das
Urtheil, welches E» Eirlkr zu Gunsten Bergönnnds gefallt
habe,^) indem er zugleich geltend macht, daas eigentlich
Egill ihm seinerseits Busse schulde för die Tödtung seiner
Brüder und die Plfinderang ihres Hofes. Daraufhin ladet
Egill ihn vor das 6ula|»fng, unter Bezugnahme darauf, dass
ihm E. Häkon ausdrücklich den Rechtsweg eröffnet habe. *)
Am Gula|»ing trägt Egill sodann seine Elage und Atli seine
Vertheidigung vor, und der Letztere erbietet sich zu einem
Zwolfereide darüber, dass er keinerlei Ghits xmter seiner Ver-
waltung habe, welches dem Egill gebore; ^) als er sich aber
anschickte, diestti mit seinen Eidhelfem (med eidalid sitt)
abzuschwören, schnitt ihm Egill die weitere Vertheidigung
durch eine Herausforderung zum Zweikampfe ab, was nach
damaligem Rechte zulässig war. ^) Darauf geht AÜi ein und
es kommt zum Zweikampfe; in diesem erlegt Egill seinen
Gegner, worauf er dann den gesammten Grundbesitz an sich
nimmt, den er Namens seiner Frau beansprucht hatte. ^)
Damit ist die Sache endgültig erledigt, wie wir denn den
Egill in der That später Pachtgelder (landskyldir) in Sogn
erheben'') oder Vollmacht zu deren Verwaltung und Ver*
äusserung ertheilen sehen. ^)
Die Prüfung dieses zweiten Rechtsfalles ist insofern er-
^) Em ek nü kominn at viija Qä.r pess, landa ok lansa aura,
ok krefja t)ik, ai |)ii later laust ok greider m^r f hendr.
^) er Einkr konungr diemdi Aunundi brödur mfnum.
9) Das Obige nacb cap. 66, S. 240—42.
*) en Atli band logvom i m6t, tylftareida, at bann hefdi eeki
f^ |>at at yardneita, er Egill SBtti.
^) cap. 65, S. 242; vgl. auch cap. 64, S. 238—89.
«) cap. 66, S. 243—45.
^ cap. 67, 8. 247.
») cap. 76, S. 279.
7*
100 K Maurer
leichtert, als keinem Zweifel unterliegen kann, nach welchem
Recht derselbe zu entscheiden ist. Schon Hröaldr, der Vater
des })6rir hersir, war Jarl im Firdafylki gewesen; ^) ebenda
wohnte sein Sohn, als dessen Schwester, })öra hladhond, aas
seinem Hause entführt wurde, *) und auch noch dessen Sohn
Arinbjom hatte am 6ala|»fnge die Richter aus dem Firdafylki
zu ernennen. ') Andererseits wohnte bereits Björn hersir und
nach ihm sein Sohn Brynjölfr auf dem Hofe Aurland in
Sogn; dahin bringt Brynjölfs Sohn Björn die entführte {>6ra
und von hier aus entführt er sie zum zweiten Haie, um mit
ihr ausser Landes zu gehen ;^) nach Brynjölfs Tod aber er-
nennt ein anderer Sohn desselben, }>ördr, die Richter aas
dem Sygnafylki und auch er wohnt auf Aarland. *) Endlich
))orgeirr })ymifötr, Bergönunds Vater, bewohnte den Hof Ask
auf der Insel Fenhring (jetzt Askö) in Hordaland,*) und
ebenso wohnte hier Bergönundr selbst, als er die Gunnhild
heirathete, '') und hier wurde er auch von Egill erschlf^en. ®)
Die sämmtlichen bei dem Rechtshandel betheiligten Personen,
mit einziger Ausnahme des Klägers, gehorten somit dem
Gulaplng an, und auch die beiden für diesen in Betracht
kommenden Entführungen wurden im Bereiche dieses Ding-
verbandes yerübt; mit vollem Rechte wurde darum von Egill
die beiden Male, da er den Rechtsweg beschritt, das Gala-
|ifng angegangen, und nach den Gula^fngslog musste denn
aach der Rechtsfall entschieden werden. Nun gehören aller-
dings die uns erhaltenen Aufzeichnungen dieses Provinzial-
rechtes erst der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts an, und
selbst deren älteste Bestandtheile scheinen kaum vor dem
Anfange des 12. Jahrhunderts niedergeschrieben worden zu
sein ; aber die Yergleichung des isländischen Rechtes, welches
») Eigla, cap. 2, S. 6. ^) cap. 32, S. 102-8. ») cap. 66,
S. 187 — 88. *) cap. 32, S. 102 — 6. ^) cap. 66, S. 188.
«) cap. 87, S. 117. 'f) cap. 66, S. 180—81. ») cap. 67, 8. 202—3.
ZfoH Rechts fälle in der Eigla. 101
sich erst bei Lebzeiten Egils von dem Rechte des 6ula|)inges
abgezweigt hatte, lasst deutlich erkennen, dass in den hier
massgebenden Punkten dieses letztere bereits in der ersten
Hälfte des 10. Jahrhunderts wesentlich dieselben Bestim-
mungen enthalten haben muss, wie sie die uns erhaltenen
Aufzeichnungen aufweisen.
Was nun die Sache selbst betrifft, so ist zunächst klar,
dass die Hochzeit, welche Björn höldr mit der })öra hlad-
hond auf Shetland hielt, obwohl als bruUaap bezeichnet,
doch keine richtige Hochzeit war und keine rechtmässige
Ehe begründen konnte. Björn hatte die ))6ra nicht nur ohne
die Zustimmung, sondern sogar gegen den ausdrücklich er-
klärten Willen ihres Bruders zu sich genommen, denn er
hatte sie aus dessen Haus entführt, nachdem seine Werbung
um ihre Hand von |)6rir zurückgewiesen worden war. Weder
von einer legalen Verlobung noch von dem Versprechen und
der Zahlung eines Brautgeldes konnte demnach im gegebenen
Falle die Rede sein, nnd doch wurde oben bereits dargelegt,
dass sowohl die Oula|)fngslög als die älteren isländischen
Rechtsbücher Beides als wesentliche Voraussetzungen einer
rechtmässigen Ehe neben der Hochzeit fordern. Dabei be-
stimmen die ersteren ausdrücklich, ^) dass die Verlobung zu-
nächst durch den Vater der Braut zu erfolgen habe, even-
tuell aber durch deren Bruder, wenn der Vater bereits
verstorben sei, und auch die letzteren lassen in Ermangelung
frei und acht geborener Kinder der Braut zuerst deren Vater
und eventuell deren Bruder von der Vaterseite als Verlober
eintreten.^) Nur als ein «frillutak*, d. h. als Eingehung
>) GpL. § 61: Nu er {)at t>vi nest at madr vill afla s^r kvan-
iangs I>ea8 er meira kemr til. pa Bcal fader sialfr festa dottor sina,
ef hon er msDr. en broder ef fader er daudr.
2) Egsbk. § 144, S. 29: Sonr 16 vetra gamall epa ellre er fast-
nandi moI)or siimar Mals borinn oc arfgengr oc sva hyggion at bann
konni tyrir erfd at rada. £nn ef eigi er sonr pa, er dottir au er gipt
102 K. Mamer
eines ÜDDCubinateB kann demnach rechtlich die von Björn
mit |>ora gehaltene Hochzeit betrachtet werden, ganz -wie
die Königin Sigrfdr storrada die Hochzeit des Königs Olaf
Tryggvason mit der {>yri Haraldsdöttir darum als ein frillntak
bezeichnet, weil diese sich ihm blos mit dem Beirathe ihres
Erziehers Ozurr Agason selbst Yerlobt hatte, ohne die Zu-
stimmung ihres Bruders, des Dänenkonigs Sveinn. ^) Eine
Folge hievon ist aber, dass Asgerdr als ein ehelich geborenes
Kind nicht gelten und somit auch nicht als solches zur Erb-
schaft ihres Vaters berufen sein konnte. — Schwieriger ist die
Frage zu beantworten, wie weit die Acht rechtlich begrfindet
gewesen sei, welche K. Haraldr fiber Björn sofort nach seiner
Flucht aus Norwegen verhängte. Allerdings rechnet eine
Stelle in den Gulaftfugslög *) zu den Leuten, welche der
strengsten Acht unterliegen sollten, unter Anderen auch die-
jenigen, welche Ehefrauen, Bräute oder Töchter rauben ohne
deren eigenen Willen und den Willen derer, in deren Gewalt
sie stehen; aber diese Bestimmung bezeichnet sich selbst in
ihrer Ueberschrift als eine von K. Magnus erlassene Novelle,
und eine im Dronter Landrechte enthaltene Parallelstelle ^)
er, oc a I)a bonde hennar at festa mag kono sina. En I)a er fiä|)ir
fastnande dottor sinnar. En I)a scal brodir samfedri fastna systor
sma. Aehnlich ebenda, § 268, S. 203; Stadarhölsbök, § 118,
8. 156; Belgsdalsbök, §48, 8.240.
1) Olafs 0. Tryggvasonar, cap. 244, 8. 291, vgl. cap. 195,
8. 188 (FM8., II.) und Flbk, I, § 872, S. 471—72, vgl. § 308, 8. 373.
Bei Oddr, cap. 84, 8. 37 a. cap. 49, 8. 46 (ed. Munch), dann cap. 42,
S. 811 u. cap. 58, S. 883 (FMS., X), sowie in der Heimskr. cap. 100,
8. 201 u. cap. 106, 8. 205 ist der Wortlaut weniger bezeichnend.
^) GpL. § 82: oc sva {)eir menn er konor taca med rane, »da
annarra manna konor festar konor, sBda dodtr manna firi ntan rad
l>eirra er forrsBde eigu firi, seda sialfira {>einia, hvegi er sidan gerixt
vili t)6irra er hiuskapr rssdzt, oc sva {)eir er hemnast I)es8ara ubota
manna, sBda heimta giolld eftir ef vitni veit t)at, I)a ero I>eir ubota-
menn aller, firigort fe oe fridi lande oc lausum eyri.
«) FrpL. V, § 44-46.
Zwei BedUsfälle in der Eigla, 103
sagt ausdrücklich, daes sie eingeführt worden sei ninit dem
Rathe des Königs Magnus und des Erzbischofs Eysteinn und
anderer Bischöfe und aller der weisesten Männer aus allen
Ding?erbauden*, — sie gehört also erst der zweiten Hälfte
des 12. Jahrhunderi<3 an und kann nicht ohne Weiteres auf
den Schluss des 9. und den Anfang des 10. Jahrhunderts
zarückbezogen werden. Indessen lässt sich doch nicht mit
Sicherheit erkennen, wie viel oder wie wenig von dieser
Vorschrift wirklidi neueres Recht war, so dass die Möglich-
keit nicht ausgeschlossen erscheint, dass die Bedrohung des
Weiberraubes mit der Acht schon dem älteren Rechte geläufig
gewesen wäre, und es fehlt überdiess nicht an Gründen,
welche diess wahrscheinlich machen. Nach einer Geschichts-
quelle ^) soll bereits E. Haraldr faärfagri ein Gesetz erlassen
haben, welches die Vergewaltigung von Weibern mit der
Acht bedrohte, von welcher sich der Schuldige durch die
Zahlung von 40 Mark loskaufen konnte, und diese Bestim-
mung kehrt ganz gleichmässig auch in unseren Gula|>lngslög
wieder. ^) Allerdings ist die Glaubwürdigkeit jener geschicht-
lichen Angabe eine recht anfechtbare, und überdiess beziehen
sich beide Stellen auf die Nothzucht und nicht auf den
Frauenraub; aber doch wird auch an einer anderen Stelle
des angeführten Rechtsbuches, ^) welche ihrem gesammten
^) Fagrskiiiiia, §17: f>ä. gerdi ok Haraldr ny 15g am kvenna-
rett, at sä madr er tekr konu naudga, t)ä. skal hänum t)at verda at
ütlegdarsök, ok skal bann kaupa sik med 40 marka sex 41na eyris
1 f rid aptr.
*) GpL., § 199: Nu brytr madr kono til svefnis, oc verdr hann
kannr oc saimr at t>vf, l)ä verdr hann dtlagr um eller giallde 40 marca,
oc bcBte benne tvevolldom rdtte. Aehnlich auch BjarkR. II, §46
und III, § 96; dagegen anders B|>L. II, § IS.
') GI>L., § 51: Nu teer madr festar kono mannz. oc gengr at
eiga, 00 se fAt beggia })eirra rad, [>a stefne sa t)ing, er fyrr hafde
festa t)eim er sidarr fecc; {)a eiga f)ingmenn at doema f)aa ütlog
tede. £n ef hon eegir eigi Binn yilia til liess, t)a soilisc hon vid {)at.
104 K, Maurer
Inhalte nach entschieden altes Recht wiederzugeben scheint,
gesagt, dass für den Fall, dass Einer die Braut des Andern
zur Ehe nimmt, Beide der Acht verfallen sollen, wenn die
Heirath von Beiden gewollt war, dagegen nur der Mann,
wenn das Weib behauptet, wider ihren Willen genommen
worden zu sein. Hier handelt es sich also in der That um
Weiberraub und Entf&hrung, wobei nur wunderlicher Weise
das Verhalten des gesetzlichen Verlobers der EntfQhrten zu
der That ganz ausser Betracht gelassen ist; aber freilich be-
zieht sich die Stelle nur auf Bräute und bleibt dahingestellt,
ob dasselbe Recht, mit Ausnahme natürlich des auf die Klags-
berechtigung bezüglichen Satzes, auch bezüglich der nicht
verlobten Weiber gegolten habe. Noch weiter dürfte aber die
Yergleichung des isländischen Rechtes fuhren. Dieses bedroht
nicht nur die Nothzucht und selbst schon den nächsten Ver-
such zu dieser mit dem Waldgange, also der strengsten Acht/)
sondern es bestraft auch ganz ebenso den Frauenraub, welcher
mit der Absicht begangen wird, die Geraubte zu heirathen ; ^)
wenn daneben noch speciell der Fall besprochen und mit
der gleichen Strafe bedroht wird, da eine Verlobte weg-
geholt wird, um sie zu ehelichen, ') so liegt der Grund hie-
für doch wohl zunächst darin, dass in diesem letzteren Falle
die Strafe auch dann eintreten sollte, wenn die Weggeführte
eingewilligt hatte, und dass somit bei der Braut zwischen
dem Frauenraub und der Entführung nicht unterschieden
werden wollte. Hält man diese Vorschriften der Gragäs mit
den vorher besprochenen Vorschriften der Gula|)ingslög zu-
sammen, so möchte immerhin als wahrscheinlich zu bezeichnen
sein, dass bereits das ältere Recht des Gula|)inges den Frauen-
1) Egsbk, § 166, S. 47; Stadarhlsbk, § 144, S. 176.
2) Egsbk, § 169, S. 67: £f madr tekr kono navdga abrott oc
▼ill eiga ganga vardar honam |>at scog gang; Stadarhlabk,
§ 168, S. 187; Belgsdalsbk, § 64, S. 248.
<) Egsbk, § 160, S. 67—68; Stadarhlsbk, § 160, S. 188-89.
Zwei Beditsfmie in der Eigla, 105
raab mit der Acht bedroht habe, nur freilich mit der
milderen, als utlegd bezeichneten, wogegen er erst durch
K. Magnus Erlingsson unter die übotamal eingereiht und
somit mit der strengsten Feindlosigkeit belegt worden wäre,
wie denn auch auf Island der Waldgang möglicherweise erst
spater an die Stelle der blossen Landesverweisung getreten
sein mag. Wollte man aber diese Vermuthung nicht für
stichhaltig gelten lassen, so bliebe immer noch der andere
Ausweg, anzunehmen, dass der König die Acht über Björn
ohne bestimmteren Anhaltspunkt im Gesetze lediglich auf
Grund seiner Verpflichtung zur Wahrung von Recht und
Frieden im Lande (landhreinsun) erlassen habe, falls nicht
etwa gar der Verfasser der Eigia sich eines Hineintragens
des Hechtes seiner eigenen Zeit in eine längst vergangene
Vorzeit schuldig gemacht haben sollte.
Eine zweite Frage ist nun aber die, wie weit die durch
die bisher besprochenen Thatsachen geschaffene Sachlage
etwa durch spätere Vorgänge verändert worden sei? Wir
erfahren zunächst, dass zwischen Björn und })örir, dem Bru-
der der })öra, ein Vergleich zu Stande kam, welchen erst
Brynjölfr für seinen Sohn abschloss ^) und welcher dann bei
einer Zusammenkunft Björns selbst mit |)ör]r von Beiden
feierlich bestätigt wurde. *) üeber die Bedingungen des Ver-
gleichsabschlusses wird uns dabei allerdings nichts Näheres
mitgetheilt; aber wir erfahren doch wenigstens, dass |)örir
fortan seine Verschwägerung (tengdir) mit Björn anerkannte
und dass er auch an |>öra Alles entrichtete, was sie an ihn
zu fordern hatte, d. h. doch wohl ihre Mitgift und Aus-
fertigung, wie sie diese gleich bei ihrer Hochzeit zu bean-
^) cap. 86, S. 110—11: £n |)egar er Brynjölfr vissi {)e88a ord-
sending, ])4 lagdi haan allan hag ä. at bjöda ssBtter firi Björn. Kom
|)4 sna t)v( m&li, at I>örer tök seetter firi Björn. Vgl. auch oben
S. 98, Anm. 4.
*) cap. 85, S. 112: Trygdu peir J)örer {)a saetter med ser.
106 K, Maurer
spruchen gehabt hätte, ^) wenn diese in gesetzlicher Wei»e
unter Mitwirkung ihres Bruders Yor sich gegangen wäre.
Man wird hiernach nicht bezweifeln können, dass durch d^n
abgeschlossenen Vergleich die zwischen Björn nnd }>6ra be-
stehende Verbindung als eine gültige Ehe anerkannt und
dieser letzteren die Rechte einer rechtmässigen Ehefrau ein-
geräumt wurden ; zweifelhaft wird dagegen vorläufig bleiben
müssen, wie weit damit auch der vor dem Vergleichsabschlusse
geborenen Tochter die Rechte eines ehelich geborenen Kindes
nachtrl^i^lich verschafil werden konnten und auch die Aclit
aufgehoben wurde, welche K. Harald über Björn verhängt
hatte. Ueber beide Fragen scheinen indessen die Verhand-
lungen am ersten Gula|>fnge genügendes Licht zu verbreiten.
Schon bei der ersten Erhebung seines Anspruches Berg-
önund gegenüber stützt Egill diesen auf die Gleichberechti-
gung der beiden Töchter Björns auf den Nachlass ihres
Vaters und in derselben Weise begründet er sodann auch
seine Klage am 6ula{)fnge; die Eigenschaft seiner Frau als
eines ehelichen Kindes wird dabei von ihm stillschweigend
vorausgesetzt, und unter dieser Voraussetzung war seine For-
derung vollkommen begründet, da ja Björn weder einen
Sohn noch Sohnessohn hinterlassen hatte und somit seine
ehelichen Töchter zu seinem Nachlasse in der That berufen
waren. *) Bergönundr dagegen macht in seiner Beantwortung
der Klage beidemale zunächst geltend, dass Egill in Nor-
wegen geächtet sei und sich somit gar nicht im Lande auf-
halten dürfe, und stützt sich andererseits darauf, dass seine
eigene Frau, Gunnhildr, aliein eine eheliche Tochter Björns
und darum auch allein zu dessen Erbschaft berufen sei, was
er beim ersten Anlaufe kurz damit begründet, dass Asgerdr
1) vgl. Fr. Brandt, I, S.96— 97.
3) Q|>L. § lOS; vgl. Egsbk. § 118, S. 218; StadarhöUbk,
§ 56, S.68; Belgfldulsbk, §46, S. 238; AM. 178 D. in 4., §10, 8.460.
Zwei Rechts fiUle in der Eigla. 107
offenkundig von einer unfreien Mutter geboren sei, ^) später
aber näher dahin ausführt, dass deren Mutter gewaltsam
geraubt und zweimal entführt, ohne Zustimmung ihrer Ver-
wandtschaft als Concubine gehalten worden sei, und dass
Äsgerdr selbst, weil während der Acht ihrer Aeltern geboren,
f&r eine Unfreie des Königs erklärt und von jedem Erbrechte
ausgeschlossen werden mfisse.*) Da fallt nun zunächst auf,
dasa der Beklagte zwar die Aechtung Egils durch den König
behauptet, offenbar um daraufhin dessen Rechts- und Ge-
richtsfahigkeit zu bemängeln, dass er aber über diesen Punkt
sich nicht zur Beweisführung erbietet, und dass klägerischer-
seits auf diesen Punkt überhaupt nicht eingegangen wird.
Eine förmliche Achtserklärung scheint in der That gegen
Egill nicht ergangen zu sein. Allerdings hatte K. Eirfkr,
als er von Egill wegen einiger von ihm begangener Todt-
schlage Busse annahm, ausdrücklich erklärt, trotzdem einen
längeren Aufenthalt desselben in seinem Reiche nicht dulden
zu wollen, und hatte er auch später noch einen wiederholten
Besuch desselben bei })örir nur mit dem nachdrücklichen
Bemerken gestattet, dass diess nur aus besonderer Rücksicht
auf diesen letzteren geschehe; ^) hierin lag aber keineswegs
eine formliche Achtserklärung, welche dem Egill seine Ge-
richts&higkeit entziehen konnte, wenn dieser auch in Folge
jener Erklärungen allen Grund haben mochte, Norwegen
fortan zu meiden. Mag sein, dass mit der zweifelhaften Be-
deutung jenes Aufenthaltsyerbotes zusammenhängt, dass die
Richter sich hinterher zur Annahme der klägerischerseits
angebotenen Zeugeneide nur unter der Voraussetzung bereit
erklären, dass der König diess nicht verwehre; mag sein
auch, dass durch denselben Umstand zu erklären ist, warum
die Replik und das Anerbieten der Beweisführung nicht mehr
Yon Egill, der doch die Ladung erlassen und die Klage vor-
^) Siehe oben S. 95| Anm. 6. ') siehe oben S. 96, Anm. 3-4.
*) siehe oben S. 94.
108 K, Maurer
getragen batte, sondern von Arinbjörn vorgebracht wird,
welcher ganz zweifellos befugt war, vor dem Gerichte auf-
zutreten. Jedenfalls darf als sicher angenommen werden,
dass diese Bemängelung der Klage einer genügenden recht-
lichen Begründung entbehrte und lediglich chicanöser Natur
war. Aber auch insofern, als die Erbßhigkeit der Asgerd,
der eigentliche Kernpunkt des Rechtsstreites, in Frage kam,
zeigt sich das Verfahren Bergonunds ganz ebenso chicanos.
Dass er die Rechtsgültigkeit der Ehe des Björn und der
|)öra und damit die Berufung der Asgerd zur Erbschaft ihres
Vaters neben ihrer zweifellos ehelich geborenen Halbschwester
Gunnhild bestritt, lag freilich in seiner ProcessroUe und ist
es hiernach nur folgerichtig, wenn er hervorhob, dass JxSra
,var . . tekin frillotaki ok ecki at frsendaradi' ; wenn er aber
noch weiter ging und behauptete, dass {>dra eine unfreie
gewesen sei und dass somit Äsgerdr „pyborin at mödemi*
und ,konungs ambätt* sei, so kann man hierin nichts An-
deres erkennen, als eine höchst gehässige Uebertreibung.
Bergönundr selbst will diese seine Behauptung auf zwei
ganz verschiedene Gründe stützen, nämlich einmal darauf,
dass |>ora zweimal geraubt (hertekin, hernumin) worden sei,
und zweitens darauf, dass Äsgerdr von ihr zu einer Zeit
empfangen und geboren worden sei, während deren ihre
beiden Aeltern in der Acht gewesen seien. Aber wenn zwar
der im Auslande begangene Menschenraub zweifellos die Un-
freiheit begründete, so war diess doch nur eine Folge des
alten Rechtsgrundsatzes, dass der Fremde ausser Landes recht-
los sei; dass dagegen auch der innerhalb des Rechtsver-
bandes an einem diesem angehörigen Genossen begangene
Raub die gleiche Wirkung gehabt habe, wie diess A. Gjes-
sing^) und Fr. Brandt*) aus unserer und einigen anderen
1) Annaler, 1862, S. 90—93 und 111—17.
2) (Norak) Historisk Tidsakrift. I. S. 197—98; Forelros-
ninger, I, S. 67.
Zwei Beehtsfälle in dtr Eigla. 109
Stellen folgern wollten, balte ich nicht nur für unerwiesen,
sondern sogar für grundsätzlich unmöglich. Die Beerfahrt
innerhalb des eigeuen Landes war mit der Acht bedroht, ^)
und auch der Kauf und Verkauf freier Menschen war mit
einer Busse von 40 Mark belegt, *) welche Zablung doch
nur als ein Loskaufen Ton der Acht aufgefasst werden kann ;
die erstere Bestimmung liegt bereits der Acht zu Grunde,
welche K. Haraldr harfagri über Gönguhrölf verhängte, ')
und kehrt überdiess auch in zwei Bearbeitungen des islän-
discheu Rechtes wieder ^) und fehlt in der dritten , der
Eonungsbok, wohl nur in Folge der Lücke, welche diese
Hs. im betreffenden Abschnitte zeigt, und auch die andere
Vorschrift wird nicht als neueres Recht gelten können, da
auch sie ganz dem Geiste der ältesten Rechtsanschauungen
entspricht. Für den anderen Satz aber, dass das Kind ge-
ächteter Aeltern der Knechtschaft des Königs verfalle und
somit unfrei werde, lässt sich vollends nicht der geringste
Schein eines Beweises aufbringen ; rechtlos zwar ist der
Geachtete und diese Eigenschaft mag er darum allenfalls
auch anf die Kinder übertragen, welche er während der
Dauer seiner Friedlosigkeit mit seiner eigenen Ehefrau er-
zeugt, •) für die Unfreiheit dieser letzteren aber liegt nicht
der mindeste Grund vor. Es mag übrigens sein, dass den
Sagenschreiber in diesem Punkte eine unklare Erinnerung
an einen anderen Rechtssatz verführte. Es wird uns erzählt, ^)
J) GpL., § 814; FrI)L. IV, § 4 und VII, § 26; ebenso das
Bruchstück der EpL. in Norges gamle Love, II, S. 522.
3) ebenda §71.
') Heimskr. Haralds s. hdrfagra, cap. 24, S. 65.
*) Stadarhlsbk, § 865, S. 882-83; Belgsdalsbk, § 60,
S. 346—246.
&) Kgsbk, § 118, S. 224; Stadarhlsbk, §59, S. 68; AM. 125,
A in 4>, Arfap., cap. 3, S. 414.
^) Fagrskinna, § 17, S. 10: £n sü kona er hon leggsk d lann,
110 K. Maurer
dass K. Haraldr harfagri die Bestimmung eingeführt habe,
dass Weiber, welche sich insgeheim beschlafen UesseUi inso-
lange der Knechtschaft des Königs verfallen sollten, als sie
sich nicht mit einem Betrage von 3 Mark aus dieser los-
kaufen würden. Eine ganz entsprechende Vorschrift enthält
auch noch das ältere Stadtrecht ^) und zwar mit dem Bei-
satze, dass eine Freigelassene, welche sieb desselben Vergehens
schuldig macht, die 3 Mark ihrem Freilasser und nicht dem
Könige zu büssen habe, was natürlich auch zur Folge haben
muss, dass sie im Nichtzahlungsfalle der Schuldknechtschaft
ihres Freilassers und nicht des Königs verfallt. Die Bestim-
mung über die Freigelassene kehrt in abgekürzter Fassung
auch im Drönter Landrechte wieder,*) und hier findet sich
auch noch die weitere Vorschrift,') dass Klosterfrauen im
gleichen Falle der Knechtschaft des Bischofs verfallen sollen,
wogegen den freigeborenen Weibern weltlichen Standes die
Busse von 3 Mark an den König hier nur für den Fall an-
gedroht wird, ^) dass sie sich mit einem Unfreien vergangen
haben, was aber allerdings sofort angenommen wird, sowie
sie sich weigern, den Kindsvater zu nennen. Ebenso läset
auch das Recht des Gulapinges und ähnlich aueh das Recht
von Vikin nur dann das freigeborene Weib einer Busse von
3 Mark an den König und die Freigelassene einer Busse von
pi skal hon ganga i konungs gard ok tyna frelsi ainu |)ar til hon
er leyst padan med prem mOrkam sex älna ejris.
1) BjarkR. III, § 127: En ef Bßttborin kona fyrirliggr ser ok
verdr sek vid konung, \)k skal gialdkyri biöda frsendnm ok yinnm
at peir leysi hana nndan. en ef engi vill undan leysa. pä. skal giald*
kyri selia hana til peirrar skuldar innan lands. en eigi uian. £o
ef leysingia manns fyrirliggr ser eda friälsgefa. p& er hon sek yid
skapdröttinn sinn 8 mörkam. jafht binn fiörda sem hinn fyrsta. en
sd er \'k med er sekr 6 aurum vid hann. ekki k konongr ^ pvf.
«) FrpL. IX, § 16.
3) ebenda III, § 14; auch KrR. Sverris, §68.
*) Pr^L. II, § 1; KrR. Sverris, §81.
ZwH BeMsfäOe in der Eigla, 111
6 Oeren an ihren Freilasser yerfallen und eventuell der
Schnldknechtschaft dort des Königs und hier des Freilassers
unterliegen, wenn es ein Unfreier war, mit welchen sie sich
eingelassen hatte; ^) da aber auch das isländische Recht dem
GeschlechtsYormunde des ledigen Weibes, welches sich hat
bescfalafen lassen, ganz allgemein einen Anspruch auf eine
Busse von 6 Mark und die Befugniss einräumt, die Schuldige
för diesen Betrag in Schuldknechtschaft zu nehmen,^) ohne
dabei zu unterscheiden, ob sie sich mit einem Freien oder
Unfreien yergangen hat, so wird man wohl annehmen dürfen,
daas auch in Norwegen, und zwar im Bereiche des Gula*
Ringes sowohl als des Frostu^inges die Vorschrift wirklich
in der vollen Ausdehnung gegolten haben werde, welche die
Fagrskinna ihr gibt und welche auch das ältere Stadtrecht
noch festhält^) Aber wenn man diese auch anerkennt und
überdiess ajinehmen will, daas an unsere Stelle der Verfasser
der Eigla die in Folge der ausserehelichen Beiwohnung ein-
tretende Schuldkneohtschaft mit den Wirkungen der Acht
verwechselt habe, würde Bergonunds Antrag dennoch um
Kichts besser begründet sein; das Stadtrecht sagt uns näm-
lich, ^) dass die sämmtlichmi oben besprochenen Rechtsfolgen
der ausserehelichen Beiwohnung dann nicht eintreten, wenn
es sich um ein offenkundiges Goncubinat handelt, bei welchem
ja auch in der That von einem »fyrirliggja ser a laun" nicht
die Rede sein konnte, und wir haben hiernach keinen Grund
anzunehmen, dass im Bereiche des GulaJ^fnges ein Anderes
gegolten habe; ein Goncubinat musste aber in unserem Falle
als gegeben angenommen werden, wenn man die Verbindung
1) OpL. §198; BI>L. II, § 14.
3) Kgsbk, §158,8.68; Stadarhlsbk, § 156, S.186 u. §165,8.194.
•) Tgl. meine Abhandlung über ,Die Schuldknechtachaft
nach altnordischem Rechte', S. 11—15 (in unseren Sitzungs-
berichten, 1874); femer Fr. Brandt, Forelsesninger, II, S. 87 — 88.
^) BjarkR. III, § 129; siehe oben S. 79, Anm. 5.
112 K, Maurer
nicht als eine rechtmässige Ehe gelten lassen wollte, und
konnte demnach auch ein derartiger Einwand nicht als stich-
haltig erscheinen. Es begreift sich aber, dass der Sagen-
schreiber, welchem sichtlich darum zu tbun war, Bei^nunds
Verhalten als ein möglichst widerrechtliches und heimtficki-
sches erscheinen zu lassen, es mit den Rabulistereien nicht
allzu genau zu nehmen brauchte, selbst wenn er das mass-
gebende Recht genauer kannte, als wir ihm diess zuzutrauen
brauchen. — Auch die Replik, mit welcher Arinbjörn den
Einwendungen des Beklagten entgegentritt, ist nicht ganz
frei von Bedenken. Er f&hrt einerseits aus, dass durch den
von Björn mit ])6rir abgeschlossenen Vergleich jeder zwischen
ihnen bestehende Zwiespalt erledigt und zumal auch der
Asgerd ihre volle Erbfähigkeit verschafft worden sei, und
er betont andererseits, dass K. Eirfkr selbst den Björn
wieder in den Frieden eingesetzt habe; über den ersteren
Punkt erbietet er sich zum Beweis und führt auch sofort
12 Zeugen des Vergleichsabschlusses dem Gerichte vor. ^)
Da ist nun zunächst vollkommen sachgemäss und be-
greiflich, dass nicht nur auf den Vergleichsabschluss Bezug
genommen wird, welcher dem Streite zwischen Björn und
^örir ein Ende machte, sondern zugleich auch auf die Wieder-
einsetzung des Ersteren in den Frieden, welcher Seitens des
Königs erfolgt sein sollte, und zwar war die Bezugnahme
auf diese letztere Thatsache neben jener ersteren darum
nothwendig, weil bei der Verfolgung des Verbrechens, wel-
ches zur Verhängung der Acht geführt hatte, der König als
Wahrer des Landfriedens ebensogut betheiligt war, als der
Verletzte selbst. Galt doch sogar der heimliche Abschluss
eines Vergleiches mit dem Schuldigen darum als strafbar,
weil man darin einen Versuch erblickte, den König um sein
Friedensgeld zu bringen (at drepa nidr konüngs retti); *)
0 vgl. oben S. 97, Anm. 1—2.
'^) GpL. § 214 und 256: BjarkR. TT, § 25 und 85; TIT, § 95.
Zwei RedUsfäUe in der Eigla. 113
dem Könige gebührte nämlich in Achtfallen ein „skögar-
kanp" wie den Beschädigten die ihnen zukommende Zahlung,^)
weil ja der Verbrecher dem König sowohl als den Beschä-
digten gegenüber als geächtet galt, ^) und selbst in geringeren
Fällen bezog der König seinen lögbaug neben dem an den
Verletzten fallenden Hechte,') und das Recht des Aufent-
haltes im Lande (die landsvist) musste dem König gegenüber
eigens erworben werden,^) ohne dass damit noch der Frieden
den verletzten Privaten gegenüber erworben würde. ^) Auch
das kann nicht auffaUen, dass 4ie Klagsparfcei sich nur be-
züglich des Vergleichsabschlusses und nicht auch bezüglich
der Aufhebung der Acht zur Beweisführung erbietet; in der
letzteren Beziehung musste die ausdrückliche Bezugnahme
auf die eigene Wissenschaft des am Ding anwesenden Königs
genügen, von, welchem diese Aufhebung ausgegangen war.
Bedenklicher ist dagegen, dass in der ersteren Richtung neben
der Thatsache des endgültigen Vertragsabschlusses nur noch
der specielle Umstand hervorgehoben wird, dass Asgerdr
,var til arfs leidd eptir Bjöin födur sinn* und nicht die
nachträgliche Genehmigung der zwischen Björn und |)öra
eingegangenen Verbindung, aus welcher, wie man meinen
sollte, die Erbfähigkeit ihrer Tochter sich von selbst ergeben
musste. Indessen dürfte sich doch auch diese Schwierigkeit
lösen lassen. Einerseits ist nämlich klar, dass im vorliegenden
Rechtsstreite nur die Erbfähigkeit der Äsgerd zu prüfen war,
wogegen die Rechtmässigkeit der Ehe ihrer Mutter nur in-
1) GpL., § 189 und 244; FrpL. IV, § 36 und 44, dann
BjarkR. III, §72.
^ Einleitung zu den Frf>L., § 1.
*) FrpL. IV, § 19 und 42; auch einfach baugr oder in Zusam-
mensetzungen wie rdnbangr, slanbaugr u. dgl. m., s. 6. 6 p L., § 84,
37, 77, 81, 185 und öfter.
*) FrpL. III, § 24.
») ebenda, IV, § 41; BjarkR. III, § 101; vgL von Amira,
Vollstreckungayerfahren, S. 50 ff. und Fr. Brandt, II, S. 13.
1896. Sitsnngsb. d. phil. u. hist. Cl. 8
1 14 K, Maurer
soweit in Frage konimen konnte, als diese Erbfähigkeit durch
sie bedingt war. Andererseits lässt sich bezweifeln, ob die
im Yergleichswege erfolgte ▼erwandtschaftliche Zastimmnng
zn der Verbindung Björns mit der |)6ra auf die Zeit ihrer
ersten Eingehung ohne Weiteres zurück bezogen, und ob so-
mit auch durch deren nachträgliche Ertheiinng der schon
vorher geborenen Tochter ohne Weiteres das Recht eines
ehelichen Kindes verschafft werden konnte. Eine legitimatio
per subsequens matrimonium ist dem norwegischen Rechte
nachweisbar erst sehr spät und lediglich durch den Einfluss
des canonischen Rechtes bekannt geworden. Selbst nach
unseren Frostu^fngslög,^) auf deren Gestaltung doch Erzbischof
Eysteinn massgebenden Einfluss ausgeübt hatte, ist es nicht
schon die Eingehung der Ehe unter den Aeltern, welche den
vorher von ihnen erzeugten Kindern die Rechte von ehelich
geborenen verleiht, sondern erst die Geburt weiterer Kinder
derselben Aeltern nach deren Verehelichung. Auf demselben
Standpunkte stehen auch noch die neueren Christenrechte
des Gulapfnges und des Borgar|>fnges, ^) nur mit der Ein-
schränkung, dass beide, der kirchlichen Lehre entsprechend,
die Verlobung an die Stelle der Hochzeit setzen, da ja die
vorgängigen sponsalia de futuro durch die nachfolgende
copula camalis sofort in eine rechtmässige Ehe verwandelt
wurde und somit auch umgekehrt die nachfolgende Verlobung
bei vorangegangener copula camalis gleich den sponsalia de
prsdsenti wirken musste. Erst das Christenrecht Erzbischofe
Jons ^) spricht den Satz aus, dass schon die blosse Verlobung
mit der bisherigen Concubine deren vorher geborene Kinder
ohne Weiteres zu ehelichen mache, gleichviel ob hinterher
noch weitere Kinder von ihr geboren würden oder nicht,
und erst um dieselbe Zeit fand diese Regel auch in die welt-
1} FrpL. III, § 11; KrR. Sverris, § 66.
2) neuerer OpKrR. §24; neuerer BpKrR. § 16.
<) KrR. Jdns, § 46.
Zwei lUehtsfälle in der Mgta. 115
Ikhen Gesetzbücher Eingang.^) Im heidnischen Norwegen
konnte Ton derartigen Rechtssätzen noch keine Bede sein,
und es begreift sich somit, dass man beim Vergleichsabschlusse
sich Teranlasst sehen mochte, die Erbfähigkeit der Asgerd
ausdrücklieh sicher zu stellen. Allerdings wird man unter
dem ,leida til arfs* an unserer Stelle nicht jene formelle
,,aBttleiding' yerstehen dürfen, welche die Provinzialrechte
als ein sehr alterthümlich gestaltetes Rechtsgeschäft kennen, ^)
und durch welches sie unächt geborenen Kindern die gleichen
Rechte yerscha£Pen lassen wie ehelich geborenen. *) Freilich
ist im 14. Jahrhundert die Bezeichnung „arfleiding*^ fQr
diesen Rechfcsact ganz üblich *) und auch schon im gemeinen
Landrechte wird einmal der «eettleidingr'' als ,med lagum
til ar& leiddr" bezeichnet; *) aber dieser feierliche Act setzte
nothwendig die Anwesenheit des unächt Geborenen voraus,
zu dessen Gunsten er vollzogen werden sollte, und er konnte
somit in unserem Falle nicht in Frage kommen, da Äsgerdr
zu der Zeit, in welcher in Norwegen der Vergleich zu Stande
kam, und noch geraume Zeit nachher, sich auf Island auf-
hielt. Der Ausdruck findet sich indessen auch sonst gelegent-
lich in einem allgemeineren Sinne gebraucht, und zwar nicht
nur auf Island, ^) wo doch die settleiding erst durch die J^m-
sida"^ und Jönsbök^) bekannt wurde, sondern auch in der
Anwendung auf Norwegen, sofeme einmal von einer Erb-
einsetzung eines Bruders durch den anderen gesprochen wird,
welche am Gula|»fnge erfolgt, während der Eingesetzte sich
1) Jdrnsfda, Erfdat. § 14; LandslGg, Erfdat. § 7, nr. 1,
fin. und neuerer BjarkR., ebenda.
«) GpL. §68; PrJ)L. IX, § 1; vgl.M.Wergeland, iEttleidmg(1890).
') FrJ)L. VIII, § 1; vgl. aber auch GpL. § 104, wo die Worte
«nleiddr i »tt* einen Schlasa auf die Stellung des settleidings gestatten.
*•) vgl. meine Abhdlg. Ober «Die un ächte Geburt", S. 74^75.
B) Landslög, Erfdat., §7 nr. 2. «) Laxdsela (ed.RMund),
cap. 26, 8.90. '') Erfdatal, cap. 16. ^) Erfdatal, nr. 2.
8*
116 K.Mawrer
auf Island befiadefc. ^) Nor in diesem allgemeineren Sinne
darf die Bezeichnung auch an unserer Stelle verstanden
werden^ und wenn zwar in den Provinzialrechten von einer
derartigen freieren Erbeinsetzung nicht gesprochen wird, so
wird doch kaum bezweifelt werden können, dass derartige
Geschäfte rechtlich bindend für die Yertragschliessenden und
deren Erben sein mussten, zumal da auch das isländische
Recht etwas Aehnliches in dem Geschäfte kennt, f&r welches
die Bezeichnung ^at selja' und ,at kaupa arfvan* gebraucht
wird. ^) So aufgefasst erscheint die Replik der Elagspartei
vollkommen stichhaltig und begreift sich, dass das Gericht
sich bereit zeigte, die von dieser angebotene Beweisführung
entgegenzunehmen; es begreift sich aber auch, dass der Be-
klagte, von dem Bevorstehen eines fär ihn ungünstigen
Urtheiles überzeugt, in dem verzweifelten Mittel einer Spren-
gung des Gerichtes seine Rettung suchte.
Kürzer lässt sich die Wiederaufnahme des Rechtsstreites
durch Egill dem Atli hinn skammi gegenüber erledigen.
Egill sucht sich vor Allem gegen die Einwendungen sicher-
zustellen, welche aus der von K. Eirik über ihn verhängten
Acht hergenommen werden konnten, und er erreicht diess,
indem ihm K. Hakon auf sein Ansuchen ausdrücklich den
Landfrieden verwilligt und den Rechtsweg für seine Ansprüche
eröffnet.') Dann sucht er den Atli in seiner Heimat auf,
richtet an ihn die Forderung auf Herausgabe des von ihm
beanspruchten Nachlasses und erlässt, da Atli diese unter
Berufung auf die von K. Eirfk zu Gunsten Bergonunds ge-
föllte Entscheidung schroff verweigert, sofort die Ladung zum
Galapfnge, unter Bezugnahme auf die vom König ihm er-
1) NjÄla, cap. 2, S. 6.
3) Kgsbk, § 123, 8. 236 und § 125, S. 240; StadarhUbk,
§ 66, S. 82—83, § 69, S. 90 und § 79, S. 101 ; AM. 126, A in 4. Ar f al>.
cap. 10, S. 414-16.
*) siehe oben S. 98, Anm. 6.
Zwei RechtafäUe in der Eigla, 1 1 7
iheilie Ermächtigung. ^) Insoweit sind bereits folgende Be-
denken gegen die Daistellung in der Sage zu erheben. Für
den Anspruch, wie ihn Egill gegen Atli richtet, wird die
Bezeichnung «kreQa* gebraucht; nimmt man diese streng
technisch, so deutet sie auf jenes Verfahren mittelst «krafa^
hin, welches die Gulapingslög eingehend besprechen, ^) wel-
ches aber auch den Frostuf^ingslög und dem älteren Stadt*
rechte bekannt war,') und wirklich lassen jene ersteren
dieses Verfahren auch in Erbschaftssachen zu.^) Aber der
krafa hatte jederzeit eine förmliche heimstefna vorauszugehen
und von einer solchen ist in dem Berichte nicht nur keine
Rede, sondern dem Zusammenhange nach scheint die Mög-
lichkeit einer solchen sogar sehr bestimmt ausgeschlossen zu
sein. Bei der krafa waren femer die Zeugen vorzuführen
und zu vernehmen, auf deren Aussage die Klage sich stützte;
aber wenn Egill sich zwar dem K. Häkon gegenüber zu
einer Beweisführung durch Zeugen und Eide ausdrücklich
erboten hatte, ^) so wird doch bei dieser Gelegenheit von
keiner Vorführung von solchen gesprochen, und ebensowenig
der vorgeschriebenen dreimaligen Wiederholung der Auf-
forderung gedacht, den Kläger sofort zu befriedigen. Endlich
ging die Klage, wenn sich der Beklagte beharrlich weigerte,
den Kläger zu befriedigen, zunächst weiter an das herads-
l^ing, von welchem sie dann allerdings im weiteren Eechts-
zage auch noch an das fylkisj^fng und schliesslich an das
Golaping gelangen konnte; unsere Stelle aber lässt den
Kläger sofort dieses letztere angehen, ohne jener beiden
Zwischeninstanzen mit einem Worte zu gedenken. Zweifellos
1) cap. 66, S. 240-42. «) GpL. § 34—86.
') Ygl. darüber von Amira, Das altnorwegische Voll-
streckangsverfahren, S. 234— 66; E. Hertzberg, Grundtreek-
kene i den eeldste norske Proces, S. 71 — 100; Fr. Brandt,
ForelsBsninger, I, S. 821— 22.
*) GI)L., § 121. 5) siehe oben S. 98, Anm. 4.
118 K. Maurer
liegt hier eine Uncorrectheifc der Darstellung vor, welche sich
theils aas einer ungenügenden Bekanntschaft des isländischen
Verfassers mit dem norwegischen Bechtsgange erklären mag,
welcher gerade in Bezug auf das Verfahren mit krafa yod
dem isländischen sehr erheblich abwich, theils aber anch
auf das sehr natürliche Bestreben des Sagenschreibers zurück-
zuführen sein könnte, seine Erzählung rasch voranzuf&hren
und sich darum bei weniger bedeutsamen Zwischenhandlungen
möglichst wenig aufzuhalten. Ich bemerke bei dieser Ge-
legenheit noch nachträglich, dass genau dieselbe Uncorrect-
heit auch schon gelegentlich der ersten, gegen Bergönund
gerichteten Klage EgiUs sich bemerkbar macht. Auch dort
wird die vorläufige Anforderung, mit welcher Egill seinen
Gegner in dessen eigenem Hause angeht, durch das Zeitwort
«krefja'* bezeichnet, ohne dass doch von einer vorgängigen
heimstefna, einer Vorführung von Zeugen oder von einer
mehrmaligen Wiederholung der Anforderung die Rede wäre;
auch dort geht femer, nachdem der Beklagte die Herau^abe
des Nachlasses schnöde verweigert hat, die Ladung sofort
an das 6ula|»fng, ohne dass von einem vorläufigen Angehen
eines herads^Inges oder fylki8|>£nges gesprochen würde. ^)
Natürlich ist die gleiche Incorrectheit hier und dort auf
gleiche Weise zu erklären. Auch der Umstand fallt an unserer
Stelle auf, dass Atli sich auf eine Entscheidung beraft,
welche E. Eirfkr zu Gunsten seines Bruders gefällt habe,
während doch von einer solchen vorher nirgends die Rede
gewesen, und die Möglichkeit einer solchen durch den ganzen
Verlauf der Sache sogar geradezu ausgeschlossen war. Zu
einem Urtheile war es bei jener ersten Verhandlung am
GulaJ[>fnge gar nicht gekommen, weil das Gericht gesprengt
worden war, ehe es noch ein solches zu sprechen vermochte;
der König aber hatte sich zwar während der ganzen Ver-
handlung sehr zu Gunsten Bergönunds eingenommen und
1) cap. 66, S. 186.
Zwei RechUfälle in der Eigla. 1 19
sehr feindselig gegen Egill gezeigt, aber ein Urtheil hatte
er in der Sache nicht gefallt und konnte ein solches auch
nicht fallen, weil ihm hiezu alle und jede Competenz fehlte.
Der von Atli erhobene Einwand entbehrt demnach jeder
rechtlichen und thatäächlichen Begründung und wird der-
selbe dann auch wirklich bei der nachfolgenden Verhandlung
am Gula^inge nicht mehr vorgebracht. Ungleich bedenk-
licher noch als alles bisher Erwähnte ist nun aber ein ganz
anderer Punkt. Den froheren Verhandlungen an derselben
Dingstatte gegenüber war die processuale Lage nur insofern
verändert, als nunmehr Atli anstatt Bergönunds in die Rolle
des Beklagten eingerückt war, und man sollte demnach ver-
muthen, dass auch das Verhalten der Streittheüe bei der
zweiten Verhandlung ein ähnliches sein werde wie bei jener
ersten ; statt dessen sehen wir aber jetzt nicht etwa den Egill
wie früher sich auf den von Björn mit |M$rir abgeschlossenen
Vergleich berufen, durch welchen seine Frau erbberechtigt
wurde, und hierüber einen Zeugenbeweis anbieten, wie er
diess früher gethan hatte, sondern es erbietet sich jetzt um-
gekehrt AtU zu einem Zwölfereide darüber, dass er keinerlei
Gut in seinem Besitz habe, auf welches Egill einen Anspruch
zu erheben berechtigt wäre, und Egill selbst weiss diesem
Anerbieten nichts Anderes entgegenzusetzen, als eine Heraus-
forderung zum Zweikampf, durch welche er den gerichtlichen
Austrag der Sache einfach abschneidet, ganz wie diess früher
Bergönundr durch das Sprengen des Gerichtes gethan hatte.
Da es zweifellos für den Kläger weit aussichtsvoller war,
sich auf einen von ihm selbst geführten Zeugenbeweis zu
stützen, als dem Gegner die Reinigung durch einen seiner-
seits, wenn auch mit Eidhelfern zu schwörenden Eid zu
überlassen, liegt es nahe zu fragen, ob nicht etwa das Er-
bringen eines Zeugenbeweises dem Egill aus irgend einem
Grande in der Zwischenzeit zwischen der ersten und zweiten
Verhandlung unmöglich geworden sei, und es fehlt auch
120 K. Maurer
nicht an Momenten, welche eine derartige Sachlage als mög-
lich erscheinen lassen könnten. Zunächst ist ja denkbar, dass
die beim Vertragsabschlüsse beigezogenen Zengen nicht mehr
zn beschaffen waren. Schon zwischen dem Abschlüsse des
Vergleiches, mag man diesen nun mit Finn Jönsson bereits
dem Jahre 903, oder mit Gndbrand Vigfdsson erst dem
Jahre 910 zuweisen, und der ersten Verhandlung am Gula*
pfnge, welche von Beiden, und auch yon P. A. Munch, in
das Jahr 934 gesetzt wird, war ein nicht unbeträchtlicher
Zeitabstand gelegen und bis zu der zweiten Verhandlung,
welche nach Finn Jönsson im Jahre 938 stattfiind, waren
wiederum mehrere Jahre verflossen; offenbar eine genügend
lange Zeit, um das Absterben gar mancher Zeugen während
derselben nicht auffallig erscheinen zu lassen. Allerdings
hatten im Jahre 934 deren noch 12 am Gula|»fnge Yorgeftthrt
werden können ; aber inzwischen war Arinbjörn mit E. Eirfk
ausser Landes gegangen, als dieser vor seinem Bruder Häkon
hatte flüchten müssen, ^) und gar mancher der Vertragszeugen
mochte Beide nach England begleitet haben und darum bei
jener zweiten Verhandlung nicht mehr zu Gebote gestanden
haben, üeberdiess kennt das norwegische Recht, wie oben
schon gelegentlich zu bemerken war, ^) auch noch eine Ver-
jährung des Zeugenbeweises.') Allerdings vollzog sich diese
nach unseren Gula{>fngslög binnen 20 Jahren und diese
waren bereits abgelaufen, ehe noch die erste Verhandlung
am Gu]a|»fnge stattgefunden hatte; aber wenn wir bedenken,
dass einerseits in unseren Frostu|»fngslög diese Frist von
20 Jahren nur für wenige Ausnahmsfalle festgehalten, der
Regel nach aber auf 10 Jahre verkürzt ist, und dass diese
Frist andererseits nach den Borgar|)ingslög volle 30 Jahre
beträgt, so liesse sich allenfalls die Vermnthung wagen, dass
^) cap. 59, S. 218. ^) oben S. 82 u. 88, Anm. 2 u. 1.
') Tgl. £. Hertzberg, Grandtriekkene, S. 11 — 12, wo man
auch die massgebenden Qnellenstellen angeführt findet.
Ztoei Becktsfälle in der Eigla, 121
ursprüDglich diese letztere Frist in Norwegen allerwärts
gegolten und erst hinterher auf 20 und beziehungsweise
10 Jahre herabgesetzt worden sein möge. Unter dieser Vor-
aussetzung konnte dann allerdings die Verjährungsfrist für
das Zeugniss im Zeitpunkte der zweiten Verhandlung mög-
licherweise bereits abgelaufen sein, während diess zur Zeit
der ersten Verhandlung noch nicht der Fall gewesen war,
und da nach eingetretener Verjährung zwar der im Besitze
des bestrittenen Rechtes Befindliche befugt war, sich dieses
dadurch zu sichern, dass er durch einen allein oder mit Eid*
helfem geschworenen Eid darthat, dass er sich die betreffende
Zeitfrist hindurch in diesem Besitze befunden habe und da-
durch der Verpflichtung zur Führung eines Zeugenbeweises
enthoben sei, dagegen aber der nicht im Besitze befindliche
Kläger nur seinen Gegner zum Reinigungseide drängen
konnte,^) so würde solchenfalls gerade das Verfahren ein*
zutreten gehabt haben, welches wir in unserem Falle wirk-
lich eingeschlagen fanden. Aber wenn dieses Verfahren unter
den gemachten Voraussetzungen zwar allerdings als ein voll-
kommen rechtmässiges erscheinen und dann auch ganz be-
greiflich werden würde, dass Egill die Entscheidung seines
Processes nicht yon dem Eide eines gewissenlosen Gegners
und seiner Eidhelfer abhängig machen wollte, vielmehr die
Entscheidung lieber einem Zweikampfe anheimstellte, welcher
ihm im Hinblick auf seine ungewöhnliche WafPentüchtigkeit
einen viel besseren Erfolg versprach, so scheitern doch alle
derartigen Erklärungsversuche an der Thatsache, dass Egill
sich nicht nur dem Könige gegenüber ausdrücklich zu einem
Zengenbeweise erboten, sondern dass er auch seine Klage
zunächst mittelst einer «krafa*' eingeleitet hatte, welche doch
auch wieder ohne Vorführung von Zeugen nicht denkbar
1) 6 p L. § 89: Nu stendr skulld 20 vetr seda 20 vetram IcDgr.
I)a fjrnizt sa skulld firi vattom. En hann ma koma banom til eida
at hvaro. pvi at i sallte liggn^ soc ef scekiendr daga.
122 K. Maurer
ist. Aach hier stossen wir somit wieder auf eine sehr fühl-
bare Verwirrung in der Darstellung, welche neben der oben
schon gerügten Unbekanntschaft des Sagenschreibers mit den
Grundgedanken des norwegischen Gerichtsyerfahrens auch
eine gewisse Unbedachtsamkeit desselben erkennen lässt, ver-^
möge deren er im Verlaufe seiner Erzählung vergass, was
er doch an einer früheren Stelle desselben gesagt oder Yor^
ausgesetzt hatte. Endlich bleibt aber auch noch eine Un-
klarheit bezüglich eines Punktes bestehen, der nicht dem
Verfahren, sondern dem materiellen Bechte angehört. Den
Nachlass des Björn höUdr hatte Bergönundr seinerzeit nicht
kraft eigenen Rechts in Besitz genommen, sondern als Ver-
treter der Gunnhild, seiner Frau und der angeblich einzigen
ehelichen Tochter des Erblassers. Noch am Gulapinge des
Jahres 934 war er lediglich als deren gesetzlicher Vertreter
aufgetreten und hatte auch demgemäss beantragt, dass ihr,
nicht ihm, der gesammte Nachlass ihres Vaters zuerkannt
werde. Von da ab wird uns Gunnhildr in der Sage nicht
mehr genannt. Mag sein, dass sie mit so manchen anderen
Hausgenossen umkam, als Egill nach der Tödtung ihres
Mannes dessen Hof zu Askr plünderte; ^) mag sein, dass sie
umgekehrt zu den Wenigen gehörte, die damals lebend da-
vonkamen, — wir erfahren darüber Nichts. Wie kam nun
Atli hinn skammi, Bergönunds Bruder, dazu, sich in den
Besitz dieser Güter zu setzen? Den Bergönund konnte er
als dessen einziger überlebender Bruder beerbt haben, falls
nämlich, was wir nicht wissen, dessen Ehe eine unbeerbte
war; aber auf das Vermögen der Gunnhild, die doch jeden-
falls ihren Mann überlebt haben muss, konnte ihm daraus
kein Recht erwachsen. War umgekehrt jene Ehe eine be-
erbte, so war Atli wohl zur Vormundschaft des Kindes be-
rufen und mochte neben dem Nachlass Bergönunds auch den
der Gunnhild in seine Verwaltung bekommen, wenn diese
^) Eigla, cap. 57, S. 206.
Zwei Rechtsfälle in der Eigla, 123
unmittelbar nach ihrem Manne den Tod gefunden hatte;
aber dann musste denn doch gesagt werden, dass er nur als
Vormand den Nachlass in Besitz nnd zu vertreten hatte.
Der Verfasser der Eigia selbst scheint sich darüber nicht
klar gewesen zu sein, wie man sich den Bechtstitel Atli's
vorzustellen habe, da er sich, so oft er auf dessen Besitz-
verhältnisse zu sprechen kommt, immer nur ganz unbestimmter
Ausdrücke bedient. An der einen Stelle sagt Egill, ^) von
dem Gute sprechend, dessen ihn K. Eirfkr und Bergönundr
beraubt hatten: ^sitr nu ifer |>u£ fe Atli enn skammi, bröder
Bergönundar* ; an einer zweiten spricht er zu Atli selbst: ^)
,8ua er m^r sagt, Atli, at |»u muner hafa at vardneita fe
^at, er ek a at rettu ok Asgerdr kona mfn^ ; Atli aber bietet
am 6ula|»fnge einen Zwölfereid darüber an, ,at hann hefdi
ecki fe |»at at vardueita, er Egill aetti^,') während er freilich
kurz darauf das umstrittene Gut als .eigner minir" bezeichnet.
Aus den bisherigen Ausführungen dürfte deutlich hervor-
gehen, dass bezüglich dieses zweiten Rechtsfalles die Sache
etwas anders liegt, als bezüglich jenes anderen, zuvor be-
sprochenen. Bei diesem hatte sich die Darstellung in unserer
Sage als eine in rechtsgeschichtlicher Hinsicht vollkommen
correcte erwiesen; bei jenem dagegen haben sich in ihr nicht
wenige Unklarheiten und Unebenheiten ergeben, welche den
rechtsgeschichtlichen Werth der Quelle sehr erheblich be-
schränken. Sieht man indessen genauer zu, so stellt sich
sofort heraus, dass auch bei dem zweiten Rechtsfalle die
berichteten Vorgänge ihrem wesentlichen Verlaufe nach
keinen Anlass zu einer Beanstandung bieten, dass vielmehr
alle sich erhebenden Bedenken lediglich gegen deren Aus-
malung im Einzelnen sich richten. Zum Theil handelt es sich
dabei nur um Behauptungen des Beklagten, wie etwa bei
den Einwendungen, welche am ersten Gula|)fnge aus der an-
1) Eiff la, cap.62, 8. 228. ^ cap. 65, S. 241. >) cap.65, S. 242.
124 K. Maurer, Zwei Reehtsfäile in der Eigla,
geblichen Aechtung Egils, und am zweiten aus dem angeb-
lich von K. Eirfk zu Gunsten Bergönunds erlassenen Urtheile
hergenommen werden wollen, oder bei den AusfÜhrangen
des Beklagten im ersten Rechtsstreite über die Eigenschaft
der Asgerd als einer {>^borin döttir und konüngs ambatt,
möge diese nun auf ihre Geburt Ton geachteten Aeltem oder
auf die gewaltsame Entführung ihrer Mutter begründet
werden wollen, und insoweit mag der Sagenschreiber, wie
bereits bemerkt wurde, recht wohl absichtlich von ihm selbst
als frivol und haltlos erkannte Erörterungen in seine Erzäh-
lung eingestellt haben, um das widerrechtliche und chicanöse
Verfahren Bergönunds und Atlis recht nachdröcklich hervor-
treten zu lassen. Andere Male dagegen ist diese Erklärungs-
weise allerdings ausgeschlossen, wie etwa bei der zweimaligen,
allerdings mehr angedeuteten Schilderung des Verfiährens mit
krafa, bei der ohne jede Motivirung dem Atli zugetheilten
Processrolle im zweiten Rechtsstreite, und bei der ebenso
unmotivirten Unterlassung einer Beweisführung durch Saugen
in eben diesem Processe. Aber in Fällen dieser letzteren Art
mag theils die bloss oberflächliche Bekanntschaft des Sagen-
schreibers mit dem norwegischen Rechte zur Erklärung seiner
Uncorrectheiten dienen, theils sein Bestreben seine Erzählung
durch Weglassung aller minder bedeutsamen Einzelheiten ab-
zurunden und allenfalls auch durch Erfindung individueller
Züge die durch die Wiederholung der Gerichtsverhandlungen
am Gulapfnge bedingte Einförmigkeit minder fdhlbar zu
machen; mag sein auch, dass wir in solchen Ausführungen
theil weise Znthaten eines Ueberarbeiters der ursprünglich
einfacher gestalteten Sage zu erkennen haben, und dass zu-
mal die ganze Episode von Atli hinn skammi einem solchen
zuzutheilen ist, während die ursprüngliche Sage nur von
einer einzigen Verhandlung am Gula|>inge gewusst hatte.
Hierüber enthalte ich mich aber, wie billig, jeder Vermuthung.
125
Ueber Prokophandschriften.
Von J« Hanry.
(Voigelegt am 9. Februar.)
Als David Höschel zum ersten Mal die Historien und
die , Bau werke* des Prokop herausgeben wollte, bekam er,
wie er uns selbst in der Vorrede sagt, eine Handschrift aus
der herzogliehen Bibliothek in München, ausserdem erhielt
er zwei Abschriften des cod. Paris. 1699 und eine von Carolus
Labbaeus in Paris besorgte Abschrift der Bauwerke, dann
korrigierte er die Münchener Handschrift ^) nach den Pariser
Abschriften aus und schickte sie so in die Druckerei. Die
späteren Herausgeber haben nicht viel mehr gethan, als dass
sie die Ausgabe Höschels wieder abdrucken Hessen. Wir
besitzen deshalb keine Ausgabe, welche den Anforderungen
unserer Zeit entspräche. Dies ist jedoch nicht der einzige
^} Jene Handschrift, die Höschel aus München erhalten hat, ist
zweifellos identisch mit derjenigen, welche jetzt als cod. 513 (früher
Aagastanns) in der Münchener Staatsbibliothek aufbewahrt wird. In
diese sind nämlich Varianten von der Hand Höschels eingetragen.
Sie war weiter nichts als eine Abschrift der Münchener Handschriften
No. 87 und No. 46. Auch das, was Carolus Labbaens für Höschel ab-
geschrieben hat, ist jetzt in den cod. Monac. 613 hineingebunden.
Uebrigens scheint es sehr lange gedauert zu haben, bis die erste
Ausgabe im Druck erschienen ist. Friedrich Sylburg schrieb nämlich
am 18. April 1588 (vgl. Nolhac Pierre de, La bibliotkbque de Fulvio
Orsini, Paris 1887, p. 442) an Fulvio Orsini: Ubi cum petitionem
meam frustrari sentirem, in Oallia, quod viz sperabam, spes impe-
trandi affalsit; ex eadem regione mittetur ad nos etiam Procopius ....
Sed Agathias et Procopius paulo serius prodibunt. Damach scheint
schon im Jahre 1588 eine Prokopausgabe in Vorbereitung gewesen
za sein, sie erschien aber erst im Jahre 1607.
126 /. Haury
Grund, warum eine neue Ausgabe zu den dringendsten Be-
dürfnissen der byzantinischen Literatur zahlt. Der zweite
Grund ist der, dass die letzte von Dindorf besorgte Ausgabe
so gesucht ist, dass man sie nur noch antiquarisch und zu
ausserordentlich hohem Preise sich verschaffen kann. Es ist
deshalb mit Freuden zu begrüssen, dass Teubner sich bereit
erklärt hat, in seine xBibliotheca' auch Prokop aufzunehmen.
Da ich schon früher mit diesem Historiker mich beschäftigt
hatte, so wurde mir die Besorgung der neuen Ausgabe über-
tragen. Ich habe mich in Folge dessen sofort daran gemacht,
die Handschriften des Prokop zu vergleichen und zu diesem
Behufs die Bibliotheken Italiens und Frankreichs zu durch-
suchen. Die Arbeit war keine geringe, da man viele Hand-
schriften überhaupt noch Jiicht benützt und auch von den
benützten noch nicht festgestellt hatte, in welchem Verhält-
nis sie zu einander stehen. Nachdem ich nun mit der Ver-
gleichung der Handschriften so ziemlich zu Ende gekommen
bin, will ich im folgenden, soweit es mir zweckmässig er-
scheint, über die üeberlieferung des Prokop berichten.
Es gibt keine einzige Handschrift, in der sämtliche
Werke Prokops sich vereinigt fanden. Zwei Handschriften
enthalten wenigstens die 8 Bücher der Historien, die anderen
nur einen Teil derselben. Die Geheimgeschichte und die
Bauwerke haben ihre eigene Üeberlieferung. Ich will des-
halb zunächst nur die Historien besprechen.
I. üeberlieferung der Historien.
Sämtliche Handschriften der Historien gehen auf eine
einzige, nicht mehr vorhandene zurück, die selbst schon
manche Fehler enthielt und die wir mit x bezeichnen wollen.
Von diesem Codex x stammen dann zwei Handschriften ab,
y und igr, die ebenfalls nicht mehr vorhanden sind. Zwischen
y und X und e und x lagen aber noch andere verlorene
Handschriften. Von y stammen in erster Linie der cod.
Ueber Pirohophandachriften,
127
Paris. 1702 und der cod. Laurent. 69,8, die wohl ursprüng-
lich zusammengehörten, dann der cod. Ambros. A 182 sup.,
der cod. Ottobon. 82, die ebenfalls einmal ein Oanzes bildeten,
und der cod. Paris. 1703 tnr Hälfte. Vom cod. Paris. 1702
und cod. Paris. 1703 ist dann der cod. Paris. 1699, von dem
cod. Paris. 1702, der cod. Monac. 48 und der cod. Mazarin. 4462,
von dem cod. Laurent. 69,8 der cod. Monac. 87 abgeschrieben.
Von a stammt der cod. Vat 1690, vom cod. Vat. 1690 der
cod. Vat. 152 zur Hafte, von v^elchem wiederum der cod.
Vat. 1301 abgeschrieben ist; aus dem cod. Vat. 1301 ist dann die
zweite Hälfte des cod. Paris. 1703 ergänzt. Ferner stammt
von 0 die erste Hälfte des cod. Vat. 152, der cod. Marcianu8 498
in Venedig und ein verlorener Codex r, auf welchen der
cod. Vat. 1001 und der cod. Ambros. 6 14 sup. zurückgehen.
Das Verhältnis der Handschriften zu einander wird durch
folgende Stammtafel veranschaulicht:
MCEi N
Bx
F
I
X, y, z und r sind HandschrifteD,
die jetzt verloren sind.
P = cod. Paris. 1702.
L = cod. Laarent. 69,8.
M = cod. Monac. 48.
C = cod. Mazarin. 4462.
£:i=:cod. Paris. 1699 (2. H&lfte:
Perser^ und Yandiilenkrieg).
^= cod. Monac. 87.
A = cod. AmbroB. A 182 sup.
O =: cod. Ottobon. 82.
Bi=cod. Paris. 1703 (l.Hftlfte).
K
Vi
F'.
cod. Paris. 1703 (2. Hälfte),
cod. Marcian. 498.
cod. Vat. 1690.
: cod. Vat. 152 (Perser- und
Vandalenkrieg).
: cod. Vat. 152 (Gotenkrieg),
cod. Vat. 1301.
cod. Paris. 1699 (I.Hälfte:
Gotenkrieg),
cod. Vat. 1001.
■ cod. Ambros. G 14 sup.
128 J. Haury
Ich habe die Handschriftenklasse y Yorangestellt, weil
sie die wichtigere ist .und weil ich glaube, dass der Codex y
früher als der Codex a von dem Codex x abgeschrieben
wurde. Letzteres scheint wenigstens ans der Stelle II 407,14
hervorzugeben: lamijv ^AgxaßdvYig xiyv (vfitpogäv ovx ijveyxe
7iQ(fü)g, äXX" ^ygiaivero re xal äya^d elgyaofierq) 'Pco/Mxtoig
ekeye x6oa yvvahca jbikv t^v ol atncp xaTtjyyvfULiivtfv ixAvra
ixovaav dyayia^ai ovdeig Ic^ri, xfj de ndvrcov avT(ß dva/neve-
ardtf] ovaji nXrioidCeiv dvayxd^t^rai xbv fbiavxa xqdvov. Dass
der Text hier nicht richtig ist, bat schon Scaliger gesehen;
er hat aber zuviel geändert, indem er vorschlug: iiyqvaSveio
x€ xal deivd inoieixo, el avxöv xoug 'Pmfjuxtovg noXkd drj
dya^d eiQyaa/nivov yvväixa xxL Viel einfacber ist ee, wenn
man annimmt, dass binter x6oa ausgefallen ist: fjstajueletv
ijÖT] el, dass also das Qanze lautet: fjygialvexd xe xal dya&d
eigyaojuivcp 'Poyjuaiovg eXeye xöoa fjLexafxekeXv ijdrj, ei yv-
vaixa fiev xt]v ol avxcß xaxrjyyvrjfjiivfjv ixövxa ixovoav dya-
yeo'&ai ovdeig iqit]. Die Handscbriften, die von y abstammen,
bieten genau den nämlicben Text, wie die Ausgabe von
Dindorf, in der Handscbriftenklasse s fehlt jedoch noch mehr,
wir finden dort statt: dya&d elgyao/iivcü 'Pco/ialovg ikeye
x6oa juera/jiekeTv ijötj, el yvvaixa xxL nur die Worte: dya&d
elgyaofievov, yvvaixa xxk. Daraus folgt der Scbluss: In dem
Codex X war diese Stelle verwischt. Als die Handschrift y
davon abgeschrieben wurde, konnte ßiexafAekeiv ijdrj el nicht
mehr gelesen werden. Der Zustand, der im Codex x das
Verwischen dieser Worte bewirkt hatte, dauerte dann noch
fort und, als der Codex s abgeschrieben wurde, waren auch
die Worte, die unmittelbar vor /biexa/xekeiv fjdr] el standen,
nämlich: 'Pwjualoi^g ekeye xöoa unleserlich geworden.
Nach dieser Auseinandersetzung will ich nun mit der
Besprechung der einzelnen Handschriften beginnen.
tieher Prolaphandechriften* 129
A. Die Handschriftenklasse y.
1. Der cod. Paris. 1702. 0,20x0,13, aus dem 14. Jahr-
hundert. Er enthält den Perser- und den Vandalenkrieg,
ist sehr schon auf Pergament geschrieben; er besteht aus
190 Folien, ursprfinglich waren xd' Quatemionen und ein
einzelnes Blatt vorhanden. Der Codex war durchweg von
derselben Hand geschrieben. Auf den ersten Seiten hatte
der Schreiber manchmal Lücken gelassen und später das
Fehlende aus einer andern Handschrift nachgetragen. So
hatte er auch auf Fol. 16^ die Worte (I 44,4 in der Dind.
Ausg.): xdff T6 XQlxag xtXkcov, ^Exvyxavov jukv, (b dionaia,^
thuv ^äjiand aot ix zov x^Q^^ täya^ä q^igcov, htvx6vteg
dk oTQcnidjjcu 'PiofiaXoi (xal ydg nov ig xä raihr^ x^Q^
xa^ öXiyovg jteQuövxeg rovg ausgelassen, dafßr aber die
zweite Hälfte der 4. Zeile und die 3. Zeile von unten frei-
gelassen. Auf die vorletzte und letzte Zeile hatte er ge-
schrieben (I 44,7): olxTQOvg äygolxovg ßidCovxai) nkqydg xi
fioi ov (poQTixäg jtQooexQhpavxo xal Jidvxa &(pek6fievoi 61
Ifjaxai (pxovxo, olg dij ix naXau)v, Als er nun das Fehlende
nachtrug, brachte er auf den freigelassenen Raum von
l^/a Zeilen nur die Worte: xdg xe xglxag xlkXcov, ^Exvyxavov
tikvf €£> dionoxa'^, elnev ^änavxd aoi ix xov x^Q^'^ x&ya&d
(pigcov, iyxvx^vxeg dk, das übrige setzte er, ohne ein Zeichen
zu machen, unter die schon beschriebene vorletzte und letzte
Zeile und brauchte dafür zufallig genau 2 Zeilen. So kommt
es, dass auf diese Seite 2 Zeilen mehr geschrieben sind als
auf die anderen; wenn man den richtigen Text haben will,
muss man die beiden letzten, später erst hinzugefügten Zeilen
hinauf an den richtigen Platz nehmen. Da die Schreiber,
welche unseren Codex abschrieben, diesen Vorgang nicht
bemerkt haben, so schrieben sie alles der Reihe nach ab,
wie es gerade folgte. Auf diese Weise entstand die Ver-
wirrung, wie sie bei Dindorf I 44 im kritischen Apparat
1895. Sitzangsb. d. phil. n. hist. GL 9
♦'>< ^*.'» ,' 'i txi^ *?:»*Ti 1 *ö*s tt^ H^B« X sziiEzr sr
''-•''»-. ; :i 1;»» ',f:r^ t»^ IT. raj-niiniiiHrs :£. z L-tr
/^ ''' r it : .' y/r'^tr'rji •'• .^^rv v> 14-' .:ü -^.^r . F:*- ?♦
//^ ',w ;>: ,7 r-/:/:^// r-, , f ; I^:. — i F:«. I-O il -7l-!4
'r/f p*^y/^ Tfh/tyK. \* w77.2I ^'y "" N •; v F: . 177 i:!-! F ■". 17*^
'/ .' i/ r .\ Av.r. /*. f.*» T*'f.or«rr., ^yf-d^n: w-:a^e zwkchcn Blas« S6
%r'l >? r,,'.'r,f.y':;^jrt '^^f, p, 14i»J. Enra in der Mhte de?
W/ .iAf,r'u, U'/ ^ Art A.^/tm Platze. Dann fiel es beruB xad
#-'• ,"'•/• /,,''J,» rr.^'hf vffry»^ndf:r,^ iroraa? za schliessen ist, dmfs
th Ait'^'f y/'y\, t\tfr (UAtiX entweder gar nicht oder sehr
«'JiNaK», i/yhau^cji war. Nach dem Jahre 1550 wurde all^,
•<rjw ft',r\ort'U v,f'^^u^(tn war, an» dem cod. Marcian. 498
w'i«*t\i*r «;rpriin%t, woran f dann die Handschrift einen festen
Ptitt\mfti\ frh'u'M, HMicH^Vich bemerke ich, dass sich in dem
(!'H\i'% VM'I« lUndbernf^rkungen finden, die aber nichts ent-
littllMj iiU trihaliMun^ahmi. Auf daaselbe Pergament, wie der
i'*n\, ISiriH, 1702, in dorMelhi-n Zeit und durchweg von der-
MtlliMi \liitul inl ^««Hchriffben
tteber ProJcophtmdschriften, 131
2. Der cod. Laurent. 69,8. Diese Handschrift enthält
den Gotenkrieg, gehorte also ofifenbar einmal zu dem cod.
Paris. 1702, sie ist aber viel besser erhalten; kein ein-
ziges Blatt ist herausgerissen; sie hat 276 Folien, 84 Quater*
nionen ond 4 Folien. Als der Schreiber die erste Seite
geschrieben hatte, gefiel ihm aus irgend einem Grunde das
Geschriebene nicht mehr; er hefbete vom noch 2 Folien ein
und klebte von diesen das zweite auf das Blatt, das er
Torher beschrieben hatte, dann fing er auf dem ersten Blatt
noch einmal yon vom an zu schreiben. Die zusammenge*
klebten Blatter sind aber wieder auseinandergerissen worden;
deshalb ist jetzt auf der zweiten Seite des zweiten Blattes
freier Baum, auf dem yon späterer Hand bemerkt ist: o^dh
iXXebiei.
Ich habe oben gesagt, dass der Schreiber des cod. Paris.
1702 öfter Lücken liess und das Fehlende zum grössten
Theil später aus einem andern Codex nachtrug. Wenn wir
nan FoL 32^ und Fol. 33 a vom cod. Laur. 69,8 betrachten,
so sehen wir, dass diese beiden Seiten sehr eng geschrieben
sind; auch finden sich hier soviele Abkürzungen, wie sonst
nirgends in der Handschrift. Diese beiden Seiten enthalten
infolgedessen genau soviel, wie 4 andere Seiten von dem
Codex. Während vor und nach diesen Seiten die Hand*
Schrift von den Handschriften der Klasse £f sehr abweicht,
stimmt sie hier mit diesen vollständig überein.
Daraus schliesse ich folgendes: In der Vorlage, die der
Schreiber des cod. Laur. 69,8 benützte, fehlten 2 Folien.
Der Schreiber war ursprünglich der Meinung, es sei nur
1 Blatt herausgerissen und liess deshalb 2 Seiten frei. Als
er das Fehlende aus einenl Codex der Handschriften-
klasse z ergänzte, erkannte er, dass in seiner ersten Vor-
lage 2 Folien fehlten, was ihn veranlasste, sehr eng zu
schreiben und möglichst viel abzukürzen, damit er alles auf
die 2 freigelassenen Seiten bringe.
Wir haben gesehen, dass der Schreiber des cod. Laur.
69,8 auch eine zweite Vorlage benützte. Trotzdem findet
sich in diesem Codex Fol. 267^ nnd Fol. 268 noch eine
Lücke, die nie ergänzt worden ist. Es fehlt deshalb auch
heute noch in ihm arganäv der Dindorf. Ausgabe II 609,16
bis 628,13 avxov. Von der ersten Vorlage war wahrschein-
lich ein Qaatemio und ein Folio verloren gegangen. Dass
auch ein Quaternio abgerissen war, hatte der Abschreiber
offenbar nicht gemerkt. Er liess deshalb nur etwa 2 Seiten
frei. Da er hier nichts ergänzte, so nehme ich an, dass
seine zur Klasse » gehörige zweite Vorlage nicht weiter
ging als bis Seite 600 der Dind. Ausgabe, d. h. genau so
weit, wie jener Codex, der von den jetzt vorhandenen Hand-
schriften der Klasse e am ältesten ist.
K. K. Müller, der aus dem cod. Vat. graec. 1412 im
Centralblatt für Bibliothekswesen, Bd. I p. 333 ff. ein Ver-
zeichnis der Handschriften veröffentlicht hat, die von Janus
Laskaris gekauft wurden, glaubte, der cod. Laur. 69,8 sei
identisch mit demjenigen, der in dem Verzeichnis (p. 389
im Centralblatt) aufgeführt wird. Meiner Ansicht nach war
aber dieser cod. Laureut, schon im Jahre 1441 in Florenz,
also früher, als Janus Laskaris das Licht der Welt erblickte.
In jenem Jahre hat nämlich Leonardo Aretino (Bruni) seinen
Goten krieg geschrieben, der aber nichts weiter enthält, als
was von Prokop erzählt ist. Da Bruni seine Quelle nie
nennt, so hat ihm seine Schrift den Vorwurf des Plagiats
zugezogen. Voigt*) sucht ihn zu verteidigen, indem er unter
anderem sagt, wenn Bruni Prokop nicht nenne, so sei doch
die Möglichkeit zu beachten, dass auch seine griechische
Handschrift den Namen des Autors nicht gegeben habe.
Diese ,, Möglichkeit*' ist aber vollständig ausgeschlossen, da
*) Voigt Georg, Die Wiederbelebung des classischen Altertums,
III. Aufl. besorgt von Lehnerdt. Berlin 1898, II p. 172.
Ueber Prokophandsekriften.
138
Prukop gerade im Gotenkrieg mindestens 18 mal im Texte
ausdrücklich sagt, dass er es sei, der diesen Krieg dargestellt
habe, z. B. II 38,16 xal tzqcötov hog heXema T(p noXifico
r^de, 8v ITgoxÖTiiog ^vveyQaxpE, II 154,14 xal t6 öevxeqov
etog helevxa xcp TioXi/jUp tcßde, Sv JlgoxÖTiiog ^vv^ygay^ev.
II 158,23 IIqoxöjiiov dk, S^ rdde ^vveyQarpev , avrlxa
ig NednoXiv ixiXevev livai, Vergleiche auch II 196,21,
II 238,6, II 241,23 u. s. w. Derartige beiläufige Bemer-
kungen, von denen ich einige hier angeführt habe, muss
Brnni, der Prokops Qotenkrieg doch sehr gründlich benützte,
mehr als ein Dutzendmal gelesen haben und es ist dem-
nach absolut sicher, dass er wusste, wessen Werk er aus-
schrieb.
An dem Gotenkrieg Brunis wurde auch getadelt, dass
er die Schlacht gegen Totilas vollständig übergehe. Nun
hat aber, wie wir schon gesehen haben, der cod. Laur. 69,8
gerade gegen das Ende des Gotenkrieges einen Teil (609,16
bis 628,13) ausgelassen. In diesem Abschnitt wird bei
Prokop die Schlacht gegen Totilas beschrieben.
Wollen wir nun einmal im Folgenden den Text Prokops
vor und nach jener Lücke und die betreffende Stelle bei
Bruni nebeneinanderstellen :
Cod. Laurent. 69,8. Prok.
II 609,14 T(j) fihv ovv To)-
/jiaicov orgarcp xd ye äficpl xfj
Tiogeiq TO&ifi Jirj cl^re. TcotlXag
de nenvofiiyoq ijötj rä h Beve-
Tiaig ^vvevex&svra Tetav fihv
rä Jigana xal r^v fvv avrcp
* * * * (Lücke bis 628,13)
äjiQaxTog iv&evde navxl xd)
Gxgaxevßjiaxi BaXsQiavdg Ave-
XCOQtjae. rdx^oi öh, öooi Ano-
Bruni.
Totilas vero cognitis his,
quae in Venetis gesta fuerunt,
et transitu adventuque Nar-
setis ad urbem Ravennam in-
tellecto : quamquam copiae
suae fere omnes apud Teiam
erant: tamen ipse cum Narsete
manum conserere statuit: sed
134 J. Haury
(pvyovxeg ix rrjg ^vfißokf\g d<- commissa pngna ab faostibus
ea(o^aav, diaßdvteg norafibv inierfectus est. Gothi, qaicun-
nddov n6hv re Tbetvov xal que ex proelio aufagerant,
rd ixeivj] x^Q^ loxov xtL Padum amnem transgressi
Papiae et circa ea loca con-
stitere.
Aus der Vergleichung dieser Stellen erkennen wir, dass
jene Handschrift, welche Bruni besass, genau dieselbe Lücke
hatte, wie der cod. Laur. 69,8, dass Bruni absolut nichts
wusste, wenn ihn seine Handschrift im Stiche Hess, und dass
er mit einigem Geflunker über die Stelle hinwegzukommen
suchte.^) Wir müssen nun beachten, dass keine andere von
den jetzt vorhandenen Prokophandschriften, soweit sie hier
in Betracht kommen können, die nämliche Lücke hat. Dazu
kommt, dass Bandini ausdrücklich sagt,*) Lorenzo von Medici
habe allmählich auch die Handschriften des Leonardo Aretino
(Bruni) für seine Bibliothek erworben. Es steht somit fest,
dass jene Handschrift, die Bruni allein von allen
jetzt noch vorhandenen Prokophandschriften be-
nutzt haben kann, gerade in derjenigen Bibliothek
sich befindet, in welche nach dem Berichte eines
glaubwürdigen Gewährsmannes auch die übrigen
Handschriften Brunis gekommen sind und ich glaube,
dass wir nicht fehlgehen, wenn wir annehmen, dass der
cod. Laur. 69,8 im Jahre 1441 in den Händen Brunis war.
Wenn in dem von Piccolomini') veröffentlichten «Inventario
^) Trotzdem behauptet Bruni in einem Briefe an Giriaco von
Anoona, er habe geschrieben: ut genitor et aactor. Vgl. Voigt II
178, Anm. 1.
^) Bandini, Eatal. der Bibl. Laur. p. X: Noc minus alios, qnos
Ambrosius Gamaldulensis, Leonardus Arretinus, Nicolans Nicolus
aliique viri doctissimi collegerant, sibi paullatim Cosmus Medices
comparavit.
') Im Arcbiyio Storico Italiano, Serie Terza, Tom. XXI. Anno
1875, p. 106 ff.
üeber Ptokophandschriften. 135
dei libri di Piero di Cosimo dei Medici, compilato ael 1456*
aieh kein Prokop findet, so beweist das gar nichts gegen
meine Annahme, da das Inventar höchst unvollständig ist.
In dem von Janus Laskaris angefertigten, von K. K. MQller
im Centralblatt für Bibliothekswesen p. 371 ff. veröffentlichten
Verzeichnis der Handschriften der Bibliothek Lorenzos finden
wir eine Nummer: Ugoxonlov negl 'lovariviavov ßaaUicog.
Dies ist die jetzige Handschrift 69,8.
Im Jahre 1429 hat Bruni die 6 ersten Bücher seiner
Geschichte der Republik Florenz vollendet. In diesem Werke
erzählt er auch manches von den Goten. Das Erzahlte
stimmt aber mit der Darstellung Prokops nicht überein.
So nennt er den Yitiges: egregiae nobilitatis hominem et
regia stirpe antiqua natum. Prokop dagegen sagt II 58,6:
Oviuytv ukovTo, ävdga olxlaq fikv ovx hiiq)avovg övta, h
fAaxaiQ de räig ä/Äipl ZiQfAiov llav evdoxij^irjxÖTa t6 ngotegov,
tjvixa xbv ngog Fi^naiSag nöle/iov OevdeQixog die^ege. Später
lesen wir bei Bruni: (Yitiges) Ravennam ingressus, Amaltheae
filiam, Theodorici neptem, sociam regni uxoremque adsumsit,
bei Prokop II 61,11 dagegen: xal inel ivzavi^a i(plxExo,
Maiaoovr&av rifv ^Ajualaaovy&rjg '^yariga yvvahca
yafimiv ovxi ii^eXovoiov ijtoii^oajo. Von dem, was bei
Prokop II 298 und II 302 von Florenz erzählt wird, finden
wir bei Bruni nichts, dagegen behauptet Bruni, Florenz sei
von Totilas zerstört worden, wovon wiederum Prokop nichts
weiss. Daraus geht hervor, dass Bruni damals, als er die
ersten Bücher der Geschichte von Florenz vollendete, den
Gotenkrieg Prokops noch nicht gekannt hat, woraus weiter
zu schliessen ist, dass dieser überhaupt noch nicht in Florenz
war. Auch in Rom gab es damals Prokops Gotenkrieg
noch nicht, was der Umstand beweist, dass der apostolische
Sekrel&r Biondo, als er einige Jahre später seine .Dekaden*'
schrieb, erst den Gotenkrieg nach Italien kommen lassen
musste. Wenn aber weder in Rom noch in Florenz damals
136 J. Eamrj
eine Prokophandwhhft rorhanden war, so wird wohl jene
als die erste nach Italien gekonunen ond lange Zeit die
einzige daselbst gewesen sein, welche GioYanni Aurispa im
Jahre 1423 ans Konstantinopel mitbrachte; er hatte sie yom
Kaiser Manuel IL erhalten^) ond schrieb hierüber am 27. Ao-
gnst 1423 an Trayersari nach Florenz: Rex mihi yolomina
dno dono dedit: Procopinm de gestis Bellisarii ant Justiniani
in Italia et Xenophontem neQi bKtixrjg. In demselben Brief
gibt Anrispa noch einen Teil seiner übrigen Handschriften
an. Wollen wir nun einmal untersuchen, welche von den
jetzt Torhandenen Handschriften identisch sein könne mit
jener, die Aurispa Tom Kaiser Manuel bekommen hat. Der
cod. Ambros. A 182 sup. kann es nicht sein, er stammt,
wie auf dem ersten Blatt bemerkt ist, aus Thessalien. Der
cod. Paris. 1703 scheint zum Teil erst nach dem Jahre 1423
geschrieben zu sein, jedenfalls war er im Jahre 1423 noch
so jung, dass er nicht als kaiserliches Geschenk hätte gelten
können; ausserdem war er sehr wahrscheinlich noch nach
dem Jahre 1449 in Konstantinopel und wurde daselbst ab-
geschrieben. Der cod. Vat. 1301 gehorte dem Georg Kanta-
kuzenos, der, wie wir sehen werden, gegen die Mitte des
15. Jahrhunderts lebte; er kann also nicht im Jahre 1423
Yom Kaiser Manuel dem Aurispa geschenkt worden sein.
Der cod. Vat. 1690 war durch Aloysins Lollinus nach Italien
gekommen. Der cod. Vat. 152 aber enthält die 8 Bücher
der Historien, während Aurispa nur den Gotenkrieg be-
kommen hat. Ausserdem ist äusserst wahrscheinlich, dass
dieser Codex durch Flario Biondo nach Italien gebracht
warde. Dann ist aber nur noch der cod. Laur. 69,8 übrig.
Dieser muss also identisch sein mit demjenigen, welcher im
Besitze Aurispas gewesen ist und mit jenem, welchen Bruni
benutzt hat, somit muss Brani den Codex von Aurispa er-
i) Vgl. Voigt I, 268.
üeher Prokophandschriften, 137
worben haben. Dafür spricht auch folgendes: Für die
Bücher des Anrispa interessierten sich am meisten die Huma-
nisten in Florenz; sie wollten wenigstens Verzeichnisse von
denselben haben. Aurispa kam ihrem Wunsche nach, wobei
er, wie es wenigstens in dem oben angeführten Brief an
Traveisari der Fall ist, Prokops Gotenkrieg an erster Stelle
nannte, weil er ihn vom Kaiser erhalten hatte. Im Jahre
1424 kam er selbst nach Florenz. Yergl. Voigt I 346. Da
nun Bruni in Florenz eine hochangesehene Stellung unter
den Humanisten einnahm, so hat er sicher auch einmal von
jener Handschrift des Prokop gehört. Wenn aber dies der
Fall war, so konnte er nur dann die übergrosse Kühnheit
haben, seinen Gotenkrieg als eine eigene Arbeit auszugeben,
wenn es ihm gelungen war, von Aurispa jene Handschrift
zu bekommen, und wenn er somit glauben konnte, er sei
allein im Besitze von Prokops Gotenkrieg, da er ja ausser-
dem jeden Augenblick hätte fürchten müssen, dass sein
Schwindel aufgedeckt würde.
Der erste, der entdeckte, dass Brunis Gotenkrieg ein
Plagiat sei, war Biondo. Ich halte das durchaus nicht für
zufallig, sondern ich glaube, dass die von Biondo nach
Italien gebrachte Handschrift als die zweite nach Italien
kam und dass ein andrer die Entdeckung deshalb nicht
machen konnte, weil die Handschrift, welche als die erste
sich in Italien befand, aus dem Besitze Aurispas an Bruni
übergegangen war und keinem anderen mehr zu Gesicht kam.
3. cod. Paris. 1703. 0,244x0,140, enthält den Goten-
krieg, ist gut erhalten, auf Papier zum Teil im 14., zum
Teil in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts geschrieben.
Ursprünglich gehorte er wohl ganz der Handschriftenklasse y
an; die zweite Hälfte ging aber von 328,3 eUov vavrixov
ivxav^d T€ xaraortjodjbievoi an verloren, das Verlorene wurde
später aus dem cod. Vat. 1301 nachgetragen. Dieser Teil
gehört somit der Handschrifbenklasse z an. Von dem ersten
138 /. HoM^
Teil kann ich, da mir die Zeit mangelte eine genaue unter-
sQchung vorzanehmen, nicht mit Bestimmtheit sagen, ob er
Yon dem cod. Laur. 69,8 oder Ton derselben Vorlage, wie
jene Handschrift abgeschrieben ist. Davon konnte ich mich
aber fiberzeogen, daas er nichts Bemerkenswertes bietet.
4. cod. Paris. 1699,^) enthalt die 8 Bficher der Historien.
Ich habe mich mit demselben sehr wenig angehalten, da
ich sofort gesehen habe, dass die zweite Hälfte d. h. der
Perser- und der Vandalenkrieg yon dem cod. Paris. 1702
nnd die erste Hälfte, der Gotenkri^ Yon dem cod. Paris.
1703 abgeschrieben ist Man kann dies sehr leicht erkennen.
Der Schreiber hat nämlich, wie es ja Qblich war, immer,
wenn ein neuer Abschnitt kam, die nene Zeile mit einem
grossen, mit roter Tinte geschriebenen Buchstaben begonnen.
Dabei hat er aber nicht immer den neuen Abschnitt auch mit
einer neuen Zeile angefangen, sondern sehr oft noch einige
Worte des neuen Abschnittes auf diejenige Zeile geschrieben,
auf welcher der vorhergehende Abschnitt aufhörte, dann
freien Raum gelassen und eine neue Zeile mit dem groesen,
roten Buchstaben begonnen. Er wollte also den Beginn
neuer Abschnitte genau mit denselben grossen, roten
Buchstaben andeuten, welche seine Vorlage bot. Da
er nun thatsächlich durchweg die nämlichen Buchstaben
gross und mit roter Tinte geschrieben hat, die wir in den
Pariser Handschriften 1702 und 1703 so geschrieben finden,
so müssen diese die Vorlagen gewesen sein.
Ein weiterer Beweis, dass der cod. Paris. 1699 zur
Hälfte vom cod. Paris. 1702 abgeschrieben ist, bietet der
Umstand, dass sich in demselben die Verschiebung des
Textes der Stelle I 44 findet, von der ich oben p. 129 ff.
^) Von einer Seite dieser Handschrift findet sich ein Facsimile
in: Omont, Fac-Simil^s de manuscrits grecs des XV* et iL VI* si^cles.
Paris 1887. No. 42.
üeher Prokophandsc^mften, 139
gesprochen habe, und dass alles, was auf den 12 Folien
stand, die aus dem cod. Paris. 1702 herausgerissen sind,
in dem cod. 1699 fehlt, woraus wir auch erkennen,
dass jene 12 Folien , schon verloren gegangen waren,
als der cod. 1699 geschrieben wurde. Später wurde im
cod. Paris. 1702 auch noch Fol. 99 (I 282,9 änavtag bis
285,1 dviio) abgerissen und ging verloren. Was auf diesem
Blatt stand, ist im cod. 1699 (Fol. 265) erhalten. Dieses
einzige Blatt hat einen Wert. Dass der cod. 1699, soweit
er den Qotenkrieg enthält, von dem cod. Paris. 1703 abge-
sehrieben ist, haben wir schon daraus gesehen, dass in dem
cod. 1699 neue Zeilen neuer Abschnitte mit denselben, mit
roter Tinte geschriebenen Bachstaben beginnen, wie im
cod. 1703. Dazu kommt noch, dass der cod. 1699 bis
n 328, also genau soweit, wie der cod. 1703 zur Hand-
schriftenklasse y und von II 328 ab zur Handschriftenklasse e
gehört In dem cod. 1699 finden sich dieselben Fehler wie
im cod. 1703 und dieselben Lücken.
Aus dem umstände, dass der in einem Zeitraum von
26 Tagen und von demselben Schreiber geschriebene cod.
1699 von dem cod. 1702 und dem cod. 1703 abgeschrieben
ist, können wir schliessen, dass beide Handschriften schon
damals, als der cod. 1699 geschrieben wurde, sich in ein
und derselben Bibliothek befanden. Diese war vielleicht
dieselbe, aus welcher der von derselben Hand wie der cod.
Paris. 1702 geschriebene, schon im Jahre 1423 nach Italien
gebrachte cod. Laurent. 69,8 stammt, nämlich die Bibliothek
des Kaisers Manuel H., resp. der kaiserlichen Familie in
Konstantinopel. Wahrscheinlich kamen sie dann miteinander
nach der Einnahme von Konstantinopel durch einen Flücht-
ling^) nach Corcyra. Ich glaube nämlich, dass sie identisch
^) Ein Alexins Phrantzes hat eine andere, ans Konstantinopel
stammende Prokophandschrifb, den cod. Marcian. 498 im Jahre 1465
in Adrianopel gekauft. Bei Besprechung des genannten Codex werden
140 J. Hawry
sind mit den beiden Handschriften, von denen Janas Laskaris
berichtet, er habe sie in Corcyra gesehen. Veqrl. K. E. Müller
im Central blatt f. Bibliothekswesen I 389: Ugoximiov roz^ueij
latogia h S ßvßliotg xal hega Aißvxrj, ix^i t^v Aißvxijr
xvQiog 'Aki^iog 6 XaTtCbcrjg, Diese beiden Codices sind
sicher nicht mehr verloren gegangen, nachdem Laskaris sie
einmal in seinem Tagebuch notiert hatte. Solche Tage-
bücher des Laskaris benfibsten vor allem die Franzosen.^)
Besonders von Venedig aus wurde unter König Franz I. von
den französischen Gesandten nach Handschriften gesucht.
Da nun, wie ich p. 150 zeigen werde, der cod. Paris. 1702
in den Jahren 1540 bis 1550 in Venedig gewesen sein muss,
so wird man annehmen dürfen, dass um diese Zeit die beiden
Handschriften (Paris. 1702 und Paris. 1703) von Corcyra
über Venedig nach Paris kamen. Möglich ist auch, da<» sie
schon zu Lebzeiten des Janus Laskaris nach Frankreich ge-
bracht wurden und dass der cod. 1702 nur zu dem Zwecke
wieder nach Venedig geschickt wurde, damit er dort ergänzt
werde.
Wollen wir nun untersuchen, in welche Zeit der cod.
Paris. 1699 zu setzen ist.
Auf der letzten Seite lesen wir:
dö^a aoi 6 'deög ^juory, 66^a ooi.
hekeicj^ei x6 Jiagbv ßißXlov na^ ifiov vixo ßemiaghov
wir sehen, dass dieser Alexius Pbrantzes wahrscheinlich ein Ver-
wandter und Begleiter des Georg Phrantzes war. Letzterer flüchtete
aber im Jahre 1460 nach Corcyra und zwar mit seiner ganzen Sippe.
Wenn Alexius Phrantzes zu dieser gehörte, so dOrfte wohl er der
Flüchtling gewesen sein, der die obengenannten beiden Prokophaad-
schnften nach Corcyra brachte.
^) cf. Delisle, Le Cabinet des manuscrits, p. 151. (Jean Laa-
caris) t^moigna sa reconnaissance par de judicieuses observations snr
les meilleurs moyens de se procurer les manuscrits qui ätaient con-
serväs en Grbce et ceux que divers fugitifs avaient apportäs en Italie.
Franyois 1^^ mit a profit les indications de Lascaris.
tleber Prohophandsehriften, 141
yMi ygaßißjuxTixov noxe jucogaiov. iyeyovei ^ Tiagovaa ßlßXog
€ig fjfiiQag ehcooi nevxe. el fJiEv ;uc*^i ygdtpaoa avTiezai rdtpo).
ei de yqatplfAevoi elg ;|r^ovovff äjieQdvrovg. Nicolaus Vestiarita
hat auch den cod. Palat. 256 geschrieben (Arrian und Aristot.
de mundo), wo wir Fol. 389^ folgendes finden: dö^a ooi 6
&eo^ ^fjicav. dö^a aoi, biktiQoy&ri t6 nagov ßtßklov avyovgrcp
xy. Ivd. Id. Tov ffqi^vC Äovc. el juiv x^q'^ ß- ^ J^^y X^'^9 ^)
ygäyiaoa obierai,^) el de yQa(pifievoi (\. ^ de yQafprj ßievei)
€ig XQ^ovg äTtegdvrovg. vixdkaog ßeonaQirtjg fxeU.axQr}v6g 6
yga/i/Aarixög. ä/ui/jv. dfArfv. d/i^v. Den jetzigen cod. Palat. 256
hat also Nikolaus Vestiarita im Jahre 1449 geschrieben und er
war damals yQa/jLfxaTtxdg. Wenn nun in dem cod. Paris. 1699
steht: xal yQafXfWJLxou nore, so schliessen wir daraus, dass dieser
nach dem Jahre 1449 geschrieben ist. Aus der Verbindung
ßeoTiaQkf^g xal yQajUL/Mxuxdg sehen wir, dass beide Wörter
Titel bezeichnen. Nach Ducange*) gehörten die ßeGTiagirai
zur nächsten Umgebung und zur Familie des Kaisers. Dem-
gemass wird der Schreiber des cod. Paris. 1699 in Konstan-
tinopel gelebt haben. Nach der Einnahme dieser Stadt klagten
die Schreiber oft über das Unglück des byzantinischen Kaiser-
reiches. Wenn nun der Schreiber unserer Handschrift einmal
zur Umgebung des Kaisers gehört hatte und wenn er zwar
ziemlich viel unter den Schluss des Textes schreibt, aber mit
keinem Worte das Unglück seines Vaterlandes erwähnt, so
dürfen wir wohl annehmen, dass der cod. 1699 vor dem
^) Diese Worte habe ich aus dem gedruckten Katalog der vati-
kanischen Bibliothek genommen. Ich vermute aber, dass Nicolaus
Vestiarita auch hier ainsrai zdqxp geschrieben hat, das wir im cod.
Paris. 1699 haben, rdqpq) ist ja ein Gegensatz zu XQ^^^^ ouisQoivtovg.
Die gleichen Worte: ^ ijlbv x^^Q V yQdxpaaa atinexai xd(pq» finden sich
auch in älteren Handschriften. Vgl. Gardthausen, Griech. Palaeo-
graphie, p. 378.
^) cf. Ducaagii Caroli in Alexiadem notae, abgedruckt in dem
von Reifferscheid besorgten 2. Band der Alexias, p. 504 : Erant igitur
Veatiaritoe Nobiles selecti, qui in comitatu Imperatoris erant.
I
142 J. Haury
Jahre 1453 geschrieben warde, d. h. Tor dem Falle Ton
KoDstantinopel.
Der cod. 1699 gehorte einmal dem Janns Lascaris. Wir
haben nämlich ein von Hatthaeos Devaris angefertigtes Ver-
zeichnis über den BQchemachlass des Lascaris. Dasselbe ist
von Pierre de Nolhac veröffentlicht. *) In diesem Verzeichnis
sind (p. 260) auch 10 Nummern aufgeführt, welche bezeichnet
werden als: Libri del Sr. Laschen che son fuora. Diese
Bücher waren also bei dem Tode des Lascaris ausgeliehen.
Nun war aber Matthaeos Devaris, der so genau wusste,
welche Bücher ausgeliehen waren, der Bibliothekar des Kar-
dinals Ridolfi, eines Freundes des Laskaris. Ridolii war ein
bedeutender Bücherfreund und Büchersammler. Seine Biblio-
thek kam nach seinem Tode in den Besitz der Katharina
von Medici und bildet heutzutage einen Bestandteil der
Pariser Bibliothek. Ein Verzeichnis der griechischen Hand-
schriften des Ridolfi hat Montfaucon in der Bibl. bibl. p. 766 ff.
veröffentlicht. Wunderbarer Weise finden wir nun sämtliche
Handschriften, die bei dem Tode des Laskaris ausgeliehen
waren, in der Bibliothek des Ridolfi. Dies sehen wir ans
folgender Vergleichung:
Bei Devaris, resp. Nolhac. Montfaucon, BibLbibl.p. 770b.
No. 1 19 el primo uolume Eustathii in Iliadem tomns
di Eustathio sopra la Iliada primus.
d^Homero m. s. in pap. lettera
brutta.
No. 120 el secondo uolume p. 770 b. Eustathii in Ilia-
della Iliada di Eustathio scritto dem tomus II.
per raan del Rosseto.
0 Nolbac, Pierre de, Inventaire des manuscritB grecs de Jean
Lascaris in : Mälanges d' Archäologie et de Tliistoire. VI^ amiäe, 1886,
p. 251 ff.
Üeher Prohophandsdiriften.
143
No. 121 la Odyssea di Eusta-
thio, lettera antica.
No. 122 la Uiada d'Homero
con glosse, lettera antica.
No. 123 Enstathio sopra
Dionysio de situ urbis.
No. 124 rahjvov '^egcmev-
xtxd. *)
No. 125 imjoßjir) xwv 2x0^
ßoiov ^^ix&v. *)
p. 770 b. Eustathii in Odys-
seam totam.
p. 770 c. Homeri Ilias, cum
Scboliis.
p. 778 c. Eustathii Thessa*
lonicensis expositio in Dionysii
Periegesin.
p. 777 b. Galeni Therapeu-
tica libri 14.
p. 767 c, Epitome Ethico-
rum Stobaei.
No. 126 iTtniatQtxiw in uolgar italiano. — Diese Nummer
kann natürlich bei Montfaucon nicht gefunden werden, da
Montfancon nur die griechischen Handschriften angibt.
No. 127 Tlgoxonlov loro-
ght, UeQOixd xal yox'&ixd.
p. 772 c. Procopius de Got-
thicis bellis, tomi 4. eiusdem
Persicorum libri quatuor.
p. 778 d. Gaieni et Aristo-
telis quaedam.
No. l28 FaXfjvov ävaxo-
fuxwv iyxstQijoecDV xal tiqo
xovxcüv *AQi(jxoxilovg xcov fiexä
rä (pvoixä x6 nganov xal xd
devxegov, *)
Ich halte es nun nicht für zufällig, dass sämtliche Num-
mern, die der Bibliothekar des Ridolfi als ausgeliehen ver-
zeichnet, in der Bibliothek des Kardinals sich wiederfinden;
ich glaube vielmehr, dass jene Handschriften, darunter Prokops
Historien zur Zeit, als Laskaris starb, bei dem Kardinal Ridolfi
sich befanden und daselbst blieben. Da nun die ganze Biblio-
thek des Ridolfi Eigentum der Katharina von Medici ge-
worden ist und da aus der Bibliothek der Letzteren nach
0 Jetzt cod. Paria. 2280.
2) Jetzt cod. Paris. 2130.
S) Jetzt cod. Paris. 1849.
l44 J. Hauty
dem Katalog von Omont keine andere Prokophandschrift als
der cod. 1699 existiert, so niuss dieser Codex identisch sein
mit jenem, welchen Ridolfi und yor ihm Laskaris besass.
Dies wird auch durch folgendes bewiesen: Die Historien des
Prokop (UeQOixä xal yor^ixä) sind in dem Verzeichnis des
Devaris unter einer einzigen Nummer aufgeführt und mfissen
deshalb, wie sich aus der sonstigen Anlage jenes Verzeich-
nisses ersehen lässt, in einem einzigen Bande enthalten ge-
wesen sein. Es gibt aber ausser dem cod. Paris. 1699 nur
noch eine einzige Handschrift, welche samtliche Bücher der
Historien Prokops enthält, und diese (cod. Vat. 152) war, wie
wir sehen werden, schon unter Sixtus IV., also ein halbes
Jahrhundert vor dem Tode des Laskaris in der vatikanischen
Bibliothek. Es kann also jene Prokophandschrift, die bei
Devaris als dem Laskaris gehörig angegeben wird, nur der
jetzige cod. Paris. 1699 gewesen sein.
Ich will nun wenigstens eine Vermutung darüber aus-
sprechen, wo Laskaris den cod. Paris. 1699 erworben hat.
Schon oben habe ich gezeigt, dass dieser nach 1449 in
Konstantinopel geschrieben sein muss. Wollen wir nun eine
Notiz des Alemannus in seiner Vorrede zur ersten Ausgabe
der Geheimgeschichte beiziehen: Quamobrem saepe inter inter-
pretandum duos illos celebres ävsxdorcov Procopii Codices ex-
petivimus, Joannis Lascaris alterum Constantinopoli ad Lauren-
tium Medicem adlatum, quem deinde, ut fama est, Catharina
Medices regina in Oallias asportavit et Galli hodie in exteris
bibliothecis requirunt. Die Handschrift der Geheimgeschichte,
die Laskaris aus Konstantinopel mitgebracht haben soll, hat
sich bis heute noch nicht gefunden. Man wusste offenbar
auch in den Jahren 1539 bis 1546, also bald nach dem
Tode des Laskaris in Paris nichts von einer solchen Hand-
schrift. Denn in dieser Zeit liess der französische Gesandte
Georges d'Armagnac zu Rom durch Christoph Auer viele
Handschriften, darunter auch die Geheimgeschichte und die
Ueher Prokophandschriften. 145
Bauwerke Prokops abBchreiben. ^) Wenn damals in Paris
eine Geheimgeschichte bekannt gewesen wäre, so hätte auch
Georges d*Armagnac, der fiber den Bestand der Pariser
Bibliotheken genau informiert war, Kenntnis davon gehabt,
und er hätte höchst wahrscheinlich, wenn er die Geheim-
geschichte ffir sich haben wollte, die Pariser Handschrift
abschreiben lassen; auf jeden Fall aber hätte er die aus dem
vatikanischen Codex genommene Abschrift, in welcher der
Anfang und ein grosser Teil des Schlusses fehlt, da in der
Vorlage die ersten Blätter zerrissen und die letzten Blätter
ganz w^gerissen waren, aus dem Pariser Codex ergänzen
lassen. Da nun nicht einmal dies geschehen ist, so möchte ich
annehmen, dass man zu jener Zeit in Paris von einem Codex
der Geheimgeschichte nichts wusste. Man kannte also nicht
einmal gleich nach dem Tode des Laskaris eine solche Hand-
schrift. Andererseits aber befand sich, wie wir gesehen haben,
in der Bibliothek der Katharina von Medici ein Codex,
welcher einst dem Laskaris gehört hatte, aber nicht die
Gebeimgeschichte, sondern die Historien enthielt. Ich ver-*
mute deshalb, dass in der angeführten Notiz des Alemannus
ein Irrtum in Bezug auf den Inhalt der Prokophandschrifk
vorliegt, dass also jene Handschrift, die Laskaris von Kon*
stantinopel nach Florenz brachte, nicht die Geheimgeschichte,
sondern die Historien enthielt und identisch ist mit dem
cod. Paris. 1699, der auf die schon angegebene Weise
in die Bibliothek der Katharina von Medici kam. Ein
solcher Irrtum in Bezug auf den Inhalt einer Prokophand-
Schrift konnte sehr leicht entstehen. Laskaris hat bekannt-
lich über die Bücher, die er auf seinen Reisen kaufte, Ver-
zeichnisse angelegt. Was nun die Prokophandschriften betrifft.
^) Georges d'Armagnac kam im Jahre 1589 nach Bom. Die
Handschriften, welche er daselbst abschreiben Hess, kamen zum Teil
im Jahre 1546 in die Bibliothek von Fontainbleau. cf. Delisle, Le
Cabinet des mannscrits I 153, Anm. 5 und 154, Anm. 2.
189S. SiUangsb. d. phü. n. hist. Gl. 10
146 /. Sawy
80 hat er über diese sehr ungenaue Notizen gemacht; dies
sehen wir aus dem von ihm angefertigten Verzeichnis der
Handschriften des Lorenzo von Mediei. Dort hat er eine
Nummer eingetragen : ÜqohotiIov yteQi 'lovariviavov ßaadmg.
Und doch muss diese Handschrift identisch sein mit dem
schon besprochenen cod. Laurent. 69,8, der den Gotenkrieg
enthält. Wenn nun Laskaris damals, als er in Konstantinopel
war, Prokops Historien erwarb und in ähnlicher Weise wie
oben, in sein Verzeichnis eintrug: UqoxojiIov neQi '/ovort-
vwLVov ßaadicag, so konnte man später, als die Geheim-
geschichte mehr bekannt und herausgegeben wurde, durch
ein solches Verzeichnis zur irrtümlichen Vermutung kommen,
jene Handschrift, die Laskaris von Eonstantinopel mitgebracht
hatte, habe die Geheimgeschichte enthalten. Da man aber
diese in der Bibliothek der Mediei nicht fand und da ferner
in Itali^i die Meinung herrschte, Katharina von Mediei habe
einen Teil der Handschriften mit nach Frankreich genommen,
so entstand leicht die weitere Vermutung, diese habe auch
die vermeintliche Handschrift der Geheimgeschichie fort-
geschafft. Nach meiner Untersuchung wäre also der cod.
Paris. 1699 in Konstantinopel geschrieben, von Laskaris nach
Florenz gebracht und an Ridolfi ausgeliehen worden, hierauf
nach Paris gekommen.
lieber die vielfach verbreitete Meinung, dass Katharina
von Mediei einen Teil der Handschriften des Lorenzo von
Mediei nach Paris mitgenommen habe, spricht Delisle, Le
Cabinet des manuscrits I, p. 209 : C'est, selon nous, une errenr
respandue parmi bien des gens de lettres de croire que cette
bibliotheque estoit un demembrement de celle des Medicis
de Florence. Les uns ont pense qu'elle avoit este form^
des debris de la bibliotheque des Medicis, qu'ils ont suppose
avoir este pill^e et dissipöe, lorsque le roy Charles VHI passa
par Florence. DWtres se sont imagine qu^Alexandre de
Medicis, duc d^ürbin, avoit partage avec Catherine, sa soeur
üeher Prokophandschriflen, 147
les livres, qui a^oieat appartenu a leur maison. Cette der-
niere idee nous paroist sans fondement, et des raisdns d'in-
terest peuvent avoir fait näistre la premiere. Delisle sagt
dann, Katharina von Medici habe die Handschriften auf
rechtmässige Weise im Jahre 1560 aas dem Nachlass des
Marschalls Strozzi erworben, der selbst in Florenz die ganze
Bibliothek des Kardinals Ridolfi gekauft habe. Delisle wird
wohl recht haben. Wie aber ^jene unter vielen Gelehrten
verbreitete irrtümliche Meinung" entstanden ist und wie
Ridolfi seine Codices erworben hat, diese Frage ist nicht er-
örtert worden. Bidolfi war der NeflFe Leos X. *) und wurde
von diesem besonders protegiert. In den Besitz Leos X. war
aber die Bibliothek der Medici übergegangen und nach Rom
geschafft worden. Es ist deshalb doch möglich, dass Ridolfi,
der ein sehr eifriger Büchersammler war, aus der Bibliothek
der Medici Handschriften erhielt, die später mit den Büchern
Ridolfis nach Frankreich kamen. Wenn dann in der Biblio-
thek der Katharina von Medici mancher Codex wieder auf-
tauchte, der früher einmal zur Bibliothek der Medici in
Florenz gehört hatte, und von dem man lange Zeit nicht
gewusst hatte, wo er hingekommen sei, so konnte dies leicht
zu der Annahme führen, Katharina von Medici habe jene
Handschriften mitgenommen.
5. cod. Ämbros. A 182 sup. 0,244x0,140, aus dem
14. Jahrhundert. Er enthält den Gotenkrieg, die Geheim-
geschichte und die Bauwerke, diese aber in verkürzter Form.
Die Handschrift ist schön geschrieben und gut erhalten.
Vorhanden sind 247 Folien. Auf der ersten Seite steht:
codex ex Thessalia. Auf der Innenseite der Einbanddecke
^) Ridolfi war nicht ein Medici, wie in manchen Büchern zu
lesen iat, sondern er war ein Sohn des Piero Ridolfi und der Con-
tessina von Medici, einer Tochter Lorenzos des Prächtigen und
Schwetter Leo« X.
10*
148 J. Hamry
lesen wir: (^^ajxiaxog. Der Schreiber hatte dieselbe Vor*
hge, wie der Schreiber des cod. Laoreoi. 69,8. Der cod.
Ambros. hatte deshalb II 609 his II 628 dieselbe Locke, wie
der cod. Laurent. ^) Es war in derselben Weise zu wenig
freier Ranm gelassen. Deshalb mossten, als die Lücke spater
(im 15. Jahrhundert) ergänzt wurde, 4 Folien eingeheftet
werden. Das Fehlende wurde aus einem Codex nachgetragen,
welcher der Handschriflenklasse s angehörte. Die Klasse y
bietet nämlich immer die Lesart: Tiorilag, die Klasse zz
xovTxOüag. Der cod. Ambros. hat aber bis 606,16 immer
ToniXag, Yon da bis 628,13, d. h. soweit die Lücke gegangen
war und später ergänzt wurde, lesen wir: Tovrrüiag, dann
bis zum Schlüsse wieder riaxüag. Die Quatemionen sind
noch numeriert Der Codex beginnt mit Qoatemio 17,
woraus heryorgeht, dass auch einmal der Perser- und der
Yandalenkrieg dazugehört haben. Die Quatemionen liegen
nicht mehr am richtigen Platze. Fol. 1 bis 8 bilden den
17. Quatemio, Fol. 9 bis 16 den 46. Quatemio, Fol. 17
bis 24 den 45. Quatemio, Fol. 25 bis 32 den 18. Quatemio,
dann geht es richtig der Reihe nach weiter bis Fol. 177; hier
beginnt der 37. Quaternio, dann kommt mit Fol. 182 der
47. Quaternio, hierauf No. 38 und die übrigen Quatemionen
bis No. 44. Von derselben Hand, auf dasselbe Papier mit
genau demselben Format wie der eben besprochene cod.
Ambros. ist auch geschrieben:
6. cod. Ottobon. 82. Diese Handschrift hat 145 Folien
und enthält zuerst den Agathias (in dem gedruckten Katalog
der Ottoboniana steht: Agathius, non si sa se sia stampato)
und den grössten Teil von Prokops Yandalenkrieg, nämlich
^) Einige Momente sprechen dafür, daaa der cod. Ambros. von
dem Laurent, abgeschrieben ist. Einen absolat sicheren Beweis konnte
ich aber bis jetzt nicht finden.
üeber Prokophandschriften. 149
von I 331,15 hiißovkriv an bis zum Schluss. Wir haben
oben gesehen, dass der cod. Ambros. A 182 sup. die Quater-
nionen 17 bis 47 umfasste. Der cod. Ottobon. ist nun vom
Buchbinder so stark beschnitten, dass in der Elegel die Qua*
teroionenzahl nicht mehr vorhanden ist. Nur auf Fol. 93
sehen wir noch: hdixarov, auf Fol. 110: rgiaxaidixarov. Da
nun der Codex 145 Folien hat und der letzte Quaternio aus
12 Folien besteht, so nahm der Perser- und Vandalen-
krieg in dieser Handschrift den Raum von 16 Qua-
ternionen ein. Der cod. Ambros. A 182 sup. beginnt
aber mit Quaternio 17 und endigt mit Quaternio 47
(Fol. 182). Der Teil des cod. Ottobon. dagegen, der
den Agathias enthält, beginnt mit Quaternio 48.
Daraus geht mit voller Gewissheit hervor, dass der cod.
Ambros. A 182 sup. und der cod. Ottobon. 82 einmal zu-
sammengehörten. Der erste Teil davon ist leider verloren
gegangen oder wenigstens nicht bekannt.
7. cod. Monac. 48. Diese Handschrift ist, wie so viele
andere Handschriften der MQnchener Staatsbibliothek, in der
Mitte des 16. Jahrhunderts in Venedig geschrieben worden.
Sie stammt von dem cod. Paris. 1702, was sich leicht beweisen
lässt. Es ist nämlich alles, was auf jenen 12 Folien stand,
die aus dem cod. Paris. 1702 herausgerissen waren, ohne
weiteres weggelassen, an den betreffenden Stellen ist nicht
einmal ein Zeichen gemacht. Blatt 95 des cod. Paris. 1702,
welches damals, als der cod. 1699 geschrieben wurde, noch
am richtigen Platze lag, war in der Mitte des 16. Jahr-
hunderts auch schon herausgerissen, es wurde wieder in den
Codex hineingelegt, aber an eine falsche Stelle, nämlich
zwischen Fol. 86 und Fol. 87, an das Ende eines Quaternios,
wo auch schon früher ein Blatt verloren gegangen war. Der
Schreiber des cod. Monac. 48 hat dann dieses Blatt da ab-
geschrieben, wo es gerade lag. Es ist das einzige, das von
dem ganzen Codex einen Wert hat, da im cod. Paris. 1702
150 J. Haury
Fol. 95 später verloren gegangen ist. Der letztere Codex
muss einmal in sehr schlimmem Zustande gewesen sein:
12 Folien waren an verschiedenen Stellen, immer am An-
fang und Ende von Quatemionen abgerissen und verloren
gegangen, ein 13. Blatt lag an einer falschen Stelle, woraus
hervorgeht, dass der Codex entweder gar nicht oder sehr schlecht
gebunden war. Der Schreiber des cod. Monac. 48 bemerkt
nun am Schlüsse dieser Handschrift: iSiodr&rj xal rovro rö
ßißUov, Sncog drJTtoxe dwaiöv ^v. rb yaQ ävxlyQaq)ov avrov
ovx ÖQ&ojg sJxev, öid xal JiaQ^ ^ju&y iv nokiöig ;|fft>^fo(c t6
naQÖv ßißXlov iorlx^- Diese Beschreibung der Vorlage, die
der Schreiber des cod. Monac. 48 gehabt hat, passt sehr gut
auf den cod. Paris. 1702, und wir werden annehmen, dass die
Münchener Handschrift, die in Venedig geschrieben wurde,
direkt von dem cod. Paris. 1702 abgeschrieben ist. Der cod.
Paris. 1702 muss also gegen das Jahr 1550 in Venedig ge-
wesen sein. Für diese Annahme stimmt auch der Umstand,
dass in demselben die 13 Folien, welche verloren gegangen
waren, aus dem cod. Marcian. 498 ergänzt sind, der schon
seit der Zeit Bessarions in Venedig war.
8. cod. Mazarin. 4462, aus dem 16. Jahrhundert. Von
diesem Codex habe ich mich lediglich überzeugt, dass er aus
dem cod. Paris. 1702 abgeschrieben ist, was dadurch bewiesen
wird, dass in demselben genau der Inhalt der 13 Folien
fehlt, die aus dem cod. Paris. 1702 herausgerissen und ver-
loren gegangen sind.
9. cod. Monac. 87, gehört in die Mitte des 16. Jahr-
hunderts und enthält den Gotenkrieg. Wie ich schon oben
gesagt habe, heftete der Schreiber des cod. Laurent. 69,8,
als er die erste Seite beschrieben hatte, aus irgend einem
Grunde vorn 2 Folien ein, klebte dann das 2. und 3. Blatt
zusammen und fing noch einmal von vom an zu schreiben.
Die beiden zusammengeklebten Blätter wurden später wieder
üeher Prokophandschriften, 151
anseinandergerissen ; die zweite Seite des 2. Blattes ist in-
folgedessen unbeschrieben. Der Schreiber des cod. Monac. 87
glaubte nun, es sei hier eine Lücke und Hess deshalb
P/i Seite frei, obwohl gar nichts fehlt. Daraus geht hervor,
dass der cod. Monac. 87 ron dem cod. Laurent. 69,8 abge-
schrieben ist, mit welchem er auch sonst yollstandig über-
einstimmt. Gegen Schluss II 609,14 bis II 628,13 hat er
dieselbe Lücke wie der cod. Laurentianus.
B. Die Handschriftenklasse a.
Diese Klasse hat an einigen Stellen des Perser- und
Yandalenkrieges grosse Lücken. Der Text ist aber jedesmal
so gestaltet, dass man glauben würde, es sei alles vollständig,
wenn man nicht durch Vergleichung mit der anderen Hand-
schriftenklasse das Gegenteil beweisen könnte. Die Lücken
sind also dadurch entstanden, dass der Schreiber des Codex g
Dinge, die ihm unwichtig zu sein schienen, wegliess. Es
fehlt folgendes: I 183,13 6 juh bis 185,13 Ihai, I 186,14
XoaQÖrjg bis 188,20 Ijuevov. l 201,17 6 fihv bis 217,19 ixQV^^-
I 224,6 BeXioiQm bis 229,5 fi&eXov. I 246,6 ei bis 247,8
dk navxl I 282,9 änavxag bis 284,10 x<^Q^' I 293,19 oi
bis 294,3 ßia^o/xevoi. I 295,18 ijtel bis 296,5 fjei. I 297,16
rotg bis 298,14 iotfyyuXav, I 313,17 ßaodevg bis 317,5 nvXag.
Die Handschriften, welche die angegebenen Lücken haben,
sind zur Klasse s zu rechnen. Zu dieser gehören folgende:
1. cod. Vat. graec. 1690 aus dem Anfang des vier-
zehnten Jahrhunderts, schön auf Pergament geschrieben. Dies
ist die einzige Prokophandschrifb, in der wir 2 Kolumnen
auf einer Seite haben. Sie enthält den Gotenkrieg, leider
aber nicht vollständig. Der erste Quatemio und das zweite
Blatt des zweiten Quatemio sind weggerissen. Der Text
beginnt deshalb erst mit 29,8 der Dind. Ausgabe. Auch
fehlt II 45,7 ßori&eiv bis 47,19 haioioAjuevov. Der Quatemio,
der ursprünglich der dritte war, ist jetzt vor dem zweiten
152 J. Haury
eingebunden. Weiter fehlt: 1163,17 xal nohxiUiv .\A& 83,20
nv&eodai (ein Quatemio), II 397,18 norafibv bis 400,14
fjLavxEiaq, 11418,2 (n6)kefxov bis 441,1 äyaUg, Mit 600,11
TtQoßeßkfj endigt der Codex und zwar am Schiusa der ersten
Seite eines Foliums. Warum der Schreiber nicht weiter-
geschrieben hat, lässt sich nicht feststellen.
Pierre Batiffol hat in den Melanges d*archeol. et dabist,
publ. par TEcole fran(. de Rome, IX* annee 1889, p. 28 ff.
ein Verzeichniss der griechischen Handschriften veröffentlicht,
die einst Aloysius Lollinus, der Bischof von Belluno besessen
hat. Darnach hatte dem Lollinus auch der cod. Vat. 1690
gehört. Von diesem Handschriftensammler sagt Batiffol p. 29
folgendes: LoUino etait n6 a Gortyne, en Crete, oü sa fa-
mille, une noble et riebe famille de la colonie v^nitienne
etait etablie depuis longtemps LoUino avait dans
tout le Levant venitien des parents et des amis ä son Ser-
vice pour acheter et faire copier. Lollino m^a communique,
ecrivait en 1583 Jean Buonafe au cardinal Sirleto, une ca-
talogue de livres qu^il fait copier dans le monastere de
Patmos par des copistes qu^il y a envoyes de Candie. Dar-
nach dürfen wir wohl annehmen, dass Lollinus den cod. 1690
aus der Levante erhalten hat.
2. cod.Vat. graec. 152, 0,210x0,147 aus dem U.Jahr-
hundert; er ist schön auf Papier geschrieben und gut er-
halten. Auf Fol. 1 — 141 haben wir den Perser- und Van-
dalenkrieg, auf Fol. 142 — 149 Plut. symp. Septem sapient.
von ri)v hog äxovovoav, avfuioolov de äQerrjv vo/iiCeig bis
TOT€ hrav'&a r(p üooEidcbvi jllev xavQov, ^Afi^pitQhfi de . .,
von Fol. 150 bis 319 den Gotenkrieg, von Fol. 320 bis 379
Agathias. Die ersten zwei Folien waren weggerissen bis
I 17,3 x^Q^'^ ^**'o. Das Fehlende ist von ganz junger Hand
ergänzt. Ebenso ist ein Teil, Fol. 137 bis 141, bei Dindorf
von I 521,15 an, am Schlüsse des Vandalenkrieges verloren
gegangen und von derselben Hand wie der Anfang ergänzt
Ueber Prokophandschriften. 158
worden. Die Quaternionenzahl ist fast überall noch vor-
handen. Der Perser- und der Vandalenkrieg sind von einer
Hand geschrieben. Aus dem Umstände, dass am Anfang des
Perserkrieges und am Schlüsse des Vaudalenkrieges Blätter
verloren gegangen sind, darf man schliessen, dass ursprüng-
lich der Perser- und der Vandalenkrieg für sich einen Band
bildeten und dass dieser erst später mit dem Qotenkrieg io
einem Bande vereinigt wurde. Der Gotenkrieg beginnt mit
Qaatemio a, ß u. s. w. und ist von mehreren anderen Hän-
den geschrieben. Format und Schriftcharakter der ganzen
Handschrift zeigen aber, dass sie aus derselben Zeit stammt
und wahrscheinlich von Anfang an zusammengehorte. Soweit
die Handschrift den Gotenkrieg enthält, ist sie von dem
cod. Vat. 1690 abgeschrieben, was durch folgendes bewiesen
wird: Der Schreiber des cod. 1690 hatte die Absicht, jedes-
mal wenn ein neuer Abschnitt folgte, dies nach gewöhnlicher
Sitte dadurch anzudeuten, dass er die neue Zeile mit einem
grossen, mit roter Tinte geschriebenen Buchstaben begann.
Diese Buchstaben schrieb er aber nicht mit dem übrigen
Texte, sondern er Hess dieselben zunächst aus, mit der Ab-
sicht, sie später nachzutragen, was er auch in den meisten
Fällen gethan hat; manchmal hat er aber auch vergessen,
es zu thun, weshalb heute noch an vielen Stellen ein Buch-
stabe fehlt. Dies hat der Schreiber des cod. 152 auch ge-
sehen und in der Regel die richtigen Buchstaben eingesetzt.
Einige Male hat er aber das Richtige nicht erkannt, so
II 162,11 ToTfi HOL xb OQog 6 Beßiog ifivxrjoaro. Im cod.
1690 haben wir am Anfang einer Zeile: fivxrjoaxo, ^E ver-
gasa der Schreiber mit roter Tinte nachzutragen ; der Schreiber
des cod. 152 merkte dies nicht und schrieb ebenfalls: fivHi]-
oaro, aber nicht am Anfang einer Zeile. II 310,1 lesen wir
im cod. Vat. 1690 am Anfang einer neuen Zeile und eines
neuen Abschnittes: nö tovtov töv xq^ov. Das 'Y, welches
später mit roter Tinte geschrieben werden sollte, fehlt. Der
154 J, Ha/wry
Schreiber des cod. 152 schrieb inb rovrov tov ;f^(Jvoy. Zu
beachten ist auch II 288,7 Tonüiag ^v rig, ^Hdißddov äve-
ynog, Im nkeiatov ivvioecog ijxcov xal ro dgaan^giov d>g
fidXicrta ix^'^ ^^^ i^6yov Iv For^oig jtoXXov St^iog, ovxog 6
TcorlXag Föt^cdv fxkv xrX. Da in dem cod. 1690 mit den an-
geführten Worten ein neuer Abschnitt und zugleich eine
neue Zeile beginnt, so haben wir dort: ovrlkag ^v statt Tov-
xiXag fjv. Im cod. 1690 findet sich nämlich immer TovxtXag oder
TovTxlXag statt TonlXag. Der Schreiber hatte vergessen, das T
nachzutragen. Gerade an dieser Stelle kommt aber der Name
TomlXag bei Prokop zum ersten Mal vor. Der Schreiber des
cod. 152 kannte daher diesen Namen noch nicht, wohl hatte
er aber in Prokops Gotenkrieg (II 150, 151, 158) öfter den
Namen KovrlXag gelesen, er schrieb deshalb an unserer Stelle
zuerst: xomlXng, was man noch deutlich erkennen kann,
korrigierte aber dann richtig: rovrlXag, als er aus dem un-
mittelbar folgenden Abschnitt, in welchem der Name Tov-
riXag sehr oft vorkommt, erkannt blatte, dass auch oben
rovxiXag zu schreiben sei. Wichtig ist dann noch die Stelle
11271,22. Der richtige Text heisst hier: TagfilaiSv re xal
€1 Ti äXXo ev Beverlaig öxvQCDfia fjv Ttagean^aaro, In dem
Codex X war ei n ausgefallen. Es fehlt deshalb in allen
Handschriften. Das Yerbum ^v passte dann natürlich nicht
mehr. Der Schreiber des Codex y hat es infolgedessen ein-
fach weggelassen, der Schreiber des cod. 1690 dagegen schrieb
das 1]v, das seine Vorlage bot, zuerst ab; als er es jedoch
geschrieben hatte, sah er, dass die Stelle nicht richtig sein
könne und machte aus ^v ein öv, was aber dann sehr un-
leserlich geworden war; er schrieb deshalb Sv noch einmal
an den Rand. Das 6v ist demnach sicher eine Konjektur
des Schreibers des cod. 1690. Da die Konjektur Sv statt des
richtigen ^v in dem cod. 152 im Text sich findet, so möchte
ich auch hierin einen Beweis erkennen, dass der cod. 152
von dem cod. 1690 abgeschrieben ist. Obwohl ich dies bald
Ueher Prokophandsehriften, 155
gesehen hatte, habe ich doch vom cod. 152 das ganze erste
Buch des Gotenkrieges verglichen. Da aber, was ja zu er-
warten war, der cod. 152 keine einzige bessere Lesart bot,
als der cod. 1690, so habe ich von da ab im cod. 152 nur
solche Abschnitte verglichen, die jetzt im cod. 1690 verloren
gegangen sind oder von vornherein fehlten.
Nachdem wir nun gesehen haben, dass der cod. 152
vom cod. 1690 abgeschrieben ist, so dürfen wir annehmen,
dass der cod. 152 den Text vom Gotenkrieg ursprünglich
nur soweit enthielt, wie der cod. 1690, nämlich bis Seite 600
der Dind. Ausgabe. Aber auch davon war ein Teil verloren
gegangen, so dass Fol. 308 zuletzt lag; infolgedessen wurde
dieses Blatt etwas beschädigt. Noch im 14. Jahrhundert
wurde der fehlende Teil des Gotenkrieges, Fol. 309 bis 319
incl. aus einem Codex nachgetragen, welcher der Klasse y
angehörte, selbst aber in der gleichen Weise, wie der cod.
Ambros. A sup. von II 609 bis II 628, wo die Klasse y eine
Lücke gehabt hatte, aus einer Handschrift der Klasse z er-
gänzt war. Als der cod. 152 den Gotenkrieg vollständig
enthielt, wurde er eingebunden. Dabei wurde der obere Teil
des Blattes 308, das, wie wir schon gesehen haben, etwas
Not gehtten hatte, auf beiden Seiten mit einem Papierstreifen
überklebt, der auch einige Worte bedeckte. Infolgedessen
war seit jener Zeit auf der ersten Seite (II 588,15): rd jiev
t(bv ijtntjdevjiidrcov Agiata ol Ttaidsg C^jköiev, auf der zweiten
Seite (II 590,15): rag Aißvfj jiQootjxovoag xaraXaßeTv dia
OTtovdijg elx€. aröXov ovv avxbta vrjcbv äyelgag xal OTQatevfia
Tovrcp iv&ifievog ä^ioxgecov ^g re Kovqoix^v xal ^agdo)
(niXket nicht mehr sichtbar. Alle Handschriften, in
denen genau die angegebenen Worte fehlen, stam-
men von dem cod. Vat. 152.
Im Jahre 1440 begann Flavio Biondo seine „Historiarum
Decades" zu schreiben. Zu diesem Zwecke musste er aber
einen grossen Teil der Quellen erst herbeischaffen. So hat
156 J, Haury
er, wie er im ersten Buch der Dekaden erzahlt, auch Pro-
kops Gotenkrieg nach Italien gebracht und ins Lateinische
fibertragen lassen. Vgl. Blondi Dec. I, Hb. 4 (Procopius) rerum
Justiniani imperatoris temporibus ubique gestarom scripsit
historias. In qnibus pars fait belli Italici adyersus Gothoe.
Eam vero partem graece scriptam nostra indostria nnper
habuit Italia Nos itaqae, cum perdiscendis literis Graecis
parum felices fuerimus, ipsam belli Italici historiarum par-
ticulam traduci in Latinitatem curavimus, non quidem man-
suram: sed solum modo talem, ex qua Procopii scripta scire
possemus in nostra historia confundenda. Exinde Leonardus
Aretinus, scriptor aetate nostra clarissimus, eandem belli Italici
adversus Gothos historiam decem et octo annos complexam
scripsit; quae ad principium finemque nihil plus habet quam
Procopius. Voigt (p. 172) nimmt an, Ghristoforo Persona
sei derjenige gewesen, der die Uebersetzung besorgt habe,
weil keine andere als die Personas aus jener Zeit bekannt
sei. Biondo sagt aber ausdrücklich : partem .... non man-
suram. Dazu kommt, dass der Text in dem Werke Biondos
mit der Uebersetzung Personas gar nicht übereinstimmt. Man
könnte nun auf den Gedanken kommen, Biondo, dem auch
Brunis Uebersetzung zur Verfügung stand, habe die beiden
ihm vorliegenden Uebersetzungen so verarbeitet, dass man
nur schwer unterscheiden könne, ob er die eine oder die
andere benützt habe. Von einer solchen Erwägung ausgehend,
habe ich Biondos Dekaden und den Gotenkrieg Brunis etwas
verglichen und habe gefunden, dass derselbe Biondo, der
Bruni tadelt, weil sein Gotenkrieg nichts anderes enthalte,
als was Prokop erzahle, mit rührender Gewissenhaftigkeit
das Werk Brunis ausgeschrieben hat. Man vergleiche fol-
gende Stellen: ^)
^) Vgl. Buchholz Faul, Die Quellen der «Historiarum Decades*
des Flavius Blondua. Naumb. 1881, p. 34. Die obigen Beispiele führe
ich an, am zu zeigen, mit welchem Verständnis Biondo seine Quellen
benützt hat.
Ueher IMkophanäächriften,
157
Blondi Dec. I, lib. 4.
Puit vero haec ratio obsi-
dionis. Gastra circum urbem
sex in locis posuerunt a Fla-
minia via usque ad Pene-
strinam.
His castris quinque urbis
portae obsidebantur et impe-
diebant vias, quae trans Tibe-
riin ferunt etc.
Blondi Dec. I, lib. 5.
Per hoc ipsum tempus
Datius MedioIaneDsis praesul
et cum eo cives quidam Medio-
lanenses ad Bellisarinm veni-
entes urbem Mediolanum in
potestatem imperatoris fore
dixerunt, si vel modicum
praesidium eo mittat.
Bruni, lib. I.
Eius obsidionis ratio haec
fuit. Gastra circa urbem sex
in locis posuerunt a Flaminia
via usque ad Praenestinam.
His castris quinque urbis
portae obsidebantur: addide-
runt postmodum septima castra
ultra pontem Milvium. Haec
ultima castra portam Aure-
liam obsidebant et impedie-
bant yias, quae trans Tiberim
ferunt etc.
Bruni, lib. U.
Per hoc ipsum tempus
Datius Mediolanensis praesul
et cum eo cives aliqui Medio-
lenses ad Belisarium yenientes
urbem Mediolanum in pote-
statem imperatoris fore dixe-
runt, si vel modicum praesi-
dium eo mittat.
Blondi Dec. I, lib. 5 und Bruni, lib. III.
Dum haec per Graeciam a Gothis geruntur, Totilas
novo exercitu in Picentes misso, Anconem terra marique ob-
sideri iussit (Bruni: mandavit). Duces vero praefecti (Bruni:
praefecit) huic expeditioni tres: Scipuarem et Ulidam (Bruni:
Udilam) et Gotildum (Bruni: Gothidilum), quibus etiam
classem attribuit nayium longarum quadraginta septem.
Der Text Biondos unterscheidet sich, wie wir sehen, von
der Uebersetzung Brunis hauptsächlich dadurch, dass er eine
grossere Anzahl von Fehlern enthält, wie sie eben in der
158 J, Haury
Regel von einem gedankenlosen Abschreiber gemacht werden.
In dem ersten Beispiele fallt bei Biondo der rasche Wechsel
des Subjekts auf: quinque urbis portae obsidebantur et im-
pediebant vias . . . Wenn wir den Text Brunis damit ver-
gleichen, so sehen wir, dass bei Biondo einige Worte aus-
gelassen sind, ob mit Absicht, lässt sich nicht einmal fest-
stellen, da ja diese Worte, die hinter obsidebantur (ur ist
abgekürzt geschrieben zu denken) stehen und mit obsidebant
schliessen, auch leicht durch ein Versehen ausfallen konnten.
Am stärksten ist aber im dritten Beispiel das falsche prae-
fecti statt praefecit. Wenn diese Fehler auf Rechnung
Biondos zu bringen sind, was noch zu untersuchen wäre,
dann kann man ihm kein Lob spenden.
Ich mochte nun noch ein wenig auf die Uebersetzung
des Gotenkrieges zurückkommen, die Biondo, wie er wenig-
stens behauptet, für sich anfertigen liess. Dieselbe ging nur
bis zur Belagerung Roms durch Vitiges. Sie war, soweit
sich dies aus den Dekaden Biondos beurteilen lässt, ganz
erbärmlich. Man könnte fast vermuten, Biondo, der sich per-
discendis literis Oraecis parum felicem nennt, habe überhaupt
nichts übersetzen lassen, sondern nur so manche Brocken aus
Prokop herausgelesen, dann aber, als ihm diese Arbeit zu
sauer wurde, einfach Brunis Uebersetzung abgeschrieben.
Die , Dekaden" Biondos habe ich eigentlich nur zu dem
Zwecke etwas angesehen, um festzustellen, welche von den
vorhandenen Handschriften der von Biondo in Anspruch ge-
nommene Uebersetzer benützte, da diese ja zweifellos iden-
tisch war mit jener, welche von Biondo nach Italien gebracht
worden war. Nach dem nun aber, was ich oben von den
Dekaden gesagt habe, lässt sich aus diesen gar nichts schliessen.
Ich kann deshalb nur soviel sagen: Wenn die von Biondo
beschaffte Handschrift sich noch unter den uns bekannten
Prokophandschriften befindet, so kann sie keine andere ge-
wesen sein, als der jetzige cod. Vat. 152, da man von allen
Ueher Prokojahatidschriften, 159
anderen (ausser dem schon besprochenen cod. Laurent. 69,8)
sagen kann, dass sie damals, als Biondos Dekaden geschrieben
worden, noch nicht in Italien waren. Es ist ja auch ohne-
dies wahrscheinlich, dass die Bücher Biondos nach seinem
Tode in die vatikanische Bibliothek kamen, da Biondo als
Sekretär im Dienste Ton vier Päpsten gestanden war. Biondo
starb im Jahre 1463. In dem 12 Jahre später vollendeten,
von Mdntz veröffentlichten Katalog der vatikanischen Biblio-
thek sind auch wirklich schon die Historien des Prokop auf-
geführt : ^) Procopius Gesariensis in Historia. Ex papiro in
nigro. Nach den von Mfintz ebenfalls veröffentlichten Aus-
leihregistern der vatikanischen Bibliothek ward dann (20 Jahre
nach dem Tode Biondos) der cod. 152 an Ghristoforo Per-
sona au^eliehen. cf. Müntz, p. 287: Ego prior S. Balbine
accepi a dno Bartbolomeo Aristophilo bibliothecario Proco«
piam historicum ex papyro in nigro cum Catone ^) die XXV
octobris 1481. Restituit VI septembris 1483. Daraus, dass
Persona die Prokophandschrift vom Jahre 1481 bis zum Jahre
1483 aus der vatikanischen Bibliothek entliehen hatte, ist
zu schliessen, dass er erst um diese Zeit den Gotenkrieg
übersetzt und dabei eben den cod. 152 benützt hat.
lieber die Uebersetzung Personas schrieb Joseph Scaliger
an David Höschel: Recte iudicas dignum esse Procopium,
qui edatur, et quia dignus, et quia male ab interprete ac-
ceptus est, qui et rd xaiQiwrara omiserit, et quae retinuit,
pessima fide converterit. Nam et finem Belli Gotthici iusto
pene volumine fraudavit. Das Urteil Scaligers haben der
Reihe nach sämtliche Herausgeber Prokops in der Vorrede
abgedruckt. Alemannus geht sogar so weit, dass er aus dem
^) Mfintz Eagbne et Fabre Paul, La bibliotheque du Vatican
aa XV« Bi^cle in: Bibliotheque des äcoles fraxi9ai8e8 d'Athbnes et de
Rome, fasc. 48, p. 228.
*) Hier hat der Herausgeber der Ausleihregister doch wohl
falsch gelesen; ich vermute cum catena statt cum Catone.
160 J, Haury
Umstand, dass Persona einen grossen Teil weggelassen hat,
den seiner Ansicht nach sicheren Schlnss zieht, er habe die
vatikanische Handschrift nicht benützt, obwohl er Pr&fekt
der Bibliotheca Vaticana gewesen sei. Wieweit der Tadel
Scaligers wegen der Verkürzung des Gotenkrieges und die
Schlussfolgerung des Alemannus berechtigt ist, zeigt folgende
Untersuchung. Das sogenannte 4. Buch des Gotenkrieges
umfasst bei Dindorf 183 Seiten (S. 461 bis S. 643). Von
S. 461 bis S. 569 hat Persona überhaupt nichts übersetzt,
auch 602,3 bis 606,18 hat er ganz weggelassen. Dies alles
gehört aber auch nicht zum Gotenkrieg. Prokop hatte zu-
erst die verschiedenen Kriege bis zum Jahre 550 dargestellt.
Im Jahre 554 wollte er den Perser- und den Gotenkrieg bis
zu diesem Jahre noch ergänzen. Da er aber seine früheren
Werke schon veröffentlicht hatte, so konnte er, was vom
Perserkrieg noch übrig war, nicht mehr an den Perserkrieg,
und was vom Gotenkrieg noch weiter zu schreiben war,
nicht mehr an den Gotenkrieg anfügen. Deshalb entschloss
er sich, alles in einem einzigen Buche nachzutragen ; cf. II
461,6 YQdfA^aoi ydiQ xoXg ig rö näv deStjXco/jiivoig oixhi
elyov rä Iniyivdfxeva ivag/LiöCBO'^ai, diX* ooa xatd rohg noki-
fiovg Tovode yeyovivai ^vvißt], hi fievroi xal ig r6 Mtjdcov
yhog, ineid}] rovg ejimQOO^ev Xöyovg i^rjveyxa, iv xipdi juoi
Titi koyqy Tidvta yeyQdyferai, laroglav re avrwv indvayxeg Ttoi-
xlXrjv ^vyxeTo'&ai, Die Imogia TioixlXfj darf man sich nun
aber nicht so vorstellen, dass bald ein Stück vom Perser-
krieg, bald ein Stück vom Gotenkrieg kommt, sondern zu-
erst ist von S. 461 bis S. 569,4 der Perserkrieg und von
569,4 6 dk Fox^ixog jiolefiog i<pEQBXo a>de an bis zum Schlüsse
des Buches (S. 643) der Gotenkrieg dargestellt. Von 602,3
bis 606,18 ist eine Episode eingeflochten, die mit dem Goten-
krieg ebenfalls nichts zu thun hat. Das 8. Buch der Historien
zerfallt also in zwei ungleiche Hälften: über 108 Seiten
treffen auf den Perserkrieg, etwas mehr als 70 Seiten auf
üeher Prokophandschriften. 161
den Gotenkrieg. Die Bücher der Historien Prokops folgen
chronologisch auf einander. Nur aus diesem Grunde folgt
das 8. Buch auf das 3. Buch des Gotenkriegs. Wenn Prokop
zuerst den Gotenkrieg, dann den Vandalen- und Perserkrieg
geschrieben hätte, so i¥ürde das 8. Buch heutzutage wahr-
scheinlich das 3. Buch des Perserkrieges genannt werden.
Wenn nun der Italiener Persona Ton dem 8. Buche das
nicht übersetzte, was eigentlich gar nicht zum , Gotenkrieg
in Italien* gehörte, so dürfen wir ihm ebensowenig einen
besonderen Vorwurf machen wie Coste, der in unserer Zeit
in der Sammlung: »Geschichtschreiber der deutschen Vor-
zeit' den Gotenkrieg übersetzt und dabei alles weggelassen
hat, was nicht zur , deutschen Vorzeit' gehört. Und eben-
sowenig wie wir yermuten, die Ausgabe, die Coste benützte,
sei lückenhaft gewesen, dürfen wir annehmen, jene Hand-
schrift, nach welcher Persona übersetzte, habe nicht den
YoUstandigen Text geboten.
Einmal ist nun doch in der Uebersetzung Personas etwas
ausgefallen, was für einen Italiener Interesse haben musste,
nämlich die Erzählung von dem Schiffe des Äneas II 572,19
bis 573,18. Dieser Abschnitt muss also wohl in der grie-
chischen Handschrift des Persona gefehlt haben; er fehlt
wirklich in dem cod. Vat. 152. Es sprechen demnach viele
Gründe für die Annahme, dass Persona die vatikanische
Handschrift benützt hat, kein einziger spricht dagegen.
3. Der cod. Vat. 1301. Er enthält den Gotenkrieg
und wurde gegen das Ende des 14. Jahrhunderts von ver-
schiedenen Schreibern geschrieben. Ich brauchte mich mit
dieser Handschrift nur wenig zu beschäftigen, da ich sehr
bald erkannte, dass sie vom cod. Vat. 152 abgeschrieben
ist. Es hatte nämlich der Schreiber des cod. 152, in
gleicher Weise wie der des cod. 1690, wenn neue Ab-
schnitte kamen, den ersten Buchstaben der folgenden Zeile
169& Bitnmgsb. d. phU. n. hlat OL 11
\
162 /. Haury
zunächst weggelassen, mit der Absicht, diesen spater mit
roter Tinte nachzutragen; aber auch er hat, und zwar noch
viel öfter als der Schreiber des cod. 1690 vergessen, dies
zu thun. An solchen Stellen haben nun die Schreiber
des cod. 1301 zu verbessern gesucht, sie haben aber
dabei manchmal sehr wenig Glück gehabt. So haben wir
II 26,2 einen neuen Abschnitt, am Anfang der Zeile steht
im cod. Yat. 152: ervxv^^ ^^^^ ^^ ^^ Prokop so häufig
vorkommenden tervx^^^f natürlich ohne Spiritus, weil ja T
mit roter Tinte nachgetragen werden sollte. Der Schreiber
des cod. Vat. 1301 machte daraus: ehv/jjxe, U 47,2 hat der
cod. Yat. 152 am Anfang eines neuen Abschnittes ei/idßievoi,
der Schreiber des cod. 1301 schrieb zuerst: eijudßisroi, dann
kam ihm aber doch noch ein besserer Gedanke und er kor-
rigierte: deiiitdjuevoL II 47,11 haben wir im cod. 152 fxfixava,
VI sollte nachgetragen werden. Dass immer nur mit einem
einzigen Buchstaben nachzuhelfen ist, das hat der Abschrei-
ber nicht begriflFen; er verbesserte: exfi//yava. 1173,15 hat
der cod. 152 am Anfang eines neuen Abschnittes und einer
Zeile: ne^ixpe, *B war nachzutragen. Im cod. 1301 ist zu
lesen: Tii^ix^^e. In ähnlicher Weise findet sich II 33,18 im
cod. 152 Tieoov statt: ^Tzeoov, im cod. 1301 dafür :i€odv.
Dazu kommt nun noch folgendes: Ich habe bei Besprechung
des cod. 152 gesagt, dass auf beiden Seiten des Fol. 308 eine
Anzahl von Worten nicht mehr sichtbar ist. Genau die-
selben Worte, von denen ich angegeben habe, dass sie vom
Buchbinder überklebt und nicht mehr sichtbar sind, fehlen
im cod. 1301; der Schreiber hat dafür freien Raum gelassen,
woraus mit Sicherheit hervorgeht, dass jene Worte schon im
14. Jahrhundert tiberklebt waren und dass der cod. 1301
vom cod. 152 abstammt. Auch den letzten Teil vom cod. 152
(Fol. 309 bis 319 incl.), der später nachgetragen worden ist,
hat der Schreiber des cod. 1301 abgeschrieben. Im cod. 152
war hier sehr klein und manchmal sehr undeutlich geschrie-
Üeher Prohophandschriften. 163
ben, was von dem Abschreiber falscli gelesen wurde. Man
vergleiche folgende Stellen:
II 601,3 im cod. 152: SXcog, das Zeichen für co? schlecht
geschrieben, cod. 1301: 5kovg. 11601,15, cod. 152: oXfyovg,
die Abkürzung ovg schlecht geschrieben, cod. 1301: dUyrj.
II 607,8, cod. 152: Tiafifibctco, x sehr schlecht, cod. 1301: Jia/i-
^luoroj. II 611,3, cod. 152: ^töv riva, grf sehr schlecht geschrie-
ben, der Schreiber von 1301 konnte dies absolut nicht lesen
und zeichnete das ^ seiner Vorlage so ungefähr nach, was
dann der Schreiber des cod. Paris. 1703 und der Schreiber
des cod. Paris. 1699 erst recht nicht verstehen konnten; in
den Ausgaben ist das §f] dann weggeblieben und wir haben
das sinnlose rov dafür. II 623,12, cod. 152 richtig, aber un-
deutlich geachriehen: .evxoojbilq, cod. Vat. 1301: dixoo/xlq,
ebenso cod. Paris. 1703: dixoa/Litq, woraus im cod. Paris. 1699
von späterer Hand diaxoofilq gemacht ist, was wir auch in
den Ausgaben haben. II 626,5, cod. 152 richtig: &g titj,
cod. 1301 &aneQ, ebenso nacheinander der cod. Paris. 1703,
der cod. Paris. 1699 und die Ausgaben.
Nach dieser Auseinandersetzung ist klar, dass der cod.
Vat. 1301 für uns durchaus keine Bedeutung hat. Er gehörte
einst zur Bibliothek des Fulvio Orsini. Die Randbemerkungen,
die aber nur Inhaltsangaben sind , hat nach Nolhac ^)
Karteromachos geschrieben. Der Codex muss also schon im
Anfang des 16. Jahrhunderts in Italien gewesen sein, da
Karteromachos um diese Zeit gelebt hat.
Vorn ist im cod. Vat. 1301 ein früherer Besitzer an-
gegeben : t6 JiaQÖv ßtßUov rscogyiov rov KavraxovCtjyou,
Georg Kantakuzenos war wenig bekannt. Nur in einer Hand-
^) Nolhac, Pierre de, La bibliotheque de Falvio Orsiui, p. 180:
Les manuscrite simplement possedds ou anoot^s par Cartäromachos
8ont les BuivanU: 1301, Procope de plusieurs mains du XIV® siecle,
avec des renvois et sommaires marginaux de Dotre savant.
11*
164 J, Hawry
Schrift, nämlich im cod. Palat. graec. 278 habe ich den Namen
noch einmal gefunden. Eantakuzenos wird dort hdo^&iaxog
äQXioTQaTfjyög genannt und muss um die Mitte des 15. Jahr-
hunderts gelebt haben. Vgl. unten p. 166 ff.
4. cod. Paris. 1703, von II 328,3 eüov an. Dass dieser
Teil vom cod. Vat. 1301 abgeschrieben ist, geht daraus her-
vor, dass in demselben sich alle Fehler finden, die der
Schreiber des cod. Vat. 1301 beim Abschreiben gemacht hat.
Auch hat er II 588,15 und II 590,15 die gleichen Lücken,
wie der cod. Vat. 1301.
5. cod. Paris. 1699. Diese Handschrift gehört genau
soweit zur Klasse s^^ wie der cod. Paris. 1703, da sie von
diesem abgeschrieben ist. Vgl. oben p. 138.
6. cod. Venet. 498 ist sehr gut erhalten, enthalt den
Perser- und den Vandalenkrieg. Auf der ersten Seite steht
X
unter anderem: ügoxÖTtiog BrjoaaQlcovog xaQdtjvd, rov xwv
Tovoxfov, Der Codex hat 204 Folien. Am Schlüsse steht:
dö^a ooi 6 'äeog xai ndliv d6^a aoi, Öö^a np nargl xal x(p
vl(p xal Tip äylcp nvevfiaii, vvv xal äel xal elg xovg alcbvag
TQ>v ald>vo)v, äjUTjv, äfiijv, &fir}v, tzeXeuiy&rj fj nagovaa ßlß-
Xog did x^^^^ ä/LiaQxcoXov MavovijX xov üayxQaxlov /uirjvl
^ÄTtQdXlcp Irj, ^/ii^Qq^ TiaQaaxevfj , Ivd, ly. Die Handschrift
wurde also am Freitag den 18. April der 13. Indiktion ge-
schrieben. Ich habe ausgerechnet, dass im Jahre 1360 ein
Freitag, der 18. April und die 13. Indiktion zusammenfielen.
Nach einer Tabelle, die ich mir angelegt habe, trafen diese
Daten alle 45 Jahre, also auch 1315 und 1405, zusammen.
Da unsere Handschrift ungefähr in die Mitte des 14. Jahr-
hunderts zu setzen ist, so muss sie am 18. April 1360 ge-
schrieben sein. Von unserem Mavovrjk xov UayxQaxlov ist
auch der cod. Paris. 2210 geschrieben. Wenigstens führte
der Schreiber dieses Codex denselben Namen. Daraus, dass
Üeher Proltopkandschriften, 165
Omont in dem Katalog der Pariser Bibliothek bei Besprechung
dieser Handschrift zwar die genaue Jahreszahl angibt: Copie
en 1357 (?) par Manuel Pancrace, aber doch ein Frage-
zeichen hinzusetzt, schliesse ich, dass auch in der Pariser
Handschrift ganz in derselben unzureichenden Weise wie im
cod. Marcian. Venet. 498 angegeben war, wann sie geschrieben
wurde, und dass Omont durch ähnliche Berechnung, wie ich
sie angestellt habe, das Jahr 1357 festgesetzt hat.
Qanz die gleiche Bemerkung wie im cod. Marcian. 498
finden wir im cod. Bodleianus Barocc. 135: ixeXeiüy&fi fj na-
Qovoa ßlßkoQ 6iA x^^Q^^ &fiaQT(oXov Mavovijl tov Ilay lov
fjLYivl 'lavovagUp, xe ^/^^^a Ivd. . . Daraus ist zu sehliessen,
dass auch diese Handschrift, die in dem Katalog der Bibl.
Bodl. in den Anfang des 15. Jahrhunderts gesetzt wird, von
demselben Manuel geschrieben ist, wie der cod. Marcian. 498.
Auf der letzten Seite unserer Prokophandschrift finden
wir eine Notiz, die schon zweimal veröffentlicht worden ist,
einmal von Morelli in seinem Katalog der Marciana und ein
zweites Mal von Sp. Lampros in der Byzantinischen Zeit*
Schrift III 1, p. 166. Beide Gelehrten haben jedoch die
Unterschrift nicht genau mitgeteilt. Morelli hat gelesen:
ArifAriTQioq Adoxaqig, Lampros erklärte, es könne nur Arjfi'q-
TQiog noch gelesen werden, der übrige Teil sei nicht mehr
zu entziffern. Die Unterschrift ist aber noch deutlich er-
kennbar und lautet: Arj^'^rgiog 6 AeovrdQtjg^) (6 AeovrdQtjg
ist Monokondjlion). Demetrius Leontares hiess eigentlich:
Demetrius Laskaris Leontares. Dieser Name wird auch bei
1) AeovxdQfis ist von der bei Phrantzes 890,21 und 405,19 ge-
nannten Stadt AeoyxdQi oder Aeortagiov, dem heutigen Leondhdri auf
der Halbinsel Morea abgeleitet. Laonik. Ghalkokond. sagt, Leontari
heisse das frühere Megalopolis. cf. Laonik. Chalk. 457,15 xal ig tr^v
MeyaXojtoXiy, xo vvv Xsyofievov ÄeovxaQioVf avveXeyovxo. Das heutige
Leondhiri liegt jedoch eivige Stunden von dem alten Megalo*^'^'*
entfernt.
166 -T Haury
Phranizes und öfter bei Dnkas genannt cf. Dukas 79,8
(6 ßaadevg Mavovi]X) töiede (im Jahre 1402) ArjfitjTQtor roy
Aeovtdgiv, ävÖga ovverov xai jieoi rd noXefuxa evaiooffov.
Dakas 118,2 ArifArjxqiog dh Adoxagig 6 Aeondgig tpiloier^aag
avxohg xxL Dukas 133,15 (6 ßaodevg Mavovrik) jueraxcddrai
(1421) AfifiriTQiov AdoxaQtv röv Aeovtdgiov, &vdga xal Ag
XQt] elneiv aigaxriybv yewaiov, evSoxi/ii^oavTa hß xb Aaxeöai'
[xoviq xal Ssxxakla x6 tiq&xov. Im Jahre 1422 unterhandelte
er mit Mustapha. Von da ab habe ich den Namen Deme-
trius Laskaris Leontares nur noch in solchen Handschriften
gefunden, in welche, da sie' einmal einem Demetrius Laskaris
gehört haben oder wenigstens von ihm gelesen worden sind,
diesbezügliche Notizen eingetragen wurden. Zu den Hand-
schriften, welche ein Demetrius Laskaris besessen hat, zählt der
cod.Vat. reg. 6. Im cod. Palat. graec. 278, Fol. 174^ finden wir
folgendes: x6 nagtov ßißXlov vjidgxf) xov hdo^oxdxov dgxi-
axg(axfjyov) xvgov yecogyflov) xov xavxaxovCv^oV' iveivxov 6k
amog xovro iv xco o/ieviegoßq) h /itjvi fxattp Xd, ivd. /f. xov
g<]^ß' erovg (= 1454): drjfii^xgiog Xdoxagig 6 hovxdgt^g. In
dem Katalog der vatikanischen Bibliothek ist gesagt, diese
Angabe sei unterzeichnet: drjjutjxgiog Xdaxagig 6 voxdgiog. Ich
hatte jedoch Gelegenheit, die Handschrift einzusehen und
habe gefunden, dass dijßirjxgiog kdaxagtg in gewöhnlicher
Schrift geschrieben ist und dass dann das nämliche Mono-
kondylion folgt, das wir im cod. Marcian. 498 haben. Weiter
findet sich der Name Demetrius Leontares in dem cod. Paris.
1C39. Dieser wurde nämlich für Janus Laskaris von Deme-
trius Leontares im Jahre 1474 geschrieben. Sehr wichtig ist
auch der cod. Laurent. 55,4. Derselbe gehörte einst einem
Demetrius Laskaris Leontares, der sehr viele Notizen ein-
geschrieben hat, z. B. es sei ihm im Jahre 1407 der erste
Sohn AtjjutjTQiog 6 AeovrdQrjg geboren worden; dieser sei
aber bald gestorben. Im Jahre 1419 habe dann ein anderer
Sohn Arj/LLfjxQiog 6 Aeovrdgtjg das Licht der Welt erblickt.
lieber Prokophandschriften. 167
Man kann nun nicht annehmen, dass mit dem in den an-
geführten Stellen vorkommenden Namen Demetrius Laskaris
ein und dieselbe Person bezeichnet werde. Ich habe ausser
dem cod. Marcian. 498 auch den cod. Yat. 278, den cod.
Laurent. 55,4 und den cod. Paris. 1639 eingesehen und ge-
funden, dass das Monokondylion für 6 Aeovxdgrjg in dem cod.
Laurent. 55,4 sehr schlecht, in den übrigen Handschriften
dagegen von kräftiger und sicherer Hand geschrieben ist.
Man muss deshalb annehmen, dass der cod. Laurent. 55,4
dem bei Phrantzes und Dukas genannten Demetrius Laskaris
gehört hat, die Notizen in den anderen Handschriften da-
gegen von dem Sohne demselben geschrieben sind. Der jüngere
Demetrius war also im Jahre 1419 in Konstantinopel
geboren, cf. cod. Paris. 1639, Fol. 103: heXcKo^ x6 nagov
ßißiiar . . . diä x^^QOS ifwv Ar^ßiTjXQiov Aeovragiov tov ix t^^
Kcovarayiivovndiecog, Er scheint sich dann mit Unterbrech-
ungen in Konstantinopel bis zur Eroberung dieser Stadt auf-
gehalten zu haben. Am 31. Mai 1454 befand er sich nach
der oben angegebenen Notiz des cod. Palat. graec. 278 iv reo
OßievTOQÖßcp, Dieses afievxÖQoßov wird bei Phrantzes 386,10
genannt: xal 6 äfitjQäg Mejuerrjv tov avrov ^iJieTjkeQjuJThjv
idtÖQiaev Tva, el dvvarov f^v, fiex eiQt'jvrjg xö SixevxoQoßov
xal näoav dt] xfjv Zeqßiav fiex* elQ^]vt]g kdßn. Zweifellos ist
ü/uvxoQoßov identisch mit dem von Dukas genannten Zfif-
ÖQoßov. cf. Dukas 206,3 akrjoag kvoiv xov oixodofiijoai no-
XL^viov iv xfl äxxfj xov Aavovßewg, dedcoxev avrrjv 6 Morgdr.
Sfxevxdqoßov oder HfiiÖQoßov hiess das im 15. Jahrhundert
von Georg Brankowitsch befestigte Smederevo oder Semen-
dria und war die Hauptstadt von Serbien. Wir wissen
nun aus Dukas, dass der Fürst von Serbien eine grosse An-
zahl von Vornehmen, die bei der Eroberung von Konstan-
tinopel in Gefangenschaft geraten waren, loskaufen liess.
cf. Dukas 314,20 x(p JiQmxcp ovv hei Avyovorco jiit]vl ek^ovxeg
ol xov deonatov J^egfiiag, xal nagadovreg xd xe^Q^^oorrifiEva
168 J, Saury
rikrj, inolfjoav xai /j^ydkrjv ilerj/ioo'övriv h xfj ^AdQiavovnoXei
TiagayyelXag yäg avrdig 6 deon&cqg recjgyiog l^rjyoQaaav
fiOvaoTQiag veag xal yrjgalag, ioyg ixaröv ^lev^igcooe, xai ol
x(ov hxlfKov xal Ix yivovg TiaXaxlov ndvteg avQQSOvteg alxfid-
Xanoi iv JJegßlq Ikdjußavov xal jrag* avrov xal nagä xfjg
ßaaiUaatjg xd Jtgdg i^ayogaoiag iq?6dia Svexa ikerjfwovvT^g.
Da nun Demetrius Leontares in den cod. Palat. graec. 278
hineingeschrieben hat, dieser gehöre dem Georg Eantakuzenos
und er selbst habe die Handschrift am 31. Mai 1454 in
Smederevo, der Hauptstadt Serbiens angetrofifen, so schliesse
ich daraus, dass sowohl Eantakuzenos als auch Demetrius
Leontares zu den Vornehmen gehörten, die von dem Fürsten
von Serbien losgekauft worden waren und dass Eantakuzenos
jene Handschrift nach Smederevo gebracht hatte. Demetrius
Leontares begab sich dann, wie wir aus der Notiz im cod.
Marcian. 498 xd nagbv ßißXlov vndgxrj ix x^g d'&Xlag Meya-
koTtokeoig, TiiJigaoxöjLievov dh iv xfj ^Qgearidii], &VYj'&kv (?)
nagd xvgiov 'AXeiiov ^gavxCfj xov ^eßaaxonovXov, ivtvxdiv
de xal avxdg x6 xoiovxov iv avxff xfj evdcU/iovi X^Q9f ^^^'
OV
yvcov avxoj, iv jüirjvl ^lavovaglco id\ Ivb, y xov g^^y hovg . .
erkennen, bald nach Adrianopel. 'Ogeoxidg ist ja nur eii
anderer Name für Adrianopel, die damalige Hauptstadt der
Türkei, cf. Laonik. Chalkok. 31,21 xaVOgeoxidöa xrjvAdgia-
vovTtoXiv xaXovftevr]v iXavvcov inoXiogxei, Zonaras II 251
(Pariser Ausgabe) ovxog xolwv xrjv 'Ogeoxidda olxcov, ovxco
ök ndXai Yi noXig ixaXeixo xov ßaotXecog 'ASgiavov .... In
Adrianopel wurde der cod. Marcian. 498, der aus Eonstan-
tinopeP) stammt, im Januar des Jahres 1455 von einem
Alexius Phrautzes gekauft. Zu dieser Zeit befand sich Georg
^) Mit: in jfjg ä&Xlas MsyaXojtoleojg muss hier Eonstantinopel
gemeint sein, das oft Megalopolis genannt wird. Das alte Megalo-
polis war damals noch nicht in den Händen der Türken; für dieses
würde also d&X{a nicht passen.
Ueher Prohophandschriften. 169
Phrantzes ebeofalls in Adrianopel. Er^ erzählt uns nämlich
p. 383 f., er sei nach Leondhari zu dem Despoten Paläologos
gekommen, dieser habe ihn nach Serbien geschickt; später
sei er nach Adrian opel gegangen, 384,18 Tva Tovg otxelovg
fiov aixf^ciicoTio&ivrag l^ayogäoco. Im Februar 1455 ver-
liess er Adrianopel wieder, noXXä xaxona&ijaag xal xatava-
Xcoaag iv rfjde xfj &nodt]^[a. Damach halte ich für sehr
wahrscheinlich, dass unser Alexius Phrantzes, der im Januar
1455 in Adrianopel eine Handschrift kaufte, mit Georg
Phrantzes verwandt und mit diesem nach Adrianopel ge-
kommen war oder von ihm daselbst losgekauft wurde. Der
Name Alexius ist ja in der Familie des Georg Phrantzes
beliebt gewesen, was wir aus dem Umstände erkennen, dass
dieser zwei Söhnen den Namen Alexius beigelegt hatte,
cf. Phrantzes 192,15, 195,11. Ein Sohn des Georg Phrantzes
kann aber der im cod. Marcian. 498 genannte Alexius nicht
sein, da jene beiden Söhne desselben früh gestorben waren.
Von Brüdern und Vettern spricht Phrantzes p. 110, p. 125
und p. 126. Leider nennt er von keinem den Vornamen.
Von dem cod. Marcian. 498 will ich nun nur noch so
viel sagen, dass er auf dieselbe Handschrift zurückgeht, wie
der cod. Vat. 152, aber nicht so gut ist, wie die vatikanische
Handschrift und somit neben dieser nicht sehr viel Bedeu-
tung hat.
7. cod. Ambros. 6 14 sup. und
8. cod. Vat. graec. 1001. Dass die beiden Handschriften
zur Klasse a gehören, beweist der Umstand, dass sie ganz
dieselben Lücken haben, die, wie ich oben gezeigt habe, in
aämtlichen Handschriften der Klasse £f \rorhanden sind. Da
sie unter einander ziemlich übereinstimmen, aber an vielen
Stellen von den übrigen Handschriften der Klasse z ab-
weichen, so müssen sie auf einen und denselben, nicht mehr
vorhandenen Codex zurückgehen. Der cod. Ambros. G "^
170 J, Haury
sup. *) enthält sehr wenig von dem Perser- und Vandalen-
krieg. Wichtiger ist zunächst für uns der cod. Vat. 1001,
0,170^0,097, aus dem 14. Jahrhundert; er enthält zuerst bis
Seite 100 die Geheimgeschichte und von Fol. 101 bis Fol, 187
den Perserkrieg, dann haben wir von Fol. 188 bis Fol. 193:
^ÄQioTeidav QrjxoQog tieqI öjuovoiag, von Fol. 194: bis zum
Schlüsse (Fol. 201):*) xov ^eydiov BaoiXelov Xoyog Jigog
Tovg viovg. Von der Geheimgeschiehte ist ein grosser Teil
des ersten Blattes weggerissen, auch das Ende derselben, von
III 1C1,16 Xdyov an fehlt, ebenso der Anfang des Perser-
krieges. Der Codex (bombycinus) ist ziemlich gut geschrieben.
Die Quaternionenzahl ist noch vorhanden, der letzte Quaternio
trägt die Nummer x. Alles, was die Handschrift von Prokop
enthält, ist von derselben Hand geschrieben. Sie war ein-
mal ganz auseinandergerissen; als sie wieder gebunden
wurde, mussten einige Blätter mit Papier überklebt werden,
damit sie zusammenhielten. Aus dieser Handschrift gab Ale-
mannus zum ersten Mal die Geheimgeschichte heraus. Viele
Notizen sind in derselben vorhanden, besonders Konjekturen,
als solche durch das beigesetzte N. A. == Nicolaus Alemannus
bezeichnet. Auch Varianten sind eingeschrieben, denen immer
„Pin.* hinzugefügt ist. Dieses »Pin." kann nur Pinellianus
bedeuten, da Alemannus in der Vorrede zu seiner Ausgabe
angibt, er habe einige Excerpte aus dem „verlorenen* liber
Pinellianus von Petrus Pithoeus und Guido Pancirolus er-
^) Am 25. August 1575 schrieb Pinelli an Fulvio Oraini: V. S.
mi dica con suo commodo se costa in Koma sia Procopio greco de
bello Yandalico che corrisponda al latino stampato, per che n'ho
visto nn molto epitomato. Mit den letzten Worten meint Pinelli
sicherlich den cod. Ambrosianns (Pinellianus) G 14. Die Stelle aas
dem Briefe Pinellis habe ich gefunden bei: Noihac, Pierre de, La
bibliothbque de Fulvio Orsini. Paria 1887, p. 426.
^j Der Codex hat eigentlich nur 151 Folien, von 1 bis 100 ist
die Zahl der Seiten, von da mit fortlaufenden Nummern 101, 102
u. s. w. die Zahl der Folien angegeben.
Ueher Prokophandschriften. 171
halten. Im Anfang der Gebeimgeschichte war manche Stelle
infolge von Rostflecken nicht mehr sichtbar. Diese hat Ale-
mannns aus dem cod. Vat. 16 ergänzt. Auf dem ersten Blatt
lesen wir den Namen eines froheren Besitzers: Joannes
Jonius, Canonictis Sebenicensis. Auf der vorletzten Seite
steht: ro Ttagdv ßißklov fjv tqv ßeoloylrov. Ixeivog de dji-
€X(^Q(oaxo xovto JiQog xov naxiqa jnov.
In dem cod. Vat. 1001 findet sich ein Fehler, der öfter
wiederkehrt und zwar zweimal in der Geheimgeschichte III
102,5 äneg fioi h xdtg ejujiQoo'&ev loyoig keXiS^ai ^) und
III 111,11 ^Eöeoaav /Jikv yäq ZxiQxbg biixXvoag 6 noxafiog
pivglcov drjjLiiovQydg xoig ixelvfj d.r&Q(x>noig ovfxq)OQ(bv yiyovtv,
&g iJLOt iv xdig IfmQoa'&ev Xöyoig yeyQdipexai und zweimal im
Perserkrieg I 116,14 iv xoTg e/Lmgoo^ev löyoig yeyQdipsxai
und I 137,8 h xoTg efiTtgoo'&ev leXi^exai Xöyoig. Da an den
beiden Stellen des Perserkrieges alle übrigen Handschriften
der Klasse y und z — zu der letzteren gehört der cod. Vat.
1001 — Snio&tv haben, so folgt daraus, dass diese Lesart
von Prokop herrührt und dass in der Handschrift, von wel-
cher der cod. 1001 abstammt, von einem Schreiber oder von
einem gelehrten Leser immer e/LLjiQoodev dafür geschrieben
wurde, weil in späterer Zeit mit efingoa^ev auf das folgende
Bezug genommen wird.*) An den beiden angeführten Stellen
der Geheimgeschichte findet sich nicht nur im cod. Vat.
1001, sondern in sämtlichen Handschriften der Geheim-
geschichte, die auch viele andere Fehler gemeinsam haben
und somit auf einen einzigen Codex zurückgehen, die Lesart
ffinQoc&ev» Daraus folgt, dass schon in jenem Codex, von
welchem unsere Handschriften der Geheimgeschichte ab-
stammen und den ich mit r bezeichne, die Aenderung von
^) cf. ßrann, Die Nachahmung Herodots durch Prokop. Progr.
des alten Gymnasiams zu Nürnberg. Nürnberg 1894, p. 17.
^) Lobeck machte diese Beobachtung und führt Phrjn., p. 11
eine Reihe von Beispielen an.
172 J, Haufy
Snuy&ev in eusiooodtv TOi^enoniinen war. Wenn wir nun
annehmen, dass £ßi:ri2oa&€v an sämtlichen vier Stellen auf
ein nnd denselben Schreiber oder Gelehrten zurnckzaRihren
ist, so mnss jene Handschrift r anch schon den Perserkrieg
enthalten haben; von ihr stammt der cod. Vat. 1001 und
der cod. Ambros. G 14 snp. ab.
Die Beobachtung, dass in dem Codex r Aenderungen
vorgenommen worden sind, ist besonders wichtig für die
Textkritik der Geheimgeschichte, wofür sich noch ein sehr
weites Feld bietet.
Ceber die oben angeführte Stelle der Geheimgeschichte
III 111,11 muss ich noch besonders sprechen. Wahrend
nämlich hier sämtliche Handschriften, sogar der cod. Vat.
1001, auf welchem die erste Ausgabe des Alemannus beruht,
yeyQdxperat bieten, findet sich in der Dind. Ausgabe yiyQOJtiai,
dabei ist yeyoäifenai nicht einmal als Variante angegeben.
Die Stelle war daher für mich sehr unangenehm, als ich im
Jahre 1891 nachwies,*) dass die Geheimgeschichte schon im
Jahre 550, also vor den Bauwerken (560) geschrieben sein
müsse. Dahu, dessen Arbeiten über Prokop ich manche An-
regung verdanke, erkannte die Gründe, die ich als Beweise
vorgebracht hatte, vollständig an, hielt aber entgegen, dass
Prokop in der Geheimgeschichte 111 111,11 sich nur auf die
Bauwerke III 228,17 ff. beziehen könne, wo er ausführlich
von der Zerstörung Edessas durch den Skirtos berichte,
während wir in den Historien kein Wort davon lesen, dass
also die Geheimgeschichte nach den Bauwerken geschrieben
sein müsse. Da nun feststeht, dass yeyQd^fetai die richtige
Lesart ist, muss man die Ansicht Dahns, dass sich Prokop
in der Geheimgeschicbte HI 111,11 auf die Bauwerke be-
ziehe, als richtig anerkennen, durch das in den Handschriften
^) cf. Haury, Procopiana. Progr. des K. Realgymnasiums Augs-
burg. Augsburg 1891, p. 9 ff.
Ueber Prohophandsehriften. 173
fiberlieferte yeyQdtpetai wird aber dann bestätigt, was ich
schon früher für absolut sicher hielt, dass Prokop die Ge-
heimgeschichte vor den Bauwerken schrieb.
Durch die Stelle III 111,11 erweist sich jetzt auch das
als richtig, was ich schon in meinem Augsburger Programm
(p. 18 und 28) auf Grund einer Konjektur behauptete, dass
nämlich Prokop schon damals, als er die Historien und die
Geheimgeschichte schrieb, im Sinne hatte, in einer kleinen
Schrift, die natürlich keine Lobrede werden sollte, der Nach-
welt kund zu thun, was Justinian gebaut habe.
Die Stelle III 111,11 konnte man nun auch als Beweis
fQr die Echtheit der Geheimgeschichte verwerten. Da ich
aber diese Frage für abgeschlossen halte, gehe ich hierauf
nicht mehr weiter ein.
Ueber den cod. Ambros. G 14 sup. und über die Geheim-
geschichte werde ich später weiteres berichten.
n. üeberliefernng der Bauwerke.
Von den Bauwerken haben wir Handschriften, die den
vollständigen Text, und solche, welche nur eine kürzere
Redaktion derselben enthalten. Die ersteren vertritt der cod.
Vat. 1065, zu den letzteren gehören der cod. Laur. 9,32, der
cod. Ambros. A 182 sup. und der cod. Paris. 1941.
1. Handschriften, welche den vollständigen Text
enthalten.
Der cod. Vat. graec. 1065, 0,218 x 0,139 aus dem drei-
zehnten Jahrhundert, ein cod. bombyc, enthält auf Pol. 22
bis Fol. 198 incl. die Bauwerke. Er war einmal sehr stark
zusammengerissen; manche Folien mussten an verschiedenen
Stellen mit dünnem Papier überklebt werden, damit sie wieder
zusammengebunden werden konnten. Viele Worte können
infolge von Rostflecken nur sehr schwer, manche überhaupt
174 jr. Haury
nicht mehr gelesen werden. Einige davon will ich hier an-
führen. III 228,8 äüä vvv nvgyov xofAidij il'&ov
oxXrjQov 'lovoTivtavog ßaotkevg iv rqi X(x)Q(p tovtq> öeifid^
juevog . . . Zwischen xofiidrj und U'&ov stand ursprünglich
noch fieyav, von dem aber nur noch ganz geringe Spuren
sichtbar sind. III 230,19 rd re reixf] xal rd ngoreixlofioja
xa&eXcüv, ansQ 6 noXvg alä)v fxexaSv iniggevoag diicp&eiQS,
xavvv . . axQai<pvrj äneQyaodjuevog äjnaxcorara xareari^aaro.
Hinter xavvv stand noch tc. ^) III 267,13 ItuI tcS ßaoikei
TiQoarjxovorjg rrjg 7i6(kea>g ikaojaovo&ai . . . Die acht ein-
geklammerten Buchstaben sind nicht mehr sichtbar. In dem
cod. 1065 haben wir noch das Jota adscriptum; viele Rand-
bemerkungen sind teils von derselben Hand wie der Text,
teils später eingeschrieben.
In der vatikanischen Bibliothek befindet sich auch eine
Handschrift (cod. 1202), welche nur einen Teil der Bau-
werke bis III 252,19 äXkd enthält. Der Text hört am
Schlüsse eines Blattes auf; es scheint, dass der zweite Teil
verloren gegangen ist. Der Codex ist eine sehr schlechte
Abschrift vom cod. Vat. 1065. Die Worte, die in dem cod.
Vat. 1065 nicht mehr recht sichtbar sind, hat auch der
»Schreiber des cod. Vat. 1202 nicht mehr lesen können. Mit
welcher Nachlässigkeit er abschrieb, beweist der Umstand,
dass er oft einen Teil ausliess, so lU 172,6 Tic bis 172,7
Sevo<pwvTi. III 172,12 ijjiiog bis ßaai incl. Was ausgelassen
ist, bildete in der Vorlage genau eine Zeile. Der Schreiber
hat also manchmal Zeilen übersprungen. Wir brauchen uns
demgemäss mit dem cod. Vat. 1202 nicht weiter zu beschäftigen.
Als ich in der vatikanischen Bibliothek den cod. 1065
verglich, fiel mir auf, dass gerade solche Worte, die dort
nicht mehr sichtbar sind, in den Ausgaben fehlen. Da diese
in erster Linie auf dem cod. CJoislin. 132 beruhen, so lag die
Vermutung nahe, dass dieselben Worte auch in diesem Codex
^) rs habe ich darch Konjektur gefunden.
Uther Prohophandschriften, 175
fehlen und dass dieser von dem cod. Yat. 1065 abgeschrieben
sei. Meine Vermutung bestätigte sich. Das Wort /ueyav, das
an der oben angeführten Stelle III 228,8 hinter xofiidrl aus-
gefallen ist, hat der Schreiber des cod. Coislin. 132 auch
nicht mehr lesen können und einfach weggelassen. An der
Stelle III 230,19 hat er wenigstens freien Raum gelassen.
Genau dieselben acht Buchstaben, von denen ich oben an-
gegeben habe, dass sie an der Stelle III 267,13 im cod. Yat.
1065 nicht mehr sichtbar sind, fehlen im cod. Coislin. 132,
dafür ist freier Baum gelassen. Hieraus ergibt sich, in welchem
Verhältnis der cod. Coislin. 132 zu dem cod. Vat. 1065 steht.
Der cod. Coislin. 132 enthält auch die Oeheimgeschichte.
Diese ist vom cod. Vat. 1001 abgeschrieben. Für die Worte,
die im cod. Vat. 1001 infolge von Rostflecken nicht mehr
gelesen werden können, sind im cod. Coislin. 132 Lücken
gelassen. Im cod. Vat. 1001 fehlt der Schluss der Geheim-
geschichte, weil einige Folien verloren gegangen sind. Im
cod. Coislin. 132 fehlt genau derselbe Teil, hier ist aber
nichts verloren gegangen, sondern von derselben Hand, von
welcher der Text geschrieben wurde, ist am Schlüsse bemerkt:
XebtEi hrrav&a iv rcß nakaicp (pvkXa oxrtb, naQO. xivog /aoa-
Irj^ovg ixxBxofifxeva ä^tov elg re/xdxt] xaTaxojifjvai avTov lov
ivayovg äv^Qdynov,
Der cod. Coislin. 132 ist von Christoph Auer geschrieben.
Dieser Schreiber stand im Dienste des Georges d'Armagnac,
der im Jahre 1539 und in den folgenden Jahren französischer
Gesandter in Rom war und daselbst Handschriften abschreiben
Hess. Ein Teil davon kam schon im Jahre 1545 in die
Bibliothek des Königs Franz I. Den cod. Coislin. 132 hat
Georges d'Armagnac für sich behalten, aus seiner Bibliothek
kam er in den Besitz des Kanzlers Seguier. ^)
^) cf. Maltretus in der Vorrede zu den Bauwerken : Ac forte eo
ipso usuB est, quem habuit lllustrissimus Cancellarius, et olim habuisse
dicitur lUustrissimus ac Reverendissimus Cardinalis Armaniacus.
176 J.Haury, üeber Prokophand-Bn^ften.
2. Handschriften, welche die Bauwerke in verkürzter
Form enthalten.
Diese gehen alle auf ein und denselben Codex zurück
und bieten überall die gleichen Verkürzungen. Ich kann
natürlich hier nicht augeben, was in denselben ausgelassen
ist. Nur soviel will ich sagen, dass sie im allgemeinen den
gleichen Text bieten, wie die Ausgabe des Beatus Rhenanus,
Basil. 1531. Solche Handschriften sind:
a) der cod. Laurent. 9,32, 0,160x0,105; er gebort ins
14. Jahrhundert, ist sehr flüchtig auf Papier geschrieben,
enthält viele Randbemerkungen. Ausser den Bauwerken
finden sich in dem Codex auch einige Abschnitte aus den
Historien, die auf Handschriften der Klasse y zurückgehen.
b) der cod. Ambros. A 182 sup. ; derselbe ist schon
p. 57 ff. besprochen.
c) der cod. Paris. 1941 aus dem 15. Jahrhundert. Diese
Handschrift habe ich nicht verglichen, sondern ich habe mich
nur davon überzeugt, dass sie durchaus nichts Neues enthält.
Ausser den bis jetzt besprochenen Prokophandschriften
gibt es noch andere, die aber zum grössten Teil nicht den
geringsten Wert haben. Ueber diese werde ich später kurzen
Bericht erstatten.
Inhalt.
Dm mit * bezeichneten AbhuidlinigMi nid ta den Sitzan^berichtca nielrt abfednMki.
Philos.-philol. Classe. Sitzung vom 5. Januar 1895.
Seite
▼. Christ: Schnitzel ans einer Pindarwerkstätte 3
*K. Krambacher: Ein Dithyrambus aaf den ChroniBten Theo-
phanes 1
Historische Classe, Sitzung vom 5. Januar 1S95.
*H. Riezler: Die bayerische Politik im schmalkaldischen Krieg 2
Pkilos.'philoL Classe. Sitzung vom 9. Februar 1895.
▼« Maurer: Zwei Rechtsfälle in der Eigla 65
J. Wanry: lieber Prokophandschriften 125
• K tt c k : Wilibald Pirkheimer's Schweizerkrieg, nach Pirkheimer*8
Aot^igraphie im britischen Museam herausgegeben . . 82
Historische Classe. Sitzung vom 9. Februar 1895.
M. LoHKon: Ueber die Verheirathung der Markgräfin Jakobe
von Baden mit Herzog Jobann Wilhelm von Jülich-Cleye-
Berg 1531—1583 38
*▼. He fner- Alteneck: Ueber Schilderer und Schildbemalang
de« Mittelalters 32
AkAdemleeba Bachdmckerei von F. Straub in Manchen.
%
//S -^ 'i
Sitzim]^!^&örichte
der
philosophisch - philologischen
und der
historischen Classe
der
k. b. Akademie der Wissenschaften
zu !M!ünchen.
1895. Heft n.
^'Mfiiichen
Verlag der K. Akademie
1895.
In Gommiasion de« 6. Frans'Bohen Verlags (J. Both).
\^ 1
^B.Ri\
Sitzungsberichte
der
königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.
Oeffentliche Sitzung
zur Feier des 136. Stiftungstages
am 28. März 1895.
Der Präsident der Akademie, Herr M. v. Pettenkofer,
eroiFnet die Sitzung mit folgenden Worten zum Gedächtniss
zweier Ehrenmitglieder der Akademie:
Der 28. März heute ist der Stiftungstag der k. bayer.
Akademie der Wissenschaften, welcher jährlich durch eine
öffentliche Festsitzung gefeiert wird. Diese Stiftungsfeier
dient herkömmlich dazu, jener unsrer Mitglieder zu gedenken,
welche während des abgelaufenen Jahres verstorben sind.
Ich habe zweier verstorbener Ehrenmitglieder zu ge-
denken.
Adolf Friedrich Graf von Schack.
Am 14. April 1894 starb zu Rom Seine Excellenz
Adolf Friedrich Graf von Schack, geboren am 2. Au-
gust 1815 zu Schwerin, am 15. Juli 185G von der Gesammt-
Akademie zum Ehrenmitgliede gewählt. Der Vorschlag, von
unserem verstorbenen Mitgliede Markus Müller ausgehend,
lautet wörtlich:
1895. SitzQügflb. d. phil. a. hisfc. OL 12
178 u. Pettetikofef*
ff Als Edelmann, Diplomat und Freund der höchsten
Person des Staates nimmt Adolf Friedrich Graf von 'Schack
eine ausgezeichnete sociale Stellung ein, und als Gelehrter
und Dichter steht er auf gleicher Stufe mit den ersten
Grossen unseres Vaterlandes.
Seine Geschichte der dramatischen Literatur und Kunst
Spaniens (3 Bände 1845) ist ein Meisterwerk literarisch-
historischer Forschung und zeugt ebenso von tiefen Studien
wie von einer seltenen Schärfe und Besonnenheit der ür-
theile und einer gediegenen Vollendung des Geschmackes.
Daran reiht sich sein spanisches Theater (2 Bände 1845),
in welchem er mehrere der spanischen Dramas von Ruiz
Alarcon, Cervantes, Lope de Vega und Calderon in deutschem
Gewände dem Publikum geschenkt hat, mit einer Gewandt-
heit der Sprache und Schönheit und Adel des Ausdrucks,
die ihn neben die ersten Meister der Uebersetzungskunst
stellt. Dasselbe gilt von seiner Uebersetzung der epischen
Gedichte des Firdusi, in welcher er ebenso durch gründliche
Kenntniss des persischen Idioms, wie durch den feinen poeti-
schen Sinn und Trefflichkeit der üebertragung glänzt."
Die Akademie trat einstimmig diesem Vorschlage bei.
Adolf Friedrich von Schack hat sein Leben lang der
Wissenschaft und der Kunst getreulich gedient. Es liegt
nun ein Leben geschlossen vor uns da, welches allen materia-
listischen Verlockungen widerstrebend stets idealen Zielen
geweiht war. Sein Lebensgang ist merkwürdig. Neben
seinen juristischen Studien an den Universitäten Bonn, Heidel-
berg und Berlin (1834 bis 1838) betrieb er eifrig das Studium
der europäischen Literaturen und der orientalischen Sprachen,
maclite in den Ferien Reisen für wissenschaftliche Zwecke,
trat dann in die Dienste des Grossherzogs von Mecklen-
burg und begleitete denselben als Kammerherr und Legations-
rath auf seinen Reisen nach Italien und Konstantinopel.
Dann wurde er nach Frankfurt am Main zum Bundestage,
Nekrolog auf Adolf Friedrich Graf v. Schock. 179
wo sein Vater mecklenburgischer Gesandter war, versetzt,
und 1849 kam er als Bevollmächtigter seines Souveräns,
dann als Geschäftsträger nach Berlin. Von Haus aus reich
begütert und schon in einem Alter von 34 Jahren zu einer
ehrenvollen diplomatischen Stellung gelangt, lag Herrn
von Schack ein weiterer glänzender, genussreicher Lebens-
lauf vor, den wohl die meisten Menschen gerne weiter ge-
wandelt wären. Aber der junge Adolf Friedrich von Schack
verzichtete 1852 auf seine amtliche Stellung und ging als
Privatmann nach Spanien, um dort über die Geschichte und
Gnltur des Landes und der spanischen Araber weiter zu
forschen. Er hatte sich dafür durch eingehendes Studium
der orientalischen Sprachen, namentlich des Sanskrit, Arabi-
schen und Persischen vorbereitet. Im Jahre 1856 folgte er
einer Einladung unseres damaligen Protektors König Maxi-
milian IL, nach München überzusiedeln, wo er sich in der
Briennerstrasse ein Wohnhaus kaufte, welches später nach
den Plänen des Architekten und Bildhauers Lorenz Gedou
umgebaut wurde, in welchem Anwesen er auch die von ihm
gegründete, berühmte Bildergalerie unterbrachte. Diese
Galerie enthält Meisterwerke von damals lebenden, aber viel-
fach noch verkannten Künstlern (Genelli, Feuerbach, Böck-
lin etc.) und dazu auch Copien von hervorragenden Werken
anerkannter alter Meister (Tizian, Velasquez, Murillo etc.).
Diese Schack-Galerie ist zur Zeit eine vielbesuchte Sehens-
würdigkeit Münchens. Ihr Gründer vermachte sie letztwillig
Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser, welcher sie aber in
huldvollster Weise nicht nach Berlin verpflanzte, sondern in
München beliess. Die Gründung dieser Galerie und die
wissenschaftlichen und poetischen Leistungen ihres Gründers
veranlassten Seine Majestät, Herrn von Schack in den Grafen-
stand zu erheben, und veranlassten auch den Magistrat
München, ihn zum Ehrenbürger zu ernennen.
üeber Schacks Bedeutung als Gelehrter hat sich Markus
12*
uni]
Griv
..'.nu^ bezetchuend aus-
s beizufllgen ; Ober seine
. -111 sacliTerstäDdiges Mit-
- -jiit:
. jfisterhaften Uebereetzungen
■'■-er und Araber näher ge-
< -.0 seinen zahlreichen etgenea
-i^ieiienaten Welttheile, die ver-
^■iPD and weitscbaiienden Blicks
.1 Menschheit bia zur lebendigen
.: prophetischem Hinweis auf eine
J.tit Völker. Er ist der Cultur-
, .ts Wortes mit all seinen Licht-
.üiiiittelbar wirkender Lyriker, aber
,.iicer Geist, der erhabene Gedanken
itttigvoller Sprache zum Ausdruck
^•n'ügsten Kunstformen mit sicherer
wird des Verblichenen stets ehrend
smail Pascha.
iitt^lied, Ismail Pascha, früher Chediv
I um 31. Dezember 1830 zu Kairo,
■/. 1895 in Konstantinopel und wurde
feierlich bestattet. Er war der erste
rer Akademie angehörte, am 18. Jnni
[Vorschlag zu seiner Wahl ginR von
Mit^liede Franz von Kobell aus und
nter/.eichiiete erlaubt sich zum Ehren-
• Seine Hoheit den Vicekönig von
■Im vorzuschlagen. Dieser Herr hat
!■ Unterstlltziing der geographischen
Nekrolog auf Ismaü Pascha. 181
Expedition von Baker und Schweinfurt und durch die glän-
zende Ausrüstung der Rohlf sehen Expedition zur Erforschung
der libyschen Wüste wesentliche Verdienste um die Wissen-
schaft erworben. An letzterer Expedition hat auch unser
Mitglied Professor Zittel Theil genommen und die paläonto-
logische Sammlung des Staates ist von ihm durch interessante
Erwerbungen bereichert worden. Der Vicekönig hat sehr
liberal gestattet, dass die auf der Reise gemachten natur-
historischen Sammlungen überhaupt den betreffenden Samm-
lungen in Berlin und München einverleibt werden. Es dürfte
daher vollkommen gerechtfertigt sein, dass dem hohen Herrn
von Seite unserer Akademie ein Zeichen der Anerkennung
geboten werde.*
Die Akademie trat diesem Vorschlage einstimmig bei.
Ismail Pascha musste bekanntlich von der Regierung
zurücktreten. Darüber weiss ich nichts Besseres und Ent-
sprechenderes zu sagen, als was der berühmte Aegyptologe
Professor Dr. Georg Ebers, welcher länger in Aegypten
weilte und mit Ismail Pascha persönlich verkehrte, uns mit-
getheilt hat. ^Die verschwenderische Rücksichtslosigkeit,
mit der der jüngst verstorbene Chediv Ismail über die reichen
Mittel seines Landes verfügte, musste er in der Verbannung
büssen. Die Bevorzugung, die den Europäern so deutlich
und lange durch ihn zu Theil ward, hatte die national ge-
sinnten Unterthanen gegen ihn aufgebracht, und es mag
dahingestellt bleiben, in wie weit ihn die Hoff'nung auf
Vermehrung seiner Einkünfte und der Wunsch sich in
Europa Berücksichtigung und Lob zu erwerben, antrieben,
sich als Förderer der Cultur zu bewähren. Jedenfalls besass
er Eigenschaften und bethätigte er seinen Geist und seine
Thatkraft durch Handlungen und Werke, die es einer wissen-
schaftlichen Körperschaft, deren Bestrebungen er gelegentlich
verständnissvoll und freigebig unterstützt hatte, nahe legen
durfte, ihrer Anerkennung auch äusserlich Ausdruck zu geben.
182 V. PettenJcofer, Nekrolog auf Ismail Pascha,
Von seiuem Grossvater Mohammed Ali, dem Erneuerer Aej^yp-
tens, hatte er den lebhaften, der europäischen Cultur ge-
neigten Geist, von seinem Vater Ibrahim, dem Sieger von
Nisibi, wo unser Moltke gegen ihn focht, den unternehmen-
den Sinn geerbt. Seinen französischen Erziehern verdankte
er eine Bildung, die, obwohl sie nicht tief ging, ihm doch
gestattete, die Bedeutung und Würde der Wissenschaft zu
erkennen. Neue Gedanken und Entwürfe, die man ihm
mittheilte und vorlegte, begriff er und verstand es ihnen zu
folgen und ihnen das für seine Zwecke Brauchbare zu ent-
nehmen. Darum wurde es auch Herrn von Lesseps leicht,
den Chediv Ismail für die unter seinem Vorgänger begonnene
Durchstechung der Landenge von Suez zu gewinnen, so viele
Millionen sie auch wieder und wieder in Anspruch nahm.
Ebenso glückte es dem französischen Alterthumsforscher
Auguste Mariette, den Chediv für die Denkmäler aus der
Pharaonenzeit zu interessiren und von ihm die Mittel zu
Ausgrabungen in grossem Stil, zur Herausgabe von nützlichen
Publiea-tionswerken und endlich für die Anlage jenes Antiqui-
tätenmuseums in Kairo zu erlangen, das schon bei Ismails
Verjaguug seinesgleichen nicht hatte. Als Gerhard Rohlfs
und Karl Zittel die Erforschung der libyschen Wüste unter-
nahmen, schenkte er dieser ergebnissreichen Expedition, so-
wie der früheren von Baker und Schweinfurt nicht nur
materielle Unterstützung, sondern auch verständnissvolle
Theilnahme. Auch vielen anderen Forschem gewährte er
thatkräftige Unterstützung. So dem Astronomen Mahmud Be
(später Pascha) bei seinen der Topographie des alten Ale-
xandrien gewidmeten Arbeiten, und Ernst Haeckel, indem
er ihm für seine zoologischen Untersuchungen im Rothen
Meere einen Dampfer zur Verfügung stellte. Die Bibliothek
im Palast Derb-el-Gamamiz zu Kairo dankt ihm die Ent-
stehung und ihre tüchtige Verwaltung durch deutsche Ge-
lehrte (Dr. Stern und Dr. Spitta). Jetzt steht ihr Dr. Völlers
W, Christ, Nekrolog auf Heinr, t?. Brunn, 1 83
vor. Herr Dor, ein tüchtiger Schweizer Pädagog, richtete
seine Aufmerksamkeit auf das Erziehnngswesen des Landes.
Mit schöner Duldsamkeit uriterotützte der Ghediv die Errich-
tung auch christlicher Schulen und Kirchen. Die Neu-
gestaltung des ägyptischen Medicinal- und Gerichtswesens
ging gleichfalls von ihm aus. Was er für die Bewässerung
seines Reiches, für den Verkehr durch Anlage Yon Eisen-
bahnen und Telegraphen, für die Wohlfahrt der Unterthanen
durch die Pflanzung Schatten spendender Bäume in gross-
artiger Menge that, verdient so gewiss der Erwähnung, wie
dass er die Zwangsarbeit aufhob und den Sklavenhandel
beschränkte.*
Also Segen auch seinem Angedenken!
Darauf gedachte der Sekretär der philosophisch-philo-
logischen Klasse, Herr W\ v. Christ, der Mitglieder, welche
die Klasse im letzt verflossenen Jahre durch den Tod verloren
hatte.
Heinr. v. Brunn gehörte imserer Akademie seit 1860
an; es war hauptsächlich das epochemachende Werk .Ge-
schichte der griechischen Künstler", welches die Aufmerk-
samkeit unserer gelehrten Kreise auf den feinen und geist-
vollen Interpreten der antiken Kunstdenkmale lenkte. Schon
5 Jahre später hatten wir das Glück den grossen Archäo-
logen zu den Unseren an der Universität und an der Aka-
demie zu zählen. An den Arbeiten der Akademie nahm er
den regsten Anteil; in glänzender Weise führte er sich bei
uns ein durch den Vortrag über die sogenannte Leukothea
der Glyptothek, in unseren Schriften veröflFentlichte er zahl-
reiche durch Gedankentiefe und Formvollendung gleich aus-
gezeichnete Abhandlungen, in den letzten Jahren leitete er
auch als Sekretär die Sitzungen und Geschäfte der philo-
184 W, Christ
sophisch-philologischen Klasse. — Mit der Akademie steht
bei uns in engem Zusammenhang das Generalconservatorium
der wissenschaftlichen Sammlungen des Staates. Auch hier
entfaltete Brunn eine vielfache und fruchtbare Th&tigkeit.
Er begleitete nicht blos von yomherein neben der Professur
der Archäologie auch das Conservatorium des Mfinzkabinets,
er hat auch ein neues Institut, das Museum der Gypsabgüsse,
ins Leben gerufen, und den verwandten Sammlungen seinen
guten Rat und seine reife Erfahrung in reichem Masse zu»
gute kommen lassen. Auf Einzelheiten einzugehen muss ich
mir versagen, da ein berufener Vertreter des Fachs, unser
Kollege Prof. Flasch aus Erlangen, dem Andenken unseres
hochverdienten Mitgliedes eine besondere Gedächtnisrede
weihen wird.
Moriz Carriere war geboren am 5. März 1817 zu Griedel,
einem Dorfe des Grossherzogtums Hessen, als Sohn eines
Rentamtmanns der Fürsten von Solms-Braunfels. Er ent-
stammte, wie schon der Name andeutet, aus einer französi-
schen Familie, welche um ihres Glaubens willen aus Frank-
reich vertrieben, in Deutschland an der Dill und Lahn eine
neue Heimat gefunden hatte. Seine Gymnasialstudien machte
er an dem preussischen Gymnasium in Wetzlar, dessen fein-
gebildeten Rektor Axt er in seiner Doctordissertation als prae-
ceptorem doctissimum, amicum carissimum anredet. Nach
Absolvierung des Gymn&siums im Jahre 1835 bezog er zu-
nächst die Universität Giessen, um ohne Wahl eines bestimmten
Faches philosophische Studien zu betreiben. Schon nach einem
Jahr siedelte er nach Göttingen über, wohin ihn der Ruf von
Oervinus, dem berühmten Litterarhistoriker, und Ottfr. Müller,
dem grossen Archäologen, zog, wo er aber auch bei den
Philosophen Herbart und Krische hörte. Den Abschluss seiner
Universitätsstudien fand er in Berlin, wo er sich schon spe-
cieller den philosophischen Studien im engeren Sinne zu-
Nekrolog auf Moriz Carriere, 185
wandte and von Trendelenburg zu den berühmten philosophi-
schen Uebungen herangezogen wurde. Zum Doctor philo-
sophiae promovierte er den 28. Juli 1838 in Göttingen mit
der Abhandlung Theologiae Aristotelicae lineamenta, nach-
dem er schon ein Jahr zuvor mit der Abhandlung De Ari-
stotele Piatonis amico eiusque doctinae iusto censore (Gott.
1837) die Billigung der Fakultät erhalten hatte, aber wegen
zu jugendlichen Alters nicht zur Promotion zugelassen worden
war. Die beiden Dissertationen behandeln einen Autor des
Altertums und sind in lateinischer Sprache, in überfliessendem
ciceronischen Stil geschrieben, aber aus ihnen spricht we-
niger der kritische Philologe, als der werdende Philosoph:
die Sätze des Aristoteles sind mit der Lehre Hegel's kom-
biniert; Humboldt, Dahlmann, Schlosser sind in Betracht
gezogen; in den lateinischen Text sind Verse Goethe*s ein-
gelegt; kurzum der junge Doctor fühlte sich nicht wohl in
dem abgeschlossenen Kreise des Altertums, er suchte das
Altertum mit dem frischen Leben der Neuzeit in Verbindung
zu bringen, der Erfassung des grossen Ganzen zuzustreben.
Nachdem er nach seiner Promotion noch kunsthistorische
Reisen in Italien gemacht und in mehreren kleinen Schriften,
wie Die Religion in ihrem Begriff, ihrer weltgeschichtlichen
Entwickelung und Vollendung (Weilburg 1841), Schwert und
Handschlag für Franz Baader (Weilburg 1841), Achim von
Arnim und die Romantik (Grünberg 1841), seine lebhafte
Teilnahme an religiösen und literarischen Fragen der Gegen-
wart bekundet hatte, habilitierte er sich 1842 als Docent
der Philosophie in Giessen, wo er auch 1849 zum ausser-
ordentlichen Professor vorrückte. Seine Giessener Zeit war
reich an Erfolg und mannigfacher Anregung. Seine Vor-
lesungen, wiewohl sie aus dem herkömmlichen Geleise der
philosophischen Vorlesungen heraustraten, waren gut besucht;
Männer, die später eine hervorragende Rolle in der Literatur
und dem öffentlichen Leben spielten, wie unser W. Riehl,
V iV
W, Christ
.^.., BÄUiberger, Büchner, zählte er zu seinen Zu-
: it^r liesellschaft Sonderbiind, in der sieb die
•^.c<Lt der Giessener Gelehrten weit zusammenfanden
-. :^'U»geatlich des Ablebens Carriere's K. Vogt
.^. V i. (er Zeitung eine zwar pietätlose, aber färben»
^^ (. «entworfen hat, verkehrte Carriere mit geist-
«.. lortt verschiedener Richtung, unter denen ihm
^ .0 0 in der Erinnerung blieb als Gust. Baur, der
ivwe Theologe, der ^auch in der Kunst und in der
. V' Otfeubarung des göttlichen Geistes suchte und
:i der Familie des grossen Chemikers und Natur-
Liobig erhielt er neue, die Werkstätte der Natur
'v\or er^chliessende Anregungen, und gewann er als
« ;ccvtaouer Gast das Herz der ältesten Tochter Agnes,
. v^mter (1853) zum glücklichen, leider früh durch den
'V. ^viOc^ten Ehebund heimführte.
Svii dem Jahre 1853 finden wir Carriere hier in unserer
Xc%a. nachdem kurz zuvor Liebig von Konig Maximilan IL
... Noubclobuug der wissenschaftlichen Studien nach München
Mv.tVu worden war. Anfangs hielt er in freier Stellung an
loi t tu Yoi*sitiit Vorträge über Aesthetik und allgemeine Lite-
A.tii^ivsohiohte; bald bekam er auch eine feste Anstellung
*.N Schriftführer und Professor der Kunstgeschichte an der
V\.4vicuuo der Künste. In dem reichen Leben der grossen
Si4idt ^ im Verkehr mit Künstlern, Dichtern, Gelehrten er-
'ucU ^'in dem Schöngeistigen von je besonders zugewandter
VuM>t mannigfache Nahrung, und reiften die grossen Werke,
viu' soinen Namen allhin verbreiteten und seiner literarischen
StoUung ein festeres Gepräge gaben. Von der Gnade seines
Kv^uiglichen Herrn wurde er zu den berühmten Symposien
iu dor Uosidenz zugezogen; in den verschiedenen literarischen
Vuxü^dlsichaften der Stadt war er ein thätiges, selten fehlendes
Mitglied; auch an dem politischen Leben nahm er nament-
lich lur Zeit der nationalen Erhebung, als die Traume seiner
Nekrolog auf Moriz Garriere, 187
Jugeod in den Gestalten des Heldenkaisers Wilhelm I. und
seines grossen Kanzlers Bismarck sich verkörperten , be-
geisterten Anteil. Im Jahre 1887 erreichte er auch, nach
seiner Enthebung von dem Sekretariat an der Kunstakademie,
das, „was er vor 50 Jahren zu werden gewünscht und lange
vergeblich angestrebt hatte, die einfache Stellung eines ordent-
lichen üniversitätsprofessors*. Unserer Akademie gehörte er
erst seit 1889 als ordentliches Mitglied an.
In frohem Schaffen und in heiterer Geselligkeit gelangte
er so zur Schwelle des Alters. Freilich auch von herben
Verlusten und schweren Schicksalsschlägen blieb sein Leben
nicht verschont. Nach 10 Jahren glücklichster Ehe ward
ihm seine treue Lebensgefährtin entrissen; seine zwei Kinder
sah er vor sich in das Grab sinken, das Mädchen Elisabeth
in zarter Kindheit, den hoffnungsvollen Sohn Justus in der
Blüte des Mannesalters; seiner eigenen Augen Licht drohte
durch den grauen Star zu erlöschen. Aber von dem Augen-
leiden brachte ihm die kundige Hand seines Kollegen und
Freundes Rothmund Heilung, und die Schmerzen, welche ihm
der Tod seiner Liebsten bereitete, überwand er mit dem Tröste
der Weisheit. So setzte er mit ungebrochener geistiger Kraft
seine Thätigkeit an der Universität, in der Literatur und im
geselligen Leben ohne Unterbrechung fort, bis am 18. Ja-
nuar d. J. ein Herzschlag unerwartet und plötzlich seinem
Leben ein Ende machte.
Das sind die äusseren Umrisse des Lebens unseres ab-
geschiedenen Kollegen. Der Inhalt desselben war ein un-
gemein reicher, nicht durch einflussreiche Lebensstellung
und ausgedehnte praktische Thätigkeit, sondern durch die
Vielseitigkeit seines geistigen Interesses und die Fruchtbar-
keit seiner literarischen Feder. Er hat selbst in seinen letzten
Lebensjahren eine Gesaratausgabe seiner Werke in 14 Bänden
veranstaltet, aber dieselbe umfasst lange nicht alles, was er
geschrieben; die kleinen Aufsätze und Artikel fehlen ganz,
188 TF. Christ
und auch von seinen Jugendscfarifben värmisst man ungern
eine Auswahl.
Von seinen grösseren Werken hat er selbst die sittliche
Weltordnung (1877. 1891 = XIII. Bd. d. Qes.-W.) als das-
jenige Buch bezeichnet, welches die wissenschaftliche Ent-
wicklung seiner Ideen über Kunst, Religion und Geschichte
und die langsam gereifte Frucht seiner Studien auf diesem
Gebiete enthält, eine in Freude und Leid gewonnene Lebens-
anschauung. Wenn nun auch andere diesem Buche und den
damit in Verbindung stehenden zwei akademischen Abhand-
lungen ,Das Wachstum der Energie in der geistigen und
organischen Welt" (1892), und »Erkennen, Erleben, Er-
schliessen'' (1893) nicht jene centrale Bedeutung zuerkennen,
so werden wir doch dem Winke des Autors selber folgen,
zumal die Idee der sittlichen Weltordnung alle Schriften und
Reden Carriere's wie ein roter Faden durchzieht. Er fühlte
sich eben in erster Linie als Philosoph und Lehrer des Volkes
und wollte seine Reden und seine Schriften über Kunst und
Literatur nur als Ausflüsse seiner philosophischen Weltan-
schauung angesehen wissen. Ausgegangen war er in seiner
Philosophie von Hegel, den er schon in einer seiner frühesten
Schriften als den Aristoteles unserer Zeit, als das Genie des
architektonischen Gedankenbaus preist. Den grossen Dia-
lektiker hatte er nicht mehr selbst gehört; denn derselbe
war schon vor seinen Universitätsjahren im Jahre 1833 von
der Cholera weggerafft worden. Aber in Berlin hörte er
die Schüler des Meisters und schon in Göttingen lag er mit
Feuereifer dem Studium seiner Schriften ob. Der Einfiuss
des bahnbrechenden Denkers zeigt sich auch noch in den
späteren Arbeiten Carriere's, in der Vorliebe für systemati-
sche Konstruktion, in der Geringschätzung der vom Ganzen
losgelösten Einzelforschung, in dem optimistischen Glauben
an eine allmählich sich steigernde Entwicklung auf allen
Gebieten des Geistes und der Natur. Thatsächlich aber
Nekrolog auf Moriz Carriere, 189
entfernte er sich mit der Zeit immer mehr von der Grund-
lage des HegePschen Idealismus. Angelpunkt seiner ganzen
Betrachtung wurde die sittliche Weltordnung, in der zugleich
die schöpferische Freiheit des Willens und die Unabänder-
lichkeit der Naturgesetze, die Kraft des denkenden Subjektes
und die Wahrheit der objektiven Erscheinung zur Geltung
kommen sollten. Er bezeichnete diese seine Weltanschauung
als Real-Idealismus, indem er dabei von der Forderung der
Vernunft ausging, welche ein gemeiusames Princip als Grund
und Ziel alles Lebens für unseren erkennenden Geist und die
Aussenwelt der Erscheinungen verlangt und wonach die Denk-
formen unseres Verstandes sich mit den Gesetzen und Normen
decken, nach denen die Welt unterschieden und geordnet ist.
Gestützt sodann auf die auch dem Laien sich aufdrängende
Beobachtung eines Bildungstriebes in den Geschöpfen des
organischen Lebens findet er auch in der Natur ein Ana^
logon des menschlichen Sittengesetzes, so dass das Streben
aufsteigender Lebensentwicklung Natur und Geschichte, das
Reich des Bewussten und Unbewussten mit einander ver-
kettet. Und indem er dann schliesslich zur Gottesidee auf-
steigt, erfasst er Gott als den das Universum zusammen-
haltenden Weltgeist, der als Urgrund der sittlichen Welt-
ordnung in allem stets und überall gegenwärtig sei. Dabei
verwahrte er sich aber gegen den Vorwurf einer pantheisti-
schen Gottesanschauung, indem er seinem Gott zugleich be-
wussten Willen und den Charakter der Persönlichkeit bei-
legte. Es ist nicht dieses Ortes noch meines Amtes, an diesen
Sätzen Kritik zu üben und zu untersuchen , ob es Carriere
gelungen ist, die Begriffe der Persönlichkeit und der Uni-
versalität zusammenzuführen, und ob er berechtigt war, aus
der Wahrnehmung des Entwicklungstriebes in der organi-
schen Schöpfung auf ein teleologisches Princip in der Welt-
bewegung zu schliessen. Sicherlich hat er selbst unver-
brüchlich an jenem Grundsatz der sittlichen Weltordnung
190 W. Christ
festgehalten und in seinen letzten Lebensjahren gegen die
Vertreter des Materialismus und der Truglehre blindwirkender
Naturgesetze mehr noch als gegen den religiösen Fanatismus
und die Beschränktheit eines starren Dogmatismus angekämpft.
An das deutsche Volk gewandt rief er aus: ,in dem Glauben
an die sittliche Weltordnung bist du gross geworden; an ihm
halte fest und du wirst menschenwürdig und glücklich leben''.
unter den verschiedenen Zweigen der Philosophie hat
Garriere zu seiner speciellen Domäne die Aesthetik oder die
Idee des Schönen erkoren; sie zog ihn vor allem an, denn
im Schönen, so sprach er in schwärmerischer Begeisterung,
wird unser ganzes Wesen, Sein und Seele, Herz und Geist
zugleich befriedigt und erhoben, in ihm ist das Reale und
Ideale in Eins gebildet, es ist das mangellose Sein, ein wieder-
geborenes Paradies und ein Himmel auf Erden. Ueber die
Kunst hat er zwei grosse Werke geschrieben, ein philoso-
phisches und ein historisches, eine Aesthetik und eine Kunst-
geschichte.
Die Aesthetik, die in wiederholten Auflagen erschienen
ist (1859^ 1885». Bd. I u. II d. Ges.-W.), umfasst 2 Teile.
In dem ersten handelt der Verfasser im allgemeinen von der
Idee des Schönen und ihrer Gestaltung im Kosmos und in
der Natur, unter den Aufschriften Schönheit, Welt und Phan-
tasie; in dem zweiten legt er dann die Principien und Grenzen
des Schönen in den drei Reichen der bildenden Kunst, der
Musik und der Poesie dar. Dem letzten Teile, in dem er
selbst nicht bloss betrachtend, sondern auch schöpferisch
thätig war, widmete er noch ein besonderes Buch „Das
Wesen und die Formen der Poesie, ein Beitrag zur Philo-
sophie des Schönen und der Kunst* (1854^ 1886» = Bd. III
d. Ges.-W.). Auf seine Aesthetik legte Garriere selbst ein
grosses Gewicht: es war dasjenige Gebiet, das er speciell
als Professor an der Universität vertrat, und zu der er durch
seine Stellung an der Kunstakademie und im Verkehr mit
Nekrolog auf Moriz Carriere. 191
Künstlern und Dichtern reichste Anregung erhielt. Auch
hat er mit seinen Vorlesungen über Äesthetik und besonders
über das Wesen und die Formen der Poesie grossen Anklang
gefunden; aber es fehlte auch nicht an Ausstellungen und
abfalligen Urteilen. Abgesehen von denjenigen, welche über-
haupt auf theoretische Erörterungen im Oebiete der schaf-
fenden Kunst keinen grossen Wert legen, wurde auch von
Fachmännern die präcise Formulierung der Gedanken und
die psychologische Entwicklung vom Empfinden des Schönen
vermisst, und Lotze glaubte so weit gehen zu dürfen, in
seiner Geschichte der Äesthetik die Leistungen Carriere*s
einfach zu ignorieren. Bs übte eben hier am meisten bei
unserem Freunde die Hegersche Begriffssystematik ihren Ein-
fluss zu Ungunsten der Sache: dem beliebten Dreiklang zu-
lieb wird nicht blos in der bildenden Kunst, Architektur,
Plastik, Malerei, in der Poesie Epos, Lyrik, Drama unter-
schieden, sondern auch in der Musik zur Instrumental- und
Vokalmusik als Drittes der Verbindung von Instrnmental-
und Vokalmusik gestellt, und in der Lyrik eine Scheidung
in Lyrik des Gefühls, der Anschauung und des Gedankens
durchgeführt. Das schmeckt stark nach Hegerscher Archi-
tektonik und entspricht wenig dem historischen Werden und
dem inneren Wesea der Sache , noch weniger , wenn der
Unterschied von Ode und Elegie statt historisch entwickelt
und aus dem Versmass erklärt zu werden, dabin bestimmt
wird, dass die Ode den grossen Gehalt des Lebens ergreift,
die Elegie hingegen einen sanften, schmelzenden Ton hat.
Das historische Werk über das Schöne trägt den Titel
„Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwicklung und
der Ideale der Menschheit" (Bd. IV— IX d. Ges.-W.) und
behandelt in 5 Bänden die Anfänge der Cultur und das
orientalische Altertum in Religion, Dichtung und Kunst,
Hellas und Rom in Religion und Weisheit, Dichtung und
Kunst, das christliche Altertum und den Islam, das europäische
192 W. Chrifft
Mittelalter in Dichtaog, Kunst und Wissenschaft, Renaissance
und Reformation in Bildang, Kunst und Literatur, endlich
das Weltalter des Geistes im Aufgang, in Literatur und
Kunst im 18. und 19. Jahrhundert. Das Ganze ist eine
Philosophie der Geschichte vom Standpunkt der Aesthetik,
die man treffend auch eine Geschichte des Idealismus ge-
nannt hat. E^ ist ein grossartig angelegtes, mit staunens-
wertem Fleisse durchgeführtes, von tiefen Gedanken erf&lltes
und in gehobener Sprache geschriebenes Werk. Dem Ver-
fasser kamen hier die Vorzüge seines Geistes und seiner
Studien weise ganz besonders zustatten, die warme Begeiste-
rung für das Schöne, die ausgebreitete Lektüre, das treue
Gedächtnis, die Leichtigkeit sich in das Denken und Fühlen
verschiedener Zeiten hineinzufinden. Was man in seinen
theoretischen Schriften getadelt hat, die Masse der wörtlichen
Anführungen, das war in diesem Werk ganz an seinem
Platz; man folgt hier gern der Art des Autor, «die einzelnen
Männer selbst sich schildern zu lassen und so viel als mög-
lich vom Hauch und Duft des Originals in seine Bearbeitung
zu verpflanzen''. Dadurch erhielt das Werk die grosse Man-
nigfaltigkeit, die den Leser stets frisch erhält und nach den
verschiedensten Seiten anregt; freilich thut auch der Autor
mit der Unabhängigkeit der geistigen Erfassung und dem
sittlichen Adel der Beurteilung das Nötige hinzu, um den
gebildeten Leser stets in sympathischer Stimmung zu erhalten.
So erklärt sich leicht der grosse Erfolg, den unser üarriere
mit diesem Werke in den verschiedenen Schichten des
deutschen Volkes, bei Männern und bei Frauen, gefunden
hat. Der Specialforscher wird ja auf seinem Gebiet lieber
zu Büchern greifen, welche ihn direkt zu den Originalen
und mitten in die Fragen der Forschung hineinführen, aber
auch er wird Carriere's Buch mit Gewinn lesen, um seinen
Horizont zu erweitern und vergleichende Gesichtspunkte für
die Cultur- und Kunstentwickelung verschiedener Zeiten zu
Nekrolog auf Morig Carriere. 193
gewinnen. Einem solchen universellen Buch, wie es Carriere
geschrieben hat, die Berechtigung abzusprechen, weil man
über das Einzelne in Specialwerken Genaueres und Origi-
nelleres finden könne, hiesse auch die Weltgeschichte Schlos-
8er*8 und den Kosmos Humboldt*s aus der Liste der wissen-
schaftlichen Werke und lesenswerten Bücher streichen.
Mit diesem historischen Hauptwerk Garriere*s stehen
mehrere andere, welche dasselbe teils vorbereiteten, teils be-
gleiteten, in engem Zusammenhang; insbesonders Die philo-
sophische Weltanschauung der Reformationszeit (1847), Vier
Gedenkreden auf deutsche Dichter, Lessing, Schiller, Goethe,
Jean Paul (1862), Fichte*s Geistesentwicklung in den Reden
über die Bestimmung des Gelehrten (1894), die Herausgabe
von Goethe's Faust und Schiller^s Teil mit Einleitung und
Erläuterung in der Bibliothek der deutschen Nationalliteratur
des 18. und 19. Jahrhunderts.
Die drei Hauptwerke unseres ehemaligen Kollegen habe
ich hiermit aufgefQhrt und zu charakterisieren versucht; aber
damit habe ich noch lange nicht die Schriftstellerei , ge-
schweige denn die Geistesthätigkeit desselben erschöpft. Car-
riere war kein Buchgeiehrter, der sich in seine Studierstube
oder sein Laboratorium einschloss, er nahm an dem geistigen,
politischen, religiösen Leben um sich regsten Anteil und
nicht blos als empfänglicher Leser und Zuhörer, sondern
auch in aktiver Teilnahme als Redner und Schriftsteller.
Zwar von der politischen Arena unserer Volksvertretungeiv
zog er sich nach kurzer Thätigkeit in dem Vorparlament zu
Frankfurt im Jahre 1848 bald wieder zurück, nachdem er
selbst zur Erkenntnis gekommen war, dass sein Optimismus
und sein Streben nach Aussöhnung der Gegensätze zum
Streite der Parteien und zur Hitze des Kampfes wenig passe.
Aber auch nach den Jahren der Enttäuschung verfolgte er
mit patriotischem Eifer den Aufschwung der Nation, bot
selbst in den Kämpfen der Jahre 1870/71 als Samaritaner
181»&. Sitsnngtb. d. phU. u. hist. Gl. 13
194 W. Christ
dem Yaierlande seine Dienste an und stand stets in erster
Linie, wenn es galt, die Güter der Freiheit und Vaterlands-
liebe zu verteidigen, das Andenken an die grossen Männer
und Geistesheroen der Nation zu feiern, das Interesse der
Mitbürger für die Kulturaufgaben der Zeit durch Wort und
Schrift wachzurufen. Den Freunden aber — und er hatte
viele in allen Lebensstellungen — wahrte er nicht blos Treue
und Liebe, er setzte vielen auch ein literarisches Denkmal,
teils während ihres Lebens, teils nach ihrem Hinscheiden.
So kam es, dass er nicht blos grosse Bücher schrieb, sondern
auch Reden hielt und zahllose Artikel in Zeitungen und Zeit-
schriften erscheinen liess. Es entging ihm nicht, dass diese seine
Zwitterstellung als Gelehrter und Litterat in zünftigen Kreisen
Anstoss erregte, aber weit entfernt dieselbe zu verleugnen,
rühmte er sich derselben: „nicht nach deutscher Gelehrten
Art^\ sagte er in einem oiSenen Briefe an Brenan, „will ich
blos für Gelehrte und Bibliotheken die Ergebnisse der For-
schung darstellen, sondern für das Leben und das Volk will
ich schreiben/^ Und nicht leicht erfreute ihn eine An-
erkennung mehr als die aus dem Munde unseres ehemaligen
Kollegen Bursian, als derselbe von ihm bei Gelegenheit der
Feier seiner 25jährigen Thätigkeit an der Kunstakademie
rühmte: „Der Jubilar hat nicht blos in grossen Büchern
seine Ideen niedergelegt, sondern steht auch wie ein leben-
diges Gewissen der Nation auf der Warte, um ihr in der
Geschichte des Tages mahnende und erhebende Worte über
die geistigen Lebensfragen der Menschheit zuzurufen/^
Das Meiste von diesen Reden und Aufsätzen ist zerstreut
in den Beilagen der Allgemeinen Zeitung, in Westermann*s
Monatsheften, der deutschen Biographie, dem deutschen Plu-
tarch, dem deutschen Museum, der deutschen Rundschau,
den Zeitschriften Gegenwart, Nord und Süd, Aula u. a.
Das Beste hat der Verfasser selbst in zwei Sammelbänden
vereinigt, in den Religiösen Reden und Betrachtungen für
Nekrolog auf Morie Carriere, 195
das deutsche Volk (1850^ 1894» = XIV. Bd. d. Ges. W.)
und in den Lebensskizzen (1890 = XII. Bd. d. Ges. W.).
Die erste Sammlung enthält etwa ein Dutzend Reden, dazu
kritische Beigaben, zu denen noch die Sonderschrift „Jesus
Christus und die Wissenschaft der Gegenwart^^ zu stellen ist.
Passend wurde das Buch von der Kritik als Erbauungsbuch für
Gebildete bezeichnet. Carriere war für diese Art von Litteratur
besonders gescha£fen: entsprossen einer Familie, die viele
Geistliche zählte und um des Glaubens willen Schweres erduldet
hatte, verband er religiöse Weihe mit Einsicht in die Ergeb-
nisse der wissenschaftlichen Kritik. Er bekämpfte wohl das
zähe Festhalten an erstarrten und überlebten Formen ver-
gangener Jahrhunderte, aber die ewigen Grundwahrheiten
des Christenthums hielt er unverbrüchlich fest und scheute
selbst nicht den Kampf gegen die zersetzende Kritik von
Strauss und die romanhaften Phantasien von Renan. Von
dem Gebildeten verlangte er wenigstens den Grad von Re-
ligion, dass er nicht alles aus blinden Naturkräften hervor-
gehen lasse, sondern einen Willen der Liebe, der einsichts-
voll alles schafft und lenkt, anerkenne. Eine gottinnige Hu-
manität, eine in Natur und Geschichte das Walten des Ewigen
und die Verwirklichung seiner Ideen anschauende ^Veisheit
hielt er für das höchste Ziel unseres Erkennens und Lebens
in der Gegenwart.
Von noch allgemeinerem Interesse dürften die gesam-
melten Lebensbilder sein. Es findet sich in diesem Buche
ausser einem längeren Essay über Oliver Cromwell, dem
Zuchtmeister zur Freiheit, eine Anzahl fein gezeichneter und
lebensfrisch entworfener Gedenkblätter auf Bettina von Arnim,
Peter Cornelius, Geibel, Liebig, Johannes Huber, Melchior
Mayr u. a. Besonders anziehend und voll sprühenden
Künstlerhumors sind: Die dreissig Jahre an der Akademie
der Künste in München. Von dem politischen Optimismus
des Verfassers zeugt das ebenda wieder abgedruckte Send-
13*
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i&iii asuiii «»il*.»til s^^ttiHiifi 'Ulli 20. g*^ti.rrT-:iLaix. limd
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«miitiu. frtnuit«' T.ii>tvi»-jr «"räzcAitL ifir «tii* iSfciJacfeflar 4er
T/i:.^äFdr»*Ji KrlnToii:;^ ftiaäi Kramz tocl ä:ci5<as*aL Späöar haas
«r. jrvii*iw«niuiiiM»i£ ^kia Er;ßn2j':rL^ za. «££:>«& riJü^crnfiCB Baien
«Mi ■'>ywiijjc*i«u»ii t?lr L'^Jsj>XLiit tu ah«L aiüi Düoiea D^Lkter-
vv»?v«i i\Mt?Xi ' r*:>t% l'tr\J^}-^ das in iw.äiiiiT Aiflaft onter
r*\utikMa^ iv.u£b»itL Aber die eLzea^'^hect Perlen scräerdicli-
vrju',iiai K.ij3e: enckUt d^ dem Andecikea seiner fir&k Ter-
^i«'.ri)enea Fnui gewidmele BQckI*e^in Agnes, eine äunmlang
vim Liefaeaiiedem und G^dankendicktimgen flSSS).
In anäere Akademie murde C;ftrneTe eist im Jaiire 1S89
Autgenommen; eine so $|Dä(e Anerkennon^ seiner YerdieDste
Ton Seiten unserer KorfK^mtivm kuin aofifällig ersciiemen und
hal auch in d««r Thal viotfach Ansti.'tss erregt. Um ao mehr
dürfte ein aufklärtnuiix» Wort ul^r ditssen Punkt hi» an der
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Jlanuer der W ksi^M^nsn^haft und Li;;<nkCur bestimmt, sie ist
viehnehr KHiiglioh «ur tVMMeruu^ vi^r Wistsea&ehmft und zur
Nekrolog auf Morie Carriere, 197
Erforschung der Ursachen der Dinge gegründet worden. Es
fallt ans Mitgliedern der Akademie desshalb nicht ein, uns
für etwas Höheres als die schaffenden Kräfte in Kunst und
Litteratur zu halten; umgekehrt rechnen wir es uns zur
besonderen Ehre an, wenn wir mit der Exaktheit der For-
schung die Kunst der Rede zu verbinden und aus dem Bücher-
staub in den reinen Aether der Poesie uns zu erheben ver-
stehen. Aber zu Mitarbeitern und Mitgliedern können wir
nur diejenigen heranziehen, die ihre Kräfte in den Dienst
der Forschung, und was davon fast untrennbar ist, in den
Dienst des Ausbaues einer einzelnen Wissenschaft, gestellt
haben. Nun nahm Garriere, wie auch meine Darlegung
seiner litterarischen Verdienste gezeigt haben wird, eine
Mittelstellung zwischen selbständiger Forschung und populärer
Verarbeitung und Verbreitung des Erforschten ein, und dieses
allein hat seine frühzeitigere Aufnahme in die Akademie
gehindert. Immerhin aber hat Carriere in diesem Punkte
hier mehr erreicht, als sein Meister Hegel in Berlin, dem
zeitlebens die Pforten der Akademie verschlossen blieben.
Aber wenn auch erst spät die Bedeutung Garriere*s in dem
geistigen Leben unseres Volkes die aus jener Doppelstellung
entsprungenen Bedenken zurückgedrängt hat, so erfüllt es
uns doch mit gerechtem Stolze, heute an dieser Stelle dem
fruchtbaren und geistreichen Schriftsteller, dem unerschrocke-
nen Verteidiger der freien Forschung, dem edlen Banner-
träger der idealen Weltanschauung als einem der Unserigen
die Spende dankbarer Erinnerung weihen zu dürfen.
Von auswärtigen Mitgliedern wurden der philosophisch-
philologischen Klasse durch den Tod entrissen:
Chr. Fr. Aug. Dillmann, Professor der biblischen
Theologie und orientalischen Sprachen, geboren den 25. April
1823 in Illingen, gestorben den 4. Juli 1894 in Berlin,
198 TF. Christ
auswärtiges Mitglied unserer Akademie seit 1872. Geboren
und gebildet in Württemberg, gehörte derselbe zu den grossen
Theologen des Schwabenlandes, welche auf philologischer
Grundlage das Studium der Theologie betrieben und damit
zugleich in die Kenntnis der orientalischen Sprachen ein-
geführt wurden. Dillmann hatte sich speziell das Studium
des Aethiopischen zur Aufgabe gestellt und galt hier als
erste Autorität unter den Fachgenossen. Seine Ausgabe des
Buches Henoch, des Adambuches, des äthiopischen alten Te-
stamentes, seine äthiopische Grammatik und sein äthiopisches
Lexikon haben diesen Teil der Philologie neu begründet.
Aber auch auf dem Gebiet, das er offiziell an der Univer-
sität vertrat, in der alttestamentlichen Exegese und in der
semitischen Grammatik erwarb er sich durch die Gediegen-
heit seiner Untersuchungen einen hochgeachteten Namen.
*• Keil (geboren den 25. Mai 1822, gestorben den
27. August 1894, auswärtiges Mitglied unserer Akademie
seit 1864), Professor der klassischen Philologie in Halle.
Derselbe war einer der besten Kenner der lateinischen Sprache,
der sich namentlich als Kritiker und Herausgeber lateinischer
Texte verdient gemacht hat. Die lang vernachlässigten
Schriften der lateinischen Nationalgrammatiker haben an ihm
einen ebenso sorgfältigen Herausgeber als scharfsinnigen Ver-
besserer gefunden. Ebenso verdankt man seiner kundigen Durch-
forschung der handschriftlichen Ueberlieferung und seinem
kritischem Scharfsinn hochgeschätzte Ausgaben der Briefe
des jüngeren Plinius und der Schriften Cato's und Varro's
über die Landwirtschaft. Auch an einer unserer bayerischen
Landesuniversitäten, Erlangen, war er eine Zeit lang, 1859
bis 1869, als Professor thätig, und dankbar würdigen wir
seine hohen Verdienste um die Hebung des wissenschaftlichen
Sinnes unseres Gjmnasiallehrerstandes.
Nekrologe auf Dillmann, Keil, de Bossi, Ch. Newton. 199
Giovanni Battista de Bossi (geboren 1822 zu Rom,
gestorben den 20. September 1894, auswärtiges Mitglied unserer
Akademie seit 1867), der Begründer der christlichen Archäo-
logie. Durch seine zwei Hauptwerke „Inscriptiones christianae
nrbis Romae septimo saeculo antiquiores^^ und „Roma sot-
terranea cristiana*^ hat er aus den Inschriften und Kata-
komben einen ganz neuen Einblick in das christliche Leben
der ersten Jahrhunderte erschlossen, und zugleich mit der
Heraasgabe des Bulletino di archeologia cristiana einen
Zentralpunkt für die Studien auf diesem jungen Arbeitsgebiet
geschaffen. Auch um die alte Topographie Roms und die
lateinischen Inschriften der yorchristlicben Zeit hat er sich
grosse Verdienste erworben. Neben Theodor Mommsen und
Wilhelm Benzen steht sein Name unter den Herausgebern
des von der Berliner Akademie geschaffenen Corpus inscri-
ptionum latinarum.
Charles Newton (geboren 1816, gestorben den 28. No-
vember 1894, auswärtiges Mitglied unserer Akademie seit
1867), unbestritten der erste unter den zeitgenossischen Ar-
chäologen Englands. Anfangs in diplomatischen Diensten
stehend, hat er sich zuerst einen Namen als Archäologe ge-
macht durch seine Ausgrabung des Maussoleums von Hali-
kamass, eines der sieben Weltwunder des Altertums, an
dessen Ausschmückung die bedeutendsten Künstler Griechen-
lands mitgearbeitet hatten. Auch seine weiteren Ausgra-
bungen auf dem Boden von Enidos, Milet, Rhodos, Konstan-
tinopel lieferten wichtige Entdeckungen zur Geschichte der
alten Kunst und glänzende Bereicherungen des Britischen
Museums; später hat er dann durch Andere auf dem Boden
des alten Ephesos, Priene, Kyrene wichtige und erfolgreiche
Ausgrabungen veranstalten lassen. In seiner späteren Stell-
ung an der Spitze der Antikenabteilung des Britischen Mu-
seums hat er teils durch Bearbeitung der griechischen In-
200 W, Christ und Ad. v, Cameliua
Schriften Vorsügliches geleistet, teils darch liberale Yer-
waltungsgrundsatze einheimischen und fremden Gelehrten
gegenüber die Verwertung der grossartigen Schätze des Alter-
tums unterstützt und gefördert.
H. C. Bawlinson (geboren 1810, gestorben den 5. März
1895), auswärtiges Mitglied unserer Akademie seit 1853),
glücklicher Entdecker und scharfsinniger Entzifferer der Keil-
inschriften. Derselbe gehörte zu jenen ausgezeichneten,
nirgends häufiger als in England Torkommenden Männern,
welche trotz ihrer militärischen und diplomatischen Stellung
noch Zeit fanden, dem Dienste der Musen und der Wissenschaft
obzuliegen. Ein trefflicher Kenner der orientalischen Sprachen,
kühner Reisender und aufmerksamer Beobachter, hat er durch
Bereisung der wildesten Grenzländer Persiens und der Türkei
die Geographie und Altertumskunde jener Gegenden er-
schlossen, hauptsächlich aber durch Copierung und Entziffe-
rung der grossen altpersischen Dariusinschrift von Behistun
und später durch Herausgabe und Deutung der assyrischen
und babylonischen Eeilinschriften unvergänglichen Ruhm
sich erworben.
Der Sekretär der historischen Klasse, Herr Ad. v. Cor-
nelius, gedachte der Verluste, welche die historische Klasse
im letzten Jahr erlitten hatte.
Am 11. März 1895 starb der Professor der Kirchen-
geschichte Karl Schmidt zu Strassburg, seit 1878 auswär-
tiges Mitglied unserer Akademie.
Geboren zu Strassburg 1812, wurde er Professor an der
Faculte de theologie 1840, dann 1872 an der deutschen
Universität, Die Studien seines langen upd arbeitsamen
Nekrolog auf Bawlinaon, Karl Schmidt und Boscher, 201
Lebeos waren der Kirchengeschiclite des Mittelalters und der
Refonnationszeit gewidmet. Der ersten Periode gehören seine
Histoire et doctrine de la secte des Cathares ou Albigeois
und mehrere andere namhafte Werke an ; der letzteren eine
ansehnliche Zahl von Monographien über deutsche, franzö-
sische und andere Männer der Beformation. Vor allem aber
lag ihm seine Heimat am Herzen. Aus den vielen ihr gewid-
meten Arbeiten heben wir seine Bücher über Tauler, die
Gottesfreunde, das Thomasstift, Johann Sturm hervor. Aber
auch das Hauptwerk seines Lebens gehört in diesen Kreis:
die Histoire litt^raire de TAlsace ä la fin du 15. et au com-
mencement du 16. siecle, 1879. Der politischen Veränderung
von 1870 g^enüber verhielt er sich ablehnend, und daher
mag es kommen, dass er, der sonst nach den Umständen
zwischen dem Gebrauch der französischen und der deutschen
Sprache wechselte, es über sich gewonnen bat, die deutsche
Blütezeit seiner deutschen Heimat samt ihren deutschen
Sprachdenkmalen in französischer Sprache zu behandeln.
Samael Berger in ReTue hiatorique 1895» Mai, p. 234.
Am 4. Juni 1894 starb Wilhelm Röscher, Professor
der Staatswissenschaft, zu Leipzig; seit 1867 auswärtiges
Mitglied der Akademie.
Nach üniversitatsstudien zu Göttingen und Berlin hat
er sich 1840 zu Göttingen für Geschichte und Staatswirt-
schaft habilitirt. Von der hervorragenden historischen Bil*
düng, die er hauptsächlich unter dem Einflüsse von Otfrid
Müller, Gervinus und Ranke erworben hatte, gab schon 1842
ein Buch über Thukydides Kunde, das mit grossem Beifall
aufgenommen wurde. Aber statt, wie seine Absicht gewesen,
auf diesem Wege fortzuschreiten und die gesamte klassische
Historiographie derselben Behandlung zu unterziehen, wandte
er sich alsbald und auf immer der Staatswirtschaft zu. Schon
1843 erschien sein Grundriss zu Vorlesungen über Staats-
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J''Wy^<oU. A..j,U„ d,, Chronik ron More.
«Mf Oro.d 4«r j„ r«r*.hi.denen Sprachen und
'/'""-'""«n .rUiUn.n Texte, nebst einer
-«•. .r-«.fMi,.K «>,«r d«, Verhiltnis jener Texte
/... ..h...Mj«r und «ber dan Original der Chronik •
Zographos'Preis, 208
Als Einliefeningsterniin wurde der 31. Dezember 1894
bestimmt.
Rechtzeitig ist eiue Bearbeitung der Aufgabe eingeliefert
worden mit dem Motto: «Der Lebende hat Recht. '^
Die Aufgabe einer Veröfientlichung der nichtgriechischen
Texte der Chronik hat der Bearbeiter in der zugemessenen
Zeit nicht erfüllen können, und auch die verlangte Unter-
suchung fiber das Verhältnis aller Texte zu einander und
über das Original der Chronik hat er noch nicht vorgelegt.
Dagegen hat er den Teil der Aufgabe, der als der wichtigste
betrachtet werden muss, eine kritische Ausgabe der griechi-
schen Texte, im grossen und ganzen befriedigend erfüllt.
Er hat die vorhandenen fünf Handschriften genau unter-
sucht, hat zwei derselben als Abschriften einer noch exi-
stierenden Handschrift ausgeschieden, in den übrigen drei,
zwei wesentlich von einander abweichende Redaktionen der
Chronik erkannt, von welchen die eine durch eine Kopen-
hagener und eine Turiner, die andere durch eine Pariser
Handschrift vertreten ist. Der Herausgeber, der richtig sah,
dass diese zwei Redaktionen in extenso neben einander ver-
öffentlicht werden müssen, hat den in den Handschriften
stark verdorbenen Text im allgemeinen mit Geschick und
genauer Kenntnis der mittelgriechischen Vulgärsprache kon-
stituiii. Doch müssen zahlreiche Lesearten noch gebessert
werden, in einigen Punkten der Orthographie ist eine grössere
Konsequenz durchzuführen und namentlich muss der Be-
arbeiter vielfach von der Streichung überlieferter und syntak-
tisch notwendiger Wörter, zu welcher er durch eine zu strenge
Vorstellung von der Metrik des Verfassers der Kopenhagener
Redaktion verleitet worden war, zurückkommen. Auch im
kritischen Apparat ist nach angestellten Stichproben nicht
durchweg die nötige Akribie beobachtet worden, und ist
eine erneute Einsichtnahme der Handschriften durchaus not-
wendig.
204 Zographos-Preis.
Die Einleitung, in welcher der VerfasBer die Hand-
schriften beschreibt und über die Stellung der Chronik in
der Litteratur, über ihre Sprache nnd über die bei der Her-
stellung des Textes von ihm befolgten Grundsatze handelt,
muss präciser gefasst und vor allem besser disponirt werden.
Mithin hat der Verfasser die gestellte Aufgabe nicht in
ihrem ganzen Umfange gelöst und auch denjenigen Teil,
dessen Losung er vorlegte, nicht bis zu dem für den Druck
erforderlichen Grad von Genauigkeit und Sauberkeit ausge-
arbeitet; doch rechtfertigen der nnge wohnliche Umfang des
Werkes, welches 7892 Verse in zwei verschiedenen Be-
arbeitungen, also im ganzen gegen 16000 Verse umfasst, und
die eigenartigen Schwierigkeiten der Ausgabe, für welche die
richtigen Grundsätze erst gefunden werden mussten, eine
mildere Beurteilung. Die k. Akademie erkennt daher, nach
dem Antrag ihrer philosophisch-philologischen Klasse, dem
Verfasser den vollen Preis von 2000 Mark zu, setzt aber
voraus, dass er die erwähnte Revision vornimmt, die Ein-
leitung umarbeitet und der Ausgabe einen für ihre wissen-
schaftliche Brauchbarkeit unerlässlichen Wort- und Sach-
index beifügt. Der Preisträger ist Dr. John Schmitt aus
Gincinnati in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Als neue Preisaufgabe aus dem Zographos-Fond stellt
die k. Akademie:
„Neue textkritische Ausgabe der Werke des
Historikers Prokop, mit Einschluss der Geheim-
geschichte, auf Grund der bestenHandschriften.*
Einlieferungstermin 31. Dezember 1897. Preis 1500 Mark,
von welcher Summe ein Teil gleich nach Zuerkennung des
Preises, der andere erst nach Abschluss des Drucks, wenn
derselbe vor Ende 1903 erfolgt, ausbezahlt werden soll.
205
Sitzung Tom 2. M&rz 1895.
Philosophisch-philologische Classe.
Herr Kuhn hielt einen Vortrag:
Himmel- und Höllenfahrten, ein Beitrag zur
allgemeinen Literaturgeschichte
erscheint in den Denkschriften.
Historische Classe.
Herr v. Cornelius hielt einen Vortrag:
Calvin und Perrin in den Jahren 1546 und 1547
erscheint in den Denkschriften.
206
Sitzung vom 4. Mai 1896.
Philosophisch-philologische Classe.
Herr Eeinz hielt einen Vortri^:
Wasserzeichen des 14. Jahrhunderts in den Hand
Schriften der k. Staatsbibliothek
erscheint in den Abhandlungen.
Historische Classe.
Herr Friedrich legt eine früher gelesene Abhandlung:
Die xoivcovol der Methodisten
in revidirter Form vor; erscheint in den Sitzungsberichten.
Herr Hbiqel gibt:
Beiträge zur Geschichte der Uebereinkunft von
Pillnitz vom 27. August 1791.
Dieselben sind vorerst nicht für den Druck bestimmt.
Herr Simonsfeld gibt:
Beiträge zum päpstlichen Urkundenwesen im
Mittelalter und zur Geschichte des 14. Jahr-
hunderts.
Dieselben erscheinen in den Sitzungsberichten.
207
üeber die Genones der Montanisten bei Hieronymus.
Von J. Friedricli.
(Vorgetragen am 4. Mai.)
Durch Cod. lat. Monac. 5508 (Diss. 8) saec. IX bin ich
schon seit den sechziger Jahren in den Besitz eines merk-
würdigen, wenn auch kleinen Beitrags zu der Geschichte der
Montanisten gekommen. Ich veröffentlichte ihn aber damals
nicht, weil ich nach der Herausgabe meiner Schrift: «Drei
unedirte Concilien aus der Merovingerzeif, welche aus dem
nämlichen Codex stammen, aufmerksam gemacht wurde, und
auch Hefele in seiner Conciliengeschichte dann darauf ver-
wies, dass der Codex bereits von Amort in seinen Elementa
juris canonici gedruckt sei. Ich konnte vermuthen, dass
nunmehr auch der oben erwähnte kleine Beitrag zur mon-
tanistischen Geschichte der gelehrten Welt bekannt werden
dürfte. Diese Annahme war eine Täuschung.
Erst als Hilgenfeld's Ketzergeschichte erschien (1884),
und ich darin fand, dass die Cenones der Montanisten bei
Hieronymus noch immer keine Erklärung gefunden, entschloss
ich mich zu einer neuen Veröffentlichung des bei Amort ge-
druckten Stückes. Ich hielt auch im März 1885 in unserer
Classe einen Vortrag darüber, konnte ihn aber wegen be-
trübender Familienverhältnisse nicht ausarbeiten und liess
dann den Gegenstand überhaupt wieder liegen.
208 J. Friedriüih
Ein neuer Anstoss, denselben wieder aufzunehmen, wurde
mir jüngst durch Hamack*s Abhandlung g^eben : ,Zur
Abercius -Inschrift", wo es S. 25 heisst: ,Die Verfassung
montanistischer Gemeinden mit der abgestuften Hierarchie
der Patriarchen, Cenonen (noch Niemand hat sie sicher zu
erklaren vermocht, Oekonomen?) und Bischöfe ist aus der
allgemeinen kirchlichen Yerfassungsgeschichte nicht zu er-
klären'', vgl. Dogmengesch.* I, 356.
Ehe ich aber auf das Schriftstück des Codex Diss. ein-
gehe, will ich zunächst den Stand der Frage selbst kurz
darlegen.
Trotz der nicht ganz unbedeutenden Literatur der alten
Kirche über den Montanismus wird die hierarchische Ver-
fassung desselben nicht weiter erwähnt. Erst Hieronymus
ep. 41 ad Marcellam (Opp. I, 188 sq.) gibt darüber Näheres
an, indem er schreibt: apud nos apostolorum locum episcopi
tenent, apud eos episcopus tertins est, habent enim primos
de Pepusa Phrygiae patriarchas, secundos, quos appellant
Genonas, atque ita in tertium, id est pene ultimum locum
episcopi devolvuntur, quasi exinde ambitiosior religio fiat,
si quod apud nos primum est, apud illos novissimum sit.
Damit hatte man aber nur ein Wort, Genones, das jeder
Erklärung spottete. Döllinger z. B. in seinem « Handbuch
der Eirchengeschichte" (I, 284) betrachtet sie als „eine eigene
Classe von Aufsehern (Zenones?)* und deutet zugleich an, dass
die Bezeichnung Genones vielleicht nicht zuverlässig über-
liefert sein dürfte.
Um einen Schritt weiter führte die Sache Hilgenfeld,
indem er auf eine Stelle in Justinian^s Cod. I. 5, 20 hinwies :
Idixcbg dk inl roig ävooloig Movraviaraig ^eaTtl^Ojuev, Säte
/nrjdeva ovyxcoQeta&ai r&v xaXov/jiivcov avxcbv TtarqiaQx&y xal
xotvoDvcov fj iniaxöjKOv ij ngeüßinSgcDv fj diaxovwv ij äHo)v
xlfiQixd>v ... In der lateinischen Uebersetzung : Specia-
liter autem contra impios Montanistas sancimus, ut nuUi
Ueber die Cenones der Montanisten bei Hieronymus, 209
concedatar ex pairiarchis eoram, quos vocant, vel sociis, vel
episcopis . . . Hilgenfeld hatte Recht, wenn er sein Erstaunen
darüber aussprach, dass man die Cenones «merkwürdigerweise
bisher noch nicht als xoivd>vag =s xoivcDvoig erkannt hat^.
Aber er geht auch wieder zu weit, wenn er behauptet, «die
Cenones werden vollständig erklärt durch diesen Erlass Justi-
nian*s I. von 530" ; denn wir haben hier nur den Nachweis,
daas die Cenones des Hieronymus die xoivmvol des Justinian
sind, und wissen noch keineswegs, was unter ihnen zu ver-
stehen ist, wenn es jetzt auch nahe liegt, unter ihnen « Ge-
nossen'^ zu verstehen, wie Hilgenfeld meint, Genossen des
Patriarchen. Deshalb konnte auch noch jüngst Harnack auf
den Gedanken kommen, es möchten die Cenones «Oekonomen*
gewesen sein.
Ich meine nun an der Hand des Schriftstücks aus Cod.
lat. Monac. 5508 f. 102 die Erklärung dieser Cenones um
ein Bedeutendes fordern zu können. Dasselbe lautet:
Dominis beatissimis in Christo fratribas Lovocato et
Catihemo presbyteris Lecinius, Melanins et Eustochius epi-
scopi.*) Viri*) venerabilis Sparati presbyteri relatione co-
gnovimus, quod ....') qnasdam tabulas per diversorum civium
capannas*) circumferre non desinatis, et missas ibidem ad-
hibitis*) mnlieribus in sacrificio divino, quas conhospitas
nominastis, facere praesumatis ; sicut erogantibus vobis eucha-
ristiae illae vobis positis calices teneant et sanguinem Christi
populo administrare praesuroant. Cuius rei novitas et inaudita
superstitio ®) non leviter contristavit, ut tarn horrenda secta,
quae intra Gallias numquam fuisse probatnr, nostris temporibus
videatur mergere, quam patres orientales pepodianam"^ vocant,
pro eo quod Pepodius auctor huius scismatis fuerit, mulieres
^) episcopufl DCiseensis). ^) vir D. ') gestant ex D
^) capanat D. — capanna = tugurium, casola. ^) adhibetis D.
^) auperttitionis D. '') pepondianam D.
1895. PhfloflL-pbUol. o. hist. C1. 14
210 /. Prieäriek
silH in sacrificio divino socias habere praeRnmpserit^), prae-^
cipientee: Ut quicDmque haic errori yoloerit inherere, a
communione ecclesiastica reddatur extraneos. Qaa de re
caritatem yestram in Christi amore pro ecclesiae uoitate et
fidei catholicae . . . e ') inprimis credidimus admonendani,
obsecranies, ut, cum ad tos nostrae perTenerunt paginae^)
litterarum, repentina*) de praedictis rebus emendatio sub-
secuta, id est, ut antedictas tabulas, quas a presbyteris non
dttbitamus, ut dieitis, consecratas, et de mulieribos illis,
quas oonhospitas dieitis, quae nuncupatio non sine quodam
pericnlo(?)^) dicitur auimi, vel auditur, quod clerum infamat,
et sancta') in religione tarn detestandum nomen pndorem
incutit et horrorem. Idcirco seoundum statuta patrum caritati
vestrae praecipimus''): üt non solum huiuscemodi muliercalae
sacramenta divina pro inücita administratione non poUuant;
sed etiam praeter matrem, aviam, sororem Tel neptem intra
tectuu) cellolae suae si quis ad cohabitandum habere voluerit,
canonum sententia a sacrosanctis^) liminibus ecclesiae arceatur.
Gonvenit itaque nobis, fratres carissimi, si ita est, ut ad noB
de supradicto perveniat^) negotio emendationem celerrimam^^)
exhibere, quia pro salute animarum et pro aedificatione populi
res ab ecclesiastico ordine tarn turpiter depravatas velociier
expedit emendare, ut nee vos pertinacitas huius obstinationis
ad maiorem confusionem exhibeat, nee nobis necesse sit cum
virga ad vos venire apostolica [1. Gor. 4, 21], si caritatem
renuatis, et tradere satanae in interitum camis, ut Spiritus
possit salvari [1. Gor. 5, 5], hoc est, tradere satanae, cum ab
ecclesiastico grege pro crimine suo quisquis fuerit separatus,
non dubitet se a daemopibus tamquam lupis rapacibus
^) praesampserint D. ^) Lücke im Codex wegen eines oben
▼om Blatte abgeriRsenen Stückchens. ') pagina D. ^) repen-
tinam D. ^) primo D. ^ sanctae D. ^) praecipem D.
*) sacrosancto D. ®) nt, bi ita est . . . provenit D. '^) celeber-
rimam D.
Ueher die Cenones der Montetnisten bei Hieronymtts, 211
deTorandum [cf. 2. Petr. 5, 8]. Similiter et eyangelica com«
monemor aententia, ^) ubi ait: Si nos nostra scandalizaverint;
membra [cf. Matth. 5, 29 ; Marc. 9, 46] : quicumque ecclesiae
catholicae*) haeresim intromittit, ideo facilias est, ut unum
membrum, quod') totam commacalat ecclesiam, abscidatar,
quam tota ecoleeia in interitum deducatur.
Safficiant vobis baec paaca, quae de multis praediximus.
Date operam multani/) cominunioneru caritatis et viam regiam,
qna paululam deviastis, avidissima intentione ingredi proquretis,
ot et Yos fructum de oboedientia capiatis, et nos vos pro
ezoratione noetra congaudeamus esse salvandos.
Dieses kleine Schreiben ist an sich interessant; es hat
aber eine weit über die Grenzen der gallischen Kirche hinaus-
gehende Bedeutung, insofern es eine sonst nirgends vorkom-
mende Nachricht aus der orientalischen Kirche enthält.
Die erste Frage ist die nach der Zeit des undatirten
Schreibens. Für ihre Bestimmung gibt es aber nur einen
Anhaltspunkt, die Namen der Bischöfe. Amort hat nun, da
alle drei unter den Unterschriften des Goncils von Orleans 511
sich finden,^) auch diesen Bischöfen des Jahres 511 unser
Schreiben sugeschrieben , und es lässt sich nicht leugnen,
dass viel för diese Annahme spricht. Die drei Bischöfe
gehören der nämlichen Kirchenprovinz Tours an, und wie es
sonst Brauch ist, steht der Metropolit Licinius von Tours an
der Spitze seiner Comprovincialbischöfe Melanins von Rennes
und Eustochius von Angers. Indessen möchte ich doch den
Umstand, dass die drei Namen unseres Schriftstückes auch
anf der Synode von Orleans vertreten sind, nicht för ent-
scheidend halten. Denn ein Bischof Melanius (von Troyes)
unterschreibt auch eine Synode von Nimes, deren c. 2 wie
ein Anszng aus unserem Schreiben lautet: Illud aetiam a
^) evangelicam . . . sententiam D. ^) eccletia catholica D.
') qui D. ^) operae molta D. ^) Mon. Germ., Concilia p. 9.
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üt^er die Cenonea der Montanisten bei Hieronymue, 213
ftir die drei gleichnamigen Bischöfe der Synode von Orleans
entschiede, bliebe die Thatsache bestehen, dass unser Schreiben
einen viel älteren, wahrscheinlich vor Hieronymus abgefassten
orientalischen Canon überliefert.
Es ist von keiner Bedeutung, ob die drei Bischöfe mit
Recht oder Unrecht das Verfahren der Priester Lovocatus und
Catihemus als montanistisch bezeichneten; denn ähnliche
Erscheinungen kamen auch sonst vor, wie die Erzählung
Firmilian*s von einer Prophetin, welche die Liturgie feierte
und taufte (Cypr. opp. ed. Hartel II, 817), c. 11 der Synode
von Laodicea und des Papstes Gelasius I. ep. 14 c. 26 zeigen,
ohne dass man deswegen sogleich an Montanismus dachte.
Die Wichtigkeit ihres Schreibens liegt vielmehr darin, dass
sie durch ihre Annahme veranlasst wurden, sich über das
pepuzianische Schisma auszusprechen.
Ihre Eenntniss des Montanismus ist zwar nicht gross,
da sie den Namen der pepuzianischen Sekte von Pepodius
als ihrem vermeintlichen Urheber statt von dem Städtchen
Pepuza in Phrygien herleiten; allein dieser für die Sache
unbedeutende Irrthum beeinträchtigt nicht den Werth ihrer
Quelle, aus der sie ihren Beweis führen und ihre Berechtigung
zum Einschreiten gegen die Priester Lovocatus und Catihernus
herleiten. Diese Quelle ist aber eine ihnen vorliegende Ver-
dammung der Pepuzianer durch die orientalischen Väter, und
zwar in der Form eines Canons, da sie ausdrücklich hinzu-
fügen: praecipientes (sc. patres orientales): ut quicumque
huic errori voluerit inherere, a communione ecclesiastica
reddatur extraneus. Freilich ist ein solcher Canon sonst
nicht bekannt; allein daraus kann kein Einwand gegen ihn
erhoben werden. Denn einmal können wir keineswegs be-
haupten, dass wir alle Synoden auch nur der abendländischen,
geschweige der morgenländischen Kirche kennen, nachdem
gerade in der neuesten Zeit einzelne vorher unbekannte erst
entdeckt wurden, und zweitens ist es ganz undenkbar, dass
214 /. Friedrich
die drei gallischen Bischöfe ihre Angaben erfunden haben
sollten. Dagegen spricht auch der Inhalt ihrer Behauptung,
die wir jetzt näher betrachten mQssen.
Lovocatus und Catihernus nennen die Frauen, welche
sie zum kirchlichen Dienste zuliessen, conhospitae. Davon
hebt sich in der auffallendsten Weise ab, dass die Bischöfe
gerade da, wo sie von dem Beschlüsse der orientalischen
Väter gegen die Pepuzianer sprechen, dafQr eine andere Be*
Zeichnung, den Ausdruck sociae, gebrauchen: mulieres sibi
in sacrificio divino socias habere praesumpserit. Sie müssen
daher die Bezeichnung sociae in ihrer Vorlage, in dem
Sjnodalbeschluss der orientalischen Väter selbst, vorgefunden
haben, welche dann wieder der terminus technicus der Pepu-
zianer selbst sein muss. In der That gab es nach der
lateinischen Uebersetzung von Cod. I. 5, 20: ex . . . sociis,
eine Classe der montanistischen Hierarchie, welche diesen
Namen führte. Ex sociis heisst aber ebenda griechisch :
xotvcDvcov, welche wieder die Genones bei Hieronymus sind.
Gegen diese Beweisführung lässt sich meines Erachtens
nur das eine einwenden, dass, wie es scheint, Hieronymus
und Justinian Männer dabei im Auge haben, während die
gallischen Bischöfe von Frauen sprechen. Doch gerade darin
liegt eine der bisherigen Täuschungen, dass man unter den
Cenones des Hieronymus und den xoivcovwv oder ex sociis
des Justinian Männer verstand.
Beide, Hieronymus und Justinian, setzen voraus, dass
über die Genones oder xoiv(ovwv kein Zweifel aufkommen
könne. Während man aber zu Hieronymus' Zeit wissen
konnte, dass Genones Frauen bedeute, ging der späteren Zeit
diese Kenntniss vollständig ab. Sie konnte an dem nackten
Genones nicht mehr erkennen, dass es sich auf Frauen beziehe.
Daher auch das Schwanken der Lesarten.^) Ebenso verhält
^) Wie unsicher man in Bezug anf diese Stelle war, zeigen die
Handschriften. Pro Cenona« qnidam Mbs. Zenonos ; unua Bononiensit
üeber die Cenones der Montanisten bei Hieronymua, 215
es sich bei Jasfcinian: aus dem von ihm gebrauchten xoivayvwif,
das ohnehin masculinum und femininum sein kann, sowie aus
der lateinischen Uebersetzung ex sociis liess sich ebenfalls
nicht mehr erkennen, ob sein Decret von Männern oder
Frauen spreche.
Unser Schreiben bietet daher einen willkommenen Gom-
mentar zu den Stellen des Hieronymus und des Justinian.
Auch nach ihm gibt es bei den Pepuzianem Oenones, die
aber keine socii, sondern sociae sind, und bilden eine Glasse
in der montanistischen Hierarchie.
Nun kann es auch nicht mehr befremden, wenn Epiphanius
Ton den Pepuzianern berichtet, dass sie Frauen in ihren Glerus
aufnahmen: Kai r^v ddeXq^ifv tov McovaScog cbg Ttgofprjrida
kiyovotr, elg juaQTVQlav td>v naQ"" avtok ^tai^icrafievcDv yvvaixöjv
h xXfjgq) . . . Doch bezieht sich diese Stelle zunächst nur
auf die Prophetinnen, welche die Pepuzianer fortwährend als
eine kirchliche Institution hatten, und deren Auftreten in der
Kirche Epiphanius näher beschreibt. Unsere Beweisführung
betrifft die weitere Bemerkung desselben, dass bei den Pepu-
zianern Frauen auch Bischöfe, Presbyter n. s. w. wurden:
'Entaxoyioi re Tiag* amoXg ywaixeg, xal stgsaßmegoi yvväixeg,
xal T(i äXla . . . Käv re yäg yvvmxeg naQ* amoXg etg iTiiaxoTirjv
xal TiQeaßvxiQiov xa'&Uhavxai diä r^v Evav . . . (haer. lib. 2, 49).
Damit geht freilich Epiphanius über die anderen Quellen hinaus,
allein gerade diese näheren Angaben sind verdächtig. Seine
Quelle ist hier nur das Hörensagen, wie er selbst angibt:
tavtd iativ, ä xaxedriqHifiev . . ., und man kann mit ziemlich
grosser Gewissheit errathen, wie die Angaben des Epiphanius
monasterii s. Salvatoris Genonos, alii, etiam Victorio teste, Iconomos,
Mij^e 22, 476. Es ist dann auch nicht zu verwundern, dasa die Ab-
schreiber das grammatikalisch geforderte : secundas, quas ... in :
secandos, qnos . . . änderten. Die richtige ursprüngliche Lesart
dflrfle daher doch gewesen sein: secundas qnas appellant Cenonos
(= xowdnvovg).
216 /. Friedrich
entstanden. Wusste man nämlich, dass die Pepuzianer Frauen
in ihren Glerus aufnahmen, so lag es nahe, sich die Vor*
Stellung zu bilden, dass sie zu den einzelnen Graden, zum
Episcopat, Presbyterat u. s. w., zugelassen würden. Immerhin
ist die Nachricht, dass die Pepuzianer Frauen in ihrem Glerus
hatten, insofern von Bedeutung, als sie die andere in dem
Schreiben der drei gallischen Bischöfe bestätigt.
Es entspricht aber auch der Geschichte des Montanismus,
dass die Cenones sociae, nicht socii waren. Denn nimmt
man sie als socii, so wird alles missverstandlich, wie man an
der Ausführung Hilgenfeld's sieht: ^ Der Montanismus musste
von vorne herein das Bestreben haben, eine eigene Gemeinde
des Paraklet zu stiften. Montanus selbst hat nicht blos für
Eintreibung von Geldern und Besoldung von Predigern ge-
sorgt, sondern auch Pepuza und Tymion für Jerusalem oder
den Vorort erklärt, und nicht umsonst den Alkibiades und
Theodotos um sich gehabt, wie die Maximilla ihren Themison,
die Prophetin oder der Prophet des Apollonios den Alexander.
So standen auch später den Patriarchen zunächst die Koiviaveg
oder KoivMvoi zur Seite, erst an dritter Stelle folgten die
Bischöfe. Dem Patriarchen als Nachfolger des Montanus
und seinen »Genossene war der Episcopat entschieden unter-
geordnet, wogegen der katholische Episcopat seine Ueber-
ordnung über alle prophetischen Erscheinungen innerhalb
der Kirche behauptete*' (S. 598). Das Charakteristische des
Montanismus bilden aber nicht diese Begleiter des Montanus
und der Maximilla, sondern der Umstand, dass mit und neben
Montanus die Frauen PriscUla und Maximilla als Prophetinnen
auftraten und seine Begleiterinnen waren. Es erscheint daher
wenig motivirt, dass gerade die Begleiter des Montanus, Alki-
biades und Theodotos, oder der der Maximilla, Themison, als
Begleiter Nachfolger in einer besonderen Classe der monta-
nistischen Hierarchie gehabt haben sollen, nicht aber die
Prophetinnen und Begleiterinnen des Montanus, welche doch
I7e6er die Cenones der MontatUaten bei Hieronymue, 217
die männlicheli Begleiter an Bedeutung weit überragten. Es
liegt vielmehr, wenn der Patriarch in Pepuza der Nachfolger
des Montanus war, weit näher, dass auch die Prophetinnen
Pnscilla and Maximilla, gleich Montanus die Organe des
Paraklet, Nachfolgerinnen hatten. Doch kam Hilgenfeld zu
seiner Au&tellung auch nur aus dem Grunde, weil er in
den Cenones socii, nicht sociae, erkannte. Ist dies, wie ich
glaube, auf Grund des Schreibens der drei gallischen Bischöfe
nicht mehr möglich, so ergibt sich auch nothwendig, wessen
Nachfolger die Cenones sind, und begreift es sich hinreichend,
warum diese den Bischöfen, Presbytern, Diakonen und anderen
Clerikern übergeordnet sind.
Aus dem eben Gesagten folgt auch, dass ich ebenso*
wenig die Behauptung Hamack^s unterschreiben kann: ^Die
Verfassung montanistischer Gemeinden mit der abgestuften
Hierarchie der Patriarchen, Cenonen und Bischöfe ist aus
der allgemeinen kirchlichen Verfassungsgeschichte nicht zu
erklaren.* Denn das könnte nur dann gelten, wenn wir
wirklich «die montanistische Verfassung nur durch Hiero-
nymus kennten**. Das ist jedoch nicht der Fall. Justinian,
der das nämliche wie Hieronymus sagt, zeigt vielmehr, dass
die Montanisten die ganze Hierarchie der allgemeinen Kirche
beibehalten hatten. Das Eigenthümliche des Montanismus
besteht daher nur darin, dass in ihm der kirchlichen Hier-
archie von oben noch Patriarchen und Cenones als die Nach-
folger des Montanus und der Priscilla und Maximilla hinzu-
gefügt wurden.
Einige Hauptfragen, nämlich die: waren die Cenones
ordinirt und welche Aufgabe kam ihnen zu? sind damit
freilich noch nicht beantwortet und werden voraussichtlich
kaum mehr ganz befriedigend beantwortet werden können.
Denn was Epiphanius erzählt, dass die Pepuzianer zwischen
Mann und Weib keinen Unterschied machten und deshalb
auch Frauen zu Bischöfen, Priestern u. s. w. bestellten, ist
218 J, Friedrieh
nicht nur sonst nicht beglaubigt, sondern steht im directen
Widerspruch mit der bestimmten Angabe sowohl des Hiero-
nymus als des Kaisers Jnstinian, wonach die Cenones eine
besondere, zwischen dem Patriarchen und den Bischöfen
stehende hierarchische Ordnung bildeten. Seine Nachricht
gibt also keinen Aufschluss.
Wichtiger könnte für die Beantwortung dieser Frage
c. 2 der Synode von Nimes im Jahre 394 zu sein scheinen,
wenn es feststünde, dass er sich auf das Unterfangen der
Priester LoYocatus und Gatihemus beziehe. Denn nach ihm
wären ihre conhospitae nicht blos ordinirt gewesen, sondern
wir erführen auch, dass sie zum letritischen , also zum
Diakonendienst verwendet worden seien. Aliein wenn auch
diesem Canon der gleiche Vorgang wie dem Schreiben der
drei gallischen Bischöfe zu Ornnde läge, so könnte er doch
nicht zu der Beantwortung der oben gestellten Fragen heran-
gezogen werden, da er, obgleich in c. 1 von Manichäischen
Priestern und Diakonen, welche aus dem Orient nach Ghillien
kamen, gesprochen wird, in keiner Weise auf die Pepuzianer
hinweist, sondern das von ihm gerügte Vorkommniss als eine
Erscheinung ohne Zusammenhang mit irgend einer Sekte
behandelt.
Es bleibt demnach nur noch unser Brief übrig, aus dem
einiges Licht auf die räthselhaften Cenones fallt. Denn wenn
wir, woran nicht gezweifelt werden kann, in dem Schreiben
der drei gallischen Bischöfe den Canon orientalischer Väter
vor uns haben, so steht zugleich fest, dass diese sociae sich
an der Darbringung «des göttlichen Opfers* betbeiligten :
mulieres sibi in sacrificio divino socias habere praesumpserit.
Ja es scheint, dass sie von dieser Betheiligung sogar ihre
Bezeichnung sociae erhalten haben. Worin freilich diese
Betheiligung bestand, das ist nicht gesagt. Denn wenn die
Bischöfe schreiben: sicut erogantibus vobis eucharistiae illae
vobis positis calices teneant et sanguinem Christi popnio
üeber die Cenones der Montanisten bei Hieronymus. 219
administrare praesumant, oder: praecipimüs, ut non solum
huiuscemodi mulierculae sacramenta divina pro inlicita ad-
minisiratione non' ipolluant, so bezieht sich dies auf die von
den Priestern LoYocatus und Catihemus zum Altar zugelasse-
nen Frauen, die conhospitae, und darf nicht ohne Weiteres
auf die pepuzianischen sociae übertragen werden.
Indessen darf aus diesem Canon orientalischer Väter doch
so viel geschlossen werden, dass die sociae der handelnden
Hauptperson bei ier Verrichtung des gottlichen Opfers, also
bei der Vollziehung der Liturgie Dienste leisteten. Da dies
aber Sache der Diakonen war, so werden die sociae bei den
Pepuzianern ebenfalls Diakonendienste gethan haben. Dass
sie dann auch wie die Diakonen am Altare communicirten,
folgt von selbst. Auf letzteres, auf das Gommuniciren am
Opferaltar, wie es dem Glerus gestattet war, weisen aber
sogar die Bezeichnungen Cenones, xoivwvol, xoivo>veTv, da
Hoivioveiv ein liturgischer Terminus mit ganz bestimmtem
Sinne ist. Der Canon 19 der Synode von Laodicea bestimmt
am Schlüsse: «Nur den Geistlichen soll es erlaubt sein,
zu dem Opferaltar hineinzugehen und Theil zu nehmen
{xoivioyelvy ^ wozu Hefele (I, 764) bemerkt: „Endlich ist
das letzte Wort unseres Canons xoivoivetv wohl dahin zu
verstehen, dass nur die Geistlichen unmittelbar am Altar
dem Gk>tte8dienst beiwohnen und die hl. Communion em*
pfangen dürften.'^
In einem gewissen Sinne wird dadurch doch auch wieder
Epiphanias bestätigt, wenn er behauptet, dass die Pepuzianer
zwischen Mann und Frau nicht unterschieden und auch diese
in den Clerus aufgenommen hätten. Er geht nur insofern
weiter, als er Frauen auch Bischöfe, Priester u. s. w. werden
lässt, wofür wenigstens die übrigen Quellen keinen Beleg bieten.
Natürlich kann damit nicht der ganze Umfang der
Thätigkeit der Cenones beschrieben sein. Denn wer'
nymus und Justinian sie unmittelbar nach den
220 J. Friedrich
und vor den Bischöfen einreihen, so deutet schon diese die
Bischöfe überragende Stellung an, dass ihnen noch eine
andere Bestimmung innerhalb der kirchliehen Hierarchie der
Montanisten zukommen musste, wobei nicht ausgeschlossen
ist, dass diese eigenthümliche Stellung der Patriarchen und
Cenones sich erst allmählich herausgebildet haben konnte.
Worin aber die eigentliche Stellung der Cenones bestand,
das ist schwer mit Bestimmtheit zu sagen. Wenn jedoch
der Patriarch der Nachfolger des Montanus, die Cenones die
Nachfolgerinnen der Maximilla und Priscilla sind, so li^t
es nahe, zu vermuthen, dass Patriarchen und Cenones die
fortwährenden Orgaue des Paraklet sein und die Rolle you
Propheten haben sollten. Und dafQr scheint in der That
Epiphanius zu sprechen, der, nachdem er erwähnt, Christus
sei auf eine der Frauen Qnintiüa oder Priscilla herabgekom-
men, habe ihr Weisheit eingegeben und gesagt: Dieser Ort
ist heilig, auf ihn wird das heilige Jerusalem herabkommen,
fortfahrt: Aid, qorjol, xal äxQ'^ ^^^ devQO fivovo^al xtvag ovt(o
yvvaixag ixeioe iv xtp töjico xal ävögag, Jigög ro btifxstvanag
avräg ij amovg xov Xgiotöv '^ecoQfjoai. rvväixeg oiv nag'
avxoTg xakovvrm Jigotptjrideg . . . KvtvrilXav de ^xovotv ägxfjyov
äjua IlgioxikXfiy xfj xal nagä xdig xaxä 0gvyag . . . Die Mon-
tanisten hätten also nur ausgeführt, was die katholischen
Polemiker von ihnen forderten: Seiv ydg dvai x6 ngoqyrjxatov
xAgiojbta iv ndofi xfj ixxkrjoia fiixQ^ ^V^ xelelag nagovoiag,
6 Ajiöoxoiog ä^ioV dAA* ovx hv ^;foicv öei^ai XEaoageaxmdexaxov
ijöi] Ttov xovxo hog duio xfjg Ma^ifiÜlr}g xeXevxrjg, Euseb.
h. e. V. 20. Eine solche Institution von Prophetinnen scheint
indessen schon Apollonius, der 40 Jahre nach dem Auftreten
des Montanus geschrieben hat, gekannt zu haben, da er
Maximilla und Priscilla die «ersten* Prophetinnen nennt:
delxwjuev ovv avxäg ngayxag xäg 7igo<prjtidag xavxag . . .,
Euseb. V. 21.
üeher die Cenanes der Montanisten bei Hieronymus. 221
üeber das Alter des von den drei gallischen Bischöfen
erwähnten Canons orientalischer Väter wage ich nichts zu
sagen. Zwar könnte es scheinen, dass die von ihnen gebrauchten
Aasdrücke secta, schisma auf jene Zeit weisen, wo man noch
fragte, ob der Montanismus blos eine Sekte oder eine Häresie
sei (Hilgenfeld, S. 575); allein darauf hin wage ich, wie
gesagt, keine Entscheidung zu treffen.
222
Siteung vom 15. Jnni 1895.
Philosophisch-philologische Classe.
Herr Iw. v. Müller legt eine Abhandlung vor von Prof.
Ungbr:
Seleukidenära der Makkabäerbücher.
Dieselbe erscheint in den Sitzungsberichten.
Herr Paul hielt einen Vortrag über den Neudruck eines
mittelalterlichen Gedichtes
Tristan als Mönch
erscheint in den Sitzungsberichten.
Historische Classe.
Herr Stieve hielt einen Vortrag:
Enstehung des Welthandels
vorläufig nicht zum Druck bestimmt.
Herr Dove gibt einen Nachtrag zu der in den Sitzungs-
berichten (1893 S. 201—237) gedruckten Abhandlung unter
dem Titel:
Das älteste Zeugniss für den Namen Deutsch
erscheint in den Sitzungsberichten.
223
Das älteste Zengniss für den Namen Deutsch.
Von A. DoTe.
(Vorgetragen am 16. Juni.)
Den , Bemerkungen zur Geschichte des deutschen Volks-
namens', die ich in der Sitzung vom 4. Miirz 1893 der
Classe vorgelegt/) habe ich einen berichtigenden Nachtrag
hinzuzufügen. Er betrifft das früheste Vorkommen von theo-
discus; einer mittellateinischen Wortschöpfung, die, wie seiner-
zeit dargethan, im Altdeutschen die Entwicklung des ehedem
appellativ gebrauchten Beiwortes theodisk zum Eigennamen
für die Gemeinsprache der deutschen Stämme als vollzogen
voraussetzt. Als ältester Beleg für theodiscus galt bisher
allgemein die bekannte, von der Verurtheilung Herzog
Tassilos handelnde Stelle der Annales Laurissenses majores,
von der ich nachwies, dass sie uns in der formelhaften
Wendung quod theodisca lingua harisliz dicitur einen ur-
kundlichen Nachhall vom Ingelheimer Reichstage selbst,
also vom Juni 788 übermittelt hat. Wohl machte ich
daneben auf ein scheinbar noch älteres Zeugniss für die
Existenz des deutschen Sprachnamens aufmerksam, das jedoch
so, wie es vorliege, unmöglich seine Richtigkeit haben könne.
Den Magdeburger Centuriatoren verdankt man die freilich
an vielen Stellen fehlerhafte Mittheilung eines Schreibens,
1) Sitzungsberichte 1893, I. S. 201 ff. Auf die dort gegebenen
Ansfilhraiigen nnd Belege wird hiemit im allgemeinen verwiesen.
224 A. Bwe
in welchem Georg Cardinalbischof von Ostia dem Papste
Hadrian I. über die beiden unter dem Namen der legatine
Councils berühmten Synoden Bericht erstattet, die im Herbst
786 auf englischem Boden, zu Gorbridge in Northumberland
und zu Cealchydh in Mercien, abgehalten wurden. Da hiess
es denn: die auf dem ersten, northumbrischen Concil be-
schlossenen Capitel seien auf dem zweiten, mercischen laut
verlesen et tam latine quam teutonice, quo omnes intelligere
possent, deutlich eröffiiet worden; eine Lesart, die nach dem
ersten Druck, weil die benutzte Handschrift fQr verloren
galt, bis auf Jaffes Monumenta Alcuiniana herab ohne Be-
denken wiederholt ward. Dass in teutonice ein Fehler
stecken müsse, war leicht zu zeigen; tritt doch diese gelehrte
Verunstaltung von theodiscus sonst erst neunzig Jahr später
im Kreise fuldischer Schulweisheit zutage. Im Hinblick auf
die Thatsache, dass hier von südenglischer Zunge die Rede
ist, schlug ich vor, das gewohnliche saxonice dafür einzu-
setzen; bemerkte indess, dass auch ein theodisce zwar be-
fremden, immerhin aber zu erklären sein würde. Mittler-
weile hat sich jedoch die so lange verschollene Handschrift
wiedergefunden; aus einem Wolfenbüttler Codex, demselben,
den einst Flacius besass, hat schon 1891 gelegentlich Sdralek,^)
was mir derzeit leider entging, und vor kurzem abermals
Düramler in seiner Edition der Briefe Alchvins*) das er-
wähnte Schreiben des Cardinallegaten kritisch herausgegeben.
Hienach erweist sich teutonice als willkürliche Neuerung
der Centuriatoren ; der wahre Text lautet dagegen in der
That: tam latine quam theodisce. So wenig es nun auch
überraschen kann, ein von 788 an regelmässig wiederkehren-
des Wort bereits 786 anzutreffen, so entschieden fordern
^) Eine kirchenrechtliche Sammlang Trier*scher Herkunft; siehe
Kircfaengeschichtl. Studien, herausggb. von EnOpfler, SchrOr« und
Sdralek I, 2. S. 66 £P.
^) Mon. Qerm. hiat., Episiolae Karoljni aevi 11. p. 19 sqq.
Das älteste Zeugniss für den Namen Deutsch. 225
doch die eigenthümlichen Umstände, unter denen theodisee
hier zum erstenmal auftaucht, zu einer historischen Er-
örterung heraus. Dass in dem Brief eines Romers an den
anderen das Angelsächsisch der Unterthanen König Offas
als deutsch charakterisirt wird, noch bevor uns dieser Name
in seiner karolingischen Heimath selber nachweislich be-
gegnet: diese Wahrnehmung böte sonst Anlass genug, alte
Irrthömer durch neue Missverständnisse wiederzubeleben.
. Für die Beurtheilung des in Rede stehenden Schreibens
ist die Art seiner Ueberlieferung nicht ohne Bedeutung.
Weder in Rom noch in England hat sich eine Abschrift
davon, oder auch nur ein verwandtes Dokument über den
Verlauf jener Legatenconcilien erhalten; vielmehr findet sich
unser Brief einzig in einer, wie Sdralek gezeigt hat, um
965 im Trierer Kloster St. Maximin angefertigten kanonisti-
schen Sammlung von vorwiegend karolingischem Material,
in die er aufgenommen worden ist, weil er die englischen
Synodalbeschlüsse von 786 vollständig recapitulirt. Er trägt
in der Sammlung die bezeichnende üeberschrift: Synodus,
que facta est in Anglorum Saxonia temporibus ter beatissimi
et coangelici domini Hadriani summi pontificis et universalis
pape, regnante gloriosissimo Karolo excellentissimo rege
Francornm et Langobardorum seu patricio Romanorum, anno
regni ipsius XYIII, missis a sede apostolica Georgio Ostiensi
episcopo et Theophylacto venerabili episcopo sancte Tudertine
ecclesie, regnante Domino nostro Jesu Christo in perpetuum,
anno incarnationis ejusdem Domini nostri DCCLXXXVI,
ind. X. Wie man sieht, stammt diese Üeberschrift aus einer
alten, dem geschilderten Ereigniss gleichzeitigen Vorlage,
der Abschrift nämlich, die ein Unterthan Karls d. Gr. geist-
lichen Standes damals von dem Legaten be rieht um seines
kirchenrechtlichen Inhalts willen genommen. Man beachte
die genaue Zeitangabe für die hier in eins gefassten Synoden:
zwischen 1. September und 9. Oktober 786, wobei die
1805. Sitsongsb. d. pbil. u. bist. Gl. 15
216 /. Friedrich
entstanden. Wusste man nämlich, dass die Pepusianer Frauen
in ihren Clerus aufnahmen, so lag es nahe, sieh die Vor-
stellung zu bilden, dass sie zu den einzelnen Graden, zum
Episcopat, Presbyterat u. s. w., zugelassen würden. Immerhin
ist die Nachricht, dass die Pepuzianer Frauen in ihrmn Glerus
hatten, insofern von Bedeutung, als sie die andere in dem
Schreiben der drei gallischen Bischöfe bestätigt.
Es entspricht aber auch der Geschichte des Montanismus,
dass die Cenones sociae, nicht socii waren. Denn nimmt
man sie als socii, so wird alles missyerstaudlich, wie man an
der Ausführung Hilgenfeld's sieht: «Der Montanismus musste
von vorne herein das Bestreben haben, eine eigene Gemeinde
des Paraklet zu stiften. Montanus selbst hat nicht blos für
Eintreibung von Geldern und Besoldung von Predigern ge-
seilt, sondern auch Pepuza und Tymion fQr Jerusalem oder
den Vorort erklärt, und nicht umsonst den Alkibiades und
Theodotos um sich gehabt, wie die Masimilla ihren Themison,
die Prophetin oder der Prophet des ApoUonios den Alexander.
So standen auch später den Patriarchen zunächst die Koivün^eg
oder Koiviovoi zur Seite, erst an dritter Stelle folgten die
Bischöfe. Dem Patriarchen als Nachfolger des Montanus
und seinen »Genossen« war der Episcopat entschieden unter-
geordnet, wogegen der katholische Episcopat seine Ueber-
ordnung über alle prophetischen Erscheinungen innerhalb
der Kirche behauptete** (S. 598). Das Charakteristische des
Montanismus bilden aber nicht diese Begleiter des Montanus
und der Maximilla, sondern der Umstand, dass mit und neben
Montanus die Frauen Priscilla und Maximilla als Prophetinnen
auftraten und seine Begleiterinnen waren. Es erscheint daher
wenig motivirt, dass gerade die Begleiter des Montanus, Alki-
biades und Theodotos, oder der der Maximilla, Themison, als
Begleiter Nachfolger in einer besonderen Classe der monta-
nistischen Hierarchie gehabt haben sollen, nicht aber die
Prophetinnen und Begleiterinnen des Montanus, welche doch
üd}er die Cenanes der Montanisten bei Hieronymus. 217
die männlicheti Begleiter an Bedeutung weit überragten. Es
li^ vielmehr, wenn der Patriarch in Pepuza der Nachfolger
des Montanus war, weit naher, d&ss auch die Prophetinnen
Priscilla und Maximiila, gleich Montanus die Organe des
Paraklet, Nachfolgerinnen hatten. Doch kam Hilgenfeld zu
seiner Aufstellung auch nur aus dem Grunde, weil er in
den Genones socii, nicht sociae, erkannte. Ist dies, wie ich
glaube, auf Grund des Schreibens der drei gallischen Bischöfe
nicht mehr möglich, so ergibt sich auch nothwendig, wessen
Nachfolger die Genones sind, und begreift es sich hinreichend,
warum diese den Bischöfen, Presbytern, Diakonen und anderen
Glerikern übergeordnet sind.
Aus dem eben Gesagten folgt auch, dass ich ebenso-
wenig die Behauptung Hamack 's unterschreiben kann: ,Die
Verfassung montanistischer Gemeinden mit der abgestuften
Hierarchie der Patriarchen, Genonen und Bischöfe ist aus
der allgemeinen kirchlichen Verfassungsgeschichte nicht zu
erklären,* Denn das könnte nur dann gelten, wenn wir
wirklich »die montanistische Verfassung nur durch Hiero*
nymus kennten ''. Das ist jedoch nicht der Fall. Justinian,
der das nämliche wie Hieronymus sagt, zeigt vielmehr, dass
die Montanisten die ganze Hierarchie der allgemeinen Kirche
beibehalten hatten. Das Eigenthümliche des Montanismus
besteht daher nur darin, dass in ihm der kirchlichen Hier-
archie von oben noch Patriarchen und Genones als die Nach-
folger des Montanus und der Priscilla und Maximiila hinzu-
gefügt wurden.
Einige Hauptfragen, nämlich die: waren die Genones
ordinirt und welche Aufgabe kam ihnen zu? sind damit
freilich noch nicht beantwortet und werden voraussichtlich
kaum mehr ganz befriedigend beantwortet werden können.
Denn was Epiphanius erzählt, dass die Pepuzianer zwischen
Mann und Weib keinen Unterschied machten und deshalb
auch Frauen zu Bischöfen, Priestern u. s. w. bestellten, ist
228 A, Dave
eingebend bestätigt wird,^) sollte man in dem Bericht des
Legaten gewiss eine Meldung zu finden erwarten; für
frankiscbe Leser war sie freilich verhältnissmässig gleich-
giltig, und so wird sie wenigstens in der uns Torliegenden
Abschrift mit Stillschweigen übergangen. Diese gedenkt
vielmehr bloss der Verlesung, Erläuterung und Annahme
der Dekrete von Gorbridge — an dieser Stelle erscheint,
wie gesagt, jenes auffallende tam latine quam theodisce —
und scbliesst mit den Unterschriften der Akten von Cealchydh,
lauter südenglischen Namen, an der Spitze Jaenbreht von
Canterbury und König 0£Pa.
Was nun unser theodisce betrifft, so ist vor allen Dingen
scharf zu betonen, dass auch äusserlich nichts dafür spricht,
als sei es etwa aus den Concilsakten von Cealchydh in den
Bericht des Cardinalbischofs herübergefiossen. Getrost darf
man es daher nach wie vor für innerlich ausgeschlossen er-
klären, dass dies Wort im Sinne von angelsächsisch in einem
von Angelsachsen verfassten, ja auch nur unterzeichneten
Schriftstück je gestanden haben kann. Im ganzen Mittel-
alter ist ein namentlicher Hinweis auf die nationale Sprache
auf englischem Boden und durch Engländer selbst lateinisch
nie anders, als durch anglice oder saxonice gegeben worden.
Diesem thatsächlichen Befunde in allen einheimischen Quellen
steht ein prinzipiell durchschlagender Grund zur Seite. Aller-
dings nämlich war ein substantivisch gebrauchtes Neutrum
theödisc neben dem häufigeren getheöde in der Bedeutung
von Volkssprache überhaupt im Altenglischen vorhanden;
allein es erhob sich niemals, wie in Deutschland, über die
Stufe des Appellativs hinaus zum nomen proprium. Wenn
gegen Ende des 9. Jahrhunderts Eonig Aelfred in seinem
Boetius tha ütemestan thiöda, die äussersten Völker, on
manig theödisc, in mancher Volkssprache reden lässt, können
0 Ib. p. 187 sqq.
Das älteste Zeugniss für den Namen Deutsch, 229
seine Landslente hundert Jahr früher ein lateinisches theo-
disce, das unter allen Umstanden nicht generell, sondern
individuell von einer bestimmten Sprache zu verstehen war,
zur Bezeichnung ihrer eigenen Zunge weder besessen, noch
verwendet haben. Hingegen stand es eben damals jedem
Deutschen frei, den in Deutschland allein entstandenen, da-
bei jedoch aus rein linguistischer Betrachtung erwaclisenen
Begriff seiner theodisca lingua soweit zu erstrecken, als ihm
nach fernerer sprachlicher Beobachtung deren einheitliches
Gebiet zu reichen schien. Und so ist es gerade in den
ersten Jahrzehnten der nachweisbaren Existenz des deutschen
Sprachnamens, bevor sich dieser im Laufe geschichtlicher
Entwicklung mehr und mehr mit der Idee der Nationalität
erfüllt hatte, mit dem Ausdruck theodiscus in Deutschland
selber wirklich gehalten worden. Auf dem Ingelbeimer
Tage 788, wie im Capitulare Italicum von 801 wird die
Berufung auf einen Rechtsbegriff der theodisca oder teudisca
lingua neben den eigentlich deutseben Stämmen auch an
langobardische Hörer und Leser gerichtet. Smaragd us misst
zwischen 801 und 805, wie noch um 840 Walahfrid Strabo
ausdrücklich auch den Gothen einen Antheil an der theodisca
lingua, dem sermo theotiscus bei. Ganz gewiss konnte
daher 786 ein Franke oder anderer Deutscher von seinem
Standpunkt aus einen Angelsachsen theodisce sprechen lassen ;
es gehorte dazu nichts weiter, als dass er, was höchstens
dem Oberdeutschen schwerer fallen mochte, mit Bewusstsein
den Gedanken einer über den Kanal hinübergreifenden
Spracheinheit fasste.
Es ergiebt sich demnach die Forderung festländisch
deutschen Ursprungs für das nur unter solcher Bedingung
in dem Bericht des Cardinallegaten Georg begreiflich er-
scheinende theodisce; ein derartiger Ursprung lässt sich auf
mehrfache Weise vorstellen. Das einfachste, sozusagen roheste
wäre, dem fränkischen Abschreiber des Briefes, dem Ver-
230 A. Dave
fasser jener nach Karl d. Or. datirenden üeberschrift die
Einschwärzung eines ihm yertrauten Begriffs und Wortes
zur Last zu legen. Wer dieser Abschreiber war, kann,
denke ich, kaum einem Zweifel unterliegen. Der von Karl
den päpstlichen Legaten als adjutor zugesellte Abt und
Priester Wigbod musste nach dem Ablauf seiner Sendung
seinem Herrn natürlich über die für die allgemeine Kirche
wichtigen Ergebnisse der Legation referiren; die beste Grund-
lage für ein solches Referat bot eine Gopie der einschlagen-
den Partien aus dem Rechenschaftsberichte des Gardinal-
bischofs, von der ein zweites Exemplar höchst wahrscheinlich
in Wigbods eigenen Händen blieb. E^ ist uns nun ander-
weit ein Presbyter Wigbod bekannt, der um eben diese Zeit,
zwischen 774 und 800, auf Karls Befehl Commentarien zum
Oktateuch aus den Kirchenvätern zusammengestellt hat. Er
widmete seine Arbeit dem Könige durch ein längeres Vor-
wort in Hexametern, die jedoch grösstentheils aus der prae-
iatio des Eugenius Toletanus zu Dracontius entwendet sind;^)
ein Mann also von literarischer Bestrebung ohne eigene
Ader. Die einzige Handschrift seiner Commentarien, welche
zugleich diesen Prolog enthielt, war aber ein jetzt verlorener,
von Martene als sehr alt gerühmter Codex von St. Maximin
in Trier, woselbst sich, wie erwähnt, auch die einzige Spur
unseres Legatenberichts in der Kanonsammlung von 965
erhalten hat. Es liegt somit ungemein nahe, beide Priester
Wigbod mit einander zu identificiren und in der Vorlage
des Sammlers von 965 eine Aufzeichnung des karolingischen
Mitgesandten von 786, d. h. eine jener Copien des Legaten-
berichtes zu vermuthen. Dass nun aber in dieser Copie mit
dem Texte des Originals ein freies Spiel getrieben und
theodisce für saxonice oder dgl. mit derselben Willkür ein-
gesetzt worden sei, mit der achthundert Jahr später die
^) Mon. Germ, bist., Poetae Latini aevi Earolini I, 1. p. 95 sqq.
cf. p. 88.
Das älteste Zeugniss für den Namen Deutseh, 231
Centariatoren theodisce in teutonice yerwandelten: dies an-
zunehmen haben wir doch kein Recht, solange sich eine
Möglichkeit zeigt, das Vorkommen von theodisce im Original*
texte des Legatenberichtes selber zu erklären.
Hiefür nun giebt es zwei Wege. Der erste ^re die
Annahme, dass Bischof Georg von Ostia sich zur Abfassung
seines Berichts geradezu einer fremden Hand bedient habe.
Dass der literarische Charakter des Briefes von dem kirch-
lichen, zumal eurialen Oeschäftstile jener Zeit einigermassen
abweicht, hat schon Dümmler erkannt, wenn er bemerkt:
es wäre nicht undenkbar, dass die Fassung der Synodalbe-
schlüsse, in denen die Dichter Virgil und Prudentius benutzt
seien, zum Theil von Alchvin herrühre.^) In den Synodal-
beschlüssen von Corbridge kommt indess nur der eine Pru-
dentiusvers vor, den man wohl auf Rechnung der bekannten
Schulbildung des nortbumbrischen Clerus im allgemeinen
setzen darf.^) Die virgilischen Floskeln finden sich dagegen
in der persönlichen Reiseschilderung des Legaten, sodass
Dümmlers Gründe dazu führen müssten, auch in dieser die
Hand Alchvins zu vermuthen. Nun war Alchvin zuvor
mindestens zweimal in Rom gewesen, er machte beide eng-
lische Synoden von 786 mit,') begleitete den Bischof von
Ostia von der einen zur anderen als Ueberbringer der Dekrete;
er selbst wäre ganz der Mann gewesen, die Capitel von Gor-
bridge tam latine quam theodisce, d. h. angelsächsisch, zu
erläutern. Dass er aber auch an der Abfassung des Legaten-
berichts betheiligt gewesen sei, wird mir gerade um des
Ausdrucks theodisce willen äusserst unwahrscheinlich. Ohne
1) Neoes Archiv XVIIl, 61 f.
^) In Alchvins berühmten Versen über die Yorker Bibliothek
vermiest man übrigens gerade Prudentius.
^) Seine Freundschaft mit Bischof Chuniberct von Winchester
schloss er zu Cealchydh, nicht zu Corbridge, wie Dümmler, Epp.
Karol. aer. II, 316 n. 4 angiebt.
232 A. Dave
Zweifel war ihm schon damals der deutsche Sprachname
bekannt, denn er hatte bereits einen mehrjährigen Aufent-
halt im Frankenreiche hinter sich. Eine Ausdehnung des-
selben auf die heimische Zunge musste jedoch ihm als ge-
borenem Angelsachsen gänzlich fern liegen. In den zahl-
reichen Briefen und Schriften, die er hernach auf fränkischer
Erde verfasst hat, kommt das Wort theodiscus überhaupt
niemals vor; das Angelsächsische bezeichnet er seinen Lands-
leuten gegenüber als deren propria lingua^) und es galt ihm
für eine, wenigstens von der bayrischen Mundart des Deut-
schen verschiedene Sprache. Er bittet Arno yon Salzburg,
er möge seinem Schüler, dem Angelsachsen Witto im dortigen
Rupertskloster propter adjutorium hominum linguaeque no-
titiam den Bayer Adalbert zum Genossen bestellen.^) Ganz
anders steht es hingegen mit dem fränkischen Abte Wigbod,
dem ständigen, man darf sagen offiziellen adjutor des Cardinal-
legaten bei dem englischen Unternehmen des Jahres 786;
wenn überhaupt jemand, so wird er als Mitarbeiter auch an
dem amtlichen Reisebericht des Bischofs Georg zu betrachten
sein. Dass Wigbod selbst im Briefe des Bischofs als vir
probatae fidei gerühmt wird,^) scheint mir nicht allzu schwer
dagegen ins Gewicht zu fallen.
Hält man indessen hiedurch eine schriftliche Mitwirkung
Wigbods an dem Briefe des Legaten für ausgeschlossen, so
bleibt als letzte Möglichkeit zur Erklärung des Gebrauchs
von theodisce die Annahme übrig, der Cardinalbischof von
Ostia habe Begriff und Wort aus deutschem Munde sozu-
sagen aufgelesen und beides sodann selbständig auf englische
Verhältnisse übertragen. Wahrscheinlich hat er seinen Be-
richt erst nach der Rückkehr aufs Festland redigirt und
▼om Hofe Karls aus durch Theophylakt nach Rom gesandt.
1) Ib. p. 54.
2) Ib. p. 253 eq.
3) Alcbvin erscbeint darin gar als vir inlaster.
Das älteste Zeugniss für den Namen Deutsch. 233
An eben diesem Hofe hatte er sich vor dem Aufbruch nach
England einige Zeit bewegt; auf der Reise genoss er täglihc
des Umgangs mit dem Franken Wigbod; ihm selbst, dem
Römer, war die germanische Sprache jedenfalls ziemlich
fremd, sodass er von sich aus schwerlich zwischen fränkisch
und englisch unterschieden haben wird: um so eher wird
ihm ein bequemer Gesammtname für beides eingeleuchtet
haben.
Wie dem auch sein mag, so oder so haben wir in
diesem ersten theodisce vom Herbst 786 mehr oder weniger
direkt vermittelt nichts anderes zu begrüssen, als das älteste
in der Reihe continental deutscher Zeugnisse ffir das Dasein
unseres Sprachnamens; ein Zeugniss, das auch in der ideal
erweiterten inneren Beziehung dieses Namens auf das stamm-
verwandte Ausland von den nächst jüngeren der folgenden
zwanzig Jahre nicht wesentlich absticht. Weit merkwürdiger
ist auf der anderen Seite der reale Horizont einer fernhin
bemessenen äusseren Verständlichkeit, der nunmehr schon
so früh dem Namen theodiscus angewiesen erscheint. Ob mit
Recht oder Unrecht, Bischof Georg von Ostia, oder wer sonst
der Verfasser seines Berichtes war, muss darauf gerechnet
haben, daes auch dem Empfänger des Briefes, dem Papste
zu Rom der deutsche Sprachnarae in dieser seiner lateinisch
krystallisirten Gestalt wohlbekannt, um nicht zu sagen ge-
läufig sei. Solche Zuversicht aber konnte sich allein darauf
gründen, dass theodiscus wenigstens in seiner deutschen Hei-
math im mündlichen Gebrauch bereits entschieden befestigt
war, was dann wieder eine weit längere Zeit der Einübung
voraussetzt, als man nicht selten angenommen hat. Selbst
die grammatische Form jenes ältesten Zeugnisses dient dazu,
diesen Eindruck zu verstärken. Bisher begegnete uns von
788 — 822 einzig die Verbindung theodisca lingua, 822 zu-
erst Theodisca mit Auslassung von lingua nach damaligem
deutschen Brauch, 831 daneben in Theodisco, um 840 der
234 A, Dave
serino theotiscas und die Theotisci des Walahfrid; ein Ad-
verb theotisce fand sich nicht früher, als um 868 bei Otfrid.
Dass wir die letzterwähnte Bildung nun bereits 786, in der
Schrift also von vornherein kennen lernen, beweist eine
schon damals erworbene Geschmeidigkeit, d. h. wiederum
eine längere mündliche Vorgeschichte des Wortes theodiscus
überhaupt. In dem einen wie dem anderen erblicke ich eine
willkommene Bestätigung meiner vordem ausführlich begrün-
deten Hypothese, dass der Prozess der Heransbildung eines
Eigennamens für die deutsche Gemeinsprache, zunächst in
deutscher Zunge selbst, nicht etwa erst mit der nationalen
Gulturpolitik Karls d. Gr. begonnen hat, vielmehr auf die
kirchlich einigende Gedankenarbeit der bonifazischen Sjmoden,
am letzten Ende auf die systematische Thätigkeit des ger-
manischen Apostels selber zurückzuführen ist. In dieser
Hinsicht kommt noch eine weitere Wahrnehmung in Betracht.
Der bisherige älteste Beleg für den Namen Deutsch, das
quod theodisca lingua harisliz dicitur vom Ingelheimer Reichs-
tag, stellte sich als eine weltliche Rechtsformel dar, wie sie
von da ab in gleicher oder ähnlicher Fassung noch häufig
wiederkehrt. Das tarn latine, quam theodisce von 786 aber
trägt in seiner Verbindung mit den motivirenden Worten quo
omnes intelligere possent ebenso deutlich das Gepräge einer
kirchlich eingewöhnten Ideenverbindung und Redewendung an
sich. So beschliesst das Concil zu Tours 813 die Uebersetzung
von Homilien in rusticam Romanam linguam aut theotiscam,
quo facilius cuncti possint intelligere, quae dicuntur, während
die gleichzeitige Reimser Synode die Predigt verlangt secun-
dum proprietatem lingnae, prout omnes intelligere possint;
woraus dann ein Achener Gapitulare die Summe zieht: de
officio praedicationis, ut juxta quod intelligere vulgus possit
assidue fiat. Wird hiedurch nur die Mahnung wiederholt,
die schon um 760 Chrodegang von Metz ausgesprochen:
et juxta quod intelligere vulgus possit ita praedicandum
Dflw älteste Zeugniss für den Namen Deutsch. 235
est, ^) so klingen die Worte der Reimser Synode näher an ein
Sendschreiben an, welches Alchvin 793 aus dem Franken-
reich an Benediktiner seiner Heimath gerichtet, wo es heisst:
et propria exponatur lingua (sc. reguia s. Benedicti), ut
intellegi possit ab omnibus.*) Fünf Jahr später fordert
derselbe von Konig Karl auslegende Predigt der Priester,
ut ab Omnibus intellegatur.') üeberall wird an solchen
Stellen in Verbindung mit dem Gedanken einer gemeinver-
ständlichen Kirchenlehre, sei es stillschweigend, umschreibend
oder auch namentlich, der Volkssprache gedacht. Es ist
gleichsam die Luft geistlicher Vermahnungen und Berath-
ungen, wie sie seit den Tagen des Bonifaz im karolingischen
Reich im Schwange waren, die wir bei der Lektüre dieser
stehenden Redeformen athmen. In solcher Luft, die uns,
nach England abgelenkt, auch aus dem nunmehr ältesten
Zeugniss für den Namen Deutsch von 786 entgegen weht,
wird dieser Name selbst seit der Mitte des Jahrhunderts all-
mählich erwachsen sein.
^} Vgl. E. Jacob«, die Stellnog der LaDdessprachen etc., For*
scbanffen zur dtsch. Gesch. III, 378.
^) Epp. Karol. uev. II. p. 54.
») Ib. p. 209.
236
Die Seleukidenära der Makkabäerbücher.
Von Q. F. Unrer.
(Vorgelegt am 16. Juni.)
Von den Büchern des Alien Testaments steht nach In-
halt und Form den historischen Schriften der Griechen und
Romer keines so nahe wie das erste der Makkabäer. Schlicht,
anschaulich und zusammenhängend erzählt es vom Stand-
punkt eines gläubigen Juden die Erhebung zuerst gegen den
religiösen Druck der Fremdherrschaft und dann gegen diese
selbst; für die Geschichte des Seleukidenreichs im zweiten
Drittel des zweiten Jahrhunderts bildet es neben Polybios
die ergiebigste Quelle und besitzt einen besonderen Werth
durch seine vielen, auf die (oder vielmehr auf eine) Seleu-
kidenära gestellten Jahrdata. Darüber, dass sie nicht mit
der im Herbst 312 anhebenden Jahrrechnung identisch ist,
sondern ein halbes Jahr früher oder später im Frühling an-
föngt, besteht heutzutage mit wenig Ausnahmen allgemeine
Uebereinstimmung und von einem einzigen älteren Forscher
abgesehen wird ebenso übereinstimmend angenommen, dass
die Epoche in den Frühling 312 fallt, eine Annahme, deren
Wirkung sich weit über den^ Rahmen der Seleukiden-
geschichte hinaus, unter andern auch in der Anordnung der
Bruchstücke des Polybios fühlbar gemacht hat. Dass im
Gegentheil der Beginn des Frühjahrs (genauer gesprochen
Die Seleukidenära der MaJckahäerhücher. 237
der 1. Nisan) 311 die Anfangsepoche bildet, soll im Nach-
stehenden gezeigt werden: zunächst mittelst einer Ausführung
über den Ursprung der Seleukidenära (Cap. I); dann durch
den Nachweis, dass von den 18 Jahrdaten des Buches alle
diejenigen, welche an der Hand griechischer oder römischer
Zeugnisse geprüft werden können, d. i. nicht weniger als zwölf
auf dieses spätere Epochendatum führen (Gap. II); dasselbe
gilt von dem Cyklus der Sabbatjahre, dessen Bestimmung
nur auf eine von zwei einander widersprechenden Angaben
des Josephos hin dem früheren angepasst worden ist (Cap. III).
Das zweite Buch gibt zum Zweck religiöser Erbauung einen
Auszug aus Jason von Kyrene, einem jüdischen Schriftsteller,
welcher die Jahre 175 — 160 in 5 Büchern behandelt hatte;
seine Aera, welche verschiedene Deutungen erfahren hat, ist,
wie nach dem Ergebniss des ersten Capitels zu erwarten
steht und durch die einer Prüfung fähigen Jahrdata be-
stätigt wird, dieselbe wie die des ersten. Das Werthvollste
in dem Buch sind vier Aktenstücke, bestehend in drei Briefen
syrischer Regenten und einem Schreiben römischer Botschafter;
Jason hat sie nicht nur (was den Neueren nicht entgangen
ist) gröblich missverstanden, sondern auch durch die Auf-
nahme seiner falschen Deutungen in die Erzählung die Ge-
schichte gefälscht; ihre Erklärung und Verwerthung wird erst
durch die richtige Bestimmung der Aera möglich (Cap. IV).
Zu den Ursachen des Dunkels, welches über der Chronologie
der Seleukiden schwebt, gehört in erster Linie die eigen-
thümliche Olympiadendatirung der syromakedonischen Re-
gentenzeittafel des Porphyrios: an die Stelle der jetzt herr-
schenden künstlichen Erklärung derselben lässt sich eine
andere setzen, welche nicht nur den Vorzug der Einfachheit
besitzt, sondern, wie sich zeigen wird, auch auf die Olym-
piadendata des Kastor, Phlegon, Africanus, Eusebios und
anderer gleich Porphyrios dem Geltungsbereich des make-
donischen Kalenders angehörigen Chronisten zutrifft (Cap. V).
238 ünger
L Ursprung der Seleukidenära.
Anfangstag der Seleukidenära war in der späteren Zeit, ^)
nachdem der syromakedoniscbe Kalender nach dem Muster
des romischen umgestaltet und an die Stelle des Mondjahrs
das Sonnenjahr gesetzt worden war, der 1. Oktober 312,
s. Ideler I, 451; vorher ohne Zweifel das makedonische Ka-
lenderneujahr, der 1. Dios, welcher gleich dem attischen
1. Pyanepsion und dem hebräischen 1. Thishri in die Zeit
um die Herbstnachtgleiche fiel. Den Anlass zu dieser Jahr-
zählung gab also ein epochemachendes Ereigniss, welches in
den Lauf des mit 1. Dios = ungefähr^) 6. Okt. 312 an-
fangenden Jahres gefallen ist. Die Ansicht Idelers (I, 445)
und seiner Vorgänger, dass dies die Schlacht bei Gaza ge-
wesen sei, nach welcher der Sieger Ptolemaios dem fluchtig
bei ihm weilenden Seleukos eine Heeresabtheilung mitgab,
um seine Satrapie Babjlonien dem Antigonos zu entreissen,
beruht darauf, dass Porphyrios bei Ensebios chron. I, 249
den Ptolemaios bei dieser Gelegenheit die Ernennung des
Seleukos zum König vollziehen lässt und von da ab dessen
Regierung datirt, s. Cap. V; aber die Schlacht von Gaza
wurde um Frühlings Anfang 312 geschlagen und dem ent-
sprechend beginnt Porphyrios nebst seinen Nachtretern, den
christlichen Chronographen, die Regierung des Seleukos mit
Ol. 117, 1 makedonischen Stils = Okt. 313—312, während
die Seleukidenära mit Ol. 117, 2 mak. Stils anfängt. Droysen
Gesch. d. Hell. II, 2, 45 denkt an die Wiedererwerbung Baby-
1) Yielleicht seit der Mitte des dritten Jahrhunderts; zuerst
nachweisbar ist das syromakedoniscbe Sonnenjabr um 277, s. Tag-
data des Josepbos, Akad. Sitzungsb. 1893, II, 467.
2) 'Ungeföbr' desswegen, weil das Princip des makedonischen
Monatswecbsels nicht bekannt ist; ich setze nach hellenischer Weise
den bürgerlichen Tag, welcher auf den wahren Neumond folgt, als
ersten Monatstag.
Die SeUukidenära der MaJckabäerhüeher. 239
loniens durch Seleukos; diese geschah aber wahrscheinlich
um Mitte 312: denn den späteren Sieg über Nikanor am
Tigris, durch welchen Seleakos die Unterwerfung Mediens,
Susianas und anderer Länder erzielte, hat er noch im Herbst 312,
eher vor als nach dem 1. Dios davongetragen (vgl. Diodor
19, 100 mit 19, 82); Porphyrios scheint mindestens den Ge-
winn Babyloniens« mit welchem seiner Ansicht zufolge das
Königtbum des Seleukos thatsächlich anfing (inter barbaros
profectus yicit et rex declarabatur . . . regnum autem tenuit
XXXII annos) noch in Ol. 117, 1 zu setzen.
Das bedeutsame Ereigniss, an welches die Aera ange-
knüpft worden ist, föllt hienach in das J. 311 und in diesem
hat sich eines zugetragen, welches ganz dazu angethan war
eine neue Aera zu begründen: das ist die Ermordung des
letzten rechtmässigen Königs der Makedonen Alexander IV.,
welcher nach dem Tod seines Vaters Alexander d. Gr. zur
Welt gekommen war. Auf dieses ist die Epoche der Aera
in der That zurückzuführen;^) nach Plutarch Demetr. 18
hatte Seleukos, ehe er mit Ptolemaios, Kassander und Lysi-
machos dem von Antigonos und Demetrios im J. 306 ge-
gebenen Beispiel folgend sich das Diadem aufsetzte, dies vor
den Barbaren schon lange gethan; er konnte es nicht eher
thun, als der auch ihnen als rechtmässiger Nachfolger des
grossen Alexander bekannte König die Augen geschlossen
hatte. Hierauf bezieht sich die Benennung der Aera im
ersten Makkabäerbuch c. 1, 31 iv exet ixaTOorcö xal TQiaxoorco
xal ißdöpLq) ßaaikelag 'EXXtjvov (d. i. der Syromakedonen)
und die zweideutige (hri) &3i* 'AXe^dvÖQov, welche zuerst aus
den Akten der nicänischen Kirchenversammlung als Datum
1) So U., Zeitrechnung? der Griechen und Römer, in Iw. Müllers
Handb. der klass. Altertumswissenschaft, Band I, erste Auflage (1886),
S. 605, zweite (1892), S. 776 und Kubitschek in Pauly- Wissowa's Real-
encyklop&die I (1893), Sp. 632, der sich auf Vorgänger bezieht, aber
gegen seine Gewohnheit keinen nennt.
240 Unger
derselben citirfc wird (Mansi coUectio concil. VI 956); ihre
vollständige Bezeichnung hat Barhebräus (Abulfaradsh), Dy-
nastiengesch. B. 6 aufbewahrt, welcher bemerkt, dass die
nach Alexander d. Gr. benannte Aera 12 Jahre ^) nach
seinem Tod anfange nnd auch Aera nach Alexanders Tod
heisse.
Fällt aber der Tod des Knaben Alexander IV. noch vor
den 1. Dios (ungeföhr 25. Sept.) 311 und damit in das
1. Jahr der Seleukidenära ? Aus der Hauptstelle, Diod.
19, 105 ist hierüber nichts zu erfahren: Hieronymos von
Kardia, dem Diodor in der Diadochengeschichte meistens
folgt, begann seine Jahresgeschichten mit dem Frühling,')
die andere Quelle, Diyllos in makedonischer Weise um die
Herbstnachtgleiche;') ist Diodor ihm gefolgt, so wäre be-
wiesen, dass das Ereigniss dem ersten Seleukidenjahr ange-
hört; aber eine Spur seiner Benützung ist a. a. 0. nicht vor-
handen und Diodors griechische Jahresgeschichte enthält
weiter nichts als den Vertrag zwischen den vier grossen
Statthaltern und die Ermordung des Königs. Doch liegt ein
Anzeichen vor, dass Alexander IV. wenigstens im No-
vember 311 nicht mehr unter den Lebenden gewesen ist.
Die von Wachsmuth im Rhein. Museum N. F. II, 464 und
Droysen II, 170 behandelte hieroglyphische Inschrift aus
dieser Zeit über eine Landschenkung an zwei Tempel, welche
mit den Worten Im Jahr 7 im Monat Thoth (9. Nov. bis
8. Dez. 811) anfängt, ist von dem Bild eines Königs be-
gleitet, welcher den Tempelgottheiten die Geschenke dar-
bringt, aber die Königsschilde sind nicht mit seinen Namen
1) Triift zu: er starb 18. Juni 823 = Ol. 114, 2 maked. Stils,
12 Jahre vor Ol. 117, 2.
2) Diodors Quellen in der Diadochengeschicbte, Akad. Sitzungsb.
1878, I, 877 ff.
8) Ueber die Todeszeit des Pbilippos Aridaios, Philologus 1889,
S. 98.
Die Seleukidenära der Makkabäerhücher. 241
ansgefüllt; man wusste also bereits, dass er gestorben war.
Eassander befahl, wie Diodor berichtet, den Tod Alexanders
zn yerheimlichen. Bis er doch bekannt wurde, verging
demnach ein mindestens nach Wochen zählender Zeitraum;
ein zweiter verfloss, bis er aus Makedonien nach Aegypten
gemeldet, und möglicher Weise ein dritter, bis er dort be-
kannt gemacht wurde.
Ist das Ereigniss, an welches die syromakedonische
Beichsara anknüpft, nach der Frühlings-^) und vor der
Herbstnachtgleiche 311 geschehen, so fiel es in allen
Ländern und Städten des Seleukidenreichs, in welchen der
makedonische Kalender eingeführt war, in das mit dem
1. Dios 312 beginnende Jahr; dieser Kalender war aber
zunächst nur da in üebung, wo Makedonen die auch der
Zahl nach herrschende Bevölkerung bildeten; mindestens ein
Theil der unterworfenen Völker blieb bei dem einheimischen
Kalender, nachweislich die Babylonier und die Juden. Das
Kalenderjahr beider Völker war im Wesentlichen das gleiche,
es begann mit dem um die Frühlingsnachtgleiche anhebenden
Mondmonat und seit der Heimkehr aus Babylonien bedienten
sich die Juden auch der babylonischen Monatsnamen (erster:
hebr. Nisan, bab. Nisannu), Anfangs neben der Bezeichnung
durch Ordnungszahlen, später jener allein. Für alle die-
jenigen, welche sich nach der in Babylon und in Jerusalem
geführten Zeitrechnung richteten, musste das die Seleukiden-
ära bestimmende Ereigniss in das mit dem Nisannu, bezw.
Nisan 311 beginnende Jahr fallen, ihr erstes Jahr also beider-
seits von da bis zum Adaru, bezw. Adar oder bis zum Schalt-
monat 310 laufen. Von der babylonischen Seleukidenära ist
dies jetzt aus zahlreichen Keilinschriften meist astronomischen
1) Der ihm yoransgegangene Vertrag der grossen, auf dem See-
weg mit einander verkehrenden Statthalter ist ohne Zweifel nach
dem Beginn der regelmässigen Seefahrt, welcher nach Anfang März
stattfand, geschienen worden.
1895. Sitsnngsb. d. phfl. n. hist. C1. IG
242 ünger
Inhalts nachgewiesen, s. Strassmaier, Zeitschr. für Assyrio-
logie III (1888), S. 132 und Epping, Astronomisches aus
Babylon (1889), S. 177; in den ältesten tritt sie als Aera
des Selenkos auf: nicht bloss neben Jahr 14 (298 v. Chr.),
sondern auch neben Jahr 59 (253 v. Chr.), 70, 72, 79 (233
V. Chr.) wird König Siluku genannt; später wird sie bloss
durch die Jahrzahl bezeichnet und wo ein Name mit ihr
verbunden wird, ist es der des zur Zeit herrschenden
Königs, zugleich wird meist eine um 64 Jahre ^) jüngere
Aera mit ihr verbunden, welche man (nicht ganz zutreffend)
als Arsakidenära bezeichnet; sie tritt namenlos auf wie die
andere und der Zusatz Arsakes weist bloss auf den zeit-
weiligen Herrscher hin.
Durch diese Entdeckung fallt, was den Assyriologen
entgangen ist,^) ein Licht auf die aus drei Daten des Pto-
lemaios im Almagest bekannte Aera xard Xakdaiovg, deren
1) Einige Abweichungen därfen für Schreibfehler (deren sich
nicht wenige in diesen Inschriften finden) angesehen werden.
2) Das Richtige jetzt bei Ed. Meyer, Zeitschr. f. Assyriologie IX
(Dez. 1894), S. 325, nur hätte er nicht annehmen sollen, dass sich in
Babylon die einheimischen und die makedonischen Monate als auf
demselben Princip beruhend genau gedeckt haben: wenn das Jahr
dort an die Frühlings-, hier an die Herbstgleiche* angeknüpft und
dort bald am Ende bald in der Mitte, hier am Ende geschaltet
wurde, so war keine principielle Uebereinstimmung vorhanden und
es konnte oft der Tishritu einem andern Monat als dem Dios, der
Artemisios einem andern als dem Nisannu entsprechen. Ganz be-
fremdlich ist seine Erklärung, die ägyptischen Tagdata des Pto-
lemaios habe er nach Brandes, Abhandlungen z. Gesch. d. Orients
S. 123 ff. auf julianische reducirt, weil dessen Ansatz der Sothis-
periode ihm richtig erscheine: es gibt keine verschiedenen Rednc-
tionen derselben, der 1. Thoth 1325 — 1322 wird aus guten Gründen
seit Petavius dem 20. Juli, der 1. Thoth 1821—1318 dem 19. Juli u. s. w.
von allen geglichen und kommt hiefiir die Frage nach dem Anfang
jener Periode nicht in Betracht; über diesen s. Die Abfassungszeit
der ägyptischen Festkalender (aus den Abhandlungen der Akademie),
München 1890, S. 43 = Abb. S. 197 ff. (Nachtragt
Die Seleukidenära der Makkäbäerhücher. 243
Anfang bisher auf den 1. Dios 311, also genau ein Jahr
später als die Anfangsepoche der gewöhnlichen Seleukidenära
gesetzt worden ist. Da ihre Monatsnamen dem makedonischen
Kalender angehören, Hess man ihr Jahr mit dem Dios be-
ginnen; die makedonischen Monatsnamen sind aber häufig
auch bloss zur Uebersetzung der semitischen verwendet worden,
Josephos datirt in seinem älteren Geschichtswerk, dem Juden-
krieg, überall nach ihnen, ohne anzugeben, dass er die jüdi-
schen Monate meint, s. Tagdata des Josephos, Ak. Sitzungsb.
1893, II, 453 flF., und die Inschriften von Palmyra geben
Doppeldata in syrischen und makedonischen Monaten mit
stets übereinstimmenden Tagnummern. Ptolemaios wendet
diese Aera an, weil er drei von den babylonischen Astro-
nomen, d. i. den Ghaldäern angestellte Planetenbeobachtungen
citirt; solche Beobachtungen (auch ganze Planetentafeln) finden
sich auch auf den erwähnten Keilinschriften. Die von Pto-
lemaios angegebenen gehören zufalliger Weise alle dem
Winterhalbjahr an, dessen Data auf eine mit dem 1. Dios
311 beginnende Aera ebenso zutreffen wie auf die mit dem
Nisannu 311 anhebende babylonische; dafür aber, dass die
von Ptolemaios angegebenen wirklich der letzteren ange-
hören, citiren wir das Zeugniss des gelehrten Chowaresmiers
Albiruni, Chronologie der orientalischen Völker, herausge-
geben von Sachau, 1876, 1878; er unterscheidet p. 118. 208
von der Aera Alexanders (d. i. der gewöhnlichen Seleukiden-
ära) die der 'Astronomen Babyloniens' und setzt ihren Anfang
in den Frühling 311. Ptolemaios hat seine drei Data dem
Hipparch entlehnt; diesem oder einem andern griechischen
Astronomen verdankt Albiruni, wie man annehmen darf,
seine Bekanntschaft mit dem Anfang der babylonischen
Astronomenära: er weiss nicht, dass sie die Aera des ganzen
Volks gewesen ist.
Eine gleiche Jahrrechnung haben wir dem Gesagten
zufolge in den Makkabäerbüchern zu erwarten.
IG*
244 Unger
n. Die Aera des ersten Buchs.
Die Monate werden im ersten Buch bald durch die
Namen Nisan, Ijar, Sivan, Thammuz, Ab, Elul, Thishri,
Marcheshvan, Kislev, Tebeth, Sh*bat, Adar, bald durch die
dieser Ordnung entsprechenden Zahlen, bald durch beide zu-
sammen bezeichnet; demgemäss hat man seit Scaliger all-
gemein als Neujahr der Aera den 1. Nisan genommen; nur
Wemsdorf und Clinton behaupten vollständige Gleichheit mit
der Seleukidenära, so dass sie mit dem 7. Monat Thishri
begonnen hätte. Ihre Ansicht ist jedoch an zwei Berichten
des Buchs als irrig erkannt worden, vgl. z. B. Ideler I, 531.
Schürer, Gesch. d. jüd. Volks im Zeitalter Jesu Christi
(1890), I, 28.
Im 160. Jahr, heisst es c. 10, 1, landete Alexander bei
Ptolemais; laut c. 10, 21 erschien Jonathan im 7. Monat
des 160. Jahres am Laubhüttenfest (15. — 21. Thishri) zum
ersten Mal im Hohenpriestergewand. Nach Wernsdorf und
Clinton würden zwischen beiden Ereignissen höchstens 14 Tage
verflossen sein; aber die inzwischen geschehenen Vorgänge
lassen sich nicht in einen so kurzen Zeitraum zusammen-
drängen. Alexander Bala gewann Ptolemais (durch Ver-
rätherei der in der Stadt liegenden Soldaten, Jos. ant. 13, 2, 1)
und trat jetzt als König auf. Auf die Kunde davon zog
Demetrios (der dem Volk unnahbar und um die Regierung
unbekümmert in einer Burg bei Antiocheia hauste, Jos. a. a. 0.)
ein Heer zusammen und rückte gegen ihn ins Feld; auch
schickte er an Jonathan ein Schreiben, welches diesen er-
mächtigte Truppen zu sammeln, Waffen anzuschaffen und
als sein Bundesgenosse vorzugehen; die auf der Akra Jeru-
salems verwahrten Geiseln sollten ihm übergeben werden.
Nun zog Jonathan dahin, las das Schreiben sowohl dem
Volk als der königlichen Besatzung vor, bekam von dieser
die Geiseln und nahm seinen Wohnsitz daselbst; er begann
Die Seleukidenära der Makkdbäerbücher. 245
Bauten wie für die Gründung einer neuen Stadt, umzog
Jerusalem und den Tempelberg mit Mauern aus Quader-
steinen; die Heiden in den andern mit Besatzung belegten
Plätzen (Betbzura ausgenommen) flohen in ihre Heimatsorte.
Als Alexander von den Zugeständnissen des Demetrios hörte,
entschloss er sieh diese zu überbieten; in einem Schreiben,
das er an jenen ergeben Hess, ernannte er ihn zum 'Freund'
und Hohenpriester; im Ornat eines solchen ^) zeigte sich
Jonathan zum ersten Mal am Laubhuttenfest.
Demetrios war laut c. 7, 1 im 151. Jahr aus Rom ent-
flohen und gleich nach der Landung König geworden; das
nächste Datum, der 18. Adar, an welchem sein Heerführer
Nikanor geschlagen wurde, steht c. 7, 43. 49 ohne Jahrzahl.
Auf die Nachricht von dieser Niederlage (c. 9, 1) schickte
Demetrios den Bakchides und Alkimos mit dem 'rechten
Flüger des Heeres gegen die Juden; sie zogen den nach
Galgala führenden Weg, lagerten vor 'Maisaloth in Arbela'
und eroberten es; im 1. Monat des 152. Jahres (c. 9, 3) er-
schienen sie vor Jerusalem. Hätte das 152. Jahr schon
6 oder 7 Monate vorher, mit dem 1. Thishri begonnen, so
würden von der Niederlage Nikanors bis zum Eintreffen des
neuen Heeres vor Jerusalem ungefähr 13 Monate und damit
eine ganze, vom Frühling bis zum Herbst reichende Kriegs-
jahreszeit vergangen sein, ehe der König daran gegangen
wäre, die Niederlage zu rächen; die Zwischenzeit wird aber
c. 7, 50 ausdrücklich auf 'wenige Tage' bestimmt; über ihre
Dauer s. unten zum 152. Jahr.
1) Der Hohepriester trug die Prachtgewänder bei dem Opfer,
das er am Oster-, Pfingst- und Laubhüttenfest und von jeher am
VersöfanuDgstag (10. Thishri) darbrachte, zu Josephos Zeit auch am
Sabbat, Neumonds- und jedem anderen Fest, s. SchQrer II, 211 fg.
Hieraus folgt, dass das Schreiben mit der Ernennung frühestens
5 Tage vor Laubhütten eingetroffen, diese selbst aber im Anfang
des Thishri yollzogen worden war.
246 ünger
Die Seleukidenära des ersten Buches beginnt also ein
halbes Jahr vor oder nach der gewöhnlichen, entweder mit
dem Nisan 312 oder mit dem Nisan 311. Für Nisan 312
haben sich mit einer einzigen Ausnahme alle Forscher ent-
schieden, aber keinen durchschlagenden Grund dafür beige-
bracht; die Epoche der Sabbatjahre, auf welche hauptsächlich
verwiesen wird, ist selbst strittig und in Cap. III wird sich
zeigen, dass sie für Nisan 311 beweist. Für diesen hat sich
Gibert, memoire sur la Chronologie de Thistoire des Macha-
b^es, in den Memoires de TAcademie des Inscriptions et
Belles-Lettres, alte Serie, t. XXVI (1759), p. 112—156 aus-
gesprochen und am 143. und 160. Jahr (andere Jahre sind
bei ihm nicht glücklich behandelt) die Richtigkeit seiner
Ansicht erwiesen. Wir geben im Folgenden alle 18 Jahr-
data des Buches; für 6 von ihnen (das 153., 162., 165.,
167., 170., 171.) findet sich in anderen Quellen keine auf
ein bestimmtes Jahr vor Chr. führende Angabe, dagegen die
andern passen sämmtlich nur auf die mit dem 1. Nisan 311
beginnende Aera.
Jahr 137 der hellenischen Dynastie (1. Nisan 175 — 174
v.Chr.): Kegierungsanfang desAntiochosEpiphanes, 1 Makk.l.
Nach Porphyrios bei Eusebios chron. I, 253 regiert er 11 Jahre,
von Ol. 151, 3 (Okt. 175—174) bis 154, 1; die Zahlen passen
zusammen, da Porphyrios jedem Regenten die unter ihm
vollendeten makedonischen Kalenderjahre zählt und dem ent-
sprechend sein Todesjahr als erstes des Nachfolgers behandelt;
nach moderner Rechnungsweise regiert er also von Ol. 151, 3
bis 154, 2; die Textrichtigkeit des Anfangsdatums Ol. 151, 3
ist ausserdem noch durch die Zahlen der Vorgänger ge-
sichert, s. Cap. V. Livius erzählt von seiner Regierung zum
ersten Mal 41, 20 zum J. 579/175 (beginnend mit id. Mart.);
sein Bericht lässt, weil der Anfang und das Ende durch eine
Textlücke verstümmelt ist, zwar nicht erkennen, ob Antiochos
erst in diesem Jahre auf den Thron gekommen ist; es unter-
Die SeUukidenära der Makkabäerhücher, 247
liegt indess keinem Zweifel, dass sein Antritt nicht früher
gesetzt werden kann. Gegen die Gleichung 1. Nisan 176
bis 175 entscheidet auch das zum 149. Jahr Beigebrachte.
Jahr 143 (1. Nisan 169 — 168), 1 Makk. 1: von seinem
Zug nach Aegypten ^) siegreich zurückkehrend plündert An-
tiochos Epiphan&s den Tempel von Jerusalem. Der Krieg
in Aegypten ging im Hochsommer oder Frühherbst 169,
nicht im J. 170 zu Ende. Die letzten Vorbereitungen
des Ptolemaios Philometor zu einem Einfall in Koilesyrien
und seinen Auszug aus Aegypten erzählte Diodor, wie aus
der Ordnung der vaticanischen Excerpte (D. 30,14 — 17)
erhellt, nach dem makedonischen Krieg des J. 169 (D. 30,
10—12). Polybios 27, 17 berichtet unter Ol. 152, 2 = Spät-
jahr*) 171 — 170, dass Antiochos wegen der offenkundigen
Rüstungen des Ptolemaios den Meleagros absandte, um in
Rom zu melden, jener strecke wider alles Recht die Hand
gegen ihn aus; unter Ol. 152, 3 (Spätjahr 170 — 169) erzählt
er 28, 1, wie Meleagros tov nokefiov zov negi Koürjg ^vglag
TJdi] xaxaQxäg kaßdvxog die Meldung beim Senat ausrichtet,
bereits aber auch eine Gesandtschaft da ist, welche Pto-
lemaios auf die Nachricht von der Sendung des Meleagros
abgeschickt hat. Diesem erklärt der Senat, Q. Marcius
(Philippus, in seiner Eigenschaft als Consul des J. 585/169)
solle Vollmacht erhalten, hierüber an Ptolemaios nach eigenem
Ermessen zu schreiben. Im Anfang des Frühlings 169 (Liv.
44, 1) reiste Marcius ab, um die Heerführung gegen Perseus
1) Alfl Bein zweiter Zug nach Aegypten 2 Makk. 6, 1 wegen
c. 4, 21 bezeichnet.
2) Nach Nissen, Rhein. Museum XXVI, 250 beginnen die eigen-
thflmlichen Olympiadenjahre, welche Polybios von Buch 7 an ge-
braucht, um den 1. Oktober; dass sie erst mit dem Winter, also
gegen Mitte Novembers anfangen, wird Philologus XXXIII, 284 gezeigt;
bei Pol. 82, 6 schreibe ich ht ngw (st. ngo) toi) x^^f*^'^^^* gleichbe-
deutend mit 80, 20 sTi xax^ oiQxag zov ;i^scjUCt>yo^.
248 ünger
zu übernehmen, und wurde als Proconsul im Frühling 168
Yon Aemilius Paulus abgelöst; die Audienz des Meleagros
hat also zwischen dem 11. Februar (= id. Mart. 585, s. Zeit-
rechnung der Griechen und Romer S. 809) und 24. März 169
stattgefimden; schon vor ihr, also im Winter 170/169 war
der Krieg ausgebrochen. Ptolemaios stiess zwischen Pelusion
und Kasion mit Antiochos zusammen und wurde vollständig
geschlagen, Hieronymus zu Daniel 11; wegen seiner Milde
gegen die Gefangenen ergab sich diesem sogleich Pelusion und
dann ganz Aegypten, Diod. 30, 10; als Ptolemaios nach
Samothrake floh (Pol. 28, 21. Diod. 30, 17), Hess er sich in
Memphis als König Aegyptens huldigen (Hieronymus a. a. 0.),
in Alexandreia aber bestieg Philometors jüngerer Bruder, Pto-
lemaios Euergetes II., genannt Physkon, den Thron, Por-
phyrios b. Eus. I, 161. Nun legte sich Antiochos vor Ale-
xandreia, erlitt aber eine Niederlage (Livius 45, 11. Hieron.
a. a. 0.), welche ihn bewog, eine Verständigung mit Philo-
metor zu suchen; sie kam zu Stande und dieser wurde in
Memphis wieder als König Aegyptens eingesetzt (Liv. Hieron.).
Dann zog Antiochos ab, liess aber wider den Vertrag in
Pelusion eine Besatzung zurück (Pol. 28, 18); die Folge war,
dass die Brüder sich einander näherten und in Alexandreia
zusammen als Könige anerkannt wurden (Liv. Hieron.). Etwa
im Juni 169 war der rhodische Gesandte Agepolis bei dem
Consul Marcius im Lager zwischen Herakleion und Leibethra
(Polyb. 28, 17, vgl. mit 28, 14 und Liv. 44, 2. 5), welcher
ihm andeutete, die Rhodier könnten in Aegypten als Ver-
mittler auftreten; der Gesandtschaft, welche sie darauf hin
abschickten, bedeutete Antiochos, der die Belagerung Alexan-
dreias bereits aufgegeben hatte, mit Philometor sei er schon
lange ausgesöhnt und habe nichts dagegen, wenn die Alexan-
driner denselben als König aufnehmen wollten, Pol. 28, 23.
Den Aufenthalt des Antiochos in Aegypten und den Beginn
der gemeinsamen Regierung der Brüder setzt Porphyrios
Die SeJeuhidenära der Mdkkdbäerhücher. 249
b. Eus. I, 161 in das 12. Jahr des Ptolemaios Philouietor,
welches nach dem astronomischen Regeiitenkanon mit dem
8. Oktober 169 endigt; der Abzug des Antiochos hat also
im dritten Viertel von 169 stattgefunden.
Im 145. Jahr = 1. Nisan 167—166, am 25. Kislev
(Dezember) wurde der Tempel dem heidnischen Cultus über-
liefert und im 148. Jahr (Nisan 164 — 163) abermals am
25. Eisley von den Juden wieder eingeweiht, 1 Makk. 1
und 4. Nach Josephos ant. jud. 12, 5, 4. 12, 7, 6 geschah
jenes Ol. 153, dieses Ol. 154. Die Olympiadendata des Jo-
sephos sind überall seinen griechischen Quellen entlehnt:
er bringt solche nur in den makedonischen und den ersten
römischen Zeiten, das letzte (ant. 16, 5, 1) ist Ol. 192 (Juli
12 — 8), woraus geschlossen werden darf, dass er sie entweder
seiner Hauptquelle, Nikolaos von Damaskos, dem Geheim-
schreiber Herodes des Grossen, oder Strabon verdankt; wo
er selbständig datirt, in der Geschichte des ersten Jahr-
hunderts n. Chr. datirt er nach Kegentenjahren. Dass diese
Oljmpiadendata auf attischen, nicht makedonischen Kalender
gestellt sind, beweisen die einer Prüfung fähigen Beispiele:
ant. 14, 16, 4 Jerusalems Eroberung Ol. 185 (att. Juli 40 — 36,
mak. Okt. 41 — 25. Sept. 37) unter den Consuln M. Agrippa,
Caninius Gallus am 10. Thishri (= 5. Okt.) 37, der nach
makedonischer Rechnung in Ol. 186, 1 fallen würde; ant.
14, 1, 2 Regierungsantritt des Aristobulos Ol. 177, 3 (Juli
70 — 69, makedonisch Okt. 71 — 70) unter den Consuln (von 69)
Q. Hortensius und Q. Metellus. Der 25. Kislev des 145. Jahres
fallt nach beiden Auffassungen der Makkabäerära in Ol. 153
(att. Juli 168 — 164, mak. Okt. 169 — 165), dagegen der des
148. Jahres nach der herkömmlichen Erklärung (24. Dez. 165)
nur makedonisch (Okt. 165 — 161), aber nicht attisch (Juli
164—160) in Ol. 154.
Im 147. Jahr (1. Nisan 165 — 164) zog Antiochos
mit der Hälfte des Heeres in die Provinzen jenseits des
250 Unger
Euphrats (1 Makk. 3), aus welchen er nicht mehr lebend
zuröckkehren sollte; nach Jos. anfc. 12, 7, 2 im Frühling.
Dies geschah 165, nicht 166: denn im Jahr 166 veranstaltete
er die Kampfspiele in Daphne, welche bestimmt waren, die
im Herbst 167 (Liv. 45, 32) von Aemilius Paulus in Make-
donien gefeierten an Pracht und Grossartigkeit noch zu über-
treflFen, Diod. 31, IG. Polyb. 31, 3. Die Einladungen zum
Besuch von Spielen ergingen gewöhnlich viele Monate vorher;
die Vorbereitungen (Künstler wurden aus 'der ganzen Welt*
gerufen, Diod.) erforderten lange Zeit und die Seereisen in
die griechischen Städte und aus ihnen (Polyb.) sind schwer-
lich im Winter (167/6) gemacht worden, ebenso die Botschafbs-
reise des Gracchus, welcher gleich nach den Spielen (Pol. 31, 5)
eintraf.
Im folgenden, also 148. Jahr (1. Nisan 164 — 163) über-
zog Lysias die Juden mit Krieg, erlitt aber eine grosse Nieder-
lage, welche ihn zum Heimzug zwang; am 25. Kislev konnte
in Folge dessen der durch den heidnischen Götzendienst ent-
weihte Tempel seiner ursprünglichen Bestimmung zurück-
gegeben werden. Ueber die Zeitgleichung s. zum 145. Jahr.
Im 149. Jahr (1. Nisan 163—162) starb König An-
tiochos Epiphanes, 1 Makk. 6; nach Granius Licinianus^)
Buch 28 Graccho iterum consule, also 591/163 (beginnend
id. Mart.). Da der Senat im nächsten Jahr 592 (Anfang id.
Mart. = 3. oder 26. März 162) die Nachfolge seines Sohnes
Antioehos Eupator bestätigt hat (Granius a. a. 0.), so lässt
sich der Todesfall nicht früher als in den Spätsommer 163
setzen; dadurch wird die Deutung des 149. Jahres auf 1. Nisan
164 — 163 ausgeschlossen. Aus Appians ßeßaoiXevxorog heoi
. . . dcDÖexa ov Ttir/geoi (Syr. 66) folgt, dass er die Regierung
frühestens im Herbst 175 (Bestimmteres s, unten) angetreten
1) Bruchstücke seines verlorenen Werkes sind vor vier Jahr-
zehnten entdeckt worden.
Die Sdeukidenära der Mdkkabäerhncher. 251
hat, das 127. Jahr also dem 1. Nisan 175 — 174, nicht
176—175 entspricht. Bei Polybios (31, 11) beruht die Ein-
stellung des Bruchstücks, welches von dem Ereigniss handelt,
in Ol. 154, 1 (Spätjahr 164 — 163) nicht auf der Ordnung
der Excerpte, welche in diesem Fall nicht ffir ein bestimmtes
Jahr entscheidet, ist also, wenn auch zutreffend, bedeutungs-
los; dagegen bringen die 11 Jahre, welche Porphyrios dem
König gibt, seinen Tod und den von ihm nicht datirten
Antritt des Eupator in Ol. 154, 2 = ca. 21. SepL oder
20. Okt. 164—8. Okt. 163 (s. zum 137. Jahr), wodurch die
Zeit des Thronwechsels die engere Begrenzung Spätsommer/
Frühherbst 163 erhält. Seine Angabe über diesen selbst ist
in der armenischen Uebersetzung (die griechischen Excerpte
setzen erst beim Ende des Demetrios II. ein) entstellt, Eus.
ehr. II, 253 Epiphanem vero Antiokhum adhuc viventem
filius eins Antiokhus, dum diiodecim annorum erat, excepit
(excipit), qui vocabatnr Eupator, patre sub eo annum unum
et menses sex agente; die letzten Worte geben den Versuch
des armenischen Uebersetzers, der in seinem Exemplar des
Eusebios verdorbenen Stelle einen Sinn abzugewinnen. Der
ursprüngliche Text kann ungefähr folgende Gestalt gehabt
haben; xbv dk ^EnKpavrj ^AvtIo^ov v' hr\ ßtovra^) 6 vlog
avrov 'Avrhxog 5)v dibdexa hc7)v diedi^aTo, og ixaXfXxo Ev^
7idx(0Q, iniC^^oag^) hog ev xal ßiijvag e^. Als Reichskönig
1) Antiochos der Grosse hatte im Herbst 221 (Pol. 5, 48) ge-
heiratet und im Sommer 220 einen Thronerben erhalten (Pol. 5, 55),
welcher 193 starb (Liv. 35, 15); im J. 197 begleiteten ihn zwei jüngere
Söhne, Ardys und Mithridates, nach Lydien in den Krieg (Liv. 38, 19),
welche wohl ebenfalls, x^nn nicht einer von ihnen unter Annahme
des Thronnamens Seleukos oder Antiochos König geworden ist, beide
vor ihm gestorben sind; sein Nachfolger Seleukos war bei seinem
Tod im J. 175 offenbar nicht 60, ^ie bei Porphyrios steht, sondern
wahrscheinlich 40 Jahre alt (S aus M verdorben).
2) So Porphyrios p. 240, 13. 260, 17 von der Regierungsdauer.
Die zeitliche Bedeutung von sjti zivi, ijziCrjv, ijiißiovv hat der üeber-
252 ünger
wurde Eupator erst auf die Nachricht vom Tod des Vaters
ausgerufen, 1 Makk. 6; den Königstitel führt er in Babylon
schon am 18. Nisan des 142. Jahres (21. April 170), s. Ep-
ping und Strassmaier, Zeitschr. f. Assyriol. VI, 218, ent-
sprechend einem häufigen, von Kyros eingeführten Brauch,
welcher den künftigen Thronfolger anzeigen sollte; als diesen
hatte ihn der Vater auch nach dem Zug über den Enphrat
bei allen Gelegenheiten anerkannt, 2 Makk. 9. Die l^a Jahre
bezeichnen seine Regierungsdauer; dies geht zunächst aus der
dem Porphyriosexcerpt angehängten Liste (Euseb. ehr. I, 263)
hervor, welche gleich den andern im 1. Buch der Chronik
enthaltenen Listen dieser Art aus dem vorausgehenden Ex-
cerpt gezogen ist; ebenso geben ihm die Series regum des
Eusebios, ferner Sulpicius Severus und Synkellos l^/a Jahre;
die 2 Jahre der andern Verzeichnisse beruhen auf der Zählung
nach Aera- oder Kalenderjahren. So viele Jahre regiert er
nicht bloss nach dem Makkabäerbuch (Jahr 149 — 151),
sondern auch nach Porphyrios (Ol. 154, 2, s. oben, bis 154, 4,
wohin er den Anfang des Demetrios setzt); daraus geht aber
hervor, dass in der Angabe von 1 .fahr 6 Monaten Regie-
rungsdauer ein Tagüberschuss der Abrundung wegen über-
gangen ist: denn mit genau 1 Jahr 6 Monaten würden wir
von frühestens dem 1. Nisan 161 zurück nur auf den 1. Thishri
= 1. Dios, mit welchem das makedonische Kalenderjahr
beginnt, also nicht in Ol. 154, 2, sondern Ol. 154, 3 kommen.
Wir müssen daher den Tod des Epiphanes in den letzten
makedonischen Monat Hyperberetaios, der mit ungefähr dem
8. Okt. 163 endigt, und den Anfang des Demetrios in den
Bofzer oft mi 88 verstanden : so vixit sub eo Eu8eb. I, 79, 14. 18. 40.
81, 18 u. a. für ijteCrjaev, femer et qui sub hoc regnavit I, 293 für
6 d' im Tovzcp ßaodevoag ("Ayxog Molqxios) aus Dionys. Halic. 1, 76
und seine Fehler in der Chronologie des Demetrios Poliorketes und
Antigonos Gonatas, s. Die Zeiten des Zenon von Kition, Akad. Sitznngsb.
1887, 1, 163. 160.
Die Seleukidenära der Makkabäerhücher, 253
Nisan (beginnend mit 25. März) 161 setzen. Mit den 'fast
vollen 12' Jahren des Epiphanes bei Appian erhalten wir nun-
mehr für seinen Antritt den November oder Dezember 175.^)
Im 150. Jahr (1. Nisan 162 — 161) begannen die Juden
die königliche Besatzung der Akra von Jerusalem zu be-
lagern, 1 Makk. 6. Auf den Hülferuf der Belagerten, heisst
es a. a. 0. weiter, zog der König (Antiochos Eupator) sein
Heer zusammen, warb auch Söldner 'von den Inseln' und
rückte mit 140000 Mann ein. In Idumäa belagerte er
Bethzura; Judas eilte herbei, machte einen Angriif auf sein
Lager, zog sich aber dann vor der Uebermacht zurück und
der König rückte mit dem Hauptheer weiter, vor Bethzura
eine Abtheilung zurücklassend. Dieser musste sich die Be-
satzung von Bethzura ergeben, weil man im Sabbatjahr
stand, in welchem weder gesät noch geerntet wurde, und
in Folge dessen die Lebensmittel zu Ende gegangen waren.
Das Sabbatjahr begann mit dem 7. Monat Thishri (Sep-
tember/Oktober), ein solches muss, wie in Cap. 11 1 gezeigt
wird, mit dem Thishri 163, nicht 164, begonnen haben; die
Vorräthe aus 163, gewöhnlich wohl nach Pfingsten (dem
Erntefest) bald erschöpft, mögen um August 162 zu Ende
gegangen sein.*) Der König war inzwischen vor Jerusalem
erschienen, dessen Heiligthum er 'viele Tage' belagerte; auch
dort machte das Sabbatjahr seine Wirkung geltend und er
hätte ruhig den Zeitpunkt abwarten können, in welchem
sich die Juden auf Onade und Ungnade ergeben mussten;
da erfuhr aber sein Leiter Lysias, dass Philippos, welchen
Antiochos Epiphanes auf dem Todteubett zum Reichsverweser
1) Nach Clinton beginnt Epiphanes (Aug.) 175, Eupator (Dez.)
164, Demetrios (Nov.) 162; ihm folgen, hie und da in der Monats-
bestimmong abweichend, die Späteren, auch Wilcken in Pauly-Wis-
sowa*8 Realencyklopädie (s. die Antiochos- Artikel) 1894.
2) Bis zur nächsten Ernte musste man gekauftes Korn ver-
wenden, s. Cap. ni.
254 Unger
und Vormund seines Sohnes ernannt hatte, mit dem Heer
aus Persis zurückgekommen war und in Antiocheia bereits
die Regierung übernommen hatte. Nun wurde den Juden
ein günstiges Abkommen bewilligt, der Rückmarsch ange-
treten, Antiocheia belagert und erobert, Philippos aber hin-
gerichtet. Dies mag um Winters Anfang, im November 162
geschehen sein: die Nähe des Winters wurde für den vor-
zeitigen Abzug von Jerusalem zum Vorwand genommen, dies
ist aus Josephos bell. jud. 1, 1, 5 (vgl. Cap. IV zum 1. Brief)
zu schliessen: rijv ioutrjv dvvajiiiv äjiayayQ)v ;^fit/i69coi;aav
ek Tfjv HvQiav, In Rom hatte auf die Nachricht vom Tod
des Epiphanes Demetrios der Sohn seines Bruders und Re-
gierungsvorgängers Seleukos gebeten, ihn aus der Geiselschaft
zu entlassen und sein Näher recht auf den Thron, welchen
Epiphanes usurpirt hatte, anzuerkennen; aber der Senat zog
es vor, diesen im Besitz eines Knaben als eines 23 jährigen
Mannes zu wissen, und schickte drei Vertreter, an der Spitze
Cn. Octavius ab, um die Verhältnisse das Reichs in seinem
Sinn zu gestalten (dioixtjaovrag zd xatä ri/v ßaaikelav (bg
avrf] jiQojJQfjTo), Pol. 31, 12. Dieser Bericht ist in das
Consulnjahr 590 (beginnend mit id. Mart.) von Schweighäiiser
und in Ol. 154, 1 (Spätjahr 164—163) von Metzung, de Po-
lybii librorum XXX— XXX III fragmentis ordine collocandis,
diss. inaug. Marburg 1871, welchem Nissen und Hultsch
folgen, nur desswegen eingestellt worden, weil das 149. Jahr,
in welches das erste Makkabäerbuch den Tod des Epiphanes
setzt, allgemein auf den 1. Nisan 164 — 163 gedeutet wird;
in den Excerpten über auswärtige Gesandtschaften in Rom
steht er zwischen 31, 9 (aus dem Consulat des Tiberius,
d. i. Gracchus 591/163) und 31, 15 — 17 (Gesandtschaften un-
bekannten Datums); das auf diese folgende Excerpt (31, 18:
Ptolemaios Physkon in Rom) fallt in Ol. 154, 2 oder 154, 3
und wird in 154, 2 gesetzt. Die Aussendung des Octavius
kann demnach ebenso gut 592/162 wie 591/163 stattgefunden
Die Seleukidenära der Makkabäerhücher. 255
haben; nach Oranius Licinianns Buch 28, dessen Angaben
auch hinsichtlich der Todeszeit des Epiphanes keine Beach-
tung gefunden haben, wurde unter den Consuln von 592/162
Demetrios abgewiesen und dem Knaben Antiochos ''qui postea
Eupator appellatus est' (die Annahme dieses Titels^) wird
1 Makk. 6 noch in das 149. Jahr gesetzt) der Thron Syriens
zugesprochen. Der 15. Martius 592 entspricht entweder
dem 3. oder dem 26. März 162; bis die Kunde vom Tod
des Epiphanes von Tabai in Persis, wo er starb, nach
Antiocheia und dann wieder nach Rom kam, verging sicher
eine längere Zeit; die Sitzung des Senats, in welcher Deme-
trios auftreten durfte, hat frühestens in den ersten Tagen
des neuen Gonsulnjahres, in welche man die in den letzten
Monaten nachgesuchten Audienzen nicht dringlicher Art zu
verweisen pflegte, stattgefunden. Die drei Senats Vertreter
hatten auch den Auftrag, in Makedonien, wo Uneinigkeit
und Hader herrschte, nach dem Rechten zu sehen, ferner
in Galatien und in Kappadokien Aufenthalt zu nehmen
(Pol. 31, 12); hier erbot sich Ariarathes, sie mit Heeres-
macht zur Grenze des Seleukidenreichs zu geleiten und dort
bis zu ihrer glücklichen Rückkehr zu harren, indem er auf
die unsicheren Verhältnisse der Regierung (Tr]v aHaiaoraolav
tfjg ßaoiXaiag) und die Unbesonnenheit (elxaiOTrjra) ihrer
Leiter*) hinwies (Pol. 31, 13); das Heer des Epiphanes war
also noch nicht nach Syrien zurückgekehrt oder Ariarathes
hatte noch nichts davon erfahren. Nach der Ankunft der
Senatoren in Antiocheia würde es auch schwerlich zum
1) Offenbar hat man erst die Anerkennung durch die Schutz-
macht abgewartet, Tgl. zum 151. Jahr.
2) Wohl darauf zu beziehen, dass Lysias, ohne die letzten An-
ordnungen des Epiphanes abzuwarten oder zu beachten, thatsächlich
die ganze Verwaltung an sich gerissen hatte; über die Formen,
welche er dabei beobachtete, s. Cap. IV zum 2. Brief.
256 Unger
Bürgerkrieg daselbst gekommen sein. Mehr zur Geschichte
des Antiochos Eapator in Gap. IV.
Im 151. Jahr (1. Nisan 161 — 160) landete Demetrios
nnd stürzte den Antiochos Eapator, 1 Makk. 7, nach Por-
phyrios im J. Ol. 154, 4 (Okt. 162 — 161); vielleicht geschah
es im Lauf des Nisan, April 161, s. zum 149. Jahr.*) Die
Senatsvertreter waren angewiesen, die besten Kriegsschiffe
verbrennen und die Elephanten verstümmeln zu lassen (Pol.
31, 12); wegen der Ausführung beider Aufträge oder wenig-
stens des ersten wurde Octavius in Laodikeia (Pol. 32, 6 — 7)
ermordet. In Rom erschien, nachdem der Vorgang (vielleicht
durch die zwei anderen Senatoren) bekannt geworden war,
eine Botschaft des Lysias, um ihn von dem Verdacht der
Urheberschaft des Mordes zu reinigen. Jetzt erneuerte De-
metrios, nachdem er einige Zeit gezaudert hatte, sein Gesuch
um Entlassung und Anerkennung als König; abermals ab-
gewiesen, beschloss er sich selbst zu helfen, floh aus Rom
und erreichte sein Ziel, Polyb. 31, 19—23. Dieser Bericht
steht in den Excerpten über nichtrömische Gesandtschaften
zwischen dem über Physkons Aufenthalt in Rom und dem
in dasselbe Jahr gehörenden über seinen Versuch, mit Hülfe
römischer Senatsvertreter den Bruder zu einem besseren Ab-
kommen zu nöthigen (31, 27 — 28), und kann nach dem zum
150. Jahr über Physkons Romreise Bemerkten nebst beiden
ebenso gut auf Ol. 154, 3 (Spätjahr 162 — 161) bezogen
werden wie mit den Erklärern auf Ol. 154, 2. Octavius ist
im J. 592/162 (beginnend mit id. Mart.) nicht nur abge-
sandt, sondern auch, wie Obsequens 74 bezeugt, ermordet
worden und aus der langen Zeit, welche zwischen beiden
1) Die Münzen des Demetrios beginnen erst mit Sei. 154 (Okt.
159—158), Babelon p. GXIX, wie auch der römische Senat ihn erst
Ol. 155, 1 (Spätjahr 160 — 159), auch in diesem Jahr nur nach langem
Zaudern und bloss bedingungsweise anerkannte, Pol. 82^ 6 — 7. Diod.
31, 29; vgl. die Anmerkung zum 150. Jahr.
Die Seleukidenära der Mäkkahäerhücher, 257
Ereignissen verflossen sein muss, geht hervor, dass sein Tod
nicht früher als in die zweite Hälfte dieses Gonsulnjahres
gesetzt werden kann; sein Eintreffen in Syrien fällt wahr-
scheinlich in die letzten Monate von 162, sein Tod jedenfalls
in den Winter 162/161. Als Demetrios alles zur Flucht aus
Rom vorbereitet hatte, verliess er die Stadt unter dem Vor-
geben auf die Saujagd nach Circeji zu gehen, wo er schon
bisher ofk gejagt hatte (Pol. 31, 22); daraus hat bereits
Metzung den Schluss gezogen, dass er sich nicht im Sommer,
sondern etwa im März entfernt habe. Von Ostia fuhr er
nach Lykien und wartete dort auf die Rückkunft des Kund-
schafters, welchen er nach Syrien vorausgeschickt hatte
(Pol. 23, 31, vgl. mit Zonaras 9, 26); dann landete er in
Tripolis, wo er sogleich als König anerkannt wurde.
Im Nisan des 152. Jahres (1. Nisan 160 — 159) erschien
das Heer, welches Demetrios geschickt hatte, um die am
13. Adar (im 12. Monat des jüdischen Jahres) erlittene Nieder-
lage von Bethhoron zu rächen, vor Jerusalem, 1 Makk. 9,
vgl. oben S. 245. Die Anhänger der Meinung, dass die Aera
des 1. Makkabäerbuchs vollständig mit der gewöhnlichen
Seleukidenära identisch sei, also mit dem 7. jüdischen Monat
Thishri anfange, berufen sich besonders auf diese Stelle, weil
die Zeit zwischen 13. Adar 161 (160) v. Chr. und 1./30. Nisan
161 (160) zu kurz sei: nicht nur hatte in der Zwischenzeit
das geschlagene Heer den Weg nach Syrien zurückgelegt,
Demetrios die nöthigen Vorbereitungen zu einem neuen Feld-
zug gemacht und das neue Heer den ganzen Weg bis Jeru-
salem zurückgelegt, sondern dieses auf dem Zug auch ''Mai-
saloth in Arbela' belagert und erobert; sie setzen daher die
Niederlage in den Adar Sei. 151 (März 162) und die An-
kunft in Arbela in den Nisan Sei. 152 (April 161). Aber
Demetrios wollte, wie man aus 1 Makk. 9, 1 — 3 schliessen
darf, nicht ein ganzes Jahr und darüber bis zum Rachezug
verfliessen lassen und c. 7, 50 wird von der Zeit zwischen
1895. Sitzungab. d. phiL u. bist. Cl. 17
258 Üfiger
der Schlacht von Bethhoron und dem Einmarsch des neuen
Heeres ausdrücklich xal ^ov^^^^ V 7^ dXlyag fifjLeqag gesagt;
schon Michaelis hat erinnert, dass zwischen Adar und Nisan
ein Schaltmonat (Veadar) gelegen haben könne. Am Passah-
fest und zwar am 16. Tag des Nisan wurden die Erstlinge
des Getreides geopfert; diese lieferte die Gegend um Jericho,
welche sich der frühesten Vegetation erfreut, in den ersten
Tagen des greg. April (s. Ideler I, 487, nach Beobachtungen
des vorigen Jahrhunderts), also frühestens 11 Tage nach der
Nachtgleiche; der Nisan durfte demnach nicht früher als
4 Tage vor der Nachtgleiche beginnen, welche im J. 161
am jul. 23. März, 160 am 24. (gerechnet vom Abend des 23.)
März eintraf. Im J. 161 ereignete sich ein wahrer Neumond
am 23. März Vorm. 8 U. 36 M. Jerusalemer Zeit; der 1. Nisan
fiel also, weil der Monat mit dem sichtbaren Neumond an-
fangen sollte (s. Ideler II, 512 und Akad. Sitzungsb. 1893,
II, 475), auf den 25. (oder 26.) März, gerade um die Zeit
der Nachtgleiche, welche den idealen Termin des Neujahrs
bildete, so dass an eine Monafcseinschaltung im J. 162/1
nicht zu denken war. Wohl aber war sie im J. 161/0 am
Platz: denn mit bloss 12 Monaten würde der 1. Nisan vom
25. März 161 auf den 14. März 160 gekommen sein.
Für das 153. Jahr (1 Makk. 9) stehen keine Zeitmerk-
male zn Gebot.
Im 160. Jahr (1. Nisan 152 — 151) trat Alexander als
Gegenkönig auf und wurde in Ptolemais sogleich anerkannt,
1 Makk. 10. Der vorgebliche Sohn des Antiochos Epiphanes,
ein gemeiner Antiochener Bala, wurde Ol. 156, 4 (Spätjahr
153 — 152) in Rom anerkannt, worauf sein Leiter Herakleides
sogleich Söldner zu werben anfing und mit ihm nach Ephesos
fuhr, wo die weiteren Anstalten für das Auftreten in Syrien
getrofi^en wurden, Polyb. 33, 18; das Jahrdatum steht durch
die Ordnung der Gesandtschaftsexcerpte fest und ist auch
allgemein anerkannt. Die Landung fand ein paar Monate
Die Seleukidenära der Makkabäerbücher, 259
1
1."*--
yor dem c. 10, 21 erwähnten Laubhüttenfest des 160. Jahres
(15.— 21. Thishri = 22.-28. Okt. 152) statt, s. oben S. 244
' und zum 172. Jahr.
^' Im 162. Jahr (1. Nisan 150 — 149) vermählte Ptolemaios
E' (Philometor) in Ptolemais seine Tochter Kleopatra mit König
' Alexander, 1 Makk. 10. Voraus geht der Bericht von der
Niederlage und dem Tod des Demetrios; es folgt daraus nicht,
dass diese Ereignisse in das 161. Jahr gefallen seien: denn
k^ der Verfasser des Buchs zeigt nicht jeden Jahreswechsel an
und gibt ein Jahrdatum nur bei ihm wichtig erscheinenden
^ Ereignissen, gleich viel ob die vorausgehenden oder nach-
-. folgenden demselben oder einem andern Jahr angehören;
hier thut er es, weil der Hohepriester Jonathan zur Festlich-
y keit geladen wurde. Die letzten Münzen des Demetrios und
die ersten Alexanders datiren aus Sei. 162 (Okt. 151 — 150),
s. Babelon les rois de Syrie, p. CXXIII ff. Polybios 3, 5
nennt nach der Wiedereinsetzung des Ariarathes (Jahr 153
. v.Chr.) den Fall des Demetrios nach 12 jähriger Herrschaft,
die Heimkehr der Achaierführer aus Italien und den nicht
lange darnach f/irr' ov noXv) ausgebrochenen punischen Krieg.
Hat Polybios der Jahrzählung den Abstand zwischen dem
Jahrdatum der Thronbesteigung des Demetrios (April 161
fiel ihm, da er in den ersten Büchern die Olympiadenjahre
mit dem Datum der olympischen Spiele beginnt und endet,
in Ol. 154, 3 = 15. August 162 — 161) und dem seines Todes
zu Grund gelegt, so setzte er diesen in Ol. 157, 3 = 3. Aug.
150—149; wenn die 12 Jahre bloss die Zeitdauer an sich
bezeichneten, würden sie, was sich nicht annehmen lässt,
vom April 161 bis zum Oktober 150 / Okt. 149 laufen. Der
punische Krieg begann im Frühling 149 (Äppian Pun. 75 ff.,
Tgl. mit Polyb. 37, 3); die Achaier, im Nov. 587 = Okt. 167
(Liv. 45, 35) deportirt, wurden im 17. Jahr (Pausan. 7, 10)
entlassen. Die letzten Münzen des Demetrios und die ersten
des Alexander datiren aus Sei. 162 (Okt. 151 — 150); den
17*
260 ünger
BegieruDgswechsel setzen wir nach alle dem um August oder
September 150. Bei Porphjrios fällt er unrichtig in das
nächstfolgende Seleukidenjahr: er gibt Demetrios die 12 Jahre
OL 154, 4 — 157, 3^) und Alexander die 5 Jahre 157, 4
(Okt. 150—149) —158, 4; er hätte jenem bloss 11 Jahre
geben sollen. Der Fehler setzt sich fort*) bis zum Ende
des Demetrios IL; um dies anschaulich zu machen^ setzen
wir die Data des Porphyrios neben die von den Münzen
gelieferten und drücken beide in Jahren vor Christi Geburt
aus, welche aber mit dem Yorausgegangenen Oktober (ge-
nauer 1. Dios) anfangen:
Demetrios I. endet, Alexander beginnt 150, n. Porph. 149
Alexander endet, Demetrios II. beginnt 145, n. Porph. 144
Ant. Sidetes beginnt 138, n. Porph. 137
Aut. Sidetes endet, Demetrios IL beginnt 129, n. Porph. 128
Demetrios IL endet 125, n. Porph. 124
Ant. Grypos beginnt 125, n. Porph. 123.
Die Münzen des Antiochos Grypos beginnen schon im
Todesjahr seines Vaters Demetrios; aber die des Gegenkönigs
Alexander Zabina laufen von 128 bis 122 (Babelon p. GL),
in welchem Jahr er nach Porphyrios Herrschaft und Leben
verloren hat; die Lücke eines Jahres, welche dieser zwischen
Demetrios und Antiochos Grypos lässt, entspricht also der
Zeit, da Alexander Zabina auf der Höhe seiner Macht stand,
und hier suchen wir die Wurzel der von Porphyrios be-
gangenen Fehler: in seiner Quelle, die nach manchen An-
zeichen^) Tabellen in der Art des eusebischen Kanons ent-
1) Die Hdss. geben hier 157, 4 und bei Alexander 167, 8, beide
Fehler sind schon von den Erklärem verbessert.
2) Er beschränkt sich auf die (oben angegebenen) Data des
Regierungswechsels; die nicht auf einen solchen bezüglichen sind,
wie sich zeigen wird, von ihm unberührt geblieben.
8) Die Zeiten des Zenon von Eition, Akad. Sitzungsb. 1887, I, 129.
Die Seleukidenära der MakJcdbäerhücher, 261
halten zu haben scheint, hat die Lücke vielleicht zwei Jahre
(125 — 128) eingenommen, Porphyrios aber verkürzte sie aus
Versehen nm ein Jahr, schob in Folge dessen die Begierungs-
data um eine Stelle herab und bekam so für Demetrios L
12 Jahre statt 11.
Im 165. Jahr trat Demetrios (II.) als Gegenkönig auf,
1 Makk. 10. Die Zeit bloss hier angegeben.
Im 167. Jahr (1. Nisan 145 — 144) fiel Alexander im
Kampf mit Demetrios und Ptolemaios (Philoraetor), der ein
paar Tage nach der Schlacht starb, 1 Makk. 11. Bei Por-
phyrios regiert Alexander 5 Jahre, von Ol. 157, 4 (die Hdss.
157, 3) bis 158, 4; sein Tod und der Anfang des Demetrios II.
fällt also nach ihm^) Ol. 159, 1 (Okt. 145-144), aber die
letzten Münzen Alexanders und die ersten des Demetrios
(Babelon p. CXXIV) geben das vorausgehende Jahr Sei. 167
(Okt. 146 — 145); dazu stimmt der astronomische Regenten-
kanon, nach welchem Ptolemaios Philometor in dem vom
28. Sept. 146 — 27. Sept. 145 laufenden Jahr starb. Nach
dem Tod des Ptolemaios warf Demetrios dessen Heer mit
Gewalt aus Syrien, entliess dann die einheimischen Truppen
sammt ihren Befehlshabern und stützte sich bloss auf fremde
Soldner; nun verschworen sich jene gegen ihn, ihr Führer
Diodotos suchte den von Alexander hinterlassenen Knaben
Antiochos (VI.) an seinem Zufluchtsort in der syrischen Wüste
auf und verweilte dort lange Zeit, bis jener ihm endlich
übergeben wurde; dann rief er ihn als König aus, zog die
1) Porphyrios selbst pflegt, wo er den Tod oder Sturz eines
Regenten datirt, ihn in das letzte unter demselben vollendete, also
eigentlich in sein vorletztes Begierungsjahr zu setzen; dies ist die
Folge davon, daaa er jeder Regierung bloss volle Jahre zutheilt, so
dass gewiaiermassen der erste von zweien mit dem Schluss des letzten
ihm zugewiesenen Jahres endet und der andere mit dem Beginn
seines ersten anfUngt. Aehnlich Eusebios in den Anmerkungen zum
Kanon.
262 ünger
entlassenen Truppen an sich und schlug den König Demetrios
in einer Schlacht, nach welcher dieser in die Seefeste Se-
leukeia floh. Da auch die ersten Münzen des Antiochos VI.
aus Sei. 167 datiren, so ist der Tod des Alexander and Pto-
lemaios nicht später als in den Fröhling 145 zu setzen.
Im 170. Jahr (1. Nisan 142 — 141) gewährte Deinetrios
den Juden wegen ihres Uebertritts zu ihm Steuerfreiheit und
Autonomie,^) von da an datirten sie nach Jahren ihres Jlohen«
priesters Simon; im 171. Jahr eroberte dieser die (von Diodotos
besetzt gehaltene) Burg Jerusalems, 1 Makk. 13.
Im 172. Jahr (1. Nisan 140—139) machte Demetrios
Rüstungen und zog dann nach Medien gegen Arsakes;
dieser schickte aber auf die Nachricht von seinem Einfall
einen Feldherrn ab, welcher ihn gefangen nahm, 1 Makk. 14.
Das zuletzt genannte Ereigniss gehört unstreitig einem SfML-
teren als dem 172. Jahre an, aber auch von den andern
Vorgängen ist bloss der erste dem 172. Jahr zuzuweisen;
der Zug nach Medien konnte erst angetreten werden, nach-
dem Demetrios das von den Parthern eroberte Bahylonien
wiedergewonnen hatte. Die Eroberung dieses Landes durch
Mithridates geschah, wie (von den Neueren wenig beachtet)
Orosius 5, 4 meldet, in demselben Jahre, in welchem Viriathus
getödtet wurde, also 140 y. Chr.; dann habe jener in einem
zweiten Krieg (oder Feldzug, secundo hello) den ihm ent-
gegenziehenden Demetrios selbst besiegt und gefangen ge-
nommen, hierauf aber Diodotos mit dem Sohn Alexanders
1) Aus dem UmschwiiDg der VerbftltnisBe zu Gunsten des De-
metrios, welcher hiedurch und durch den von Poseidonioa (vgl. zum
174. Jahr) im 8. Buch, der Jahresgeschichte von Ol. 169, 2 (Sp&ijahr
148—142), ers&hlten Krieg zwischen den zwei Hanptstfltzpnnkten
Diodots, den Städten Apameia und Larissa herheigeföhrt werden
mnsste, erklärt sich vielleicht der Umstand, dass die Data der er-
haltenen Münzen des Antiochos VI. nicht weiter als bis Sei. 170
(Okt. 148—142) reichen.
Die Seleukidenära der Makkabäerhücher, 263
Syrien gewonnen. Die nächsten Worte M. Aemilio Lepido
C. Hostilio Mancino coss. (617/137) prodigia apparuere lehren,
dass die nicht datirten Ereignisse in 139 — 138 fallen. Por-
phyrios schreibt nach der Meldung vom Tod des Alexander
und Ptolemaios: bellum vero excepit laudatus Demetrius, qui
erat filius Demetri (Rest einer Meldung von dem Kampf,
in Folge dessen Demetrios nach Seleukeia floh). Demetrio
Seleuki (gemeint war im Original ex Seleucia) et Antiokho
Alexandri filio ex Syria et Antiokhia urbe invicem irrnentibus
yicit Demetrius regnabatque (über Antiocheia und Syrien,
die Apamene ausgenommen) GLX. olompiadis anno primo
(Okt. 141 — 140). anno etiam secundo copias colligebat
(Okt. 140 — 139) et adversum Arshakem profectus est Babe-
lonem et in superiores regiones; worauf er die Gefaugeu-
nähme, geschehen Ol. 160, 3 (Okt. 139—138), folgen lässb;
ygl. zum 174. Jahr. Nach alle dem hat Demetrios II.
140 y. Chr. in der guten Jahreszeit den Gegenkönig besiegt,
zu gleicher 2jeit aber Mithridates Babylonien, dessen Statt-
halter, wie es scheint, keine oder nur ungenügende Unter-
stfitzung yon Demetrios erhalten konnte, erobert; dieser Ver-
lust bewog Demetrios, statt seinen Sieg yoUständig bis zur
Vernichtung der nach Apameia geflohenen Gegner auszu-
nützen, im Winterhalbjahr 140/39 umfassende Rüstungen
gegen die Parther zu machen und im Frühjahr 139 gegen
sie zu ziehen. Nach yielen Siegen (Justin 36, 7. 38, 9) wurde
er, durch Scheinunterhandlungen getäuscht, während des
Waffenstillstands treulos überfallen und gefangen genommen,
nach den Angaben über Diodot und Antiochos Sidetes zu
schliessen, im Winterhalbjahr 139/8, vielleicht noch im J. 139.
Von der (ersten) Regierung des Demetrios II. und der
des Antiochos VI. hat Porphyrios weder die Zahl der Jahre
noch das Datum des ersten und letzten Jahres genannt; sein
nächstes Regierungsdatuni ist Ol. 160, 4 für den Anfang des
Antiochos Sidetes; die diesem voraufgehende Herrschaft des
264 ünger
Diodot, welcher nach Demetrios' Gefangennahme Syrien
gewann, den Knaben Antiochos umbringen Hess und unter
dem Namen Tryphon als König regierte, hat er ganz über-
gangen. Die christlichen Chronographen haben aus den Olym-
piadendaten des Porphyrios (Ol. 160, 1. 2. 3), von welchen
das letzte eigentlich dem Diodotos gehört, eine dreijährige
Regierung des Demetrios gemacht, die 4 vorausgehenden
aber, welche bei Porphyrios der Bürgerkrieg füllt, theils
ganz übersprungen, theils den 5 Jahren Alexanders zuge-
schlagen, Sulpicius Severus 2, 24 (Alexander) annos V vel,
ut in plerisque (in vielen) auctoribus reperi, novem, Synkellos
p. 545 ert] e, ol de t>'; p. 559 eTtj t?' . . . . nvkg dh ert] i
tpaoiv ainhv ßaoiXevaai, iv olg xal Evoeßiog, Der eusebische
Kanon gibt in der syrischen Columne das 1., 2., 3. bis 10. Be-
gierungsjahr Alexanders und berechnet dem entsprechend in
der Datirung 10 Jahre; eine genauere Angabe liefert die
üeberschrift des 1. Jahres (9 Jahre 8 Mon. Hieronymus;
der Armenier 10 Jahre, ein Flüchtigkeitsfehler), die syrische
Epitome (9 J. 9 M.) und die bloss in der armenischen Ueber-
setzung erhaltene Series regum (9 J. 10 M.). Münzen des
Antiochos VI. gibt es nach Babelon p. CXXXIV aus Sei.
167 — 170 (Okt. 146—142), später geprägte können wegen
geringer Zahl (vgl. zum 170. Jahr) untergegangen sein;
Josephos ant. jud. 13, 7, 1 gibt ihm 4 Jahre. In der That
verliefen nicht 9, sondern 10 Jahre vom Fall des Demetrios I.
(Ol. 157, 3) bis zur Niederlage des Antiochos VI. (Ol. 160, 1):
denn Porphyrios hat jenen um 1 Jahr zu spät gesetzt. Eu-
sebios hat also, offenbar wegen der ungenügenden Angaben
des Porphyrios über jene 4 Jahre, eine andere Quelle zu
Rath gezogen und zwar, da er nicht bloss Jahre sondern
auch Monate angibt, eine ausschliesslich oder wenigstens in
erster Linie der syrischen Geschichte gewidmete Chronik,
vielleicht die des Tballos (vgl. Cap. V); setzen wir den Tod
des Demetrios I. nebst dem Anfang Alexanders in den August
Die Seleukidenära der Makkabäerhücher, 265
oder September 150, so bringen die 9 Jahre 8 Mouate des
Hieronymus^) den Sieg des Demetrios II. über Antiochos VI.
ungefähr in den April oder Mai 140; die 4 Jahre des An-
tiochos bei Josephos, beginnend vielleicht im Spätsommer
oder Herbfitanfang 145, mögen attisch genommen sein, von
Ol. 158, 4 (Juli 145—144) bis 159, 4 (Juli 141—140), vgl.
zum 145. und 177. Jahr; jedenfalls ist die kurze zweite
Regierung des Antiochos VI. (139/8—138/7) nicht einge-
rechnet.
Im 174. Jahr (1. Nisan 138—137) kam Antiochos in
sein Erbland und fast das ganze Kriegsvolk ging von Trjphon
zu ihm über, 1 Makk. 15. Die letzten Münzen aus der
ersten Regierung des Demetrios zeigen das Jahr Sei. 173
(Okt. 140—139), die ersten des Antiochos Sidetes stammen
aus Sei. 174 (Okt. 139 — 138), die letzten des Antiochos und
die ersten des zurückgekehrten Demetrios aus Sei. 183 (Okt.
130—129), die letzten des Demetrios aus Sei. 187 (Okt.
126-125), s. Babelon p. CXXXI. CXLI. CXLV. Porphyrios
setzt seine Gefangennahme richtig in Ol. 140, 3 = Sei. 174;
wegen des Fehlens von Münzen desselben aus diesem Jahr
darf wohl geschlossen werden, dass sie in den ersten Monaten,
etwa im Spätherbst 139 stattgefunden hat; nach ihrem Be-
kanntwerden trat Diodot mit Antiochos VI; wieder hervor
und gewann den grössten Theil Syriens nebst Kilikien; An-
tiochos VI. wurde von ihm im nächsten Jahr (s. zum 177. J.)
aus dem Weg geräumt. Auch die 9 Jahre, welche Por-
phyrios dem Antiochos Sidetes, und die 4, welche er Deme-
trios gibt, treffen zu, aber unrichtig lässt er jenen Ol. 160, 4
(st. 160, 3) und Demetrios Ol. 163, 1 (st. 162, 4) beginnen,
8. zum 167, Jahr. Endlich wenn er die Gefangenschaft des
1) Seine Textüberlief erung ist eine §^ute; die Epitome hat viele
falsche Zahlen, ebenso die Series und die 9 Monate sind jedenfalls
darch Wiederholung der vorhergehenden Neun zahl entstanden.
266 Unger
Demetrios nicht 9, sondern 10 Jahre lang dauern lässt, so
erklärt sich das daraus, dass er ihren Anfang richtig in
Ol. 160, 3 (Okt. 139—138), aber den Regierungsantritt des
Antiochos Sidetes um ein Jahr zu spät, in Ol. 160, 4 gesetzt
hat. Dieser fand den Tod unter den Consuln von 624/130
(Obsequens 28. Orosius 5, 9) im Anfang des Winters (Por-
phyrios), bald nach Bezug der Winterquartiere (Justinus 38, 10),
also um oder nach Mitte November, spätestens in der ersten
Hälfte des Dezember 130; in den Krieg gegen die Parther
war er im Frühjahr 131 gezogen; die im Lauf des Krieges
am Anfang des Frühlings erschienene Friedensgesandtscbafb
des Partherkönigs bei Diodor 34, 15 fallt in das J. 130.*)
Im 177. Jahr, im Monat Shbat (26. Jan. bis 24. Febr. 134)
wurde der Hohepriester Simon nebst zwei Söhnen von seinem
Eidam Ptolemaios auf dessen Burg Dok bei Jericho ermordet;
dann forderte dieser den König Antiochos brieflich zur Sen-
dung eines Heeres auf, suchte vergebens den dritten Sohn
Johannes Hyrkanos, zur Zeit Statthalter in Gazara, durch
Meuchelmord zu beseitigen und schickte Truppen behufs
Besetzung Jerusalems ab, 1 Makk. 16. Damit schliesst das
Buch. Hyrkanos übernahm jetzt mit dem Hohenpriesteramt
die Regierung und noch in seinem ersten Jahr (Jos. ant.
13, 8, 2), im Sommer (s. Cap. III) rückte Antiochos in
Judäa ein; der Usurpator Diodotos Tryphon war bereits
aus dem Leben geschieden (Justin 36, 1). Dieser hatte den
Knaben Antiochos im J. 137 umbringen lassen^) und sich
1) Mehr hierüber s. Umfang und Anordnung der Geschichte
des Poseidonios, Cap. IV zu Buch 14 (demnächflt im Philolögas er-
scheinend).
2) Nach 1 Makk. 13 wäre das schon um 142 geschehen, doch Aber
auBserpalästinische Vorgänge zeigt sich der Verfasser anerkannter
Massen nicht selten mangelhaft unterrichtet. Die griechischen und
römischen Berichte (welche nachweislich aus mehr als einer Quelle
geflossen sind) stimmen darin überein, dass das Ereignits nach d«r
Die Seleukidenära der Makkahäerhücher. 267
die Krone aufgesetzt: die Epitome aus Livius B. 52 bringt
nach der Aussendung des Consuls Fabius (J. 143) gegen
Viriathus und vor dem Triumph des Mummius (145) den
Sieg des Diodotos, qui Alexandri filio bimulo regnum as-
serebat, ober Demetrios und B. 55 nach dem schimpflichen
Vertrag des Consuls Mancinus (137) und dem zweiten lusi-
tanischen Feldzug des D. Brutus (137), aber vor dessen
gallaecischem Feldzug (136) das Ende des Antiochos VI.,
welcher decem annos admodum habens a Diodoto . . . occisus
est. Dazu stimmt Orosius, da er an die Vorgänge aus 139
bis 138 (s. zum 172. Jahr) die Ermordung des Knaben und
Diodots Thronbesteigung mittelst des Wortes postea anknüpft,
diese Ereignisse also in ein späteres Jahr setzt. Tryphon
war 3 Jahre*) lang König, Jos. ant. 13, 7, 2; die Münzen
zeigen sein 2., 3. und 4. Jahr, Babelon p. CXXXVIII; die
3 Jahre sind also reichlich genommen und sein Ende fällt
jedenfalls in das J. 134, wohl erst nach den letzten Vor-
zügen des Makkabäerbuchs. Diesen gehen in c. 15—16
folgende Ereignisse voraus: Tryphon, von Antiochos in Dora
belagert, entfloh zur See gen Orthosia, der König aber zog
ihm nach, indem er eine Heeresabtheilung unter Kendebaios
zurückliess. Dieser befestigte den Ort Kedron bei Jamnia,
dessen Besatzung das jüdische Gebiet durch Einfälle so zu
beunruhigen anfing, dass Simon sich genöthigt sah, ein Heer
gegen Kendebaios aufzubieten. Dieser wurde bei Modin ge-
schlagen und die Castelle bei Asdod, in welche sich die
Fliehenden retteten, erobert. Dann folgt der Bericht vom
Tod Simons. Bei Josephos ant. 13, 7, 2 flieht Tryphon von
Dora nach Apameia, wird bei der Belagerung der Stadt
Grefangemiahiiie des Demetrios geschehen ist, vgl. Karl Müller, fragm.
hist. gr. II, p. XX.
1) Attisch wie die 4 der ersten Regierung der Antiochos VI.
(s. zum 172. J.) berechnet laufen sie von Ol. 160, 3 (Juli 138—187)
bis 01.161, 2 (Juli 136-184).
268 ünger
(also bei eiDem Ausfall) gefangen genommen und getödtet,
nach Strabon p. 668 eingesperrt und dadurch zur Selbstent-
leibung getrieben. Das Makkabäerbuch hat die Geschichte
nur bis zu seiner Flucht von Dora zu dem Platz verfolgt,
wo die Heerstrasse nach Apameia sich von der Küste binnen-
wärts in die Einsattelung zwischen dem nördlichen Ende des
Libanon und dem südlichen des syrischen Gebirges wendet,
vielleicht desswegen, weil der benützte zeitgenössische Bericht-
erstatter von den weiteren Schicksalen Tryphons nichts ge-
hört hatte. Die letzten in dem Buch erzählten Ereignisse
vor Simons Tod fallen demnach in die gute Jahreszeit von
135; über die späteren s. das folgende Gapitel.
ni. Die Sabbatjahre.
Wie an jedem siebenten Tage die Menschen so sollte
in jedem siebenten Jahre der Boden ruhen, man durfte weder
säen und ernten noch pflanzen oder lesen, die Erträgnisse
des Vorjahres sollten auch für dieses ausreichen. Mit dem
Nisan konnte ein solches Jahr nicht anfangen: in diesem
Monat begann sonst die Ernte; unterliess man sie, so würde
im vorhergehenden Herbst vergebens gesät worden sein und
da im kommenden nicht gesät werden durfte, so würde man
auch im nächsten Kalenderjahr nichts zu ernten gehabt
haben. Das Sabbatjahr begann mit der Saatzeit, welche
gewöhnlich auf das Laubbütten fest (15. — 21. Thishri) folgte;
um es mit dem Kalenderjahr in ein gefälliges Verhältniss
zu setzen, wurde seine erste Hälfte der zweiten des Kalender-
jahres und seine zweite dessen erster geglichen, indem als
sein Anfang, wie die Mishna im Tractat vom Neujahr (Rosh
Hashanah 1, 1) vorschreibt, der 1. Tag des 7. Monats Thishri
betrachtet wurde.*) Das auf das 7. Sabbatjahr folgende
1) ursprünglich wohl der 10. Thiehri, an welchem das Ver-
söhnungsfest stattfindet; mit diesem sollte das Jobeljabr beginnen
(3 Mos. 25).
Die Sdeükidenära der MakTcabäerbücher, 269
Jobeljahr sollte ebenfalls keine Feldarbeit sehen und nach
ihm ein neuer 7 jähriger Cyklus anheben; die Vorschrift ist
aber aus begreiflichen Gründen, wenn überhaupt, in dieser
Beziehung nur selten eingehalten worden: in dem Zeitraum,
aus welchem das Vorkommen von Sabbatjahren bezeugt wird,
von 162 bis 36 v. Chr. finden wir den 7 jährigen Cyklus
ununterbrochen eingehalten, die 50 jährige Jobelperiode hat
also während dieser 127 Jahre nicht bestanden.
Im Sommer des 150. Jahres der makkabäischen Seleu-
kidenära war ein Sabbatjahr im Gang (Cap. II), hatte also
im Herbst des 149. Jahres, der hergebrachten Ansicht über
diese Aera zufolge im Herbst 164 v. Chr. angefangen; dazu
stimmt, dass wenigstens nach Josephos während der Be-
lagerung Jerusalems durch Sosius und Herodes, welche vom
Frühjahr bis zum Herbst 37 dauerte, in Folge der Wirkungen
des Sabbatjahres die Lebensmittel in unzureichendem Mass
vorhanden waren: vom Herbst 164 bis zum Herbst 38 v. Chr.,
in welchem dieses begonnen hätte, verlaufen 18 mal 7 =
126 Jahre. Dem entspricht es auch, dass nach einer freilich
spätrabbinischen Notiz die Zerstörung des Tempels durch
Titus im August 70 in das Nachjahr eines Sabbatjahres
gefallen ist und dieses demnach im Herbst 68 begonnen hat:
von 38 V. Chr. bis dahin sind 15 mal 7 = 105 Jahre. Die
Meldung des Josephos, durch welche der Anfang eines Sabbat-
jahres in das 178. Jahr der makkabäischen Aera, also um
29 statt 28 Stellen nach dem so eben genannten 149. Jahr
fallen würde, enthält auch noch einen andern Fehler und
wird daher als nicht ausschlaggebend betrachtet. Aber im
Herbst 40 n. Chr., in welchem (77 Jahre nach dem Herbst 38
V. Chr.) der herrschenden Ansicht zufolge ein Sabbatjahr
hätte beginnen müssen, ist dies, nach einer anerkannt sicheren
Meldung zu schliessen, keineswegs der Fall gewesen. Solche
Fälle hoffen wir noch mehr beizubringen und zugleich, nach-
dem der im ersten Makkabäerbueh aus dem 150. Jahr be-
270 Unger
richtete bereits itn gleichen Sinn erledigt ist, auch an den
drei andern zu zeigen, dass die herkömmliche Reduction der
makkabsÜschen Seleukidenära nicht aufrecht erhalten werden
kann, sondern um 1 Jahr herabgesetzt werden muss. Die
Ernte unterblieb also in den Jahren nach Christi Geburt,
deren Zahl durch 7 theilbar ist, z. B. im J. 21, 35, 42, 70,
in der vorchristlichen Zeit aber in denjenigen, deren Zahl
ein Siebenfaches um eine Einheit übersteigt, z. B. vor Christi
Geburt 71, 43, 36, 22.
Das erste Makkabäerbuch schliesst mit der Ermordung
des Hohenpriesters Simon durch seinen Eidam Ptolemaios im
11. Monat des 177. Jahres (Jan./ Febr. 134, vulgo 135), dem
Mordanschlag gegen seinen Erben Johannes Hyrkanos und
dem Versuch des Mörders, Truppen nach Jerusalem zu werfen.
Hyrkanos, fahrt Josephos ant. jud. 13, 7, 4. bell. jud. 1, 2, 3
fort, eilte nach Jerusalem zu kommen und ihm wurde das
nächste Thor der Stadt geöffnet, dem Ptolemaios aber zur
selben Zeit das entgegengesetzte verschlossen. Dieser zog
sich in seine Feste Dagon (1 Makk. 16: Dok, von Jerusalem
nicht ganz 3 Meilen entfernt) zurück, Hyrkanos aber hielt
sich in Jerusalem nur so lange auf, als es der Antritt des
Hohenpriesteramts sammt den ersten Opfern nothwendig
machte; dann belagerte er die Feste und würde sie auch in
Bälde genommen haben, wenn Ptolemaios nicht, so oft zum
Stürmen Anstalt gemacht wurde, seine (des Hyrkanos) Mutter
und Brüder auf die Mauer gebracht, sie zu geissein befohlen
und zu tödten gedroht hätte. Als sich so die Belagerung
in die Länge zog, nöthigte ihn (angeblich) der Eintritt des
Sabbatjahrs, sie ganz einzustellen, ant. 13, 8, 1 hUnaxat xö
äQyov hog exeivo, xad^ o avjußalvei rolg 'lovdaloig dgyeiv;
bell. 1, 2, 4 ivioxT) x6 aqybv exog, o xaxä inxaexlav ägyehai
Tiagd ^lovdaioig ojuoicog xaig eßdofidoiv rj/bieQaig. Dass jeg-
liche, nicht bloss die Feldarbeit im Sabbatjahr verboten ge-
wesen sei, ist ein grober Irrthum, welcher auf gedankenlose
Die Seleukidenära der Mdkkäbäerhücher, 271
Benützung einer griechischen Quelle zurückgeführt wird,
8. Schürer I, 30. Wie erklärt sich aber der andere Irrthum,
den Anfang des Sabbatjahres, welches im 177. Aerajahr
(28 Stellen nach dem 149.) eingetreten sein muss, in das
darauf folgende, also in das 178. Jahr zu verlegen? Nach
unserer Ansicht, welche sich beim J. 37 v. Chr. bestätigen
wird, daraus dass Josephos^) wie von den Eigenschaften so
auch von den Grenzen des Sabbatjahres keine sichere Kenntniss
hat: er lässt es gleich dem Kalenderjahr am 1. Nisan
beginnen. Die vom Tod Simons bis dahin geschehenen
Ereignisse lassen sich in ungefähr 1^/a Monaten sehr wohl
unterbringen. Die Belagerung aufzugeben wurde Hyrkanos
zunächst durch die moralische Unmöglichkeit, durch Sturm
zum Ziel zu kommen, aber ohne Zweifel auch durch die
Erwartung genöthigt, dass der König Antiochos, der die
Niederlage seines Strategen Kendebaios rächen musste und,
von Ptolemaios gerufen, nun auch den jüdischen Bürgerkrieg
ausnützen konnte, demnächst mit Heeresmacht erscheinen
werde. Die drohende Gefahr einer Belagerung Jerusalems
rieth, mit den Vorräthen des Sabbatjahres haushälterisch
umzugehen und so viele als nur möglich in der Hauptstadt
anzusammeln.^) Dass Antiochos nicht sogleich kam, erklärt
sich aus den Vorgängen in Syrien: frühestens Ende Fe-
bruar 134 (vgl. Cap. II zum 177. Jahr) gab sich Tryphon
1) Wer ihm folgt, muss den Abzug des Hyrkanos auf den An-
fang des Thishri, also 7—8 Monate nach seinem Regierungsaniritt
setzen; in sein erstes Jahr fiel aber auch der Einmarsch des An-
tiochos, welcher längere Zeit (s. oben im Text) nach dem Abzug und
nngef&hr ein paar Monate vor dem Beginn der Regenzeit (Mitte No-
vember) stattgefunden hat; dazu passt nicht der 1. Thishri, wohl
aber sehr gut der 1. Nisan als Zeit jenes Ereignisses.
2) In der That erhellt, dass er dies in umfassendster Weise
(wohl hauptsächlich durch Ankauf bei den Grenznachbarn) gethan
hat, aus der langen Dauer der Belagerung, welche Jerusalem aus-
gehalten hat.
272 Unger
den Tod, dann nahm ihn die Ordnung der Verhältnisse in
und um Apameia in Anspruch. Nach dem Abzug des Hyr-
kanos ermordete Ptolemaios die Mutter und die Brfider des-
selben, dann floh er nach Philadelpheia; der zeitlich unver'-
mittelte Anschluss des Berichtes über den Einmarsch des
Königs Antiochos (ant. 13, 8, 2 *Avtu)xog ök , , . elg ttjv 'lov-
daiav hißaXev) lässt vermuthen, dass von der Flucht des
Ptolemaios bis dahin einige Monate vergangen waren. Jo-
sephos setzt ihn in das 4. Jahr des Königs, das 1. des Hyr-
kanos und in Ol. 162 (Juli 132—128 v. Chr.). Das Olym-
piadendatum ist falsch:^) da Antiochos zuerst das Land ver-
heert und dann länger als ein ganzes Jahr Jerusalem be-
lagert hat, so würden wir mit der Eroberung der Stadt
frühestens in den Herbst 131 kommen; aber im Frühling 131
zog schon Hyrkanos mit Antiochos als dessen Vasall in den
Partherkrieg. Das erste Jahr des Hyrkanos ging im Januar/
Februar 133 zu Ende, das vierte des Antiochos im Sommer-
halbjahr 134: er war im 174. Jahr sowohl der eigentlichen
als der makkabäischen Seleukidenära zur Regierung ge-
kommen, also zwischen dem 1. Nisan (10. April) und 1. Dios
(4. Okt.) 138. Nach Verwüstung des Landes schloss er die
Stadt ein, richtete aber lange Zeit nichts aus, Anfangs auch
wegen Wassermangel, welcher sich erst beim Untergang der
Pleiade, also zu Beginn des Winters, d. i. der Regenzeit gegen
Mitte November (134) hob. Endlich trat in der Stadt Lebens-
mittelnoth ein, welche nach einem siebentägigen, wegen des
Laubhüttenfestes (22.-28. Okt. 133) bewilligten Waffen-
stillstand die Uebergabe zu Weg brachte. Das falsche Datum
derselben bei Porphyrios: Ol. 162, 3 ist in Anbetracht der
häufigen Verwechslung von TtQcbrog mit xqlxog in Ol. 162, 1
(Okt. 133 — 132) zu verbessern; im Text einer Anmerkung
1) Auch ant. 14, 14, 5 findet sich ein falsches: Ol. 184 st. 186
(Ende 40 v. Chr.).
IHe Meukidenära der MakkäbäerbüOter. 273
des eosebischen Kanons wird OL 162 für sie ansdrücklich
angegeben, ist also wie alle Data dieser Art nicht bloss anf
die (oft yerkehrte) Rechnung des Eosebios gestellt, sondern
einer seiner Qnellen entlehnt; in beiden Uebersetzungen ist
die Notiz bei dem Datum OL 162, 1 angebracht und die
Quellen, aus deren einer oder der andern Eusebios hier ge-
schöpft haben kann: Kastor, Thallos, Phlegon, Gassi us Lon-
ginus, Julius Africanus berechnen sammtlich wie Eusebios
selbst die Olympiadenjahre nach makedonischem Kalender,
s. Gap. y. Der gewöhnlichen Rechnung zufolge wflrden
mit dem Sabbatjahr alle diese Data um 1 Jahr früher, die
Einnahme Jerusalems also in Ende Oktober 184, d. i. in
OL 161 faUen.
Zu Ostern 65,^) unmittelbar vor der Ankunft des M. Ae-
milius Scaurus, zahlten die mit Aristobulos von Hyrkanos II.
und dem Nabatfterkönig Aretas auf dem Tempelberg be-
lagerten Priester den Feinden fQr die üeberlassung von Opfer-
thieren den ungeheuren Preis von je 1000 Drachmen, er-
hielten aber trotzdem die Thiere nicht; zur Strafe kam ein
schreckliches Unwetter, welches alle Feldfrüchte vernichtete,
Jos. ant. jud. 14, 2, 2. Wäre jetzt, wie es die gewöhnliche
Berechnung verlangt, ein Sabbatjahr im Gang gewesen, so
würde der Sturm keine Feldfrucht vorgefunden haben; ein
solches begann vielmehr im Herbst 65.
Im Jahr 37 wurde die Einnahme Jerusalems 5 Tage
vor dem Laubhüttenfest, am Fasttag d. i. Yersöhnuugstag
(10. Thishri) durch Erstürmung des inneren Tempelvorhof es
und der Oberstadt vollendet, Jos. ant. 14, 16, 4; in den letzten
Monaten hatten die Lebensmittel, 'weil man im Sabbatjahr
stand', nicht ausgereicht, ant. 14, 16, 2. Trotz der ausdrück-
lichen Angabe des Tagdatums (tß ioQTJj rrjg vtiarelag) wird
1) Clinton f. hell, m, 845 ig. SchOrer I, 285.
ISW. SMBUigril. d. phO. o. hUL OL 18
274 Unger
das Ereignifis in den Sommer, etwa Juli^) 97 geaetzi, weil die
Belagerung, sobald es die Jahreszeit erlaubte (ant. 14, 15, 12
Xiqiavtog tov x^ifiojvog, bell. 1, 17, 4 ixoqf/ioavxog xov x^^
ßuovog)^ wahrscheinlich im Februar, spätestens im März an-
gefangen und 5 Monate gedauert habe (bell. 1^ 18, 2); Jo*
sephos scheine die Erwähnung eines Festtages in seinen heid*
niscben Quellen irrthümlich auf den Versäinungstag bezogen
zu liaben; gemeint sei der Säbbat gewesen, welcher in der
griechisch-römischen Welt, z. B. bei Suetonius Aug. 76,^)
für einen Fasttag gegolten habe; nach Dio Cassius 49, 22
geschah die Einnahme in der That an einem Samstag, ir xfj
Kqövov ^iiAiQq. S. Schürer I, 293. Winters Ende, d. L
Frühlings Anfang wird indess von den öeschichtschreibern,
der Volksanschauung entsprechend, auf die Nachtgleiche
gesetzt, s. Frühlings Anfang, Fleckeisens Jahrbb. 1890. Die
Juden rechneten der Mishna zufo^e die Regenzeit vom Laub-
hüttenfest bis Passa, also bis 15, Nisan, oder auch bis Ende
Nisan, s. Schürer I, 297, der auch Jos, bell. 4, 8, 1 ind ji^r
ägxrjv xov iaqog mit dem 4. D7si»*os a. a. 0. 4, 7, 3 zu-
sammenhält: an diesem Tag (dem 37. Februar 68, Akad.
Sitzungsb. 1893, II, 478) zog Vespasian in Qadara, der
Hauptstadt von Peräa, ein und verliess die Landschaft nach
langem Aufenthalt mit 'Frühlings Anfang^ Dazu kommt,
dass jene 5 Monate nicht mit Winters Ende, sondern mit
einem späteren Zeitpunkt beginnen. Damals, gegen Ende
1) So auch Eromayer, Forschungen zur Gesch. des 2. Trium-
virats Hermes XXIX (1894), S. 668—571. [Vgl. den Nachtrag.]
3) Wohl ein yereinzelter Fall; aonH wissen die Schriflstellev
nur, dass am Sabbat nicht gearbeitet wurde, daher benStzte Pompeias
die Sabbate zum Stürmen (Jos. ant. 14,. 4, 3. Dio Gass. 87, 16)^ Den
Versöhnungstag, an welchem er .ferusalem einnahm., nennt auch
Strabon (p. 768) r^v xijg vrjoreiag ^fiSgav; er führte diesen Namen
xar* i^ox^v, weil die andern Fasttage erst spät eingeJfUhrt worden
waren, und überall, wo derselbe schlechthin als Tagdatum angeführt
wird, bezeichnet er dem entsprechend den 10. Thisbri, s. Sehürerl, 239.
Die SeUukidenära äefMdkkdbäerbücker, 275
M&rz 37 legte sich Herodes vor Jeriisalem und begann dröi
Wälle mit Belagerungsthünneii zu baaen; dann yerlieas er
das Lager, um in Samareia Hochzeit zn halten; nach ihr
kam der Legat Sosios knit Reitern und Fu^7olk über Pfaoe?
nicien heran, nachdem er die Hauptmasse des ohne die Bundes*:
genossen aus 1 1 Legioneü und 6000 . Beitera bestehenden
römischen Heeres die Binqenstrasse hatte einschlagen lassen;
ZQ ihm stieas Herodes mit einem neuen Heer von 30000 Mann^
dessen Beschaffung sicher nicht wenige Tage gekostet hatte;
in Judaa trafen diese Schaaren zusammen und rückten vor
die Nordseite Jerusalems, um die Belagerung zu beginnet),
Jos. ant. U, 15, 14—15, 1, 1; bell. 1, 17, 7—8. Von hie?
ab laufen die 5 Monate und sie gehen überdies nur bis zur £in-r
nähme der äusseren Stadtmauer, bell. 1, 18, 2 xtfkiHavttjg^)
dwdfieoK TtSQiKO&eJiofi&yfig n&ne fAtfol diifyeyxov tijv noXi-
ogxlav, Sgk twv 'Hgcidov rivkg inikixjcov (40 Tage nach
B^nn der Bescbiessung, ant. 14, 16, 2) inißfjvai xov relxovg
&agQ^oavT€s eknbttavoiv eis triv TtöXiv; auf die letzten
Stadien dier Einnahme beziehen sich die nächsten Worte:
iq>* oZc (15 Tage darnach, ant. a. a. 0.) ixarortd^x^^ 2oaiov\
nQ&fta fikv QÜyv xä ntQi xb legAv fjUanexo, Bis zum Abschluss
der Eroberung dauerte die Belagerung von demselben Zeit-^
punkt ab 6 Monate, bell. 5, 9, 4 'HQ<odi]g fikv . . . 26oiov,
Z6ouK dk 'Pco/iiaiayy atgaxiw ijyaye ' TUQiaxe&ivxBg d' &ri /jiijvag
Si biohoQxovvxo, jiiixQi iäXioaav. Den Abschluss setzt 'Jo-
sephos ant. 14, 16, 4 in den dritten Monat, um die zeitliche
Aehnlichkeit mit der Belagerung des J. 63 zu yergrössem:
er fügt nach x(p xgkcp fji,i]vl, xfj ioQxß ,t^g vtjtnelag hinzu:
1) Besieht sich zurück auf c. 17, 9 owa^QOKf&siarfs (durch Ver-
einigong des Soaias und seines grossen Heeres mit Herodes und seinen
nach der Hochzeit verstärkten Trappen) Ttjg oXrjg dvvdfiecog slg evSexa
fihv xiXrj sititÖv bauTg de i^axigx^iovg dlxo- f^y ojio 2vQlag ovf*fidx(ov ;
dann wird c. 18, 1 die Wirkung, geschildert, welche das Erscheinen
dieser ungeheuren Macht auf das Volk in Jerusalem machte,
18*
276 Üfigef
AontQ bc nsQixQonfjg T^g ycvofihnjg bil IIoßjmi]tov avßjupoQog'
xal yäg in^ ixdvov xfj ainfj ^/iiß<f^ fMjä hi] Bbtooiemd (beide
Grenzjahre eingezählt); dass jene im Herbst 63 beendigt
wurde, ist in Fieckeisens Jahrbb. 1884, S. 375 und auf
anderem Wege von Schfirer I, 240 erwiesen; es geschab
nicht bloss nach ant. 14, 4, 3 negl xQtxw fAtjva, bell. 1, 7, 3
tqhcp jnfjvl, 5, 9, 4 rgial /lAtjol, sondern auch nach Eutropins
6, 14 tertio mense, genauer nach Orosius 6, 6 vix tertio
mense. Treffend rechnet SchOrer nach dem Vorgang Herz-
felds das TQctq} fAt/vl des J. 37 vom Beginn der Beschiessung
ab; zu den 40 und 15 Tagen (S. 275) kommt noch die nicht
angegebene Dauer der Belagerung des Tempelberges. Da
die Stelle, an welcher die 6 Monate erwähnt werden, einer
auf Ermuthigung der Juden berechneten Bede angehört, so
ist der sechste als angebrochen, höchstens als kaam vollendet
zu nehmen, der Beginn der Belagerung durch Sosius also
in die Zeit um den 20. Nisan == 22. April 37 zu setzen;
der 10. Thishri^) fiel, da ein wahrer Neumond am 24. Sep-
tember Mittags 1 Uhr 17 Min. Jerusalemer Zeit eingetroffen
ist und der 1. Thishri demnach dem 26. (27.) September
entsprochen hat, auf den 5. (6.) Oktober 37, einen Mittwoch
(Donnerstag); Dio Cassius hat das Wort Sabbat, welches
nicht bloss auf den Samstag, sondern auch auf jeden hohen
Feiertag angewendet wurde, missyerstanden. Auch die Er*
oberung durch Pompeius setzt er 37, 16 auf den Kronostag;
ein wahrer Neumond ereignete sich im J. 63 am 12. Sep**
tember Mittags 4 Uhr 3 Min. Jerusalemer Zeit, der 1. Thtshri
fiel also auf den 14. (15.), der 10. Thishri auf 23. (24.) Sep-
tember 63, einen Sonntag (Montag); Dio*8 Behauptung würde
stimmen, wenn das Ereigniss am Samstag Abends geschehen
wäre (was auf das ebenfalls als Kronostag von Dio 66, 7
1) Die von Eromayer und Gardthansen adoptirte Oleicbmig mit
dem S. Okt. 87 beruht auf der irrthümlichen Voraassetzaiig, der
jfidiacbe Monat habe mit dem Tag des wahren Nenmonds begonnen.
Die Sdeukidenära der Makkabäerbüeker. 277
be/ieichnete Datum der Eroberung durch Titos vielleicht zu-
trifft, s. Akad. Sitzungsb. 1893, II, 484), es geschah aber
nach Jos. ant. 14, 4, 8 bei eiuem der zwei taglichen Brand-
opfer der Gemeinde, yon welchen das eine früh, das andere
3 Stunden vor Sonnenuntergang dargebracht wurde, yermuth-
lieh während des zweiten. — Bestätigt wird der 10. Thishri
des J. 37 als Datum der Einnahme Jerusalems durch eine nicht
beachtete Angabe des Hohenpriesterverzeichnisses, welches
mindestens von Herodes Zeit an (Schfirer I, 65) aus priester-
lichen Urkunden geschöpft ist, ant. jud. 20, 10, 4 rgla htj
xal vgelg ßitjvag ägiavta rovzov (den Antigonos) 26ai6g re
xal 'HQcidijg i^enoXiÖQxtjaav: Antigonos war nach ant. 14,
13, 4. 10 im J. 40 geraume Zeit nach Pfingsten (7. Sivan)
eingesetzt worden; die drei Sfonate ffihren vom 10. Thishri
zurück auf (ungefähr) den 10. Thammuz. Auch an sich ist
es nicht wahrscheinlich, dass Josephos, da sein Hauptgewährs-
niann wenigstens für die Zeiten des Herodes dessen Geheim-
Schreiber war, sich über das Ealenderdatnm eines so hervor-
ragenden Ereignisses im Irrthum befunden habe.
Wer jn der Angabe des Josephos, dass die Belagerung
Jerusalems in einem Sabbatjahr vor sich gegangen sei, den
Beweis findet, dass im Herbst 38 ein solches angefangen
habe, der übersieht, dass jener in der Geschichte der Tage
nach der Eroberung sich selbst des Irrthums überführt, ant.
15, 1, 2 Tiigag xe xaxdry oidh ^r" rd jukv yäg ^ nXeove^ia
rcv xQazovvtog di€q>6Q€i h XQ^^ yevofiivov, xrjv di x^Q^^
/liretv dyeiOQytjTOv tö ißdojuiauxdv ^dyxaCev hog ' Iveiari^xet
ydg T&te xal anelgeiv h ixelvq) ttjv yrjv änriyoQBVfiivov iarlv.
Unmittelbar nach dem Laubhüttenfest des 15.— 21. Thishri
pflegte man an die Aussaat zu gehen und da mit oder in
dem Thishri das Sabbatjahr anfing, so bezeugt Josephos hier,
dass es im Herbst 37, nicht 38 begonnen hat, und wenn er
jenes vor, in und nach dem Thishri im Gang befindlich
glaubt, so erhellt, dass er yon dem Bestehen einer besonderen
278 Öfi0er
Anfangsepoche desselben nichts weiss, es also wie ein jedes
andere mit dem Nisan beginnen lässt.
Im 13. Jahr^) des Herodes (1. Nisan 25—24), schrabt
Josephos ant. 15, 9, 1, traten Zustilnde anhaltender Dttrre ein
{aixfAol öitiveHeTg lylvovro), so dass der Beden keine Früchte,
nicht einmal wild wachsende, hervorbrachte; dann ersseagte
die veränderte Nahrangsweise Krankheiten und Seuchen;
nachdem aber die Jahresfracht verloren und die Vorrathe
vollständig aufgezehrt waren, besass man auch kein^i Samen
(<bg . '. . ikoX(oXivai xal rä onigfiaxa), daher das Unheil sich
nicht auf jenes Jahr beschränkte. D&r Ernte des Jahres 25
hatte die Dürre keinen Schaden thnn ISnnen: der 1. Nisan
fiel auf. den 21. März (wahrer Neumond 19. März Mittags
11 Uhr 37 Min« Jenisalemer Zeit), die Frühlingsgleiche auf
den 22. Märe Mittags ca. 11 Uhr, der Anfang der Gersten-
ernte um den 2. April frühestens; diese konnte von der
Dürre gar nicht, die Weizenernte nur insofern beeinflusst
werden, als die Körner bald ausfielen und der Schnitt dess-
wegen beschleunigt werden musste. Die Dürre schadete
durch ihre Fortdauer während der zweiten Fälfte jenes
Jahres, d« i. während der Regenzeit, diese brachte keinen
Regen und im Frühling 24 gab es daher keine Ernte, im
H9rbst 24 aber kein Samenkorn. Doch hier half die Um-
sicht des Herodes. Er liess (ant. 15, 9, 2), weil das Uebel
auch die Nachbargegenden ergriffen hatte und das Oetreide
sehr theuer geworden war, allen Gold- und Silberschmnck
seines Hofes, selbst die werthvoUsten Kunstarbeiten zusammen-
schlagen und Geld daraus prägen, schickte es nach Aegypten
und kaufte dort, in jeder Weise von dem befreundeten neuen
Statthalter Petronius gefordert, grosse Massen Getreide zu-
sammen, sorgte für gerechte Vertheilung, liess für alte oder
T
1) Die R^gierungsjahre des Herodes wurden Von dem 1. Kisan
des J. 87 ab geKablt^ ». Schftrer I, 844.
Die Sdeukidenära der JUakkabäerbüeher. 279
gebrechliche Personen. Brod backen, emithrte bis zut Ernte
50000 Menschen und stattete die Armen den ganzen Winter
hindurch mit warmer Kleidung aus, weil auch die Herden
gefallen waren und es ihnen daher an Wolle fehlte (bufUXEtav
xai zov fiff diaxei(*doai fteiä xivdvycov aizoiis hiot^aaio ttzL).
Dies war also der Winter 24/23. Hieraus erhellt die Un-
richtigkeit der herrschenden Ansicht, welcher zufolge im
Herbst 24 ein Sabbatjahr begonnen hätte und gar nicht
gerät worden wäre; in diesem Falle würde der üeberschnss
der £mte des FrBhjahrs 25 nicht ezportirt sondern surllck-
behalten worden sein, so dass man statt wie gewChnlieh bis
Pfingsten (24) noch aof eine Reihe von Monaten Vorrath
gehabt und was später fehlte, eingeföhrt hätte.
Das Sabbatjahr begann demnach im Herbst 23, nicht 24;
der üeberschnss der Ernte von 25 war im Sommer verkauft,
der Rest theils im Herbst 25 gesät theils bis Mitte 24 auf"
gezehrt worden; dann stellte sich die Noth ein, weil im
Winter 26/24 nichts gewachsen war, und ab im Herbst 24
die Aussaat für eine auf fast 2 Jahre ausreichende Erntet
stiU^tfinden sollte, war kein Samenkorn erübrigt. Eine auf-
faltende Handlung des Herodes lässt erkennen, daas wirklich
im nächsten Berb^ 23 wegen des in ihm beginnenden Sabbat-
jabree nicht hat gesät werden sollen. Dass Herodes so emsig
der Noth seinem Volkes steuerte, ist leicht erklärlich; aber
was gingen ihn die syrischen Kachbarstädte an, welchen er
ebenfEjls Samenkörn und fiberbanift 100000 Medimnen Ge-
treide verabreichte, während sein ganzes Volk 800000 erhielt.
Bei der erbarmungslosen Härte seines Charakters ist das eine
ebenso wie das andere nur auf Berechnung zurOckeuföhren :
selbst von dem mildherzigsten Regenten ei
Niemand erwartet haben, dass er mit a
ftlr eine auswärtige Bevölkerung gesorgt
mit Rücksicht darauf, dasa im Spätjahr 2
wen durfte utid demnach Tom Spätsommi
280 ünger
an zum guten Theil auf gekauftes Oetpeide angewiesen war;
unterstützte er im J. 24 die Nachbarn nieht, so hatten diese
keinen Ueberschuss an die Juden zu yerkaufen« Getrdde
war bis in das späte Alterthum ein Bauptausfohrartikri Palä-
stinas; in der früheren Zeit, als die Bevölkerung weniger
dicht war, muss der ausführbare Ueberschuss dem Bedflrfnias
eines ganzen Jahres genügt haben, nur unter dieser Voraus-
setzung begreift man das Bestehen des Sabbatjahrgesetzes
und in der noch früheren Zeit, da es gegeben wurde, mag
er (yielleicht begünstigt durch die Hörigkeit der im Norden
zurückgebliebenen Heiden) bei noch geringerer Menge der
Juden so bedeutend gewesen sein, dass man alle 50 Jahre
das Säeverbot sogar auf zwei aufeinanderfolgende Herbste
ausdehnen konnte. Dagegen 162 r. Chr. reicht das Getreide
des Vorjahres nicht weiter als bis in den Hochsommer.
Im Herbst 40 n. Chr. erhielt der Statthalter von Syrien
den Befehl^ die Hälfte seines Heeres nach Palästina zu f&hrea
und das Gebot des Kaisers Caligula, sein Bildniss im Tempel
aufzustellen, nothigenfalls mit Waffengewalt zur AusfELhrung
zu bringen; in Tiberias, wo er Halt machte, strömte eine
nach Zehntausenden zählende Menge Juden mit Weib und
Kind zu Beginn der Saatzeit zusammen und flehte 40 Tage
lang fuesfällig um Abwendung des drohenden Unheils, so
dass zu fürchten war, die Bestellung der Aeeker des Landes
könne ganz unterbleiben, Jos. bell. 2, 10, 5. ant. 18, 8, 3.
Der Eintritt des Sabbatjahres war also im Herbst 40, in
welchen er der gewöhnlichen Ansicht zufolge gefallen wäre,
nicht zu erwarten.
An zwei Stellen der Mishna und in einer ungefähr zu
gleicher Zeit (im Ausgang des zweiten Jahrhunderts n. Chr.,
8. Schürer I, 95) oder später rerfassten geschichtlichen Schrift
wird behauptet, die Zerstöning des Tempels durch Titus am
9. Ab (ss 5. Aug.) 70 sei im Nachjahr des Sabbatjahres
geschehen, s. Schürer I, 29; demnach würde im Herbst 68
Die Sdeukidenära der Makkabäerhücher. 281
nicht gesät und im zweiten Viertel von 69 nicht geemtet
worden sein. Dass es dennoch geschehen ist, geht aus Jos.
bell. jnd. 4, 9, 7 hervor. In den ersten Monaten des J. 69,
etwa im Februar (vgl. 4, 9, 2. 12), verwüstete der Zelot Simon
mit einem grossen Heer ganz Idumäa, dessen Einwohner 129
oder 128 v. Chr. das mosaische Gesetz angenommen hatten
und sich selbst als Juden betrachteten, so vollständig, dass
er nur Wüsteneien zurflckliess: rd jukv i/Lmmgcovreg xä dk
xcaaaxdjrtoyreg, näv dk rd nefpvxög ävä tijv xtb^v fj ov/i-
natoüvieg rjqHiviCov fj vefxöfJLevoi xal rifv ivsQyov ind xijg
noQtfag OHkfiQoxiQav inotow xrjg AxdQnov.
IV. Die Aera des zweiten BtichB.
Im zweiten Makkabäerbuch wird an den wenigen Stellen,
welche das Jahrdatnm eines erzahlten Ereignisses geben, eine
von der Aera des ersten Buches wenig oder gar nicht ab-
weichende Zählung befolgt, ohne dass man erfahrt, von
welchem Staat sie ausgegangen ist. Die meisten älteren
Forscher nehmen eine halbjährige Abweichung von der Aera
des ersten Buches an, indem sie die des zweiten nicht mit
dem Nisan sondern gleich der eigentlich seleukidischen erst
mit dem Thishri 312 beginnen lassen; Ideler eine 1^/% jährige,
Jahr 1 = Thishri 311—310. Gleiche Epoche für beide
Bücher stellen die andern auf: Clinton, dem Schlatter, ^)
1) Er h< Jason (von dessen Werk das Bach laut c. 2 ein
Auszug ist) auch ftlr die Hanptquelle des 1. Buches und sucht die
Schwierigkeiten, welche Clintons Ansicht macht, zum Theil durch
die Annahme zn lOsen, der Verfasser jenes Buches setze zwar den
1. Nisan 812 als Anfangaepoche seiner Aera voraus, hahe aber mit
ihr oft Jasons Aera Terwechselt, welche die eigentlich seleukidische
gewesen sei. Die scharfsinnigen und feinen Beobachtungen, an deren
Hand er yiele Angaben des einen Buches zur Ergänzung der im
andern gegebenen Berichte bentitzt, behalten ihren Werth auch ohne
diese Hypothesen.
282 ünger
Jason von Kyrene, München 1891 (Festschrift der theol. Fa-
kultät zu Greifswald) folgt, den 1.' Thishri 812, die andern,
wie Grimm zu 2 Makk. 13, 1 (im Exegetischen Handbuch zu
den Apokryphen, 4. Lieferung, 1857) und Schürer I, 38, den
I. Nisan 312. Die Verschiedenheit der Meinungen bat zwei
Ursachen: die Yerkennnng der Aera des ersten Buches und
die irrige Voraussetzung, dass die Data der im zweiten (c. 11)
mitgetheilten Briefe syrischer Regenten, welche selbstver^
ständlich keiner andern als der eigentlichen Seleukidenära
angehören, auf derselben Jahrzählung beruhen wie die im
erzählenden Text angegebenen. Diese folgen, wie von >oni
herein zu erwarten steht und auch nachgewiesen werden
kann, der nämlichen Aera wie die des ersten Buches; durch
Irrungen über Sinn und Inhalt der vier Aktenstücke des
II. Capitels und ihr Verhältniss zur Erzählung beider Bücher
sind manche Erklärer veranlasst worden, sie für Fälschungen
zu erklären.
Im 149. Jahr erfuhr Judas, dass Antiochos Eupator
mit einem grossen Heer gegen Judäa heranziehe, 2 Makk. 13;
im 151. Jahr begab sich ein Gegner des Judas, Alkimos zu
dem neuen König Demctrios, um seine Ernennung zum
Hohenpriester zu betreiben; seine Bitte wurde gern erhört,
2 Makk. 14. Vorher wird in diesem Capitel ohne Datum
aber mit der Zeitbestimmung /lezd rgierrj x^<Jyor*) der Ein-
lauf der Nachricht von der Landung des Demetrios in Tri-
polis, seiner Anerkennung und der Tödtung des Antiochos
Eupator, sowie des Lysias berichtet; dass schon diese Ereig-
nisse in das 151. Jahr, in welches sie auch das erste Buch
setzt, gefallen waren, lehrt jene Zeitbestinnnung: von dem
1) Anscheinend auf den onmittelbar vorher ersfthlten Feldinn^
des Antiochos Eupator als vor 2—8 Jahren geschehen sn beziehen,
während er in Wirklichkeit dem Vorjahr angehört; die verkehrte
Anknüpfung rflhrt ohne Zweifel von dem ebenso flüchtigen wie nn*
wissenden Auszügler her, der das Buch geschrieben hat.
Die Sdcuhidenära der Makkabäerbikher. 283
froher angegebenen 149. Jahr bis zu diesem verlaufen, beide
Termine eingesäblt, 3 Jahre. Da DemetrioB, wie iu Cap. II
gezeigt wurde, im Anfang des Sommerhalbjahres (161 y. Chr.)
gelandet ist und Menelaos sieber kein halbes Jahr gewartet
hat, so ist es höchet wahrscheinlich, dass er den König noch
▼or dem Herbst aufgesucht hat; jedenfalls stimmte also die
Jahrzablung beider Bücher wenigstens im Sommerhalbjahr
überein; hat er die Reise erst im Wintersemester angetreten,
so dürfte man die Uebereinstimmung sofort auch auf dieses
und damit auf das ganze Jahr ausdehnen. So aber bleibt
vorläufig noch die Möglichkeit offen, dass das Aerajahr des
zweiten Buches im Herbst, mit dem 1. Thishri begonnen
hat; dann würde, da der Nisan des 151. Jahres beider
Bücher in den Frühling 161 t. Chr. fallt, der Thishri des
151« Jahres im zweiten Buch nicht wie im ersten dem
Herbst 161 sondern dem Herbst 162 angehören und dem-
nach im zweiten die eigentliche Seleukidenära vorausgesetzt
sein. Dann würde aber die Meldung von dem Heranzug des
Antiochos Eupator und der Zug selbst in das um 1. Okt. 164
beginnende Jahr und damit um ein Jahr zu früh, in 163
statt 162 fallen. Hiemit ist erwiesen, dass das zweite Buch
dieselbe Aera befolgt wie das erste.
Eine sachliche Abweichung ist es, wenn im zweiten
Buch die Meldung von dem drohenden Einfall des Antiochos
Eupator in das 149. Jahr, im zweiten dagegen schon die
Belagerung der von königlichen Truppen besetzt gehaltenen
Akra von Jerusalem, durch welche sein Beschluss ins Feld
zu ziehen erst veranlasst wurde, in das 150. Jahr gesetzt
wird. Im zweiten Buch ist vielleicht die Meldung von diesem
mit der von einem früheren, durch irgend einen Zwischenfall
vertagten Eriegsbeschluss verwechselt. Nach dem Sieg des
Judas über Lysias im 148. Jahr (164 v. Chr.), welcher die
Wiederherstellung des jüdischen Cultus verstattete, zog Lysias
nack Antiocheia jsurück . und begann för einen neuen Feldzug
28* ünger
Söldner zu werben (iSeyoXöyei) , 1 Makk. 4; aber eist im
150. Jahr kam ee zum Feldzug und unter ganz anderen Ver-
hältnissen : erst der Versuch der Juden, die Burg zu erobern,
bestimmte Lysias und den von ihm geleiteten Knaben, welcher
inzwischen, im 149. Jahr, durch den Tod seines Vaters An-
tiochos Epiphanes König geworden war, gegen sie ins Feld
zu ziehen; was in der Zwischenzeit den Aufschub und
schliesslich die Aufgabe jener Absicht herbeigeführt hatte,
wird in dem Buch nicht erwähnt. Dass seine Angaben
richtig sind, daf&r bürgt ausser der Zuverlässigkeit des
Berichterstatters selbst auch die fragmentarische Beschaffen-
heit seines Berichtes, in welchem kein Versuch gemacht ist,
die Aenderung der ursprünglichen Absicht zu erklären; er
beschränkt sich auf die Angabe von Vorgängen, welche ihm
bekannt geworden sind. Dagegen im 2. Buch (c. 11) zieht
Lysias nach seiner Niederlage noch nicht aus dem Luid:
er bietet den Frieden an und verspricht den Konig zum
Freund der Juden zu machen; Judas stimmt zu und An*
tiochos genehmigt den Vertrag; dann (c. 12, 1) zieht Lysias
zum König zurück. Hand in Hand mit diesen Abweichungen
gehen andere, in welchen der Fehler anerkannter Massen
auf Seiten des 2. Buches liegt. Der König, zu welchem,
wie eben erwähnt, Lysias zurückkehrt, ist hier Antiochos
Eupator: unter dessen Regierung hat Lysias seinen unglück-
lichen Feldzug unternommen (c. 11, 1), und da dieser im
148. Jahr (1 Makk. 4, 28. 2 Makk. 11, 21. 33) vor sieh ge-
gangen ist, so muss der Verfasser des Buches, ebenso vor
ihm Jason den syrischen Thronwechsel unrichtig in das 147.
oder 148. Jahr gesetzt haben; damit hängt der weitere Fehler
zusammen, dass er c. 10, 3 die Tempelreinigung nicht 8
sondern 2 Jahre nach der Tempelentweihung, also in das
147. statt 148. Jahr verlegt; seiner Ansicht nach hat An-
tiochos Epiphanes jene noch erlebt (2 Makk. 10, 9), aber,
wie aus c. 9, 3 — 4. 7. 14 — 17. 19 — 27 hervorgeht, nicht mehr
Die Seleühidenära der Makkäbäerbüeher. 285
erfahren, ist also bald nach ihr, in den letzten Monaten des
147. Jahres (den ersten von 164 y. Chr.) gestorben.
Schuld an diesen anerkannten Fehlern, aber auch an
den zuerst genannten Abweichungen des zweiten Buches ist
ein grober Irrthum, welchen Jason und mit ihm der Ver-
fasser begangen hat. Der Erzählung von dem angeblichen
Friedensvertrag des Lysias fQgt er c. II, 16 — 38 vier amt-
liche Briefe an, welche offenbar die Bestimmung haben, seine
der bisherigen Ueberlieferung widersprechende Darstellung
ans den Akten, ans welchen er sie geschöpft hat, zu erhärten.
Der erste stammt von Lysias, der 2. und 8. von 'König
Antiochoe', der 4. von zwei römischen Botschaftern. Der
Antiochos des 2. Briefes ist offenbar Eupator, für diesen hält
der Verfasser aber auch den Absender des dritten und den
in den zwei andern ohne Namen erwähnten König und setzt
demgemäss voraus, dass das 2. und 4. Aktenstück demselben
148. Jahr angehören wie das erste und dritte. Auf die
falsche Vorstellung, welche er sich besonders in Folge dieser
Irrthümer Ober den Inhalt der vier Urkunden gebildet hat,
gründet sich die Erzählung der Verhandlungen, welche in
c. 11 zu lesen ist. Von den Neueren hat noch Froelich
alle vier Briefe in die Zeit des Eupator gesetzt, aber doch
wenigstens ihre Abfolge insofern verbessert, als er den des
Lysias von der ersten Stelle entfernte, nur hätte er ihm
nicht die vierte anweisen sollen; Clinton kam der Wahrheit
mit der Ordnung lU, IV, I, II ziemlich nahe; jüngst hat
Schlatter den vierten für den ältesten erklärt. Die richtige
Abfolge ist III, I, IV, IL
Ehe wir von den Briefen im Einzelnen handeln, ver-
suchen wir anzugeben, was aus ihrem Inhalt zu erschliessen
ist. Wer die Initiative zu den Verhandlungen ergriffen hat,
ist aus ihnen nicht zu ersehen; dass es, wie das Buch be-
hauptet, Lysias war, kann richtig sein, aber die Behauptung
selbst ist wohl nur einer Eingebung des Nationalstolzes ent-
286 ünger
sprangen. Vielleicht hat der mit der ndtionalen Erhebung
nicht einverstandene Hohepriester Menelaos dem Lysias dazu
gerathen; man T^ürde dann die seltsame Nachricht (1 Makk.
13, 3) verstehen, dass er nach dem Feldscig des Eapator auf
Befehl desselben als Urheber aller dieser Wirren^) hingen
richtet worden sei. Der dritte Brief, in welchem Antiochos
Epiphanes den die Fahne des Aufstand^ verlassenden Juden
volle Amnestie zusichert, ist auf den Rath des Menelaos ge*
schrieben und von ihm den Juden überbracht worden; seine
Abfassung (15. Xanthikos Sd. 148 = ca. 11. März 164)
fallt aber in die Zeit zwischen der Niederlage des Gorgias
(1 Makk. 4, 22) im 147. Jahr und der des Lydias, nach
welcher die Friedensverhandlung erst begonnen hat. Die
erste N^hricht über sie gibt der 1. Brief, in welchem Lysias
am 24. Dioskoros 148 (ca. 13. Okt. 164) den Juden schreibt,
er habe die von ihren Gesandten überbrachten Antrfige dem
Eonig übermittelt und dieser alle ihm ausführbar erscheinen-
den genehmigt; welche das seien, würden ihre und seine Bot-
schafter ihnen auseinandersetzen. Vermuthlich gehorte zu
diesen die freie Religionsnbung, zu den abgewiesenen der
Abzug der Besatzung aus der Burg von Jerusalem. Den
Juden genügten die Zugestandnisse des Königs nicht; Lysias
verwies sie daher, wie aus dem 4. Brief hervorgeht, an diesen
selbst. Eine unmittelbare Verhandlung mit Epiphanes ist
1) Von Josephoa ant. 12, 9, 7 auf Urheberschaft des von Epi-
phanes verfolf^ien Planes, die Juden su hellenisiren, gedeutet; dieser
Gedanke lag dem König selbst nahe genug, Niemanden aber femer
als einem jfldisehen Hohenpriester. Jene Friedensveriiandinngen
führten sunächst dahin, dasi Lysias verhindert wurde« m reebter
Zeit, d. i. schon 164 v. Chr., als die l^ationalpartei noch nicht se
erstarkt war wie später, den Krieg zu erneuern, dann zur Intervention
der Römer; als er endlich doch gefilhrt wurde, musste er ?or der
Zeit und daher trotz nnlit&riaefaer Erfolge ohne Gewinn beendigt
werden*
Die Sdeukidenära der Makkabäerbücher. 287
entweder nicht oder ohne Erfolg zur AosfÜhmiig gekommea;
im J. 168, wahrscheinlich seit Beginn der guten Jahreszeit,
führen die Jaden gifickliche Kriege zuerst mit den Idumäem
und Ammonitem, dann gleichzeitig in Qilead und Galiläa,
um erlittene Unbill zu rächen, die späteren auch um ihre
dortigen Glaubensgenossen durch Ueberführung nach Judäa
in Sicherheit zu bringen (1 Makk. 5). Inzwischen unter-
nahmen aber in der Pfingstwoche (1 Makk. 5, 56, Ygl. 2 Makk.
12, 82 — 88) die mit dem Schutz der Westgrenze beauftragten
Befehlshaber eigenmächtiger Weise einen Kriegszug gegen
den königlichen Strategen Gorgias in Jamnia; sie wurden
geschlagen, aber von Gorgias der Sieg nicht yerfolgt, ver-
muthlich weil er sich zu schwach fühlte. Um so mehr ist
zu erwarten, dass Lysias selbst jetzt endlich daran gegangen
seif den längst geplanten Rachezug ins Werk zu setzen, da
die Friedensrerhandlung zu keinem Ergebniss geführt hatte.
Die Meldung von diesem Vorhaben ist es, welche der
Verfasser des 2. Buches, Jasons Darstellung flüchtig aus-
ziehend, mit der ein Jahr später gekommenen yerwechselt
hat; er konnte das, weil Eupator bei ihm wie bei Jason
schon in diesem Jahr regiert.
Wodurch Lysias verhindert worden ist, den Feldzug aus-
zuführen, lässt der 4. Brief vermuthen. Bömische Gesandte,
welche (wahrscheinlich um oder nach Mitte 163) auf der
Reise von Aegypten nach Antiocheia an der Philisterküste
anlegten, liessen, hier oder schon in Alexandreia von den
obschwebenden Händeln unterrichtet, in diesem Schreiben an
die Juden die Aufforderung ergehen, durch Botschafter sie
über die von Lysias der Entscheidung des Königs vorbe-
haltenen Artikel aufzuklären, weil sie jetzt diesen besuchen
würden. Sie trafen ihn nicht an, bald darnach, um Sep^
tember 163 starb er im fernen Osten; das Ergebniss ihrer
Verhandlung mit Lysias war zunächst die Einstellung des
FeldzngB gegen die Juden, dann aber, nach der Meldung
288 Unger
von dem Tod des Epiphanee, wohl bald nach der Thron-^
besteigung des Eapator im Spatjahr 163 der . BeschlcBS,
welchen dieser im 2. Briefe ausführt. Er bietet den Jnden
die Wiederherstellnng des Verhältnisses an, welches Tor den
gewaltsamen Eingriffen smnes Vaters zwischen den Juden
und dem Reich bestanden hatte. Die Burg Yon Jerusalem
sollte also nicht geräumt werden. Ohne Zweifel hatten die
Senatoren auf dem Abzug der königlichen Besatzung nicht
bestanden und entspricht das Angebot des Königs den von
ihnen ausgesprochenen Forderungen: das syrische Reich stand
unter der Oberhoheit Borns, erst vor 5 Jahren hatte der
kraftvolle Antiochos Epiphanes auf den Wink eines Senats-
Vertreters sofort mit seinem Heer das so eben eroberte
Aegypten geräumt, der neae König aber hatte alle Ursache,
die Unzufriedenheit des Senats in keiner Weise zu erregen.
Er war noch gar nicht in Rom anerkannt, erst im Früh-
jahr 162 kam es dazu, und uliterdess machte dort Demetrios
mit aller Kraft seine besser begründeten Ansprüche auf den
Thron Syriens geltend; dazu kam, daas im Widerspruch mit
dem Testament des Epiphanes Lysias alles so eingerichtet
hatte, dass für den von jenem ernannten Reichsverweser und
Vormund kein Raum war. Die römischen Botschafter geben
in dem Schreiben kein Versprechen dahin ab, dass sie die
Ansprüche der Juden geltend machen werden; sie woll^
bloss diese und die Begründung derselben kennen lernen,
um dann in Antiocheia das Audiatur et altera pars zu üben;
Lysias gibt ihnen zu Gefallen den Feldzug auf und in der
Besetzthaltung der Feste eines Unterthanenlandes konnten
die Römer um so weniger ein Unrecht finden als diese seit
lange schon bestand, wie ja auch ein Theil des Judenvolks,
an seiner Spitze der Hohepriester nichts gegen sie einzu*
wenden hatte. Die Makkabäer waren natürlich mit den
Zugeständnissen des Eupator nicht zufrieden und wenn sie
im Frühling 162 die Burg zu belagern anfingen, so gaben
Die Seleuhidenära der Makhdbäerbücher. 289
dazu die wirklichen oder angebliclien Unbilden der Besatzang
niur den ostensiblen Grund her.
In der falschen Ordnung, Zeitbestimmung und Deutung
der vier Urkunden des c. 11 ist dem Verfasser des Buches
unfraglich schon Jason vorangegangen : hätte dieser sie besser
verstanden und richtig geordnet, so würde die Geschichts-
erzählang in c. 11 einen wesentlich anderen Inhalt bekommen
haben; vne abhängig aber diese von den Briefen ist, hat
sich theils oben gezeigt theils ist es aus dem Nachstehenden
zu ersehen.
Im 1. Brief benachrichtigt Lysias die Juden, dass er
die zugleich in einem Schriftstück niedergelegten Anträge,
welche ihre Gesandten gestellt haben, dem König mitgetheilt
und dieser alles, was möglich war (ä ^v evöexo/neva), ver-
willigt habe; wenn sie bei der bewiesenen guten Gesinnung
verharrten, werde er auch fernerhin auf ihr Bestes bedacht
sein; über die Einzelheiten würden sie von ihren und seinen
Gesandten unterrichtet werden. In dem erzählenden Theil
des 11. Gapitels wird Lysias durch seine Niederlage bewogen,
den Juden unter den billigsten Bedingungen (im näoi roTg
dixaioig) Frieden und Erwirkung der Huld des Königs anzu-
bieten; Judas geht vollständig auf seine Vorschläge ein,
woran er wohlgethan hat: denn der König bewilligt alle
Forderungen, welche Judas in einer Schrift (did ygaTtroJv)
dem Lysias hat zugehen lassen. Der Brief nämlich (heisst
es dort weiter), welchen Lysias an die Juden richtete, lautet
folgendermassen u. s. w. Grimm, der zu den Gegnern der
Echtheit gehört, erklärt das anscheinend bittende Auftreten
der Juden, welches von andern als Beweis der Unechtheit
des Briefes angesehen worden ist, aus Staatsklugheit, ein-
gegeben von Lysias; treffend bemerkt Schlatter, es habe der
Situation entsprochen, dass sie (öffentlich wenigstens) den
ersten Schritt zur Unterwerfung unter die syrische Oberhoheit
thaten; übrigens heisst ^^Covv, gleichbedeutend mit idixaiovv,
1896. Sitnmgik d. phil. a. hirt. CL 19
290 ünger
sieht 'sie baten' sondern 'sie erachteten als billig' nnd ent-
spricht dem hil Jiäoi röig dixaiois des Briefes. Der Haupt-
einwand gegen die Echtheit, dass die günstige Gesinnung,
welche Lysias in dem Schreiben ausspricht, nicht zu seinen
nachherigen Thaten stimme, beruht auf einer in der Er-
zählung f&fii näoi TÖig dixcuoisj erkennbaren falschen Aus-
legung, welche Jason den Worten Jidna ä ^v hdex&fuva
ovv€xojQf]0€v gegeben hat. Er verstand sie dahin, dass der
König alle Forderungen der Juden bewilligt habe (nach
jüdischer Auffassung waren auch alle berechtigt); in Wirk-
lichkeit ist hdeyofjieva ein unserm 'thunlichst' vergleichbarer
Euphemismus.
Das Datum: im 148. Jahr Aiooxoqiv&Iov (Hieronymus
Dioscori) TeiQädi xai elxddi gibt einen unter den zwölf des
makedonischen Kalenders^) nicht vorkommenden Monats-
namen. Die Neueren finden jetzt, unterstützt durch die
syrische Uebersetzung, eine Corruptel aus Aiov darin, können
aber nicht erklären, wie sie entstanden sein soll; dadurch
würde, da der Dios das Jahr anfangt, dieser Brief nicht
bloss in eine frühere Zeit (Okt. 165) fallen als der vor ihm
geschriebene dritte, sondern auch in eine frühere als die
Niederlage des Lysias (BVühling oder 'Frühsommer des 148.
makkabäischen Jahres, 164 y. Chr.). Mit Scaliger, Froelich
und andern ist an den Schaltmonat zu denken, den letzten
des Jahres (um Sept. 164). Die Lesart des Hieronymus ist
1) Dios (attisch Pyanepsion, hebr. Thishri), Apellaios, Audynaios;
Peritios (GamelioD, Tebeth), Dystros, Xanthikos; Artemisioa (Munj-
chion, Nisan), Daiaios, Panemos; Loos (Hekatombaion, Thammiiz),
Gorpiaios, Hjperberetaios. Der Name des syromakedonischen Schalt-
monats ist nicht bekannt^ weil unsere Verzeichnisse der christlichen
Zeit und damit der Herrschaft des Sonnenjahres angehören ; seit dem
1. Jahrhundert n. Chr. trafen die syromakedonischen Monate um eine
Stelle zu spät ein, so dass der Dios dem Maimakterion und Marcheshvan
(November) entsprach.
Die SeUuhidenära der MakTcahäerhücher. 2dl
unter anderem wegen ihres hohen Alters vorzuziehen (er
hat den Text des Buches seiner eigenen Erklärung zafolge
der Itala entlehnt); auch bei Strabon p. 98 '&EO)Qdv xal
ojtovdotpoQov Tov T(bv KooEicov (Fest der Köre in Kyzikos,
wie auch an andern Orten) äyojvog findet sich die Variante
KoQtv&Uov, Von den 12 Monaten des kretischen Kalenders
hiess der sechste (im Sonnenjahr = 21. Febr. bis 23. März)
Atooxovgog, vielleicht dess wegen, weil die Dioskuren Be-
schützer der Seefahrt waren, welche in ihm einige Wochen
vor der Nachtgleiche eröflFnet wurde; dies war indess kein
Schaltmonat. Im ältesten griechischen Schaltkreis wechselte
wie im altromischen immer ein gewöhnliches Jahr mit einem
13 monatlichen ab, so dass der Schaltmonat den Dioskuren
glich, von welchen es in der Odyssee 11, 301 heisst: xal
veg^ev yfjg rififjv ngög Zt]vdg exovreg äXkore juev ^coovo^
hEQrjiJLEQoi äkloTE S* avxE TE&vaoiv. Scaliger und Froelich
setzen den syromakedonischen Dioskuros an die letzte Stelle,
so dass er in den Herbst fällt. Ideler im Zusammenhang mit
seiner falschen Ansicht über die makkabäische Aera in die
Mitte zwischen dem 6. und gewöhnlich 7. Monat (eine Stelle,
die der Schaltmonat in verschiedenen Kalendern einnahm),
also in Winters Ende 164; in diesem Fall würde aber Lysias
der Brief vor seiner Niederlage geschrieben haben. War im
J. 165 der 1. Dios auf ungefähr den 1. Oktober gefallen,
so begann 164 um den 20. September (6 Tage vor der
Nachtgleiche) entweder der Dios eines neuen Jahres oder,
was wir annehmen müssen, der Schaltmonat des alten; sein
24. Tag entsprach ungefähr dem 13. Okt. 164. Die Dauer
der Vorgänge seit der Niederlage des Lysias bei Bethzura
(Reise der jüdischen Gesandten zu Lysias, Einlauf seines
Berichts bei dem König und dann der Entschliessung des-
selben bei Lysias) in Anschlag gebracht, lässt sich die
Schlacht nicht später als Hochsommer 164 setzen; dass sie
frühestens im Ijar (26. April bis 25. Mai 164) stattgefunden
19*
292 Unger
hat, geht aus 1 Makk. 4, 28 hervor, wo Lysias im 148. Jahr
(Nisan 164 — 163) ein grosses Heer zusammenbringt, nach
Idumäa rückt, bei Bethzura lagert und Judas gegen ihn
heranzieht. Dass Lysias im Frühling 164 ins Feld gezogen
ist, darf man desswegen annehmen, weil die Niederlage des
Gorgias, welche er rächen wollte, schon im vorhergehenden
Jahr 165 stattgefunden hatte. Aus 1 Makk. 4 könnte man
schliessen wollen, dass Lysias erst im Spatherbst oder gar
Frühwinter geschlagen worden sei: dort folgt auf den Sieg
des Judas sein Zug auf den Tempelberg, die Reinigung des
Heiligthums, die Weihe am 25. Kislev (2. Jan. 163) und
die Befestigung des Berges. Aber in der aus griechischer
Quelle (vgl. zum 4. Brief und Gap. II zum 150 J.) geflos-
senen Darstellung des Josephos beU. jud. 1, 1, 4 ist die Ab-
folge eine andere: vom Schlachtfeld weg zieht Judas gen
Jerusalem, treibt die Besatzung aus der oberen Stadt in die
untere, bemächtigt sich des Heiligthums, reinigt den ganzen
Platz, umzieht ihn mit Mauern (Tieoieteixtae) , lasst neue
Tempelgeräthe fertigen und einen neuen Altar bauen, dann
feiert er die Tempelweihe. Die Vertreibung der Besatzung
aus der Oberstadt und die Befestigung haben offenbar eine
längere Zeit in Anspruch genommen. Das erste Makkabäer-
buch (im zweiten ist alles durcheinander geworfen) hat die
Zeitfolge insofern nicht streng eingehalten, als es die kirch-
lichen Vorgänge zusammenfasst und dann erst die Befestigung
des Berges bringt: diese musste vorausgehen, wenn die Tempel-
weihe und ihre Vorbereitungen ohne Störung vor sich gehen
sollten.
Im 2. Brief schreibt König Antiochos (wohl bald nach
seiner Thronbesteigung, jeden&Us im Spätjahr 163, vgl.
Cap. II zum 149. Jahr) an Lysias, da sein Vater gestorben
sei und er Frieden im ganzen Reiche wünsche, die Juden
aber durchaus nicht Hellenen werden sondern bei ihren alten
Die Seleukidenära der Makkabäerhücher, 293
Brauchen beharren wollen, so bestimme er, dass ihnen das
Heiligthom und ihre alte staatsrechtliche Stellung zurück-
gegeben werde; Ljsias solle daher Botschafter an sie schicken
nnd auf diese Zugeständnisse hin mit ihnen Frieden schliessen.
Gegen die Aechtheit des Aktenstücks wird eingewendet, dass
der zehnjährige^) Knabe keine solche Cabinetsordre an seinen
Vormund habe erlassen können; dem Fälscher sei unbekannt
geblieben oder entfallen, dass Antiochos Eupator unmündig
war. Bekannt war es dem Verfasser des Buches (c. 11,
vgl. 13, 2) und seinem Vorgänger; trotzdem lässt er (c. 13,
3-*-26) und nicht bloss er sondern auch der Verfasser des
1. Buches (c. 6, 21 — 63) den Knaben als regierenden König
auftreten und am Schlachtgewühl wie einen Führer theil-
nehmen; in Syrien wurde in der römischen Zeit und sicher
auch schon vorher die Mündigkeit mit 14 Lebensjahren er-
reicht und einige Jahre vor ihr stehen auch im Privatleben
den unmündigen schon gewisse Rechte zu. Auffallend könnte
nur gefunden werden, dass der König in Antiocheia einen
schriftlichen Erlass an den ohne Zweifel ebendort befindlichen
Lysias (der schon wegen deir Obhut über den Knaben an
gleichem Platze weilen musste) ergehen lässt: dies erklärt
sich aus den Einrichtungen, welche bei der Thronbesteigung
des Eupator, ohne Zweifel auf Lysias* Betreiben, geschaffen
worden waren, um der testamentswidrigen Machtstellung des-
selben den Schein des Rechts zu verleihen. Die Vormund-
schaft wurde von einem Collegium geführt, welches vom Volk
eingesetzt war, Justin 34, 3 Antiochus decedit relicto parvulo
admodum filio; cui cum tutores a populo dati essent etc.;
1) Nach Appian Syr. 46 und 66 war er beim Tod des Vaters
ein iwastks Jtatdiov, dagegen nach Porphyrios (b. Eos. ehr. I, 253)
12 Jahre alt. Zn seinem Auftreten passt letzteres besser, im Krieg
des Sommers 162 hätte er dann im 13. Lebensjahr gestanden and
das zweimalige hvasrig Appians müsste man für einen Lesefehler
(st. Msxaexig) des flüchtigen Schriftstellers halten.
294 Unger
wegen der Königseigenschaft des Mündels mosste^) es zu-
gleich Regentschaftsbehörde sein, Justin a. a. 0. regnum ei
(Demetrio) occiso pupillo a tutoribas traditur. Bei Polybios
31, 13 and 12 fQhrt sie die Bezeichnung ol TtooearcbTsg rrjg
ßaadeiag; dass Lysias die Seele des Ganzen war, lehrt der
mit ihr wechselnde Ausdruck 31, 20 ol ntQi xbv Avaiav,
Wie seine Collegen die Verantwortlichkeit mit ihm theilten,
so theilten sie auch das Interesse an der Fernhaltung des
Philippos. Von den zwei Vollmachten, welche ihm Epi-
phanes beim Auszug in den Osten ertheilt hatte, war nach
dessen Tod die eine, die Vormundschaft, in der angegebenen
Weise umgewandelt worden; die andere, die Regierung der
Westeuphratländer führte er, da hier der neue Reichsverweser
seine Thätigkeit noch nicht eröffnet hatte, jedenfalls fort.
In dieser Eigenschaft war er der Regentschaftsbehörde unter-
geordnet und konnte daher sehr wohl einen schriftlichen
Erlass des Königs erhalten, welchen dieser in einer Sitzung
jener Behörde beschlossen hatte. — Jason hat aus dem
scheinbar verschiedenen Aufenthaltsort beider Personen den
im erzählenden Theil befolgten Schluss gezogen, dass Lysias
Palästina erst nach glücklichem Abschluss der Friedensver-
handlungen verlassen habe; darauf führte ihn auch dessen
brieflicher Verkehr mit dem vermeintlichen Antiochos Eu-
pator im ersten Aktenstück,
Im 3. Brief schreibt König Antiochos am 15. Xanthikos
des 148. Jahres (ca. 11. März 164) dem Rath und Volk der
Juden, Menelaos habe ihm berichtet, dass viele Juden Äetw-
sukehren und (xarel&öj'rag) ihren Geschäften nachzugehen
Lust hätten; es solle also den Heimkehrenden (xaraTtogevo-
^ivoig) bis zum 30. Xanthikos freistehen, es mit ihren Zah-
1) So war Lysias als Statthalter der Westeuphratländer zugleich
zum Vormund des dort zurückgelassenen Thronfolgers und Philippoi
sowohl zum Reichsverweser als zum Vormund desselben von Epiphaoes
ernannt worden.
Die Seleükidenära der Makkabäerhüeher. 295
lungen und Branchen gerade so wie früher zu halten, auch
solle keiner wegen der begangenen Verfehlungen irgendwie
behelligt werden; um sie hierüber zu beruhigen, habe er
den Menelaos zu ihnen abgesendet. Als Beweis der Unechtheit
des Schreibens ist die 'römische Briefformalitat' der Adresse
und die zu kurze Frist von 15 Tagen angeführt worden; doch
ist die gewählte Briefform nicht ausschliesslich römisch^)
und die bei der Zeit, welche von der Ausstellung des Schreibens
in Babylon oder einer anderen Stadt des Ostens bis zu seiner
Bekanntmachung in Judäa vergehen musste, in der That viel
zu kurze Befristung kein Zeichen von Unechtheit, sondern
von Textverderbniss. Entweder war der Brief in einem
andern Monat als dem Xanthikos geschrieben oder der Termin
auf ein um mindestens einen Monat ^) späteres Datum als
den 30. Xanthikos gestellt. Dass dieses der Fall ist, beweist
das am Ende des 4. Briefes irrthümlich hinzugefügte Datum :
1) Eine von Gardner, Hogarth und James im Aphroditeheilig-
ihum von Paphos gefandene und im Journal of Hellenic Stud. IX
(1886) S. 229 veröffentlichte, auch von Wilcken im Hermes XXIX, 486
mitgetheilte Inschrift enthält zuerst einen, wie Wilcken S. 440 zeigt,
von Antiochos Grjrpos an Ptolemaios Alexander im J. 108 gerichteten
Brief, welcher folgendermassen anfangt: B]aaiXevg 'Avxioxog ßaodeX
IlToXefiaitoi t&i xai ['A]Xe^dvdQ(p röji ddeXtpcJi X^Q*^- ^^ sggcoaai, eitj
av mg ßov\k6fx\e^a, Mal avxol de vyialvofiev xai oov sftnjfAovevofJtev
\<pdo]aT6Qycog und mit "EgQcoaßs schliesst. Aehnlich beginnt, wie die
Beste des Anfangs zeigen, der zweite, laut Ergänzung der Heraus-
geber von der Stadtgemeinde Seleukeia (an der Orontesmündung) an
Kath und Gemeinde von Paphos geschriebene Brief.
2) Wohl auch nicht um mehr als einen: beim 30. Daisios
(ca. 24. Mai) z. B. konnte der Krieg schon wieder in vollem Gang sein
und ein grosser Theil der unter Umständen zum Niederlegen der
Waffen geneigten Aufständischen sich noch am Kampf betheiligen,
um je nach dem .Verlauf desselben am Ende der Frist sie entweder
niederzulegen oder fortzuführen. Bloss die Aehnlichkeit der Schrift-
züge in Betracht gezogen, würde eine Vertausch ung von UANEMOY
(nANBMOY) mit SANBIKOY am nächsten gelegen haben.
296 Unger
im 148. Jahr am 15. Xanthikoe, welches offenbar eine Wieder-
holung des im dritten stehenden Briefdatnms ist. Im Text
stand ursprünglich wohl der 30. Artemisios (ca. 24. April 164);
der Monatsname wurde durch den Xanthikos yerdrangt, welcher
dem Abschreiber im Hinblick auf das Briefdatum vorschwebte.
Die UnWahrscheinlichkeit der älteren Deutung von xorcl-
{^övzag und xatajiogsvo/Lievoig auf eine zur Ei^ebung ge-
neigte Partei der auf dem Tempelberg von Eupator und
Lysias im 150. Jahr belagerten Juden, welche die Erlaubniss
erhalte, zu freiem Abzug herunterzukommen, hat Schlatter
aufgezeigt und die richtige Erklärung (heimkehren aus Ver-
bannung, Flucht und anderen mit einer Ruhestörung ver-
bundenen Verhältnissen) bereits gegeben; er denkt an die
wegen ihrer Friedensliebe in der Heimat geächteten Juden,
deren Haupt der Hohepriester Menelaos war, ganz besonders
an die auf die Burg zu der königlichen Besatzung geflfichteten,
welche in dem Vertrag zwischen Lysias und Judas nicht
berücksichtigt gewesen seien; för ihre gefahrlose Rückkehr
solle dieser Schutzbrief sorgen. Es ist aber nicht wahr-
scheinlich, dass Lysias die treu gebliebenen Juden durch
eine solche Vergesslichkeit der Rache ihrer Gegner preis-
gegeben habe, und einen Schutzbrief dieser Art hätte nicht
der syrische Regent, sondern Judas ausstellen müssen. Es
ist vielmehr ein Amnestieerlass des Königs f&r alle, welche
binnen einer gewissen Frist die Fahne des Aufstands ver-
lassen und in die Heimat zu ihrem gewöhnlichen Gewerbe*)
zurückkehren wollen; dort sollen sie unbehelligt nach ihrer
alten Weise leben und dieselben Steuern ^) zahlen wie früher.
1) Diese Wendung auch im erzählenden Theil (c. 12, 1).
2) So verstehe ich die danavrjfjiaxa : die Kopfsteuer, den ateipavitffc
und die andern Abgaben, von welchen allen seit Antiochos Megas
nar die Priester befreit waren (Jos. ant. 12, 8, 3); Aufstand wurde
wenigstens unter der römischen HerrBchafb (s. Schürer I, 439) mit
Steuererhöhung bestraft.
Die StUeukidenära der Mdkkäbäerbücher. 297
Im 4. Brief schreiben die römischen Gesandten Q. Mem-
mins, T. Manlius den Jaden, dass sie die Verwillignngen des
Lysias anerkennen; weil er aber wegen einiger Punkte anf
die Entscheidung des Königs verwiesen hat und sie jetzt nach
Antiocheia reisen, sollen die Juden hierüber Berathung halten
und ihnen durch Botschafter ihre Wünsche zu erkennen geben.
Als Zeichen der Unechtheit ist das am Schluss beigefügte
unrömische Datum: 15. Xanthikos des 148. Jahres, welches
nur durch das Versehen eines Abschreibers aus dem 3. Brief
wiederholt ist, und die in dem Schreiben vorausgesetzte
Bekanntschaft, ja Befreunduog mit den Römern angesehen
worden, welche laut 1 Makk. 8 erst seit dem 151. Jahr datirt.
Doch ist der Verfasser des ersten Buches, wie eben seine
Unkenntniss dieser Friedensverhandlungen lehrt, keineswegs
vollständig über die jüdische ßeschichte jener Zeit unter-
richtet, und der schon zum 2. Brief benützte Bericht des
Josephos bell. jud. 1, 1, 4 meldet, Judas habe nach Ueber-
nahme des Oberbefehls (165 v. Chr.) die Aufständischen gut
in den Waffen geübt, zum ersten Mal {ngcoTog) mit den
Römern Freundschaft geschlossen und den neuen Einfall des
Epiphanes (d. i. des Lysias 164) kräftig zurückgeschlagen;
übrigens ist die Intervention der römischen Gesandten viel-
leicht ohne Auftrag geschehen und auch ohne vorherige
Befreundung mit den Juden durften sie sich eine solche
herausnehmen, ja die ausdrückliche Genehmigung der Con-
cessionen des Lysias macht nicht sowohl den Eindruck einer
Parteinahme für die Juden als vielmehr den eines über den
Parteien stehenden Auftretens. Hierauf führt auch ein anderer
Umstand. Schlatter hält diesen Brief für den ältesten: die
im ersten genannten jüdischen Botschafter seien in Folge
desselben zu Lysias geschickt worden; aber die Erwähnung
der Bewilligungen des Lysias beweist, dass der 1. Brief älter
ist, und die Senatoren wollen sich von jüdischen Gesandten
nicht nach Antiocheia begleiten, sondern an Ort und Stelle
298 Unger
fiber die AnsprQche des Volkes nnierrichten lassen; jenes
wSrde Parteinahme f&r die Joden Toranssetzen , dieses enfe-
spricbt dem Bundes- und Freandschaftsyerhältniss Borns zn
Antiochos. Und so ist denn auch der sehnlichste Wunsch
des Volkes, das seiner Cultusfreiheit nach so glanzenden
Thaten bereits sicher war, der Abzug der Besatzung ans
Jerusalem von den angeblichen Freunden schwerlich befür-
wortet, wenigstens nicht darauf bestanden worden.
Die romischen Gesandten kennen die am 24. Dioskoros
Sei. 148 (Okt. 164) von Lysias gemachten Zugestandnisse
und glauben, der König Antiochos Epiphanes sei aus dem
Osten zurückgekehrt, haben also nach diesem Datum und
zwar spätestens im September 163, jedenfalls wohl erst im
J. 163 das Schreiben abgehen lassen. Der eine Ton ihnen,
Titus Manlius, ist also mit dem T. Manlius Torqnatus, welcher
im J. 162 mit Cn. Cornelius Merula den Ptolemaios Physkon
nach Aegypten begleitete, um zu dessen Gunsten die im
J. 163 geschehene Theilung jenes Reiches zu ändern, ent-
weder nicht identisch oder er hat schon vorher eine Bot-
schaftsreise unternommen. Im J. 163, in welches wir den
Brief setzen, wurden G. Sulpicius Gallus und M.' Sergius
abgeschickt, um die Verhältnisse in Hellas zn besichtigen
und dort einen Grenzstreit zu schlichten, dann aber Nach-
forschungen anzustellen, ob Antiochos und Eumenes wirklich,
wie es hiess, sich heimlich gegen Rom verbündet hätten,
Polyb. 31,9; über das Ergebniss dieser Nachforschungen,
insbesondere über einen Aufenthalt derselben in Syrien ist
keine Nachricht vorhanden. Die Reise wurde erst nach
dem Abgang des Consuls Ti. Gracchus in seine Provinz
(Pol. 31, 9, 1), also frühestens im April 163 unternommen;
dass sie nicht, wie viele annehmen, mit unserem Brief in
Verbindung zu setzen ist, lehrt die von den Absendern
desselben eingeschlagene Route (s. u.). Der Versuch, den
M.* Sergius in dem Brief anzubringen, stützt sich auf die
Die Seleukidenära der Makkabäerbücker. 299
Lesart JMdviog vieler Hdss., darunter des Alexandrinus (andere
geben Mdiog) ; die älteste Textquelle, die durch Hieronymus
vertretene Itala, gibt Manlius, mit ihr einige gute Hdss.
MdvXiog, und der Text, welchen jener Versuch herstellt:
Kdivxog Mifxfuog, Tttog, Mdvtog ist schon an sich wegen der
unrömischen Namengebung unhaltbar. Von der ebenfalls
dem J. 163 angehörenden ersten Theilung des alexandrini-
schen Reichs schreibt die 46. Perioche aus Livius: Ptolemaeus
Aegypti rex pulsas a minore fratre missis ad eum legatis
restitutus est; vor ihr steht das Lustrum, der letzte Akt der
Censoren von 164 — 163 (de Boor, fasti censorii p. 19) und
vor diesem die Aussöhnung Roms mit Rhodos (Ol. 154, 1 =
Spätjahr 164— 163, Pol. 31, 15); nach der Theilung wird
der Regierungswechsel in Eappadokien nebst den durch ihn
veranlassten Botschaften und die Kriegführung in Ligurien
(des Consuk Ti. Gracchus) undCorsica (im J.l 63, Val. Max. 9, 12)
erwähnt. An Botschafter, welche bei dieser Theilung thätig
gewesen sind, wird man mit besserem Recht denken: denn
die Gesandten, welche den Brief schicken, kommen offenbar
von Alexandreia her, sie befinden sich, wie daraus, dass sie
nach Antiocheia reisen, hervorgeht, zur Zeit an der Philister-
küste, lieber ihre Namen besitzen wir weiter keine Angabe als
die unvollständige bei PolybiosSl, 18: xwv jieqI KavoX/jiov xai
Koivxov &JiofiaQTVQovvx(ov xxl, Quintus kann der Q. Mem-
mius des Briefes, kann aber auch, wenn der Gesandten
mehr als drei waren, ^) einer von den bei Polybios nicht
genannten jüngeren Senatoren sein, zu welchen jedenfalls
T. Manlius gehört; dieser ist mit T. Manlius Torquatus, Consul
165 (und möglicher Weise Botschafter 162), nicht identisch,
welcher wegen seines Ranges in dem Briefe vor, nicht nach
1) Mindeatens noch zwei jüngere Senatoren gingen 162 mit
Torqnatns und Merala nach Aegypten, vgl. Pol. 31, 27: oi jzegl joy
ToQxoväxor, gesagt nach der Entfernung dea Merala, welcher mit
Pbyskon über Kreta nach Kyrene fuhr.
SOO ünger
Q. Memmins stehen mfisste. Die Papyri von Memphis datiren
im Anfang des mit dem 3. Oktober 164 bannenden Jahres
ans dem 7. Jahr des Ptolemaios Energetes (Physkon), im
Ausgang desselben aus dem 18. des Ptolemaios Philometor. ^)
Die Abfassung des Briefes darf hienach in den Sommer 163
gesetzt werden.
y. Das Olympiadeigahr des Porphyrios.
Wer nach dem makedonischen Kalender rechnete, dem
fiel die erste gezahlte Olympien feier, weil sie im Sommer
stattfand, in das mit dem 1. Dios (ungeßLhr 17. Oktober) 777,
also 9 Monate Tor dem attischen beginnende Jahr; so hat
mit andei^n im Gebiet jenes Kalenders lebenden Schrift-
stellern, Ton welchen unten die Rede sein wird, auch Por-
phyrios gerechnet.*) Die Eroberung Troias,') von Erato-
sthenes bei Dionysios t. Hai. ant. rom. 1, 63 (TgL mit 1, 74)
auf den 23. attischen Thargelion = 9. Juni 1183 gestellt,
geschah nach dessen Anhänger und Fortsetzer, dem Athener
ApoUodoros, wie Porphyrios bei Euseb. ehr. I, 221 angibt.
1) Robiou, Recheivhet sur le calendrier Macedoniea es £gypte,
1S76, p. 31.
2 Djlns sehr Tiele Re^emng^n schon eine AwTaM tob Monaten
Tor dem attisch berechneten Anfanir de$ Olrmpi^enjahn begooBen
haben, in welches Porprrrio« ihren Antritt setit. nt bekasst; nan
nimmt daher mit Nieba'tir an, er habe das ganxe Jahr des Regi^mig»-
wechseis der Toraus^hecden zogeechlagen nnd jede« Antrittsdatom
•ei demnach in Wirk.ichkeit um ein Jahr früher aninsetiea, als ei
Porphrrio« ä:e»etxt hat. Pie$e Annahme tri:^ anf diejenige» lliron-
Wechsel nicht nu welche im dritten Viertel des jnl. Jahres (Jii)i^e|yt.)
statto^funden haben, i. B. Antiochos Epiphaaea« wt^Ichem er II Jahre
Ton 01.151.3 an gibt, würde d.iiui attisch «rer^echnet im J.OL 151,3
Ja.i 175—174» und Antiocfco* Kup^tor Ol. 154, 1 «Jali 164—163)
begonnen haben: ab^r EpiphAnes starb nm September 163-
3^ Vgl. iw> troi$^.*:ie Aeni dee Saili$. Mürchcm 1886 (av den
Abkal^d:uni^*n d. Ak^d." S. 56 • Abh. S. 56S .
Bit Saeuhiäenära der Mäkhabäerbüeher. 301
407 Jabre vor OL 1, 1; nach attischem Kalender gerechnet
waren es aber 408, vom 1. Hekatombaion 1184—1183 bis
1. Hekatombaion 776—775 und so viele zählt Diodor 1,5
mit Berufung auf Apollodor. Porphyrios setzte also die von
Eratosthenes und ApoUodoros attisch berechneten Jahre der
Einnahme Troias und der Olympienstiftung auf makedonischen
Stil um und erhielt so vom Herbst 1184 — 1183 bis Herbst
777 — 776 nur 407. Gerade so verfuhr Varro, welcher bei
Censorinus 21 behauptet, Eratosthenes habe 407 Jahre
gezahlt: so viele (römische) erhielt er vom 1. Januar —
31. (29.) Dezember 1183 bis zum 1. Januar— 31. (29.) De-
zember 776. Vgl. unten über Eastor.
In der syrischen Regententafel des Porphyrios bei Euseb.
ehr. 1, 249 regiert Seleukos I. 32 Jahre von Ol. 117, 1 (attisch
Juli 312-311, makedonisch Oktober 313—312) bis 124, 4
(incl. 3= letztes unter ihm vollendetes Olympiadenjahr) , be-
ginnend mit seiner (angeblichen) Ernennung zum König
Syriens und der Ostländer durch Ftolemaios I. nach dem
Sieg von Qaza, nach welcher jener zu den Barbaren gezogen
und von ihnen als König ausgerufen worden sei. Die Schlacht
wurde im Frühjahr 312, möglicher Weise schon Ende Winters
geschlagen, s. Diodor 19, 80 extr. Droysen, Gesch. d. Hell. II,
2. 45. Sein Nachfolger Antiochos I. Soter regiert bei Por-
phyrios 19 Jahre von Ol. 125, 1 (attisch Juli 280—279,
makedonisch Oktober 281—280) bis 129, 3 (incl. = letztes
volles Jahr); dahin führen auch die 32 Jahre des Seleukos
von Ol. 117, 1 ab. Im Winter 281/280 hatte jener schon
den Thron seines von Ptolemaios Keraunos ermordeten Vaters
inne: zu der Heerfahrt nach Tarent, welche Pyrrhos im
März 280 antrat, lieh ihm Antiochos Geld, Äntigonos Gonatas
Schiffe und Ptolemaios, dem der Tod des Seleukos die Herr-
schaft über Makedonien eingetragen hatte, Hülfstruppen,
Justinus 17, 2; der Thronwechsel fällt wahrscheinlich in den
November 281, s. Die Zeiten des Zenon von Kition und
302 Ungtr
Antigonos Gonatas, Akad. Sitzungsb. 1887 S. 132. Den
19 Regierangsjahren des Antiochos I. von Ol. 125, 1 ab and
seinem letzten (yoUen) Jahr 129, 3 entsprechend beginnt bei
Porphyrios sein Sohn Antiochos IT. Theos Ol. 129, 4; das
letzte (yoUe) seiner 15 Regierangsjahre ist also Ol. 133, 2
(im Text des armenischen Eusebios yerdorben 135, 3); dazu
stimmt, dass a. a. 0. Seleakos IL Eallinikos Ol. 133, 3 den
Thron besteigt. Diesem gibt der Text 2 1 Jahre, nennt aber
als letztes nicht Ol. 138, 3, sondern den 20 Jahren des Kanons
(in welchem Eusebios mit Porphyrios^ Zahlen willkürlich
umgeht) entsprechend 138, 2, was scheinbar dadurch bestätigt
wird, dass Seleukos IIF. Keraanos 3 Jahre yon Ol. 138, 3
ab (das dritte ist nicht mit Olympiadendatum versehen) und
Antiochos III. Megas 36 Jahre, beginnend mit 01.139,2 erhält.
Es sind jedoch die besseren Zeugnisse (darunter die aas dem
Text des Porphyrios gezogene Tabelle bei Euseb. ehr. I, 263
im griechischen Original und in der armenischen Uebersetzung
und der von Eusebios anabhängige Sulpicius Seyerus), welche
dem Seleukos Kallinikos 21 Jahre geben, und aus Polybios
ist zu ersehen, dass der Anfang des Antiochos Megas in
Ol. 139, 3 makedonischen Stils (Okt. 223—222) fäUt. Im
Winter 220—219 (Pol. 4, 37, 8) schickten die Byzantier nach
Lydien eine Botschaft zu dem Usurpator Achaios; ungeßlhr
2 Jahre {dvoi judhard nog ereoi) vorher, schreibt er 4, 48,
war Seleukos aus Syrien mit dem Heere über den Taaros
gezogen, dann aber (in Phrygien im 3. Jahr seiner Herrschaft,
Hieronynius zu Daniel 11) meuchlings ermordet worden. Der
Heereszug fand also, wie schon Droysen bemerkt hat, in der
guten Jahreszeit*) von 222 statt. Das letzte (volle) der
36 Jahre des Antiochos Megas ist also Ol. 148, 2, wie auch
1) Vielleicht, da Polybios in den fünf ersten Buchern das Neujahr
auf das Olympiendatum (16. oder 15. Metageitnion) stellt, nach diesem
(im J. 222 dem 18. oder 17. August) und vor dem makedonischen Neu-
jahr (ca. 2. Oktober).
Die Seleukidenära der Mäkhabäerbücher, 303
der von da an wieder zutre£fende Text angibt; dazu stimmen
die Zahlen des Seleukos III. Philopator: 12 Jahre von 01.148, 3
an (att. Juli 186—185, maked. Okt. 187—186) und die des
Antiochos Epiphanes: 11 Jahre von Ol. 151, 3 (att. Juli 174
bis 173, maked. Okt. 175—174) bis Ol. 154, 1; woraus sich
ergibt, dass Ol. 151, 1, dem Text zufolge das letzte (volle)
Jahr des Seleukos, aus 151, 2 verdorben ist. Beide Anfangs-
data sind makedonisch gerechnet: Antiochos Megas starb nach
Zonaras 9 p. 455, 6 unter den Consuln von 567/187, und unter
denen von 579/175 kam Antiochos Epiphanes zur Regierung,
s. Gap. II, wo euch über die Zeiten der Nachfolger das
Nöthige gesagt ist.
In der alexandrinisch-ägyptischen Regentenzeittafel bei
Euseb. chron. I, 229 ff. gibt Porphyrios am Anfang und am
Schluss Olympiadendata, ausserdem bloss die Zahl der Re-
gierungsjahre, was zunächst wohl damit zusammenhängt,
dass in Alexandreia nach makedonischem Kalender, dessen
Schalt wesen dort schlecht geordnet war, in Aegypten da-
gegen nach dem althergebrachten beweglichen Sonnenjahr
gerechnet wurde. Die Zählung der Regierungsjahre ist die
amtliche, vom Regenten (p. 164 avrög) und der Gemeinde
(p. 162. 166 ol 'Ale^avÖQeig) in Alexandreia geführte, bei
jedem Wechsel verkündigte (p. 164 ävrjyogsv^rj) und schrift-
lich verzeichnete (p. 166 äveyQdtprj, öfters äveygdfpr] u. dgl.);
der seit mindestens den letzten Pharaonen in Aegypten herr-
schenden Sitte gemäss wurde mit jedem Kalenderneujahr ein
neues Regierungsjahr angefangen, ein Verfahren, welches
sich auch in der römischen Zeit erhielt. Die von Porphyrios
angegebenen Regierungsjahrzahlen der Alexandriner stimmen
überall,*) wo ein Einblick möglich ist, mit den im astro-
1) Eine sachliche, nicht kalendarische Abweichung ist, dass die
Erhebung des Ptolemaios I. zum König von Porphyrios in sein 18. Jahr
(80. Sept. 806 bis 18. Okt. 806), vom Regentenkanon dagegen in das
nächste Ägyptische (7. Nov. 806 bis 6. Nov. 804} gesetzt wird. Dieser
304 Unger
nomischen Elegentenkanon erhaltenen ägyptischen überein :
was sich, soweit der alexandrinische Kalender von Seiten der
Schaltung in gutem Gang war, daraas erklart, dass beide
Neujahre einander immer näher kamen: der l.Thoth, welcher
sich wegen der Dauer des ägyptischen Jahres (365 Tage,
ohne dass alle vier Jahre ein Schalttag hinzukommt) im
julianischen alle vier Jahre um einen Tag zurückschiebt,
traf 325—822 auf den 12. November, 285—282 auf den
2. November, 245—242 auf 23. Oktober, 221—218 auf
17. Oktober, 205—202 auf 13. Oktober, 181—178 auf
7. Oktober, 145—142 auf 28. September, 117—114 auf den
21. September. Um 100 v. Chr. wurde das makedonische
Mondjahr der Alexandriner in das ägyptische Sonnenjahr
umgewandelt, nur die Namen der Monate blieben die alten,
s. Brandes, Zur maked. Zeitrechnung, Rhein. Museum XXII, 377
und Robiou, Recherches sur le calendrier Macedonien en Egypte,
1876.
Auf Alexander d. Gr., schreibt Porphyrios, folgte Ol. 114, 2
Philippos Aridaios; ein Jahr darnach^) (also Ol. 114, 3, att.
Juli 322—321, maked. Okt. 323—322) wird Ptolemaios als
Satrap nach Aegypten geschickt (nijUTietai). Mitte 322 war
Ptolemaios bereits seit geraumer Zeit in seiner Provinz: als
sich Perdikkas im Winter 322/321 zum Krieg entschloss,
hatte er schon Cyrenaica mit ihr vereinigt: von dem Be-
schluss der dort im Burgerkrieg unterlegenen Partei, seine
Hülfe anzurufen, bis zur Erwerbung des Landes war eine
folgt, wie seine Uebereinstimmung mit den Mflnzen beweist, der
amtlichen Z&hlung; auf die Nachricht, dass Antigonos 806 v. Chr.
sich und seinem Sohne Demetrios das Diadem aufgesetzt hatte, rief
das Heer auch den Ptolemaios als König aus (Appian Syr. 64.
Just. 15, 2), er wagte aber erst später den Titel anzunehmen.
1) Porphyrios: fiet' iviavr6v (d. i. t<jj? hto/ierq} IviavT^), ent-
sprechend seiner Gewohnheit, bloss mit ganzen Jahren za rechnen;
s. Bom Schlnss der ägyptischen Begententafel.
DU SOeukidenära der Makhahäerhüeher. 305
lange Zeit yergangen (Diod. 18, 21) und ihrem Rufe konnte
er nur folgen, weil Söldnerwerbungen (Diod. 18, 14) in
Hellas, Eleinasien und auf den Inseln ihn bereits in den
Stand gesetzt hatten, ein Heer zu schicken, ohne Aegypten
zu entblössen; als im Frühjahr 322 (Diod, 18, 15: gleichzeitig
mit dem Zug des Krateros aus Eilikien nach Makedonien)
Perdikkas mit den Königen und dem Reichsheer von Babylon
gegen Ariarathes zog, war Pfcolemaios sicher schon in Aegypten,
jedenfalls wäre er weder mit nach Kappadokien gezogen
noch in Babylon zurückgeblieben ; spater als in den Anfang
dee Frühlings 322 kann man seinen Abgang nach Aegypten
nicht setzen; Droysen lasst ihn wegen der Angabe des Por-
phyrios infolge irgend einer Verzögerung im Winter 323/322
stattfinden. Alexander starb am 4. Pharmuthi (Julius Yale«
rins 3, 35) ^s 13. Jnni 323; sobald die Satrapien vertheiit
waren, begannen die Zurüstungen für die Leichenfeier, nach
Curtius 10, 10, dessen Angabe gewöhnlich befolgt wird, am
7. Tage, seit der König im Sarge lag; die Zahl ist jedoch,
wie aus Curtius selbst hervorgeht, aus einer weit höheren
verdorben. Der Hader über die Besetzung des Thrones
dauerte viele Tage, Plut. Eum. 77: xcav ^ye/idvcov ataai^
aodrtwv i<p* ^juigag nokidg; oftmals gingen Gesandtschafben
herüber und hinüber, bis endlich eine Einigung erzielt
wurde, Arrian bei Photios bibl. p. 69a; 30 Tage lag nach
Aelian var. bist. 12, 64 die Leiche unbeachtet, als ein Orakel
verkündet wurde, welches Ptolemaios auf den Gedanken
brachte, sie nach Aegypten zu entführen; auf dem Wege
von Perdikkas eingeholt, täuschte er diesen durch Unter-
schiebung einer fremden Leiche und brachte die echte nach
Aegypten, Dies ist ein Märchen, das aber wegen seines
Widerspruchs mit der gewöhnlichen Beerdigungsfrist nur ent-
stehen konnte, wenn diese in ungewöhnlicher Weise über-
schritten worden war. Nach Curtius 10, 6, 7 (vgl. c. 8, 6
und 6| 4) kam fünf Tage nach dem Todesfall die Nachricht
1805. Sitningib. d. pbil. n. hist. Ol. 20
306 Vnger
nach Babylon, dass die hinausgezc^ene Partei kein Getreide
zu den Thoren lasse; itaque, schreibt er, inopia primam,
deinde fanies esse coepit. Da die Ernte erst vor zwei Mo*
naten beendigt worden war, musste eine lange Zeit yergehen,
ehe sich Hungersnoth einstellen konnte. Jetzt wurde eine
Botschaft hinansgeschiekt, die aber unverrichteter Dinge zq-
rOckkam; eine spätere fOhrte znr Einigung und diese zur
Ordnung der Thronfolge und der Reichsregierung; mehrere
Tage später (c. 9, 13) wurden die ProTinzen ▼ertheilt und
dann die Vorbereitungen zur Leichenfeier begonnen. Er-
gänzen wir, weil eine Dauer von ca. 2^% Monaten zu yer-
muthen ist (s. u.), septimus <et septuagesimus) diee erat, ex
quo corpus regis jacebat in solio, so wäre es am 28. August
geschehen. Nach der Feier, ungewiss wie lange nachher,
schenkte Roxane einem Knaben das Leben, nach Curtins 10, 6
(seztus mensis est, ex quo Roxane praegn.ans est) wäre das
um Mitte Oktober, nach Justinus 13, 2 (exacto mense octaro
matura iam ex Alexandro erat) um Ende Juli oder Anfang
August geschehen: beide sprechen vom Tag nach dem Todes-
fall, dem 14. Juni, und als normale Frist zwischen Conception
und Geburt galt der 10. Mondmonat. Der Bericht des Curtius
ist ausführlich und genau, der andere ein flüchtiger und in
Folge davon, dass Justinus uninteressante Vorgänge seiner
Gewohnheit gemäss übersprungen hat, lückenhafter Auszug
aus Trogns, in welchem von einer längeren Dauer jener
Händel gar nichts zu erkennen ist: auf den am 14. Juni
(Curtius 10, 8, 3 — 4) gegen Perdikkas gerichteten Mord-
anschlag lässt er sofort dessen Ansprache an das Fussvcdk
folgen, durch welche mittelst der ersten Gesandtschaft die
Einigung angebahnt wurde. Seine Zeitangabe scheint dem
späteren der zwei zusammengeschobenen Ereignisse gegolten
zu haben; dann liegen zwischen ihnen ungefähr 2^/a Monate
(die Differenz zwischen dem 6. laufenden und dem 8. volU
endeten). Die letzte Ehre haben ihrem todtea K&nig die
Die Seleukidenara der Mäkkabäer^fücher. 807
Sbitthalter sicher noch erwiesen, ehe sie sich in ihre Pro-
vinzen begaben f das setzt auch Droysen voraus; von den
hervorragenden wie Ptolemaios darf man wohl auch an-
nehmen, dass sie gewartet haben, bis sich die Frage ent-
schied, ob Roxane einen Sohn zur Welt bringen würde oder
nicht. Seihet wenn er das nicht gethan hat, ist zu ver-
muthen, dass er nicht vor dem makedonischen Neujahr
1. Dios (ungef&hr 9. Okt.) in Aegjpten angekommen ist:
den ohnehin weiten Weg von Babylon über Ninive oder
einen Nachbarort durch Mesopotamien, Nord- und Södsyrien
hat er wahrscheinlich in Begleitung einer Heeresabtheiiung
gemacht und in Folge, dessen längere Zeit als die einer
gewöhnlichen Reise gebraucht; dies ist aus Diod. 18, 14:
äxwAvvcos ncLQekaße rifv Alyvmov zu schliessen; Porpfayrios
aber datirt mit Ol. 114, 3 sein Eintreffen in Alexandreia
(s. u.) als den Beginn seiner Regierung daselbst.
Die Olympiadendata des Schlusses sind planmässig ge-
fälscht und die ganze Stelle harrt noch ihrer Erklärung,
deren Schlüssel darin liegt, dass Porphyrios zwei einander
parallel laufende Regentenreihen, die Beherrscher Aegyptens
und die in Alexandreia residirenden Könige unterscheidet:
die Personen sind, den Anfang ausgenommen, auf beiden
Seiten dieselben, auch die Dauer beider Linien gleich lang,
aber die eine beginnt und endigt ein Jahr vor der andern.
'Auf Kleopatra, heisst es dort, folgt in der Regierung
Aegyptens in Folge des Sieges bei Actium Octavianus
Caesar Augustus im Jahr Ol. 184, 2 (Okt. 44—43;^) hiess
ursprünglich Ol. 187, 3 = Okt. 31—30); von Ol. 111, 1
(Okt. 337-386, ursprünglich Ol. 114, 2 = Okt. 324—323),
wo Philippos Aridaios die HeiTSchaft überkam, bis Ol. 184, 2
1) VerwechBlung des römischen Anfangs seiner Regierung mit
dem ägyptischen; in Folge dessen ist aacfa die Epoche des Aridaios
um IB Jahve su frfik gesetast worden.
308 ünger
(arsprüDglich 187, 3) ei^eben sich 73 Olympiaden und 1 Jahr,
zusammen 293 Jahre. So viel zahlt man aber auch Jahre
der Könige, welche in Alexaudreia residirt haben {x&v
iv lAXe^avÖQsbjt ßaoikevadvrcov) bis zum Ende der Eleopatra*
Der erste in Alexandreia residirende König war Ptolemaios
(er wurde zwar erst 306/305 König, aber auch von den
293 Jahren der Könige Aegjptens kommen 17 auf dessen
Satrapenzeit), er begann ein Jahr später als Aridaios, im
J. Ol. 114, 3 und Kleopatra^s Ende fiel nach dem astro-
nomiscben Kanon in das mit dem 1. Thoth (31. August) 30
beginnende ägyptische Jahr und damit fdr Porphyrios, weil
das alexandrinische Neujahr, der 1. Dios damals mit dem
1. Thoth gleich war, auch in Ol. 187, 4 (eigentlich Okt. 30
bis 29); die Herrschaft über Aegypten verlor sie im vorher-
gehenden Jahre Ol. 187, 3 (beginnend mit 1. Dios s=s 1. Thoth
= 31. Aug. 31): am römischen 2., julianisch 1. Sept. 31
wurde die Schlacht von Actium geschlagen, im Sommer 30
drang Octavian von Osten, Cornelius Qallus von Westen her
ein, bald wurde Alexandreia eingeschlossen, womit ihre Herr-
schaft über Aegypten selbst auf allen Punkten endigte, nach
der Seeschlacht des 1. Sextilis = 31. Juli 30 konnte Alexan-
dreia keinen Widerstand mehr leisten, um Anfang Sept. 30
gab sich Kleopatra den Tod.
Die makedonische Begentenzeittafel des Porphyrios (Eus.
ehr. I, 229 ff.) gibt Ol. 139, 4 als letztes (volles) Regierungs-
jahr des Antigonos Doson und dem entsprechend als erstes
des Philippos Ol. 140, 1 (att. Juli 220—219, maked. Okt. 221
bis 220). Diesen finden wir im Winterhalbjahr 221/220 be-
reits als König, Pol. 4, 5 ff. ; Antigonos war von den nemei-
schen Spielen (18. Panemos =11. Juli 221) in Eile w^en
eines Einfalls der Illyrier heimgezogen, in der Schlacht von
einem Blutsturz befallen worden und bald darauf (jiev* ov
noXv) gestorben, Pol. 2, 70; während seiner Krankheit hatte
er den Philippos in die Peloponnesos geschickt und war bei
Die SeUukidenära der Mäkkabäerbücher. 309
dessen Rückkehr, wie es scheint, noch am Leben, Plntarch
Aratos 46. Die 42 Jahre, welche Porphyrios dem Philippos
gibt, bringen seinen Tod und den Anfang des Perseus in
Ol. 150, 3 (att. Juli 178—177, maked. Okt. 179—178):
der Regierungswechsel fand nach Livius 40, 54 im J. 575
(beginnend mit id. Mart. = 5. Jan. 179) statt und zwar, den
10 Jahren 8 Monaten zufolge, welche er dem Perseus gibt
und mit der Schlacht^) von Pydna (19. Juli 168) endigt, im
November oder Dezember 179.*) Ueber die anderen Data
der makedonischen Regententafel, ebenso über die thessalische
und asianische s. Die Zeiten des Zenon von Kition und Anti-
gonos Gonatas, Akad. Sitznngsb. 1887 S. 125 ff., vgl. üeber
die Todeszeit des Philippos Aridaios, Philologus 1889 S. 88
bis 98.
Anfang der Olympiadenjahre um die Herbstnachtgleiche
finden wir vielleicht schon bei Ephoros, wenigstens begannen
um sie seine Jahresgeschichten, s. Quellen Diodors im 11. Buch,
Philologus XL, 60; ob er das lakonische oder das makedonische
Neujahr zu Grunde legte, ist ungewiss, sachlich aber einerlei.
Nachweisbar der erste, welcher die Olympiadenjahre make-
donisch berechnet, ist der Chronograph Kastor. Wie Por-
phyrios setzt er bei Josephos gegen Apion 1, 23 die Schlacht
von Oaza (März/April 312) in Ol. 117, 1 und in das 11. Jahr
seit Alexander's Tod (13. Juni 323 = maked. Ol. 114, 2,
1) Wie an vielen Stellen den Tod eines Königs (z. B. des
Aridaios ) Seleukos I., Antiochos I. u. a.), so setzt er hier diese
Schlacht, weil mit ihr die Regierung endigte, oneigentlich in das
letzte nnter ihm yollendete Jahr, in Ol. 152, 4 (Okt. 170—169), ein
Datum, welches man attisch (Jali 169—168) genommen und, an die
Fabel yon dem unmittelbaren Vorausgehen der Mondfinsterniss des
21. Jnni 168 glaubend, far das wirkliche Schlachtdatum erklärt hat:
das eigentliche Jahr der Schlacht war nach makedonischem Kalender
Ol. 168» 1 (Okt. 169—168).
2) Bestfttigt durch die thessalische Zeittafel des Porphyrios,
s. Zeiten des Zenon S. 168.
310 ünger
ait. 114, l). Die 407 Jahre, welche Porphyrios von Troias
Fall bis zur 1. Olympiade zählte, setzten sich nach Euseb.
ehr. I, 189 aus folgenden Posten zusammen: 'von Troias Ein-
nahme (Okt. 1184 — 1183) bis zur Herakleidenwanderung
(Okt. 1104—1103) 80, von da zur Gründung loniens (Okt-
1044—1043) 60, von da bis Lykurg (Okt. 885—884) 159,
von da bis Ol. 1 (Okt. 777—776) 108, im Ganzen 407;
während Eratostbenes (bei Clemens Alex, ström. I, p. 336) und
Apollodoros bis zur vorletzten Epoche mit denselben Ab-
ständen die Data Juli 1184—1183, Juli 1104-1103, Juli
1044—1043, Juli 885—884, dann aber mit 108 bis zum
Vorjahr der ersten Olympiade, also mit 109 bis zu dieser
selbst das Jahr Ol. 1, 1 = Juli 776—775 erhielten. Eastor
bei Euseb. ehr. 1, 179 bestimmte die Einnahme Troias anders,
8. Troische Aera des Suidas S. 62 (572) ; aber die übrigen
Posten sind dieselben wie bei Porphyrios: von der Hera-
kleidenwanderung bis zur ionischen 60, von da bis zur
1. Olympiade 267 (Eratostbenes und Apollodoros 268) Jahre.
Geizer Africanus II, 169 meint, Kastor habe das feste
Sonnenjahr von Alezandreia, welches mit dem 29. August
anfangt, zu Grunde gelegt; dieses ist aber erst nach Kastor's
Zeit eingeführt und für geschichtliche Daten von keinem
hellenistischen Schriftsteller verwendet worden, auch nicht
(wie Arn. Schäfer meinte) von dem Verfasser der tabula Iliaca.
Die Verfinsterung des Himmels, welche bei Christi
Kreuzigung vom Mittag an drei Stunden lang dauerte
(Matth. 27, Marc. 15, Luc. 23), wurde nach Africanus bei
Synkellos p. 610 von Thallos^) als eine Sonnenfinsterniss
1) Dass er nach Olympiaden datirt hat, g^eht aus Eas. ehr. l, 265
hervor. Die Unbekanntschaft mit dem Monatsdatum jeoer Yerfinste-
rang (in der Mitte des Mondmonats konnte nur eine MondfinatemiBS
eintreten) und ihrer Jahreszeit (FrQhling) spricht gegen die beliebte
Yerarathang, Thallos sei der nur ans Josephos ont. 18, 16, 4 bekannte
Freigelassene des Tiberius aus Samareia gewesen, von welchem keine
Die Seleukidenära der Makkabäerhücher. 311
bezeicbnet; es ist wahrscheinlich dieselbe, welche nach Phlegon
ans Tralles, citirt von Africanns bei Euseb. demonsfcr. evang.
8, 2, 53 und bei Synkellos a. a. 0. im 16. Jahr des Tiberius
(19. Aug. 29—30), im J. Ol. 202, 2 (att. Juli 80-31, maked.
Okt. 29 - 30) eingetreten ist: denn Africanus setzte Christi
Tod eben in dieses Jahr. Die Verlegenheit, in welche dieses
Datum die neueren Forscher in Folge dayon gesetzt hat, dass
in der 202. Olympiade nur eine Sonneufinsterniss, die totale
des 24. November 29 sichtbar gewesen ist (s. Wurm bei
Ideler 11, 417), hebt sich, wenn das Olympiadenjahr auf
makedonischen Kalender gestellt war; Eusebios, dem Christi
Tod in Ol. 202, 4 fiel, hat im Kanon das Datum Phlegon^s
stillschweigend in Ol. 202, 4 umgewandelt. — In dem von
Photios biblioth. cod. 97 aufbewahrten Bruchstück der Olyra-
piadenchronik Phlegon 's beginnt die 177. Olympiade (att. JuH
72—68, maked. ca. 3. Okt. 73—20. Sept. oder 19. Okt. 69)
mit der Belagerung von Araisos, Herbst oder Winter 73/72,
und dem Zug des Fabius Hadrianus gegen Mithridates, Früh^
ling 72 ; in das 4. Jahr setzt er die Rüstungen des Mithridates
und Tigranes, Winter 70/69, und ihre (erste) Niederlage,
Frühling 69, s. Historische Glosseme in Xenophons Hellenika,
Akad. Sitzungsb. 1882 S. 302, wo bereits der Schluss auf
makedonischen Stil gezogen worden ist. Die grosse Schlacht
von Tigranocerta setzte Phlegon demnach in Ol. 178,1; ihr
romisches Datum 6. Okt. 685 entspricht dem 20. Okt. 69.
Virgil's Todesdatum 15. Okt. 684 = 18. Okt. 70 stellt er in
Ol. 177, 3 statt 177, 4 (1. Dios = ca. 1. Okt. 70); vielleicht
wählte er hier und anderwärts, wo ihm nicht wie bei den
anderen Ereignissen ein griechisches Datum zu Gebot stand,
literarische Tbätigkeit gemeldet wird ; der Chronograph scheint
mehrere Generationen nach Christus gelebt zu haben. Die verdorbene
Angabe bei Eosebios a. a. 0.« dass er seine Chronik bis Ol. 167
geführt habe, ändert Gntschmid in Ol. 217, Wachsmuth mit Karl
Müller in 01.207; yieUeicht ist Ol. 227 (Okt. 128—132) das Richtige.
312 Unger
in der Ungewissheit über die Gleichung das dem römischen
Jahr zum grössten Tbeil gleichlaufende makedonische; daraus
erklärt es sich, dass er bloss hier das Tagdatum und zwar
das römische beisetzt.
Die Olympionikenliste im Quellenbuch der Chronik
des Eusebios (I, 193 ff.)i ^^^ Verzeichniss der Sieger im
Stadion, fügt bei vielen Olympiaden eine kurze Notiz bei,
welche entweder die Geschichte der Spiele oder ein epoche*
machendes Ereigniss der Weltgeschichte betrifft; die einzelnen
Jahre der Olympiaden gibt sie nicht an. üeberall, wo das
Datum eines solchen auf der zwischen dem attischen und
makedonischen Stil strittigen Grenze liegt, zeigt sich An-
wendung des makedonischen^): den Begierungsantritt des
Caligula, geschehen am 16. März 37, bringt sie unter OL 204
(att. Juli 37—41, maked. Okt. 36—40), den des Claudias,
geschehen 24. Jan. 41, unter Ol. 205 (att. Juli 41 — 45,
maked. Okt. 40 — 44), des M. Aurelius, geschehen 7. März 161,
unter Ol. 235 (att. Juli 161-165, maked. Okt. 160—164),
des Pertinax am 1. Jan. 193 und des Septimius Severus am
1. Juni 193 unter Ol. 243 (att. Juli 193—197, maked. Okt.
192—196). Auch das Antrittsdatum des Nerva Ol. 218
(att. Juli 97—101, maked. Okt. 96—100) gehört hieher:
der 18. Sept. 96 fiel attisch und makedonisch in Ol. 217, 4,
aber der Verfasser und mit ihm sein Nachtreter Eusebios hat,
wie Gutschmid bezüglich des letzteren bemerkt, das romische
Datum XIV kal. Oct. aus Versehen für den 14. Okt. 96
genommen. Die Liste ist nicht, wie seit Scaliger auch jetzt
noch, z. B. von Geizer Afric. I, 161 angenommen wird, der
1) An den Eaiserdaten des eatebischen Kanons, welche auf
dieser Olympionikenliste beruhen, schon von Gutschmid, De tempo-
mm notis quibus Eusebias utitar in chronicis canonibus, Progr. Kiel
1868 p. 5 erkannt; nur lässt er von Septimius Sevems an mit Un-
recht das alexandrinische Nei^ahr an die Stelle des inakedonischen
treten.
Die Seletikidenära der Makkabäerbüt^ier. 318
Chronik des Africanns entlehnt, 8. Philologus XXVIII, 407 ;
sie stand, wie seinerzeit gezeigt werden soll, in der Oljm-
piadeuchronik des Cassius Longinus.
Julius Africanus, wohnhaft in Emmaos (Nikopolis)
westlich Jerusalems, setzte, wie schon erwähnt, Christi
Kreuzigung in Ol. 202, 2 (att. Juli 80—31, maked. Okt.
29—30) und Jahr 16 des Tiberius (19. Aug. 29—30); der
15. Nisan, an welchem sie, wie Geizer Afric. I, 49 aus seiner
Bemerkung bei Synkellos p. 610: 'EßgaToi yäg äyovai ro
ndaxa xarä aeXT^vfjv id\ nqb dh juiäg xov ndaxcL rä negl tdv
oantJQa ovvißri schliesst, fiel nach jüdischer Rechnung (wahrer
Neumond 22. März Nachts 7 U. 55 Min.) auf den 7. (oder 8.)
April 30, einen Dienstag (od. Mittwoch) ; wenn statt nagaoHevi}
(oder nQÖ fxiäg) xov ndaxa im Ev. Marci 15, 42 auch tzqo-
adßßaxov gesagt wird, so ist daraus nicht zu folgern, dass
Africanus das Ereigniss auf einen Freitag gesetzt habe; die
Christen jüdiscber Abkunft feierten die Auferstehung Christi an
jedem 16. Nisan, gleichviel welcher Wochentag es auch war,
ebenso behandelten sie die anderen Festtage und noch ein Jahr-
hundert nach Africanus galt diese Sitte in den meisten orien-
talischen Kirchen, s. Ideler II, 200 fg. 204; TtQoodßßaxov
heisst der alten Bedeutung des Wortes Sabbat entsprechend
Vortag eines Festes, nicht bloss Vortag des allwöchentlichen
Festes. — Africanus schrieb, wie er bei Synkellos p. 400. 614
erklärt, unter den Consaln (von 221) Gratus und Seleucus,
im 3. Jahr (8. Juni 220 — 221) des K. Antoninus Avitus
(Elagabal) in der 250. Olympiade (att.^) 8. Juli 221—225,
maked. Okt. 220—221).
EusebioSr Bischof von Caesarea in Palästina, wendet
in den Tabellen [xav6veg\ dem sog. Kanon des zweiten Buchs
seiner Chronik eine doppelte allgemeine Jahrzählung an, nach
1) DamalB wegen der VertpAtang des Kalenders 6. Sept. 221,
Ygl. Zeitrechnung der Qriechen and Römer S. 765.
314 ünger
Jahren Abrahams und nach Olympiaden; aber zur Datirang
von Ereignissen^) gebraucht er bloss die zweite: so in der
biblischen Chronologie des ersten Buchs (I, 71. 121. 125.
127. 129) und des Vorworts zum zweiten, in der Series
regum (I append. p. 6 sqq.), femer in der Vorrede und den
Anmerkungen zum Kanon. Beide Zahlungen setzen eine und
dieselbe Jahrform, gleiches Neujahr voraus, oder vielmehr
bloss die zweite ist eine eigentliche Aera, dagegen die Zäh-
lung nach Abrahamsjahren dient nur als Nothbehelf, weil er
1240 Jahre vor der ersten Olympiade mit Abrahams Geburt
anfangend irgend eine Jahrzählung anwenden musste; eine
Aera konnte diese sonst nirgends gebrauchte Zählung schon
desswegen nicht sein, weil das Tagdatum der Geburt Abra-
hams nicht überliefert war und in Folge dessen die Abra-
hamsjahre keine nachweisbare Anfangsepoche besassen. Auch
die Olympiadenzählung wendet er nur desswegen an, weil sie
die Aera seiner Quellen^) bildet; ihm selbst ist sie, wie die
verkehrten Olympiadenzahlen des letzten Jahrhunderts, in
welchem er theils auf anders datirte Angaben, theils auf
sich selbst angewiesen ist, beweisen, gar nicht geläufig. Er
kennt auch die Seleukidenära nicht: in der Anmerkung*)
zum 2. Jahr des Probus datirt er die Entstehung der Mani-
chäersekte, ohne jene zu erwähnen, nach den Acren von
Antiocheia, Tyros, Laodikeia, Edessa und Askalon; zum
2. Jahr des Seleukos, Ol. 117, 2 (Okt. 312—311), bemerkt
er, dass mit diesem die Aera von Edessa beginne, kein Wort
1) Die in die Zeit yor Ol. 1 fallenden datirt er nicht.
2) Für die Kaiserzeit eben des Thallos, Phlegon, Oassins Lon-
gmoBj Africaniifl and Porphyrios, von welchen oben nachgewiesen ist,
dass sie den makedonischen Kalender za Grande legen.
8) Die Stelle fehlt, wie vieles andere in der überhaupt flüchtigen
und nngenauen armenischen Uebersetzang : wäre sie von Hieronymaa
hinzugefügt, so würde vor allen die römische Stadt&ra (vgl. den
Schlass seiner Fortsetzung) berücksichtigt sein; die angeführten Local-
ären entstammen sämmtlich der Nachbarschaft ?on Caesarea.
Die Seleükidenära der Makkabäerbücker. 315
davon, dass die ungleich berühmtere und viel weiter ver-
breitete Seleükidenära mit dem nämlichen Jahr anhebt.
Seine eigene Aera, die er aber wegen ihres späten Zeitalters
dem Kanon nicht zu Grunde legen konnte, ist die mit
Okt. 49 y. Chr. beginnende Aera von Antiocheia: ihren
Anfang notirt er zum 1. Jahr Caesars, Ol. 183, 1 (Okt. 49
bis 48; falsch in der armenischen Uebersetzung zum 1. Jahr
Octavians); auf sie stellt er kirchliche Data: die Feier eines
Jobeljahres zum 12. Jahr des Septimius Severus und den Be-
ginn der Ghristenverfolgung unter Diocletian. Sein Kalender
ist der dieser Aera zu Grunde gelegte syromakedonische :
in der Schrift über die palästinischen Martyrien, einem Be-
standtheil des 8. Buchs seiner Kirchengeschichte, gibt er eine
Menge Doppeldata an, welche auf jenen und den römischen
gestellt sind. Das von ihm selbst vorausgesetzte Neujahr
seiner Olympiadendata lässt sich bloss an den von ihm her-
gestellten, d. i. an den in seine Lebenszeit fallenden Regie-
rungsjahrzahlen prüfen ; unter diesen ist eine einzige , für
welche die zwei dazu nöthigen Tagdata bekannt sind.
Diocletian beginnt bei ihm in der lateinischen Uebersetzung
des Hieronymus Ol. 266, 2 (att. Juli 286—287, maked. Okt.
285—286), in der armenischen Ol. 267, 1 (att. 289—290,
maked. 288 — 289); nach der Paschalchronik wäre er am
17. Sept. 284 zur Elegierung gekommen , aber mit Recht
setzt dafür Seeck (Zeitschr. f. Numismatik XII, 131, zuletzt
Fleckeisen's Jahrbb. 1889 S. 634) auf zwei zeitgenössische
Zeugnisse hin den 17. Nov. 284. Nach Eusebios de martyr.
Palaest. 1, 5 (vgl. 2, 4) hat Diocletian seine Vicennalien an
diesem (römisch und antiochenisch datirten) Monatstage ge-
feiert; nach Lactantius de mort. persec. 17 am 20. Nov.,
aber XV (kal. Dec.) konnte leicht mit XII verwechselt
werden. Wenigstens im Monat stimmt dazu auch der
12. Nov. 284 als Anfang der diocletianischen Aera bei
Abu'lhassan, s. Ideler II, 627. Vom 17. Nov. 284 bis zum
316 ünger, Die Seleuhidenära der Mdkkabäefrbücher.
1. Mai 305, an welchem der Kaiser abdankte, fahren nach
römischer Rechnung 21, nach attischer und makedonischer
20 Jahre ; Eosebios gibt 20.
Nachtrag zu S. 274—277.
Oardthausen, Die Belagerung Jerusalems durch Herodes,
Rhein. Mus. L (1895) S. 311 — 314 schützt das von Josephos
angegebene Datum der Eroberung (Pastenfest = Versöhnungs-
tag) dadurch, dass er die 5 und die 6 Monate von dem Be-
ginn der Arbeiten ab rechnet, mit welchen die Legionen des
Sosius die völlige Einschliessung der Stadt in^s Werk setzten;
er verweist auf die Ausdrücke negixa'&e^o/iivrjg und negi-
axe^ivreg (s. oben S. 275), lässt übrigens auch die 5 Monate
bis zum Abschluss der Eroberung laufen. In reo xghq} /jli]vI
findet er mit van der Chijs und Kromayer ein Kalender-
datum, den 3. Monat des Olympiadenjahres 185, 4. Nach
gezahlten Monaten wurde aber (einige locale Kalender ab-
gerechnet) nicht datirt, ebensowenig gab es ein festes, in
Monate getheiltes Olympiadenjahr (schon desswegen nicht,
weil die Olympien in die Mitte des Mondmonats fielen) und
in dem attisch berechneten Olympiadenjahr, an welches bei
dieser Ansicht gedacht zu sein scheint, fiel der 5. Oktober 37
in den*4. Monat Pyanepsion (1. Hekat. 185, 4 = 29. Juni 37),
in dem makedonisch berechneten gar in den 1. Monat von
Ol. 186, 1 (oben S. 249).
Sitzungsberichte
der
königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.
Tristan als Mönch,
dentsehes Gedicht ans dem 13. Jahrhniidert.
Von H. Paul.
(yorgetragen am 16. Juni.)
E. y. Groote Iiat in seiner 1821 erschienenen Ausgabe
des Tristan von Gottfried von Strassburg auch eine späte
Papierhs. benutzt, die sich damals im Besitz eines Grafen
von Rennes^) befand und die er mit R bezeichnet. Eine
Beschreibung der Hs. hat er S. LXXI S. gegeben, eine Probe
der Bilder neben dem Titel seiner Ausgabe, ein Facsimile
am Schluss, endlich ein Verzeichnis der Kapitelüberschriften
S. 391 ff. Im übrigen ist nur hie und da eine Variante
daraus mitgeteilt. Groote bemerkt, dass die Hs. eine zum
Teil eigentümliche Fortsetzung enthält. Von dem Inhalt
derselben kann man sich aus den mitgeteilten Kapitelüber-
schriften eine ungefähre Vorstellung machen. Nach Groote
^) Nach Groote ist sie identisch mit der von y. d. Hagen im
Gmndrits 8. 124 all in der grftfl. BirreBheimiscfaen Bibliothek zu
Koblenz befindlich bezeichneten Ha.
18M&. SitauBgik d. phfl. a. hiat GL 21
31 S Paml
bat noch t. d. Hagen im Jahre 1S23 die Hs. eingesehen
(vi^l. MiDneisinger 1 V. r}ll Anm. 1). Was er über die Fort-
feetzung angiebt (ib. 617a", Ljt ganz dörftig. Die Literator-
g€?$chichten haben Ton derselben keine Notiz genommen.
Als ich es Tor mehr als 20 Jahren unternahm, zum Zweck
einer kriti9<:hen Ausgabe tod Gottfrieds Tristan das hand-
sohrifiliche Material za^ammen za bringen, bemühte ich mich
auch um die seitdem Terschoilene Hs. R, zunächst vergebens,
Viis mir im Sept. 1870 £. Stein mejer mitteilte, dass dieselbe
sich seit kurzem auf der königlichen Bibliothek zu Brüssel
befände aLs No. 14697. Durch die Liberalität der Bibliotheks-
verwaltung war es mir möglich, bald darauf die Eb. nach
Frei bürg geschickt zu erhalten, wo ich sie coUationiert und,
soweit ihr Inhalt eigentümlich war, abgeschrieben habe.
Theod. T. Hagen hat in seinen Kritischen Beitragen zu
Gottfrieds von Stra-sburg Tristan (Göttinger Diss. , Mühl-
hausen i. Th. 1868j auch die Citate in dem Glossarium Ger-
manicum von Scherz-Oberün herangezogen, die aus einer Hs.
btammen, über deren Verbleib nichts bekannt ist. Im Quellen-
verzeichnis wird dieselbe als Historia de Trisiano aufgeführt.
V. Hagen bezeichnet sie mit S und giebt als Anhang einen
Excurs über sie (S. 47 ff.).*) Er bemerkt darin, dass S die
gleiche Fortsetzung enthalten hat wie R und stellt die um-
fänglicheren Citate daraus zusammen.
Weiterhin berichtete R. Bechstein in seiner 1877 er-
schienenen Ausgabe von Heinrichs von Freiberg Tristan S. V ff.
über eine moderne Abschrift einer Tristan hs. auf der Ham-
burger Stadtbibliuthek, auf die er durch den Bibliotheks-
sekretär Herrn Dr. Walther aufmerksam gemacht worden
war, und machte Mitteilungen über die darin enthaltene mit
der in R stimmende Fortaetzung. Auch diese Hs. ist mir
^) In der Umarbeitung der Dissertation, die in Bartschs Germa*
nistiächen Studien 1,31 erschienen ist, ist dieser Exours fortg^elassen.
Tristan als Mönch, 319
bald darauf bereitwillig zugeschickt worden, und vor kurzem
noch einmal zu einer NachcoUation. Es ist ein Schweinsleder-
band in Folio, 637 beschriebene gezählte Seiten umfassend.
Auf dem Rücken steht als Titel : Histor : Boman : Tristani
Bhytmis Germ: Vet: cantexta. Ex codice antiquo descripta.
Die Innenseite des Deckels enthält das eingefasste Bild einer
Bibliothek mit der Bemerkung: Ex libris bibliotheca I), Zach:
Conr: ah Uffenbach. M. F. Auf dem mittleren der drei dem
Texte vorangehenden Blätter steht als Titel: Histor ia Roma''
nensis Tristani Bhythmis germ. vet, contexta quam e Codice
antiquo a viro consultiss. et celeb. Dn. Jo. Joe. Scherteio
prof. Argentorat. benivoU concesso per amanuensem describi
fecit MDCCXXIl Zach. Conr. ab Uffenbach, Das Original
befand sich also in den Händen von Scherz, und es ist da-
durch schon die Vermutung nahe gelegt, dass dasselbe mit S
identisch ist. Diese Vermutung wird zur Gewissheit durch
die Übereinstimmung mit den dort gegebenen Citaten. Es
ist wohl zweifellos, dass die Auszüge für das Glossarium schon
von Scherz gemacht sind. Oberlin, dem v. d. Hagen den Besitz
der Hs. zuschreibt, hat sie vielleicht nie gesehen. Übrigens
darf die Abschrift im allgemeinen als zuverlässig betrachtet
werden. Wo sie von den Citaten im Glossarium abweicht,
ist ihre Lesung zweifellos die richtigere. Wenn Bechstein
bemerkt: ,Die Hamburger Abschrift ist, wie leicht erklärlich,
sehr fehlerhaft*', so ist er im Unrecht, falls er damit an-
deuten will, dass diese Fehlerhaftigkeit dem modernen Ab-
schreiber zur Last fällt. Die Zeit, in der S geschrieben
ist, ergiebt sich aus der Bemerkung am Schluss: Dis buch
hett geschriben Hans Brant betten gott für die seilen
MCCCCLXXXIX jor.
In dem Texte von Gottfrieds Tristan zeigen R und S,
die der Hauptgruppe FNO etc. angehören, eine nahe Ver-
wandtschaft. Sie haben eine grosse Menge von Fehlern mit
einander gemein. Schon hieraus ergiebt sich, dass sie zu*
21*
320 Paul
nächst auf eine gemeinsame Quelle zurückgehen, und dazu
stimmt die übereinstimmende Art, wie in beiden eine Fort-
setzung zu Gottfrieds Werk hergestellt ist.
Diese Fortsetzung setzt sich zusammen aus einer nur in
ihnen überlieferten Partie (2705 Z. nach meiner Herstellung)
und dem Schlüsse der Fortsetzung von Ulrich von Türheim
(Massmann 568, 35 ff.). Es kann kaum einem Zweifel unter-
liegen, dass wir es mit einer willkürlichen Compilation zu
thun haben, die von dem Schreiber des den Hss. R und S zu
Grunde liegenden Originales wahrscheinlich erst im 15. Jahrb.
gemacht ist. Von Hause aus war der den beiden Hs. eigen-
tümliche Teil weder dazu bestimmt als Fortsetzung von Gott-
frieds Werk zu dienen noch das von Ulrich teilweise zu
ergänzen, sondern es war ein selbständiges Gedicht, das
eine einzelne Episode in der Liebesgeschicbte Tristans völlig
selbständig und in sich abgeschlossen behandelt, nur die all-
gemeine Bekanntschaft mit der Sage voraussetzend. Wir
geben diesem Gedichte den Titel , Tristan als Mönch*. Bei
der ungeschickten Aneinanderreihung fehlt jeder Zusammen-
hang. Gottfrieds Werk schliesst damit, dass Tristan noch
schwankt, ob er um die weisshandige Isolt anhalten soll; in
T. als Mönch ist er mit ihr vermählt, und der Dichter findet
es angezeigt, den Leser über sie zu orientieren (298). Das
Stück aus Ulrichs Werk beginnt mit einem Zwiegespräch
zwischen Tristan und Kaedin, wodurch das Abenteuer mit der
Frau des Nampotenis eingeleitet wird, während doch nach
T. als Mönch Kaedin den Tristan für tot halten müsste.
Die Abfassung von T. als Mönch wird in die zweite
Hälfte des 13. Jahrb. fallen. Gegen eine spätere Datierung
sprechen Versbau und Stil, welche die Traditionen der Blüte-
zeit bewahren, gegen eine frühere mehrere Kürzungen im
Reime (s. zu 654), der Reim geriten: enmitten 2345, die
Reime von ht auf cht (s. zu 431), besonders aber mehrere
Reime von s auf 0 (s. zu 2050).
Tristan ah Mönch. 321
Der Verfasser war ein Alemanne. Das beweist am ent-
schiedensten die mehrmals durch den Beim gesicherte Form
har für her. Vgl. ferner das Part, gestn (s. zu 17), ir sint
und ir stn im Reime (s. zn 809) ; auch die mehrmals durch
den Reim erwiesene Ausstossung eines h stimmt dazu. Warum
ihn aber Bechstein speziell für einen Schweizer erklärt, weiss
ich nicht. Einiges weist auf eine näher an Mitteldeutsch-
land grenzende Heimat: 2. Sg. auf -es (leides: scheides 1676),
-et) für In als stoff bezeichnendes Suffix (steinen: weinen 1671),
aleine = obgleich 1915 (auch bei Gottfried). Es ist wahr-
scheinlicher, dass der Dichter aus dem Elsass stammte, wohin
die Hss. mit ziemlicher Sicherheit zu setzen sind. Dazu stimmt
auch die Bekanntschaft mit dem Reinhard Fuchs (s. zu 2656).
Der Dichter giebt nicht an, woher er den Stoff zu seinem
Werke hat. Z. 434 spricht er von seinem Gewährsmann,
den er als min meister bezeichnet. Von keinem Belang ist
das formelhafte also uns diu äventiure saget 2273. Wahr-
scheinlich ist, dass er ein französisches Gedicht als Vorlage
gehabt hat, welches wie andere, von denen uns einige erhalten
sind, sich auf die Behandlung einer einzelnen Episode be-
schränkte. Es ist eine neue Variation des Motivs, dass sich
Tristan der Isolde in einer Verkleidung nähert (s. Lichten-
stein, Eilhard CXXXI).
Von den beiden Hauptfassungen der Sage wird bald die
eine, bald die andere, doch vorzugsweise die ältere voraus-
gesetzt. Der Held des Gedichtes heisst wie bei Gottfried
Tristan oder Tristant (bei Gottfried nur in den obliquen
Kasus Tristand")^ nie Tristran oder Tristrant^ welches bei
Eilhard die herrschende Form ist. Doch ist sie auch bei
ihm nicht die ausschliessliche, und die Form ohne r ist auch
sonst nicht auf die Thomas- Recension beschränkt. Anderseits
haben wir keine Gewähr dafür, dass die Form nicht bei der
Anfügung an Gottfrieds Werk geändert ist. Sein Land heisst
Parmenie (2702) wie sonst nur bei Gottfried und Heinr.
322 Paul
V. Freiberg, welches eine Verderbnis ans Armenie zn sein
scheint, wie wahrscheinlich Thomas hatte (s. Hertz, Trist,
u. Is. ' S. 487) , während in der älteren Fassung Lohnais
(Leonois etc.) genannt wird.*) Dagegen wird Tristan 1661
als König bezeichnet in L bereinstimmong mit der älteren
Fassang. Übereinstimmung mit Gottfried und seinen Fort-
* 1 A
Setzern besteht in der Namensform Isolt oder Isot gegen Isali
bei Eilhard. Der Bruder der zweiten Isolde heisst Keidin im
Anschluss an Kaidin bei Gottfried und seinen Fortsetzen!
gegen Kehenis in der Lberarbeitung Eilhards, wofür das
Original wohl Kdhenis (so bei Wolfram) hatte; doch zeigen
auch franzosische Gedichte, die der älteren Version angehören,
Namensformen, die der bei Gottfried nahe stehen (s. Hertz
S. 547). Dagegen heisst der Erzieher Tristans Komewdl, was
zu dem bei Eilhard gewöhnlichen Kumeväl^ sowie zu Formen
in französischen Gedichten der älteren Version (s. Hertz S. 498)
stimmt gegen Kurvendl bei Gottfried und seinen Fortsetzern,
welche Form auch einmal in einem alten Fragmente von
Eilhards Gedichte erscheint. Als Gegner Tristans an Markes
Hofe wird 244 der herzog genannt nach der älteren Fassung;
dieser Herzog erscheint bei Eilhard zuerst Fragm. VIII, 63,
später unter dem Namen Antrete der auch bei Gottfrieds
Fortsetzern eine Rolle spielt. Ebenfalls nur der älteren
Version angehörig ist der 1836 erwähnte, Tristan günstig
gesinnte Truchsess Tinas. Dass Brattgcene 2455 als tot be-
klagt wird, stimmt zu Eilhard, wo ihr Tod 7562 erzählt
wird, während sie bei Thomas noch zum Schluss am Leben
ist. Als ihre Nachfolgerin wird Diamtre genannt (2222. 45.
42. 2458. 2507. 2614). Dafür hat Eilhard Gimele. Ulrich
nennt sie KamSle^ Heinrich Kameltne. Beide lassen sie aber
noch neben der Brangäne auftreten, vielleicht gegen ihre
^) Über die Lage dieses Landes hat der Dichter nicht die der
Darstellung Gottfrieds entsprechende Vorstellung, indem er Tristan
von Kornewal dahin zu Pferde gelangen l&sst.
Tristan als Mönch. 323
Quelle^ indem sie die letztere aus Gottfrieds Werk herüber-
geiiommen haben. Erst gegen das Ende des Gedichtes
(581, 17) erwähnt auch Ulrich ihren Tod. Zu der älteren
Version stimmt es endlich, dass vorausgesetzt wird, dass
Tristan geradezu aus Kornewal verbannt ist (vgl. 1452. 1462).
Dagegen geht vielleicht dio Anspielung auf Isoldens Recht*
fertigung durch das glühende Eisen (1636 ff.) auf Gottfried
zurück. Bei Eilhard fehlt dieselbe, sie ist jedoch nicht der
älteren Version überhaupt fremd und findet sich bei Berol.
Die Contamination beider Sagenformen wird wohl ebenso
zu erklären sein wie bei Gottfrieds Fortsetzern: die französische
Quelle setzte die ältere voraus, der deutsche Dichter wurde
durch die Bekanntschaft mit Gottfrieds Werk zu Einmischung
der jüngeren veranlasst. Doch ist die Möglichkeit nicht aus-
geschlossen, dass er auch Eilhard gekannt hat.
Die Darstellung ist sehr breit, sowohl in der Schilderung
des äusseren Details, wodurch das Gedicht für die Altertums-
kunde interessant wird, als in den reichlich mitgeteilten Ge-
fühlsergüssen. Die Periodenbildung ist nicht sehr entwickelt.
Der Dichter bewegt sich meistens in kurzen Sätzen, die sich
aber in ununterbrochenem Flusse an einander anschliessen,
so dass eine Gliederung in Abschnitte schwer möglich ist
und daher auch von mir vielleicht besser liätte unterlassen
werden sollen. Gegenüber dem gleich massigen höfischen
Tone kommt auch der Humor, zu dem der Stoff reichlich
Veranlassung giebt, nur massig zur Geltung. Grosse Vor-
liebe zeigt sich für die kurze Wechselrede, ein Umstand, der
für eine französische Vorlage spricht. Nirgends zeij^t sich
Einfluss der Manier Wolframs. Das Vorbild Gottfrieds hat,
abgesehen von einigen Reminiscenzen, die Veranlassung zu
mehreren sich länger fortspinnenden geschmacklosen Wort-
spielereien gegeben (2014—42. 2390—2413. 2478—2482).
Eine durchgehende Nachahmung von Gottfrieds Stil zeigt
.sich nicht. Mehrfach bedient sich der Dichter noch der
\
y
f
324 TanA
Ansdracksweise des Volksepos, ygl. Aegen 1244. 1568. 2042.
2124. 2376, degenheit 1920, uAgani 1652, g%taU hnekte 210,
guoten kneht 535. 1724, küene 14, halt 14, eOenthaft 1659. 1918.
Beide Hss. sind voll von sinnlosen Entstellungen des
Textes. Wenn auch vielfach die eine durch die andere be-
richtigt wird, so bleiben doch eine Menge Stellen, an denen
keine das Richtige bietet. Mitunter ist dasselbe dann durch
eine Combination der beiden Lesarten zu gewinnen. Viele
Fehler sind aber schon aus der gemeinsamen Grundlage über-
nommen, darunter auch Auslassungen und Umstellungen. Es
musste somit oft zu Conjecturen gegriffen werden. Unter
solchen Umstanden ist natürlich die Herstellung vielfach
missHch, und an manchen Stellen musste ich überhaupt auf
den Versuch verzichten. Bloss aus metrischen Gründen habe
ich im allgemeinen keine Änderungen vorgenommen, habe
namentlich auch die zu kurzen Verse belassen, um nicht in
Willkür zu geraten.
\
Tristan als Mönch, 325
lu ist wol ze wizzen daz,
wie ze Britanje ein künec saz,
der was Artus genant,
mit micheln eren stuont sin lant.
daz hant ir dicke wol vernomen 5
nach der sage die dar sint komen.
der selbe kunec der hete ein wip,
diu hete den wunneclichsten llp
den ie frouwe gewan.
diu künegin minnete einen man, 10
der was ein ritter wol verraezzen.
sin ist noch unvergezzen
swä man guote helde zalt.
er was küene unde halt
und lebete frumecliche. 15
durch daz minnete in diu riche.
in des küneges hove was er gesln;
dö hete er die künegin
mit zühten erworben.
durch in was si nach verdorben ; 20
wan er si lange hete vermiten.
si gedähte daz si durch fremeden siten
überschriß in S: Wie der kunij? artua zn brittanien hoff hielt
vnd er die forsten dar zu lüde. 1 Vch B, Ich S. zu RS (immer).
2 bitanie B. was B. 4 michel S. 7 koning B {so gewöhnlich^
entsprechend koningin). der f. B, 8 Die BS (m. s. f.). 9 Die BS.
10 iren B, IS Wo B (w. «. /*.), Won S. zalte S, 14 balde S.
16 inl er BS, 17 was er S, lange B. 20 siu B (m. s. f.), sie S
(u. s, f..). nohe S, 21 er f. BS. 22 das S, da B. noch frowen
Bitten 8.
826 Tristan ah Mönch,
einen hof gebieten wolte,
und daz dar komen solte
swer ie gewan dekeinen muot 26
ze bejagenne ere unde guot,
und 8in vil liebestez brsshte.
durch waz siu des gedasbie?
swenne ez ir friunt yernseme,
daz er ouch dar ksBme. 30
Do si sich sus hete beraten,
do gienc si üz ir kemenäten
unz si den künec sach.
göetliche si zime sprach
'vemini, trüter herre min: 86
wir sin nu lange gesin
daz wir nie hof gewannen,
wilt du mirs nu gunnen,
so wil ich einen [hof] machen
mit gemelichen Sachen. 40
einen hof wil ich tuon schrigen,
gebieten forsten und frigen
und rittern al gemeine,
daz enlieze deheine,
swenne er diu maßre habe vernomen, 45
har ze hove sol er komen
mit disem gedinge
daz er har mit ime bringe
sine liebeste friundinne
die er habe oder gewinne.' 50
25 Wer RS (u. 8. f,). do keinen RS (so gewöhnlich). 28 Durch
das RS. 29 Wan S, Nach 30 Überschrift in R: Cliui Also die
koningin zh dem koniDge ging vnd in früntlicben bat Das er ein
hoff dete gebietten wenne sü lange nit fröhlich werent gewesen.
83 Vnd RS. 40 gemmelicben R, gemeinelichen 8. 43 alle R,
allen S. 44 do keine R, do keine S. Wan S.
Tristan als Manch. 327
Der künec sprach 'des bin icb fro'
diu kfinegin hiez also
schiere boten senden
üz in allen enden,
die sageten diu msere
wä oder wenne der hof wasre.
der boten einer kam in daz lant
da der herre Tristant
mit sime elichen wlbe saz,
der hübescheit nie vergaz 60
und den eren nie verdröz;
des leit er dicke kumber gröz.
do er diu msßre vernam
daz ein böte dar kam,
do hiez er ime gewinnen 66
den boten mit schoenen sinnen,
der böte für den herren gienc.
Tristan in tugentliche enpfienc
und frägete in wannen er waere,
ob er iht wiste msere. 70
'von Britanje der künee, der herre min,
und sin wip, min frouwe diu künigln,
enbietent allen rittern hochgemuot
ir hulde, liep und allez guot,
und hiez mich min frouwe sagen, 75
daz si ze den ersten pfingesttagen
einen hof haben welle.'
Tristan sprach 'trüt geselle,
wie lebet min frouwe, der künec da mite?'
52 Die konigin hiesse also 5, Der kooing hiesz zu do R.
56 wen 8, wie wenne B. 62 leite R. 67 vor 68 R. 68 tu-
gentklichen 5, gnHlich R. 69 in f. S. wanne S. 71 partinien R.
72 da die koningin B, 78 wohl gemutt S. 76 pfinst tagen R,
pfingtagen S.
328 Tristan ah Bi^tuh.
er sprach 'wol mit ^ren nach ir aite' 80
'daz ist mir liep,' spitich Tristant.
'na sage me, darch waz bist da az gesant?'
der böte sprach 'ze karidöl hant ir ▼emomen,
ze mins herren bare dar sol komen
zeime hoTe den min froawe geb6t B5
swer ie gewan dekeine not
von innecllchen dingen,
und sol mit ime bringen
sine liebsten friandinne.
daz gebot min froawe, dia küneginne. 90
D6 Tristan bete diz vemomen,
d6 was ime gar benomen
froude unde spil.
der maere dühte in ze vil.
wan er mit sinen sinnen 95
sin liep niht mohte gewinnen
des er yergezzen niht enkande:
daz was frou Isot dia blande,
der er ie mit st»te pflac,
wan si ime ze herzen lac. 100
der mohte er leider niht gehän.
so enwolte er ouch niht län,
er enwolte ze hove varn.
swer in nu künde bewarn.
mit raten, der tsete wol; 106
wan sin llp was sorgen vol.
er sprach 'sol ich disen hof verligen,
88 karido R, kandal S. 84 aol er S. 86 gewänne E, do
keine <Sf, keine R. 89 liebste S. 91 diz f, RS, 98 Froide
Bin vnd S, 94 alle lu S. 95 Wenne E (u. 8. f,), 97 Daa S.
98 Daa frowe S.
100 Wenne er z& R, Ol ie niht han S, 02 Ich enwolte (wolt B)
ir ouch RS. 08 woite S, 04 jme R. 06 ist S,
Tristan als Manch. 329
s6 wffire mir bezzer yerzigen
^ren unde libes.
ouw§ des besten wibes HO
der ich mit mir füeren sol«
joch mohte ich ir niht haben wol,
ob ez mir stüende umb den lip.
und föere aber ich min euch wip,
so hän ich mine frouwen verlorn. 115
noch gerner waere ich beschorn
zeime gouch, dan ich von miner schulde
verlür miner frouwen hulde,
der ich bin und iemer bllbe.
var ich hin mit minem wibe, 120
so spreche min frouwe daz mir wsere
vil liep min wip und si unrnsere,
und waere mir durch daz gehaz.
wes mohte si gedenken baz?
wan ich min liebstez [wip] füeren sol. 126
mit rehte so mac si sprechen wol:
"min arbeit hän ich gar verlorn.
Tristanden hete ich üz erkorn
und hän durch in vil getan.
dicke ich durch in gewäget hän 130
beide ere unde lip.
nu minnet er sin elich wip
me denne mich, d^z tuot er schin.
nu sol er mir unmaere sin."
Tristan gedähte in sinem sinne 135
daz er siner frouwen minne
alsus verb'esen mohte.
11 Die S, 14 Pur S, 15 frouwe BS. 17 Zö eime den
ich von myner fronwen schulde B. 21 sprich S. 25 liebtes S.
26 8d f. 8. 83 Md f. B. 85 sinen synneD S. 86 mynnen S.
87 verlieren BS.
330 Tristan als Mönch.
er sprach 'waz töhte
mir ze habenne mere
weder guot noch ere, 140
verlüre ich die frouwen min?
gerner wolt ich iemer sin
in eime kärkaere,
denne ich des ir leit waere
iemer iht getaßte* 145
Tristan der staete
was mit grozer n6t behafb.
er sprach 'verlige ich dise herschaft,
diu ist mir so nähe bi,
so enlät mich niemer fri 150
schände und unere;
ouch zürnte liebte sere
min frouwe, diu mir wil taon daz beste.
ouw§ mir ist s6 veste
mines leides ungevelle, 155
ich enweiz wiech min dinc gestelle
daz ez mir mtige ze guote ergän.
min liebesten frouwen [Isot] muoz ich han ;
die hat der künec Marke;
ouch zurnde lihte starke 160
min wip, ob ich si da binden lieze.'
swen nu des verdrieze,
der disen zwlvel ande,
der rate Tristande
wie er ze hove süle komen, 166
als er die rede habe vernomen.
89 haben R8. 41 froawe RS, 44 das <S, dete das R.
46 Jieme ich R, 48 Terlihe 8, 50 lat R, lot 8, yemer RS,
52 xOmete er sere S, 53 die wile mir dun 8, 55 6 /*. R,
56 dinge gefelle S. 57 guttem 8. 58 /*. 8, liebeate froawe 22.
60 zürnet 8, 61 do hindenan liesz R, sie hin lies 8» 62 Went 8,
das 8^ diz R.
Tristan als Mönch, 331
Tristan begunde denken
war er möhte wenken
daz er iht des fände
daz ime gehelfen künde 170
und in von sime wibe brsehte.
swie küme er des gedachte,
sinen Kornewäl den getriuwen,
der nie wart äne riuwen,
swenne Tristanden iht gewar, 176
den hiez er schiere komen dar.
Tristan do unfroelichen sprach
und klagete sin ungeraach.
er sprach 'weist du waz mir wirret?'
er sprach 'nein.' 'ich bin verirret.' 180
'herre, wie?' 'ich bin unfro.'
'wä von?' 'ich enweiz.' 'wie denne so?'
'von maeren.' 'nu sagent me
waz iu werre.' 'mir ist we
von maeren diu mir ist gesaget.' 185
'wie hänt ir daz also verdaget
daz ich es niht enwiste?*
'da wänte ich die liste
vinden die mir waeren guot.'
*herre, nu sagent iuwern muot, 190
waz iu si so swaere.'
'vernaeme du diu maere
des boten diu er da sagete har?'
67 gedencken S. 69 ihs des 5. 71 von /*. BS, 72 des R,
do S, 73 Sin koroewale B, Zu komewalen S. Wan S. 76 hies S,
liesz B, Nach 176 Überschrift in B: Clxiiii Also tristan mere kam
das man weit einen grossen hoff machen vnd er dar wolt ysoten zu
liebe. 77 frölichen B^ frolich S. 80 nein B, nie S, 81 so bin
ich S, 82 ich weisz B. dan S, 83 mere nun sagent wie B,
innen nu tage me S, 84 were S, 85 mere S. 86 so S, 88 Do BS.
90 sige B. 98 diu er] der BS, saget B. her S.
332 Tristan ais Mönch.
'ja, Yon dem hoye.' 'wie kume ich dar,
also du weist wie ez mir stat 195
und der böte geseit hat
von der kQnegln geböte?'
'wie? waz seite der böte?*
'waz? swer dar komen wolte,
daz er dar bringen solte 200
sin liebesten friundinnen.
der enmag ich niht gewinnen,
also du selbe wol weist.
nu ist min sorge aller meist,
ob ich ze bove niht welle komen, 206
daz ich mir selbe habe benomen
alle mine ere.
man schiltet mich [gar] sere,
und tuot mir ouch vil rehte.
wan selten guote knehte 210
verligent so gröze hochgeztt.
ouch fürhte ich miuer frouwen strit,
ob ich mit minem wlbe var.
nu rät, wie ich mich bewar
daz ich iht Verliese min ere, 216
und dannoch fürhte ich mere
miner frouwen unhulde
dan gröz laster unde schulde.
wan ich gerner dulde schaden,
dan ich mit ir zome wsere beladen. 220
wan so enwurde ich niemer frö.*
94 der S. 95 mir es S. 97 var 98 RS.
201 liebste S. 08 selber BS. 05 zft ich z& JR. wolte 8.
06 selber BS. genomen R. 12 forchte R, ferte S. 13 willen S.
15 verliere RS. 16 forchte RS. 17 hulde RS. 18 dan f. RS,
Grosse 5f. vndSJ.R. 219 wacÄ 220 JBS. 19 gerne Ä. 20WenneÄ.
mit ir] mit R, in S.
Tristan als Möneh. 333
Eornewal der sprach do:
'bezzer ist an wäge gelän
minne denne gar verlom hän
beide ere unde minne.' 226
'Kornewäl, wä sint dine sinne,
daz du mir geseitesfc ie
daz ich an einen zwifel lie
miner froawen hulde?
e wolt ich äne schulde 280
mich iezuo läzen henken,
denne ich ir wolte wenken.'
'herre, des enrät ich niet
ir wizzent wol daz ich nie riet
daz iu laster wsere. 235
mir wsere ouch noch vil swsdre,
soltent ir von den reeten min
erzürnen die künigin,
diu iu yil liebes hat getan.
ir sülnt ez äne zwivel län, 240
ob ir si länt an wäge
diu mit köndiger läge
durch iuch hat betrogen
ir man den künec und den herzogen
der iu was gram durch schalkes muöt. 245
swaz ir gevalle daz ir daz tuot,
daz rät ich iu mit filze.
nu fürhte ich die itewize,
daz die liute sprechen durch nit
28 ?nder wegen 5. 28 einem R, 81 jetzent S. 32 Dan S
(u. 8, f.). 83 nit -B, niht S. 84 nie riet S, mere it B, 37 Sol-
len R. 39 liebes vil S. 40 suUent R, sollen S. 41 on R,
onne S, 43 heil S, 44 Er nam den RS. 46 uch R. dar
ir das B, 48 forchle ich S, fo^'rhlent ir R. itenisse R. 49 lul S.
sprechent B,
1896. Bltoangsb. d. pliU. a. hist. Cl. 22
334 Tristan (da Möneh.
daz ir diso bochgezit 250
habeni durch bösheit verlegen.
dar umbe suint ir iuch verwegen,
ob ir weint beliben oder vam.
dar nach sulnt ir iuch bewarn.'
'ich füere gerne, wiste ich wie.' 255
'mugent ir niht varn, aö bllbent hie.*
'nein, trutgeselle min,
daz laz äne rede sin,
daz ich durch iht belibe.'
'so varnt mit iuwerm wibe; 260
daz ist dekein laster getan.
miner frouwen mügent ir niht gehän;
ich waene si ir man niht läze.
ouch ist ez dehein unmäze,
daz ein man nutzet daz er hat 266
und anderz durch mangel lät.'
Tristan sprach mit eide:
ich fürhte, ez habe ze leide
min frouwe diu künigin.
wan ich die liebeste friundin 270
8ol ze hove bringen.'
'iu sol vil wol gelingen,'
sprach Eornewäl der helt,
'sit ir varn hänt erweit.
min frouwe ist so guot, 275
swaz ir durch ere tuot.
50 ir f. BS. 61 verligen R. 62 verwigen B. 63 4 f. S.
66 bliben 5. 69 iht S, ich B. 60 farn B, mit uwern S, mit
mir uwer B. 62 Min frouwe B. ban 12. 64 do kein S. 66 ma-
niger S, Nach 66 Überschrift in S: Wie Tristan sich röstet zu
ritten zn kunig Artus hoff mit siner frowen. 70 ich f, BS.
72 Vch B, Ich S, 78 holt S.
Tristan als Mönch. 335
des ist si iu niht erbolgen.'
er sprach 'joch wil ich dir volgen*
Des guoten rates wart er frö.
lachende gieng er do 280
und sagete sinem wlbe,
er sprach 'frouwe, taont iuwerm libe
swaz ir guotes kunnent,
ob ir iu eren gunnent.
wir suln vam zeiner höchgezit. 286
schafFent also daz ir sit
bereit, swenne wir vam weilen.'
si sprach ze ir gesellen,
daz si daz gerne tsete.
d6 beyalch Tristan der staste 290
Kornewäle sere
daz er nach siner ere
gewunne funfzic ritteru kleit
und also maniger frouwen gemeit
diu wol zaemen ir Ilbe, 295
und ouch sime wibe
hiez kleider geben Tristant.
diu was tsot genant
und was siner frouwen genanne;
deste lieber was si dem manne. 300
do brähte man ime getragen
einen mantel guot, als ich iu wil sagen,
daz tach was ein pfellor guot
von slden rot alsam ein bluot,
77 Die RS, 78 joch E, jach S. 79 Der JR. sie S. 81 seite S,
85 Büllent B, solent S. 86 Schaffen B. 87 wanne B, wan S, wel-
lest B. 88 irem gesellen S, ir gefellent B. 90 Das B, 91 Korne-
wal B, Comewalen S, 93 Gewinne S. ritter BS. 94 man ig frowe S.
95 nach 96 BS. 95 zaemen] zu einem BS. ir f. S. 99 Die S. namme B.
802 also B. üch B, f. S. 03 pfoler S. 04 als sam S, also B.
22*
336 Trigtan cHr Mönch.
beslagen mit golde wol ze flize. 306
dar ione lagen wlze
berlln und almandine,
Smaragde und rubine,
safFire und jächande.
von steinen aller hande 810
was er wol gezieret,
dar under geschrickieret (?)
von zobelen und yon barmen.
diu yeder was von armen
dingen niht erziuget. 815
ob micb min sin niht triuget,
so bän ich daz an wäne,
ob ein man yalsches äne
noch einen solhen mantel ssehe,
daz er mir des jaehe 820
daz in frouwe grözes namen
mohte tragen äne schämen.
den roc, den diu frouwe truoc,
der was ein pfellor guot genuoc,
die, grüene also ein gras. 825
von golde dar an genät was
maniger hande wunder.
ein schoene wip was si dar under.
ir gebende wil ich verdagen;
doch was ez also ez möhte tragen 880
07 Belin vnd alunvidine S, 09 joachande B^ jochande S,
12 geschieret S. 13 zabel iS^. herlin S. 14 die was 8, vor den
armen i2, von arin S. 16 sinne BS, niht] nü BS. trugent S.
17 habe B, hab S. onne S. 19 einem BS. 20 das S. 21 ein
fr. S. 24 pfeller S. 25 Dicke B, Dick vnd S. als 5. 26 ge-
neget 8. 28 schon 5, schönes B. 29. In f. S. ich f. S. ver-
tagen BS. 30 was es alles ichs wil sagen S.
Tristan <Ü8 Mönch. 337
ein künegin zallen stunden
und wsere wol gebunden.
Sus waren die frouwen bekleit.
nu wären oueh vil bereit
die ze hove solten varn. 885
die frouwen muoz man e bewam
mit pferden die si riten.
Tristan bete witen
dö gesamnet pfert,
die der frouwen wären wert, 340
funfzic swarz also ein ber.
in gellchem her
gesähent ir nie
anderswä noch hie
also manic pfert so geliche 345
varwe und waetliche.
diu gereite diu drüfe lägen
wären guot also ir pflägen
frouwen in den ziten.
noch möhten also riten 350
frouwen äue missezemen,
so man ir war solte nemen.
ouch bete ein ktineginne
Tristanden durch minne
gesendet ein pfert guot. 855
si truoc ime holden muot.
ein fuoz was im grüene als6 ein gras,
Nach 82 Überschrift in R: Also die koningin mit iren junck-
froawe zu hoffe reit gar köstlichen. 85 nach 86 BS. 85 solte S.
37 ritten BS. 38 hatte B. witten 5, witte B. 39 gesamet S,
pferde 8. 40 den 8. werde S. 41 Fiinffzig pfert B. als S.
45 pferde 8. glich S. 46 Fare B, Wore S. wetlich BS. 47 truffe S,
dar vff B. 48 als 8. 60 also f. BS. 54 Tristan 8. so durch BS.
56 Gut in huldem mut 8. hnlden B. 57 als gras S.
338 TtUtan als Manch.
ein faoz ime wiz was,
und ein ore sere r6t.
da bi si ime enbdt, 360
daz die varwen mislich
waeren bezeichenllcb.
an des ören roßte
klagete si ir noete
daz si enbran von minne, 365
an der gruenen yarwen inne
daz ir ie was niuwe
diu wlze röte triuwe;
wan diu wlze yarwe
ist äne yalter garwe. 370
daz gereite daz si Tristande
üf dem pferde sande,
daz was rieh unde guot
so daz mich twinget der muot
daz ich es niht yerswigen mac. 375
ein satel dar üfe lac
wlt unde wol bezogen.
guot wären die satelbogen ;
der yorder der was helfenbein,
der ander ein schoener siein, 380
den wir erkennen alle;
er waz ein kristalle.
gemachet wären dar inne
yögelin mit sinne;
diu sach man wol regen sich; 385
si wären lebene gelich.
61 die f* S. misaelich S^ müszlich B, 62 gezeichenlich i2, her
zeichlich S, 67 ie] das RS. 68 witze S. 69 wiae S.
70 falter S, folter B. 71 tristanden BS. 72 Banden BS. 74 den R
77 gezogen B. 79 der f. S. 83 Gemachent S. 86 lebende BS.
Tristan als Manch. 339
diu geschelle wären vischin,
die blaster (?) rot sidin.
daz gelider was ein pfeller dicke,
von golde dar üf gestricke 390
daz fürgebfiege was hübescheit,
ein borte uiht ze breit
mit guoter siden undertragen,
dar uf schoene golt geslagen ;
dem merte sinen schin 896
manic edel tierlln.
scbellen hiengen ouch dar an,
die hörte man wol an der ban.
die stegereife guldin
wären zwei wurmelin; 400
die Zügel si in dem munde viengen;
an siden si dö hiengen.
die gegenleder wären veste
von siden so man beste
gesach in manigen jären. 40ö
die targatele (?) wären
ze mäzen breite borten
und beten an den orten
rinken von golde.
der satel also er solde 410
mit Stangen wol beben ket,
von siden geschrenket,
röt wlz blä brün val;
die hiengen verre hin ze tal.
89 dicke S, gedeck R. 90 gestreck R, 91 Do Vorgebirge S.
92 Bor Dit S. 95 mert in sinen S. 98 Hie R,
400 zweyer RS, mormelin R. Ol Die zigel S, Den zügel R.
munt gefingen S, 02 sidin S. 04 So von R. 06 gflrten die S.
10 als S. 18 bra blo S, 14 hungent S.
340 Tristan als Mönch.
an dera satel was der koste yil. ^1&
den britel ich na zeigen wil
mit sage wie er wsdre;
Ton gezierde was er swsere.
daz gebizze daz was stehelin,
daz val (?) daz was silberin, *20
von golde der kinnereif.
ein tierltn daz umbegreif,
daz dar was erhaben;
da bi was wol ergraben,
daz dö ieman hete gewalt, ^25
und gie umbe manicvalt.
ein stein daran vor der stirnen lac,
der lühte nahtes alsam der tac.
der zoum was geflöhten
von siden, man mohten 490
niemer bezzer hän gemacht,
Sit zoumes erste wart erdäht.
von maniger hQbescheite
min meister mir seite
(ich enweiz für war ob erz bevant): 435
so man in nam in die hant,
dar inne sanc ein merlekln,
so daz gebot diu frouwe sin.
hete ich selbe daz gesehen,
so möhtent ir mir des jehen 440
16 Der sattel RS. kost fol S, 16 zonm 8. wol S. 19 ge-
bis was S. 20 daz was] das Jß, was S. 21 knüereiff S,
23 der S, 27 do für in der stirne B. 28 lüchtet jR. nahter als
sam S, 30 sidin S. 31 Nyeman RS, 32 Die sinen zonm z&
de erste hant gedacht Bf Die sinen zoum erst hat erdacht <S.
86 weis S. 36 Do BS, 37 merelin S. 88 Do S. erhört S,
39 selber BS. dis S, 40 Do B, möchten ir mir S, mochte er
mir B, des] für (von S) worheit BS.
Tristam aU Manch, 341
mit rehter w&rheite
daz gaofc waere daz gereite.
Si beten ez allez wol bereit,
die frouwen, pfert unde kleit,
also Tristan bete begert. 446
sin wip reit das schoene pfert.
er was ouch gevazzet wol
also ein richer berre sol
durcb solbes gesindes ere.
nu gebrast dö nibtes mere. 4B0
nibt langer si dö biten:
ze Britanje si dö riten.
Tristandes geselle Eeidin
der fuorte dö die swester sin,
dar nach die ritter alle gemeine, 4&&
ir iegelicber der frouwen eine.
Tristan reit besunder.
daz was ein michel wunder:
swaz er fröuden ie gesacb,
so bete er docb einen ungemacb 460
des er nibt mobte vergezzen
und der in bete besezzen
mit starker minne überkrafk.
sus was ir berze in minnen baft
daz ez ander geste nibt enpflac. 465
docb es wsere manic tac
daz er ir nibt ensssbe,
ir w8Bre docb vil smaehe,
solt ime iht lieber sin.
diz was von Kornewäl diu künegin, 470
4S ez f.S, 46 scbönste S. 50 enbrast S. 51 lange B.
52 britanien 8. 53 keydin RS. 60 ein HS (t*. s, f.) 64 mynne
behafFb S. 67 er f. S.
342 Tristan äk Manch.
isöt, diu in dicke iete fr6,
swenne ez heil gefuogie so.
swaz er ungersBtes hete,
so was ouch an iegelicber stete
Tristan also ez dö gezam. 475
wunder ist wä er froude nam.
wan er fröude niergent pflac,
wan so sin trost bl heile lac.
Tristan der milde
gähete über daz gevilde 480
mit slme gesinde zuo den Briten,
nach gemelicher liute siten
kurzierten si dö lange tage
mit maniger gemelicher sage.
ze Earidol wart do vernoraeu 486
daz dar ze hove solte komen
schiere ein gröziu ritterschafl
mit scfaoener frouwen geselleschaft.
die ze hove wären dö,
der msere wurden si alle frö. 490
si ilten yil harte
üz an die warte,
ritter unde frouwen,
die wolten beschouwen
wer wsßren die dö kaemen. 495
wie gerne si daz Ternsemen!
71 dat fro <S, det frot B, 72 Wan 8 (u. 8. f,) gefOget
hette B, 75 als ime gezam S, 78 Wenne B, Ynd S. Nach
478 Überschrift in B: Clxxj. Also tristan mit sime gesinde kam
züi dem koninge geriten Tff die bürg ynd in der koning enpfing.
80 Gehet 8, Gohes B, 82 gemeinelicher 8. 83 Karzieren B8.
so 8, 84 gemehelicher B, gemeinlicher 8. 85 karidal J^, koridal 8,
86 der 8. 94 do wolten schowen 8. 95 sie weren 8^ wer B»
komen B. 96 das sie das S. betten vernomen B,
Tristan als Mönch. 343
ez wunderte si alle.
Tristan so mit schalle
näher der bürge reit.
sin gesinde äne dörperheit 500
reit gezogenliche.
so rehte prisliche
kam ze hove nieman §.
videlen pfifen was do m^,
denne ie was gesehen in manigen tagen. 505
ouch wurden do wol geslagen
die tambüren von den wiben.
die künden wol vertriben
ein truren, swar si kämen.
vil wol diz vernämen 610
dise hoveliute an der gewer.
si erkanten gerne daz her.
nu wart vil schiere mere,
daz ez Tristan wsere,
der biderbe und der guote. 515
des wart in wol ze muote
unde sprächen ze hant:
'diz ist Tristant;
daz tuot sin hübescheit wol schin.
vil willekomen sol er sitf. 620
do si balde randen
ze enpfahenne Tristanden
mit schoBuem hovieren.
98 80 S, 8Ü R.
500 mit BS. dorpheit R, tarberheit 5. Ol gezogelichen S.
02 briazlichen S. 03 e S, me It. 05 Wan S. 07 tonbern B,
09 komen B, konen S, 10 veroomen BS 16 im B. 17 spre-
chen S. 18 Das B, Nach 20 Überschrift in S: Wie der kunig
artui tristanden empfing vnd sine frowe jsolt. 21 So B.
22 enpfohende B, entpfohen S. 23 gezieren S.
344 Tristan ah Mönch.
do wart gröz bahurdieren,
fröude unde spil. 525
gegen Tristanden liefen ir vil,
die in wol enpfiengen.
genuoge an ime hiengen,
die in von dem pferde zagen.
diu willekomen dö fingen, 580
daz er niht in zehen tagen
genäde möhte yollesagen.
der künic und diu knniginne
giengen ouch durch minne
ze enpfahenne den guoten kneht 535
an den hof. des beten si rebt.
wan er kam bübescblicbe
und bete oucb lobelicbe
da vor gewesen, manic man
micbel ere do gewan. 540
die geste do si säben
die berscbafb so näben,
von den rossen si kämen,
die frouwen si abe nämen,
ieglicber die im von Tristande 546
bevolben was ze lande.
ze vorderst gie Eeidln
mit Is6t der s wester sin.
die wurden wol enpfangen
äne aller slabte angen. 550
si gruozten frumeclicbe
die frouwen und den künec riebe.
küssens mobte d6 vil sin.
24 hoffieren S. 29 nomen 8. SO Vil wilkomen do komen S,
do do R. 82 folen sagen S, 86 das 8. 40 ere er B, 41 ko-
men R, 42 8Ü nomen B, 47 zu walleis RS. 50 alle R.
51 Enpfingen R, Entpfingent 8. 53 vil do 8,
!Pri8tan aus Mönch. 345
d5 bescheinte diu küne^n
daz sie §ren gelüste: 556
Isoten si kuste
und sprach 'sint willekomen.
ich hän ere unde fromen,
daz ir ie woltent geriten
ze minen höchgeziten 560
alsus hübeschliche.
ich wil iu waerliche
dienstes dar umbe schuldic sin',
sprach Ginover diu künegin,
*und iuwers willen sin bereit'. 566
'frouwe, genäde si iu geseit',
sprach diu schoene frouwe Isot.
ir zuht si ir da wider bot,
ze Samen si sich viengen,
froellche si do giengen 570
in eine kemenäten.
gemach si in da taten.
der künic nam Tristanden,
sie viengen sich mit banden,
ze samen si gesazen, 575
leides si vergäzen
und Seiten stolziu msere.
do twanc ie sin altiu swsere
Tristanden, diu im do was starc;
mit zuht er si doch verbare. 580
sich geselleten ouch die geste,
iegllcher so er beste
54 beschämte sich R. 55 iren BS. 56 sü ouch B. 57 eyt 8.
59 weiten BS. 65 uwer J?, uwern S. ey B. 68 do B, f. 5.
70 Gar frdlich B. 73 tristan B, 74 banden dan B. 78 in
je BS. 79 doch B. 80 züchten er sich doch S, 82 ieglichen B.
346 Tristan als Mönch.
kimde unde mohte,
ze dem besten der im tobte.
Daz bofgesinde, also ez pflac, 586
yertreip yil schöne den tac
mit manigem daz wol gezam.
die geste taten alsam.
dö ez begunde nabten,
die stüele die machten 590
ze ezzen die kameraere
in einem sal abtbsere,
da die geste sitzen solten.
ezzen si dö wolten.
dö wolte man bt banden 595
setzen Tristanden
an die taTelronde.
wan er an maniger stunde
bete wol gedienet daz
daz man sin da nibt vei^^. 600
des enndorfte in nibt Terdriezen.
der künec iedocb biezen
bt sime wibe sitzen
und sprach mit guot^ii wiizen:
*nement Keidinen G05
an den stuol minen.
der i$l ein ritter unrenaget:
er hiA( dicke pris bejag^
und michel lop gewunnen:
det$ $tuv^le$ sol man im mannen.' 610
Tristan als M(h^ch, 347
ze stunt als ez der künic gebot,
saz Tristan unde Is6t
an des küneges siten.
die andern äne biten
an stüele sich do liezen, 616
so si die kamereere hiezen.
D6 si wären gesezzen,
man gap in trinken und ezzen.
schenken und trubssezen
ir zuht si niht vergsezen. 620
die maniger hande trabte
die läze ich äne ahte;
ein fräz von fräzbeit sagen sol;
wizzent daz si gäzen wol.
d6 der tisch erhaben wart, 625
die spilliute nach ir art
erhuoben maniger hande spil.
ir was da äne mäzen vil
und hebeten sich in widerstrit.
gröz was diu höchgezit 680
nach grozer fröude ober lanc
unz si diu naht betwanc
und ouch die frouwen släfens not.
diu künegin und tsot
und die frouwen alle geliche, 685
vil gezogenliche
urloubes si dö bäten,
si giengen ze kemenäten.
11 Do stunt also B. 12 Das B, 16 Do BS. Nach 16
Überschrift in B Clxxij: Also die herren zu tische sossent ynd man
in zfi essen gap vnd man vbe*n tisch pfeiff. 20 vergessen 12, ver-
gossen S. 22 Die f. S, 28 Es BS. 29 habeten S, 31 froi-
den S, freiden B. 32 Wenne B, Wan S. twang B, 33 sloffes 8,
36 gezogeliche S. 37 si f. S. 88 kamnoten B.
348 Tristan als Mönch.
die ritter nach ir site
giengen den frouwen mite, 640
die des wert wären.
die andern daz verbären.
da stuonden ein teil diez vermiten.
niht lange si do biten:
guote naht si enpfiengen; 646
dannen si dö giengen.
Yon erste huop sieb ein micbel schal
under den rittern über al, .
und doch mit grozen güeten.
si begunden sere wüeten, 650
tanzen nnde singen,
springen unde ringen
(es enmohte nieman wizzen aht)
vil bi unz an die mitten naht.
wäfen si riefen 655
und vielen nider und sliefen
an einem sebette gar;
si nämen senfte kleine war.
Tristan lac ouch under in.
dö huop sich sin ungewin: 660
do si sliefen yaste,
do troumde dem gaste,
dem guoten Tristande,
daz er in Marken lande
ze Tintajoele waere 665
39 irem RS. Bitten S. 40 noch den S, mitten S, 42 des S,
43 Die S. die ES. U bitten S, bliben B. 46 Denne R.
47 Von erhub 5. 48 ritter S. 51 springen S, 53 Er möchte S.
54 die f. S. mitter nacht i2. 55 sie S^ yil E, 58 sanffte R-
Nach 58 Überschrift in S: Wie tristan in einen walt kam mit kor-
newal vnd wie er einen toten ritter fant liegen. 62 dromde R,
trdme S. 65 tintayoel R, tintaoil S,
Tristan als Mönch. 349
und als ein minnsre
sine frouwen suochte,
doch si des niht geruochte,
daz si in wolte grQezen.
er viel zuo ir füezen, 670
gensedecliche er si hulde bat.
zorneclicbe si höher trat
und sprach vil hertecllche:
'Tristan, daz dir got gewiche!
Tristan, ungetriuwez vaz, 675
ich wänte ir mich minnetent baz.
her Tristan, min arbeit ist verlorn.
ich hete iuch ze friunde erkom
und minnete iuch baz denne ir mich.
weiz got diu minne scheidet sich. 680
ich hän durch iuch vil getan :
dicke ich durch iuch gewäget hän
beide ere unde lip.
nu minnent ir baz iuwer wip,
denne mich, ez ist wol schin. 685
für war, ir sulnt mir unmsere sin.
ich wil dar keren minen sin
da ich michel lieber bin
und da min zorn lihte ist leit.
min hulde si iu widerseit.' 690
do erwachete ze hant
vil ungemeliche Tristant.
unlidic wart sin uugemach.
66 also B. 67 frouwe BS. 68 rüchte S. 69 iren BS.
70 Ymb halde B. 73 hörteclichen 6', hitzecliche B, 74 ge-
wichen S, 75 vnd getmwea S. 76 mich mynten B^ mynneten
mich S. 82 von S. 86 aalt S, jemer Tninere i2, vngeneme S.
89 do B, f. S. 90 sa S. 91 er zu (zur S) BS, 93 Vnledig jB,
Vnd lidelich 8.
1896. Bitcnogsb. d. phIL n. biat. Gl. 23
350 Tristan äU M(hich,
zuo im selber er dö sprach:
'we mir unsaeligem man! 696
sol ich sus yerlorn hän
miner frouwen hulde?
ja ich, min ist diu schulde.
welch tiuvel truoc mich har?
in rehtes gouches wise ich var 700
ketzende mit minem wlbe.
ouwe minem libe,
der diz solte bewam.
ich bin übele gevam
und äne guote liste. 706
selbe ich wol wiste,
ob ich min wip fuorte,
daz mich unheil ruorte.
dö trugen mich mine witze
nach doten mynnen hitze (?) 710
wil mich min frouwe miden.
ich möhte gemer liden
laster unde schelten,
wolte mir daz gelten
mit liebe diu frouwe min. 716
min geminne wil si niht mere sin.
sus kan ich fröude erwerben.
weiz got, ich muoz nu sterben
von herzelichem leide.
disen zorn got scheide.' 720
94 dö f. 8, 96 Tnselig BS, 98 Do ist es myne ich. S,
99 dar R.
700 rechtes g&tes B, rechter gottes S. Ol Ketsschende S,
02 We B. 08 dis S, dise B, 08 unheil] michel B, traren S.
10 so Bf Mich dotten myne h. S. 12 gerne B. 14 Mochte B.
16 myner mynne BS. mere JR, int S. 19 hertzemlichen S.
20 zome S, bescheide B,
Tristan als Manch. 351
er was mit not bevangen,
in begunde sdre belangen
daz sich s6 sümte der tac.
in jaemerlicher klage er lac.
ze stunt d5 er den tac ersach, 726
do stuont er üf. sin ungemach
yerbarc er zuo dem male
nnd rief Komewale.
er sprach 'Kornewäl geselle,
ich waene ich riten welle 730
suochen äventiure;
diu ist mir doch yil tiure,'
sprach er von unsinneu.
'heiz mir min ros gewinnen
schiere äne blten' 786
eine wolte er rlten.
daz was Eornewäle leit.
mit ime er ungebeten reit.
dö riten die helde beide
über eine grüene beide 740
in einen wunneclichen walt.
Tristandes sin was manicvalt,
daz er enwartete noch ensach
wä ime ze ritenne geschach.
ouch was sin gebsBrde leit 746
dem der bi ime reit.
lützel rede wart under in.
si riten beide äne sin
irrende in dem forste.
Tristan der getorste 760
22 loe S, 28 raffe S. 81 offentore RS. 83 sinnen B.
89 hilde B. 42 Bjnne S. 43 enwartete B, ensprach S» 47 Gar
lützel S. 49 Ire ritende S. 60 der] er J2, onne 5.
352 Tristan ah Manch,
sich Eornewäle niht enbarn,
wie ez umb in was gevarn.
er wände ez wsere wachende geschehen,
daz er in dem släfe hete gesehen ;
des was mislich sin gedanc. 765
d6 kämen si niht über lanc
in dem forste an ein gras,
da ein ritter gelegen was.
gewäfent si in fnnden,
tot, sere wunden. 760
Tristan erbeizte dd,
also leidic wart er fr6
und sprach mit slner kfindekeit:
'mit disem mag ich klagen min leit.'
sine hende er zesamen sluoc, 765
missehabe bete er genuoc,
vil innecliche er weinde.
ein anderz er dö meinde,
denne daz er da gesach.
niht grozes ime daran geschach. 770
er weinde siner fron wen zorn.
we ime! si wänte in hän verlorn.
er begunde sich s^re slän
daz Kornewäl des bete wän,
er wolte wüetic werden. 775
do viel er zuo der erden
und vieng in mit den armen sin.
51 Sich komewalen S, Eornewal B. enbem 8, 57 den fortt S.
58 ritte'n do B, erslaKen S. 59 Gewoffen S. Nach 760 'Über-
schrift in B Clziij Also tristan sich gar Vbel geh&p von ysoten
wegen vnd yme geswant vnd in kornewäl vnder die arme nam und
in tröste. 62 er] vnd ;Sf. 68 Er 8. zu B. 64 disen B.
67 er w.] enweinde B, 70 grflsses BS, do an jR. 71 wenite B,
72 80 won in B. 73 slahen ;S'. 74 hatte 8,
Tristan als Manch. 353
er sprach 'neinä, trütgeselle min,
habent nibt sus bcese site;
schonent iuwer selber mite. 780
verkerent ir sus iuwer selbes lip,
des spottet man unde wip.
ouch muoz ichs kumber liden,
sol ich inch iemer miden.
sagent mir waz iu werre.' 786
dö mante er in so verre
dienstes und als6 sere
bat er in durch sin ere
im sine not erscheinen,
er wolte dar an gemeinen. 790
Tristan do jaeraerllchen sprach:
'solte ich niht haben ungemach?
ich sol ouch wol von schulden klagen,
Sit ich yinde sus erslagen
einen werlichen man, 796
und ich enmac noch enkan
sinen tot gerechen.'
do begunde sprechen
mit zorne der geselle sin:
'nim war! nu ist alr^rst schin 800
daz ir nie wurdent ein man.
ein tumbez wip solte hän
gebserde alsus getane.
ir sint Witzen ane.
nu mugent ir mir wol jehen : 805
78 nein trut harre 8. 79 ans nicht R. b. synne site B.
81 awero selbes S^ uweren selben jR. 83 ich es R, ich sin S.
kamer 22, komer S, 84 liden miden S. 87 und also] ynd i^,
also S. 89 erschinen S. 93 schulde B, 98 beg. er S^ beg. er
ouch B. 99 myn BS.
801 wurden BS. 08 also susz B.
354 Tristan als Mönch.
waz leides ist in hie gesclielien?
ouch erkantent ir sin niht.
yil rehte wol man nu siht
daz ir sint äne sinne.
ich hän durch iuwer minne 810
und durch iuwer hfibescheit
manigen tag gewesen bereit
iuwerm willen und iuwerm geböte
nu wil ich iu geloben bi gote,
ir gebärent froelich als ^, 81*
ich gediene iu niemer me.
waz solte mir ze herren der,
s5 er ze wunnecllchem her
yil prislichen kssme
und er als ez zseme 820
in allen solte machen
gemeliche unde lachen
mit zuht und mit güete,
daz er denne ungemüete
mit unfuoge machte. 826
ich laze in uzer achte
noch enmac sin niht gepflegen*
do wolte er riten after wegen.
urloubes gerte er zehant.
dö sprach her Tristant: 830
'neinä, trutgeselle min,
joch weistu wol, ich bin gestn
ie gar ze dinem willen.
nn beginnet mich villen
08 nu f, S. 09 ir na SS. 12 wesen BS. 18 Uwem 8.
14 glonben B. 16 fi^eborent B, geborn S. also B. 20 als es]
abufl BS. gezeme S. 22 gemelich 8, gemmelich B. 23 xndi-
ten S. 27 mag S. 28 yff der B. 31 Nein ach B, Nein 8.
84 begunden B, fallen S,
1
Tristan als Mönch. 355
daz Unheil mit leide. 835
daz ez dich von mir gescheide,
zwäre des getrüwe ich dir niet.
wan nie guot friunt geschiet
von friunde in kumber also gröz.
zwäre ich wurde fröuden blöz, 840
und Züge ze untriuwen sich.
Kornewäl, nu bedenke dich,
trütgeselle, nnde belip.
in grozen riuwen ist min llp:
wellest du mich danne län, 846
so muost du mir abe gän
(daz solte mich iemer riuwen)
geselleschaft und triawen
der ich mich ze dir yersach.'
Kornewäl aber dö sprach : 860
'woltent ir mit eren leben,
solte ich noch dar umbe geben
den lip und ouch die §re,
ich wolte doch iemer m^re
iuwer kneht sin und geselle. 865
woltent ir ouch ze helle
Tarn oder grdze not bestan,
ich enwolte iu niemer abe gegän;
daz mugent ir wol wizzen.
ich hän mich e geflizzen 860
daz ich iu gediende wol.
ob mir nu daz sol
86 ez f, RS. 87 Das ist wor das S. dir f. S. 88 ge-
schieht 8. 89 fründen B. 44 grossem S. 45 WoUestu S,
Weitest da B. denne mich B. 49 zn dir mich S. 50 Der
kornewäl S. 58 Min libe vnd min ere S. 54 wolte üch BS.
55 sin vngeselle 8. 56 zur S. 58 wolte S. gan S. 60 ver-
flissen 8. 61 gediene S. 62 das na S.
356 TVistan als Mönch.
Vnsin üch mit luten leiden (?).*
dö begreif er in mit eiden
und bat in durch minne 865
siner lieben friundinne,
daz er ime doch wolte si^en
wä von er bete solhes klagen.
dö ime sin frouwe wart genant,
dö ersiuftzete Tristant. 870
wan er nie niht geliez
swes man in durch si gehiez,
ez waere im liep oder leit.
doch bete si ime verseit
ir minne äne schulde, 875
so enwolte er doch ir hulde
an disen dingen niht vertoben.
ouch muoste im e für war geloben
sin geselle daz er taete
swaz so er in bffite. 880
dö sprach aber Eornewäl:
'herre, daz hän ich manic jär
getan und tuonz noch gerne,
daz ich ebt gelerne
wannen si komen diser ungewin 885
der iuch machet sus äne sin.'
Tristan sin klagen dö vermeit.
Kornewäle dem wart geseit
waz ime des nahtes was geschehen.
er sprach 'geselle, ich muoz dir verjehen : 890
68 80 B, Vnd sin uch mit leiden B, 67 doch f.S. 71 me E,
72 Wes B, Was S. 75. Er B. 77. verdorben 8. 78 er jme
für wer geloben B^ er ime e verloben S. 79 was er dechte S.
81 komewal farwor S, 82 das ich 125. manige S. 88 Han
geton S, noch f. E, 84 echt E, iecht S. 85 Wennen B. Wan-
nen 80 kämet S,
Tristan ah Möneh. 357
•
min heil ist an den genäden din.
mich dühte wie daz diu frouwe min
8§re zürne wider mich.
na rafc, waz dunket dich?
wie mag ich yersaochen daz, 895
ob ich nu süle liden ir haz.
d6 ich an minem bette lac.
hinaht e denne der tac
vollecliche erlühte,
wffirliche mich dühte 900
daz ich si gesaehe
und ir daz wsBre smaehe
daz ich min wip her brfehte
und ir zersten niht gedsehte.
diz zürnte min frouwe tsot, 905
ir hulde si mir widerbot.
sich, das ist min ungemach.'
Eornewäl da wider sprach:
"min frouwe iu unrebte tuot.
iedoch, swaz iu dunket guot, 910
des wil ich gerne sin berrit.'
Tristan sprach 'mit stsetekeit
hän ich einen sin genomen:
ich gewinnes schaden oder fromen,
wil eht got sin ruochen, 915
so wil ich ez versuochen,
wie min frouwe wolte klagen,
92 dancket das S. 96 ich liden salle S, iren S, f. R.
97 nacfi 98 RS, Nach 98 Überschrift in S: Wie tristan ein manch
wart vnd ime sin höre wart abgeschnitten vnd munches kleider
andett.
908 herbrecht S, hette bracht R. 04 gedecht S, gedacht R,
07 Sieche S. 08 do wider R, hinwider S, 09 vnrecht RS,
18 nne S. 14 gewin sin Sf gewin R,
358 THstan ah M9ncK
•
stürbe ich oder wnrde erslagen.
daran mag ich wol spehen
wes ich mich mQge ze ir versehen.* 930
er selbe verwunte dö
den ritter under den ongen so
daz in niht bekennen solte
swer in sehen wolte.
ouch was er an gewande 9S6
gelich hem Trisfcande.
Dö sprach er aber 'geselle min,
nu solt du läzen werden schin
ob du bist getriuwe.
eine trfige niuwe 980
wil ich an yähen,
ob ich ir möge genähen.
nu nim du disen toten man
den wir hie funden hän,
und füere in tU snelle 986
hin zuo der zelle
diu uns ist vil nahe bi,
unde gich daz ich ez n
erslagen in dem walde.
dar nach rlt yil balde 940
ze hove klegeliche
und sage in allen gellche,
dem künege vor den sinen,
und läz ouch Eeidinen
18 wnrde ich 8, 19 wol 22, nit S, 21 Terwundetie 8, tot
wnndert B, 22 ob 8. 26 wart B, 2G herren 8, her J2.
Nach 26 Überschrift in B Glxxiüj Also man einen dotten ritter
f&rte zu siner froawen ynd dem konin^^e in dem nämen also ob es
tristan wäre vnd l&gen wolt wie man sich gehaben wolt. 28 werden
loBsen B, 80 Ein trawe 8, 88 Nun BS, 86 gesaeile K
87 ist vns 8, yns B. hie by 8. 88 gihe B8.
Tristan cda Mönch. 359
wizzen unde min wip 946
daz ich hän verlorn den lip,
dö ich wolte pris bejagen.
ouch solt du dem kfinege sagen,
daz min begrebede süle sin
ze der bürge des neven min.* 9B0
er tete swaz er von ime vernam.
Tristan iedoch selbe kam
zuo der zellen gerant.
den abbet er da vor vant.
ze stunt viel er an slnen fuoz 956
und sprach 'genäde, herre, ich muoz
schiere sterben äne wem,
went ir mich eine niht genern/
harte forhtliche er tete.
den abbet michel wunder hete, 960
wan er so Yorhteclichen sprach.
do fraget er sin ungemach.
Tristan sprach ime zuo:
'ich reit her hiute frao
von minen unheile. 966
umb Sre bot ich veile
beide lip unde guot
einem ritter wol gemiiot.
er was ouch der besten ein,
den diu sunne ie überschein. 970
in dem forste er mir widerreit,
umbe ruom er so mit mir streit
einen kämpf vesten.
46 verlorn faan min lip S, 52 doch ye R, 54 dar RS,
55 viel B, sie S, 57 onne S, vnd B. 58 Wan S. eine 5, en B.
59 fortlich JB, förchteklichen S, 60 Der RS. michel B, mich S.
61 foUecIichen B, felleklichen S. 64 herre B. 65 vnd heil S.
66 wart BS. 68 Einen BS.
« '
'/"•: T'-üSraB
^^- - — . ^ «.*
w:;i:i*rr mkii nizjel dirre scii:;Iie.
Leire, d-:;rch zo^es L^lie
grbeLt mir einen entwich 9öß
ond ma/::hent mich zeinem m^nch-f (?).
der wil ich gerne werden
d^ifch daz ich af d^r erden
gebGeze doch die ^ün-ie min/
der abbet und die brüeder sin ^^
de$» er da bat niht Termiten:
%\ $»charen ime nach ir siten
and taten ime an ir gewant.
do wart müoech Tristant
durch slner frouwen minne; ^^
daz wären fromde sinne.
Schiere kam geriten her nach
Komewäl, wan im was gäch
ze taonne swaz sin herre gebot,
mit klage machte er gröze not. ^^^
also brahte er den töten man.
74 in f. HS, 75 mit f, S. 80 also JK. ein S. 81 biet S.
82 Dfti Ji. enwenken BS, 83 nymet 5, nymmer i2. dirre B,
genug der S, 86 entwiche B, ein tbunnig S. 86 manig S,
90 münche B. 92 schüren in S. 96 fromde BS. 97 hienoch S,
99 t&nde BS.
1000 machte f. B. Ol Sam S. er yme B.
Tristan als Mönch, 361
den münchen er künden began,
wie sin herre Tristant,
ein ritter guot und bekant,
erslagen wsere an der reviere. 1006
dö bereiten in schiere
die mtinche herllche
und sprachen klösterliche:
'zwäre dirre tot ist schedelich;
er was ein ritter lobellch; 1010
crede mich, ez ist mir leit.'
Komewäl dö ze hove reit
ze sagenne diz ungelQcke.
wärheit warf er ze rücke;
wan er muoste liegen, 1015
durch sinen herren triegen.
nu was ez verre tac.
Artus der künec lac
an spil mit slme gesinde
under einer grüenen linde 1020
an einer warte lussam.
da sach er wä und wer da kam.
da beite er nach sinen siten
der die nach äventiure riten.
der eteliche wären komen: 1026
äventiure was vemomen.
si sprächen alle sunder wan,
man möhte wol enbizzen hän.
ouch sprächen sumellche da:
'Tristan ist noch anderswä; 1030
03 sin herre B, do S. 04 fj^utt ynbekant S. 06 sü in BS.
09 Das ist wor S. 11 Credo BS. michy S. 13 das vnglick S.
19 Mit B. 20 eine f^rune B. 21 lutsam S, lassen B. 22 wer S,
der B. kam vssen B. 23 sime B. 24 Der f. BS. 25 wären
f. BS. 27 Nach 28 B. 29 semeliche B, semelichen S.
362 Tristan äU Jföncft.
hiute in nieman gesach.'
Artns der kfinec sprach:
'uns entouc sin niht ze enberne,
man sol sin beiten gerne*
einen ritter si d6 gesahen 1086
zuo in dort har gähen,
als ez Eornewäl wasre.
dö was in vil swaere
daz er kam Tristandes äne.
si wären des an wäne 1040
daz ime iht leides waere.
ouch begande er sine swaore
mit schrienne und mit grözer klage.
er sprach 'leidia msere ich iu sage,
ir mügent ez alle klagen wol. 1046
oawe daz ich ez klagen sol,
min innecllchez herzes^r;
ich fiberwinde ez niemer mer.'
daz gesinde michel wunder nam
daz er sus klegeliche kam. 1060
si hörtenz, wan ez was nähe bi.
jaemerllche ouw§, ouwi
begunde er manecvalten.
er sprach 'übel muoz min walten.
min lieber herre erslagen ist.* 1056
ach geselleschaft, waz du bist,
daz er sus offenlichen louc
und sus mit sime schaden trouc.
83 endouget 5, entouwet B. 84 beiden 8, beide B, 85 Die
ritter die do BS. 86 har f, Jß. 87 Also BS. er S. 40 one B,
onne S. 42 er in S. 45 alles B, f, S. 46 Ob S, 47 hertze-
sere B, hertzen sere S. 48 mere BS. 50 sus so clegelichen 8,
52 owe ynd owi i2, owe owe owy S. 58 Besonder m. S, 57 offe-
lich S. l&g B, läge S. 58 so S. trflg 22, trage S.
Tristan als M&neh. 363
er machte und het gröze pln,
daz eht möhte der herre sin 1060
gesehen sine frouwen.
dö mohte man wol schouwen
daz guot ist der geselle
dem man swaz man welle
mac gebieten oder bevelen 1065
und erz kan frumen und helen.
Tristandes not über hof erschal
dö wart michel frouden val.
so sime wlbe geseit wart
daz er an äventiuren vart 1070
sin leben hete geendet,
ir was vil nach erwendet
wunne klagen unde leben
unde fröude dö begeben
umbe den helt vermezzen. 1075
des imbizzes wart vergezzen,
zerstoeret wart diu Wirtschaft,
do nam weinen Überkraft
an frouwen und an mannen.
dö huoben si sich dannen, 1080
alle die da wären;
si riten zuo der baren,
so gäch was in allen dar,
der frouwen nam man keine war.
in allen reit der künec vor. 1085
dö er kam zuo dem klöstertor,
ane dienest er erbeizte.
59 bin S, 64 Der B. 65 Mag er B. befellen S. 66 hellen S.
67 erst bal B. 68 froide S. 69 Das S. 70 offenture S.
72 nohe B8, 74 geben. 76 imbes B, ymbs S. 77 Zerstert 8,
wurtschaft BS. 82 Die 8. den B. 85 Vor in 8, Von B. in
der B. 86 Also 8, des closters dor 8. 87 erbeisset B, erbeiset 8,
864 Tristan als Mönch.
gröz leit die zuht zersleizte,
daz man ir dö kleine pflac.
der künec gie da der töte lac 1090
und sprach 'ouwe, lieber Tristant,
daz da her in min lant
ie ze hove woltest koraen,
und du ein ende hast genomen
hie in mlnem riche, 1095
daz riuwet mich innecliche.
weerest du doch da heime erslagen !
so möhte ich deste baz verklagen
dich und getroesten mich,
wie ich überwinde dich, 1100
zwäre und waere mir doch leit.
ouwe daz mir nieman enseit
wer der mordsBre si
der dich erslagen hat sd bi.
umbe in wolte ich wägen 1105
mit friunden und mit mägen,
die ich hän in den landen,
sinen tot wolte ich anden,
im müeste misselingen.
der zage hat vssrlingen 1110
an dir bcesen piis bejaget.
erkande er dich, er waere verzaget.
zwäre wiste er dich Tristanden,
ern hete ez nie bestanden.
nu wer waere ouch der 1115
88 Grosse sere leit R. eersleisset JB, zursleisset S. 89 in S.
98 Jo S. 94 da S. 98 dester B, verdagen.
1100 Das ist wor S, Oi so R, hie S. 11 hat verlingen B^
bette er vemigen S. 11 dir 12, der S. 12 dich] sich jB, /. S.
ein er /*. 8, 18 Doch zwor Ry Das ist wor S, 16 wer were 8^
were wer R.
Tristan als M&nch. 365
der mit gelicher wer
an dir möhte gesigen.
so maneger hat genigen
Yon diner ellenhafben hant.
wS wie rinwest du mich, Tristant. 1120
dln t6t machet mich unfro.'
die anderen klageten so
daz es niht mere dorfte sin.
dö kam ouch diu künegin.
die ritter si enpfiengen, 1125
mit ir ze der bare giengen,
da in allen leit geschach.
diu frouwe mit tiefen Worten sprach
eine klage gezogenliche:
'daz ime got gewiche 1130
von dem wir hän ditze leit.
ouch heten wir alle fröude breit
ze hove wol angevangen.
nu ist min hof zergangen.
daz wurde lihte verkorn, 1185
bete wir dich eht niht verlorn.
getriuwe minne stste birt.
weiz got, uns wiben niemer wirt
ersetzet din dienest und dln zuht.
din t6t machet minnen fluht, 11^0
und gät si Hz den riehen.
si gewan din nie geliehen.
man mac si nu zeln ze gaste.
19 ellenthaffcer B. 22 do S. 25 die S. 29 gezogelich B,
gezagentcliche S. 30 g^ewüche 5, getwich B, 31 disz B, das S.
88 gefangen 8. 85 werde B, 36 Betten S, echt B, f. S.
87 wtirt B. 38 niemer f, BS. würt B, 89 dinen dienst B^
noch 8. 40 myne B, 41 sü do vis B. 42 gewänne B, wan 8,
nie f. B. 48 zalen 8. geste B,
1896. attnmgsb. d. phU. u. hist. OL 24
1
366 Tristan äh M&nch.
du eine pflaBge ir vaste
mit wisheit und mit triuwen. 1146
uns frouwen muost du riuwen.
du eine lertest alle man
wie si minne selten hän.
ouwe wie hat got sd getan
daz er iu liez erslän 1160
einen der was so gemuot
daz er gerne taete guot
und bosheit yerbsere.
Tristan, guot du wsere,
ein goltvaz reiner sinne, 1156
ein Spiegel rehter minne,
ein brunne aller ritterschefte,
der hübescheit ein hefte,
vater yarnder diete.
got hat mit swacher miete 1160
dir vergolten dine tugent.
Tristan, nu riuwet mich dtn jugent
und dln minnecllcher llp.
mich riuwet ouch din schoenez wip,
diu sich an dir verlorn hat. 1166
min riuwe dannoch färbaz g&t,
mich riuwet der schade gemeine.
du riuwest mich mere eine . . .
mich riuwet daz mich riuwen sol,
ein ritter aller eren vol. 1170
sehent, daz tuot mir fröuden buoz.
daz ich doch helen muoz
riuwet mich vor in allen:
44 Die BS, ein pflag sin 8, feste B, 46 moste r. S.
47 Die B. 60 liesse B, ertlagen S, 61 Eine B. 64 got S.
67 bronne rittersobaft S. 68 haffle B, hafft 8, 60 mutt 5.
62 junget B, 68 enyüweat B. 71 dunt 8, 72 noch holen B.
Tristan als Manch. 367
ouw6 wie sol ez ir gevallen,
oder wie sol $1 klagen dich. 1175
ouwe waz reden ich?
wes hete ich dich vil n&ch gezigen.
talanc me ist guot geswigen.'
Dö gesweic diu künegin.
do was ouch komen Keidin 1180
und tsot sin swester.
der herzeleit was vester,
denne si ez möhte erllden.
gsehes muoste si liden
ir schände ir geverten (?). 1185
wan si ez niht mohie erherten.
von stunde do si die bare sach,
von leide nach ir herze brach,
daz ez in dem bluote wiel.
von dem pferde si dö viel. * 1190
Qäwän der tugende riebe
der kam vil snellecliche
ze helfe der frouwen.
man mohte an ir wol schouwen
herzeleides zeichen. 1195
dö er si mohte erreichen,
mit den banden er si gevie,
mit ir ze der bare er gie
8Ö daz er si mit armen truoc.
si vant ouch leides genuoc, 1200
74 Bolie B. 77 Was B. vil JB, so S. nohe BS, 78 Ta-
lant BS, ist me B. 79 sweig S. 82 hertzelit B, hertzenleit S,
83 Dan S. 84 miden S, 85 scheiden S. geferden S. 87 stunt B.
88 nobe 8. Nach 90 Überschrift in B Clxz Also her gawan die
fronwe s& der boren f&rte do der dote ritter yff lag vnd sü sich gar
vbel gefa&p. 91 Gewan S. 92 Der B, f. S, 97 fie B. 98 er f. B.
1200 ouch f, S,
24»
1
368 Tristan als MönOi.
dö 8i ze der bare kam.
ir leit doch dar nach ende nani.
dö si sach ir herren tot,
si wart bleich nnde r6t
und ouch anders misseyar. 1206
rehter klage wart si gewar.
Yon herzeleide si gesweic,
bi der bare si nider seic.
ir bruoder si dö wolte
troesten als er solte, 1210
mohte er oder künde.
dö was ze der selben stunde
An lip so swsBres leides vol,
er bedorfbe selbe tröstes wol.
dö sprach er als ich iu sage 1215
ir ze tröste und ime ze klage:
'got trcBste dich, liebe swester nun.
na ist wol worden schin
daz du vil rehtes leides hast.
der wünsch was dir ein rehter gast, 1220
die wile lebete der helt.
nu hat unsaslde an ime erweit
Unheil uns beiden.
zwäre der tot was unbescheiden,
der uns entsetzet hat so gar. 1226
wa sahent ir ie so manege schar
so schiere entwürket kne wer?
08 Das RS. 06 bar S. 07 hertsenleyde S, 06 geseig B,
10 also B. 14 selber B, selbes S. 15 also B. 16 Ir f. B,
Nach 16 Überschrift in S: Wie tristans wip tristanden claget das
er tot solte sin ynd ers doch nit was. 18 vil wol S. 21 hilt jR.
22 gesielede yme B, ime rnselde S, erwilt B, 28 Ynd heil BS,
24 Das ist wor BS. 25 hat entseteet B. 26 sehent 8. ie f. B.
27 entwircket S.
Tristan cHb M&nek. 369
Sit daz nu Unsselden her
an mir gar sinen willen tnot,
so habe doch, swester, lihten muot 1280
und schöne dln nmbe mich.
wan yerlür ich eine dich,
so wnrde ich niemer m^re fro.
liebe, tuo niht also.
swester, du seit üf st&n, 1286
lä dir leit niht ze herzen gän,
gehabe dich s6 du beste mäht.
doch solt dn des haben aht
daz wir gar yerlorn hän
swaz ie dehein liut gewan (?). 1240
liebe swester ts6t,
gunde uns gelücke oder got
daz wir fröuden solten pflegen,
zwäre s6 lebete noch der degen,
der milte süeze Tristant. 1246
der brahte uns in daz lant
ze fröuden and ze geile.
heil mit unheile
uns sich wol vergolten h&t.
rlcher got, wart ie missetät 1260
dlme tuonne ie erkant,
s6 missetete an uns dln haut
daz si den ie erslahen liez
der tugende vater was und hiez.
Tristan, lieber herre min, 1266
28 na 8^ yme E. 81 vnd ich mich BS. 32 verliere S,
38 me B, f, 8. 40 leit do heine lüte B, leit do kein lat S.
42 glicke 8. 44 Das ist wor S, tegen B. 46 vns B, in S.
.47 freide B. heil ^eil 8, 48 Heile mit fürheile B. 61 tande 8,
.tode B, erkande B^ erkante 8, 62 missedat BS, hande B,
68 jer B. erslagen BS, 64 vnd 5, in B,
370 Tristan als Möneh.
Joch hiez ich armer Keidin
din swäger und din geselle.
so we dir, ungeyelle,
wie du dich verkerest mir!
Tristan herre, ich was von dir 1260
hohe geahtet und wol erkant
und baz über manec laut
denne manege bezzer dene ich si.
durch dlnen pris so was ich fii
boeses wortes und bar. 1266
swar ich kam in diner schar,
da wart ich geahtet michel baz,
denne ich künde erholn daz.
Tristan, willekomender man,
dicke ich heil von dir gewan. 1270
des bin ich nu worden bloz,
und daz man wände ich waere genöz
diner tugende und dlner site.
von dir was mir gelttcke mite.
nu ist min kraft gar gelegen, 1276
des muoz ich iemer leides pfl^en.
ritters lop ich von dir hete:
nu wil ich ouch hie ze stete
ritterschaft durch dich begeben;
unmaere ist mir färbaz daz leben.* 1280
nu was ouch üf gestanden,
diu ez hete enblanden
übe unde sinne
nach leides ungewinne,
66 Jo S. heisse B, 68 wie R, wer S. 60 bj S. 61 be-
kant S, 63 Den menge E, Dan mange S. 66 Boret BS.
66 kume B. 78 stete B, stette S. 74 glick 8. 77 lobe S.
80 Jemer B. mir ftfrbes B, furbas mir 8. 81 oneh 8, ist B.
82 erblanden 8. 83 Lip BS. 84 leyder B.
Trigkm äU Motuh. 371
Tristandes wlp ts6t 1286
si sprach 'ouwd grözer n6t
der ich han yil armez wip.
in jämer, in sorgen was mir ie der lip,
Tristap herre unde man,
daz dn manege soltest hän 1^^
michel lieber denne mich.
ouw§ mir, nu bin ich
dirre sorgen entladen
mit minem herzelichen schaden.
Tristan herre, ich enkan l&d6
noch enmac, getriuwer man,
dich überwinden iemer mS;
ouwe mir» inneclicben we.
Tristan, lieber Tristant,
joch enmöhte dekein hant 1300
niemer voUenschriben,
waz mir vor allen wlben
was heiles beschert.
daz hat benomen und erwert
mir ein unsselec tot. l^ö^
ouwe mir dirre not
die ich für dich liden muoz.
nu muoz mir fröuden werden buoz
der ich iedoch mit stffite pflac.
ouw§ daz ich niht enmac 1^1^
sterben, herre, mit dir.
an dir engät gelücke mir
und lat mich äne ruoche stan.
88 ie f. 8. 96 getruwern <Sf.
1800 ich do keine B, es do keine S. 02 Das S, 03 Was
beilos was B, 06 der groBsen 8, 07 Nicht für BS. die 8.
12 gliok an mir 8.
372 Tristan als Mönch.
noch enhän des keinen wan
daz ich es teil gewinne. 1316
ez waeren iedoch tumbe sinne,
wolt ich leben äne dich.
oawe bruoder, na sich
wä ich han verlorn hie
daz mich nie tac getraren lie.* 1820
diu frouwe sSre weinde,
liebe si bescheinde
gröze dem töten.
mit trehenen bluotrdten
begöz si ime die wunden. 1B25
si kuste under standen
innecliche an nnen munt
nibt ze einem male, wol tasent stunt.
si kuste in unde sprach,
si kuste in aber unde jach 1830
daz si bete verlorn me,
denne alle frouwen gewunnen 6.
Der töte wart wol göret,
im endorfte sin niht gemeret
daz klagen in sime lande. 1886
dem münche Tristande
begunde ez wol gevallen.
er sprach vor in allen
daz si tören wsßren
daz si gröze swaaren 1810
beten umbe so kleine not.
dö sprach aber tsöt:
14 enkan 22. kein B. man BS. 16 ich teile 8, 20 ge-
tniwe BS, 22 sich S. 23 Noch S. 24 trehen S, trehe&den R.
26 kost sie S. 27 Inneclichen B. 28 s& tasen B. 29 koste S.
80 koste in aber 8, wider knste in B, 82 Wanne B, 88 bereit 8.
84 In BS. gemet BS. 86 Den B. münch BS. 87 Begnnne B.
Tristan ah Mäneh, 373
'Tristan herre, 0ttw6 mir,
bete ich niht me von dir
wan daz lobeliche wort, 1846
daz mir was ein lieber bort,
daz icb dime stolzen libe
ze ellchem wlbe
ie wart erkom,
dar an bete ich me verlorn, 1960
denne ie frouwe yerlür.
ahi wie libte icb daz yerkür,
scbiede eht ich diz scheiden
s6 daz der tot nns beiden
gebe gellchez ende. 1866
ahi, lieben bende,
wan gesellent ir mich minem man !
ouwe daz ich niht enb&n
swertes hie ze stiare.
zwäre heil wart mir tinre. 1860
ich kan mich fröuden wol bewarn :
ich wil in eine klüse varn
und nrlonp aller der weite geben.
ouwe dennoch muoz ich leben,
Tristan herre, ane dich.* 1866
d6 gesaz si hinder sich.
ir herzeclicher ungemach
twanc si daz si niht me sprach.
daz lange weinen ande klagen
knnde nieman voUesagen; 1870
48 Do zft B, 49 Das nje S. 60 nje S, 62 Alhie BS.
ktlre 8. 68 acht ich das 5. 66 glicbes 8, glückes B. 66 Al-
hie B8, bi liebem 8. 67 einem S, 58 enkan noch han 8.
59 stritten störe 8. 60 Das ist wor 8. heile B, wnrt B8.
61 freide B. 68 der f. 8, 64 dannoch $. 65 H * '^
66 hdnder B.
374 Tristan aU Mönch.
wan ez was äne mäzen vil,
niht gelich eime spil.
Artus der künec gedahte
wie er ze der erden brahte
Tristanden mit eren. 1375
dar an begunde er kSren
sinen fliz und sinen sin.
Kornewäl bewlste in
daz er in sante über se;
wan er es beten gebeten e, 1380
swa er wurde libes bar,
daz man in braehte dar
da sin 6heim wasre;
wan, waere er ime unmsBre,
so Isege er doch vil gemer da 1385
und ouch baz denne anderswa.
der künec und diu künegln
sprächen balde 'daz sol sin.'
ouch was ez ir aller muot.
den töten man dö luot 1390
üf eine rosb&ren.
alle die da wären
fuoren mite yil snelle
der abbet von der zelle
huop sich ouch an die vart. 1395
der niuwe münch aln kappelän wart,
mit vil trehenen und mit vil grozer not
klageten si daz er was tot
71 moMe S, Nach 72 Überschrift in B Clzzj Also koning artu
den dotten ritter in tristandefl nammen yS ein roszbor l&t md in
•ante zu dem mere. 78 Eor&ewale 22. 79 fürte S. 60 es
ketten S, hette »s B, 81 war B, 88 ohein B, oben S. 84 er /*. &
88 alle S. 90 do men B, inen S. 91 ein B, einen S. tomt
boren B, 96 nn cappelan S, cappelo B,
Tristan <ds Mönch, 375
der ie lebete in schoenen siten.
alsus si mit im riten 1^00
mit Yil grozem her
sere weinde unz an daz mer.
Isöt, Tristandes wip,
dia verquelte den lip
von ungemüete sere, 1406
daz 8i niht mohte mSre
erllden daz riten.
man muoste si überstriten
daz 81 niht fürbaz füere.
allez ir ungefüere 1410
mohte si es niht erwendet hän,
het ez der künec niht getan
mit bete und diu künegln,
ouch tete ez ir bruoder Keidln.
die künegin si do @rte 1416
mit ir si wider kerte.
der künec und alle die sin,
Eornewäl und Keidin
schieden von ir gesinde
und ergäben sich dem winde 1420
mit dem töten und die da sint.
den abbet und daz gotes kint,
den niuwen münch, den kappellän
muosten si ouch mit in hän,
doch er es niht enbeete ; 1426
99 schönem 8,
1400 si f. BS, in BS. Ol vil f. B, herre S. 02 Siere 5.
wseinde S^ wenden 22. unz f, BS. in das uerre S, 04 yerzu weite
Iren 1. S, 10 Also es ir BS. an für S. 13 bore B. 16 erde B,
16 sie 8, 80 B. 17 sine 22, einen S, 18 keidine B, keydinen 8.
22 Der BS. des B. 23 der 8, vnd der B. 24 mit in 8,
mitte B.
376 Tristan <Ü8 Manch.
wan ez was sin geraote.
des gesindes was da niht me.
weinende si faoren über so.
Do si daz stat ergriffen,
do truogen si üz ir schiffen 1430
den toten mit der baren,
si begunden mit dem gebären,
al86 in ril leide wasre geschehen,
man mohte an in wol sehen
daz si den herren erteh. 14S5
ze TintajoSl si karten.
Eornewäl der getriuwe
mit der lügene niuwe
kam vil balde fQr gerant.
ze stunt dö er den künec vant 1440
und ouch ander sine man,
sine hende er winden began ;
vil jsemerlichen er dö schre:
'ach ouwe ande ouwe
des vil lieben herren min.* 1445
'waz sol dirre rede sin,'
sprächen etliche dar under.
ouch nam es michel wunder
den künec und was im ungemach.
ze Korne wäle er d6 sprach, 14M)
wannen er ksame,
oder wä er urloup nasme
da ze komenne in dn laut.
was f. S. 27 do B, f. S. 28 furerent S. 29 die SS.
80 üz ir] Tsser B, uwer irem S. 83 was S. 86 tinioiol 8.
87 der f. B. 88 lugent 5. 39 vor S. 40 Z& stunt B, f. S,
48 jemerlich B, inneclichen S. dd f. S, schrey BS. 44 5 in einer
Zeüe R 44 vnd S, f. B. owej S. 45 vil f. BS. 46 Das 22.
diser rede S, dirre dot B. 49 gemach B. 51 Wennan B,
Tristan äla Manch, 377
Eomewäl sprach alze hant:
'ich enbite iuch niemer m6; 1456
tuont mir wol oder wo,
daz ahte ich allez gellche.
wan ir hftnt sicberllcfae
begangen michelen mort,
daz ir darch lügen und durch mort 1460
mlnen herren Tristanden
vertribent uz iuwem landen.
der ist von iuwem schulden erslagen.
daz muoz ich iemer klagen
und ouch ir, ob iuch untriuwe 1466
lieze und so vil riuwe (?).
iuwer untriuwe ist aber so breit.
wan ir die wärheit
selbe bänt befunden
ze vil manegen stunden 1470
und wärent ime doch gehaz,
irn wistent niht umbe waz.
gedenkent, künec here
daz er iu michel ere
dicke bete erworben. 1476
nu ist er erstorben
durch iuwer vil swachez niden.
ir enmohtet niht liden
der iu diente gerne.
ir wändent sin ze enberne, 1480
die wile er daz leben muoste hän,
und hetent des yil guoten wan,
64 SU S. 69 michel S. hört BS, 60 ligen R 61 Min B.
62 Vertriben BS. 63 uwer S, dot erslagen S, 66 Lihe BS,
80 B, aol S. 67 gross ynd breit S. 86 Went B. 78 herre BS.
74 erre S. 78 Er enmochte BS. 80 Sü wonden B. le f. BS.
378 Tristan als Möneh.
swenne er iu ze ihte tobte,
daz man in iu mochte
schiere gewinnen 1485
und bringen ze iuwern minnen.
nu ist er tot, und wirt sehln
wie ir mügent enbern An:
aber sprach er jsemerliche:
'ouwe, künec riebe, 1490
Tristanden hetent ir holden,
do er den küenen Mörolden
durch iuwer ere sluoc,
da von er mere denne genuoc
arbeite hete erliten. 1496
ouch hete er dicke erstriten
durch iuch vil grözer freisen,
manege tomge (?) reisen
und bestanden manec nitspil.
durch iuch hete er yil 1500
getan mit sinem libe,
d6 er iu ze wibe
mine frouwen bräbte.
wie lützel er dö gedähte
dar an ze holn iuwern haz. 1506
er wände selbe michel baz,
herre, umb iuch gedienet hän
daz ir in für alle man
iemer soltent haben zarte.
so man iu gedienet harte 1510
88 Wenne B, Wan 8. 84 in f, BS. 86 ze /*. 8. 91 heten
ir 8, hat B. in halden BS. 92 konnig mornlden 22. 98 erslng S,
94 dannen trag 8, 97 grosse 8, not fressen B, not freisse jSf.
98 tonige reisse 8
1508 firouwe BS. 04 d5 f. 8. 05 holen 8, hnlde i^.
09 zart BS, 10 in f. BS. hart BS.
JVistan ah Manch. 379
biz an des lönes marke,
na tuont ir nach boesem arge,
80 habent ir iemer einen haz:
daz tuont ir niht wan umbe daz
daz ir mfiezent lönen. 1616
daz zimt niht wol der krönen
noch künecUcher Sre.
ouw^ mir iemer mere,
lieber herre Tristant,
ir brahtent in daz lant 1620
den lip umb ere veile.
den hat mit nnheile
in iuwer neve vergolten.
ich enweiz waz wir wolten;
ir wärent selbe ein künec rieh, 1626
disem und allen künegen gelich*
dö sprach er mit schalle:
'tuont swie iu gevalle,
habent fröude oder riuwe.
doch mtijent mich die triuwe 1680
die ich an mlnem herren sach
dem doch nie liep noch ungemach . . .
wie dicke ich in erzürnet habe,
swenne ich in woite leiten abe,
daz er iu diende niht so vil. 1636
nu ist ez komen an ein zil.
daz ich muoz klagen iemer.
ouch weiz ich daz ir niemer
11 Bits BS. marcke 225. 12 fj^ar noch S^ noch gar aoch B.
arcke BS. 13 sü BS. 14 8Ü BS. 16 sü BS. müsse S.
21 ynd BS. 22 mir BS. 23 Oach S. 24 weisz B. wir uch B.
26 koniffe S. 80 mflgent B, magent 'S. 31 Dich an S. 82 oder S.
88 erzüret B. 34 Wan S. 38 ir] ich BS.
380 TrisUm ala Iföncft.
sinen genözen Tindent,
swie ir in Gberwindent' 1540
Der künec gesweic dö,
ein lützel wart er unfro.
eines alten Wortes man pfliget,
daz nlt nach töde geliget.
der künec daz wol bescheinde, 1545
daz er von herzen weinde
dem er e was von herzen gram,
ouch taten alsam
die sine alle geliche.
si sprächen 'sicherliche 1550
diz sint übeliu msdre.
der tot ist klagebsare.*
do gienc der künec rlche
harte jämmerliche
hin zuo gegen der baren. 1555
alle die da wären
begnnden sere schrigen.
fürsten unde frigen
die wunden dö ir hende.
'oQwe grözer missewende 1560
unde herzeliches schaden,
da mite wir sint beladen,'
sprach der künec here.
39 Sine S. fiindent B. Nach 40 Üherschnft in E Clx^ Also
die konnige ynd harren tristan weineten sere do man in wolt yon
der boren in das grap legen, in 8 Wie der kunig marcke tristanden
claget das er in hette ys dem lande vertriben ynd er erslagen were
worden durch sinen willen. 48 er S, 44 nyde 8. 49 sinen BS.
an glichen B. 50 Die 8. sicherlichen B, alle sicher) iche 8.
58 die koningin B8. 54 Gar 8, 57 sere schire schrigen S.
58 ynd fryen 8^ ynd ouch die frigen B, 59 Sie 8. 60 grosse 8,
61 hertzecliches B, 68 herre B,
Tristan dU M(hieh. 381
'hie lit al mtn dre.
erste hän ich anheil. 1566
aller miner fröuden teil
ist an disem manne gelegen.
Tristan, ellentbafter degen,
von mlnen schulden bist du tot.
des miioz ich iemer haben not 1570
die wile disiu weit gestat.
wan dn von miner missetät
und durch min unsaelec jagen
in frömden landen bist erslagen.
daz klage ich klegellche. 1575
daz mir got gewiche!
unsaelec si min lip,
daz ich durch min wlp
dich üz minem hove vertreip,
oder daz der ie beleip 1580
in minem hove einen tac
der wider dich gefehten pflac
und dich verdruhte wider mich.
so wil ich iemer klagen dich.
Tristan, lieber neve min, 1585
du gffibe mir die künegln
und erwürbe si angestliche.
die mohte ich willecliche
durch dich dir hän geläzen.
daz si sin verwäzen 1590
die gerieten ie den zorn.
mit lügen hän ich dich verlorn.
64 alle BS. 65 vnheile B, 66 freiden ein teile B.
73 selig B. 74 bietu S. 75 eweclicb S. 77 Vnd vnselig S.
79 vBser B, 80 das 12, des S. 82 mich S. gefecbte B.
87 ensclich 22. 88 Do BS. 90 vermossen BS.
1896. Sitznngsb. cL phiL vl bist. CI.
382 Tristan als Manch.
ich enweiz wie ich geredet han;
wie möhie ich dir häD verlän
der du nie gewunne schulde. 1595
ich weiz, du ir hulde
gesaochtest nie denne umbe mich.
80 wil ich iemer klagen dich.
lieber neve Tristant,
din unschulde ich wol bevant, 1600
also ich si solte bevinden,
do ich saz üf der linden
und ich dich ob dem brunnen sach
und diu künegln wider sprach,
du wserest ir da ze hove leit, 1605
wan si dicke arbeit
hete von diner schulde,
und ottch si der minen hulde
niemer wolte erwerben.
schiere müeste ich sterben 1610
und nssme mich der tiuvel,
daz ich deheinen zwivel
ie noch in minem muote gewan,
da von ich dir wurde gram.
Tristan, lieber neve min, 1615
ich envant nie lip noch willen din
wan rehte also ich wolte.
W8ßr ich S88lec, ich solte
dir min riebe han gegeben
98 weiss BS, 96 du 5, nii B. gewinne BS. 96 do da S.
97 Gemchest S, wan S.
1600 ist wo] bekant B, Ol befiinden B, fanden 8. 02 ati
■ach BS. 03 ich 8, euch B. 06 dicket 8. 08 von myner S,
12 do keinen 8. 18 Je do noch B, Jedoch 8. 14 werde S.
16 enpfant JB, entpfant 8. ye liep B, ir liebe 8. 17 als S.
19 Der B.
Tristan als M&neh, 883
und ich nach dinem willen leben; 1620
daz hetest du gedienet wol.
so tuot mich, also ez sol,
iemer pflegen riuwe
min bösheit und dln triuwe.
lieber neve Tristant, 1626
daz ich diu swert vant
zwischen dir und miner frouwen,
dö mohte ich wol schouwen
und mohte ouch wol wizzen,
hetest du dich ie geflizzen 1680
daz du mir laster tsetest,
daz du niht enhsetest
also geleit dln swert.
min leit ist alles leides wert.
Tristan, lieber neve min, 1685
dö min wip diu künegin,
diu reinest aller wibe,
angestliche ir libe
gerihte mit heile
nach rehter urteile, 1640
diu doch was freislich genuoc,
und das glüejende isen truoc,
daz si niht wsere schuldec din:
waer ez an den saelden min,
so solt ich wol geloubet hän 1645
daz si din nie schulde gewan.
Sit ich daz hän vermiten,
22 Sü E, Sie 8, mich 8, f, B. als ich aol 8. 28 pflege R.
rowen B8, 24 min B, tniwen BS, 25 Liebe 8. 27 myner B,
der 8. 82 mir niht 8, mit B, 36 Dö f. R8. 89 mir B8,
41 freisohelich B. 42 gluwende B. 44 der B8. 45 gloubet 8.
^egloabet B.
25
i
384 Tristan äh JCdneft.
8Ö wil ich ungelücke biten
und senden mir ze herzen
mit eweclicbem smerzen. 1660
Tristan, lieber Tristant,
du wssre ein guoter wigant,
hübesch unde wol gezogen,
deheiner eren betrogen.
den frouwen wasre du bereit, 1655
und enhete dehein bösheit
an dir geberc noch loch.
waerest du boBse, du lebetest noch.
du betest ellenthaften muot
und betest lip unde gnot. 1660
du wsare ein künec riebe;
du dientest mir waerliche
also du wsBrest min kneht.
dar umbe hete ich gar reht
daz ich iemer klagete dich. 1665
weiz got, daz tuon ich.*
d5 bat er alle sine man
daz si ze leide solten hän
eines lieben neven tot.
ouch machte er selbe soihe n6t, 1670
si enwffiren denne steinen
si muosten alle weinen.
der künec hete jaBmerlichiu wort,
er sprach 'nu hän ich Srst bekort
herzeliches leides. 1675
48 vnf^elich BS, 49 sendent B, 54 Ynd do keiner 8.
56 enhette do kein 5, hattest dp heine B, 57 gebrech B.
59 bette S. 60 übe 8. 62 dienstest B, dienst 8. 68 Oech
also B. 65 ich f. 8. 70 möchte B. 71 Vnd das sie weient 8.
74 gebort B,
Tristan cds Mönch, 385
oawd tot, wie da scheidee
triuwe ande minne.
ich rede äne sinne;
wan ich triuwen niht enpflac
mlnem neven nie keinen tac. 1680
daz wil ich iemer klagen.'
die bare half er selbe tragen
und enpfie si herllche.
daz gebot der kOnec riche.
daz gesinde und die herren, 1686
die kleinen und die merren,
arme unde riche,
harte flizecliche
Tristanden si weinden.
wol si bescheinden 1690
daz in der herre liep was.
der abbet sinen salter las;
nu muoste ouch einen salter han
des abbetes kappelän,
der niuwe der nu wart ze münche, 1695
verbarc sich mit der twünche(?)
der einen kurtzen zümtzlag(?)
durch die brä er über den salter sach.
daz klagen von in allen,
ez begunde im wol gevallen. 1700
doch was ime niht ungemach;
ze ime selben er sprach:
'wie dise liute effent sich,
76 dot 8, f, R. du f. BS. 80 nye kein B, naht vnd S.
86 Des J2. 86 meren BS, 98 must du einen B, ein S.
95 wart f. BS, mnnich S. 96 twunich S, 97 so B, vnd det
ein knrtzen smurtzlach S, 98 broge S, darch S. 99 clagten S.
1700 ime B, f. S, 02 Do sft 22, Do er za S. selben er]
selber BS,
1
386 Tristan als Mönch,
daz si sus weinende klagent mich
und ich noch lebe froeliche. 1705
si tuont tören geliche,
daz wizzent alle sicherliche.'
diz was sin heimlich gebet.
ouch sage ich iu was er tet:
wunderlichen dicke 1710
schellecllche blicke,
ob er si iergen möhte ersehen
der er ze frouwen wolte jehen.
ir klage hete er gerne vemomen.
dannoch was si dar niht komen. 1715
Der riebe künec Marke,
weinende vil starke
ze stme wlbe er dö gie.
minnecliche er si gevie
und sprach vil jsemerliche: 1720
ä küneginne nche,
so liep so ir mir iemer sin,
so klagent den lieben neven min,
Tristanden den guoten kneht.
für war des hant ir reht; 1725
wan er iu wol gedienet hat
sunder alle missetät/
do diu künegin vernam
daz er ze klagenne kam
ir lieben friunt Tristant, 1780
do hete si nach al zehant
verlorn alle ir sinne.
(H clagen dich RS. 10 Wanderliche Jß, Vil wunderlichen S.
11 Schelleflc J2, Schalleclichen S. 12 Ob sie die S. adien S,
18 Das RS. zur S, z& der R. 17 f. jR. Weinde S. 21 0 R, f. S.
25 des hent R, das hant S. 81 si f. RS. alle RS. 82 Ver-
lornen S.
Tristan als Mönch, 387
sin liebiu friundinne,
von vil jämer si erschrac.
iedoch si gaoter sinne pflac 1785
und fragete waz im wsere.
er sprach 'der vil klagebsere
neve min der ist erslagen.'
'den wil ich niemer klagen',
sprach diu küneginne. 1740
der künec von nnsinne
wolte nach erwüeten.
hete er ez niht von güeten
und durch hübescheit vermiten,
so hete er sSre gestriten. 1746
do sprach er 'wie redest du so.'
diu &ouwe sprach aber dö
'ist er sicherlichen tot?'
'ja er.' s6 mag ich äne not
leben hinfür me, 1750
wan ich von sinen schulden e
hän leides vil gewunnen.
des tödes wil ich im gunnen
und lobe es got, ob ez war ist.'
diz ist ouch ein kündeger list, 1755
daz si mit solher kündekeit
fär brahte so rehtez herzeleit.
dem künege was diz ungemach,
zorneclichen er dö sprach:
'got von himel riuwe 1760
wibes untriuwe.
88 Uebe S, lieben B, 35 in was ime 8. 38 Der &efe S.
39 verclagen BS, 42 nohe S^ noch er wol B, 46 er f, S.
47 die sprach S, 53 gynnen 8, gegannen B, 54 ob B, als S,
65 oaeh f, 8, 57 Vorbracht 8, rechte hertsenleit 8, 59 Zom-
neclich B.
388 Tristan äU Mönch.
frouwe, waere ich ia liep,
und waere er noch denne ein diep,
und hetent stn schaden genomen
dicke ane grözen fromen 1766
den ich klage also sere,
durch wipUche ere
so soltent ir tuon also ich.
nu schiuet wie ir minnent mich.'
si sprach 'herre, ez tuot mir not. 1770
er waere mir lihte leider t6t,
wan daz ich ane schulde
durch in dicke iuwer hulde
verlüre, trüt herre min.'
er sprach 'liebe frouwe künegin, 1775
swaz ir durch in hänt erliten,
möhte er daz d5 hän widerstriten,
des hete er niht geläzen,
ouch hete er äne mäzen
durch iuch gewunnen arbeit. 1780
daz ist mir hiute und iemer leit.
nu bite ich dich, liebe künegin,
klage den lieben neven min.'
swie vil er gebaete,
so was si s5 staete 1785
daz si in verklagete lihte.
do bat er ie gedihte, ^
der künec die küneginne,
daz si durch sine minne
sinen neven klagete. 1790
68 So S. danna S. 64 hette S. 66 Nach 67 BS. 66 Denne
(Dan S) den BS. daget B. 68 solten S, solt&n B, t&m B. als S.
69 schinent B. 72 Wenne denne on B. 77 er do wider hau
gestritten S. 78 Das B. 79 ftne] me BS. 80 gewinne JS.
86 woa B, das S. 87 ye B, in S.
Tristem als Mönch. 389
unschuldec er si dö sagete
aller ir misseteete.
daz si doch gerne tsete,
des liez si sich dö schiere erbiten
nach aller guoten frouwen siten 1796
und sprach 'ez ist mir leit,
ouch sage ich dir mlne wärheit
daz wir sin grözen schaden han ;
er was ein tugenthafber man
und diente dir getrinwellche* 18Ö0
der künec sprach 'sicherliche
enklagest da in niht also mich,
so geminne ich niemer dich/
Diu frouwe tete swaz er gebot;
ouch twanc si der minnen ndt 1806
die si ze dem gaste hete.
wser ez niht des küneges bete,
si enhffite ez lenger niht verbom,
solte si han verlorn
ze stunt ere unde llp. 1810
dö lie dar gän daz schoene wip
da zuo der baren,
vor allen den die da wären
getorste si ez niemer h&n getan:
si wolte in geleit hän 1816
an ir arme gerne
und sprach 'sit ich von Ibeme
dich ritter guot von örste gesach
92 Alle RS. missete R. 93 hatte S. 94 Das B8, liessen B.
do 8, f. B. 97 myne S, myn B.
1800 ir B. 01 Den B. sprach f. hier BS. 02 Sprach du
enclagest BS. 08 gewynne S. 04 Diu f. S. 07 nit 8, mit B.
8 hette 8. 09—12 f. 8. 10 liep B. 11 Do f. B. 18 den f. 8.
14 gehan B. 16 iren B, irem 8,
390 Tristan als Mänd^.
sit hän ich durch dich uugemach
und ouch du durch mich erliten. 1820
nu hat dich leit üherstriten.'
weinende si diz sagete,
gezogenliche si klagete,
Tristanden diu küneginne.
diz wären sinne, 1826
daz si sich üzen huote
und doch ir herze bluote
da innen von swsare.
ich wasne ir lieber wsare
daz si selbe wasre tot, 18S0
denne si in ssBhe in solher not,
den lieben Tristanden,
und si des niht anden
nach ir willen solte
und reden swaz si wolte. 1886
der truhsaeze Tinas,
der Tristanden holt was,
sprach vil jssmerliche :
'we mir innecllche,
daz ich dich tot hie vinde.' 1840
allez daz ingesinde
endorften niht klagen mere.
Tristan wart vil sere
geklaget von genuogen.
sumeliche si sich sluogen 1846
and rouften eteliche.
19 dich f.E. 21 eretritten S, 22 das B, 28 Gesoge-
lich B, Qezngelich S, 24 Tristan den B. 26 grosse synne S.
26 si f. BS. 27 ir S, f. B. 28 Do ir man B, 31 Dan 8,
Denne das B. 83 das B. 39 mirgar (korrigiert) B, 40 dich 2^
doch 8, hie 8, f. B. 42 ouch nicht B. 44 Bedaget B. 46 So-
melich sü B, Jemerlich sie sich ;Si. 46 r&fften B,
Tristan ah Mönch. 391
dö diu leides rlche
frouwe dise not gesach,
zuo ir selber si d6 sprach:
'hie ist leides so vil, 18B0
ich mac taon swaz ich wil.
si sint von klage so sinne bar,
si nement min deheine war.
si duhten si dö alle blint.
sus machet sine wise kint (?). 1856
der baren lit warf si dö hin,
daz ir ir f rinnt rehte erschin.
dö wären ime die wanden
bluotec und nnverbunden,
und was so verhouwen 1860
daz si niht mohte schouwen
oder wer er wsere wizzen.
des hete sich verflizzen
des abbetes kappellän,
dö er diz wolte an gän. 1866
mohte der töte sin genesen,
si wsere im arzät gewesen,
also ez da vor ouch beschach.
die wunden si im üf brach
und begreif si allenthalben. 1870
dö enhete si niht ander salben
wan ir trehene vil unde gröz,
die si in die wunden göz.
49 In 5. do B, f. S. 52 von f. B. 58 do keine S,
54 dochtent S, dachte B. 66 sjnne S. 56 Do S. lüt B.
61 nit S, f. B, 62 wor B. 68 gefiissen S, Nach 65 Über,
sthrift in S Wie tristan sich in munches kleider andet vnd wie er
jtolt ynd den konig marck im sine liez das er der tode riter were
der do lag. 71 anders wasser S. 72 Was B, ir trehene ir
trehene B.
392 Tristan als M6n<^.
dö sprach si zehant:
'daz ich dich, lieber Tristant, 1875
alsQs yinde töten
und s6 sSre verschrdten,
und ich dir niht mac gewegen,
des wil ich iemer leides pflegen/
ir stachen nam si ze stant 1880
unde wischte ime den munt.
minnecllche si in knste.
ach wie dö gelüste
des abbetes kappel&n
daz er den kus möhte h&n 1885
den der töte man enpfie.
wizzent daz ez ergie
al ze jungest ane stnt.
er sprach 'dort einer lit,
der geniuzet min ze vil.* 1890
boese duhte in daz spil.
tsöt, der minne trinwe pflac,
klagete also ir ze herzen lac
ir stseter minne süezen gart,
der ouch ir nie ledec wart, 1895
ir lieben friunt Tristant.
leides si sich underwant.
des si sich dö vil versach.
vil jsBmerliche si dö sprach:
'Tristan, aller saelden man, 1900
Nach 78 Überschrift in R Clxviij Also yaot die koningiii den
dotten ritter vff der boren kaate an einen mant vnd wone ei were
triBtan Ir fnint. 76 Also alsns B, yinden ES. 77 Wie S,
78 dich B, din S. 80 stücken B. 81 wnste S, wfiacb R.
82 Mynneklichen S, 87 nicht ergie BS. 78 Alle S. 92 myn-
nen 8. 98 Glagente als 8. ir oach B. 94 sOsier BS, gert JS.
96 lidig B. 96 lieber BS.
Tristan äU M&neh. 393
den nieman volle klagen kan,
wie sere mich wandert
daz du so manec hundert
ze noeten hast bestanden
und nu in fromden landen 1906
aLsus bist eralagen,
und uns nieman kan gesagen
wie dir diz sl geschehen!
ich wil dir offenlichen jehen:
es mQezen iemer schaden hän 1910
alle mines herren man.
ich wsene diz gesinde
dich niemer überwinde.
ouch sol ich dich von schulden klagen:
aleine han ich durch dich getragen . . . 1916
daz hast du widerdienet wol
so daz ich dich klagen sol.
Tristan, du ellenthafter degen,
do du mit angestlichen wegen
mit diner degenheite 1920
mich under din geleite
gewunne da in trlant,
d5 ergsebe du zehant
kQr (?) ze rittere dich.
sit hast du dicke umbe mich 1925
gewunnen michel arbeit.
hie hebet sich min herzeleit.
Tristant, lieber Tristant,
1901 vollen 8, 02 mich hie 8, 04 not R. 05 nfi R,
ime 8, 08 das Bige S, disz R. 09 offenclichen 8, 10 Er
müBse sin R. 11 hertzen R8. 14 ich f. R, 15 durch f. R.
18 allenthafter 8. 19 nicht engestlicher R. 20 tugentheite RS.
21 vnd RS. 22 Oewjnne dar 8. vrlant R. 24 ritter 8. 26 Ge-
wunne R, 27 hertzenleit 8,
394 Tristan äh M(huh.
dö da den serpant
hetest engestlichen erslagen, ^^0
d6 wurde du getragen
in mine kemenäten.
dö hiez ich dich beraten
heiles unde spise.
nu bin ich din unwise; 1^86
wan du bist an ein ende komen
da mir unheil h&t heil benomen.
Tristan, tugenthafter man,
soltest du daz leben hän,
so solte ich iemer dienen dir. 1940
wan du geschüefe mir
daz ich wart ein künegin,
dö ich nach solte sin
worden eins schüzzeltragers wip.
mit rehte solte dir min lip 1946
iemer undertaenec sin.
ich wart von der manheit din
erlöst von der boesen art:
daz ich niht truhssezin wart,
daz kam von dlner stiure. i960
hie A mir fröude tiure.
Tristan, du beredetest daz,
des sich der truhsaeze vermaz,
daz waere allez gelogen,
dö er nach hete betrogen 19^
mit lügene minen vater.
den künec sere bater
daz er mich ime ze wlbe
80 en^eschlichen 8. 81 du wurde 8. 87 vnheil B, michel 8.
43 f. B. 44 schüsseltregers 22, scbisseldragers 8, 46 Mit mit
recht B. 49 trugsessen B, 61 Nu 8. 62 do berestn S.
68 Das 8. 67 sere den 8.
Triftan als Manch, 395
gSBbe, wan er mit sime libe
heie erslagen den serpant. 1960
daz beredetest du zehant
daz ich solte wesen din.
nu bin ich din, noch du min.
wan uns scheidet der tot.
des hän ich icmer niuwe not.' 1966
dö gedähte aber der kappelan :
'wolte si ir zürnen län
nnd min liebiu frouwe wesen,
so möhte ich noch vil wol genesen,
und ksBme lihte wol alsd 1970
daz wir beide wurden frö,
bevienge uns beide ein bettestro.'
diu frouwe sprach aber dö:
'Tristan, daz ez got riuwe.
du enwoltest durch triuwe 1975
mich ze wibe niht nemen;
du sprseche, ich solte baz zemen
dem künege ze küneginne.
diu hat dir ze minne
sin niht denne den tot gegeben. 1980
des muoz ich iemer trürec leben.
Tristan vil guoter,
min vater und min muoter
befulhen mich in triuwen dir.
nu bist du gescheiden von mir 1985
äne segen und äne gruoz.
nu 6i mir aller fröuden buoz.
süezer lieber Tristant,
61 berestu 8. 62 dln f. R 63 myn genesen B. 67 Wil B.
Iren zom B, 74 er B. 77 es 8, 79 Sü hat dar z& B.
80 denne dot Jß, den do 8, 86 vnd ouch B, 87 N& me sy mir
freiden B,
396 Tristan al$ M&nth.
ich muoz verfluochen das lant,
daz du mich ie brahtest har. 1990
doch nseme du min vil wol war
und dientest mir ze flize
äne itewize,
daz ich wol mohte liden.
enwsere ouch boesez nlden, 1995
BÖ möhtest da noch lihte leben.
dirre nlt hat ein ende geben
mir fröaden und dir libes.
ouwe, min armen wibes
mac niemer mere werden rät. 9000
daz si dö hiezen misaetat,
daz wolt ich gerne an dir vertragen,
solt eht ich dich aus niht klagen«
ich enweiz wie ich dich klage baz,
wan mit eide spriche ich daz: 9005
ist min unheil s5 veste
daz ich, manne beste,
mit dir niht erstirbe,
daz ich doch erwirbe
mlnen sinnen den tot; 9010
wan ich gibe in solhe not
daz si mir tödes verjehent,
so si niht guotes sich versehent.
Tristan, liep äne leit,
ze liebe wurde du bereit 9015
91 vil S, gar B. 92 dieiiBtes b& E. 95 btee S. 97 heit
ende 8, hat dir din ende E. 98 froide S. mir B. 99 mir BS,
2000 Mich B, Myn 8. niemerme mag w. 8. Ol sie 8^ f. B.
doch 8, heimen iSi. 03 ans f, 8, 04 weis 8, 07 mannes BS*
leete 8. 08 erstürbe 8. 09 Ynd B8. verdirbe B8. 11 gebe BS,
soUich 8, Bollichen B. 12 dote« mir 8. verjehen BS. 18 sich S^
an mir B, versehen B8, 15 wurde on gereit B,
Tristan als Mönch. 397
dmer liebe ze aller zit.
diu liebe bete sunder strit
liebes me denne alliu wip,
die wile din lieber süezer lip
ze liebe liebes geltes pflac. 2020
ein leider liebelöser tac
giltet dise liebe weide.
Sit nu liep von liebe scheide,
so belfe swer ie liep gewan
mir klagen disen lieben man. 2025
Tristan, liebe minnet got;
wie hat des lieben gotes gebot
mir heiles guot so gar benomen.
joch enmag ich arme wider komen
niemer me ze guote. 2080
du gnoter, minem muote
du gsßbe guoter frönden vil.
ein ungefQegez vederspil
verbiatet mir guoten muot.
din güete mir unsanfte tuet, 2035
der ich noch baz entwonen muoz.
guotes llbes si mir buoz.
sit nu liep mit leide
liep von liebe scheide,
so helfe swer ie liep gewan 2040
mir klagen disen lieben man.
ouwe Tristan, lieber degen,
nu muoz ich armez wip verpflegen
16 einer 8. 17 Diene -Sf. 19 lieber 5, vil B. 20 liebe
fsrtüde B. 21 liebe leideloser BS. 24 liebe S. 25 Mit B.
26 lieber BS, 28 Min B. 29 Noch B. 81 mynnen RS.
36 besser S, bosser B, enwonen B. 37 liebes S. 88 Sy BS.
liebe S. 89 diep vnd von liebe B, Liebe von leide S. 40 lieb S.
liebe B, 41 Mit BS. clage 'S'. 43 wibe S. mich verpflege B.
)895. Bitxangsb. d. pbil. u. bist. CI. 2t)
398 Tristan äh Möndi.
genäde alle die wile ich lebe.
nu diuhte mich ein goies gebe, 2045
müeste ich tot bi dir geligen.
wan mir ist raste zuo gesigen
so vil der herzesw^re,
daz ich noch gerner wtere
tot, denne ich belibe sus. 2050
ouwe Tristan, wie hast duz
alsus übele bewart!
waz tone dir diu leide vart,
do du nach äventiure rite.
ouwe, ez was aber ie din site 2055
daz dir was von herzen ger,
da man mit swerten und mit sper
ere bejagete oder prls.
du waere der witze gris
und der järe gar ein kint. 2060
ouwe daz alle die nu sint
niht helfent klagen dinen lip.
ouw§ mir, vil armez wip,
daz mich min muoter ie gebar.
wan, swaz mir biz har gewar, 2065
s5 was ich des an dir gewou
daz du mir hülfest wol da von.
nu bin ich hie vereinet,
und mich nieman meinet
mit solhen triuwen also du. 2070
ouwe, Tristan, wer ist nu
der mich von leide troestet me?
44 wil ich aldo die wile R. 45 gutes B, geben S. 46. Muaz H,
ligen S, 48 hertzen swere 8. 51 hastu us S, 58 toiget Ji,
doget S. leides S. 54 Docht noch S. 55 Obe S. 56 gir B,
59 witzen S. 60 joren B, 66 bitz har i?, bitz her 8. 66 ^e-
wan BS. 67 dar van BS. 71 war B. 72 Das mir B.
Tristm äl8 Manch. 399
ouwe mir armen wibe, ouwe!
waz hän ich leides gelebet an dir!
ouwe, Tristan, und ouwe mir 2075
daz mich din ouge ie gesach !
wan dir daz micbel ungemach
von mir armen ist geschehen.
wan betest du mich nie gesehen,
so waerest du hie beliben. 2080
nu wurde du durch mich vertriben
hin da du verlür dln leben.
got geruoche ez ime vergeben
der ie geriet daz gröze mein
daz dich der künec, dln öhein 2066
äne schulde hiez verjagen,
da von du leider bist erslagen.
nu ist der nit gelegen gar.
swer nu welle, dar
und rede von Tristande 2090
ere oder schände,
wan er enmac sich gerechen niet,
und swer in ie verriet
der habe fröude unde gamen.
doch süln si wizzen benamen, 2096
missezseme ez niht wibes güete,
von den ich habe diz ungemtiete,
ich brsßhte si des innen wol,
also man sinen vigent sol,
daz ez im gienge an sinen lip. 2100
nu bin ich leider ein wip
74 gehabet B. 77 mir 5. 81 Du wurde durch B. 82 min 8.
83 es zu geben ime vergeben S. 84 gerat B, 86 oben S,
90 reden S. 92 mag B, rechen S. nit B, niht S. 93 Nu JB.
94 unde] vil BS. 95 wizzen f. H, by namen BS. 99 fund solt S.
2G*
400 Tristan (Ü9 Manch,
und mag es nibt veranden,
wan ich maoz ez enblanden
mlnen armen ougen.
ouwe, nu ist unlougen 2105
daz man mir ofte hat geseit,
daz dicke groz herzeleit
von herzeliebe komen ist.
doch wände ich unze an dise frist
daz ez ein lügen waere. 2110
nu weiz ich erst diu maßre
diu ich nibt wiste unz an daz mal.
ouwe vil armer Eornewäl,
wie geschach dir armen ie also
daz du dich von ime dö . . . 2115
ime daz wunder widerfuor.*
Eornewäl do tiure swuor
mit grözen eiden iezuo
daz er nibt bi im weere duo.
Ist nu ieman dem missebage 2120
dirre lieben frouwen klage,
der dunket mich unwise genuoc.
wan diu erde nie getruoc
tiurer degen denne er was,
der münch der da bi ir saz, 2125
den si wände vor ir ligen.
dö si weinennes bete geswigen,
dö huop man üf die bäreladen
2102 verenden S. OS ich wil es müsz enb. B, entblenden S,
05 ist es onne lougen S. 07 grosses B. hertzenleit S, 08 hertzen
liebe H, 10 lüge B. 12 nit ich S. 16 Vnd ime S. 17 E
kurnewal S, 16 ieza S, do yez& B, 19 wore S. do B, da S,
20 Ist yeman dem nu B. 22 vnd wise S. 24 Tirer B, wan S,
26 Denne B, von ir Bj vor S, lugen S. 27 weinens S^ weindes JB.
28 der bore laden t>.
Tristan ah Mönch, 401
und truoc den ritter von dem stadeii
mit grözes leides kraft; hin für 2180
und satzte in für die münstertür.
d5 wart von weinen michel braht.
nu was ez iezuo an der naht,
daz man ze hove solte gän.
nu huop sich Tristan der kappeiän 2136
hin üf gegen dem alter
und las da sinen salter.
er weinte dicke und dicke
mit manegem üf blicke.
doch was anders niht sin gebet, 2140
daz er do vor dem alter tet,
wan daz im got des gnnde
daz in tsot diu blunde
mit fnogen gessehe.
er gedähte wie das geschsBhe 2146
so stille und also sunder vär
daz es nieman wurde gewar.
wan er wiste benamen daz
daz ime der künec was gehaz.
ouch forhte er siner frouwen schaden. 2160
nu daz er sus was überladen
mit zwlvel und mit sorgen,
er gedahte 'beite ich unz morgen,
so benimt mir lihte der tac
daz ich si niht gesprechen raac' 2156
doch bedäht er sich ze leste.
so grossem 5. vor BS, 31 sat S, stalt R. vor B. daa S.
münster tor U, munster dor S. 33 yetzunt B. 34 huse B.
41 d6 f. S. 42 Wan daz] Wenne B, Das S. got das *S', das got B.
48 ime S, frouwe B. 46 so B. sunder bar JB, sunderbar S.
48 es i2. bjnammen B. 51 da B, do S, 63 beite ohne ich B,
beidestu S, 54 liecht S, 65 besprechen B,
402 TrUtan aU Mämd^.
im wsere dö daz beste
daz er niht bite anze firoo.
na gieDC i^enöte zao
der abbet sin Mobeoagris 2160
nnd sprach 'bmoder, benedis.*
des geneic Tristan und sprach sas
mit zuhten ''meister dominus'
al nach sines klösters orden.
ich wsne, er waere worden 2165
an sime libe strenge,
het erz getriben die lenge.
na sprach der abbet 'braoder Wit,
hänt ir gesprochen luwer atV*
'nein ich, meister.' 'wie kumet daz?* 2170
'ich enweiz; wan ich enmohte baz*
'ist in denne hiute iht gewesen,
daz ir niht gar hant gelesen?*
'ja ez, meister, mir was we . . .
dö ich dort az von in gie. 2175
nu wolt ich gerne raowen hie
and beiten anz mir wnrde baz*
dö sprach der apt 'so rat ich daz,
and danket mich ein bezzer rat,
braoder, daz ir of stat 2180
and mit mir gant ze hove hin.*
'nein,' sprach Tristan, 'ich enbin
niht wol hoTebsere.
57 enwere BS. dö f. S. 58 ynts S, bitte R 59 ingnote B,
ingenoten S. 61 beneditz 5. 62 geneig S^ f, B. tristande S.
64 Alle B, AU 5. 66 leben B, 68 wiU S. 71 mochte BS.
75 Ton üch tsz B. ge BS, 76 hie S. das it 77 biU B. Nach
77 Überschrift in B Clxxii^ Alao ein apt heimlich tu tristaa Tnd
komewal kam vnd in bat das er mit jme ginge s& hoffe essen ynd
es tri^tan nit tän wolte. 81 gont B, geat 6',
Tristan als Mönch. 403
herre, ez ensol iu niht sin swsere
daz ir micli beliben liknt. 2185
ouch ist es zlt daz ir gant.*
dö sprach der abbet 'ich wil gän,
doch soltent ir iuch erbiten län
daz ir mit mir giengent dan.*
'nein ich, crede mich, niht enkan 2190
gebären üze und anderswä,
als ob ir bi mir wsßrent dä(?).'
Nu diz scheiden was geschehen,
dö hete Kornewäl gesehen
daz der apt ze hove gie; 2195
unlange frist er dö lie,
ze sinem herren gieng er wider hin.
er sprach 'herre, wä ist iuwer sin?
wellent ir min frouwen iht sehen?'
'ja ich, möhte ez so geschehen 2200
daz es nieman wurde gewar.'
'ja, ir koment wol also dar
daz ir ouch wol koment dan.'
'lieber Kornewäl, nu sage an
wie daz mit fuoge geschehen mtige 2205
daz wir si bringen dirre lüge
äne missewende
mit listen an ein ende.'
'herre, daz kan ich wol bewam.
ich wil mich wider si enbarn, 2210
daz ir noch lebent und hie sint
und ir wellent si noch hint
84 80l S. 88 eiillent E. 90 Wenne R, Wan S. credo BS,
mich f. 8. 91 anderswo RS. 92 also R. do RS. 97 sinen
herre R. 98 sint S. 99 frouwe RS.
2200 ich f. 8. so S, wol jB. Ol gebar R. 03 f. S. vol-
koment R, 06 diser RS. 11 leben RS. 12 sie 5, so R.
404 Tristan als Mönch.
gesprechen etewä hie bi,
und daz diu lüge hie si
erdäht durch Artüses höchgezit, ^^5
und daz der tote der hie lit,
ze dem ir klagen ist 8Ö ger,
ein ritter si, ich enweiz niht wer.'
'so engeloubet si lihte niht dir.'
'si tuot, wan ich gibe ir 2220
daz vingerlln mit dem saffire
daz si iu saute bi Dlamire,
und ouch den brief der da mite ist
versigelt durch den selben list,
dar an ir, herre, haut geschriben 2225
waz Sachen iuch her habe getriben.
doch muoz ich beiten eine wile.'
'nein Komewäl, lieber, ile.'
'entriuwen, herre, ich enwil.'
'war umbe?' 'da ist hie ritter vil 2280
die der künec Marke lie
hiute bi miner frouwen hie.
dö er si bat und ir verbot
daz si niht machte s6 gröze n6t
und mit im gienge slafen, 2235
dö begunde si in strafen
und sprach "herre, wie redest du so?
ich wil durch bete noch durch drö
mich Ungemaches niht enthaben
unze Tristan wirt begraben. 2240
da von sülnt ir die rede lan.
18 etwan S, 15 Er gedochte R. artus S, 17 uwer olage S.
18 weis S, 19 gloubet S. sie dis liecht S, 22 saate f. B.
28 der B. 24 selten 8. 26 sach S, 27 do S. bitten E-
wile f. R. 81 Do die R. 84 nit möchte S, machte B. 86 sü
in begunde RS, 89 enbaben S, 40 wart R, wurde S,
Tristan als Möftch, 405
beizent die ritter mit iu gän
und bitent si komen her wider.
so belibet Kornewäl hie nider
und Dlamire diu guote; 2245
unser ist nu genuoc ze huote."
ouch horte ich wol an Marken
daz er zwein knebten starken
die bare mit dem manne bevalch;
der eine ist von Hispanje ein Walch, 2250
der ander ist von Engellant.
sebent, disen zwein ist unerkant
unser spräche und unser wort;
ich weiz wol, seite ich in ein mort,
si Seiten ez niemer mere vort; 2265
ez waere verswigen von disen zwein;
si enkunnent nibt wan ja und nein,
dar an doch mäze kunst lit.'
do sprach er aber 'es ist zit'
daz ich ze miner frouwen ga. 226()
ich wssne, die ritter sint noch da.
ouch sülnt ir Valien an iuwer knie
und sülnt got flehen hie
daz er geruoche gunnen mir
daz ich zwischen iu und ir 2265
gerede ein ganze suon.'
Tristan sprach 'ich tuon.'
Kornewäl der gienc hin üz.
nu wären gevarn die ritter ze hüs,
48 swen BS. kneht S. 50 hjspaxmyen B^ jspanie S.
52 zweyen B, ynbekant S. 54 in f, S, einen BS. 55 me BS.
fort B, 56 ist S, vor S. 57 denne B. 59 herre ist es S.
61 noch B, nit S. 63 hie by B. 66 sün B. Bune S. Nach
67 Überschrift in S Wie der kunig marcke den abt bat vmb den
mfinch tristan vnd er ime geben wart die kunigin Ysolt zu artzenyen.
406 Tristan als Mönch,
und was nieman beliben da 2270
wan die zwene nein und ja
und Diamire diu guote maget,
also uns diu äventiure saget,
bi der tsolt was vereinet.
nu bete si [leider] 86 8§re geweinet 2275
daz si niht mobte weinen me.
ouwe daz ir nibt kämen e
diu rehten m»re, daz ist mir leit.
Komewäl d6 nibt lenger beit
und gienc bi banden zuo ir stan. 2280
si biez in guoten äbent bän.
des seite er ir genäde nn.
si spracb 'sage an w& wsere du
binabt alle dise nabt?'
'frouwe,* spracb er, 'icb enmabt.' 2286
'bat dicb iht gesümet dan?'
'ja ez, frouwe, mir bat ein man
ein teil maere dort verjeben*
'sieb, daz möbte wol gescheben
morne und diz lange jär. 2290
nu sibe icb wol, ez ist eht war:
dicke kumet näcb frouden riuwe,
selten näcb töde triuwe.'
Kornewäl neicte sieb ze ir fuoze,
er spracb 'frouwe, vemement min unmuoze, 2295
diu micb sider geirret bat.
der müncb der dort böber stät,
74 ysolde JB. 76 we B. 77 komet RS. 78 rechte RS.
79 dd f. S. 80 zu ir S, su B. 82 Disz R, Dia S. gnode ynd
danck S. 83 du so lang 8. 86 Jo bette dich S, iht S, ich R,
87 het S. 89 Sie S. 90 Mom R, 92 frouwen RS. 98 Sel-
tnen R. dote S, doten R- 94 neiget RS, irem R^ iren 8. fassen S,
97 do 8,
Tristan als Mönch, 407
der bewarte ie gedihte
minen herren an siner bihte.
den fraget ich bi siner triuwe, 2300
ob min herre iht guoter riuwe
an slnem ende hsete.
do yerjach er mir mit stsBte
daz er nie gessehe ritter
des jämer waere so bitter 2305
von sinen sünden also der sin,
und Seite s5 yil, frouwe min,
daz mir daz ouge über lief.
ouch gab er ime disen brief.
frouwe, swaz dar an si geschriben, 2310
daz ist noch unversnochet beliben.
ouch weiz ich wol wie daz beleip:
do in min herre selbe schreip,
do gap er in dem manche sa;
äne mich was nieman da. 2316
den sülnt ir, frouwe, von mir uemen
und sülnt iu selber gestemen,
biz ir gelesent dar abe
swaz er dar an geschriben habe.'
also er ir diz tete kunt, 2320
si nam den brief do ze stunt
und brach sines gebendes rigel
und nam daz liebe ingesigel,
daz yingerlin da mite er was
versigelt, also ich iu e las, 2325
98 Des B. je die B. 99 Min herre B.
2302 sime S, 06 als S. 08 die ougen S. 11 noch f. S.
13 in f, B. selber li, selbes S, 14 ime S. so B, do S. 15 do B,
so 8. 17 selbes S. 18 gelesen BS. 19 darab S. 20 Als S.
das 5. 21 dö f, S, 22 sin S, 25 als ich e S,
408 Tristan als Manch.
und stiez ez an ir vinger.
ir kumber der wart ringer.
daz kam von solber ahte
daz si da bi mähte
gedenken Tristandes. 2830
ich wsene, si bevandez
schiere, waz dar ane staont.
si tete als noch genuoge tuont,
der herze ist gar äne yalsch.
si tete in üf (do was er enwalsch) 23S5
und las dar an also si ez vant,
geschriben sus mit welscher haut:
'ich wil iuch, frouwe, gerne biten
daz ir vemement mit guoten siten
ein dinc daz ich iu künden wil. 2340
erschreckent dar abe niht ze vil.
ich huop mich üz durch beji^^en
eines morgens do an einem tagen
und kam über ein velt geriten.
dar üfe sach ich ligen enmitten 2345
einen ritler in einer furch,
mit eime sper gestochen durch
zer schultern binden und vorne zer brüst,
als ez geschach an einer just.
disen selben töten man, 2350
do ich in sach von verren an,
do k^rte ich dar und rihte in üf
nu sach ich wa im was diu huf
26 stiease B, iren RS. 27 komer S. 28 Do R. 81 be-
fant es RS, 82 dar an R, do onne S, 38 also R, 34 gar f. R.
36 er walch S, ein walsch R. 36 als S. 88 Vnd R. 39 gu-
tem R, 48 so an einen S, 45 sach so ich R, ligen f, R.
47 einem S. 48 forn zur S, vo'nä zu d R. 49 Also R. 61 fer-
rem RS. 52 riech te S. 68—55 Nu sach ich vor im was dot S,
53 So nü sage ich R.
Tristan als Mönch, 409
gebrochen von des yalles not,
und dar nach daz er was tot. 2S55
ich liez in slgen üf daz gras.
Komewäl dö bi mir was;
der half mir in mit jämer klagen.
dar nach begunde ez verre tagen
s6 sere daz diu sunne erschein. 2360
nu wurden wir zwene des enein.
daz Komewal wsBre böte
ze der tavelrunde rote
und Seite wie in kurzen tagen
mich ein ritter hete erslagen 2365
ze einer juste mit einem spar,
er enwiste wenne oder wer,
und daz ich des gebeten habe
daz man mich dort niht begrabe,
man süle mich ze Markes hüs 1^370
füeren und daz der künec Artus
ouch dar min geverte sie
mit dner lieben massenie.
daz geschach schiere zunder twäl. 2375
ze hoye gähete Komewäl
und Seite Artusen, der eren degen,
ich wsere an einer juste gelegen.
dar nach ouch ich niht lenger beit,
und also schiere do er gereit,
do versneit ich den ritter gar, 2380
daz nieman wurde des gewar
ob er ez wsBre oder ich.
57 Komewale B, 60 schein S. 61 in ein RS. 66 einer
aper B. 67 wüste wanne S, 68 dz S. 69 dort] durch Ä, hie
durch B. 70 sol BS, 71 und f. R. 72 sy S, 73 masseny S.
76 saget B. 77 wore B, just 6', wüste JB. 78 ich ouch B.
bleip B, 80 sneit S,
r
410 Trigtan äh MönOi.
dar nach huop ich selbe mich
ze eime klöster durch einen list
und bat den apt, der noch hie ist, 2385
daz er mich naBme ze bruoder drin,
und mit dem ouch ich nu hie bin
und stände hie bi in münches wät.
nu gebeut, frouwe, uns den rat,
wie liep ze liebe kome also 2890
daz liep von liebe werde frö.
wan geschiht do swacher huote kraft
und swechet dise geselleschaft
und liep so liebe leidet
daz liep von liebe scheidet, 2396
s6 geschiht von liebe niemer liep
dem der durch minne ist worden ein diep,
mir armen, den der liebe not
nach liebe twinget unz an den tot.
und ist, daz ir iuch Terzihent mir, 2400
s6 wirt durch muoter lieber gir(?)
so bellbe ich äne liep mit leide.
liebe und leide die beide
stritent hie mit rehter pflege (?).
nu helfent, firouwe, daz liebe gesige 2405
und leide ze liebe ibt kome wider.
wan kumet von leide liebe nider,
so wirt von leide liebe we
und kumet ze liebe niemer me.
83 selber R, selbes S. 84 einem 8» ein S, 86 dar in S,
87 ich ouch R. 88 hie in by B. 92 schwaher hüte S.
93 swechecht B. 94 so S, zu B, 96 von S, vnd i2. 96 Schicht 5.
nie mer B. 98 Mit BS. dem BS. lieben B, 99 twungent S,
2400 das üch verliebent BS. Ol liebe S. 02 bliebe onne S.
03 Lieb vnd leide S, Liep vnd leit B. 04 pflige 8, 06 lieb S,
Jiep B. 06 leid &\ leit B. 07 lieb S, liep B.
Tristan als Mönch. 411
ist ^ber daz gesiget diu liebe süeze 2410
an feide, daz geschehen müeze,
so wirt liep an liebe Teste
gar äne leit, daz ist daz beste.'
Do diu frouwe diz gelas
daz ir friunt do bi ir was 241B
lebendec unde niht tot,
dö wart si bleich unde rot
und erschrac von der geschiht.
*Ist ez war oder niht?'
sprach diu künegin tsot. 2420
Eomewäl ir dö bot
des Sicherheit mit eide
daz er si dennoch beide
ze einander brähte an eine stat.
tsöt dö Eornewälen bat 2425
daz er ilte harte,
biz si der liute warte
niht dorfte entsitzen.
er sprach do mit witzen
'nu gebiutet, frouwe, mir daz zil 2430
wä ir in gesprechent, wan ich wil
iezuo gan,' 'ich enweiz.
da gihe ich daz mir si ze heiz
und welle mich erküelen gän.
dise zwene wil ich hie inne län 2485
hüeten bi der bare,
so mügen wir zewäre
gar äne alle vorhte sin.
11 Onne leit S, Owe leit B, 12 wurt R, ward S. 14 15 Do
die frowe do by ir was S, 18 schiebt S. 19 Es ist B, Es sy S.
23 dannoch S. 28 durffte B, durf S. 30 gebüt B, gebitt S.
32 wenne ich JB. 35 hinnan lan B, 36 boreu BS. 37 Sü
müc^ent (mögent S) mir zworen BS.
412 Tristan (da Mönch.
du solt mir den herren dln
bringen an daz schoene gras ^^^
da er yement bi mir was,
ob dem brunnen in dem garten.
da wil ich sin warten.
so wil ich iezuo hin gan.'
Eornewäl sprach 'diz sl getän.^ 2445
Nu gie diu frouwe an den kle.
Tristanden tete daz beiten we,
daz Eornewäl niht schiere kam,
dö lief er von dem alter hin dan,
da er sin gebet gesprach. 2460
wider sich selben er do jach
'dirre wil ze lange sin.
möhte ich die lieben frouwen min
selbe gesehen, des wsßre mir not.
ouw§ Brangsdne, du bist tot. 2465
du hülfe mir ze stsete wol;
din herze daz was triuwen vol.
Diämire diu krenket sich
daz si die lieben unde mich
alsus lät besunder. 2460
es nimet mich michel wunder
daz unssBlde hat über mich gesworn;
wan ich sselde hän verlorn.
unssBlde, du solt verfluochet wesen;
du wilt mich niergen län genesen.' 2465
do er sich alsus klagete,
dö kam unde sagete
89 min R. 40 schönste 8, 41 fernen S, 44 Do JB.
45 das 5. 47 Tristan S. 50 gebette sprach S. 61 selber R.
selbes S. sprach iSi. 58 liebe frouwe RS. 54 Selb i2, Selbes S,
das RS. 56 hilffe RS. state S. 59 liebe RS. 60 byännder S.
62 het R, hett 8. 63 selb R, selbes S. 64 Vnd sette S.
Tristan als Mötich. 4 UV
Kornewal, ain knappe:
'ziehent abe die kappe,
diu nach münches wise stat. 2'*'^^
und nement, herre, mine wät
und gant da min frouwe si.
si ist worden sorgen frl.'
'sol ich die lieben gesehen.'
'ja, herre/ 'wä sol daz geschehen?' 2475
'herre, bl dem brunnen da.
Tristan lief balde sä
da er die herzelieben vant.
nach liebe er sich ir underwant;
mit liebe si ez ime wol vergalt; 2480
ir liebe diu was manecvalt;
liebes heten si die mäht
biz dan umbe die mitten naht.
dö muosten si sich scheiden.
ich weiz wol daz in beiden 2485
liebes niht dar an geschach
daz si daz liep und daz gemach
so schiere muosten läzen.
*naht, du bist verwäzen
daz du balde fliuhest hin. 2490
du solt wizzen daz ich bin
niht din friunt vil guoter.
wan Sit mich min muoter
von allererste ie gebar,
s6 wizzest daz mir nie gewar
2495
68 knabe 8. Nach 68 in R Clxxv. Nach 73 Überschrift
in R Also komewal tristan seite das er zu ysot kerne by dem brun-
nen do wolt 8ü sin wa'te. 74 liebe RS. 76 do RS. 77 8o RS.
78 hertzeliebe RS. 80 ime f. R. 82 naht S. 83 die f. S.
mittenaht S, mitter nacht R. 88 Vil schier muste *S. 89 ver-
wachsen S. 90 fliehest 8. 94 nye RS. 95 wisse *S.
1896. StUmigsb. d. phil. u. hist. Cl. 27
414 Tristan ah Mönch.
s6 rehte leide von dir.
des solt du wol gelouben mir.'
Nu gie si wider sa zestunt.
si wolte den ritter an den munt
fürbaz do niht küssen me. 2500
si jach des vaste, ir wsere we
worden in vil kurzer frist
diz tetiie si durch den list
daz si den töten man
niht mere möhte sehen an. 2605
enmitten gie der künec in.
Diamire hete die künegin
genomen in ir schöze.
ungehabe gröze
nam diu frouwe an ir llp. 2510
ez w8Bre man oder wip,
so dühte si es alze vil.
daz was dem künege als ein übe) spil.
der künec begunde schoQwen
sine herzelieben frouwen. 2516
er kuste si güetliche an ir munt
und sprach 'frouwe, wserest du gesunt,
daz nasme ich für Tristandes leben,
got der hat mir gegeben
groz laster und herzensere. 2620
des muoz ich iemer mere
von rehte trürec sin,
sol ich die lieben frouwen min
Verliesen ich enweiz niht wie.
99 So B. den f. S.
2501 das S. 02 Wurden B. vil f. B, 06 ire Ä, iren S.
schössen S. 18 alles ein B^ als S. 15 hertze Hebe BS,
17 frouwe f. B. 20 Qrossen BS. lust von hertzeme sere R.
21 Das BS. 23 hebe frouwe B, 24 weis S,
Tristan als Mönch, 415
wä Arieschent ir noch ie 2^2^
so vil von herzenleide.
süezer got, du enscheide
die herzelieben von mir niet.
wan man noch nie geschiet
von liebem wibe also ich von ir. 2530
richer got, des geloube mir.
Isolde, minneclichez wip,
schoene Isolde, reiner lip,
du wsBre ie so schoener site;
tsolde dir wonete saelde mite; 2586
tsolde, du waere wol gemuot;
man sprach dir nie wan allez guot,
und sol ich äne, dich nu leben,
mit dem lebene ist mir vergeben/
tsöt sprach 'gehabent iuch wol. 2640
unser herre got uns gunnen sol
ze lebenne mit einander noch.'
liebe frouwe, wiste ich doch
ob arzenie iht hörte da zuo,
daz man si gewinnen tno.' 2546
do sprach diu frouwe wol gesunt:
'daz ist mir nu gar unkunt.
ez sol dir niht wesen zorn,
die liste hän ich gar verlorn
der ich ie gar ein meister was. 2650
iedoch solt du heizen daz
man den abbet frage des
ob er iht kunne wizzen wes
25 frischen B, freischent S, 28 hertzliebe ES. 29 Wenne E,
Von 8. noch f, S. 80 lebem wibe also ii, liebe wip als S.
31 das £f. 85 wonet ES, 40 Isolt S. 41 gynnen S. 44 do
höre EU S. 45 du ES. 49 beste E. habe ES. 50 ie f. E.
58 nit E. des S.
27*
416 THstan aU Mönch.
/e dem siech tagen sige not,
daz mir gelenget werde der tot. 2655
sin bruoder Wit der hie bi im ist,
der kan den besten arz4tlist ^
den ieman von Saleme kan
und ist ein harte wlser man*
sprach diu künegin tsöt; 2560
'der kumet uns wol ze dirre not/
Do geschuof der künec zehant
daz der abbet wart besant.
do was des Tristan äne wän,
er müeste den lip verlorn h&n. 2565
dö er vernam diu msere
daz er er verrüeget weere
umbe arzeliche liste,
von den er kleine weiste,
do wart er von der bete r6t. 2570
er werte sich mit maneger not.
dö sprach der küußc 'bruoder Wit,
daz ir sus übel ze erbitenne sit,
daz tuont ir sere wider got.
ez enist niht gotes gebot, 2575
swaz ir von gotes hulden hänt,
daz ir des iemen mangeln iänt.'
'herre,' sprach der münech dö,
unser orden der ist also,
swer der weite sich bewege, 2680
daz er iht arzenie pflege,
herre, frägent den abbet da
ob ez habe diu regulä.
56 ime S^ nii H, 58 nieznan S. salueme i2. 62 schaff S.
66 nam S. er die B. 71 sich werte B. 78 übel f, B. 75 Es
ist gottes S. 76 hulde S, halben B, 76 das B, jemer BS.
mangel hant S. 79 der f, S. 83 den regebo B^ den rigebo S.
Tristan als Mönch. 417
der ist'meister über mich.'
der abbet sprach 'creJe mich, 2585
ich enweiz dar umbe niht ze vil.
swaz aber min herre wil
und verbot uns verbiete,
daz leistent äne miete,
bruoder, daz ist gotlich ; 2590
die sunde die nime ich über mich/
tsöt was der msere frö.
neben die bare seic si dö,
also ir waere geswunden.
dö truoc man si an den stunden 2595
mit jämer ze kernen äten.
meister Wlt, der muoste raten
von der angestlichen not;
wan ez ime der künec gebot;
der apt hete ez ime erloubet.
er greif ir an daz houbet;
eine salbe streich er ir dar
daz ir zehant niht enwar.
dö der künec daz ersach,
zuo dem abbet daz er sprach:
'diz ist der beste arzät
den allez Salerne hat.
got hat in bar gesant.'
meister Wlt der sprach zehant:
'man sol uns eine stille län, 2610
daz waere harte wol getan.'
der künec si alle üz treip
m^o
2605
85 credo S. 86 nicht nich R, 88 vnd 11, gebiette S.
89 leisten ich onne gemüte S, 91 die nym S, neme Ä. 95 zu Ä.
98 engestlichen S.
2600 hat 68 in S, Ol Ergreiff E. 02 selbe B. 04 Do
der do k. R. 08 her S, 09 der f, S. 12 alle vertreip S.
418 Tristan ah Mönch,
daz dö nieman iune beleip
wan Dianüre und meister Wlt.
der abbet sprach ''es ist zit 2615
daz man den toten begrabe."
dö wart michel ungehabe,
weinen unde schrien
von aller der massenieu.
Artus unde Marke 2620
die weinden starke.
ir aller weinen unde klagen
mac ich sunder niht gesagen.
diu messe gesungen wart,
und der töte [wart] bewart 2625
nach sinem rehte mit gebete.
dö tete man ime als man e tete:
in die erde man in begruop.
daz Yolc sich allez dannen huop.
Marke gie sä zehant 2630
da er die küneginne vant,
und fragete si der msere
wie ir an dem llbe w8Bre.
si sprach 'nach ungeuäden wol,
des man iemer danken sei 2635
disem vil guoten man,
der min so wol gepflegen kan.
seit er lenger bi mir sin gewesen,
so wsere ich schiere genesen.'
Marke sprach 'frouwe künegin, 2640
14 denne B. 18 schrigen RS, 19 der f, S, massenigen R,
Nach 19 Überschrift in 8 Wie der kunig marcke dem mfinch triBtan
erloubet wider heim in sin closter vnd wie er heim in sin laat reit.
27 also R. 28 grup R, 29 alles do vbel gehikp R. 38 liebe S.
35 Da« R, 38 sin f. S.
Tristan als Mönch, 419
der abbet lat in bi ia slu
also lange also ir wellent.*
'ouwe, herre, daz stellent
daz er lange belibe hie.
ich gesach s6 guoten arzat nie.' 2645
der abbet schiere wart besant.
Marke bat in sä zehant
daz er bruoder Wlten
bi ime hieze biten
unz er generte die künegin. 2650
daz liez der abbet also sin.
ouwe, weihen arzat
slme wlbe Marke erweit hat!
und wiste er wer er wsere,
wie gerne er sin enbiere! -655
do tete Marke rehte als tsengrin,
der Hersant sine friundin
bevalch Reinharte,
der si ime wol bewarte.
der münch bruoder Wite 2660
der sprach sin gezlte
tsote ze aller stunde,
swenne er mit fuogen künde.
eine minne er ir gap,
daz si gienc äne stap 2665
swar so si dühte guot.
Hie mite so nam er in sinen muot:
der münech und der arzat
42 80 S. 43 bestellent S. 46 besaDt'wart li. 47 so li,
f, S. 60 Vntze er fj^ente 12, Vnd genese S. 52 wellichen S,
welch ein B, 56 Do f. S, also recht B. 57 Der herre sant
(sante S) sin BS. 58 Vnd befalch (entpfalch .S') sü BS. 59 hü
n& wol (unterpungiert:) bewol B. 63 Wenne B, Wan S. 67 so. /", S.
420 Tristan als Mönch.
die nänien ze dem ritter rat,
ir friunde Tristande, -^670
ob ieman dö erkande
ir drlger einen under in,
daz wurde ir aller ungewin.
sus wart der eine mit den zwein
mit guotem willen des enein, 2675
si solten varn, es waere zlt.
hie mite so gie bruoder Wit
für den künec Marken stan.
er sprach 'herre, ir sülnt mich lan
ze der samenunge varn. 2680
der stieze got müeze iuch bewarn.
ich ensol hie nimme lenger wesen.
min froawe diu ist wol genesen.
bedarf si min hie nach iht me,
ich diene ir aber gerne als e.' 2685
Marke sprach 'nu sagent mir,
lieber meister, geruochent ir
von uns iht des wir hän,
daz ist allez iu getan*
'nein,* sprach er, 'lieber herre min,* 2690
ir sülnt des klosters friunt sin.
ob ich iu iht gedienet hän,
des sülnt ir ez geniezen lan.*
sus huop der guote klösterman
sich üf sine sträze hin dan 2695
69 den rittern RS. Nach 69 Überschrift in B Cbcxvj Also
der apt vnd der artzat rot nomen by tristAn wie sü ir ding an
vingent. 70 Mime B. 72 dryer S. einer BS, 73 alle ir BS.
74 Des S. 75 der B, gar S. in ein BS. 77 Die S. 80 aamenuge S.
81 soll uns S. 82 hie lenger nit me S. 83 ist hie wol ^.
84 mere B. 86 also ere B. 88 des (das S) wir icht BS. 90 tu
lieber B, 92 iht uch S. 98 Das S. bie lan B. 95 hin f. S.
IHstan als Mönch, 421
und künde leider vinden nie
den wec der zuo der zellen gie.
einen andern wec er dö geriet,
der diu zwei lant schiet,
Kornewal und Engellant. 2700
den reit er ffir sich zehant
in sin lant ze Parmenle.
da was der schänden frle
unz ime daz här gewuohs als e.
dar nach wart er nie münech nie. 2705
96 funden S.
2701 er f. S. alle zu hant S. parmanie B. 04 gewuchse S»
also B,
422 TrisUtn dU Mantk,
Anmerkungen.
17 gesin im Reime noch 36. 832.
44 deheine.
45 har habe ich überall gesetzt in Übereinstimmang mit den
Hss. (nar S hat zuweilen her) und den Reimen, Tgl. 193. 699. 1990.
125 Dass irtp zugesetzt ist, wird wahrscheinlich nach 27.
172 Man sollte den Ind. erwarten: .sobald er auf den Gedanken
kam.* Umgekehrt ist 1874 der Konj. hrahte im Reim aaf gedähte
zu erwarten. Vgl. zn 620.
228 Ue ist auffallend, da der Conj. sn erwarten ist.
233 Die Form niet im Reime noch 837. 2092. 2628. Nach 240
fehlen wohl einige Zeilen,
801 ime vielleicht in ir zu ändern.
303 Besser des lach.
307 almandine, vgl. Lexer, Nachtrag.
812 Man könnte in gefurricret ändern, was aber von dem
überlieferten zu weit absteht.
345 geliche wird als .Acc. PL zu nehmen sein, der durch den
pluraliscben Sinn von wanee pfert gerechtfertigt wird. £■ stünde
dann schon für gelichiu. Immerhin ist diese .\nnahme wahrschein-
licher ald die Kürzung tccetUch.
357 ff. Die Beschreibung des Pferdes lässt sich mit der im
Erec 7290 ff. vergleichen. Doch findet keine n&here Übereinstim-
mung statt.
370 Vgl. Liedersal XXXVII, 9 vnd kunt vil valters triben. Doch
ist vielleicht emcalte statt dne vaiter zu lesen.
385 Kurzer Vokal im Reime auf langen noch an folgenden
Stellen : man : hdn 695. 938. 1147. 1667; hdn : man 1507. 1798. 1910
hdn : gewan 1289. 1645 ; gemacht : erddht 481 ; cär : gewar 2146
/klsf : gast 1219 ; drin : hin 2886; sint : hhU 2211 ; /aot : goi 1241
uf : huf 2352.
401 Unter zwjel uiüssen hier die Riemen verstanden seio, an
denen die Steigbügel hingen.
Tristan als Mäncli, 423
420 Hängt dies val vielleicht mit dem in einem Weistume be-
legten faUrieme zusammen?
424 5 unverständlich.
430 Vgl. die Reime verdriezen : hiezen (= hiez in) 601, Tris-
tandes : bevandes 2880.
431 Reim von cht auf ht noch 589 (nahten : machten), 825
(machte : ahte).
440 Vielleicht ist doch die Lesart von R möhte er richtig, und
der Sinn wäre dann: ,80 müsste ich es ihm (dem Verfasser der
Quelle) glauben*.
474 5 wohl verderbt.
483 Ein Beleg fttr kurzieren bei Lexer im Nachtrag.
511 gewer statt des einfachen wer in diesem Sinne sonst meist
in mitteldeutschen Quellen, doch nicht ausschliesslich.
530 Vgl. Gottfrieds Trist. 5282 dö fiugen tüsent loülekomen von
iegeliches munde; vgl. auch 5481. 6.
550 angen, wenn richtig, ist wohl Acc. Sg. eines schw. Masc.
ange, welches sich aus der Verbindung mir ist ande und ange er-
geben haben könnte. Lexer setzt ein Fem. ange an nach Virginal
301, 8, wo man aber nicht gerade genötigt ist, ein Subst. anzu-
nehmen.
620 AnfiTallender Umlaut bei oifenbarem Ind. Vgl. zu 172.
642 si .die Damen*.
G54 Weitere Kürzungen im Reime sind: hin : erschin(e) 1856,
gebet :tet(e) 17Ö8. 2140; ttcäl(e i : Kornewäl 2374, vär(e) : gewar 2146,
suoft(e) : tuon 2266, dan(ne) : man 2286, s%n(e) : Keidin 1417, mäht :
aht(e) 1238, naht : enmäht(e) 2284, bruM : just(e) 2349, sint : hint(e)
2211; vielleicht auch si : mas8eni(e) 2372, die : gestric(ke) 889, zart:
hart(e) 1509.
657 Mit dem sonst nicht belegten sebette wird ein Bett von
Seegras gemeint sein.
701 Belege für hetzen, ketschen bei Lexer und im DWb.
717 Ironisch zu nehmen? oder verderbt?
778 Vgl. den Reim getan : erslän 1149. Ausstossung eines h
auch in bevelen : helen 1065.
809 sint als 2. PI. im Reime auf hint 2211 ; dagegen ir siJi :
min 1722.
868 Hier scheint eine Lücke zu sein, so dass die Zeile aus zwei
verschiedenen zusammengezogen ist.
874 Besser wohl si hete^ da doch = , obwohl* ist.
881. 2 Der Reim hat sonst nicht seines Gleichen iu dem Gedichte.
424 Tristan als Mönch.
961 Die versuchte Besserung ist ein Notbehelf.
982 Der Gen. bei entwenken auch Dietrichs Flucht 8833 : iuwers
zomes solt ir entwenken,
988 wohl verderbt.
986. Man könnte ändern in zeinem münche inathent mich. Kaum
denkbar ist mümch im Reim auf entwich,
1011 Da 2585 das richtige crede in B überliefert ist, so habe
ich es auch hier und 2190 eingesetzt.
1054 Vielleicht müeze,
1110 Die Lesart von S weist auf vtßringen. Beide Formen
kommen vor.
1186 erherten aushalten? Vgl. Rolandsl. 85, 22, wo aber erherten
ohne Obj. steht.
1202 kann sich nur darauf beziehen, dass sie später erfuhr,
dass ihr Mann nicht tot war.
1297 Wohl niemer.
1874 Vgl. zu 172.
1891 Schwache Flexion von bare wird ausserdem durch den
Reim erwiesen 1431. 1555. 1812, dagegen starke 2436.
1481 Rührender Reim noch 1457. 1549. 1792. 1800, vielleicht 1459.
1459 Ich habe das sinnlose hört durch mort ersetzt, doch ist
die Wiederholung des Wortes in der folgenden Zeile auch sehr be-
denklich.
1509 Das Adv. neben haben wird ebenso berechtigt sein wie das
Adj., doch wäre auch die Kürzung hart zulässig, vgl. zu 654.
1558 diu künegtn kann trotz der Übereinstimmung von BS nicht
richtig sein, denn nach 1712 ff. hat sich Isolt bis dahin noch nicht
gezeigt, und die Nachricht muss ihr erst noch durch Marke über-
bracht werden.
.1611 Andere Beispiele für den Reim tiuvel : zwivel bei Lexer
unter tiuvel.
1696 Wohl tünche = tunica, welches allerdings sonst nicht be-
legt ist.
1705 — 7 Ob der vereinzelte dreifache Reim richtig ist, ist sehr
zweifelhaft.
1757 für brähte «hinweg kam über*.
1771 »er wäre mir leid als toter", »sein Tod wäre mir leid*.
1817 Man sollte erwarten ze Iberne. Zwischen 1923 und 24 ist
wohl eine Lücke anzunehmen.
1979 diu auf triuwe bezogen.
2015 Vielleicht ze übe = ,im Leben*.
Tristan ah Mönch, 425
2050 Reim yon 8 anf e noch 2124 was : saz, 2550 was : daz,
2269 uz : ^u«, 2330 Tmtandes : hevandez.
2068 Vielleicht tc^.
2127 Man sollte was erwarten.
2184 Vgl. 2181.
2191. 2 unTerst&ndlich.
2217 Vielleicht hlagennes.
2280 61 handen «ganz nahe heran* (?) oder «sofort* (?). Die
letztere Bedeutung könnte es auch 595 hahen.
2285 Die Antwort passt nicht genau logisch auf die Frage. Sie
steht, als w&re gefragt »warum bist du nicht eher gekommen?"
2343 Für schwach flektiertes einfaches tage kenne ich sonst kein
Beispiel.
2372. 3 Vielleicht besser s% : masseni, vgl. zu 654.
2400 Man sollte min statt mir erwarten, und so i^t auch wahr-
scheinlich zu lesen, indem die Verderbnis in 2401 durch Überspringen
einiger Zeilen veranlasst ist.
2489 ff. Worte der Isolt.
2496 Vielleicht so von dir,
2564 dne wdn = «sicher"; oder ist an wan zu schreiben? vgl.
zu 654.
2588 niht verbiete?
2631 Vgl. Gottfrieds Trist. 1818: des weisen dinc der da gena^,
daz gefuür nach ungenäden wol.
2656 ff. Vgl. Reinhard Fuchs 416 ff.
426
Tristan als Mönch.
Wortverzeichnis.
ahtbiBre : einen sai dfUbcere 592.
älmandtn, ein Edelstein 307.
anden rächen 1883.
ange scbw. M.? 550, s. Anm.
arzelich 2568.
begehen aufgeben 1074.
begrebede 49.
bekam 1674.
blaster? 388.
bringen : für bringen aber etwas
hinwegkommen 1757.
brUel 416.
btu)z in Bezug aaf etwas Ange-
nehmes 1308.
daz : wie daz 892.
enbam, sich 751. 2210.
enblanden 2103.
entwich st. M. 985.
erherten aushalten 1186.
ertcOeten 1742.
gamen 2094.
gebende für den Verschluss eines
Briefes 2322.
5fe6crc 1667.
gebizze 419.
^edt;»<e Adv. 1787. 2298.
gegenleder 403.
^ci/« F. 1247.
gelider 389.
gemeinen Gemeinschaft haben 790.
gemeliche F. 822.
geminne 716.
genanne F. 299.
^cr 2056. 2217.
gescheite 387.
geselleschaft Freundschaft 1056.
^e<t«men 2317.
gestricke N. 890.
peioer Schutzwehr 511.
hant : bl handen 2280, s. Anm«
Amo^ : A. aXle dise naht 2284.
itfjrenote 2159.
ketzen 701.
kinnereif 421.
ktösterliche 1006.
Ä:ur£;teren 483.
/oxren : 2ie dar ^an ging hin 1811.
lengen aufschieben 2555.
manecvalten scbw. V. 1053.
mdze adjektivisch 2258.
merlekin 437.
neve Oheim 950. 1523.
nider : hie nider 2244.
rt^en sich durch Gottesurteil rei-
nigen 1639.
rOcke : wdrheit warf er ze rücke
1014.
ruoche st F. 1313.
schrenken 412.
schüzzelträger 1944.
sebette 657, s. Anm.
smurtzlach? 1697 Var.
Stange als Verzierung 411.
s^uc/)^ 1880.
sumtzlag? 1697.
tünche (twünche?) 1696, s. Anm^
Trigtan als Mönch,
427
überkraft 1078.
überschinen 970.
iAergtrUen 1408.
überwinden = Tenehmerzen 1297.
1540. 1918.
undertragen, ftnt siden 398.
ungefüere st N. 1410.
ungemeliche Aar, 892.
ungeriBte tt N. 473.
val st N.? 420, 8. Anm.
väUer? 370. t. Anm.
wtfiingen Adv. 1110.
Veranden rftchen 2102.
vereinen 2274.
««rnetii 2441.
verpflegen aufhören sich womit
absageben 2043.
verrüegen 2567.
visdmn 387.
widerdienen 1916.
widerstriten mit Acc. 1777.
icülekomende 1269.
träeffn aasgelassen sein 650.
zoZn 13.
zer^ eisen 1088.
.Tieften : um/ ru^e ze untriuwen
sich 841.
xrii^eZ 401, 8. Anm.
428
Sitzung vom 6. Jnli 1895.
Philosophisch-philologische Classe.
Herr Ed. v. Wölfflin hielt einen Vortrag:
Benedict von Nursia und seine Mönchsregel
wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Herr Hebm. Paul legt eine Abhandlung vor von dem
auswärtigen Mitgliede W. Meyer:
Nürnberger Faustgeschichten
wird in den Abhandlungen erscheinen.
Historische Classe.
Herr J. Friedrich hielt einen Vortrag:
lieber die unächten Kaiser- und Papstschreiben in
den Biographien des Johannes Chrysostomus
wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
429
Benedict von Nnrsia und seine Mönchsregel.
Von Ed. Wölfflin.
(Vorgetragen am 6. Juli.)
Wenn die Benedictiner in der Geschichte der Wissen-
schaften einen so hervorragenden Platz erohert und einzelne
Disciplinen, wie die Paläographie und die Diploraatik, ge-
radezu begründet haben, so verdanken sie diess ihrer eigenen
Entwicklung und nicht den Vorschriften ihrer Ordensregel;
denn es wurden nach derselben (cap. 58, 37) auch des Schrei-
bens Unkundige als Mönche zugelassen, und es gentigte,
wenn dieselben das von einem Anderen geschriebene Auf-
nahmsgesuch mit ihrem Handzeichen (signum: wahrschein-
lich crucis, also einem Kreuze, wie heute noch üblich) be-
glaubigten. Wer diese Ansprüche an die Bildung als zu
gering erachtet, der ist verblendet durch die Anschauungen
des karolingischen Zeitalters, welches in den Klöstern das
Stadium der heidnischen Klassiker nicht nur duldete, sondern
förderte. Wer aber die Frage historisch beurtheilen will,
der muss sich erinnern, dass das Mönchs wesen von Aegypten
ausgegangen ist, und dass die erste Stufe desselben, das Ein-
siedlerthum, gelehrten Bestrebungen nicht günstig sein konnte.
Weder von dem heiligen Antonius, dem Begründer des Kloster-
lebens, noch von seinem Schüler Pachomius, dem ersten Ge-
setzgeber der Mönche (um 330) werden wir viel erwarten
dürfen; vielmehr ermuntert der letztere so wenig zum Stu-
1895. SiUuQgsb. d. phil. u. bist. Cl. 28
430 Ed. WölffUn
dieren, dass er cap. 25 sagt: wer einen Codex zum Lesen
verlangt, der soll ihn bekommen, aber bald wieder zurück-
geben. Dabei ist aber sicher, dass er bei .Codex' nur an
biblische Schriften gedacht hat, während man die heidnische
Litteratur mehr mit Volumina zu bezeichnen pflegte; denn
codex war der viereckige, buchförmige Pergamentcodex,
welchen die christliche Kirche schon um der Dauerhaftig-
keit des Materiales willen angenommen hatte, wogegen die
heidnischen volumina Papyrusrollen waren. Basilins der
Grosse (um 370), Sohn eines Rhetors, welcher Grammatik,
Rhetorik und Philosophie in Constantinopel und Athen stu-
diert hatte, und dann Klöster besuchte und der Askese lebte,
legte für ein gottesfürchtiges Leben auf die Gelehrsamkeit
gar keinen Werth, so dass er in seiner Regel {5qoi) cap. 81
nicht nur die Frage aufwirft, ob man dem Wunsche eines
Mönches, welcher lesen oder lesen lernen will, durchaus
nachzugeben habe, sondern dieselbe in verneinendem Sinne
beantwortet. In diesem Zusammenhange ist die Duldung
grammatischer Studien bei Benedict eher ein Fortschritt
Er selbst (geboren um 480, gestorben um 540), dessen
Biographie Gregor der Grosse auf Grund der Aussagen von
vier Schülern geschrieben hat, stammte zwar aus guter Fa-
milie (liberiori genere exortus) und kam nach Rom, um sich
eine höhere Bildung zu erwerben (liberalium litterarum
studiis traditus); allein die Sitten losigkeit, welche er in der
Hauptstadt kennen lernte, trieb ihn dazu, den Studien schon
mit 14 Jahren den Rücken zu kehren und Einsiedler zu
werden; und wenn auch Edmund Schmidt in seinen bei-
den Mettener Programmen .über die wissenschaftliche Bil-
dung des heiligen Benedict' (1885, S. 4 ff.) versucht hat, den
Ausdruck Gregors .religiosus et pius puer' etwas weiter
auszudehnen, was aus sprachlichen Gründen zulässig ist, so
bleibt doch des Biographen Zeugniss über seine Halbbildung
bestehen: recessit scienter nescius et sapienter indoctus« Wie
Benedict von Nursia und seine Mönchsregel. 431
weit erstreckte sich nun die Litteraturkenntniss Benedicts zur
Zeit, als er seine Regel schrieb, nnd wie gross war die seiner
Genossen ?
Wohl sind in der Ordensregel je nach der Jahreszeit
besondere Standen für Leetüre in dem Tagesprogramme
angesetzt, und als Nachtisch bei beiden Hauptmahlzeiten
liest der ebdomadarius lector einen Abschnitt von 4 — 5 Blät-
tern Tor, nachdem er vorher ein Mixtum getrunken. Nach
cap. 48, 29 empfieng während der 40i»gigen Fasten jeder
Mönch aus der Bibliothek einen codex, den er ganz lesen
musste, und ein oder zwei Aeltere machten die Runde, um
sich zu überzeugen, ob die Brüder auch wirklich in die
Leetüre vertieft seien. Aber cap. 48, 4 ist zunächst nur von
lectio divin a die Rede, und 42,7 werden unter den
biblischen Schriften der Heptateuch, d. h. der Pentateuch
nebst Josua und Richter, oder die Bücher Samuelis und
Könige als minder geeignet zur Vorlesung bezeichnet. Auch
Commentare zu den biblischen Schriften werden cap. 9, 18
genannt, doch nur a nominatis orthodoxis patribus, von an-
erkannten Autoritäten, also nicht von Männern wie etwa
TertuUian oder Lactantius. Im Gegensätze zu dem Hepta-
teuch werden dagegen die CoUationes oder Vitae patrum,
aut certe aliquid quod aedificet audientes, also Schriften er-
baulichen Inhaltes empfohlen. Was hier unter CoUationes
patrum zu verstehen sei, hat uns Hildemar, welcher bald
nach dem Tode Karls des Grossen einen Commentar zu der
Regel geschrieben,^) nicht ausdrücklich gesagt; da er aber
zu cap. 73, 12, wo Benedict wieder die Conlationes patrum
als Muster hinstellt, von 24 Büchern spricht, welche in
^) Zuerst gedruckt als Expositio R«gulae im Anhange der Vita
Benedicti etc. Ratisbonae 1880. Vor ihm hatte schon Paulus Dia-
conus einen ähnlichen Commentar geschrieben. Vgl. Anecdota Ca-
sinensia vol I.
28*
432 Ed. Wölfflin
Gruppen von 7, 7 und 10 zerfallen, so muss man nothwen-
dig an die 24 Gespräche des Gassi an von Massilia über
das Mönchsleben denken, welche nicht nur den Titel Gon-
lationes^) führen, sondern auch in der oben angegebenen
Weise in drei Theile gegliedert sind. Er hatte von Bethlehem
aus selbst das Pharaonenland aufgesucht und dort mit den
Einsiedlern zahlreiche Unterredungen gefuhrt. Die Erhaltung
seines Werkes gestattet uns auch die Probe zu machen und
wir finden in demselben nicht nur einige der Lieblings-
wendungen Benedicts, wie domino roilitare, efficaciter implere
(complere), oculi (conspectus) cordis, mit kühner Tropik .die
Augen des Herzens%^) sondern es ist namentlich das acht-
zehnte Gespräch über die verschiedenen Arten der Mönche,
welches die auffallendsten Berührungen zeigt. Gassian nennt
die Sarabaiten das deterrimum genus, qui bini aut temi in
cellulis commorantur, non contenti abbatis cura gubernari
(coli. 18, 7, 4), gerade wie es in der Regula von denselben
heisst: deterrimum (codex Sangallensis ; Variante teterrimum)
genus, qui bini aut temi sine pastore suis inclusi sunt
ovilibus.
Ist es nun klar, dass die in der Regula genannten Gol-
lationes als die Cassians zu verstehen sind, so wird man auch
versucht sein, den daneben erwähnten Vitae patrum eine
bestimmte Deutung zu geben. Man könnte an Heiligenleben
denken, etwa wie Sulpicius Severus das des Martin von Tours
geschrieben hat, nur würde man damit dem Lesestoffe der
ersten benedictinischen Klöster eine zu weitherzige Auslegung
gebeu, und eine Sammlung solcher Schriften verschiedener
Autoren unter dem Titel Vitae patrum kennen wir nicht.
Wohl aber hat Rufinus, welcher gleichfalls in Aegypten
^) Sie werden auch citiert in der Regula Solitariorum cp. 14.
2) Collat. 8, 6, 4 = Pro]. Reg. Ben. 7; 9, 18, 5 = prol. 4;
3, 7, 4 = prol. 66 u. 8. w.
Benedict van Nursia und seine Mönchsregel. 43 B
gewesen war, bald nach 400 nach Chr. Vitae patrum ge-
schrieben, welche später, da die behandelten Patres im
engeren Sinne ägyptische Mönche sind, auch Historia mona-
chorum oder eremitica genannt worden sind. Da nun dieser
Stoff sich so eng mit Gassian berührt, und wir unten noch
zweimal auf Rufin stossen werden, so halten wir uns für
berechtigt, die ohne Verfassernamen citierte Schrift ganz
bestimmt auf diesen Autor zu beziehen. Man kann dann
auch das Citat cap. 18, 57 dum quando legamus sanctos
Patres nostros uno die hoc strenue implesse, nämlich den
ganzen Psalter zu beten, auf Rufin vit. patr. 3, 6 (Patrol.
Mign. vol. 73) zurückführen, wo es heisst: ut prius ex
more complerent psalmodiara et postea cibum caperent . . .
psallebant totumque psalterium complevernnt; und ebenda-
selbst 8, 5 psalmos secundum consuetudinem complevernnt.
Vgl. auch 10, 40, wo derselbe Gedanke, wenn auch nicht
von Rufin ausgesprochen ist. Ebenso deckt sich Reg. 40, 11
licet legamus vinum omnino monachorum non esse mit Rufin
vit. patr. (Patrol. Mig. 73) 5,4,31: Narraverunt quidam
abbati Pastori de quodam monacho, qui non bibebat vinum.
Et dixit eis: quia vinum monachorum oranino non est.
Haben wir bisher an der Hand der eigenen Angaben
Benedicts die CoUationes Cassians und die Vitae Rufins ge-
funden, so können wir nach einer Stelle der Regula das
Gebiet der Belesenheit noch mehr erweitern, da cap. 73, 13
neben den Conlationes und Vitae patrum auch noch die
Instituta (seil, patrum?) genannt sind. Dem Kenner des
Spätlateins wird nicht unbekannt sein , dass mit Instituta
das bezeichnet wird, was im klassischen Latein Jnstitutiones'
hiess, also Unterweisungen, Anleitungen, Handbücher, wie sie
beispielsweise für Baukunst, Rhetorik und Jurisprudenz Vitruv,*)
1) Vitruv 7, 1, 10. Archiv für latein. Lexikogr. und Gramm.
1 1884. 8. 92.
434 Ed. Wölfflin
Quintilian, Gaius und im Auftrage Justinians und Tribonians
Theophilus und Dorotheus geschrieben haben. Wenn aber
der Grammatiker Priscian Gaius in primo institutorum ciiiert,
so durfte man den Titel seines Buches nicht ändern, son-
dern nur den spätlateinischen Ausdruck anerkennen, nach
welchem auch der Grammatiker Probus Instituta artium
(Corp. grammat. latin. vol. IV) geschrieben hat, und welcher
vielleicht daher stammt, dass die Juristen ihre Institutionen,
deren ausser Gaius auch Ulpian und Paulus geschrieben
hatten, nach Analogie der Digesta in Instituta umtauften.
Wenn es nach diesen Ausführungen scheinen könnte,
als habe Benedict ein theologisches Institutionenwerk im
Sinne gehabt, so würde sich uns zuerst Lactantius mit seinen
berühmten Divinae institutiones darbieten; doch bewegte er
sich zu sehr in der antiken, mythologischen und philoso-
phischen Welt, als dass sein Werk eine passende Kloster-
lectüre hätte werden können, und er ist nicht nur von
Hieronymus wegen incorrecter dogmatischer Haltung getadelt,
sondern sogar aus der Liste der kirchlich empfohlenen Au-
toren gestrichen worden. Man könnte auch versucht sein,
an einen Hinweis auf Cassiodors Institutiones zu denken;
allein auch dieser Mann ist zu weltlich, und schon die
Chronologie lässt diese Annahme kaum zu, selbst wenn man
cap. 73 als spätem Nachtrag betrachtet. (Vgl. unten.)
So bleibt nichts Anderes übrig, als die von Benedict
genannten Instituta auf das zweite Hauptwerk des bereits
genannten Cassian, seine Instituta coenobiorum (über
die Einrichtungen der Klöster) zu beziehen, und so muss die
Stelle schon Hildemar verstanden haben, indem er den Aus-
druck im Sinne von constituta oder constitutiones fasst =:
Klosterregeln, Vorschriften über Essen und Trinken u. s. w.
Dazu kommt, dass Rufin in der Vorrede zu der lateinischen
Uebersetzung der Regel des Basilius dieselbe als Instituta
monachorum bezeichnet hat. Dass diess allein richtig sei.
Benedict von Nursia utid seine Mönchsregel. 435
lehrt der Augenschein. Denn nicht nur handeln die vier
ersten Bücher dieser Instituta von dem Leben der ägypti-
schen Mönche, sondern die Uebereinstimmungen sind hier
noch viel handgreiflicher als irgendwo, wie z. B. die Vor-
schriften über Auskleidung und Einkleidung der neu Ein-
tretenden :
Inst. 4, 5 exuatur propriis Reg. 58, 50 sq. in oratorio
ac per manus abbatis induatur exuatur rebus propriis et in-
monasteriivestimentis. 4,6illa duatur rebus monasterii. lila
vero, quae deposuit vestiraenta autera vesHmenta, quibus exu-
oeconomo consignata reser- tus est, reponantur in vestiario
vantnr etc. conservanda.
Noch andere sprachliche wie sachliche Parallelen hat
mir der verdiente Herausgeber Cassians, Prof. Petschenig
in Graz, zur Verfügung gestellt, welche indess abzudrucken
für unsern Zweck nicht nöthig erscheint, sind doch ganze
sieben Zeilen über die humilitas aus Cassians inst. 4, 39, 2
fast wörtlich und buchstäblich in das siebente Capitel der
Regel übergegangen. Die Vergleichung Cassians giebt uns
sogar eine den Sinn betreffende Emendation an die Hand.
Cassian. si omni vilitate Reg. 7, 112 si omni vilitate
contentus sit et ad omnia se, contentus sit et ad omnia,
quae sibi praebentur, velut quae sibi iniungunfcnr, velut
operarium malum , iudicarit operarium malum se iudic e t
indignum. [et] indignura.
Der Mönch soll sich, wie ein schlechter Arbeiter, sagen,
dass er dessen, was man ihm bietet oder anvertraut, gar
nicht würdig sei; diesen Gedanken des Cassian erhält man
nur, wenn man bei Benedict .et' nach iudicet als Ditto-
graphie streicht.
Von selbst versteht sich, dass in dem Mutterkloster von
Monte Cassino, sowie in den Filialen (vgl. Regula Magistri
436 EJ. WÖlfflin
cp. 24) die Regel Benedict» von 2^it za 2ieit, unter Um-
ständen sogar täglich abschnittweise vorgelesen wurde, damit
niemand sich mit Unkenntniss entschuldigen könne (cap. 66, 1 5) ;
in der späteren Regel des Paulus und Stephanus wird sogar
cap. 41 verlangt, dass auch andere Regeln von Vätern vorgelesen
werden sollen (regulae quoque Patrum assidue nobis legantur).
Noch einen letzten Schritt dürfen wir versuchen vor-
wärts zu gehen, wenn wir uns der Worte des Schluaseapitels
73, 10 erinnern: quis liber sanctoruro catholicorum
Patrum hoc non resonat, ut recto cursu perveniamus ad
Greatorem nostrum? Demnach hat Benedict, wenigstens in
seinem Nachtrage (worüber unten), abgesehen von den Con-
lationes und Institutiones Cassians und den Vitae Rufins
noch Kenntniss von anderen patristischen Schriften. Eine
Fährte haben die Herausgeber bereits aufgefunden, ohne sie
indessen bis an das Ende zu verfolgen. Ueber die ver-
schiedenen Arten von Mönchen hat nämlich ausser Cassian
und Benedict auch Hieronymus in dem berühmten 22. Briefe
ad Eustochium geschrieben, wo er in einem längeren Excurse
§ 34 — 36 das Mönchs wesen bespricht, und zwar stimmt
Benedict so genau mit Cassian wie mit Hieronymus überein,
dass man schwanken kann, welchen er mehr benützt habe;
denn auch Hieronymus sagt von den Sarabaiten : genus
deterrimum . . . bini aut temi simul habitant suo arbitratu
viventes, gerade wie wir es oben bei Cassian und Benedict
gefunden haben. Dass aber Benedict den Hieronymus vor
Augen gehabt, ergiebt sich nicht nur aus dem beiden ge-
meinsamen üebergange Hieron. § 35 bis ergo exterminatis
veniamus ad coenobitas = Reg. 1, 28 his ergo omissis ad
coenobitarum genus veniamus, wobei in die Wagschale fällt,
dass Cas.sian diese Phrase nicht nur nicht hat, sondern da^s
er die betreffenden Mönche Coenobioten nennt.*) Den Haupt-
*) Umgekehrt stammen aus Cassian inst. 4, 10, 17 die decaniae
der Regula 21, 4, welche Hieronymus decuriae nennt.
Benedict von Nursia und seine Möncharegel.
437
beweis aber für Benedicts Abhängigkeit von Hieronymus hat
Schmidt nicht gesehen. Die Vorrede der Regel beginnt
nämlich mit den Worten: Ausculta, o fili, praecepta magistri
et inclina aurem, welche genau dem Anfange des Hieronymus-
briefes entsprechen: audi, filia, et inclina aurem tuam.
Gar nicht erwähnt, weder bei Edm. Schmidt noch bei
Grützmacher (Die Bedeutung Benedicts von Nursia und seiner
Regel. Berlin. 1892) finde ich den grossen Augustin; und
doch hat er, ähnlich wie Hieronymus, in dem Briefe 211
das Klosterleben besprochen, wenn auch mit besonderer Be-
ziehung auf ein Frauenkloster. Ein halbes Dutzend An-
klänge mögen genügen.
Epist. 21 1, 5 distribuebatur
unicuique sicut opus fuerit
Legitis enim in Actibus Apo-
stolorum: distribuebatur sin-
gulis prout cuique opus erat.
Epist. 211,7 si praeter horas
constitutas orare voluerit, non
eis sint impedimento.
Epist. 211,11 cum dilectione
hominum et odio vitiorum. Cf.
serm. 49 , 5 dilige hominem,
oderis vitium. Civ. d. 14, 6
oderit vitium, amet hominem.
Reg. 55, 33 eonsideretur
illa sententia Actuum Apostu-
lorum, quia dabatur singulis,
prout cuique opus erat.
Reg. 52, 6 si alter vult sibi
forte secretius orare, simpli-
citer intret et oret.
Reg. 64, 22 oderit vitia, di-
ligat fratres.
Epist.211,12sitinpotestate Reg. 54,8 quod si iusserit
praepositae, ut cui necessarium suscipi, in abbatis sit potes-
fuerit, praebeatur. täte, cui illud iubeat dare.
Epist. 211, 15 plus a vobis
amari appetat quam timeri.
Reg. 64, 29 studeat plus
amari quam timeri.
438 Ed. WölffUn
Diese Anklänge sind um so bemerkenswerther, als sie
sich innerhalb weniger Paragraphe finden. Aber auch an-
dere Schriften Augustins muss Benedict gelesen haben, worauf
mich der beste Kenner Augustins, P. Odilo Rottmanner
zu St. Bonifaz aufmerksam zu machen die Freundlichkeit
hatte. Man vergleiche
Aug. serm. 96, 2 quicquid Reg. 4, 24 Bonum aliquod
boni habet, illi retribuat, a in se cum viderit, Deo adpli-
quo factus est; quicquid mali cet, non sibi, malum vero
habet, ipse sibi fecit. semper a se factum sciat et
sibi reputet.
und das bei Augustin so beliebte Wortspiel
Civ. d. 19, 19 praeesse, non Reg. 64, 18 sciat sibi opor-
prodesse. Contra Faust. 22,56 tere prodesse magis quam
non ut praesint, sed ut prosint. praeesse.
welchem ich das noch schlagendere hinzufüge:
De cons. evang. 8, 13 tre- Reg. 5, 26 non trepide, non
pidas et tepidas contradictiun- tepide, non tarde.
culas
Somit bleibt als Ergebniss unserer Untersuchung, dass
Benedict in der asketischen Litteratur wohl bewandert war,
in Gassian wie in Rufin, dass er auch die beiden hieher ge-
hörigen Briefe des Hieronymus und Augustin wohl kannte;
weitere Kenntniss des Augustin zeigt sich nur sporadisch.
Wenden wir uns zu der Bibelkenntniss des Benedict,
so ist seine gute Belesenheit nicht zu bezweifeln, wenn man
auch zugeben kann, dass viele seiner Citate sich bereits bei
Cassian finden; doch treten unter den Schriften des alten
Testamentes zuerst die Psalmen und dann die Sprüche Salo-
mons (Proverbia), sowie der Ecclesiasticus so sehr in dea
Vordergrund, dass für die andern wenig übrig bleibt, wahrend
Benedict von Nursia und seine Mönchsregel, 439
andrerseits, was das neue Testament betrifft, die Nichtbe-
nutzung des Marcuseyaugeliums in die Augen fallt; denn
dass auf 28 Matthäuscitate kein einziges aus Marcus trifft,
kann doch nicht wohl auf Zufall beruhen, üebrigens steht
diese Erscheinung durchaus nicht vereinzelt da, sondern auch
Victor Yitensis hat auf 14 Matthäusstellen keine einzige aus
Marcus, und bei andern Kirchenvätern tritt wenigstens das
zweite Evangelium in nicht zu verkennender Weise zurück,
wie z. B. bei Pseudo Cyprian ad Novat.*) 16 Matthäuscitateu
nur eines aus Marcus, bei Salvian 40 Matthäuscitateu nur
zwei aus Marcus gegenüberstehen. Endlich rechnet Benedict
zur .Scriptura' auch die der Passio S. Anastasiae eingefügte
Passio Irenes, auf welche er sich cap. 7, 73 bezieht.
Nicht nur die Anführungen von Worten der heiligen
Schrift, sondern die blossen Anspielungen haben die Bene-
dictiner, welche die Ausgaben der Regula besorgten, im
grossen Ganzen nachgewiesen; aber es ist doch sonderbar,
wenn noch der letzte einem Philologen zu bemerken übrig
lässt, dass die Anfangsworte des Vorrede zur Regula: Aus-
culta, o fili, praecepta magistri et inclina aurem, aus Psalm
44, 1 1 audi, filia, et inclina aurem tuam entlehnt sind. Noch
viel weniger ist untersucht, wie sich der Wortlaut der Bibel-
citate zur Vulgata des Hieronymus verhalte. Ohne Anspruch
diese Frage allseitig zu beleuchten, können wir hier doch die
Hauptsache feststellen, nämlich dass Benedict durchaus nicht
immer, oder nicht einmal vorwiegend der üebersetzung des
Hieronymus folgt, sondern oft einem andern lateinischen
Texte. So giebt er zwar in der Matthäusstelle 6, 33 haec
omnia adicientur vobis mit der Vulgata, während wir aus
Sabatier die ältere Interpretation apponentur (7iQoaT8&r]oerai)
kennen; aber im Johannesevangelium 12, 35 schreibt er
Currite, dum lumen vitae habetis mit Prädestinatus, während
1) Vgl. Ad. Harnack, Texte und Untereuchungen XIII (1895) 65.
440 Ed. wm/rUn
die Vulgata und die älteren Uebersetzer ambulate {TtegmaTehe)
geben; in dem Mattbäuscitate 7, 24 bietet Benedict similabo
eum, genauer dem grieehiscben S/noKoaco avrov entsprechend,
statt des assimilabitur der Vulgata, und ebendaselbst im-
pegerunt statt des inruerunt des Hieronymus.
Von Reminiscenzen aus heidnischer Litteratur habe
ich dagegen so gut wie nichts gefunden, mit Ausnahme von
1,25: de quorum miserrima conversatione melius est silere
quam loqui. Es ist diess eine Phrase aus Sallust bell.
Jugürth. 19, 2: de Carthagine silere melius puto quam parum
dicere, die an dem Verfasser von der Schulbank her hängen
geblieben ist. Dass sie allgemein bekannt war, zeigen die
von Dietsch in der grossen kritischen Ausgabe gesammelten
Nachahmungen, wie Ps. Apul. de mundo 24 silere melius
est, und schon Qnintian instit. orat. 2, 13, 14 citiert den Satz
als .illud Sallustianum', man könnte fast sagen als geflügeltes
Wort. Nachtragen kann man noch SoUius Apollin. Sidon.
epist. 1, 1 de Marco Tullio silere melius puto. Offenbar las
man in den Klöstern damals und noch später keine heidnischen
Autoren, wie uns die Regula Isidori cap. 9 belehrt: gentilium
libros vel haereticorum volumina (z. B. Novatian, Priscillian)
monachus legere caveat. Für Benedict war grammatikalische
Bildung kein Hinderniss, um den Eintritt in das Kloster zu
gewähren, aber er verlangte sie ebenso wenig, wie schon
vor ihm Basilius.
Bahnbrechend für die Pflege der Klassiker ist der Zeit-
genosse Benedicts, Gassiodor, der bekannte Staatsminister
Theoderichs, welcher später dem Orden beitrat: denn er hob
zuerst den Werth der heidnischen Litteratur auch für den
Theologen hervor und stellte in seinen Institutiones divinarum
et saecularium litterarum (lectionum) die beiden Factoren
der Bildung gleich. Er hat auch in seinem Kloster Vivarium
in Bruttium die geistige Arbeit zur Hauptsache des Kloster-
lebens gemacht und Handarbeit nur für diejenigen bestimmt,
Benedict von Nursia und seine Mönchsregel, 441
welche zu jener nicht mehr fähig sind. Es folgte in Frank-
reich zunächst Aurelian von Ärles, Reg. cap. 32 litteras
omnes discant, dann Ferreolus Reg. cap. 11 oninis qui nomen
Yult monachi vindicare, litteras ei ignorare non liceat. Auch
scheint Caesarius von Arles in der Tisch lectüre mehr Frei-
heit gestattet zu haben, wenn er Reg. cap. 9 schreibt: ad
mensam unus legat quemcumque librum, ein beliebiges
Buch.
Ob Benedict auch griechische Litteratur benutzt, möchte
man um so lieber wissen, als es ja ähnliche griechische
Mönchsregeln des Pachomius und Basilius gegeben hat, und
der Verf. cap. 73, 13 die Regula sancti patris nostri Basilii
als instrumentum virtutis für die Mönche empfiehlt. Bedenkt
man , dass die an das ägyptische Mönchswesen sich an-
schliessende Literatur noth wendig griechisch sein musste,
und dass die Klosterbrüder im Abendlande nicht wohl ohne
Verkehr mit ihren Genossen sein konnten, so wird man zwar
eine gewisse Kenntniss des Griechischen kaum in Abrede
stellen, aber noch viel weniger eine fortgesetzte Pflege grie-
chischer Studien als wahrscheinlich nachweisen können. Zu-
dem gab es ja eine lateinische Uebersetzung der Regel des
Basilius von Rufin,*) den Benedict, wie wir oben bemerkten,
gekannt hat. Wenn also in der Regel cap. 40, 11 geschrieben
steht: licet legamus vinum omnino monachorum non esse,
so kann dieser Satz, welchen wir oben aus Rufins vitae
patrum belegten, sich möglicherweise auch auf Basilius be-
ziehen, welcher in der That Respons. 9 (Uebersetzung von
Rufin: de potu ne mentio quidem uUa fuit; ex quo illud
sine dubio designatur, quod omnibus sufticiens esse possit
aquae usus) den Gennss des Weines absolut verbietet; aber,
wenn diess der Fall ist, so wird Benedict diese Worte eher
*) Abgedrackt im Codex regularum von Lucas Holsten. Romae.
1651. pag. 174.
442 Ed. Wafflin
in der lateinischen Uebersetznng gelesen haben. Wir werden
in dieser Auffassung nur bestärkt, wenn wir finden, dass
Benedict auch 7, 138 ein Citat giebt, welches ans in latei-
nischer, griechischer und syrischer Fassung erhalten ist,
welches aber Benedict aus der lateinischen desselben Rufin
bezogen haben wird. Es ist ein Sprach des Philosophen
Sextius, welcher in der Ausgabe von Gildemeister 143 (135)
lautet: Sapiens paucis verbis innotescit. Sotpbg äy&Qionoq
dkiyoig yivayaxö/Lievog ; er deckt sich aber wörtlich mit Re-
gula cap. 7, 138 Sapiens yerbis innotescit paucis. Die
syrische Form übersetzt Gildemeister mit: Sapiens etiam
paucis cognoscitur sapiens esse, wobei er annimmt, dass das
im Lateinischen zugefügte Substantiv .verbis' Glossem sei.
Vgl. A. Elter im Bonner Vorlesungsverzeichnisse vom Winter
1891/92. pg. XII.
Ein anderes Mittel, Licht auf diese offene Frage zu
werfen, bietet uns der Gebrauch der griechischen Fremd-
wörter in der Regula. Allerdings besass die christliche
Kirche in Italien eine umfangreiche griechische Termino-
logie, aus welcher man keine Schlüsse ziehen darf; dahin
gehören Wörter wie : apostolus, episcopus, presby ter, clericus,
diacon, monachus, coenobita, eremita, angelus, catholicus,
orthodoxus; ecclesia, dioecesis, chorus, evangelium, psalmus,
psalmodia, hymnus, scandalum, zelus (zelotypus 64, 30 schon
bei Petron und Quintilian) u. ä. Die puristische Opposition,
wo möglich lateinische Wörter an die Stelle zu setzen, war
längst zum Schweigen gebracht. Ja das Griechische drang
weiter ein und bemächtigte sich der Begriffe des weltlichen
Lebens und Verkehres, z. B. graphium der Griffel, lateinisch
scriptorium (Reg. 33, 6); analogium, ävakoyeiov^ das Lese-
pult; eulogia, das Geschenk (54 eulogias vel quaelibet ma*
nuscula) ; sine aliquo typho vel mora, ohne hochfahrendes
Wesen, 31; pausare, dreimal für dormire (4 Esdr. 2, 24 pausa
et requiesce); acediosus kann Benedict aus Gassian haben,
Benedict von Nursia und seine Mönchsregel. 443
bei welchem sich acedia besonders häufig findet. Die beiden
Ausdrücke für Woche ebdomada uud septimana concurrieren
neben einander, wie die Wöchner, die ebdomadarii und die
septimanarii, während in der Volkssprache septimana durch-
schlug, wie man aus dem italiänischen settimana, dem spa-
nischen semana, dem französischen semaine schliessen muss.
Endlich erkennt man den Einfluss des Griechischen an
verschiedenen Constructionen , wie Pro!. 6 ad te nunc mihi
sermo dirigitur, 33, 13 huic vitio delectari (xaigeaßai mit
Dativ), 55, 17 propter lavare ipsas res. Einzelne Wörter
suchten sich zu latinisieren wie diabulus und apostulus, nach
dem Vorgänge von epistula = ijiioxoXrj.
Andere aber treten uns — und das berührt unsere
Frage — in einer schlechten Vulgäraussprache entgegen,
zunächst in der Form des Itacismus, zwar nicht ecclesia,
welches 13, 16 sich rein erhalten hat und nicht in ecclisia
verdorben ist, wohl aber 1, 4 anachorita, welches wir nach
den Handschriften herstellen mussten (= ävax(ogt]Tt]g) 59, 12
elimosina {iXerjßioovyrj)^ und das allerdings gemein übliche
Kyrie eleison 17, 9. 12. 20 (= iXetjoov)^ welchem sich Bene-
dict nicht entziehen konnte, wogegen der umgekehrte Fehler
in letania = Xiravia (9, 22. 12, 9. 13, 19. 17, 17) voriiegt.
Statt antifona hat Benedict entweder immer oder doch vor-
wiegend antefana geschrieben, als ob das Wort von ante
und fari herkäme, und dieser Irrthum hat sich so lange er-
halten, dass noch Diez und andere Gelehrte das französische
antienne mit Vorgesang übersetzen, während bloss Gegen-
gesang oder Wechselgesang berechtigt ist. Gap. 27, 6 aber
heisst es, man dürfe es nicht so weit kommen lassen, dass
die Excommunicierten in Trauer sich aufzehren, sondern der
Abt müsse sjmpaectas hineinschicken, qui quasi secreto con-
solentur fratrem fluctuanteni : so die Ausgaben durchaus ver-
ständlich, da das griechische Work ovjbutaixrtjg , eigentlich
der Spielgenosse, von der Palästra auf das Klosterleben über-
444 Ed, WÖlfflin
tragen ist. Da aber alle guten Handschriften senpectas
haben, was die Heransgeber nicht anführen, so muss man
diese Form nicht nur in den Text setzen, sondern annehmen,
Benedict habe das griechische ovfiTtaixjTjg wie senpecta ge-
sprochen und von anderen sprechen gehört. Die Bestätigung
bringen die von dem Verfasser zur Erklärung beigefügten
Worte: senpectas, id est seniores sapientes fratres, woraus
denn weiter hervorgeht, dass Benedict die erste Silbe des
Wortes falschlich mit senex in Verbindung brachte. Der
Fehler ist nicht grösser, als wenn in Corp. gloas. V 565, 61
erklärt wird: senodo (d. h. synodo) congregatio senum.
Ebenso Corp. V 331, 39 senodus congregatio senum. Wir
brauchen darum nicht anzunehmen, Benedict selbst sei der
Urheber dieser verfehlten Etymologie; vielmehr hatte er es
so in der Schule gelernt, und wer den Stand der lateinischen
Etymologie in jenen Jahrhunderten kennt, wird sich darüber
nicht wundern. Solche Beobachtungen aber widerrathen es,
sich eine zu grosse Vorstellung von den griechischen Studien
des Benedict zu machen, wie sie andrerseits die Annahme
unterstützen, derselbe werde die Regel des Basilius und die
Sentenzen des Sextius in der lateinischen Uebersetzung des
ihm wohl bekannten Rufin gelesen haben. Dass man in
Campanien Griechisch zu hören bekam, soll durchaus nicht
bestritten werden; im Gegentheil erklärt sich so eine von
Benedict, und nur von ihm allein gebrauchte vox hybrida
'gyrovagum* (cap. 1, 21 quartum genus monachorum nomi-
natur gyrovagum, qui tota vita sua per diversas provincias
hospitantur, semper vagi et numquam stabiles.)
Wir sind durch diese Erwägungen auch der Entschei-
dung der Frage näher gerückt, wie wir uns das Latein
Benedicts vorzustellen haben. Da nämlich die ältesten Hand-
schriften so viele Abweichungen vom ciceronianischen Latein
zeigen, so hat Edm. Schmidt zwei verschiedene Ausgaben
veranstaltet, eine für Gelehrte, welche starke Proben von
Benedict von Nursia und seine Mönchsregel. 4:45
Vulgärlatein ertragen können, und eine für das weitere
gebildete Publikum, dessen Ohren dadurch geschont werden,
dass die unklassischen B^ormen nach der Grammatik geglättet
sind. Unser Standpunkt ist durch den streng wissenschaft-
lichen Character dieser Abhandlung gegeben, der uns gebietet,
die Regel so zu nehmen, wie sie Benedict veröffentlicht hat,
unbekümmert um die stilistischen Nachbesserungen, welche
ihr später von kundigeren Abschreibern, und vielleicht sogar
schon bei Lebzeiten Benedicts zu Theil geworden sind. Der
Philologe hat sogar ein viel grösseres Interesse daran, fest-
zustellen, wie starke Ansätze zu den romanischen Formen
die lateinische Umgangssprache, die Benedict schrieb, schon
damals bot. Vgl. des Verf. Ausgabe in der Bibliotheca
Teubneriana. 1895. Dass hier mit Emendieren nicht zu helfen
ist, beweist die eine Beobachtung, dass Benedict an zwei
Stellen das Part. fut. pass. mit der entsprechenden activen
Form verwechselt hat, Prol. 81 corpora nostra sanctae prae-
ceptorum obedientiae militanda, eine für ein intransitives
Verbum unmögliche Form, man müsste denn militare im
Sinne von subigere verstehen, und cap. 39, 10 tertia pars
servetur reddenda cenandis. Wenn hier die jüngeren Hand-
schriften abändern militatura und cenaturis, so verrathen
deren Schreiber ohne Zweifel ein besser entwickeltes Form-
gefühl, aber für Benedict wird man die beiden Fehler stehen
lassen müssen. Da wir übrigens hier keine grammatische
Detailuntersuchung geben wollen, welche an anderer Stelle
(Arch. f. lat. Lex. IX. Heft 4) nachfolgen soll, so müssen wir
uns darauf beschränken, einige Hauptresultate anzugeben und
auf solche Formen hinzuweisen, welche Edm. Schmidt nicht
einmal in der gelehrten Ausgabe zugeleissen oder durch Mit-
theilung der handschriftlichen Varianten dem Sprachforscher
zur Kenntniss gebracht hat.
Bekanntlich ist aus den lateinischen Nominativen hym-
nus und versus die italiänische Form hymno und verso her-
189S. SitsnngBb. d. phil. u. bist. Gl. 29
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Benedict von Nursia und seine Mönchsregel, 447
^js soll damit durchaus nicht gesagt sein, dass Benedict
besser hätte schreiben können, wenn es ihm darauf
kommen wäre; er zog es aber vor zu schreiben, wie
damals sprach, um besser verstanden zu werden. Schon
ihm zeigten mehrere lateinische Kirchenväter eine ge-
i Verachtung des klassischen Lateins, wie sie analog bei
griechischen Kirchenvätern nicht vorkommt. Sie identi-
rten das klassische Latein mit der ihnen unsympathischen
nischen Bildung, und da sie in derselben nicht concur-
en konnten, so legten sie auch keinen Werth darauf und
ten es mit der Masse des Volkes, d. h. eben mit dem
Igärlatein. Schon Arnobius adv. gent. 1, 59 hatte ge-
rieben : pompa ista ^rationis (das ^iceronianische Latein)
oratio missa per regulas contionibus litibus foro iudiciis-
d servetur. Selbst der gelehrte und grammatisch gebildete
eronymus stimmt in diesen Ton ein im Gomraent. zum
;echiel 40 : non nobis curae est vitare sermonum vitia, und
^nn Augustin enarr. psalm. 138, 20 absichtlich schrieb
9sam' (der Knochen) statt ""os', fügte er entschuldigend
inza: sie enim potius loquainur; melius est reprehendant
08 grammatici quam non intellegant populi. Erinnert man
. iCb aber, dass Gregor der Grosse die Unabhängigkeit der
' kirche von der Schulgrammatik proclamierte, so ist gewiss
\ach Benedict entschuldigt; er lässt sich nämlich im Com-
* nentare zum Hiob also vernehmen : motus praepositionum
sasusque servare contemno, quia indignum vehementer exis-
kimo, ut verba caelestis oraculi restringam sub regulis Donati.
Damit ist aber auch genügend erklärt, dass Gregor der Grosse
de vita Bened. 36, was uns anders erscheinen muss, unsere
Regel 'sermone luculentanf nennen konnte, weil in seinen
Augen die grammatikalische Correctheit bei der Ertheilung
dieses Lobes gar nicht mitspielt. So sonderbar übrigens diese
Ansicht den Ohren des Ciceronianers klingen mag, so ver-
nünftig ist sie mit Rücksicht auf die damalige Lage. Denn
29*
448 Ed. Walfflin
das klassische Latein lebte nun einmal nicht mehr im Volke
nnd die Bemühungen der Grammatiker es zu halten waren
vergeblich. Griechische Prediger, welche auf der Kanzel als
Gelehrte erscheinen wollten, wurden mehr als einmal nicht
mehr verstanden, während die praktischere Kirche des Abend-
landes nachgab und die Umbildung in die romanischen Spra-
chen anerkannte.
Edm. Schmidt hat in seinem zweiten Programme, Met-
ten 1887, S. 21. 28 ff. einen Beweis der wissenschaftlichen
Bildung des Verf. auch in der Disposition der Regula
finden wollen, welche genau den Schulregeln der Partition
entspreche, so dass sich beispielsweise in der Vorrede exor-
dium, partitio, tractatio, recapitulatio, conclnsio nachweisen
lassen ; das erste Gapitel der Hegel selbst behandle den Sco-
pus magistri (es unterscheidet aber die vier Arten der Mönche),
das letzte den scopus discipulorum. Ganz abgesehen davon,
dass das Wort scopus in dieser übertragenen Bedeutung
überhaupt erst in der asketischen Litteratur des Cassian vor-
kommt, stehen mit dieser Eintheilung zunächst die Capitel-
überschriften im Widerspruche, was Schmidt selbst zugiebt.
Hier können wir ihm zu Hilfe kommen, indem wir nach-
gewiesen haben, dass diese Ueberschriften nicht von Benedict
herrühren; denn nicht nur steht dieses Inhaltsverzeichniss
im codex Sangallensis vor dem Prologe, wie in den andern
Handschriften hinter demselben, woraus man eben ersieht,
dass ihm Benedict selbst keine bestimmte Stelle gegeben
hatte, sondern das Latein der Ueberschriften weicht auch
mehrfach von dem Latein der Regel ab, und einige sind
geradezu inhaltlich falsch. So heisst der Pfortner in der
Ueberschrift des Cap. 66 ostiarius, in der Regel selbst por-
tarias, und das Cap. 23 konnte nicht überschrieben sein De
excommunicatione culparum, da Benedict culpa nur im Sin-
gular gebraucht und überhaupt nichl die culpae excommuni-
eiert werden, sondern die Schuldigen. Mehr in der Vorrede
Benedict van Nursia und seine Mönehsregel. 449
meiner Ausgabe, Lips. 1895. pg. X. Aber wir haben auch
mit verschiedenen gelehrten Benedictinern verschiedener Länder
gesprochen, welche unbefangen genug waren, die streng
logische Disposition nicht zu den Vorzügen der Regel zu
rechnen, und es stimmt mit ihnen Grützmacher S. 14 überein
mit den Worten : ,,die Regel folgt keiner strengen Dis-
position/ Zwar ist dessen Einwendung, cap. 64 de ordi-
nando abbate und 65 de praepositio monasterii gehörten an
den Anfang der Regel doch nur halb begründet, indem sich
cap. 2 und 64 zwar vielfach berühren, an erster Stelle aber
doch mehr von den Pflichten, an zweiter von der Wahl des
Abtes die Rede ist. Weil nun auch der ultimus in ordine
congregationis Abt werden kann, so schliesst sich cap. 64
gut an 63 (de ordines congregationis) an. Ueberhaupt wer-
den am Schlüsse der Regel die Klosterbewohner nach Rang
und Würden, unter Zugrundelegung der Figur der Gradatio
behandelt, cap. 57 die Handwerker, 58 die Novizen, 59 die
zum Eintritte angemeldeten Söhne von Nobiles, 60 die aus-
wärtigen Sacerdotes, 61 die fremden Mönche, 62 die internen
Sacerdotes, 63 die Anciennetät und Rangfolge im Kloster,
64 der Abt und seine Wahl, 65 die Ordination des Prae-
positus, endlich noch cap. 66 der Pförtner. Dass damit ein
Abschluss erreicht ist, liegt auf der Hand. Nachdem dem
Klosterbruder das ganze Kloster vorgeführt worden ist, hat
auch Benedict nichts mehr zu sagen, weil die Aussen weit
den Mönch nichts mehr angeht und das Verlassen des
Klosters ohne ausdrückliche Erlaubniss nicht gestattet ist.
Mit cap. 66 muss die erste Ausgabe der Regel ein Ende
gehabt haben, gerade wie die ihr in diesem Punkte nach-
gebildete anonyme Regula Magistri aus dem Ende des achten
Jahrhunderts cap. 95 mit dem Pfortner schliesst. Dieser Be-
weis gilt aber um so mehr, als auch das Anfangscapitel der
Reg. Magistri genau, ja bis auf die Worte, dem Benedicts
entspricht De quattuor generibus monachorum. Die im codex
450 Ed. WölffUn
Sangallensis übergeschriebenen altdeatschen Glossen hören im
Ganzen auch mit diesem Capitel auf; der Uebersetzer schrieb
zwar zu cap. 67 noch einige wenige Interpretamente, hörte
aber dann auf, weil er in seinem Exemplare sah, dass der
ursprüngliche Bestand der Regel von erster Hand mit cap. 66
aufhörte uud das Weitere späterer Zusatz war. Benedikt
schloss das cap. 66 vom Pförtner mit den Worten: hanc
autem regulam saepius volumus in congregatione legi, ne
quis fratrum se de ignorantia excuset. Endlich verrathen
sich auch capp. 67 S. inhaltlich als blosse Nachträge, die
sich dem Gesetzgeber im Laufe der Jahre aus der Praxis
ergaben. Obschon bereits cap. 51 von den Brüdern die Rede
war, welche auf einen Tag das Kloster verlassen, z. B. zum
Verkaufen oder Einkaufen von Gegenständen (Holst. II 70),
hält es Benedict doch in cap. 67 für noth wendig, eine be-
sondere Reinigung für diese Berührung mit der 'Weit* ein-
treten zu lassen, und keiner soll erzählen dürfen, was er
draussen gehört oder gesehen hat. Hatte Benedict cap. 4, 44
gelehrt Zelum et invidiam non habere, so berichtigt er doch
cap. 72, den zelus bonus dürften die Mönche schon haben,
weil er zu Gott führe. Der Vorschrift cap. 5, man sei den
Oberen Gehorsam schuldig, folgt cap. 71 die Ergänzung
nach, die Brüder sollen sich auch gegenseitig gehorchen.
Diese Nachträge reichten bis cap. 72 Ende, welches mit dem
Hinweise auf das ewige Leben, dem beliebten Schlüsse Bene-
dicts (vgl. Prologus 95 erste Fassung : heredes regni caelorum,
zweite Fassung 105 regni eins consortes), und im codex San-
gallensis mit Amen schliesst. Gap. 73 dürfte ein zweiter
Anhangt) sein. Wenn schon Grützmacher die Vermuthung
ausgesprochen hat, cap. 67 S, seien spätere Zuthat, so irrt
^) Diesen kennt die Regnla Solitariorum cap. 58 : Ut autem ait
sanctus Benedictus, sicut est zelus bonus, qui separat hominem a
▼itiis et ducit ad Deum et ad vitam aetemam ^ Ben. Reg. 78 ita est
zeluB bonus qui separat a vitüs etc.
Benedict von Nur^ia tmd seine Mönchsregel, 451
er darin, dass er nicht erkannt und bestimmt ausgesprochen
hat, dass diese Zosätze dem Benedict selbst angehören, son-
dern vermuthungsweise eine Umarbeitung durch Gregor den
Grossen annimmt. 8. 19. Mit dem Nachweise dieser An-
hängsel ist die These von der logischen Disposition der
capp. 1 — 73 umgestossen. Gewiss hätte Benedict die ganze
Regel nochmals umarbeiten und die neuen Zusätze an rich-
tiger Stelle einfügen können, allein er legte darauf keinen
so grossen Werth und begnügte sich mit der Appendix, wie
er ähnlich der Vorrede einen längeren Schluss beifügte, was
ich in meiner Ausgabe gezeigt habe. Prolog. 79 fiP. und
Praefat. pg. VII sq.
Dieser zweite Nachtrag cap. 73 zeigt uns den Benedict
auf der Höhe seiner geistigen Erkenntniss. Haben wir ihn
oben insoferne als einseitig bezeichnen müssen, als er von
der Patristik fast nur die asketische Litteratur kennt und
von der heidnischen offenbar gar nichts wissen will, so er-
scheint er uns hier als 'weitherzig*, indem er seine Regel
nur als einen Anfang einer Anleitung zum gottseligen Leben,
als eine Grundlage (minima inchoationis regula und initium
eonversationis) bezeichnet, die man weiter ausbilden solle
(perficere). Diess steht einigermassen im Gegensatze zum
Prolog. 2 ff., wo er strengen Gehorsam und strenge Er-
füllung seiner Vorschriften verlangt. Immerhin hatte er
schon cap. 18, 49 gesagt: si cui forte haec distributio psal-
morum displicuerit, ordinet, si melius aliter iudicaverit, also
Vollmacht zu einer Modification gegeben. Cap. 55, 2 hat er
anerkannt, dass sich die Kleidung nach dem Klima richten
müsse und nur für ein Klima wie in Monte Cassino gelte
seine Vorschrift einer Wintercuculla (Oberkleid), einer Som-
mercucuUa und einer Tunica (Unterkleid). Dass Benedict
mit dem Zugeständnisse massigen Weingenusses, einer He-
mina, d. h. einer halben Flasche per Tag, liberaler war, als
Basilius, ist schon oben erwähnt worden, ausserdem bleibt
452 Ed. WÖtfflm
es Dach 39, 11 dem Ermessen des Abtes anheimgesiellt, oach
anstrengender Arbeit den Speisezettel zo verbessern, oder bei
ungewöhnlicher Hitze einen Extratrank zu gewähren. Dabei
muss aber auch die necessitas loci (40, 15 =s die Lage des
Klosters) berOcksichtigt werden, d. h. die Frage, ob man
die genannten Artikel, z. B. Gemüse, leicht beschaffen könne
oder nicht. Zeigt diess in Einzelnheiten und Nebendingen
eine freiere Auffassung, so setzt dieser doch erst die Er-
klärung im Schlusscapitel die Krone auf. Denn nur so ist
es möglich geworden, dass die R^el Benedicts dem Geiste
nach heute noch fortbesteht. Wenn also Benedict den Ge-
nuss des Fleisches von Vierfßsslern verbot, unter Zulassung
des Geflügels, der Fische und Schnecken, so galt diess zu-
nächst nur für Mittelitalien, und cap. 39, 19 wird nach der
Tegernseeer Handschrift die Einschränkung gemacht: praeter
omnino debiles aegrotos, mit Ausnahme der ganz schwachen
Kranken, denen der Fleischgenuss erlaubt sein soll. Hier
dürfte zunächst omnino zu tilgen sein, weil das Wort den
Satztheil ungebührlich beschwert, weil es schon in der vor-
hergehenden Zeile steht, und weil es in der That als falsche
Wiederholung im codex Sangallensis gestrichen ist. Allein
auch diese Vergünstigung erweitert sich nochmals, indem
mit den besten Handschriften, dem Oxoniensis und dem San-
gallensis 'et' zwischen debiles und aegrotos einzuschalten ist,
so dass die Stelle lautet: mit Ausnahme der Schwachen und
der Kranken, was allein richtig ist. Nun kann jemand
scbwiichlich sein oder wenigstens einen schwachen Magen
haben, ohne gerade krank zu sein, und somit erlaubt selbst
der Wortlaut eine ausgedehntere Theilnahme an den Tafel-
freuden.
Viel gebieterischer lautet beispielsweise der Eingang
der sog. Consensoria monachorum (Holst. II (55) : Communi
definitione decrevimus apud nos, quod numquam postmodum
ab ullo poterit infringi.
Benedict wm Nursia und seine Mönchsregel. 453
Dass Benedict erst im zweiten Nachtrage cap. 73 auf
Basilius verweist, während er in der Regula nur auf Cassian
und Rufin hindeutet, ist vielleicht nicht zuföUig: as beweist
eine Erweiterung seiner Leetüre. Aber weil uns Cassian
wie Rufin erhalten sind, vermögen wir auch die Selbst-
ständigkeit und die Abhängigkeit zu beurtbeilen. Seine Ge-
danken brauchen darum nicht alle neu und original zu sein,
doch hat Benedict die goldene Mittelstrasse gefunden.^)
Während man sonst vielfach bemüht ist, den Zutritt
möglichst zu erleichtern, hat Benedict den Eintritt in das
Kloster mit allen Mitteln erschwert, und dass er damit für
seine Zeit das Richtige getroffen, steht ausser allem Zweifel.
Er hat ferner seinen Brüdern Feldarbeit und Handarbeit
zur Pflicht gemacht, worin ein Gegengewicht gegen ihren
geistlichen Beruf liegt; auch in der Küche schalten und
walten die Brüder selbst abwechslungsweise, und es giebt
weder eigene Köche noch eigene Diener. Die Erzeugnisse
der Handwerker werden zu billigen Preisen, d. h. unter dem
Preise der Stadt verkauft und das erlöste Geld fliesst in die
allgemeine Kasse.
Die Abschliessung von der 'Welt' können wir heute
nicht mehr billigen, da uns dieselbe nicht ausschliesslich
schlecht, sondern ebensowohl gut als schlecht erscheint und
es der Vernunft des Einzelnen überlassen bleibt, das bessere
Theil herauszusuchen. Benedict hat seinen Grundsatz nur
durch die Zulassung von Gästen im Kloster gemildert. Aber
auch wo wir sonst mit Benedict nicht einverstanden sind,
müssen wir uns den Gegensatz der damaligen Zeit vor Augen
^) Carl Weyman schreibt darüber in der Literarischen Rund-
schau 1895, N. 9: Die Regula Benedicti ist kein Originalwerk im
strengen Sinne des Wortes. Mit dem praktischen Blicke des Abend-
l&nders prüfte er frühere Leistungen monastischer Gesetzgebung und
nahm von dem Guten, welches er in diesem niedergelegt fand. Man-
ches dankbar in sein Werk herüber.
454 Ed, Wöifflin: Benedict tfon Nursia,
halten. Die angeborene Redseligkeit, gelegentlich auch Wich-
tigtbaerei der Italiäner mnss gebrochen werden dnrch Schweig-
samkeit, das Uebermass des Freudengenasses durch das Ver-
bot schallenden Lachens, und wenn Benedict die warmen
Bäder einschränkt, mit Ausnahme der Kranken, so war er
in einem Vorurtheile befangen, weil er an die Verweich-
lichung und an die Ueppigkeit in den Thermen dachte.
Der Grundton, welcher aus der Regel an unsere Ohren dringt,
ist, im Gegensätze zu dem Selbstgeffihle der Eroberer, der
der christlichen Demuth.
Die 'humilitas' ist in dem Grade die Haupteigenschaft
des Christen, dass Benedict im siebenten Gapitel 12 Stufen
derselben unterscheidet; erst im Sprachgebrauche der Kirche
wurde sie eine Tugend, während die Heiden das Wort fast
nur in malam partem gebraucht hatten, und Demuth über-
haupt kein antiker Begriff ist, auch kein griechischer.
455
Verzeichniss der eingelaufenen Drnekschriften
Januar bis Juni 1895.
Die yerebrliehen GosellschAften und Institute, mit welchen unsere Al^ademie in
Tauschrerkehr steht^ werden gebeten, naofastehendesVerzeiehnias zugleich als Emplknga-
bestätignng zu betrachten.
Von folgenden G^esellsoliaften nnd Instituten:
Geschichtsverem in Aachen:
Zeitschrift. 16. Band. 1894. S^.
Historische Gesellschaft in Aar au:
ArgOTia. Band XXV. 1894. S«.
University of the State of New -York in Albany:
State Library Bulletin. Legislation No. 5. 1895. 8».
GeschichtS' und Alterthunisforschende Gesellschaft des Osterlandes in
Altenburg :
Mittheilungen. Band X, Heft 4. 1895. 8^.
Naturforschende Gesellschaft des Osterlandes in Altenburg:
Mittheilnngen aus dem Osterlande. N. F. Band 6. 1894. 8^.
Historischer Verein in Augsburg:
Zeitschrift. Band XXI. 1894. 8^.
Johns Hopkins University in Baltimore:
Circulars. Vol. XIV, No. 116—118. 1895. 4».
Historischer Verein in Bamberg:
54. u. 55. Bericht f. d. Jahre 1892 u. 1893. 1898/94. 8».
Naturforschende Gesellschaft in Basel:
Verhandlungen. Band X, No. 2. 8. 1894/95. 80.
Historische und antiquarische Gesellschaft iy\ Basel:
19. Jahresbericht Ober das Jahr 1893/94. 1894. 8^.
Mittheilungen. N. F. IV. 1894. fol.
456 Vergeichniss der eingelaufenen Druckschriften.
Genootschap van kunsten en wetensehappen in Batavia:
Tijdgchrift. Deel 37, afl. 4—6. Deel 38, 1—3. 1894. 8P.
Notulen. Deel 82, No. 1-3. 1894. &>.
Verhandelingen. Deel 47, 3. stak. 1894. 4^.
Catalogua der ethnologische verzameling. 4. druk. Sapplement.
1894. 8^.
Nederlandsch-'lndisch Plakaatboek 1602—1811. Deel XII. 1894. Bfi.
Dagh-Register geboaden int Casteel Batavia Anno 1665. 1894. 8^.
Obaervatory in Batavia:
Observations. Vol. 16, 1893. 1894. fol.
Regenwaarenemingen. XV. Jahrg. 1698. 1894. 8^.
K, Serbische Akademie in Belgrad:
Srpski etnografski sbomik. Kniga I. 1894. 8®.
Glas. XX, No. 45-47. 1894/95. 8^.
Spomenik. No. 28. 1895. 4».
Museum in Bergen (Norwegen):
On the development and stroctare of the whale. Part I. By Gast.
Gnldberg und Fridtjof Nansen. 1894. fol.
Aarbog für 1893. 1894. 8«.
üniversity of California in Berkeley:
Bulletin of the Department of Geology. Vol. I. 1S93— 1896. 8®.
Register of the üniversity of California 1893—1894. 8^
Biennial Report of the President of the Üniversity 1893. Sacramento
1894. 80.
Annual Report of the Secretary of the Board of Regents of the Üni-
versity of California for the year ending June SO. 1894. Sacra-
mento 1894. 8^
A brief account of the Lick Observatory by Edw. S. Holden. Sacra-
mento 1895. 8^.
Report of work of the agricultural experiment stations for 1892/98.
Sacramento 1894. 6^.
Report of viticultural work during the seasons 1887 — 80 by L. Pa-
parelli. Sacramento 1892. 8^.
List of recorded Earthquakes in California, by Edw. S. Holden. Sacra-
mento 1887. 80.
K, preussische Akademie der Wissenschaften in Berlin:
Sitzungsberichte. 1894, No. 39—53. 1895, No. 1—25. gr. 8«.
Inscriptiones graecae insularum maris Aegaei. Fase. I. 1895. fol.
K. geolog. Landesanstalt und Bergakademie in Berlin:
Jahrbuch für das Jahr 1898. Band XIV. 1894. 4^.
Deutsche chemische Gesellschaft in Berlin:
Berichte. 27. Jahrg., No. 19— 21. 28. Jahrg., No. 1-11. 1894/95. 8«.
Medicinische Gesellschaft in Berlin:
Verhandlungen. Band XXV. 1895. 8^.
Deutsche geologische Gesellschaft in Berlin:
Zeitschrift. Bd. 46, Heft 3. 1894. B9.
Verzeichniss der eingelaufenen Drueksehriften. 457
PhtfsikaHieche Gesellschaft in Berlin:
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1888. Abt. I— lU. Braanschweig
1894. 8P.
Physiologische Gesellschaft in Berlin:
Centralblatt für Physiologie. Bd. VIII. 1894. No. 20-26. Band IX.
1895. No. 1—7. 8«.
Verhandlungen. Jahrg. 1894/95, No. 1—16. 8<>.
K, technische Hochschule in Berlin:
Das Gesetz von der Erhaltung der Energie und seine Bedeutung fQr
die Technik. Rede von A. Slaby. 1895. 4P.
Kaiserlich deutsches archäologisches Institut in Berlin:
Jahrbuch. Band IX, Heft 4. Band X, Heft 1. Ergänzungsheft 3.
1896. 40.
Antike Denkm&ler. Band II, Heft 2. 1895. fol.
K. preuss. meteorologisches InstitiU in Berlin:
Ergebnisse der meteorol. Beobachtungen in Potsdam im Jahre 1893.
1895. fol.
Ergebnisse der Beobachtungen an den Stationen II. und III. Ordnung
1894. Heft 2. 1895. fol.
Ergebnisse der meteorol. Beobachtungen in Bremen. Jahrg. 5. 1895. fol.
Deutsches Meteorol. Jahrb. für 1891. Heft 3. 1895. 4^^.
Jahrbuch über die Fortschntte der Mathematik in Berlin:
Jahrbuch. Bd. XXIV, Heft 1. Berlin 1895. 8°.
Verein zur Verbreitung des Gartenbaues in den preussischen Staaten
in Berlin:
Gartenflora. 43. Jahrgang. 1894. 49.
Naturwissenschaftliche Wochenschrift in Berlin:
Wochenschrift. Band IX, Heft 11. 12. BandX, Heft 1—5. 1894/95. fol.
Zeitschrift für Instrumentenkunde in Berlin:
Zeitschrift. XV. Jahrgang 1895. Heft 1—6. 4».
Allgemeine geschichtsforsehende Gesellschaft der Schweiz in Bern:
Jahrbuch fär Schweizerische Geschichte. 20. Band. Zürich. 1895. 8^.
Natural History and Phüosophiccd Society in Biifningliam:
Proceedings. Vol. IX, 1. 1894. SP.
B. Äccademia delle Scienze delVIstituto di Bologna:
Memorie. Serie V. Tom. III, fasc. 1—4. 1893. 4».
B. Deputazione di storia patria in Bologna:
Atti. IH. Serie. Vol. XII, fasc. 4—6. 1895. S«
SodetS de geographie commerciale in Bordeaux:
Bulletin. 1894. No. 23. 24. 1895. No. 1—12. 8^
American Academy of Arts and Sciences in Boston:
Proceedings, Vol. XXIX. 1894. S«.
Public Library in Boston:
43. annual Report 1894. 1895. 8».
458 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.
Boston Society of natural History in Boston:
Proceedings. Vol. XXVI, part 2. 8. 1894. 4».
Memoirs. Vol. III, No. 14. 1894. 4».
OccasiODal Papers IV. 1894. 8^.
Stadtmagistrat zu Braunschweig:
Urkundenbuch der Stadt Braunschweig. Band II, Abth. 1. 1895. 4^.
Naturwissenschaftlicher Verein in Bremen:
Abhandlungen. Band XIII, Heft 2. 1895. 8^.
Beiträge z. nord westdeutschen Volks- u. Landeskunde. Heft 1. 1895. 8°.
Historisch' statistische Sektion der Je. Je. mährischen LandwirtJischafts-
Gesellschaft in Brunn:
Schriften. Band 29. 1895. 80.
Notizenblatt. Jahrg. 1894. 4^.
NaturforscJiender Verein in Brunn:
Verhandlungen. 82. Band 1893. 1894. B^.
XII. Bericht der meteorol. Commission. 1894. 8^.
Äcademie Boyale de midecine in BrUssel:
Bulletin. IV. Särie. Tome 7, No. 11. Tome 9, No. 1-4. 1894/95. 8».
Äcadimie Boyale des sciences in Brüssel:
Annuaire 1895. 61« annäe. 8<^.
Bulletin. 8» Sör. Tome 28, No. 12. Tome 29, No. 1—5. 1894/95. 8«.
SociHi des Bollandistes in Brüssel:
Analecta BoUandiana. Tom. XIV, £ei8C. 1. 2. 1895. ^,
Societi beige de geölogie in Brüssel:
Bulletin. Tome II, 4—7. 1888/98. 8°.
American philosophical Association in Bryn Manor (PensyJvanien),
Transactions. Vol. 25. 1894. Boston 1894. 8^.
K. ungatische Akademie der Wissenschaften in Budapest:
Mathematische u. naturwissenschaftliche Berichte aus Ungarn. Bd. XII.
1. Hälfte. Berlin 1895. 8^^.
Ungarische Revue. 14. Jahrg. Heft 9. 10. 1895. Heft 1—4. Buda-
pest 1894. gr. 8^.
K. ungarische geologische Anstalt in Budapest:
Jahresbericht fOr 1892. 1894. 8^.
Földtani közlöny. Band XXIV, Heft 11. 12. 1894. 8^
Geologische Specialkarte von Ungarn. Blatt Zone 14. Col. XXX
mit erklärendem Text, 1894. 8«.
Society of natural sciences in Buffalo:
BuUetin. Vol. 5, No. 4. 1894. 8«.
Academia Bomana in Bukarest:
Documente privitöre la istoria Komänilor. Suppl. I. Vol. 6. Suppl. U.
Vol. 2. 1895. 40.
Analele. Ser. II. Tome 14. 1891—92. Sect. liter. u. Sect. Scientif.
, 15. 1892—98. Sect. liter. u. partea administr.
„ 16. 1898—94. Partea administr. 1898/94. 4«.
Festreden 1894/95. 4°.
Basmele Rom&ne. Studiu comparatiyu de Läzar, Säiuänu. 1895. 8^.
Vereeichnias der eingelaufenen DrueJcsehnften. 459
Instituto y ObservcUario de marina de San Fernando in Cadix:
Anales. Seccion 2. Ano 1898. 1894. fol.
SocietS Lmneenne de Normandie in Caen:
BuUeün. 4« S^r. Vol. 8, fasc. 3. 4. 1895. 8».
Metearölogical Department of the Government oflndia in CalciUta:
Monthly Weather Review 1894 July — Deoember. 1895. fol.
Meteorological Observationa 1894 July — December. 1895. fol.
Indian Meteorological Memoirs. Vol. V, part 4. 5. 6. Vol. VII, 1. 2.
1894. fol.
Instructions to obseryers of the Indian Meteorological Department.
By J. Eliot. 1894. &>. *
Rainfall of India. III^ year 1898. 1894. fol.
Asiatic Society of Bengal in CaIctUta:
Bibliotheca Indica. New Ser. No. 847—849. 1894. 8«.
Journal. No. 338. 340-348. 1894/95. 8».
Proceedings. 1894. No. X. 1895. No. I— lU. 1894/95. 8».
Oeological Survey of India in Cälcutta:
Records. Vol. 27, part 4. Vol. 28, part 1. 2. 1894/95. 4».
Philosophical Society in Cambridge:
Proceedings. Vol. VIII, part 4. 1895. 8».
Museum of comparative zoölogy in Cambridge, Mass.:
Annual Report for 1893-94. 1894. B^.
Memoirs. Vol. XVII, No. 3. 1894. 4«.
Bulletin. Vol. XXV, No- 12. Vol. XXVI, No. 1. 2. Vol. XX VII, No. 1.
1894/95. Vol. XVI, No. 15. 1895. S^.
Astronomical Observatory at Harvard College in Cambridge, Mass.:
49th annual Report 1893—94. 1894. 8^.
Annais. Vol. XXXV. Waterville 1894. Vol. XXXII, part 1. 1895. 4^
Äccademia Gioenia di scienze naturali in Catania:
Atti. Serie IV, Vol. 7 und BuUettino, fa9c. 36—38. 1894. 4®.
Physikalisch-technische Reichsanstalt in Charlottenburg:
Herstellung und Untersuchung der Quecksilber-Normalthermometer von
J. Pemet, W. Jäger u. E. Gumlich. Berlin 1895. 4^.
Field Columbian Museum in Chicago:
Publications. Vol. I, No. 1. 1894. 8».
Zeitschrift „The Monist^ in Chicago:
The Monist. Vol. V, No. 2. 3. 1895. 8©.
Zeitschrift „The Open Court" in Chicago:
The Open Court. No. 382-893. 395—408. 1894/95. 4«.
Historisch-antiquarische Gesellschaft in Chur:
XXIV. Jahresbericht. Jahrg. 1894. 1895. 8».
Observatory in Cincinnati:
Pablications of the Cincinnati Observatory. Nr. 13. 1895. 4*^.
460 Verzeichniss der eingelaufenen Dnicksckriffen.
Chemiker-Zeitung in Cöthen:
Chemiker-Zeitung 1894. No. 102—104. 1895. No. 1—47. fol.
Naturhistarisehe Gesellschaft in Colmar:
Mittheilangen. N. F. Band 2. Jahrgang 1891-94. 1894. &*.
Äeademia nadonal de ciencias in Cördoha (Rep. Argentina):
Boletin. Tom. XII, 2. XIV, 1. Buenos Aires. 1891—94. 8».
Universität in GzernowiU:
Verzeichniss der Vorlesungen. Sommer-Sem. 1895. 8^.
Historischer Verein in Darmstadt;
Qaartalblätter 1894 in 4 Heften. ^.
Verein für Hessische Geschichte in Darmstadt:
Archiv f&r Hessische Geschichte. N. F. Band II, Heft 1. 1895. 8<>.
Colorado Scientific Society in Denver, Colorado:
Proceedings. Vol. IV, 1891—93. 1894. 8^.
Verein für Anhaltische Geschichte in Dessau:
Mittheilungen. Band VII, Theil 2. 1895. 8®.
Uniofi giographique du Nord de la France in Douai:
Bulletin. Tome XV, 3« trimestre. Tom. XVI, 4«» trimestre. 1894. S».
Sociite astronomique Russe in Dorpat:
Ephdmeridis des dtoiles pour 1895. 8^.
Boy dl Irish Academy in Dublin:
Proceedings. Ser. III. Vol. 3, No. 3. 1894. 8°.
Cunningham Memoirs. No. 10. 1894. 4*^.
Geological Society in Edinburgh:
Transactions. Vol. VI, part 4. 1892. 8®.
Royal Society in Edinburgh:
Proceedings. Vol. XX, page 305—384. 1895. 6^.
Gymnasium zu Eisenadh:
Jahresbericht für 1894/95 nebst Abhandlung von G. Kühn : Regesten
zur Geschichte des Gymnasiums. 1895. 4^.
K. Akademie gemeinnütziger Wissenschaften in Erfurt:
Jahrbücher. N. F. Heft 21. 1896. 8<».
Reale Accademia dei Georgofüi in Florenz:
Atti. Ser. IV. Vol. 17, disp. 3. 4. Vol. 18, disp. 1. 1894/95. 8«.
R. Deputazione di storia patria in Florenz:
Documenti di storia italiana. Documenti dell* antica costitnzione deir
comune di Firenze, pabbl. da P. Santini. 1895. 4".
Senckenbergische naturforschende Gesellschaft in Frankfurt a/M,:
Abhandlungen. Band XVIU, Heft 4. 1895. 4«.
Verzeiehniss der eingelaufenen Drucksdmften. 461
Naturtoiasenschaftlieher Verein in Frankfurt a/0.:
Helios. 12. Jahrg. No. 7—12. 1894/95. 8°.
Societatum Literae, 8. Jahrg. 1894. No. 10—12. 9. Jahrg. 1895.
No. 1—3. 8^.
Universität IfVeihurg in der Schweiz:
Collectanea Friburgensia. Fase. III. 1895. 4^.
Festreden 1894/95. 1895. 8<^.
Behörden, Lehrer und Stadirende. S.-S. 1895. W.-S. 1895/96. 1895. 8^.
Aatoril^s professeors et ätudiante. Sem. d'hiver 1894/96. 1894. 8^.
Index lectionnm. S.-S. 1895. 8^.
Oherhessischer Geschichtsverein in Giessen:
Mittheilungen. N. F. Band V. 1894. 8^,
K, Gesellschaft der Wissenschaften in Qüttingen:
Göttingische gelehrte Anzeigen. 1895. No. 1—6. 4^.
Nachrichten. Philol.-hist. Classe. 1894. No. 4. 1895. Nr. 1. 2 8^
, Mathem.-phys. Claase. 1894. No. 4. 1895. No. 1. 8".
Nachrichten u. geschäftliche Mittheilungen. 1895. Heft 1.
Julias Plückers gesammelte wissenschaftliche Abhandlungen. Band I.
Leipzig 1895. 8^.
Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz:
Neues Lausitzisches Magazin. Band 70, Heft 2. 1894. 8*^
The Journal of Comparative Neurology in Chranvüle (ü, St. A.^:
The Journal. Vol. IV, p. 198-206 u. CLIII— CCXII. Vol. V, p. 1 -70
u. I— XXVi. 1894/95. 8«.
I^aturwissenschafUicher Verein für NewVarpammem in Greifswald:
Mittheilungen. 26. Jahrg. 1894. Berlin 1895. 8^.
Fürsten- und Landesschule zu Grimma:
Jahresbericht 1894/95 mit Abhandlung von P.Meyer: Samuel Pufen-
dorf. 1895. 4^.
K. Instituut voor de Taal, Land- en Volkenkunde im Haag:
Bijdragen. V. Reeks. Deel IX. VI. Reeks. Deel I, No. 12. 1894/95. 8*^.
Naamlijst der leden op 1. Januar 1895. 1896. 8^.
Teyler Genootschap in Haarlem:
Archives du Musee Teyler. Ser. IL Vol. 4, partie III. 1894. 4".
Sodete Hollandaise des Sciences in Haarlem:
Archives N^rlandaises des sciences exactes. Tome 28, livr. 5. Tome 29,
livr. 1. 1895. 8«.
Kaiserl, Leopoldinisch-Caroliniache Deutsche Akademie der Natur-
forscher in Halle:
Leopoldina. Heft 80, No. 21-24. Heft 31, No. 1— 10. 1894/95. 4P.
Deutsche margenländische Gesellschaft in Halle:
ZeiUchrift. Band 48, Heft 4. Band 49, Heft 1. Leipzig 1894/95. 8^
Jahrbuch der Elektrochemie in Halle:
Jahrbuch. 1. Jahrg. Halle 1895. 8^.
1895. Sitsongsb. d. phü. u. biat. Ol. 80
462 Vereeiehni88 der eingelaufenen Druckschrißen.
Universität in Halle:
Das zweihundertjährige Jabil&nm der Universität Halle- Wittenberg.
Festbericht von D. B. Bejscblag. 1896. 4^.
Verzeichnias der Vorlesungen. Somm.-Sem. 1895. 4®.
Naturwissenschaftlicher Verein für Sachsen und Thüringen in Halle :
Zeitschrift für Naturwissenschaften. Band 67, Heft 5 n. 6. Leipzig
1894/95. 8^
Thüringisch-sächsischer Verein für Erforschung vaterl.' Älterthums
in Halle:
Neue Mittheilungen. Band XIX, 1. 1895. S».
Verein für Hamburger Geschichte in Hamburg:
Mittheilungen. 16. Jahrg. 1893/94. 1894. 8^.
Verein für naturwissenschaftliche Unterhaltung in Hamburg:
Verhandlungen. Band VIII. 1891-98. 1894. 8«.
Naturwissenschaftlicher Verein in Hamburg:
Abhandlungen. Band XIII. 1895. 4^'.
Historischer Verein für Niedersachsen in Hannover:
Zeitschrift. Jahrgang 1894. 8^.
Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen. Heft 3. u. 4.
1890—94. fol.
Universität Heidelberg:
Erwin Rohde, Die Religion der Griechen. Rede. 1895. 4^.
Historisch-philosophischer Verein in Heidelberg:
Neue Heidelberger Jahrbücher. Jahrg. V, Heft 1. 1895. 8®.
Naturhistorisch-medicinischer Verein zu Heidelberg:
Verhandlungen. N. F. Band V, Heft 3. 1894. 8®.
Verein für siebenbürgische Landeskunde in Hermannstadt:
Archiv. N. F. Band XXV, Heft 2. 1895. 8«.
Michigan Mining School in Houghton:
Catalogue of the Michigan Mining School 1892—94. 8^
Ferdinandeum in Innsbruck:
Wappenbuch der Städte und Märkte Tirols. 1894. 8.
Medicinisch-naturwissenschaftliche Gesellschaft in Jena:
Denkschriften. Band IV, Lieferung 1. Text und Atlas.
Band V, Lieferung 1. Text und Atlas.
Band VI H, Lieferung 1. Text und Atlas. 1893/94. foL
Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft. Band 29, Heft 2. 1894. 8®.
Universität Kasan:
ütschenia Sapiski. Band 62, 1-6. 1895. 8^.
Medicinische Üoctor-Dissertation von P. Dmitriewsky. 1894. 8P,
2 Medicinische Dissertationen von Gratshov und Sergaiev. 1895. 8®.
Kaiserliche Universität in Kharkow:
Sapiski. 1894. No. 4. 1895. No. 1. 2. 8^.
M. Tikhomandritzky, Theorie des integrales et des fonctions elliptiques.
1895. 8«.
Verzeidhniss der eingelaufenen Druckschriften. 463
Ministerial'Commission zur Untersuchung der deutschen Meere
in Kiel:
Ergebnisse der Beobachtangs- Stationen. 1893. Heft 1—12. 1894/96.
quer 4®.
Wissenschaftliche Meeres -Untersuchungen. N. F. Band I, Heft 1.
1894. 40.
Kais. Universität in Kiew:
Iswestija. 1894. Band 34, No. 11. 12. Band 35, No. 1. 2. 1894/96. 8'V
Spisok etc. (Verzeichniss des Pernonals). 1894. 8^.
Naturhistorisches Landesmuseum in Klagen fürt:
Jahrbuch. Heft 23. 1895. 8^.
Diagramme. 1894. fol.
Äerztlidi-naturwissenschaftlicher Verein in Klausenburg:
Ert«8it0. 3 Hefte. 1894. 9f^.
Archäologische kroatische Gesellschaft in Knin:
Glasilo. Band I, No. 1. 2. 1895. 80.
K. Akademie der Wissenschaften in Kopenhagen:
Descriptio iconibus illuütrata plantarum novarum vel minu.s cogni-
tarum, autore Job. Lange. Fase. I— III. 1864—66. fol.
Oversigt. 1894. No. 3. 1895, No. 1. 1894/95. 8»
M^moires. 6« Sör. Section des sciences. Tora. VIII, No. 10. 1894. 4^
Gesellschaft für nordische Alterthumskunde in Kopenhagen:
Aarböger. II. Raekke. Band 9, Hett 3. 4. Band 10, Heft 1 und
Tillaeg zu Band 9. 1894/95. 8^.
Memoires. Nouv. Sär. 1893. 1894. 8^
Genealogisk Institut in Kopenhagen:
Danmarks Kirkeböger. 1895. eß.
Akademie der Wissenschaften in Krakau:
Anzeiger. 1895. Januar— Mai. 8®.
Rozprawy filolog. Tom. 20. 21. 23. Rozprawy filozof. Tom. 30.
1894. 8®.
Rocznik 1893/94. 8^.
Monumenta medii aevi historica. Tom. 14. 1894. 4^.
Sprawozdania komisyi jezykowej. Tom. 5. 1894. 8®.
Acta rectoralia. Tom. 1, fasc. 3. 1894. 8^.
Archiwum komisyi histor. Tom. 7. 1894. 8®.
Biblioteka piaarzöw polak. Tom. 29. 1894. 8^.
Scriptores rerum Polonicarum. Tom. 15. 1894. 8^
Nie. Hnsso Viani carmina. 1894. 8^.
Atlas geologiczny Galicyi. Heft III. (Text und Atlas.) 1894. fol.
Text in 8«.
SociSti Vaudoise des sciences naturelles in Lausanne:
Bulletin. 3« Sörie. Vol. 30, No. 115. 116. 1894. S«.
McuUscJiappij der Nederlandsche Letterkunde in Leiden:
Tijdschrift. Deel XIV, 1. 2. 1895. 8«.
30*
464 Verzei<^%88 der eingelaufenen Drueksehriften.
Sternwarte in Leiden:
Verslag 1893/94. 1894. 8^
Archiv der Mathematik und Physik in Leipzig:
Archiv. II. Reihe, Theil 13, Heft 3. 4. 1894/95, 8".
Astronomische Gesellschaft in Leipzig:
Vierteljahrsschrift. Jahrgang? 29, Heft 3. 4. Jahrgang 30, Heft 1. 2.
1894/96. 80
K, sächsische Gesellschaft der Wissenschaften in Leipzig:
Berichte der math-phya. Classe. 1894, II. IQ. 189B, I. 8^.
Abhandlungen der math.-phys. Classe. BandXXF, No. 3— 6. Band XXII,
No. 1. 1895. 40.
Berichte der philol.-hist. Ciasso. 1894. Heft 2. 8^.
Abhandlungen der philol.-hist. Classe. Band XV, 2. 4^
Journal für praktische Chemie in Leipzig:
Journal. N. F. Band 51, Heft 1-11. 1896. 8^
üniversiti catholique in Loewen:
Annuaire 1895. 6^.
Theses. No. 654—670. Facult^ de th^ologie. 1894. S^.
Programme des cours de Tannde acad^mique 1894/95. 1894. 8^.
J. Muthuon, Arkoses de Lembecq-Clabecq. 1894. 8''.
V. de Bück, Mgr. de Kam. Paris 1865. 8®.
M. Arendt, Commentaires de Charles V. Bruxelles 1859. 8^.
W. A. Arendt, Leo der Grosse. Mainz 1885. 8^.
J. J. Thonissen, Vie du comte Ferdinand de Meea>4. 1863. 8^.
J. J. Thonissen, Vie du comte F^lix de Märode. 1861. 8®.
Jansenius, äväque d'Ypres. 1893. 8®.
J. B. Lafor§t, Orphäe. 1850. S«.
Her Majesty's Government in London:
The Voyage of H. M. S. Ohallenger. A Summary of the scientific
Results. Part I a. II. 1895. 4^.
R, Institution of Great Britain in London:
Proceedings. Vol. 14, 2. 1895. 8®.
The English Historiedl Review in London:
Historical Review. Vol. X, No. 37 u. 38. 1895. 8^.
Royal Society in London:
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Philosophical Transactions. Vol. 185, part 1. A. B. 1895. 4*.
List of Membres. 1894. 4^.
R. Astronomical Society in London:
Monthly Notices. Vol. 56, No. 2-7. 1894/96. 8^.
Chemical Society in London:
Proceedings. Session 1894—95. No. 143—153. 8«.
Journal. Supplementary Number 1894 und Nr. 386— 391. January —
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Charter and By Laws. 1895. 8^.
A List of the Ofißcers and Fellows. 1895. 8"".
Verzeichnias der eingelaufenen Druckschriften. 405
Geological Society in London:
The quarterly Journal. No. 197—200. 1894. 8«.
liist. November 1. 1894. &>,
Boyal Microscopiccd Society in London:
Journal. 1894. Part 6. 8«.
Zoologicdl Society in Lo^idon:
Proceedings. 1894, Part IV. 1896, Part I. 1895. 8^.
1 ranaactions. Vol. VIII, 10. 1895. 4<>.
Zeitschrift „Natur e" in London:
Nature. Vol. 51, No. 1309—1333. 1894/95. 4».
Aecademia di scienee in Lucca:
Atti. Tome 27. 1896. 8®.
Universität in Lund:
Acta. Tom. XXX, 1. 2. 1893/94. 4».
Institut Grand Ducal (Section des sciences naturelles) in Luxemburg:
Poblications. Tome 2. 3. 1894. 8^.
Verein für Luxemburger Geschichte in Luxemburg:
•0ns H^mecht". Vereina-Organ. Jahrg. I. No. 3. 1895. 8«.
Washburn Observatory in Madison:
Publications. Vol. VII, part 2. 1894. 4».
Government Ästronomer in Madras:
Madras Meridian Circle Observatione. Vol. VIII. 1894. 4».
Government Museum in Madras:
Bulletin. No. 3. 1895. 8<>.
R. Academia de ciencias in Madrid:
Anuario. 1895. 8^
B. Academia de la historia in Madrid:
Boletin. Tomo 26, cuad. 1—6 und Indice general zu Tom. 1—25
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R, Osservatorio astronomico di Brera in Mailand:
OäHeryazioni meteorologiche deir anno 1894. 1894 40
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Societä Italiana di scienze naturali in Mailand:
Meraorie. Tomo V. 1895. 4®.
Societä Storica Lombarda in Mailand:
Archivio Storico Lombardo. Ser. III. Anno XXI, fasc. 4. Anno XXIT
fasc. 1. 1894/95. 8P. ' ^ ^*^'
Literary and phüosophical Society in Manchester:
^^™1894/96'^ Proceedings. IV. Ser. Vol. 8, No. 4. Vol. 9, No. 1. 2.
466 Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften.
Fürsten- und Landesschule St. Afra in Meissen:
Jahresbericht fftr das Jahr 1894/95. 4®.
Verein für Geschichte der Stadt Meissen in Meissen:
Mittheilungen. Band IIT, 4. 1894. S^.
Zeitschrift Bivista di Storia Antica in Messina:
Rivista. Anno I, fasc. 1. 1896. 8°.
Acadhnie in Metz:
Mämoires. Annöe 1892/98. 1895. 8®.
Gesellschaft für lothringische Geschichte in Metz:
Jahrbuch. Vf. Jahrgang 1894. 4®.
Observatorio meteorologico central in Mexico:
Boletin mensuel. 1895. 1 — 4. 4°.
Sociedad cientifka „Antonio Alzate^ in Mexico:
Memorias. Tomo 8, No. 1—4. 1894. 8°.
Sociedad de historia naturcd in Mexico:
La Natnraleza. IL Serie. Tomo 2, No. 6—7. 1898/94. foL
Natural History Society of Wisconsin in Mütoaukee:
Occaaional Papers. VoL II, No. 2. 3. 1894/96. 8^.
Societä dei naturalisti in Modena:
Atti. Anno 28. Ser. III. VoL 3, fasc. 1. 1894. 8^.
Bureau d^echanges internationaux de publications de la B^puhlique
de r Uruguay in Montevideo:
Loi dn rayonnement solaire. 1894. 4^.
Annuario estadfstico de la Repüblica oriental del Uruguay. Ano 1898.
1896. 40.
Estadistica escolar ano de 1898. 1894. 4^.
Rasgos biogrä.fico6 del Sefior Don Juan Idiarte Borda, Presidente
de la RepiSblica 0. de Uruguay. 1894. 4^^.
SocUti Impiriäle des Naturälistes in Moskau:
Bulletin. Ann^e 1894, No. 8. 4. 1894/95. 8«.
Lick Observatory of the üniversity of California in Mount HamÜtan:
Publicationa. Vol. III. 1894. Sacramento. 4®.
Deutsche Gesellschaft für Anthropologie in Berlin und München:
Correspondenzblatt. 1894, No. 9—12. 1896, No. 1—6. 1896. 4»
K. Technische Hochschule in München:
Personalstand. Sommer-Sem. 1895. 8®.
Metropolüan-Kapitel München-FVeising in Münd^en:
Schematismus der Geistlichkeit fär das Jahr 1896. 8^.
Amtsblatt der Erzdiöcese München und Freising. 1896, No. 1—16. 8^.
Verzekhniss der eingelaufenen Druckschriften. 407
K. Staatsminieterium des Innern für Kirchen^ und Schulangelegenheiten
in München:
Das Eisenbabn-Nivellement der K. B. Staatseisenbahnen. 1894. 4P.
Geognostische JahreJ»hefte. VII. Jahrg. 1894. Casael 1895. 4P.
Historischer Verein von Oberbayern in München:
Monatoscbrifb. 4. Jahrg. 1895, No. 1—6. Januar— Juni. 8®.
Akademischer Verlag München:
Hocbschul- Nachrichten. No. 50—52. 1894/95. 4^.
Verein für Geschichte und Älterthumskunde Westfalens in Münster:
Zeitächrift. Band 52 und Ergänzungsbefb I, Lief. 2. 1894. 8^^.
Äccademia delle scienze fisiche e matematice in Neapel:
Rendiconfco. Serie IL VoL VIII, fasc. 11. 12. Serie III. VoL I,
fasc. 1—4. 1894/95. gr. 8^.
Zoologische Station in Neapel:
Mitibeilungen. Bd. XI, Heft 4. 1895. 8^.
Historischer Verein in Neuburg a/D,:
Neaburger Kollektaneen-Blatt. 57. Jabrgang 1893. 8^.
Institute of Mining and Mechaniccd Engineers in NewcasÜe-upon-Tyne:
Transactiona. Vol. 44, part 2. 3. 1895. 8^.
2he American Journal of Science in Neto-Haven:
The American Journal. No. 289 — 294. January— Jane 1895. SP.
Academy of Sciences in New- York:
Transactiona. Vol. XIII. 1894. 8^.
Annale. Vol. VII (Index). VoL VIII, No. 6. 1895. 8^.
American Museum of Natural History in New- York:
Bulletin. .Vol. VI. 1894. 8«.
American Chemical Society in New- York:
The Journal. Vol. 17, No. 1 -7. Easton 1895. SP.
American Geographicdl Society in New- York:
Bulletin. Vol. 26, No. 4, part L IL Vol. XXV U, No. 1. 1894/95. 8^.
Germanisches Nationalmuseum in Nürnberg:
Anzeiger. Jahrg. 1894. 8^.
Mittheilungen. Jahrg. 1894. 8^^.
Katalog der Holzatöcke des XV— XVIII. Jahrh. Theil IL 1894. 8».
Neurussische naturforschende Gesellschaft in Odessa:
Sapiski. Tom. XIX, 1. 2. 1894/96. 80.
Historischer Verein in Osnabrück:
Osnabrücker Qeschichtsquellen. Band OL 1895. 8®.
Verein für Geschichte utid Landeskunde in Osnabrück:
Hittheilongen. Band 19, 1894 u. Uegister zu Band 1—16. 8^
468
Verzeichniss der eingelaufenen DrUckgehriften.
Societä'VeneUhTrentina dt scienze naturdli in Padova:
Bullettino. Tom. VI, No. 1. 1895. 8«.
Circolo matematico in Palermo:
Rendiconti. Tom. IX, fa?c. 1. 2. 1895. 8^.
Acadimie de medecine in Paris:
Bulletin. 1894, No. 62. 1895, No. 1—25. 8«.
Acadtmie des sciences in Paris:
Comptes rendiis. Tome 119, No. 26. 27. Tome 120, No. 1-2V
1894/95. 4^
Moniteur scientifique in Paris:
Moniteur. Livr. 637—642. Janvier— Juin 1895. 4°.
Museum c^histoire naturelle in Paris:
Bulletin. Annde 1895, No. 2. 3. 8<>.
SociSte giographique in Paris:
Bulletin. 7® Sdr., Tome 15, Tome 16. 1894, 3« et 4« trim. 189.^
iw trim. B^.
Comptes rendus. 1894, No. 18. 19. 1895, No. 1—8. 8®.
Sociiti mathhnatique de France in Paris:
Bulletin. Tome 22, No. 9. 10. Tome 23, No. 1—3. 1894/95. 8®.
SocietS zoologique de France in Paris:
Bulletin. Tome 19. 1894. 8».
Mömoires. Tome VII, part 1—4. 1894. 8®.
Zeitschrift „V ilectriden" in Paris:
L'filectricien. Tom. VÜI, No. 209. 1894. 4P.
Academie Imperiale des sciences in St, Petersburg:
Bulletin. 5« S^rie. Vol. I, No. 4. Vol. II, No. 1—4. 1894/95. 4®
Alex. Veselovfiky, Boccaccio. Tom. II. 1894. 8^.
MemoireH. Tom. 42, No. 12. 1894. 4P,
BvCavtiva xQovixd. Tom. I, Nr. 2—4. 1894. 4^
Botanischer Garten in St. Petersburg:
Acta horti Petropolitani. Tom. XIII, 2. 1894. 8«.
Kais. russ. mineralogische Gesellschaft in St. Petersburg:
Verhandlungen. II. Serie. Band XXXI. 1894. 8^
Physikal. -chemische Gesellschaft an der kais. Universität St. Petersburg:
Schurnal. Tom. XXVI, No. 8. 9. Tom. XXVII, No. 1-3. 1894/95. eP.
Physikalisches Gentral-Observatorium in St. Petersburg:
Annalen. Jahrg. 1893, Theil I. II. 1894. 4^
Repertorium für Meteorologie. Supplem.-Band VI u. Band XVII.
1894. 4<>.
Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 469
Kaiserliche Universität in St. Petersburg:
Gotitschnyact (Jahresact), 8. Febniar 1895. 8*.
P. M. MelioranRki, Kurze Grammatik der Kosak-Kirgisischen Sprache.
Theil I. (In russ. Sprache.) 1894. S«.
Jos. Kurono, Russisch -japanische Gespräche. (In russ. Sprache.)
1894. 49,
Bestimmungen för die Benützung der K. üniversitäts- Bibliothek.
(In russ. Sprache.) 1894. 8®.
Äcademy of natural Sciences in Philadelphia:
Proceedings. 1894, part IL III. 8^.
Journal. Second Series. Vol. X, part 2. 1894. fol.
American pharmaceutical Ässocicttion in Philadelphia:
Proceedings. XLII. annual Meeting at AsheTille. Sept. 1894. Balti-
more 1894. 8^.
Geographiccd Club in Philadelphia:
Bulletin. Vol. I, No. 3-6. 1894/95. B\
Historical Society of Pennsylvania in Philadelphia:
The Pennsylvania Magazine of Hi&tory. Vol. 18, No. 2—4. 1894/95. &>.
American philosophical Society in Philadelphia:
Proceedings. Vol. 32, No. 148. Vol. 33, No. 146. 1893/94. 80.
Societä Toscana di scienze naturdli in Pisa:
Atti. Processi verbali. Vol. IX, pag. 133—241. 1894/95. 4^.
K. Gymnasium in Plauen:
Jahresbericht für 1894/95 mit Abhandlung: Lncianstudien von Joh.
Rentsch. 1895. 4».
Historische Gesellschaft in Posen:
Zeitschrift. 7. Jahrg., Heft 1. 2. 1894. 8'
Central' Bure au des meteorologischen Instituts in Potsdam:
Verhandlungen der 1894 in Innsbruck abgehaltenen Conferenz der
Permanenten Commis.sion der Internationalen Erdmessung. Berlin
1896. 40.
K. geodätisches Infttitut in Potsdam:
Astronomisch-geodätische Arbeiten I. Ordnung. Telegraphische Längen-
bestimmungen in den Jahren 1890—93. 1895. 4".
Astrophysikalisches Observatorium in Potsdam:
Publikationen. Band VII, 2 und X. 1895. 4«.
Kaiser Franz-Josef Akademie in Prag:
Rozpravy. TKda I. Ro6nik 3, dislo 3. 4. Th'da III. Rocnik 3,
«iftlo 3. 1894. gr. 4^.
V&tnik. Roönik 3, cislo 7-9. 1894. gr. 8«.
Almanach. Ro6nik 5. 1895. 8^.
470 Vergeichniss der eingelaufenen Druckschriften,
Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und
Literatur in Böhmen in Prag:
Rechenschaftsbericht vom 15. Dezember 1894 und Mittheilong No. III
u. IV. 1895. 8^
Eugen Holzner, Studien zu Euripides. Wien 1895. 8^.
Bibliothek deutscher Schriftsteller aus Böhmen. Band IL Nik. Her-
mann. Wien 1895. 8^.
K. Böhmische Gesellschaft der Wissenschaften in Prag.
Jahresbericht fßr das Jahr 1894. 1895. 8^.
Sitzungsberichte 1894. a) Classe für Philosophie.
b) Mathem.-naturw. Classe. 1895. 8^.
Lese- und BedehaUe der deutschen Studenten in Prag:
Bericht über das Jahr 1894. 1895. 8<>.
K. Böhmisches Museum in Prag:
Öasopis. Jahrg. 1894. 4 Hefle. 1894. &^.
K. K. Sternwarte in Prag:
Magnetische und meteorologische Beobachtungen im Jahre 1894.
55. Jahrg. 1895. 4®.
Deutsche Carl- Ferdinands -Universität in Prag:
Die feierliche Installation des Kectors für das Jahr 1894/95. 1894. 8^.
Ordnung der Vorlesungen. Sommer-Sem. 1895. 8®.
Verein für Geschichte der Deutschen in Böhmen in Prag:
Mittheilungen. 33. Jahrg., No. 1—4. 1894. 8».
Naturforscher -Verein in Riga:
Correspondenzblatt. Nr. 37. 1894. 8^.
Festschrift aus Anlass seines 50 jährigen Bestehens. 1895. 8^.
Observatorio in Bio de Janeiro:
Annuario 1894. 1893. 8^.
„Limburg" Provinciadl Genootschap voor geschiedkundige Weten-
schappen in Boermond:
Limburg's Jaarboeck I. 1894. 8®.
R. Äccademia dei Lincei in Born:
Annuario 1895. &>.
Atti. Serie V. Classe di scienze morali. Vol. II, parte 2. Notizie
degli scavi, Sett.— Die. e Indice 1894. Vol. III, p. 2. Gennaio —
Marzo 1895. 4«.
Rendiconti. Classe di scienze morali. Serie V. Vol. III, fasc. 10—12.
Vol. IV, fasc. 1-3. 1894/95. 8^.
Atti. Ser. V. Classe di scienze fisiche. Rendiconti. Vol. III. Semestre 2,
fasc. 9—12. Vol. IV. Semestre 1, fasc. 1—11. 1894/96. 4».
Äccademia Pontificia dei' Nuovi Lincei in Rom:
Atti. Anno 45, sess. 7. Anno 47, sess. 4. 1894. 4^.
Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften. 471
B. Comitato geoiogico d' Itcdia in Born:
ßoUettino. Anno 1894, No. 4. 1895, No. 1. S».
Kais, deutsches archäoloffisches Institut (röm. Äbth.) in Born:
Mittheilungen. Band IX, No. 4. gr. 8**.
Ministero di agricultura, industria e commercio in Born:
Statistica delle Biblioteche. 2 voll. 1898/94. 4».
Office centrale meteorologico in Born:
Annali. Vol. XII, parte 2. 1890. 1895. 4P.
Societä Bomana di stona patria in Born:
Archivio. Vol. XVII, fasc. 3. 4. 1894. 8».
Äccademia degli Ägiati in Bovereto:
Atti. Anno XII. 1894. Serie III. Vol. I, fasc. 1. 1895. 8«.
American Association for the avancement of sciences in Salem:
ProceediDgs, held at Madison, Wisconsin. August 1893. 1894. 8^.
Naturwissenschaftliche Gesellschaft in St. Gallen:
Bericht 1892/93. 1894. 8<>.
Joachim Vatian von Emil Arbenz. 1895. 4^.
California Academy of Sciences in San Francisco:
Proceedings. 11^ Series. Vol. IV, part 1. 1894. 8®.
Observatorio astronömico meteorologico in San Salvator:
Annuario 1895. fol.
K. K. archäologisches Museum in Spälato:
BuUettino. Anno 18, No. 1—5. 1895. 8^.
Museum in Stavangen:
Aarsberetning for 1893. 1894. 8^.
Gesellschaft für Pommer'sche Geschichte in Stettin:
Die Bau- und Eunstdenkmäler des Heg.-Bezirks Eöslin. Band II,
Heft 1. 1894. gr. 80.
Baltische Studien. Jahrg. 24. 1894. 8^.
K. Vitterhets, Historie och Antiquitets- Akademie in Stockholm:
Handlingar. Del 31. 32. 1893. 8».
Antiquarisk Tidskrift. XIII, 1. XIV, 3. XV, 2. 1894/95. 8».
Schwedens öffentliche Bibliotheken in Stockholm:
Accessions-Katalog. IX, 1894. 1895. 8^.
Geseilschaft zur Förderung der Wissenschaften in Strassburg:
Monatsbericht. Band 28, fasc. 8—10, 1894. Band 29. Heft 1—5, 1895. 8^,
SocUte des sciences in Strassburg:
Bulletin mensuel. Tome 28, No. 7. 1894. 8^.
K. statistisches Landesamt in Stuttgart:
Württembergische Jahrbücher für Statistik u. Landeskunde. Jahrg. 1894,
Heft 1—3. 1896. 4«.
172 Verzeid^tnsB der emgüaufenen Druekstknften.
K. äffetiÜMe BMiathek in Stuttgart:
Wirtemberjfi.Hcbe« UrkandeDbücb. Band VI. 1894. 4®.
HennaDn Fischer, Geographie der tchw&biBcken Maiidart, Text und
AtlaH, Tübingen 1895. foi.
Würilem^ßergische Kommission für Landesgeschichte in Stuttgart:
WrirttemlK;rgifche Yierteljabreshefte för Landesgeschichte. N. F.
Jahrg. III, 1894, Heft 1—4. 1894/96. 8«.
Department of Mines and Ägriculture in Sydney:
I'alaeontology. No. 8, pari IIL 1896. 4<>.
Becordn of the Geological Sunrcy of New -South -Wales. VoL IV,
part 3. 1896. 4P.
Observatorio astronömico nacional in Tactibaya:
Boleiin. Tom. I, No. 20. 21. Mexico 1896. 4<>.
Physikalisches Observcttorium in TifUs:
Beobachtungen. Jahrgang 1892. 1894. fol.
Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens in Tokio:
Mitfheilungen. 56. Heft. 1895. fol.
Imperial University in Tokio:
Calendar 1893/94. S9.
The Journal of the College of Science. Vol. VH, 2—4. 1894/96. 4«.
Mediciniache Faetdtät der Universität Tokio:
Miltheilungen. Band II, No. 2. Bd. III, No. 1. 1894. 4».
Museo civico di storia naturale in Triest:
Atfci. Vol. IX. 1896. 80.
R, Äccademia delle scienze in Turin:
Atti. Vol. XXX, disp. 1—11. 1894/95. ^,
OsHerva/Joni mcteorologiche deir anno 1894. 1896. 8®.
Humanistika Vetenkaposamfund in Upscda:
Skrifter. Band 11. 1892—94. 8«.
Universität üpsala:
Bulletin menauel de Tobservatoire m^täorologique. Vol. 26, Annde 1894.
1891/96. fol.
Historisch Genootschap in Utrecht:
Bijiiragen on Mcdedeelingen. XV. Deel. s'Gravenhage 1894. 8^.
Werken. Ser. III, Deel 5, s'Gravenhage 1894. 8®.
Provindal Utrechtsch Genootschap in Utrecht:
Aanteekeningen 1894, 8**.
VerslRg. 1894. 8».
Äteneo Veneto in Venedig:
L'Ateneo Veneto. Ser. XVI, VoL 1. 2. XVII, Vol. 1. 2. 1892fW. 8».
Verzeichniss der eingelaufenen Dntckschriften. 473
Istituto Veneto di scienze, lettere e arti in Venedig:
Atti. Tom. 50, diap. 4—10, u. 2 Appendices. Tom. 61, Nr. 1—10.
Tom. 62, No. 1—3. 1891—94. &,
Temi di premio dal 19, Maggio 1896. 8^.
Bureau of Education in Washington:
Annoal Report of the Commidsioner of Edacation for 1891/92. 2 Voll.
1894. 8«.
Bureau of American Ethnology in Washington:
XL Annual Report for 1889/90. XII. Annuü Report for 1890/91.
1894. 40.
ContributioDR to North American Ethnology. Vol. IX. 1893. 4®.
An ancient Quarry in Indian Territory, by W. H. Holmes. 1894. 8^.
List of the Pnblications of the Bureau of Ethnology. 1894 8^.
N. S, Departement of Agriculture in Washington:
North American Fauna. No. 8. 1896. 8^.
Smithsonian Institution in Washington:
Smithsonian Report. U. S. National-Museum 1891. 1892. 1892/93. 8^.
Annual Report. July 1893. 1894. &>,
Smithsonian Miscellaneous CoUections. No. 854. 909. 970. 1894. 8^.
Diary of a Joumey tbrough Mongolia and Tibet in 1391 and 1892
by William Woodville Rockhill. 1894. 8«.
ü. S, Naval Ohservatory in Washington:
Observations made during the year 1889. 1893. 4^.
The Elements of the four inner planets and the fundamental constants
of Aatronomy by Simon Newcomb. 1896. 8^.
ü, S. Coast and Geodetic Survey in Washington:
Annual Report for 1892. Part IL 1894. d^.
Bulletin. No. 31-33. 1894/95. 8®.
United States Geological Survey in Washington:
XU. annual Report in 2 parts. XIII. in 3 parts. 1891/92. 4^
Monographs. No. XIX. XXI. XXIL 1893. 4«.
Mineral Resources. 1892. 1898. 1894. 8<'.
Bulletin. No. 97—117. 1893/94. 8«.
Harzverein für Geschichte in Wernigerode:
Zeitschrift. Jahrg. 28, Heft 1. 1895. 8».
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien:
Sitzungsberichte. Philos.-hist. Classe. Band 130. 1894. 8^\
Mathem.-naturwi.ssensch. Classe. 1893/94. 8^'.
Abth. I. 1893, No. 8—10. 1894, No. 1—3.
, n. 1893, No. 8—10. 1894, No. 1-5.
, IIb. 1893, No. 8—10. 1894, No. 1—3.
, III. 1893, No. 8— 10. 1894, No. 1—4.
Denkschriften. Philos.-hist. Classe. Band 43.
Mathem.-naturw. Classe. Band 60. 1894. 4^.
Archiv für österreichische Geschichte. Band 80, 2. Band 81, 1. 1894. 8^.
474 Verzeidmi$$ der ängeUmfenen Drududuiften,
K, K, geoli}ff%sche lieidufanstaU in Wien:
VerhandlnsgeD. 1894, No. 10—18. 1895, 1—7. 4^
Jahrbuch. Jahrg. 1894. Band 44. Heft 2—4. 4^
K, K, Gradmessunfjs-Bureau in Wien:
Attronomiüche ArbeiteD. VI. Band. Längenbesfciinmimgeii. 1894. 4®.
K. K. Gesellschaft der Äerzte in Wien:
Wiener kliniBche Wochenschrift. VIIL Jahrg. 1895, No. 1—26. 1895. 4«.
Ernst Ludwig, Schwefelbad Ilidze bei Sarajero in Bosnien. 1895. 8^.
Anthropologische Gesellschaft in Wien:
Mittheilungen. Band 24, Heft 6. Band 25, Heft 1. 1894/95. 4^.
Geographische Gesellschaft in Wien:
Mittheilungen. Band 37. 1894. 8<*.
Zoologisch-botanische Gesellschaft in Wien:
Verhandlungen. Band 44, Jahrg. 1894, HI. u. IV. Quartal. Band 45,
Jahrg. 1895, Heft 1—5. 1895. 8».
K. K. lieiehS'KriegS'Ministerium „Marine-Section" in Wien:
Relative Schwerbestimmungen durch Pendel beobachtungen. 1895. 8^.
K. K. naturhistorisches Hofmuseum in Wien:
Annalen. Band IX, No. 3. 4. Band X, No. 1. 1894/95. 4<>.
Physikalisch-medicinische Gesellschaft in Würzhurg:
Verhandlungen. N. F. Band XXVIII, No. 2—7. Band XXIX, No. 1.
1894/96. 80.
Sitzungsberichte. 1894, No. 5—10. 1895, No. 1. 2. 1894/95. 8^.
Historischer Verein von Unterfranken in Würzburg:
Archiv. Band 36 und Ergänznngsheft. 1893/94. 99,
Jahreabericht für 1892 u. 1893. 1893 u. 1894. 8«.
i)r. Th. Henner, Der historische Verein von Unterfranken in seinem
60 jährigen Wirken. 1893. 8^
Ansicht von Würzburg im Jahre 1648 aus Merian's Topographia
Franconiae 1650.
Schweizerische Meteorologische Centrdlanstalt in Zürich:
Annalen 1892. Jahrg. 29. 1894. 4^.
Schweizerische geologische Commission in Zürich:
Beiträge zur geologischen Karte der Schweiz. Lief. 33. 34. 1893/94. 4^.
Antiquarische Gesellschaft in Zürich:
Mittheilungen. Band XXIII, 7. XXIV, 1. 1896. 4^.
Natur forschende Gesellschaft in Zürich:
Vierteljahrsschrift. Jahrg. 39, Heft 3. 4. Jahrg. 40, Heft 1. 1894/9)5. 8°.
Universität Zürich:
Schriften der Universität vom 1. Mai 1894 bis 1. Mai 1895. 4® u. S^.
Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften, 475
Von folgenden Privatpersonen:
Le Prince Albert I"" de Monaco:
Snr les premi^reB campagnes scientifiques de .Princesse Alice*. Paris
1895. 40.
Sar la density et ralcalinit^ des eanx de TAtlantiqae par M. J.-Y.
Buchanan. Paris 1895. 4^.
J, P. Alibert in Paris:
Notes sar sea d^ouvertes et ses travauz. 1895. 4^.
Francesco Brioschi in Rmn:
Notizie anlla vita e sulle opere di Arturo Cayley. 1895. 4®.
V. FusbÖll in Kopenhagen:
VoBgter-Versene. 1894. 8^.
3f. P. Foucart in Athen:
Rechercbes snr rorigine et la nature des mystbrea d'flleasis. Paris
1895. 80.
Aristote, Constitution d* Äthanes, notes sur la seconde partie. Paris
1896. 8».
C. Bemigius Fresenius in Wiesbaden:
Anleitung zur qualitativen chemischen Analyse. 16. Aufl. 1895. 8^'.
Ur. Gerling in Elmshorn (Holstein):
Ein Ausflog nach den ostholsteinischen Seen. Halle 1898. 8®.
Emü Heuser in Landau (Pfalz):
Katalog des stadtischen Museums in Landau i. d. Pfalz. 1895. 8^.
Friedrich Hirth in Tschung-King (China):
Die Länder des Islam nach chinesischen Quellen. L Leiden 1894. 8^.
Ueber den Scbriftenverkehr von Einsay zu Marco Polö^s Zeit. Leiden
1895. 80.
Das Reich Malabar nach Chao-Ju-Eua. Leiden 1895. 8^.
Wilhelm His in Leipzig:
Die anatomische Nomenclatur. Sep.-Abdruck. 1895. 8^.
Charles Janet in Beauvais:
l^tudes sur les foumis. Note IV, V et VI (mit 4 weiteren geologi-
schen Abhandlungen). Paris 1894. 4^ u. 8^.
Alfred Jörgensen in Kopenhagen:
Der Ursprung der Weinhefen. Jena 1895. 8®.
Albert von Kölliker in Würzburg:
Kritik der Hypothesen über amöboide Bewegungen der Neurodendren.
1895. 80.
Nicolaos Krispi in Athen:
Nia ^ecDQla tcöv dsxadixcöv dtji&ficäy. 1895. B^.
Otto Kuntze in Friedenau bei Berlin:
Geogenetische Beiträge. Leipzig 1895. 8^.
August Kurz in Augsburg:
Der Bunsenbrenner (Ausschnitt). 1894. 8^.
476 Vereeichnisa der eingelaufenen Druckschrifien.
Henry Charles Lea in Philadelphia:
Philosophical Sin. 1895. 8».
Gabnel Monod in Paris:
Revue historique. XX. Ann^e. Tome 67, No. 1. 2. Tome 58, No. 1.
Paris 1895. 8«.
Emü Pcdlioppi in Pontresina:
Dizionari dels itioms romauntscbs. Fase. IV. 1895. 8^.
Michele Rajna in Maüaful:
Suir escursione dinrna della declinazione magnetica a Milano 1895. 8^.
LHetrich Reimer, geogr, Verlagshandlung in Berlin:
Zeitschrift für afrikanische und oceanische Sprachen. Jahrg. 1, Heft 1-3.
1895. 40.
Albert Sarel in Paris:
Notice sur M. Fustel de Coulanges par M. Albert Sorel. 1893. 4^.
Discours pour la r^ception de M. Albert Sorel. 1890. 4*^.
Äi'turo Soria y Mala in Madrid:
Origen poli^drico de las espacies. 1894. 8®.
M. A. Stein in Lahore:
Catalogue of the Sanskrit manuscriptä in the Library of the Inf aharaja
of Jammu and Kashmir. Bombay 1894. 4^.
Michele Stossich in Triest:
Notizie elmitologiche. 1895. 8^.
I distomi dei rettili. 1895. 8^.
Osservazioni sul Solenophorus megalocephalus. 1895. 8^
II genere Ankylostomum Dubini. 1895. 8^. •
August Tischner in Leipzig:
Le phdnombne fondamental du Systeme solaire. 1895. 8^.
G. Tschermak in Wien:
Ueber gewundene Bergkry stalle. 1894. 4°.
G. Tropea in Messina:
Storia dei Lncani. 1894. 8^.
Girolamo Vitelli in Florenz:
Studi italiani. Vol. lU. 1895. 8°.
Gauthier Villars et fUs in Paris:
Repertoire bibliograpbique des sciences mathämatiqaes. I. S^rie.
Fiches k 100. 1894. 8».
Henry Wilde in Manchester:
On tbe Multiple Proportions of the Atomic Weights of Elementary
Substanceis in relation to the unit of Hydrogen. 1895. 8^*.
On the Pividenc e aftorded by Bode'« Law of a permanent Contraction
of the Radii Vectores of the Planetary Orbits. 1895. 8".
Inhalt.
Die mit * bezeiebiioton Abhandlungen sind in den Sitsnngsberichten nicht abgedmekt.
• Historische Classe, Sitzung vom 15. Juni 1895.
Seite
H. Paul: Tristan als Mönch, deatsches Gedicht aas dem 13. Jahr-
hundert 817
Philos.'philoL Classe, Sitzung vom 6. Juli 1895.
Wölfflin: Benedict von Nursia und seine Mönchsregel . . . 429
*W. Meyer: Nürnberger Faustgeschichten 428
Historische Glosse, Sitzung vom 6. Juli 1895.
*J. Friedrich: Ueber die unäcbten Kaiser- und Papstschreiben
in den Biographien des Johannes Chrysostomus . . . -. 426
Einsendung von Druckschriften 455
\
Akademische Buchdruckerei von F. Straub in München.
Sitzungsberichte
der
philosophisch - philologisehen
und der
historischen Classe
der
k. b. Akademie der Wissenschaften
zu M-ünchen.
1895. Heft IV.
Mfinohen
Verlag der K. Akademie
1896.
In Commiadon des G. Frant'sohen Verlags (J. Roth).
' « •
.- ~. . '
Sitzungsberichte
der
königl. bayer. Akademie der Wissenschaften.
Sitzung vom 2. November 1896.
Philosophisch-philologische Classe.
Herr N. Wecklein hielt einen Vortrag:
Beiträge zur Kritik des Euripides.
Derselbe wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Historische Classe.
Herr W. Pregeb hielt einen Vortrag:
üeber eine noch unbekannte Schrift Suses.
Derselbe wird in den Abhandlungen erscheinen.
Die Classe beschliesst auf den Wunsch des Verfassers
die oben S. 206 für die Sitzungsberichte angemeldete Ab-
handlung von H. Simonsfeld:
Neue Beiträge zum päpstlichen Urkundenwesen im
Mittelalter und zur Geschichte des 14. Jahrhunderts
in den Abhandlungen zur VeröflFentlichung zu bringen.
18V5. SiUungsb. d. pbil. u. bist. Ci. 31
Ä
479
Beiträge zur Kritik des Euripides.
Von N. WeckleiB.
(Vorgetragen am 2. November.)
I.
Auch ffir die Kritik gilt der Satz des Polos: i/uieigla
fikv noiei tdv alcbva fi[i(bv JiOQSveo'&ai xarä rix^'^» ä^eigio,
de xarä rvxfjv. Nur wer einen üeberblick über die ganze
handschriftliche üeberlieferung eines Schriftstellers hat, wird
bei einzelnen Stellen die entstehenden Zweifel losen' und über
die Notwendigkeit oder Berechtigung einer Textänderung ein
massgebendes Urteil haben. Manche Kritiker, die es sich
zum Verdienste anrechnen, an einer Stelle die Lesart der
Handschriften in Schutz zu nehmen, würden vielleicht ganz
anders denken, wenn ihnen die häufige Wiederkehr des
gleichen Fehlers vor Augen stünde. Z. B. geben Hik. 1183
die beiden Handschriften
äxove, Srjoev, xovoS* ^A'&rjvaiag XSyovg.
Markland bat zijod' für rovod^ verlangt. Weder Kirchhoff
noch Nauck hat gewagt diese Emendation in den Text zu
setzen und der neueste Heransgeber des Stückes hat dieselbe
nicht einmal einer Erwähnung wert erachtet. Die Worte
spricht Athena, welche sich damit den Zuschauern vorstellt.
Der Gebrauch von 8de bei solcher Vorstellung ist bekannt.
Es genügt auf die ganz gleiche Stelle Iph. T. 1436 äxovoov
Sl*
480 N, Wecklein
xrjod^ 'A&rivalag Xöyovg zu verweisen. Wer trotzdem diese
Aenderung für stark und bedenklich hält, wird sich eines
besseren belehren lassen, wenn er die zahlreichen Fälle über-
blickt, in denen eine unrichtige Beziehung auf ein in der
Nähe stehendes Wort einen Einfluss auf die Alterierung des
Textes ausgeübt hat. Ich beschränke mich auf Pronomina.
Ein lehrreiches Beispiel bietet Alk. 17
oix ^Q^ nktjv yvvaixbg fjrtg ij'&eXe
^aveTv tiqö xelvov /jLTjxh^ elaogäv (pdog.
Wie Reiske gesehen, fordert der Sinn Sorig für fjrig. Das
folgende /ii]xh' eloogäv lehrt weiter, dass '&av(lov für ^aveiv
zu setzen ist, was gleichfalls Reiske erkannt hat. Also wurde
dem yvvaixög zu Liebe iftig geschrieben und da sich damit
^avcov nicht vertrug, dieses in '&aveTv verwandelt. Hieraus
ergibt sich, wie wenig methodisch diejenigen verfahren,
welche zwar Sorig aufnehmen, aber '&aveXv stehen lassen und
die wertlose Correctur des cod. Havniensis yuiy^' h^ aner-
kennen. Ebd. 23 hat das Schol. zu Hipp. 1437 die richtige
Lesart Xebioy fxeXd'&Q(ov xcbvöe (ptXrdTrjv oriyrjv bewahrt, die
Handschriften geben teils tdjvde (pdxdrojv, teils rijvde cpiX-
rdtrjv. Ebd. 501 gibt nach Jiaiolv die eine Klasse der Hand-
schriften oTg für ovg, 546 hat nur eine Handschrift das
richtige ^yov ov Ttpde dcüjudicov . . ^evcovag oT^ag, die übrigen
geben tcbvde dcDjbidTCüv. Androm. 148 bieten die Handschriften
teilweise ozoXjxöv xe XQ^"^^^ Tcovde noixlXcov ninXcov für xdvÖe.
Ebd. 663
fjv naXg fikv fjfJLYi jufj xixtj, xavxrjg d^ äno )
ßXdaxcoot naideg, xrjode yrjg 0&ic6xidog
oxijoeig xvgdwovg;
wagt niemand die Emendation von Brunck xovods yrjg ^Mia>^
xidog aufzunehmen; ja Matthiae spottet darüber und Lenting
bekritelt sie mit elegantius quam verius; und doch fordert
Beiträge zur Kritik des Euripides, 481
der Gegensatz rovade (istos) und ist rrjade ganz unnütz. Für
die ähnliche Emendation von Brunck ebd. 896
• Ti XQVJ^^f' (^^ iocpAXfjied^ fj oaq>(og öqoj
d6/Li(ov ävaaoav zwvde Mevikeco xdQtjv;
wo die Handschriften Ti^vde bieten, kann ich nur das Stil-
gefühl geltend machen, bin aber von der Richtigkeit der-
selben überzeugt. An und für sich passt „ich sehe die
Herrin des Hauses hier* sehr gut; aber auf die Erscheinung
ist schon vorher hingewiesen, nunmehr handelt es sich nur
um die Identität der Person. Ebenso halte ich ebd. 959
iyco yäg eldhg Tijvde ovyxvoiv dö/xwv
EQiv te X7]v arjv xal yvvaixog ^xtoqog
für notwendig, weil nach dem Zusammenhang auf die Zer-
rüttung des Hauses hingewiesen werden muss, während das
handschriftliche xibvde überflüssig ist. Ebd. 709 fjv . . Ikq,
ÖC oixcDv xTJvd^ (rfjod^ P) iTtioTidoag xö/Lirjg hat Musgrave
Tcovd^ hergestellt. Bakch. 23
jiQcoTag dh Gfjßag xijade. yfjg 'EXXtjvldog
wäre x'^ade nur dann richtig, wenn nicht bereits ig xiqvde
Tiganov ijX'&ov 'EXXi^vcov x"^^^ vorherginge. Da jetzt der
Schauplatz der Handlung angegeben wird, muss es xdode
heissen, was bereits Pierson hergestellt, der neueste Heraus-
geber aber verschmäht hat. Ebd. 28
üejuiXrjv dk wfA(pev9eioav ix '&vrjxov xivog
ig Zrjv^ &vaq)iQeiv xtjv äfiagxlav Xexovg,
KddfJLOv oo(pio^a'&\ (bv wv eivexa xxaveTv
Zfjv'* i^€xavxcbv'&\ oxi ydfxovg ey>evoaxo
wird durch d>v, welches nur auf Kddjuov oocplofiaxa bezogen
werden kann, der Sinn gestört. Die nachfolgende Erklärung
oti ydfxovg ixpevaaxo beweist, dass die Beziehung auf iva^
482 JV: Wecklein
(pigeiv r^v äjuLogTlav Xixovs doch wohl ov erfordert. Eine
ähnliche Unklarheit hat man Soph. El. 256
äkX* fj ßla yäg xavx äray^dCei fie dgäv,
avyyvcoze. ncbg yäg fjtig ehyevqg ywri,
7xaTQ(p^ ÖQcboa 7i^fjuir\ ov dgcpfj rdS* äv,
d^dXlovra ixäXXov fj xaxaqy^lvovd^ ögcj;
Unwillkürlich bezieht man & auf das unmittelbar vorher-
gehende xdde, während es zu m^fiara gehört. Die Unklarheit
wird beseitigt, wenn man töö' und vorher tovt' schreibt,
da beides sich auf TtoXXotoi '^Qi/jvoig dvoqpoQeiv bezieht, der
Singular also ohnedies dem Sinne mehr entspricht. Ebenso
ist man ebd. 538 xravcDv räfi\ ovx ifxeXXev twvöS fioi dcoaetv
dbcrjv; versucht rcbvde auf rd i/m zu beziehen, während
tovde die Beziehung (rov xraveTv rä i/ud) klarmacht. Aus
gleichem Grunde hat Elmsley Heraklid. 246 xal röd' äyx^^^Q
TieXaq für idS* gesetzt. Vgl. auch Jon 731 S /x^ yhovzo d\
et Ti Tvyxdvoi xaxöv, wo Stephanus S verbessert hat, und
Phoen. 1663 xäxeTvo xixQiTai, jlitj icpvßQlCeo'&ai vexgovg, wo
mehrere Handschriften xäxeTva haben. Die Vertauschung
von röd^ und xdd\ xovx' und xavx^ ist eine sehr gewöhn-
liche. Vgl. Androm. 988, Heraklid. 393. Hik. 349 xdde L,
xdde corr. in xdde P, Hipp. 379 xdde P, xode die übrigen,
-f 1257 xdde E, xdde ALP, Iphj^999, Or. 365, Tro. 396. So
entspricht Bakch. 483
HE, (pQovovGi ydg xdxiov ^EXXi^vcov noXii. j^
AI. xdd^ ev ye jbiäXXov' ol vd/ioi dk didq>OQOi
xoS* dem Sinne (dieses eine) weit mehr als xdde. Ebd. 347
iX'&cbv de ^dxovg xovod^ Tv' olojvoaxoTiet hat Elmsley xovd^
hergestellt, 1190 '^gq xovde für '&i^Qa xdvde Hermann, 1265
xi fioi xovd^ e^nelnag etoogäv für xl /noi xwvd^ Stephanus,
Hek. 1070 ßdoip alo^^dvo/xat xdvde yvvaixcbv für xävde (x&vde)
Beiträge zur Kritik des Euripides. 483
Yvvaix(bv Seidler, Hei. 637 rd r^g Aids für rd tov Ai6g
Schaefer, 735 ixnovcbv Ißiol für ix 7i6vo>v l/ubv Barnes,
809 xvQQwov o für xvqawov 3v Seidler, 945 rovg dk MeviXeo)
für TOV de MeviXeo) Hermann, 1019 tg Kaoiyv^rov für rov
xaoiyvfixov Dobree, El. \99 xovö' äa^eveoxiQq> Jtoxcp für xcpd' ¥9^
äa^eveaxigq) noxcp Beiske, 1311 nöoig for' avx^ für Jiöoig
^ot' avxög Barnes, Herakleid. 902 xöd' äipeXia&ai für xovd'
ifpeUo^ai apogr. Paria., 930 rcßöi t' ovx fjooov xvxelv für
xwvde . . xvx^iv Ganter. Hik. 106 ol S* ä/ntpl xövde Jiäideg;
fj xovxov xixva; gibt P xovxcov mit yq, xovxov, L xovxcov.
Ebd. 167 hat Nauck ovjj.q>oQäig eixeiv ijui für ovfjLq)OQaig
eixeiv ijLLcug geset7.t, 765 Sviipev avxög xdw xaXamcoQOJv ocpaydg
Reiske für avxaw, 1168 o(pe Elmsley für oe (durch unrichtige
Beziehung auf Adrast entstanden), Hipp. 268 xdade övaxiqvov
xvx<ig für xrioöe ivaxi^vovg Markland (und Luzac), 843 jiqO'
anöXcov ifwv für jiqootiöXcdv ifi(bv Valckenaer. Ebd. 1153
bietet A yrig ävaxxa xövde, die übrigen yfjg ävaxxa x^oöe,
Iph. A. 639 hat naldwv x(pd' für naldwv x&vd^ Fix corrigiert,
1354 xdv ydßicov für xcbv yd/ncov Matthiae, Iph. T. 618 i^eäg
yäg xT^vde TtQooxQOJitjv ^x^ ^^r ^eäg yoLQ xfjode Bothe, Kykl. 273
xcpöe xov 'Padafidr&vog für xovöe Ganter, 412 MdQwvog avxcp
xovde Tigoapigo} nmv für MdgcDvog avxov xcode L. Dindorf,
Or. 384 äfpiiai <J' avxov ig xcuqöv xaxcbv für ä(piiai d' avxög
Schaefer. Ebd. 1597 gibt L xT^vde fioi dwoeig dbcrjv für
xwvdi ßioi dcüoeig dCxrjv, 1653 iq)^ fj . . öiQfj ABP für ^9?'
jyg diQjj, Tro. 626 eldöv wv avxi^v mehrere Handschriften
für eldöv wv avxrj, 879 noiväg 0001 (andere richtig 8oo)v)
xe&väo^ Iv 'IXlcp (plXoi, Es ermüdet noch weitere Beispiele
zu suchen. Die gesammelten werden genügen zu zeigen,
welchen Wert der s. g. conservative Standpunkt hat bei
Stellen wie Hik. 1183, wovon wir ausgegangen sind. Dem-
nach wird es der Beurteilung einzelner Stellen dienen und
die Sicherheit der Rezension sowohl wie der Emendation
fördern, wenn durch Zusammenstellung und Yergleichung
484 N. WeeJdein
methodische Grundsatze und allgemeine Regeln gefunden
werden. Ich knüpfe im Folgenden an Versuche an, die ich
früher in meinen Studien zu Euripides gemacht habe.
Obwohl schon Reiske und Tyrwhitt auf unechte Verse
hinwiesen und Valckenaer derjenige ist, der zuerst die Frage
der Interpolation systematisch behandelt hat, kennzeichnet
doch gerade die Erkenntnis der Ausdehnung fremder Zusätze
und verwässernder Nachträge einen grossen Fortschritt der
neueren Textkritik, dessen Verdienst vorzugsweise Dindorf,
Nauck und Kirchhoff zufällt. Einige zufallige Anzeichen
müssen die Besorgnis erwecken, dass uns manche geschickte
Einlagen, welche die Redeweise des Euripides gut treffen,
verborgen bleiben. Ein lehrreiches Beispiel ist die Rede des
Theseus Hik. 195—249. Adrastos fleht 163—192 Theseus
um Beistand an, um von den Thebanem die Herausgabe der
Leichen zu erwirken. Schon diese Rede hat mehrfache Zu-
sätze erhalten, welche von Bothe (177 f.), Reiske und Tyr-
whitt (180—3), Dindorf und Kirchhoff (190—92) ausge-
schieden worden sind. Theseus erwidert Adrast, dass er
keinen Grund habe den erbetenen Beistand zu leisten: «der
Pessimismus der Menschen hat keinen Grund, da die Gottheit
alles wohl eingerichtet hat; aber der Witz der Sterblichen
dünkt sich erhaben über die Weisheit der Gotter.
fjg xal ov q>alvfi dexddog ov ooq)bg yeycos,
öarig xögag fikv '&ea<pdroig 0oißov Cvyelg 220
^ivoujiv 0)0' Sdcoxag d>g ^(ovTCoy '^eöv,
XaiJuiQov dk '^olegcp dcofia ovfifiliag x6 obv
'^Xxcooag olxovg' xQV 7^0 ö^^* dmfiaxa^)
1) ovu di&ßiata habe ich für orre e^fiata geschrieben. Im vorher-
gehenden Yen hat L acöpka, P d&fia, hier ist also der Fehler in P
verbessert worden, im folgenden Verse ist er stehen geblieben. Der
Gedanke ist: ,was du gethan hast, thut der Weise nicht, welcher
vielmehr gesegnete Freunde für sein Haus gewinnt".
Beiträge zur Kritik des Euripides. 485
ädixa dixaioig röv ao(p6v avfifiiyvvvaiy
evdaifiovovvtag d^ ig dofiovg xräo'&ai (püovg. 225
xoivdg yäg 6 '&edg rag rv^ag ^yovjuevog
TOig xov vooovvTog nrjjüiaoiv du^Xeoe
Tov ov vooovvxa xovdkv rjdixrjxdra.
ig de orgaTBiav ndvxag ^Aoyelovg äycov,
jüidvrecov Xeyövrcov '9€0<paT\ eh' ärijudoag 230
ß(q TtagekdcDV #eovg äncoleoag nöXiv.
Der Gedanke von 222 — 228, welcher an Aesch. Sieb. 529 ff.
erinnert, bietet an und für sich keinen Anstoss. Schwierig-
keit bereitet nur cbg ^(ovrov '&ewv 221. Theseus kann doch
nicht den Ädrastos tadeln, dass er an das Dasein der Gotter
geglaubt und dem entsprechend gehandelt habe. Markland
schreibt &6vxo)v für ^(bvKov und bemerkt dazu: oraculorum
fidem hie leviter stringit Euripides sub persona Thesei. Gegen
diese Auffassung spricht entschieden der Zusammenhang. Den
Sinn des Dichters haben Reiske und Heath erfasst: oraculi
monitu dedisti filias tuas hospitibus quasi dii fuissent, sed
contra Argivos in expeditionem eduxisti contempto oraculo
quasi nuUi dii fuissent. Die V. 220 f. werden erst ver-
ständlich in Verbindung mit 229 f.: „Als es sich um deine
Tochter handelte, verfuhrst du so wie man verfahren muss,
wenn man an Götter glaubt; als aber das Wohl des ganzen
Volkes auf dem Spiele stand, da Messest du den göttlichen
Willen ausser Acht und stürztest so den Staat ins Verderben.*
Aus diesem Zusammenhang ergibt sich, dass die V, 222 — 28
auszuscheiden sind, wie es bereits 0. Lüders gethan hat. An
den Tadel drijudodg . . dndiyXeoag ndXiv würde sich naturgemäss
xäneix^ iyco ooi ovfxfxaxog yevrjoofxai (246) anschliessen. Statt
dessen folgt eine Tirade über das verderbliche Walten ehr-
geiziger junger Leute im Staate und über die drei politischen
Parteien, die rechte, die linke und die Mittelpartei. Die
letztere Ausführung hat schon Markland nicht gefallen:
pulchra et vera haec sunt; utrum ad rem praesentem sint,
486 N. WecMein
dubitari potest. Huiiismodi emblemata seu locos commanes
paratos verosimile est poetas domi habuisse etc. In dem
Ausfall auf den Ehrgeiz junger Leute kann man eine An-
spielung auf Älkibiades finden und nur die V. 238 — 245
sind bisher dem Obelos verfallen (in der Schrift von Thom.
Miller, Euripides rhetoricus, Gott. 1887). Aber dass die
ganze politische Partie, zu welcher mit vioig naQax^eig
der Uebergang gewonnen wird, beseitigt werden niuss,
zeigt der mangelnde Zusammenhang zwischen 245 und 246
und nach Ausscheidung von 238—245 zwischen 237 und 246.
So ist also der ursprüngliche Gedanke: „der Pessimismus der
Menschen sollte dem Glauben an ein gütiges Walten der Gott-
heit weichen. Aber die Menschen wollen weiser sein als die
Gottheit. So hast auch du dich über den Willen der Gottheit
hinweggesetzt und damit den Staat ins Verderben gestürzt.
Und dann sollte ich dein Verbündeter werden?* durch eine
ethische und eine politische Einlage auseinandergerissen
worden. Wir lernen hieraus, dass längere Q^f^oeig, deren
Inhalt unter den Gesichtspunkt der didvoia fallt,
leicht Anlass zur Einfügung allgemeiner Gedanken
boten. Bemerkenswert ist, dass gleich im ersten Vers der
zweiten Einlage sich die Form nagax^ek findet, welche
Blomfield mit Recht dem tragischen Sprachgebrauch abge-
sprochen hat. Das von ihm vermutete ragax'^eig entspricht
dem Sinne weit weniger als TiaQax^siQ- In ähnlicher Weise
wird eine Interpolation durch eine einzige Form verraten
Hik. 506 — 510, durch die Form xarä^ai. Ich will xara-
yvvvai Ttatglda nicht gerade als ungriechisch bezeichnen, wie
Elmsley gethan hat, aber dem Euripides kann ich diesen
Ausdruck nicht zumuten. Da^ kommt, dass sich die Ant-
wort des Chorführers eng anschliesst an 504 f. ij wv q>Qoveiv
äfieivov i^avx^i Aiög, fj '&eovg dixalov (so Markland für
dixaw)g: diese treffliche Emendation ist ganz unbeachtet
geblieben) rovg xaxovg änokXvvai, welche Mahnung selber
Beiträge zur Krüik des Euripides, 487
den besten Abschluss der Rede des Herolds bildet Mit
fremden Zusätzen scheint die Rede, welche Elektra an die
Leiche des Aegisthos hält, El. 907 ff. bereichert zu sein. Die
V. 942 — 44, durch welche der Gedanke ^ yäg q)voig ßißaiog,
ov td xQVf^'^^ verwässert wird, hat bereits Vitelli als ver-
dächtig bezeichnet. Ein Kennzeichen der Interpolation ist
a^iHQÖv dv&ijoag XQ^^^ ^*<^^ ^^™ '^^''^ vorhergehenden
ßgaxvv öfxdfjoai xQ^^ov, Aebnlich nimmt sich die Wieder-
kehr des Ausdrucks aus in 909 ff.:
xal firiv dC ÖQ'&Qoyv y' oCttot' i^sXlfjJtavov
^Qvkovo^ & y' ebisTv {j'^elov xar* ojxfxa o6v, 910
eI df] yevotjbitjv deijj^drcDv Hev^iga
r&v TtQÖa^e' vvv ovv iojLiev' &7todibo(o de ooi
ixeiv^ ä ae l^ayyr^ tj&eXov Xe^ai xaxd,
Sehr überflüssig ist der Zusatz rcov TtgöanH und der ganze
Gedanke von 912 f. entspricht nicht dem Zusammenhang des
Vorhergehenden: »Ich bin in Verlegenheit wegen der Ordnung
meiner Gedanken, obwohl ich so oft in der Morgenstunde die
dir zugedachte Schmährede hergesagt habe.* Es ist also
nicht bloss 913, wie Weil gethan hat, sondern auch
912 zu beanstanden. In 910 hat ye keinen Zweck. Man
hut S Xdoxeiv, fl cpcoveiv, oo^ ebiEiv vermutet. Es wird jetzt
i^Qvlovo' ä o£ Cojvt' ij'^ekov Xi^ai xaxd
zu schreiben sein. Noch eine dritte Stelle dieser Rede ist
verdächtig:
näoiv d' h 'Agyeloimv fjxoveg rdde' 930
6 Tfjg yvvatxog, ovxl rdvÖQog ^ yvvrj,
xairoi röd^ aloxgdv, TiQooxaxEiv ye dofidrayv
yvvaixa, jurj rov ävdoa' xdxeivovg orvyo)
rovg naidag, Song rov fxhv ägoevog naxQog
ovx AvofMomi, rrjg dk /LtrjXQdg Iv jiokei. 035
biioi]fia ydg yi^/iavTi xal fjitl^co kext}
rävÖQÖg jiihv ovdeig, rdtv dk ^^Xfmov koyog.
I
488 K Wecklein
Mit xahoi rod' aloxQOV, ngoorareiv ye diofxartov yvvabca
spricht Elektra keine grosse Weisheit aus. Vollends Her
Gedanke xäxeivovg cnvycö rovg ndidag xri. ist in der Elektra
des Sophokles am Platze, wo Elektra ihrer Schwester ein-
dringlich vorhält: vvv d' i$dv naxQog nivtoyv dglorov naida
xBxXrjodai xakov rfjg jLtrjrQÖg' ovrco yäg q)avfj nXetatov xaxrj
(365); was aber die Worte bei Aegisthos bedeuten sollen,
ist schwer ersichtlich. Die beiden letzten Verse, welche
bereits Härtung als unecht erklärt hat, verwässern den
V. 931 und sind durch die Nachlässigkeit des Stils gekenn-
zeichnet. Hiernach scheinen mir die V. 932—37 späterer.
Zusatz zu sein. Durch die Lässigkeit der Ausdrucksweise
wird die dieser Rede vorausgehende Stelle verdächtig:
HA, alo^vvo/uai jaev, ßovXofiai S* eijiEiv Ofioig. OOü
OP. xl XQ^f^^f ^^^o^' ^^ (pdßov y' e^co^ev et
HA. vexQOvg vßQit^Eiv jurj fie zig (p^ovco ßäXtj.
OP. ovx ioTiv ovdelg oorig äv juifirifattö ae.
HA. dvadgeorog rj/ucov xal (pdotpoyog noXig.
OP. Xey\ et xi XQYi^^^^y ovyyov^' äanovöoiai yäg 005
vö/ÄOioiv ^x&gav xcpde avfißtßXr^xa^Bv.
Wenn die Gedankenfolge eine richtige sein sollte, raüsste
Orestes „ Warum schämst du dich das zu sagen, was du im
Sinne hast?* fragen. Die Worte Xiy^ et xi XQI]^^^ können
sich naturgemäss nur an 900 anschliessen und V. 902 ist
durch einen unordentlichen Satzbau gekennzeichnet, da der
Infin. vßgiCeiv in keiner Verbindung steht. Der Gedanke
ovx eoxiv ovdelg Öaxig äv fxifiyjaixo ae wäre nach, nicht
vor övodgeoxog rjjüLcbv xal (piXoipoyog TtöXig am Platze. Wie
es scheint, müssen also 901 — 904 getilgt werden. Un-
klarheit des Ausdrucks scheint auf Interpolation auch Hei. 575
ME. ov Ttov (pQOVG) jiikv ev, xö (J' d/xjna juov vooeX; 575
EA. ov ydg ^e Xavoarov afjv ödfAxigd^ ögav doxeig;
ME. xd ar7)ii' fijuotov, xd dk oatpig pC änooxegeJ.
Beiträge zur Kritik des Euripides, 489
EA, oxhpai' xl ooi dei Jilorecog aaq)e(n€Qag;
ME, Soixag' ovroi rovro y' i^agv^ao/üiaL
EA, rig ovv didd^ei o' äXXog fj rä 6* ofi/nara; 680
hinzuweisen. Man weiss nicht, was Subjekt zu dtTioGTegei
ist, Matthiae hält rö ocbfia dafiir, Pflugk tb aaq)eg. Hermann
gibt die gezwungene Erklärung: sed id quod certum est
(yeram Helenam in antro esse) privat me te uxore. Nauck
erklärt den Vers für korrupt. In rov aatpovg d' äneatigriv,
wie Härtung schreibt, ist der Aor. nicht am Platz. Man
könnte an rö dk aaqjeg y' äneoxl fxoi oder x6 de aaq?ig fjiov
äjiooraxei denken: im ersten Falle stört yi, im zweiten die
eigentümliche Erasis. Sieht man genauer zu, so ist der
Gedanke von 577 f. und 579 f. der gleiche. Es werden
also die V. 577 f. auszuscheiden sein.
Manchmal verrät sich die Interpolation durch ein un-
geschicktes Wort. Beim Lesen von Hei. 704
ME. ovx tjdSf TiQÖg &ecbv d^ fifiev fjTtaxrjjuevoi,
vetpiXrjg äyak/Ä* l^ovxeg h xeQoTv kvygdv. 705
Arr. xi (prjg;
veq^eXrjg Sq^ äXkwg elxoßiev novovg nsQi;
würde man keinen Argwohn haben, wenn etwa xev6v an
Stelle von XvyQov stünde. Was mit Xvygov bezeichnet wird,
gehört jetzt nicht zur Sache; kvygdv dient nur zur Ausfüllung
des Verses. Valckenaer vermutete dafür vygov, was Hermann
gut zurückgewiesen hat. Nun sieht man weiter, dass der
Vers überflüssig ist. Ein Trugbild als vecpekri zu bezeichnen
kann dem Boten überlassen werden. Endlich erkennt man,
dass mit der Beseitigung des Verses die Stichoraythie her-
gestellt wird. Das störende xl (pj)g; ist bereits von Matthiae
ausgeschieden worden. Hermann will xi (ft)g; vor 705 setzen
und damit eine Art Stichomythie herstellen. Bedenklich ist
die Bemerkung: reete xl (p/jg; pro integro verau est stupente
aliquamdiu nuncio nee statim respondente Menelao. In der
490 N, Wechlem
älteren Ausgabe hat Kirchhoff die beiden Verse ausgeschieden,
in der zweiten bat er sie nicht beanstandet. Nauck will die
Stichomytbie durch den Ausfall eines Verses vor 705 gewinnen.
Eine auffallende und beunruhigende Bestätigung hat die
Annahme einer Interpolation Hik. 903 erhalten. Obwohl das
Lob des Tydeus sich durch Kürze auszeichnen soll (TvdecDg
d^ Snaivov h ßg^xei '^ood /xeyav), lautet es also:
ovx h köyoig fjv la/njiQÖg, äXV h dojildi ^2
deivdg aotpicfxrjg nokXd t' I^bvqeXv oo<pd.
yv(Ofifi S* ädelq)ov Mekedygov XeJiEtiJLfiivog
toov JiagSaxsv Svofia did xixvrig dogög, 905
evQä)v dxQißfj fiovaixtjv Iv donldi'
q)iX6nifxov fi'&og nkovoiov, (pgdvtjfjia dk
iv roToiv Igyoig, ovxi rotg Xöyotg excov.
Am Ende wird der am Anfang stehende Gedanke wiederholt.
Nachdem Porson 903 als unecht erklärt hatte, sind von
Dindorf 903—908 ausgeschieden worden. So wird das Lob
wirklich kurz und bündig: ovx iv Xöyoig ^v Xafuiqog, äiX
h donlÖL Aber Wilamowitz hat gesehen, dass noXXd t'
l^evQeTv oo(pd nur Erklärung zu deivög oo(ptoTi^g ist und die
Worte deivdg oo<piaxijg sehr wohl ursprünglich sein können;
er hat auch in Numenios' Traktat negl tijg x&v 'AxadrjfAäixcjv
ngdg IlXdrcova diaordoecog, wo es von Arkesilaos heisst:
Avofid^exo oJjv deivdg acxpiarijg xwv AyvpivdaTCDv oipayevg,
die Ergänzung gefunden. Der Ausdruck h äonlbi deirdc
oo<pioTi^g, T&v äyvjLivdaTcov — atpayevg erweist sich als echt
dichterisch und sehr zum Tone dieser Stelle passend. Die
yv/nvdo^ra oder nQoyvfivdofxata waren also schon zur Zeit
des Euripides in den Schulen der Rhetoren gebräuchlich.
Dieser Fall lässt ahnen, was uns an manchen Stellen die
Ueberlieferung statt des echten Werkes des Dichters bieten
mag. Eine ähnliche Erweiterung scheint Hek. 798 erfahren
zu haben:
Beiträge zur Kritik des Euripides, 491
^fxetg fikv ovv dovXol re xäa^evetg Tacog'
äiX* ol deoi o'&ivovoi x^ xeivcov xQOtwv
vöjuog' vojLKp yoLQ tovg '&€ovg fiyovfie^a
xal ^a}fjiev ädixa xal dbcai* cbgiofiivoi'
8g ig a' ivek'&cov et diatp^agrioeiai xxL
Sehr zur Unzeit ist die Rede von dem Gesetz, welches noch
mächtiger ist als die Gotter. Versteht man darunter nach
dem Ausspruch des Pindar vößiog 6 jidvTcov ßaoikevg &vaxajv xe
xal ä'&avdToyv (Plat. Gorg. 454 B) das allgewaltige Schicksal,
so lässt sich die Begründung vö/bLcp yäg xxL schwer begreifen.
Weil gibt die Erläuterung: ,das Gesetz beherrscht die Gfötter,
weil es die Grundlage unseres Glaubens an die Götter ist.
Ohne dasselbe würden die Götter für uns nicht existieren*'.
Was soll dieser Gedanke in solchem Zusammenhang? Nauck
hat die beiden Verse 800. 801 als unecht erklärt. Aber
dann fehlt das Wort vö/nog, auf welches allein sich 8g ig
o' ävek'&(bv el öiaqy&agi^aeTai beziehen kann. Den rechten
Weg zeigt die vollkommen entsprechende Stelle Hik. 561
ov ydg not^ tlg 'EXlrjvag iSoia'^TJaexai cbg etg Efx iX&div xal
nöXiv Ilavdlovog vößiog jiaXaiög daifxdvoyv dieq)&dQri. Hier-
nach haben wir zu schreiben:
dJU' ol ^eol o^ivovoi %& xelvcjv v6^og,
8g ig a' dveX'&dyv el diacp^aQ^aexai xri.
unter Tilgung der übrigen Worte.
Die eben behandelten Stellen zeigen auch, wie zur Er-
läuterung dienende Worte in den echten Text hineingearbeitet
sind. Ein sprechendes Beispiel hiefür bietet Hei. 9 f.
Oeoxkvfievov äQoev\ [Sxi di] 'äeovg oißcov
ßlov di?jveyx\J evyevfj xe Ttag^evovt
wo Nauck das Unechte ausgeschieden hat. Bakch. 1108 f.
^^' (bg iüODjUEV, [ßirjd^ äjiayyeHf] ^eov
XOQOvg xQV(pa(ovg]. ai 6k fivQlav X^Q^
492 N, Weeklein
hat Paley die Worte fitjd^ dnayyeüifi . . xQvqxilovg als unecht
erkannt, weil Agaue den Pentheus für ein wildes Tier, nicht
für einen Menschen hält. Alk. 795
mj] yL4€#' ^ficav [rdoS* VTiegßakdjv nvXag,
ozetpdvoig nvxao^eig] ; xai adq)^ olS* &9ovvexa htL
hat Mekler die aus 829. 832 stammenden Worte ausgestossen.
Ein ähnliches Einschiebsel finde ich in dem überflüssigen
Relativsätze Androm. 1151
AeXcpov TiQÖg ävögög, [ootieq amdv (oleae
7ioXXd>v yuer' äU.o)v]' (bg dt JiQog yäiav nkvei xxL
Die Anmerkung Hermanns, in welcher er die Aenderung
wvTiBQ avTÖg äksaev noXXcöv juei^ äXXcov zu begründen sucht,
ist geeignet von der Unechtheit der Worte zu überzeugen. Als
unecht sind dieselben auch von Her werden erklärt worden.
Die Handschriften, welche Stobaeos benützte, waren von
manchen interpolierten Stellen frei. Bemerkenswert ist in
dieser Hinsicht die Partie Hik. 423 flF. Die V. 423—25,
welche Kirchhoff als unecht erkannt hat, citiert Stob. fl. 106, 4
EvQutidov 'Ixeildcov. Dagegen werden 44, 6 die V. 433 — 37
mit Auslassung der unechten Verse 435 f.
eoTiv Ö* ivioTieiv roloiv io'&eveoTiQOig
xöv evTvxovvra xav&\ 8xav xXvfi xaXa}g.
citiert. Zwischen diesen und den vorher angeführten Versen
Yj d^ voocbdegf xavxd xoTg &/xelvooiv
8xav novYjQÖg d^iwju^ ävrjQ exf]
yX(6oorj xaxaoxcDv drjjuiov, ovdiv Ar xö tiqIv
erkennt man auf den ersten Blick einen grossen Unterschied.
Den zwei nach Form und Inhalt gleich ungeschickten Versen
kann man nur etwa Phoen. 1370
noXXoig d^ ijzjJEi ddxgva xrjg xvxtjg öorj
xäßXeipav dXXrjXoioi dcadövxeg xÖQag
Beiträge zur Kritik des Euripides, 493
und den Schloss der Aulischen Iphigenie an die Seite stellen.
Für die Bestimmung des Alters der drei Interpolationen
dürfte dieser Unterschied nicht ohne Bedeutung sein. Vgl.
Studien zu Eurip, S. 350. Die V. 429—31 werden 49, 1
angeführt ohne 432:
ovdkv Tugdwov övafievEoxeQov ndkei,
onov x6 /Likv 7iQ(6uoTOv ovx eloiv v6/jloi 480
xoivol, xQaTEt Ö* elg xöv v6fxov xexTtjjbtivog
avrög naq* avxtp, xal rod^ ovxh^ cor' loov.
Da der letzte Vers zwar der Satzconstruction nach zum
vorhergehenden gehört, aber doch am Ende der Sentenz
steht, lässt sich aus der Auslassung desselben nichts mit
Sicherheit entnehmen; aber der Yers ist in seinem
zweiten Teile ungeschickt und im ersten über*
flüssig; denn wenn es auch Aesch. Prom. 202 nag^ iavxcp
xo dlxaiov Sx^"^ heisst, so bezeichnet doch elg xexxrjfiivog
xöv vöjbiov bei der besonderen Bedeutung, welche xexxrjjusvog
dem Sklaven gegenüber hat, den Gewaltherrn des Gesetzes,
so dass avxdg nag* avxtp eigentlich den Sinn stört. Dieser
Stelle geht auch eine Interpolation voraus:
inel d'' äycbva xal ov xövd'' fjycovlaü), 427
äxov^' äjuiXXav yäg av 7iQov'&Y}xag köycDv,
ovdev xvgdwov dva/Lteveaxegov nöXei.
Mit äjbuXXav ydg ob ngov&rjxag Xoyojv wird nur der Sinn von
äycbva xal oh oovd^ rjycovloa) wiederholt. Der V. 428 wird
also wegzubleiben haben. Androm. 668 — 77 hat H. Hirzel
wegen des Inhalts als unecht erkannt. Die mangelhafte
Satzconstruction in 669 dient zur Bestätigung. Einen Teil
dieser Verse, 672—77, hat Stob. fl. 74, 24. Es kann also
auch das Citat bei Stob. fl. 51, 13 die Echtheit von
Androm. 764 f.
7tokXd>v vecov yäg xäv yigcoy evipvyog fj
xgeioocov xl yäg del öeiXbv öyx^ euoco/zareiv ;
1895. Sitximgib. d. pbU. u. bist. Cl. 32
494 N. WedOeim
nicht Terbfirgen. Diese Verse sind Terdächtig wegen der
fibertriebenen and an ihrer Stelle unpassenden Prahlerei des
Pelens. Die Ungeschicklichkeit von xär yiqfov evtpvx'^ Ü
wird durch die Erklamng Hermanns: dixit ,etiam si senex
animoeos est* pro ,etiam senex si animosns est* nicht be-
seitigt. An der oben erwähnten Stelle, wo Hik. 433 — 37
mit AoslasBong von 435 f. angefahrt werden, stehen an Stelle
des in den Handschriften des Eoripides erhaltenen Verses
yeyqafifievoyy de xwv vofjuov 5 z' äo&eyi^g
folgende zwei Verse:
ovx iaziv ovdhv xQuaoov ^ vofLOi n61ei
xcüidkg xedivtts' 5 xe yäg äa&eriaregiK
Dindorf meint, Stobaeos habe diese zwei Verse an die Stelle
gesetzt, um die Sentenz för sich allein ausheben zu können,
weil yeyQafjLfiivoyy dk rwv vöjucdv ohne das Vorausgehende
nicht klar sei. Dies ist um so wahrscheinlicher, weil diese
zwei Verse in den Text des Euripides nicht hineinpassen,
also nicht fQr diesen gemacht sein können. Doch haben
sich s. g. Dittographien nicht bloss im Texte des Euripides
neben den echten Stellen (z. B. Hik. 849 — 52 neben 853 — 56),
sondern auch anderswo erhalten. ' Wenigstens möchte ich in
dem bei Clem. Alex. Paed. H p. 211 erhaltenen Verse
(Adesp. 108 N.)
äneQQB, fXTJ fxoi micpavov äfjupi'^g xäga
eine Dittographie zu Bakch. 343
ov fjLYi TiQoooloeig x^^Q^f ßaxxevoeig d^ Icov
erkennen. Der nächste Vers ßirjd^ l^ofidq^rj /icoglav TTjr oijv
IjLtoi kann sich an diesen wie an jenen anschliessen, da i(o-
/lÖQ^f] sowohl Fnt. wie Aor. Conj. sein kann. Der Sinn,
welcher mit Icov gegeben wird, ist darch äneQQS deutlicher
gemacht, freilich auch vergröbert, so dass wir die beruhigende
Beiträge zur Kritik des Euripides. 495
Sicherheit haben, dass der handschriftliche Vers das Ursprüng-
liche bietet und die Alezandrinische Kritik ähnlich wie bei
Homer das Echte richtig erkannt hat.
Zu Androm. 1254, zu welchem das Scholion iv xdig
jiokXöig T(ov ävTiyQciqjcov ov (pigexai 6 lafißog vorliegt, bemerkt
mit Rücksicht auf dasselbe Hermann: sane non modo non
desideratur omissus, sed etiam importunus est, et male inter-
rumpit orationem. Quare non mirabor, si eorum aliquis
criticorum, qui nihil prius habent quam eicere quidquid vel
displicet vel obscurum est, hunc versum ut ab aliquo inter-
polatore profectum damnabunt. Dindorf, Nauck, Eirchhoif
haben sich durch diese Worte Hermanns nicht abhalten
lassen, den Vers unter den Texfc zu setzen wohin er gehör!;,
und unsere Darlegung mag zeigen, wie weit die Kritik der
Tragiker über den seiner Zeit massgebenden Standpunkt
Hermanns hinausgeschritten ist.
Wie die Interpolationen, so benehmen uns auch die
Verderbnisse einzelner Stellen das Vertrauen, dass sich
alle Stellen heilen lassen, ja nur dass wir überall den Schaden
wenigstens wahrnehmen. An der handschriftlichen Ueber-
lieferung von Hik. 1109 flF.
fiiocb (J' Sooi xQtlCovoiv ixrelveiv ßlov
vcoxoioi xal oxQCOfivaioi xal fxavrevjLiaoi
naQexxQenovteg öxexbv dioxs jbiij 'davelv
würde wohl vcoxoioi beanstandet worden sein und man würde
geglaubt haben, mit jioxoToi oder oiroioi das Ursprüngliche
zu besitzen. Die Emendation von jnavTeu/iaoi wäre wahr-
scheinlich auch gefunden worden. Dagegen hätte oxQcojuvaioi
alle Kritik verhöhnt. Nach Plutarch lautet der Vers:
ßgcDxoToi xal noxoXoi xal ixayevfxaoi.
Bei diesen und ähnlichen Erfahrungen wird man sich wohl
überzeugen, dass die aus den Buchstaben der Ueberlieferung
zusammengeschweisste Emendation häufig nicht zum Ziele
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Beiträge zur Kritik des Euripides. 497
xagdaaei dictum est pro tagay/utöv i/umoiet Bei dieser Erklä-
rang kann man sich hier ebenso wenig beruhigen wie Soph.
0. T. 483 deivä jüth ovv, deivd ragdooet ootpds olcDvo'&hag
oüre doxovvT^ ovt' änocpdoxovra bei der Erklärung deivtjv Ta^a-
Xtjv TtoieJ, obwohl an dieser Stelle der Ausdruck durch deivd
erleichtert ist. Es wird sich zunächst fragen, ob die Emen-
dation von Mehler, welche die Stelle des Sophokles in Ord-
nung gebracht hat, rsQqCei auch unserer Stelle zugute kommen
kann. Dagegen spricht die Fortführung des Gedankens im
folgenden : orgdrev/Lia nq, üakXddog xQi^oetai. Das Weitere
zeigt, dass nicht i,die Furcht verkündet mir*, sondern ^ich
bin in Angst, wie sich*6 entscheiden wird*' der Sinn sein
muss. Die Aenderung von Herwerden cbg Sju^ ist nicht so
leicht als sie aussieht und was soll bei d>g ifie öeT/Aa Tagdooei
der Zusatz vq?^ iJTtau? Eben dieser Zusatz beweist, dass an
der Stelle von Tagdooei ein Ausdruck stehen muss, welcher
„sitzt* bedeutet. Vgl. Alk. 604 Jtgdg d' ifiq tpvxq '^dqoog
fjcnai, Aesch. Ag. 972 ^dgaog einev&hg t^ei qjgevog cpikov
^QÖvov. Dem Versmass entspricht dann nur '^odCei, Kann
es nun Zufall sein, dass unter den Erklärungen, welche
bei Hesych. für '&odCei gegeben werden, neben einander
Tagdoaei xd^rai stehen? lieber ragdooei als Erklärung
von '9odC€i müsste man höchlich erstaunt sein, wenn man
nicht eine Stelle wie die vorliegende als Ursprung derselben
betrachtete. Grosse Schwierigkeiten bietet die Antistrophe
El. 1155
naXlQQOvg dh xdvö^ vTtdyezai dixa
diaögö/Liov ki^^vg, fiikeov ä Jiöoiv
Xq6viov Ixd^evov elg oTxovg
KvxX(07i€id t' ovgdvia reixe* d-
^v&rjxxcp ßikei xazExav^ avT6xeiQ,
jiikexvv h x^Q^^'^ kaßovoa rkd/xcov
ndoig, 5 n noxe xdv
xdkaivav iox^v xaxöv.
498 N. WeeJdein
Zunächst ist der Ausdruck duadgdiJLov Xixovg unerklärlich.
Wunderbar, dass die famose Erklärung von Reiske coniugium
desultorium ab Agamemnone ad Aegisthum soviel Anklang
gefunden hat! Man kann Xdiva xlootv ^/nßoXa didÖQOfxa
(Bakch. 592) von dem durcheinanderstürzenden Gebälk oder
diaÖQÖ/jiovg (pvydg (Aesch. Sieb. 174) verstehen, ein didögo/nov
kexog aber ist mir undenkbar. Für Xexovg hat bereits Weil
Xöxovg yermutet und dieses führt auf den richtigen Gedanken.
Die dbcrj geht aus von dem Xöxog im Hause, in welchem
Orestes und Pylades auf der Lauer liegen, um an Elytämestra,
sobald sie hereintritt, blutige Bache für die Ermordung Aga-
memnons zu nehmen. Dieser Xöxog also ist kein didSgo/Liog,
sondern ein juerdögoiuog, ein rächender. Mit dbca fiexa-
ÖQdfxov Xöxov erhalten wir eine weitere Reminiscenz an
Soph. Elektra, an 1386 ßeßäoiv ägn dco/Ädrcov vTtöareyoi
fxexdÖQOfxoi xaxdjv navovQyrjfidxoiv äcpvxxoi xvveg. Die Haupt-
schwierigkeit aber bietet diese Stelle im Schlüsse kaßovoa
rXdjLicov nöocg xxL Um des Versmasses willen schreibt man
gewöhnlich Xaßovo'' ä (oder w) xXdjLtcov Tiöaig, oxi noxi,
obwohl mit ä xXdjucjv keine volle üebereinstimmung mit
dem strophischen (<pov€vo)eig (plXav erzielt wird. Nach der
gewöhnlichen Auffassung wird der Gatte als unglücklich
beklagt, dass er die unselige als Unheil für sich zur Gattin
nahm. Feinsinnig hat Weil bemerkt, dass diesem Sinne
noxi nicht entspricht. Weil vermutet Xaßova* & naXa^ivalog,
8 XI noxe, meurtriöre impie, quelque douleur qu*ait pes^ sur
Tinfortun^e. Ges derniers mots fönt allusion au sacrifice
dlphigenie. Der Gedanke würde als sehr passend erscheinen,
wenn den Worten o xl noxe xaxbv Sox^v xdv xdXaivav diese
Bedeutung schicklich beigelegt werden könnte. Die Stelle
enthält eine Reminiscenz an Aesch. Ag. 1406, wo in gleicher
Sache der Chor der Elytämestra zuruft:
xl xaxdv, 5} yvvai,
X'^ovoxQEcpkg Sdavov 1} noxbv
Beiträge xur Kritik des Euripides. 499
TiaoafAha ^räg i^ äXog Sq/iuvov
Da» Wasser des Meeres macht wahnsinnig, also
TtiXexvv h ;|jeßOiv Xaßova\ äX/ivgov
Ttoxdv 8 xl noxe xäv
xdXaivav iaxsv xax6v,
,was immer für ein schlimmer Trank von Meerwasser die
unselige überkommen haf^ d. h. ^was immer für ein Wahn-
sinn sich der unseligen bemächtigt hat''. Mit dem Gebrauch
von xaxög in diesen beiden Stellen vgl. xaxä (pdqixaxa von
Giftkräutem bei Homer {ßeßQCoxäyg xaxä (pdQixax\ i&v di
xe fiiv x^^os alvög X 94).
Eine bis jetzt nicht gehobene Schwierigkeit bietet
Bakch. 1026
2id(oviov yeQoyxog, og xb yrjyevkg
dgdxovxog laneiQ^ öcpeog iv yaiq. 'äegog.
Zwar will man dgdxcov 8(pig nach der Analogie von avg
xdjiQog, xavQog ßovg, oqvig alyvniog erklären, aber dagegen
ist schon bemerkt worden, dass ötpig und dqdxoyv sich nicht
wie Genus und Spezies verhalten, sondern sich gleich stehen.
Auch vermisst man bei yala eine nähere Bestimmung. Elmsley
wollte deshalb entweder dödvxog eoneiQ' (Härtung lojteiQ'
öddvxcov) oder dgdxovxog eoneig'' ^Ageog iv yala schreiben.
Aber die Bezeichnung ^Ageog iv yala wird durch die in einem
Gebete gebrauchten Worte Aesch. Sieb. 103 ngoöcboeig, na^
Xalx^CDv^Agrjg, xdv xedv yäv; nicht gerechtfertigt. Die Aehn-
lichkeit der Buchstaben von ^Ageog und öcpeog ist auch so
unbedeutend, dass diese nicht ins Gewicht fallen kann. Das
Wort, welches hier verloren gegangen ist, erfahren wir aus
der Stelle, welche der unserigen so ähnlich ist, dass sie eine
Reminiscenz zu enthalten scheint, Apoll. Rh. III 1184 xal
§* ö /UV 'Aovioiotv iviojieigag neöioioi KdöfJiog ^Aytjvogldrjg
500 N. Wecldein
youtiyevij etoaio kaov. Hiemach wird man znnichst an iantiQ*
*A6va)v yala ^igog denken. Aber die lange Anfangssilbe in
'A6viog bei Apollonios und Ov. Fast. I 490 Cadmas in Aonio
constitit exul hämo scheint nnr epische Quantität zu sein, bei
Euripides Phoen. 644, wo 7iiyQo<p6Q* 'Aovodv von Yalckenaer
für nvQOipdQa ddßicov hergestellt ist, muss *A6v(ov die erste
Silbe kurz haben. Aber 'Aovlq. yalq, befriedigt nach yn^yBvrjg
nicht sehr. Alk. 590 geben mehrere Handschriften yvlav
oder yviäv för yväv, ebd. 687, Phoen. 646, 648, 669 yviag
für yvag. Leicht also konnte yvlaig in yalq fibergehen.
Hei. 522 — 27 findet sich dreimal yäg: narglag yäg , . navxo^
danäg ijzl yäg . . Tgcpädog Ix yäg. Dazu kommt, dass TtavxO"
danäg inl yäg n6da xQ^f^^^^l^^og eine ganz ungewöhnliche
Konstruktion ist. Vgl. Phoen. 99 xoiade ;|r^//xjrr£Tcu dofioig,
809 tel/joi xQ^l^^^^ofiha, Aesch. Prom. 738 yvV älicrdvoig
XgCjunrovaa Qaxtataiv, Choiril. fr. 2 p. 719 N. {U^oioi) y^g
boToXoiv iyxQifi(p&elg noda. Jon 156 heisst es allerdings:
avd(b jurj ;|r^i/i7rT«v &Qiyxötg ^rjd^ elg XQ'^^^Q^^ otxovg in
auffallendem Wechsel der Konstruktion. Aber ich glaube,
dass jUTjd^ elg XQ^'^VQ^^^ otxovg — zu schreiben und ein
xaxifKpazov unterdrückt ist. In frg. 472, 16
ndXkevxa S* exo)v eiixaxa (pevyo)
yiveolv xe ßqoxwv xal vexgo&i^xfjg
ov ;f^£/ijrTd/ieFOc tjJv t' ijuipvxcov
ßgcüotv idsöxcöv 7i€q>vkayfiai
ist, da auch der Sinn den Plural von vexQo^xtj erfordert,
entweder vexQodyjxag zu schreiben (von q)evyo) abhängig)
oder vielmehr vexQo&rjxaig ov XQ^M'^^^M^^^ '^V^ ifi^wx^ov
ßQCüoiv ideorcov necpvXay fiai. Diesen Beispielen entsprechend
werden wir auch Hei. 525 navxodanoToi yvaig n6da XQ^M-
7ti6fxevog herzustellen haben, so dass wir hier gleichfalls die
Vertauschung von yäg und yvaig wahrnehmen. Nehmen
wir dazu Herakl. 839 w xdv ^Agyeloyv yvtjv ondQovxeg oder
Beiträge zur Kritik des Euripides. 501
den Ausdruck des Apoll. Rh. 'Aovloioiv hianelgag nedloiai
cnJer Phoen. 668 yanexeig idixev öddvrag elg ßa'&voTiögovg
yvag, so werden wir schliesslich zu der üeberzeugung kommen,
dass Bakch. 1026
dgdxovTog loneiQ^ *Aovloig yvaig '&{Qog
zu schreiben ist. Hik. 654 heisst es in der Beschreibung
der Schlacht vor den Mauern Thebens
r€vj[BO(p6Qov jAEv kaov IxTelvovT^ ävü)
'lo/JLfjviov JiQog Sx^ov, cbg fihv fjv Xöyog,
Die Worte d>g juiv r/v Xöyog geben keinen Sinn. Der Er-
zahlende, ein Argivischer Kriegsgefangener, lässt sich nichts
erzählen, sondern beobachtet alles selbst, wie er vorher sagt,
dass er auf einem Turme am Elektrathor die beste Uebersicht
gehabt habe (äfJL(pl d'' 'HkexjQag jzvkag eorrjv '9eaTfjg nvqyov
Bvavyfl laßcbv). In Idyog hat bereits Kirchhoff das zu ixTel-
vovra gehörige Objekt Xöxovg erkannt. Nun bleibt cbg ßiev J]v
übrig. Sehr überflüssig wäre gleich nach ÖQ(b . . Ixxeivovra
das von Heimsöth vorgeschlagene (hg IdeTv, Ich kann in
(bg juev tjv nur den Namen 'lojurjvdg erkennen, woraus sich
nunmehr die Emendation mit Sicherheit ergibt:
ijKOvvßAOv JiQog ox'^ov ^IojLir]vov Xöxovg.
Die Athener rühmten sich bekanntlich, dass der Ge-
treidebau von ihrem Lande ausgehe. Diesen Ruhm verkündet
offenbar Hik. 31
^Qog Tovde orjxov, ?v9a ngtoxa (palverai
(pgt^OLg VTteQ yfjg rfjode xägni/Ltog ordxvg.
Störend aber ist T?]ö5e, denn damit würde sich der Gedanke
ergeben, dass Eleusis zuerst in Attika Getreide gebaut habe.
Also erscheint rfjode als eine falsche Ergänzung. Das aus-
gefallene Wort kann hier mit Sicherheit gefunden werden:
q)Ql^ag vnkq yfjg vcora x&Qnifxog ordxvg.
502 N. WeMein
Vgl. Phoen. 670 Sv&ev i^av^xe yä ndvonkov otpiv vtuq
äxQCDv Sqcov ;c^oy<Jc, Hei. 129 Ttoioioiv h vcoxoiot novttag
äX6g; Iph. T. 1445 äxvfiova n6vxov Tt&tjot v&ia, Find.
Pyth. 4, 26 vdtrcov vTikg yalag. Nur ein stärkerer Eingriff
wird auch Hik. 949
c5 zakabtcoQOi ßgorol,
ri xräo'&e 3i6y)^ag xal xat^ äXXriXoyv tpovovg
xt&eo'&e; 7iavaao'9\ äXXd Xij^avreg jtövcov
äoTTj gwXdooE&^ rjovxoi fiE'&'' ^ovx(ov.
den Fehler der üeberlieferung beseitigen können. Den Fehler
hat bereits Hermann beanstandet: dXXd, si sincera est lectio,
refertur ad praegressam interrogationem, quasi dixisset juij
xjäo^e Xöyxag' Xen. Mem. Socr. I 2, 2 Jiwg ovv avrdg &v
xoiovTog äXXovg 5r fj doeßelg . . ijiolrjoev; dXX^ InavoE fikv
rovTcov TioXXovg, Der Fall wäre nur dann gleich, wenn
jiavoao^e nicht dazwischen stünde. Hermann fügt hinzu:
Magis tarnen placeret, si legeretur: Tiavoa^' al/tia, Xi^^avTeg
ji6v(ov. Mit Recht bemerkt dazu Matthiae: asyndeton pro
xal Xi^S(^vr€g növcov minime placet. Die Aenderungen xiß-evreg
avxstT^ (Kirchhoff), 7zavoao'&'' dXXd Xrj^avxeg növcov xätnri
sind grammatisch nicht unbedenklich, die Aenderung Tiavaaoi^*
onXa QhpavTEg tzövcov xäcrrtj ist ganz unwahrscheinlich, in
Tiavoao^' ä&Xa ÖEl^avtEg növcov xäaTrj ist ÖEl^avxEg unbrauch-
bar. Eine richtige Form gibt nur d^e Verbesserung von
Stadtmüller rl^Eod'^ änavorovg. Doch ist änavaxovg hier ein
ziemlich überflüssiges Epitheton. Der Sinn von navoaa&E
ist ganz geeignet; nur verlangt der Stil der Tragiker dafür
eine andere Form:
n xxäa&E Xöyxcig xal xai^ dXXrjXwv q)övovg
xl'&Eod'E; firj df}r\ dXXd Xi^^avTEg növcov xxL
Ueber die Bildung des dritten Fusses im tragischen
Trimeter bei Euripides hat Elmsley eine feine Beobachtung
Beiträge eur Kritik des Euripidea, 503
gemacht (Review of Hermann's Supplices abgedr. im Leipziger
Abdruck von Marklands Ausg. der Suppl. 1822 p. 236): «wenn
der dritte Fuss aus einem einzigen Worte besteht und der
Vers gleichzeitig in zwei gleiche Hälften zerfallt, so geht
eutweder der zweiten Hälfte eine Elision voraus oder sie
beginnt mit einem Worte, welches einen Vers nicht beginnen
kann*'. Diese Regel ist nur an wenigen Stellen verletzt,
meistens an solchen, welche auch sonst Anstoss erregen. Zu
diesen wenigen Stellen gehört Bakch. 1125
Xaßovoa d' (bXivaig \ dgioregäv x^Q^-
Da (bXivTj (ulna) »Arm*, nicht »Hand* bedeutet, so wird
gerade durch die Zustammenstellung mit x^Q^ ^^^^ lächer-
liche Vorstellung erweckt. Man wende nicht ein, dass (hlhn]
Iph. T. 966 loag de /not xprjcpovq öiegQMfiiCe TlaXXäg (bXSvfj
»Hand* bedeute. Die Göttin ordnet die Steine nicht mit
der Hand, sondern mit dem Arme. Auch ist Xaßovoa nicht
zu übersehen, welches an die Finger der Hand zu denken
nötigt. Jedenfalls wird der Anstoss, welchen der metrische
Bau des Verses bietet, durch (bXivaig verstärkt. Der natür-
liche Ausdruck ist, dass Agaue den linken Arm mit den
Händen fasst, um ihn abzureissen, wie es gleich nachher
heisst: etpege <5' i) jukv (hXevi]v, rj d^ txvog avzalg dgßvXaig.
Die bisher gemachten Vorschläge beseitigen nur den einen
oder den anderen Fehler, den metrischen dXX' (hXevaig Xaßovo^
ägiojegdv x^Q^ ^^^ Xaßovoa 5' (hXevaioi x^^Q^ dgioregdv oder
Xaßovo^ iv (hXivaig d^ dgioTegdv x^Q^ ^^^^ Mekler, Xaßovoa
d^ (bXevatoi de^idv x^Q^ von Humphreys, den sprachlichen
Fehler Xaßovoa 6' (bXevrjv dgioregäv x^Q^ ^^^ Minervini.
Es scheint nur eine Art der Aenderung möglich zu sein,
welche beide Fehler hebt;
dXX^ (hXivTjv Xaßovo^ dgioiegdv x^Q^-
Ich habe x^Qh nicht x^QOiv bevorzugt, weil x^Qoiv sich gleich
nachher findet und als Dativ seltener ist.
504 N, WecOein
Nachdem dieser Widerstand g^en die lex Elmsleiana über^
wanden ist, wird sich auch Hek. 1159 der R^^l fOgen müssen:
ooai dk Toxddeg ^aav, hcnayXovfityat
tSxv^ h %EQdiv Sjiallov, d>g ngöoco nargog
yivoivto, diadoxcug äßislßovoai xeqcjv.
Schon die handschriftlichen Lesarten weisen auf die Unsicher-
heit der üeberlieferung hin; für dta&oxcuQ geben geringere
Handschriften diadoya'toiv ; xtqoiv hat nur eine geringere
Handschrift, die meisten geben biä xeqoq, in einer findet
sich yq. xal ä/uißovoai xegdiv. Man könnte an diadox^u^
äßieißovoai x^Q<^^ denken, doch passt zu dem Sinne von dia-
doxaig der Plural x^Q^ ^^^^ mehr als der Singular, am
wenigsten der Dual x^Q^^^- I™ übrigen erweist sich der
Ausdruck diadoxalg x^Q^^ ^^ ^^^ ^^^ S^^« ümsomehr ist
das vorausgehende h x^QO^^ ^^ beanstanden. Auch passt
zu iv x^Q^^^ &nalXov («sie schockten sie zwischen beiden
Händen'') nicht die beabsichtigte Folge wg ngöoco natgdg
yivoivto. Für InaXXov erwartet man ijjbieißov, so dass iv x^QOty
hiakkov durch ein folgendes diadoxouoi jtäXXovoai x^Q^^ he-
einflusst scheint. Die Ergänzung zu tjfjieißov kann bei dem
Sinne, welchen der Zusammenhang fordert „sie nahmen sie
eine nach der anderen auf den Arm", nicht zweifelhaft sein:
rixv^ äyxdXatg fj^eißov, (bg jcq6ocd naxQ&g
yivoivTo, dtadoxci'i^oi ndXXovoai ;fe^Q>v.
Für Hik. 303 og^dXXj] yäq iv rovrq) jbtövq), TäXX* ei (pQOvojv
kenne ich kein Heilmittel. Das Radikalmittel von Nauck,
welcher den Vers tilgt, wird schon durch das unmittelbar
vorhergehende o(paXfjg empfohlen. Jedenfalls erscheint bei
oipdXXj] ydg nach o(paXfjg die Aenderung der Bedeutung und
Beziehung des Wortes als stilwidrig. Tro. 507
äyere . . oxißdda ngbg ;(ra/iatjr£T^
Tiixgtvd xe xgi^d€jj,v\ d>g neoovo* äno<p&ag&
daxgvoig xaxa^av&eToa,
Beiträge twr Krüik des Euripidee. 505
Sehr richtig bemerkt Musgrave: cum aiißdda x^/^^^^V
commemorat et daxgvoig xata^av&eioa, nemo non exoptare
eam dicat, ut in loco solitario sensim se lacrimis et moerore
conficeret. Musgrave vermutet äßaia nQog xQaxabieda und
öxqIoi xaxa^av&eioa. Wie oiißdda ngög x^M^^^V ^u ver-
bessern ist, weiss ich nicht. Ich würde dsigäd' lg xQaTaüecov
oder x^^Q^^^ ^^ xgexalkecov verstehen. Vielleicht ist nach
507 ein Vers ausgefallen, welcher etwa mit ^ deiQdö'* ig
xgaraüecDv schloss. Für daxQvoig hat Härtung äxQaig oder
Tihgoig vorgeschlagen; eher noch jihgaig (an den Felsen),
da TihQoig xaia^alveiv vom Steinigen gesagt wird (Hik. 503
Tihgoig xaxaiav&ivxeg öoxecov ^acpdg, Soph. Ai. 728). Nach
dem Sprachgebrauch der Tragiker ist jiitQog der Stein, Tihga
der Fels (vgl. zu Phon. 1143 im Anhang). Aber dxgloi oder
TiexQaig ist nach neiQiva xQT^dsßiva ziemlich überflüssig. Dem
tragischen Stile entspricht di/iag xaza^av^eioa. Vgl. Hipp.
274 d>g äa&evei re xal xaje^avxai de/j,ag, wo man freilich eher
xaxfjvavxai difiag erwarten sollte. Vgl. Soph. Phil. 955
avavovjLiai xcpd' iv avkUp als Folge des Hungerns (ovx excov
xQoq)riv) wie hier (xgixaiav oia^ äaixog fj/nigav). Hik. 990
xl (peyyog, TiV aiyXav
idiq)Qeve toi?' äXiog
oekdva xe xax" al^iga
XafjmdS^ JV d)xv&6ai vvixq)ai
hmevovoi dC ÖQipvaiag.
Für idUpQEVE TOI?' äXiog ist ldi(pQBvexo xdXag überliefert, für
ÖQqpvaiag hat Hermann ÖQqyvag hergestellt, für bijievovoi
Härtung bzjievovoa. Man wird nicht mehr mit Markland
die Sterne als (hxv&öai vvficpai auffassen wollen. Kirchhoff
schreibt Xa/nTzdoiv für lajuTidd' Xv\ Dagegen spricht das anti-
strophische evxleiag, wenn auch Musgrave €vx?.eiag schreiben
will. Eine methodische Erklärung für die Entstehung der
handschriftlichen Lesart finde ich, wie ich anderswo bemerkt
506 N. WeekUin
habe, nar in äxTiv* mit der üebeiscbrift iafA3idö\ Nachdem
diese Schwierigkeit gehoben ist, wird sich auch der letzte
Rest der Unordnung beseitigen lassen. Daza yerhilft uns das
dem tragischen Stil geläufige al^egog Jtrvxäg und ovQavov
Tttvxdg, Vgl. Hei. 605 nqbg at&igog jnvxdg, Or. 1631 iv
al^egog Jtivxoug, Phoen. 84 co q>a€wäs ovQavov vaUov Jtxvxäg
Zev, Hiernach gestaltet sich die ganze Stelle also:
Ti (peyyog, w' aXyXav
IdUpQeve T<5d' äXtog
aeXdva te xat^ ai^igog
AxxTv* (bxv&öav nxvxdg
binevovoa dC Sgtpvag.
Es verhält sich der Acc. äxnv^ d)xu&6av zu bzTievovoa wie
der Acc. r/ q>eyyog zu idupgeve. Derselbe ist aus dem er-
weiterten Gebrauch des Acc. des inneren Objekts abzuleiten.
Dank mehreren sicheren Emendationen ist bereits die Anti-
strophe vollständig hergestellt:
ÖQcb drj xelevxdv,
tV Soraxa' xvxct de fioi
Swdjixei nodbg äk/iaxi,
evxXelag x^Q'''^ hf&ev 6q-
fjidocj xäoS* &ji6 Jiexgag,
Auch die tiefgehenden Schäden der Ueberlieferung in El. 442 ff.
lassen sich meines Erachtens mit Sicherheit beseitigen. Be-
wusstes Eingreifen nimmt man in der Strophe wahr; denn
der handschriftliche Text
tv^ 6 fptkavlog enaXXe öeX-
(plg jiQoigaig xvavefißdXotg
dhood/ievog,
Tiogevcov xdv xäg Gexidog
xovcpov äXfia Tiodipv ^Axdrj
avv 'Aya/ii/btvon Tgcolag
ijil 2ifjLovvxldag äxxdg
Beiträge eur Kritik des Euripides, 507
kann nur dadurch entstanden sein, dass man die Beziehung
Ton Tiogeiovoai x6v Oixidog nicht verstand und dies un-*
geschickter Weise mit 6 q)iXavXog 6tXq)k in Zusammenhang
brachte, als ob etwa ein Delphin den Achilleus wie den
Arion auf dem Rücken getragen hätte. Tro. 1085 z. B»
heisst es kfik ndvtiov oxd(pog . . Ttogevoei biTzdßotov ^Aqyog
und so muss auch hier noQsvetv sich auf die Schiffe beziehen,
während vom Delphin etwa nifineiv (, geleiten*) gesagt werden
könnte. Im übrigen steht der Text der Strophe fest und
bietet uns den metrischen Anhaltspunkt für die Antistrophe:
NrjQ^dsg d^ EvßoTdag äxräg lutovoai
'Hq)aloTOv ;f^va€Cüv äxfxdvoyv
fiöx&ovg äoTiiardg ecpegov rev^icov,
ävd TB üi^kiov ävd re ngv-
fivag ^Oooag legdg vdjiag,
Nv/i(palag oxonidg,
xögag ndxevo\ ev&a TtajfjQ
hmozag xQi<pev 'EXXddi q)d>g
Oexidog elvdhov ydvov,
xa^vTCogov ndS' 'Axgeidaig.
Trefflich hat Weil im letzten Vers xa^vTiod^ ovqov, Walberg
im vorletzten elvaXlov vermutet. Der Inhalt ist auffallend,
aber klar und sicher. Wie schon von anderen bemerkt
worden ist, folgt hier Euripides einer abweichenden Tradition.
Die Nereiden bringen schon die erste Rüstung als Werk des
Hephästos dem Achilleus und suchen ihn in den Waldtbälern
des Pelion und Ossa, wo er bei Chiron weilt. Sehr passend
bemerkt Weil, dass schicklicher die Rüstung des Achilleus
als der Amboss des Hephästos das Epitheton , golden* erhalte.
Weil vermutet ;|j^va£ovg. Aber wenn wir diesen Anstoss
zusammen nehmen mit der mangelhaften Responsion des
folgenden Verses fxox^ovg doniaxdg = jiijLuiovoai ;|jo9ovc*
so werden sich beide Fehler durch Umstellung verbessern
508 J^. Weeklein
lassen: 'Hq)aloxov jiiöx^ovg äx/iiövcov äaniardg XQ^'
o€ü)v Stpegov xevxioyp, worin sich ;i^^vo^q}v natnrgemäss mit
xevxicDv verbindet. Nv^Kpäv axonidg hat Seidler hergestellt,
vgl. Hei. 1323 ;ftovo^^^/i/<ovag . . *Idaiav NvfXfpäv oxontdg.
Der Sinn und der strophische Vers gestatten auch xögag
fjLdxevo* in fiaTevovoal o(p* zu verbessern; xögag scheint
nur eine Dittographie des vorhergehenden xomdg zu sein.
So sehr der neue Text
Ni^QJjdeg «J' Evßoidag äxxäg Xmovoai
'Hfpalaxov fxöx^ovg äxjudvwv
äonioxAg ;c^vo^(üv l(p€Qov xevxicov,
ävd xe IIyiXiov äv xe ngv-
fiväg "Oooag legäg vdnag,
Nvßiqyäv oxonidg,
fiaxevovoal ocp^, h^a naxtjQ
biTiöxag xgicpev 'EXkddi q)(bg
Qhidog eivaXlov yövov,
xaxvnoS^ ovgov 'Axgeldaig
von der handschriftlichen Ueberlieferung abweicht, scheinen
doch Sinn, Sprachgebrauch und Versmass die nötige Gewähr
für die Wahrscheinlichkeit der Aenderungen zu bieten.
Eine zufallige Notiz gewährt uns die Möglichkeit eine
schwere Corruptel zu heilen Hek. 1187
'Ayd/uejuvor, dv&Qmjioiaiv ovx ixQV^ noxe
xcüv JiQayfidxwv xrjv ykcbooav loxveiv nkiov
aXX\ ehe XQ^^^ edgaoe, XQV^'^^ ^^^* kiyeiv,
eix'' av novrjqd, xovg Xöyovg elvai aa^Qovg 1190
xal fiTj dvvao'&ai xädix* ei Xeyeiv noxL
Abgesehen von dem vorhergehenden XQV^' ^*^^* Uyeiv erweist
sich xovg köyovg . . ev Xeyeiv d. i. ol Xöyoi dvvavxai xä ädixa
ev Xeyeiv als stilwidrig. Nicht unbegründet ist deshalb die
Vermutung von Nauck, dass der V. 1191 unecht sei. Auf
der anderen Seite aber muss man eine entsprechende Aus-
Beiträge zur Kritik des Euripidea. 509
fährung des Gedankens als eine stilistische Eleganz aner-
kennen. In Erinnerung an Med. 582 yXcoooij ydg av^oy»
rädix^ «5 JiSQioteXeTv hatte ich schon früher ev TiegioteleTv
für ev Uyeiv noxi vermutet und 0. Hense act. soc. Lips. VI
p. 334 hat diese Lesart in einem yvcnfioloyiov des cod.
Marc. 507 gefunden. Früher nun glaubte ich, dass man
sich wegen des Fut. negioxekeiv mit Beispielen wie Soph.
Phil. 1394 neloeiv dvvrjoöixeo'äa beruhigen könne. Aber wie
hier Jiel&eiv verbessert worden ist, so findet sich nichts Aehn-
liches bei Euripides. Es muss uns also das Fut. darauf führen,
die angeführte Stelle der Medea noch zur weiteren Herstellung
zu benützen, zumal da wir durch
xal ßirjdev^ avx^tv xädtx^ ev negioreXeTv
das erwünschte neue Subjekt erhalten. — Hik. 1219 muss die
Logik einen stärkeren Eingriff rechtfertigen:
äXT ov (pddveiv XQV ovoxidCoyxag yevvv
xal x^XxoJiXfj'&f} Aavai6(bv ÖQfxäv ozQaxbv
Inxdoxofiov TtvQycofia KadfieicDV enc
TiixQol ydq avxoTg rjiex^ ixxe'&Qa/i/xevoi
oxvfivoL keovxcov, nöXeog ixTtoQ'&i^xoQeg,
Dieser Text kann nur bedeuten: ,aber sobald dichter Flaum
euer Kinn umkleidet, müsst ihr sofort den Feldzug gegen
Theben unternehmen. Denn vollständig auferzogen werdet
ihr ihnen bitteres Weh bringen*. Es ist klar, dass dieser
Begründung nicht der Gedanke »ihr dürft nicht zu alt werden,
bis ihr den Feldzug unternehmet*, sondern der Gedanke „ihr
dürft nicht zu jung den Feldzug unternehmen, ihr müsst erst
warten, bis ihr zur vollen Manneskraft gelangt seid* voraus-
gehen kann. Diese zweite Mahnung eignet sich auch mehr
für Helden, welche nach dem Folgenden der Nachwelt Stoff
zum Gesänge bieten sollen. Demnach muss es heissen:
äXXä (p'&dveiv XQV ovoxidCopxag yevvv
f] x^^^07iX7]7^i] Aavatdoyv ÖQfiäv oxqqxÖv,
1895. SitKungBb. d. pbil. u. hist. CI. 33
i
510 N. WecJdein
Für ^ könnte es auch nglv geheissen haben. Aber die Ver-
taiischung von xal und ij findet sich auch sonst. — Jon 1
^AtXag, 6 x^^^oioi vcbxoig ovgavdv
'&€(ov naXaiov olxov ixTglßcov, '^scav
ßitäg Sqwae Maiav
bietet uns einerseits die lex Porsoniana, andrerseits die Mytho-
logie Anhaltspunkte für die Emendation. Eis ist undenkbar,
dass Euripides einen so schwerfälligen, metrisch ungeniess-
baren Vers wie diesen ersten des Stücks geschrieben hat.
Dann erfordert fxiäg eine nähere Bezeichnung als ^£d>r. Auch
ist zu beachten, dass die Apposition ^emv jiaXaiov ohcov zu
ovQQvöv unerträglich matt ist und dass der zweite Vers mit
^ewv anfängt und schliesst. Den Anstoss des ersten Verses
hat Badham mit vcoroiaiv Tiökov, Nauck mit vcoroioiv q^igcov
zu heben gesucht. Den zweiten Vers ändert Kirchhoff also :
t)ec5v xQadalvcov olxov ix üeXeiddcDv, An dieser Conjectur
sieht man, wie das Streben einige Buchstaben der üeber-
lieferung festzuhalten unter Umständen auf Abwege führt;
denn ein minder geeignetes Wort als xqadalvojv lässt sich
kaum denken, obwohl Hermann einmal xQadalvcov für die
gleiche Arbeit des Atlas Prom. i^ aus xgaraidv gewann.
Ausserdem kommt in Betracht, dass IxxQlßoyv als charak-
teristisches und zu x^^^^^ vcoroig vorzüglich passendes Wort
nicht beseitigt werden darf, womit die Weise der Herstellung,
welche Nauck im Auge hat, sich als nicht zum Ziele führend
erweist. Auch das von Gomperz vermutete ix TnavlöcDv,
welches nur eine ungenaue Angabe enthält, hat an ixTglßcov
'&€&v keine Stütze. Gegen Kirchhoff spricht auch, dass Maia
selbst eine Pleiade, nicht die Tochter einer Pleiade ist. Da
sie nach der gewöhnlichen Angabe die Tochter des Atlas
und der Okeanide Pleione ist, so bemerkt Nauck mit Recht
,,ixTQißcov '9ecbv verba nondum emendata. sententiam si
spectes, ix rxbv ^Üxeavldov fiiäg requiritur"*. Fassen wir nun
N
Beiträge zur Kritih des tJuripiäes. 511
folgende zwei Beobachtungen: oigavöv und das eine ^ecbv
sind überflfissig; an Stelle von ixrglßcDv '&6&y muss ein Wort
wie 'Qxeavldcov stehen, ins Auge, so werden wir auf jene
gewissermassen mechanische Weise der Emendation geführt,
von welcher ich in meinen Studien zu Euripides S. 330 f.
gehandelt habe. Aesch. Gho. 769 gibt die Handschrift ^^-
&ovaf] (pQsvl für iQ'^ovrm i.6yog, indem der Schluss des vorher-
gehenden Verses (ya^)ovof] (pgevl an die Stelle von (dgi^Jornai
Xöyog geriet. So haben wir auch hier die an und für sieh
tadellosen Worte ixiglßcov 'äecbv an ihre durch ^ecbv ange-
zeigte Stelle des vorhergehenden Verses zu rücken, um ihren
Platz für 'Qxsavtrldcov oder 'iixeavov xoq&v frei zu machen.
Es ergibt sich also folgende wie ich glaube sichere, wenn
auch weitgreifende Emendation:
*'Axkag 6 x^^^^oioiv ixtglßcov '&e&v
viDToig TiaXaidv oJxov ^Qxeavov xoqojv
fuäg eqwoe Mäiav.
Ich habe 'Qxeavov xoQoyif bevorzugt, weil der Anapäst bei
Eigennamen zwar nicht selten ist, aber gern mit dem Worte
schliesst wie in den Versausgängen UeXiddag xdgag Med. 9,
'iTinoktncp S^ im Hipp. 32, 'Innolvxov x6vd'* elooQcb ebd.
1152, 'ÄQ/Liovlav jiori Phoen. 7, 'Ayriydvtjv iyco ebd. 58,
vgl. 88, 'Innojüiidcov ävai ebd. 126, TeiQsoiag exei (pQdoat
ebd. 767, Teigeolav, Kgiov ebd. 770, 'EgjLiiövrjv ÜTtdQTtjg äno
Tro. 65, vgl. 107, 1184, 'Innofxidoyv roiöod' ecpv Hik. 881,
0€ov6t]v' rä '»eia ycLQ Hei. 13, vgl. 145, 319, 859, 1648,
'ÄQfioviav TB Qvoeiai Bakch. 1338, vgl. 1357, Teigeolag Sxi
ebd. 173, AvdQOßidxrj ;^^(Jvcf> Andr. 5, NeoTuokeiicp dogög
yigag ebd. 14, 'EQfiiövrjv yafxel ebd. 29, vgl. 804, 806. Nur
Eigennamen wie *I<piysveia und Ilao&evojiaTog, welche auf
andere Weise nicht in den Text gebracht werden können
(^Iqptyeveia Jiaig Iph. T. 5, üaQ'&evonaiog elÖog i^oxcorarog
Hik. 889, IlaQ&evonaiog Exyovog Phoen. 1106), machen eine
33*
V
^
\
/
/
/
5l2 S. WecUein
Ausnahme. Von Ai6waov Bakch. 182 im ersten Fusse darf
man ganz absehen. Ein Beispiel wie ^Qxeavtxidcav ist mir
nirgends aufgestossen. Drum nehme ich auch für die zwischen
^üxsavindayv und 'Qxeavov xoqcov getroffene Wahl Sicherheit
in Anspruch. Das einfache 'Qxeavidcov lasst sich nicht in
das Versmass bringen. — Manchmal wird auch die Rücksicht
auf die scenische Darstellung eine Anleitung zur Emendation
einer Stelle geben. Hik. 21
'jidgaotog öfxfxa ddxQVöiv tiyycDv Sde
XBixai
haben schon andere an XBizai Anstoss genommen. Hermann
bemerkt: „pro xelxai scribendum puto Ixxai, Marklandus
iungebat ^xcov xeTxai pro Sxbi, quod durum est, Erfiirdtio
placebat deixai XQ^^^ i/^'^?' At ita nee satis bene quadrat
öde, et X6^^^ ^MV^ nirais a verbo öeTxai remota forent . .
Cum nostra emendatione bene congruit etiam v. 104 rfc 6
axevd^cDv oIxxqöv iv nvlaig öde; Videtur enim indicari, post
mulieres venisse Adrastum ideoque ad fores constitisse*. leb
glaube jedenfalls, dass der Dichter in diesem Sinne nicht
Ixxai, sondern rjxei gebraucht haben würde. Wenn Hermann
meint, Adrastos sei wegen späterer Ankunft am Thore stehen
geblieben, so fragen wir, an welchem Thore? Etwa am
Thore des Tempels? Dann hätte das Stehenbleiben am Thore
wegen späteren Kommens nur einen Sinn, wenn die Handlung
im Tempel, nicht vor demselben spielte. Oder am Thore
des Theaters? Aber dieses ist für die Illusion nicht vor-
handen. Matthiae rechtfertigt xeTxai also: , proprio sensu
accipio; nam lugentes humi iacere solent; yide Soph. Ai. 309.
311. 325. Hec. 486. Heracl. 633 sq. Herc. 1191. 1214'.
Nach den Stellen des Sophokles (eCero, fjoxo, d^axeT 7i€0(ov)
liegt nicht, sondern kniet Aias auf dem Boden, da das Knieen
bekanntlich als ein Sitzen bezeichnet wird. Hek. 486 (avrrj
Tiekag aov vcox^ exovo^ ijil x'&ovl . . xeXxai ^yxexXnfiivri ninloig)
Beiträge zur Kritik des Euripides. 513
liegt allerdings die in namenlosem Schmerze zusammen-
gebrochene Hekabe mit dem Rücken auf dem Boden. Man
wird nicht annehmen wollen, dass Adrastos in gleicher Weise
damiederliege. Nach Herakl. 1191. 1198. 1214 hockt He-
rakles das Haupt verhüllt zwischen den Leichen seiner Kinder
auf dem Boden: oh tov '&dooovxa ivoriljvovg iÖgag avöd) xri.
Grossere Aehnlichkeit mit unserer Stelle hat nur Heraklid. 633
rl XQVI^^ xeioai xal xarTjcpkg ö/i/x' ix^ig. Hier heisst xeiaai
offenbar ^du bist zusammengebrochen*. Was aber von dem
greisen Jolaos gilt, kann nicht ebenso von Adrastos gesagt
werden. Aethra kniet am Altare (93), um sie herum knieen
die Mütter der gefallenen Helden (102 f.). Adrastos, um-
geben Ton den Söhnen der Gefallenen, richtet an Aethra
das gleiche Ansinnen wie die Mutter; er muss also gleichfalls
am Altare knieen. Der Ausdruck für Knieen ist, wie bemerkt,
iC^a&ai, ijo&ai, 'daxelv, also kann man entweder fioxm oder
'daxd für xeixai, vermuten, wahrscheinlicher ist ^axet Vgl.
Heraklid. 123 Ixhai x<i&f]vrai naldeg otd' 'IlQaxkiovg ßojpidv
xaraoiey^ayieg, Soph. 0. T. 19 tö d^ äXXo <pvXov l^eoTEfiiJiEvov
äyoQdioi d'axEi ngog re IlaXXddog duikdig vadig xxi. Uebrigens
hat die Stelle noch einen anderen Fehler, wie aus Dindorf
lex. Aesch. s. v. ddxgvov hervorgeht: ddxQv et ddxQvoi poetae
non videntur dixisse nisi propter metri necessitatem. Androm.
532 gibt die eine Klasse (L) daxQvoig, die andere (A) ddxQvoi,
gewöhnlich schreibt man ddxQvoiv, nur Hermann daxQvotg,
Nachträglich finde ich daxgvoig bereits in einer Abhandlung
von Schröder. Also ist wohl zu schreiben:
'jidgaoTog ö/njua daxQvoig riyycov öde
•9axeX,
Man kann fragen, wie Aethra dieses Weinen sehen kann, da
Adrastos doch verhüllt ist (oh rdv xari]Qr] ^Xavidloig &vioxoQ(b^
Xiy^ Ixxahütpag xQOia xal nagelg yöov). Aber aus V. 104
xig (J* ö oTsvd^cov oIxtqov iv jiidaig Sde;
514 ' N. WeMein
kann man entnehmen, dass Aethra das Weinen nur aas dem
lauten Seufzen geschlossen hat. Eben diese Stelle steht in
Widerspruch mit der Annahme, dass Adrastos am Altare
kniee. Aber, wie schon bemerkt, ist dieses Thor nirgends
auf dem Theater zu finden. Das Thor des Tempels wird
an keiner Stelle gebraucht und es ist fraglich, ob überhaupt
ein solches Thor sichtbar war, ob der Tempel nicht zur
Seite zu denken ist, weil auf der einen Seite der Scheiter-
haufen des Eapaneus und der den Tempel überragende Felsen,
auf welchem Euadne erscheint, angebracht werden musste.
Ueber diese Unsicherheit hilft uns folgende Erwägung hinweg.
Theseus musste bei der Bezeichnung des ihm unbekannten
Mannes das hervorheben, was ihm zunächst auffiel. Das ist
die Verhüllung; es muss also geheissen haben:
rfc 6^ 6 oTEvdCojv oIhxqov h ninXoig Sde;
Vgl. Herc. 1198 tI yäg ninkoioiv ä'&liov xgvjttei xdga;
Hek. 486 xeirai ^vyxexXfifiivog nbiXoig, Herc. 1205 ndgeg
&tC öfjLfAiroiv ninXov, Iph. T. 1207 xQära xgvrpavreg nin-
Xoioiv. Es ist h TtinXoig mit orevd^cov eng zu verbinden,
man hört die Seufzer aus der Umhüllung heraus. — Nicht
oft wird es möglich sein mit Hilfe des festen Gefüges der
Gedanken einen so tiefliegenden Schaden zu heilen wie
Androm. 361 f.
rrjv dixfjv {xpe^ofAev
iv ooiai yajußgöig, olaiv ovx IXdoaova
ßXdßrjv ocpelXco ngoaxu&Eio* äjiaidlav, 360
'^jueig juhv ovv roiolde' xfjg de ofjg (pgevog
ev aov didoixa' öid yvvaixelav Sgiv
xal TYjv rdXaivav a)Xeoag ^gvytov tiöXiv.
Diese Ueberlieferung wagt Hermann zu verteidigen: nihil
.mutandum. »Tuae mentis unum (mulierositatem) a te metuo*.
Nicht bloss erscheint oov nach o^g als unmöglich; das Asyn-
deton fordert auch, dass die Erklärung von kv folge, was
Beiträge zur Kritik des Euripides. 515
nicht der Fall ist. Man hat für iv aov allerlei vorgeschlagen,
Sv 710V, Svexa, cpvaiv, rdxog, Syxov, Nauck hat in der rich-
tigen Erkenntnis, dass es sich bei der EntfGhrnng der Helena
nicht um eine ywaoceta Sgtg handelt — auch nicht um eine
olxela igig nach Kirchhoflfs scharfsinniger Vermutung did
ydg olxelav Sqiv — xb dvajLievkg didoixa' diä yvvoJxa yäg
vermutet. Den Ausgangspunkt für die Emendation der Stelle
muss, wie ich bereits Stud. z. Eur. S. 330 bemerkt habe,
die Lesart der einen Klasse der Handschriften (A) in 360
dßovltav bilden. Kirchhoflf hat zwar äßovXlav in den Text
gesetzt und dafür äjußkcjoeoyg vermutet; aber an und für
sich und nachdem die andere Klasse der Handschriften (PL)
zu grösserer Ehre gelangt ist, kann über die Richtigkeit
von äjiaidlav kein Zweifel bestehen. Folglich ist äßovklav,
welches dem Sinne im folgenden Verse treflFlich zustatten
kommt, in den darüberstehenden Vers an die Stelle von
äjiaidlav geraten. Beispiele der Art habe ich an anderen
Stellen und oben S. 511 angeführt. Die Aehnlichkeit der
beiden Wörter konnte leicht zu dieser Vertauschung führen.
Nun aber sehen wir, dass wir in T^g dk afjg (pgevög iv oov
dedoixa eine verwegene Interpolation vor uns haben. Was
der Sinn für did yvvaixelav Sqiv fordert, lässt Tro. 368 oT
did fjdav yvvdixa xal fxlav Kvtiqiv '&rjQ(bvTeg 'EXevrjv fivqlovg
dnioXeoav erkennen. Vergleicht man mit dem überlieferten
folgenden Text:
flfieig jüikv oiv roiolde' irjv d' dßovklav
xriv arjv dSdoixa' did fxlav yvvaixa ydg
xal xrjv xdXaivav oikeoag ^qvy&v tiöXiv,
dann darf man wohl die Redensart gebrauchen: Man sieht
nicht ein, warum der Dichter nicht so geschrieben haben soll.
In dem Texte des Euripides finden sich zahlreiche Verse,
welche von einer Partie in die andere oder von einem Stücke
in das andere übertragen worden sind. Die Unechtheit dieser
Y
-.1 i':l --ttt-ht
' ' '• ' , ^ • "fr. •'...•._ • r • ^ -~ ._ ■
. -^ v-^ ♦ j #.'.' : 1 x,\ *', -1 1..- j: -i^iSnr^su "v=sni. iii ir
'•' '• A' '''"'/ i-v '. /':*•: ii->t!L T3it > i • •• ~_» -
n* ' ' * / 'n^ ,' % ".' ^ *■'•-..' »J, ' ^ ' ^- i - - ^*ö^ w* -fr*.
of'f/ool // //ffifo 7t of' rar ncr^r 7t aq lojjioar.
Nur III ¥*lU'Mou l'ttINf/j wird e«? gelingen, Ober die band-
Mflfnfl.hi'lin l/ifl/i5rli«;fc*rijng hinaunzagehen und doch za
*fntn/hnitm4t*u «icfii«nj/i Krg^jbniH'^en zu gelangen. Zunächst
(ilMfi wimI uh irnrnnr dumuf ankommen, die Lesarten der
Beiträge zur Kritik des Euripides, 517
Handschriften durch sorgfältige Kollation festzustellen. Es
konnte früher scheinen, dass neue -Kollationen der bereits
bekannten Euripideshandschriften keinen besonderen Erfolg
haben würden. Aber die Sicherheit, welche an einzelnen
Stellen gewonnen worden ist, hat ihre grosse Bedeutung.
Wir wollen dieses an einem Beispiele zeigen. El. 976, wo
Elektra die Bedenken des Bruders wegen des Muttermordes
zu beschwichtigen sucht, bieten die Handschriften L (Laur.
32, 2) und G (Laur. 172)
HA, xal jbirj y^ äfivvcav nargl dvooeßijg Sof],
OP. iyüJ dk /JtrjTQdg xov qpövov dcoacD dlxag.
Früher wusste man nicht sicher, ob die Handschrift jbLrjTQog
oder jutjxqI bietet. Seitdem dieses feststeht, kann die Lesart
fXTjXQi, welche eine Pariser Abschrift hat, nicht mehr in
Betracht kommen und hat die Emendation der Stelle von
fjLtjTQog auszugehen. So ungeschickt also auch iyd) ist, kann
eine Verbesserung wie xxavcbv de jlltjxqC (Nauck) oder dk?^'
wde jLtrjxQl y' ov (Fr. W. Schmidt) oder iycßda' ^i7]xqI ö' ov
(Herwerden) keine Wahrscheinlichkeit haben. Methodisch
dagegen ist die Conjectur von Weil dgyfj dt jurjxgög. Allein
man denke doch daran, wovon hier die Rede sein muss.
Wem verfällt Orestes durch den Muttermord? Den Erinyen.
Also xvolv dh firjxQog xov (pövov dcbaco dixag. Vgl. 1342
xdode xvvag xdod' vjioq)Evy(ov oxeTx* in^ ^A'&rjvcbv, Aescfa.
Cho. 923 KÄYT, oqq, (pvXa^ai fxr^xQog iyxöxovg xvvag, 1052
OP. oa(p(bg yuQ aide jurjxQog eyxoxoi xvveg. Schenkl (Zeitschr.
f. d. öst. G. 25 S. 94) will 977 f. tilgen, weil der V. 977
nichts Neues enthalte. Dieser Vorwurf wird jetzt nicht mehr
erhoben werden können. Ebd. 1190 ist jetzt Folgendes als
Lesart der beiden Handschriften festgestellt:
i(o 0oiß\ ävvfivrioag öixav,
äqyaxa qpavegä d' i^hxQa-
Sag äxea, cpolvia d^ a>naoag
518 N. WeeJdein
kix^' ^^ Y^^ ^^c 'JSXXavldog,
TLva 3' higav fidkca ndhv; xxL
Für äcpaxa hat Elmsley äcpavra hergestellt. Man erklärt
djTiaaag mit Heath idlco^ag, exterminasti, und gewinnt damit
einen Gedanken, welcher dem Zusammenhang in keiner Weise
entspricht. Denn hier macht Orestes dem Phöbos das Orakel,
das ihn zum Muttermorde bestimmte, zum Vorwurf; er be-
zweifelt das Recht desselben (tä) ^oTß\ oTav ijfxvtjaag dbcav
würde dem strophischen Verse, wenn dieser leb Fdia xal Zev
TiavdsQxixa geschrieben wird, entsprechen) und beklagt die
traurigen Folgen desselben, da er als Muttermörder das Land
verlassen muss. Diesen Gedanken erfordert das Folgende
tlva d' hegav fxdko) JiöXiv; xxL Deshalb sehe ich hag
iXavveiv in rdg ^EkXavldog und schreibe (pvydda S* dinaoag
ijnk yäg Sxag ikavveiv, .und hast es mir verliehen, dass
mich die Bürger aus dem Lande ins Elend jagen''. Die
Responsion wird hergestellt, wenn man im strophischen Verse
otpayaloiv für nXaya setzt (dlyova acbfiax^ h x^^ xeljxeva
öcpayaioiv).
Uebrigens haben die neuen Kollationen an einzelnen
Stellen überraschende Ergebnisse erzielt. Seitdem man durch
Vitelli weiss, dass Hei. 359 L oigayy^ äoidal aeßl^ovxi bietet,
muss die Emendation von Hermann ovglyycDv Aoiddv oeßt^ovxi
der von Badham oi^gayyag 'Idalag hl^ovxi weichen.
Ein Haupterfolg der neuen Kollation von L besteht
darin, dass die Eingriffe, welche sich der willkürliche Ver-
besserer der Handschrift gestattet hat, genauer festgestellt
worden sind. lieber diesen corrector Florentinus bemerkt
Kirchhoff: textum passim per omnes fabulas ex arbitrio cor-
rexit manus recentior. Selten haben dessen Aenderungen
das Richtige getroffen und dieselben sind so wertlos, dass
an eine handschriftliche Vorlage nicht gedacht werden kann.
Vgl. Herc. 77 f. Nach der Art, wie er die antistrophische
Beiträge zur Kritik des Eunpides. 519
Respousion durch gleiche Silbenzahl herzustellen versucht,^)
möchte man yermuten, dass dieser corrector kein anderer
als Demetrios Triklinios war. Das von diesem corrector zu
HeL 1337 gesetzte negioadv, welches andeutet, dass die
Antistr. einen Vers mehr hat als die Strophe, ist der Aus-
druck des Triklinios. El. 120 gibt L
<pev tpev oxBtXlcDv n6vct>v
xal oTvyeQäg C(iag.
Der antistrophische Vers 135 iX'&oiQ x&vde növiov i/wl ver-
anlasste den corrector zu der Interpolation <pev <pev xanf
axexXUov Jtdvcov, welches seit Musgrave der gewöhnliche Text
geworden ist. Victorius hat das interpolierte r&y unbeachtet
gelassen und man hätte erkennen können, dass vor orvyeQäg
C6as der Artikel sich sehr ungeschickt macht, dass also der
Fehler im antistrophischen Vers gesucht werden muss. Die
sichere Emendation von Hermann (X^oig dh növcov i^ol wird
von Nauck und Kirchhoff nicht einmal erwähnt. In xdXcuvav
dXdxcov Hei. 1124 fehlt eine lange Silbe (= oh xäv äoido-
xdxav). Diese hat der corrector mit x&i^ ergänzt, womit
durch die Verlängerung der letzten Silbe von xdXaivav das
Metrum gestört wird. Allgemein schreibt man mit Matthiae
dfv älöxcov. Wenn man aber weiss, welchen Wert xcov hat,
wird man Bedenken tragen das an und für sich zweifelhafte
c5y*) an die Stelle zu setzen. Ich vermute xaXavxdxcov
äXöxoDv. Das kurz vorher (1122) vor öoqI ergänzte Iv scheint
richtig zu sein. Ebd. 1148 hatte L von erster Hand ädixog
1) Vgl. die Ueberschrift dvtl fnäs Hei. 189, 203, 207, 225 und
die Notiz Xeljrei zu Hik. 806, wo die Responsion der Antistrophe eine
Lücke aufweist.
2) Unicus quod sciam hie Helenae locus iipud tragicos est, in
quo hoc pronomen, uti saepius apud poetas Alexandrinos, de eo quod
plurium est dictum invenitur, bemerkt Hermann zu der Stelle.
V<?1. Elmsley zu Eur. Med. 925. Diese einzige Stelle ist also glücklich
beseitigt.
520 N. WeMem
TiQoööng ämoTog ädixog, also ädixog zweimal; der corrector
hat das zweite ädixog getilgt; dass das Versmass TiQod&tig
ämarog ädixog d. h. die Tilgung des ersten verlangt, hat
Hermann erkannt, ohne von dem handschriftlichen Sach-
verhalt etwas zu wissen. Aus gleichem Grunde ist El. 719
fxohiai S^ rju^ovT^ igaral
XQvaiag äQv6g\ Inlkoyot Ovioiov
interpoliert worden. Um den zweiten Vers dem strophischen
XQvoSav ägva xaXXmköxa/iov nogevaai (705) gleichzumachen,
wurde cbg vor inüioyoi eingefügt. Sowohl dieser Grund der
Interpolation wie der Umstand, dass dbg in G und bei Vic-
torius fehlt, Hess sofort vermuten, dass cog vom corrector,
nicht, wie Wilamowitz angibt, von erster Hand herrührt*
Dies ist durch die Mitteilung von R. Prinz N. Jahrb. f.
Philol. 113 S. 747 bestätigt worden. Nun aber ist, wie
Heath gesehen hat, xaXXbcoxov das richtige Epitheton von
ägva, Bakch. 150 ist nXöxajuov in nköxov verbessert worden.
Den Text
XQvoiav ägva xailbioxov nogevaai
empfiehlt auch das Metrum. Hiernach wird sich endlich an
XQvaiag igvög enlloyoi ßviarov die bessernde Hand anlegen
lassen. Die Vermutung von Nauck xQ^^^^^ ägvög' eha
ödloi OvioTov entspricht dem Stile des Euripides keineswegs.
Wahrscheinlich ist in
fxohial (5' rjv^ovT^ egaral
XQVoeag ägvög evXoylq. ßveorov
bitkoyoi, aus hi^ evXoylq hervorgegangen oder es ist die Gor-
ruptel entstanden wie Herakl. 475 in^ ävÖQlq, aus evavÖQta.
Vgl. Herakl. 356 t6v . . fioXdvxa . . v/uivrjoai cfxetpdvcoßjLa fidx--
'&COV dl' evkoyiag ^iico. Auch Hik. 956
otfxh^ evTEXvog, ovxh' ev-
jiaig, ovÖ^ eirvxlag juire-
oxiv fJLOi xovQoxöxoig iv ^Agyelaig'
Beiträge zur Kritik des Suripidea, 521
ovd^ "Agrefug loxta
TiQoaqy^iy^an* fiv xäg ärixvovg
erfordert der Sinn angenscheinlich eiloylag für evrvxlQg-
Denn dem folgenden ^Agrejuig Xo%Ui nqoo<pMy^aixo äv ent-
spricht evkoylag ßietearlv xovqoxdxoig Iv Agyetaig. Da sie
kinderlos ist, geniesst sie keine Ehre mehr bei den mit
Kindern gesegneten Argiverinnen, keine mehr bei der "ü^^-
rejLug loxla- — Androm. 138
£vt?' ov (plXcov tiv^ elaogqg
o(bv, (b dvoTVxeoxdra,
navrdXaiva vv/Ä(pa
stehen die zwei letzten Verse nicht in Uebereinstimmung
mit den antistrophischen /iifj ndig xäg Aidg xögag aol fx^ ev
q)Qovovoav idf]. Zu der Lesart von L c5 jiavxdXaiva bemerkt
Eirchboff: fortasse recte, und schreibt man mit Musgrave
ausserdem eldfj für idj], so ist die Responsion hergestellt.
Aber w rührt von dem corrector her, hat also keinen Wert.
Vielmehr ist der antistrophische Vers zu verbessern, wo
Härtung /4' ev (pQovovaav eldfj (ohne ool), Nauck ooi yw' idfi
ovvovoav vermutet hat. Wahrscheinlich ist ool /j,' ei von
ovjLi abzuleiten und ovfjKpQovovoav eldfj zu schreiben.
Hei. 170 rührt xbv von dem corrector her, mit Recht
also hat Hermann hier xbv und im antistrophischen Vers xaig
getilgt. Da ebd. 343 lg den gleichen Ursprung hat, gibt
es für die Conjectur von Härtung Xevooei keinen Anhalts-
punkt. Ebd. 1150 hat der corrector xa>v von x6 x(ay '&e(bv
getilgt, natürlich nur damit xb '&e(bv = ä'&Xioig wird. Ausser-
dem hat er 1164 iv eingefügt, um die Silbenzahl der beiden
Verse gleich zu machen. Noch der neueste Heransgeber
des Stücks hat sich 1150 diese wohlfeilen Verbesserungen
gefallen lassen.
Von Wichtigkeit für die Textkritik ist die Kenntnis
gewisser Eigenheiten der handschriftlichen Ueber*
522 N, Wecktein
lieferung, welche sich teils in allen Handschriften der
Tragiker, teils specieil in den Handschriften des Earipides,
teils endlich in der einen der beiden Klassen dieser Hand-
schriften finden.
Sehr hänfig ist die Vertauschung der Präsens-
und Futur- oder auch Aoristformen. Eine (keineswegs
Yollständige) Sammlung von Fällen, welche bei Euripides
vorkommen, wird zur Würdigung dieser Eigenheit beitragen.
Alk. 1089 geben LP XVQ^^^^ juuivog für ;|fjy^evo« Xixog,
1058 ii-iyxfl B, iXeySfj die übrigen (ich mochte nicht mit
Prinz i^yxfl bevorzugen, vgl. Iph. T. 1081, wo Markland
ikiyScDv für iUyxoov (PL) hergestellt hat), Bakch. 528 dva-
<päy(o LP, äva(palv(o Hermann, 726 avveßdxxeva' LP, awe-
ßdxxev^ ist aus Longin hergestellt, 817 i^ixvevovoi P, i^i"
Xvevoovaiv verbessert von Musgrave, 846 net^ofiai P, das
richtige nelaofiai gibt die Aldina, Hek. 283 ngäoasiv B für
ngd^eiv, 294 Jtel&ei BE für neloei, 512 orifxalvw/v A für
arjjuiavcov, 519 JUfcov L für ifycov, 757 dovXsvoeiv E für
davleveiv (so LG\ Hei. 1061 xeXevcov L für xEkevoo) (so G),
1064 xeXevei L für xsievaei (so L. Dindorf), 1545 aw^dTneze
für ovv&dxpere (so Badham), El. 1025 ixac^Ccov L für ix-
o(üoa)v (Nauck), 1265 ixoioCovoi L för ixocüaovoi (Poreon),
Herakleid. 490 oq)dCeiv für o<pd^eiv (Elmsley), 515 dXrixtvm L
für dXfjTevoQ) (P?), 799 orjjLiaiyei für orjßiavei (Elmsley),
Herakl. 248 oxevdl^exe LP für oxEvd^exe (Heath), 477 ovvd-
rpovo^ LP für avvdjtrova^ (KirchhoflF), 490 qy^öyyov elaaxov^
oerai LP für (p&öyyog eloaxoverai (Nauck), 681 äeloco LP
für äeldü) (Elmsley), 1054 ald^er' LP für ald^ex' (Hermann),
Hik. 29 TiQo^vovo' L für jiQO'&ioovo* (Reiske), 347 ntlatov L
für Tiel^cov (Nauck), 455 wjLKpeverai L für wfifpevoerai
(Hermann), 1003 ßatevaovaa L für fiaxevovoa (Hermann),
Hipp. 419 änoxTelvei EPL, änoxrevEl die anderen (A), 671
Xvoeiv für kveiv (Monk), 809 ixivaa^' für ixlve&' (Valckenaer),
1060 und 1442 Xvw A(E), Ivoü) die anderen, 1183 ivxvva»' A,
Beiträge gut KriHk des ^ripides, 523
hxvve:9^ L, 1418 xaxaaxi^xpovoiy A, xaraaxi^Tnovaiv L, 1064
inoxxehei A, &noxxeveX andere wie L, Iph. A. 64 xäjiioxQa^
T€V€iv LP für x&juaxQaxevoeiv (Markland), 458 und 885 w/i-
ipevcvoa PL für wfKpevovoa (Markland und Barnes), 947 q>o-
vevei für (povevoet (Schäfer), 1267 xxetvovoi für xrevovai
(Scaliger), 1458 ojiOQdSea&ai fQr onaQdooea'&ai (Elmsley),
Jon 965 aaJCovra PL für o(jl>oovTa (Wakefield), Iph. T. 237
arifAalv(ov für atifxav&v (Aldina), Med. 215 fiifjLqyqo'^ Ea
{fiifjupoio'&' B), jj^ßxtprja^' L (Hek. 1184, wo auch die Hand-
schriften zwischen fJ^fJ^<pfi und fisfixpifi schwanken, wo es aber
nur ^ifiy>j} heissen kann, zeugt für fiifiiprio^^)^ Or. 1462
djtoxxelvei yg. duioxTevei A, Tro. 165 xofili^a'd^ für xoiLUoaa'&^
(Aldina), 460 schwanken die Handschriften zwischen ^xco
und fjSo), 805 ovvaQiorevocjv P für owagiarevcov , 1199
ioxa^ev B für eaxa^ev, Phoen. 783 hat nQoaevxdfito&a nur
A erhalten, die übrigen geben 7iQooev^6fieo^a oder Ttgooev^ö-
fjLe&a, 1620 bietet djioxrelveig nur L, die übrigen änoxreveig.
Die Häufigkeit dieser Fehler gewährt eine gewisse Frei-
heit und erfordert sorgfältige Berücksichtigung des Sinnes und
Zusammenhangs. Tro. 1315 fiiXag yäg öooe xaxaxaXvnrei
^dvaxog schwanken die Handschriften zwischen xaxaxakvjtxei
und xaxaxaXvrpei, Hermann wollte der letzteren Lesart mit
xaxexdhnpt Rechnung tragen. Solche Aenderungen werden
nicht mehr als methodisch erscheinen. Hipp. 116 schwanken
die Handschriften zwischen nQooevx6fxeo^a und Tigooev^d'
ßieo^a. Gewöhnlich wird jr^oa€v|o/i€ai>a aufgenommen. Aber
der Diener verrichtet eben sein Gebet vor dem Bilde der
Kypris, also ist jiQooevx^jueo&a richtig. Hik. 719 hat Her-
mann Jtaidevaexe für naidevexe geschrieben und die Aenderung
hat Beifall gefunden. Aber wenn man den Gedanken von
ö i' Sr f^d&H Tidig, xaiha oqyl^Eodai (fiXei
TtQog yrJQag' ovxoj Jididag ev Jiaideuexe,
worin näig für xig eine treffliche Verbesserung von Valckenaer
ist, genauer beachtet, wird man den Imperativ für nötig
524 N, Wecläein
erachten: ^in dieser Erwägung (ovrco), dass das im Gedächtnis
haftet, was man in der Jugend lernt, sorgt für einen guten
Unterricht eurer Kinder**. Tro. 728 /lh^tb o-^evovoa fxtjdkv
laxveiv 66x81 schwanken die Handschriften zwischen laxvsiv
und iaxvaeiv und Kirchhoff, Naack setzen laxvoeiv in den
Text. Mit Recht hat Dindorf laxveiv bevorzugt. Ebd. 1018
geben die Handschriften teils nifuioy teils ni/mpco. Kirchhoff
hat Ttijumco aufgenommen, richtiger Nauck und Dindorf
7iifjL\p(o, wie das vorhergehende yafxovoi Fut. ist. Hik. 933
vermutet Markland nelaec&ai für nel&eG&at mit dem Zusatz
,, licet hoc defendi possit**. Gegen Tieloeo'&ai spricht sich auch
Yalckenaer zu Hipp. 598 aus und man hat dieser Aenderung
bisher keine Beachtung geschenkt. Doch ist netoeo&ai weit
geeigneter als das Präsens in dem Sinne „ich weiss nur Eines,
dass deine Wünsche für mich Befehl sein werden*. Ebd.
1326, wo die Handschriften geben
ivoacg änaoav evooig inixkvoei TtöXiv,
entspricht das Präsens InixivCsi dem Gedanken weit mehr,
da nach dem Vorhergehenden (^EK. ijid'&ex', ixkvere; XO.
IleQydjucov xxvnov) der Vorgang gegenwärtig ist. Die Vor-
stellung wird durch das Präsens weit lebhafter. Tro. 669
&XX^ ovöe nmXog ffTig Slv dia^vyfj
XYJg ovvTQaq)elorjg, QqdUog eX^si I^vyov,
entspricht der allgemeinen Erfahrung, welche zum Beweise
dient, weit mehr das Präsens als das Fut., also ist SXxet
zu schreiben. In Jon 181
olg <$' eyxeijuai fxox&oig,
^otßq) dovkevoo}, xov h)^o)
Tovg ßöaxovrag ^eQanevoyv
ist das Fut. dovkevoo) augenscheinlich durch das folgende Aijlcy
veranlasst. Der Sinn erfordert das Präsens dovXevco, Or. 380
OP, od' eiju' 'OgeoTTjg, Mevikeoyg, 8v torogsTg,
ixcDv iycü ooi ra/xä /utjvvoü} xaxd»
Beiträge zur Kritik des Euripides. 525
Dieser Text wäre richtig, wenn die Offenbarung der xaxd
noch folgte. Sie geht aber voraus; denn rd/id fxrjvvoa) xaxA
bezieht sich auf die vorausgehenden Worte öd'' eifi^ 'Ooeon]<;.
Ohne Zweifel also erfordert der Sinn firjvvio. Es besteht
kein Grund die weniger gut beglaubigte Lesart orj/iavcb zu
bevorzugen und also arjfjLalvco zu schreiben, wie umgekehrt
Aesch. Ag. 26 der cod. Med. orjfxaivco für orjßiavd} bietet.
Bei Tro. 205
f) IleiQrjvag vdgsvaojuiva
TiQOJiokog o£juvd)v vödiiov eoojuai
kann ich nur meine Verwunderung ausdrücken, dass, soviel
ich weiss, bisher niemand an vÖQevofxeva gedacht hat.
Man scheint das dabeistehende eoojuai gar nicht beachtet
zu haben. Bakch. 566 tj^ei xe ;(ro^ei;acov äjtia ßaxx£vjtiaoi
muss es, wie ich schon früher bemerkt habe, ;^o^£vö>j'
ebenso gut heissen wie es nachher elhooojbievag Maivdöag
ä^ei heisst. Der neueste Herausgeber hat diese Verbesserung
nicht anerkannt.
Eine schöne Bestätigung erhalten wir für eine solche
Aenderung El. 1118
HÄ. äkycb ydg' älXd jiavoofiai '^rjuLov/nivi].
KA. xai fiijv Ixeivog ovxtr earai aoi ßagvg.
Dass die heuchelnde Elektra das Ablassen von ihrer Leiden-
schaft nicht erst in Aussicht stellt, sondern als bereits vor-
handen (jiavo/bLat) angibt, beweist der folgende Vorwurf der
Klytämestra ogag; dv' av ob ^cüTivgeig veixt] vea. Sobald
aber Elektra sagt „ich bin versöhnt*^, wird auch Klytämestra
im Namen des Aegisthos die bereits vollzogene Versöhnung
versichern, also ovxh'' iorl ooi ßagvg sagen. Und damit
wird ein metrischer Anstoss, die Verletzung der lex Por-
soniana, beseitigt. Bei dem inneren Zusammenhang der
beiden Aenderungen gilt diese Bestätigung auch für navofim,
1895. Sitzungsb. d. phU. u. List. Gl. 34
526 K, Weelclein
Bakcb. 618 habe ich xa^agy' für xa&etgS" gesetzt, weil die
Handlang nicht znr VoUendang kommt. Ebd. 1084
oiyrjöe <J' aiOtjo, otya S* vhpiog vcbzrj
q:vX)C eix£, ^tjQOjv d' ovx äv ijxovoag ßot)v
gewinnt die Schiiderong des Zostandes, wenn man ijxove^
schreibt, wie ebd. 726 ovveßaxyjv* zn avveßdxysva* geworden
ist. Nach den Worten Hik. 1068
äXX* ovde TOI 001 Tieloo/Jrai doiboji xdde
versteht man das folgende ofxoiov ov yäq fit} xr/ji^ A*' ^^^^^
Xegl nicht. Man hat deshalb oov(frioofiai vermutet. För
diese Art der Krasis müsste man einen Beleg bringen und
ä)!' ovde rot ' oovcfrjoojuai \ doibof] idde ist kein musterhafter
Vers. Mit jxei'&ofiai ist der Sinn in Ordnung gebracht;
denn damit zeigt Iphis an, dass er daran geht die Tochter
an ihrem Vorhaben zu verhindern. Wie oft Ttel&co und
Tzeiaco vertauscht sind, zeigt die obige Zusammenstellung.
Androm. 1036 o) SaT/nov, co 0ol߀, nibg Ttd'&ojjxii; erwartet
man ncbg nsi&coiuai, was das Metrum nicht verträgt. Dem tzw^
Tifl^co/iai steht gleich Jicbg Jieloojuai; Wie Jon 965 oci^ovra
f(ir oü)oovxa überliefert ist, so wird man auch ebd. 1036
T(o Twv i/ÄOJv jiiellovn deajiö^eiv öö/uqjv
das gebräuchliche Fut. öeonooeiv herstellen dürfen. So ist
auch Androm. 69 rov naiöd oov juiXXovoiv, co dvoTr}ve ov,
xreiveiv überliefert. Dass xxEveXv herzustellen ist, ergibt
407 rovrov xxeveiv ßiSXkovoiv, wo nur P xreveTv, die übrigen
xraveTv haben, und 571 fiekkovoi ovv i/uoi rfj ralaaKogq}
xreveTVf wo alle Handschriften xraveTv bieten und xreveiv
die Aldina hergestellt hat. üebrigens hat nach der Schreib-
weise der Handschriften xraveTv als Fut. zu gelten. Vgl.
Or. 940 xaraxraveTre, 1039 und 1516 xravco, 1525 xraveig L,
Phoen. 610 und 927 xaraxravco (-eJg) L, Heraklid. 411
xravco L, Iph. T. 291 lautet der Anfang des Verses in PL
Beiträge zur Kritik (fes Euripides, 527
ot^ioi, xrelvei jus, erst der Corrector hat in P xreveT corrigiert.
Androm. 489 hat bereits Nauck xxeveTg für xreiveig verbessert.
Aber auch Herakl. 545 ist xTeveiv e^ekke und Androm. 459 ist
vvv d^ ig yvvaixa yogyog onXirrjg (pavelg
xreveTg /i ; äjiöxxeiv^' <hg xxL
für xreiveig zu schreiben, wie der folgende Imperativ ent-
schieden fordert. Bereits Porson hat xreveTg gefordert, aber
die Bemerkung Hermanns «sine caussa'' scheint der Emen-
dation die Beachtung entzogen zu haben. Hei. 1046 hat
Dindorf ädekcpi} ovyyovov xaraxreveiv (L xaraxraveTv) her-
gestellt, wie nach Badhams Angabe auch Cobet verlangt liat.
Aesch. Prom. 499
edei^a xgäoeig ymcov äxeofidrcDV,
alg id^ ajzdoag i^ajiivvovrai voaovg
hat Blomfield iSa/wvojvrai verlangt, weil er mit Recht den
Sinn quibus (ut iis) avertant forderte. Aber dieser Sinn
wird mit i^ajLivvovvrai, nicht mit dem Konjunktiv ge-
wonnen. Xen. Mem. II 1, 14 ojika xrcbvrai olg d/ivrovrai
rovg ädixovvrag, wo Blaydes ä/ivvcovrai schreiben will, ist
dfivvovvrai bereits aus den Handschriften hergestellt. Soph.
0. K. 955 heisst es: '&av6vr(ov ovdkv äXyog äTixeraif Aesch.
frg. 255 akyog ovdkv nnxexai vexgov. Dagegen wird von
der toten Alkestis gesagt Alk. 937
xijg /uev ydg ovdkv äkyog aiifexai noxe,
jiokXcüv dk jbLox^cov evxketjg Inavoaxo,
Der Zustand der Schmerzlosigkeit wird besser ausgedrückt mit
XYJg jLikv ydg ovxex^ ovdkv äkyog anxexai.
Umgekehrt hat Valckenaer äjixexai in äiperai verbessert Soph.
frg. 236 ov ydg eo&^ ojicog OTiovdijg dixaiag jnajtwg ukyog
äipexai jioxe. In der Hypothesis der Andromache hat Her-
mann Ghig iniq^aveioa rovxov jukv mixa^ev ev Aekq^oTg d^dipnif
84*
J
528 K Wecklein
TTjv di ^AvÖQOßidxtjv eig MoXoooovg äjioareUai fJLexä xov naidog,
avTov de ä&avaoiav nQooöix^a&ai, tvxcov di avrrjg elg (elg
tilgt Ed. Schwartz) /xandgcov vi^oovg (Sxt]oev in rv^ovra de
olxijaeiv emendiert. Aber derjenige, von dem olxrjoeiv her-
rührt, muss auch vorher Jigoodi^ea^ai geschrieben haben.
Die gegebene Uebersicht der handschriftlichen Fehler
ist geeignet uns von einer bisher bestehenden Unsicherheit
zu befreien. Hik. 347 hat Elrasley nsiaag, Nauck Tiel&cov
für neioiov vorgeschlagen, Soph. Phil. 1394, wo neloetv
dvvT]o6/x€a&a tiberliefert ist, will Schaefer nev&eiv, Nauck
neioai schreiben, doch bemerkt Nauck, dass er zwischen
Tiei&eiv und neioai schwanke. Jebb sucht neioeiv zu schützen
und fügt hinzu: if neioai were to be altered, neioai would
be more probable than nei&eiv, also das Qegenteil von dem,
was für uns jetzt feststeht.
Eine andere Eigenheit der handschriftlichen üeberlieferung
liegt in dem Vermeiden der Formen von aigco, welche
langes a haben. Hierauf habe ich schon anderswo hinge-
wiesen; deshalb begnüge ich mich hier mit wenigen Stellen.
Für äqeiav Hek. 1141 gibt A aigoiav, B aigeiav, E aigoiev.
Uerakl. 255 hat L algehe im Text, ägelre am Rand. Alk. 346
wird i^dgai/xi, wie Wakefield für e^aigoijui und e^dgoifii her-
gestellt hat, durch das Scholion neloaijui bestätigt. Hik. 581
erfordert, wie schon Cobet bemerkt hat, der Sinn inageTg
für inaigeig, wie ebd. 772 elju' inagio für elev aigo) von
Elmsley hergestellt ist. Hei. 1597 hat Elmsley ägehai für
algenai hergestellt, ebenso Heraklid. 322 &ga> für aXgca,
welches die Handschriften trotz des nächfolgenden ev(pgavoy
bieten, Iph. A. 125 enagel für inaigei, Tro. 1148 ägovfjLev
für algovfiev (algovfievj. Die Verbesserung von Scaliger zu
Bakch. 1212 ägdo^co (algeo&w P, algeo'^w Portus) ist wenig
beachtet worden. Ebd. 58
al'geode raniyoygt ev noXei ^gvyMv
Tvnava
Beiträge zur Kritik des Euripides. 529
sagt Dionysos schicklicher „auf mit den Pauken'' als «haltet
die Pauken hoch", also ägaa^e, wie Hipp. 198 bei dem
Schwanken der Handschriften zwischen aigere und ägars das
letztere bevorzugt werden muss. Desgleichen wird Tro. 465
ägar' ig dg&dv dejuag, Soph. Trach. 1264 ägax\ dnadol
(,auf*) für aiget' zu schreiben sein und ebd. 1255 äy\
eyxovEh\ ägao&e, Eur. El. 360 ägaa^\ dnadol, rcbvd' eoco
tevxt) doftoiv, Bakch. 789
oif (prjjui XQ'^'^^^ ^' ^^^' inaigeadac '&€(p,
äXX^ '^ovxdCeiv,
Weit passender ist ijtdgao'&ai. Aber man wird vielleicht
an der Notwendigkeit oder Statthaftigkeit einer solchen Aen-
derung zweifeln. Dem gegenüber verweise ich auf Aeseh.
Hik. 344, wo man auch gewöhnlich schreibt: ßagea ov y'
elnag, TiöXejuov aXgeo'&ai veov, wo aber die Lesart des Med.
atgao^ai mit aller Bestimmtheit auf ägaoßai hinweist und
die in Rede stehende Marotte trefflich illustriert. Aus diesem
Grunde ist Heraklid. 504 n cprjoofiev ydg, ei nohg fjtiv ä^toi
xlvdvvov fjfxcbv eivex^ ägao'&ai juiyav zu schreiben für
ovvex^ algeia&ai, nicht wie man gewöhnlich mit Elmsley
schreibt: aigeo^ai. Die grössere Aehnlichkeit der Buch-
staben darf nicht irre führen. Hik. 608
älkd Tov emvxlff Xajbucgdv äv rig algfj
juocga ndkiv rode juoi rö ^gdoog ducfißaivei
hat Markland atgoi (extollet), Matthiä aigoi (potest iterura
evertere) geschrieben. In dem ersteren Falle ist röv evrvxlo-
Xajjjigov von Theseus (Tidhv, quia nuper reversus erat Tbeseus
a victoria Amazonum), im zweiten von Kreon und den The-
banern (eum qui laetis rebus iam superbit, vgl. 329 f.) zu
verstehen. Der zweiten Erklärung würde eher röv evrvxifi
yavgov entsprechen und ich würde nicht anstehen dieses
vorzuschlagen, wenn ich die Erklärung für richtig hielte.
j
530 N. Wecklein
Es ist viel passender, wenn der Chor der seh utzfleb enden
Mütter seine Beruhigung aus den bisherigen glänzenden Er-
folgen des Theseus schöpft. Der Gedanke wird aber erst
vollkommen klar durch av rig ägei /xoTqq jidkiv und ägei
ist durch die Schreibung algf} nahe gelegt. Vgl. Aesch.
Cho. 168 alQovfievov M für ägo^srov, Pers. 484 aiQovvrai M,
aTgo^iai Elnisley, wahrscheinlich äQovvrat, Hik. 961 Iqio&e
(igeioße) M für aQeTo&ai (Cobet). Tro. 341
ßaoikeia, ßaxxevovoav ov Ai^i/zf; xÖQrjv,
ßiTj xov(pov aLQfj ßfjjir ig 'Agyeiayv GXQaxov;
steht aiQi] gewissemiassen in Widerspruch mit xovq)ov. Dem
Gedanken , plötzlich hinüberspringe" entspricht äg^], Rhes,
451 v//ö>r de fjLrj rig äonid' aTQ7]Tai (andere Handschriften
alQBxojt) x^Qt hat L. Dindorf die gleiche Verbesserung (ägr^rai)
vorgenommen. Aesch. Prom. 677 könnte man an owaigeo^ai
KvjTQiv keinen Anstoss nehmen, wenn nicht das Schol. ovvov^
oidoai auf den Aor. hinwiese. Eur. frg. 50, 2 lässt die
Schreibweise algovvrai eher auf ägovvrai als auf aigovrai
schliessen. Doch fehlt zur genaueren Beurteilung die Kenntnis
des Zusammenhangs.
Nicht selten wird an Stelle des von den Tra-
gikern bevorzugten (vgl. Valckenaer zu Phoen. 479)
I. Aor. Passiv der zweite gesetzt. Diese Beobachtung
hat bereits Brunck gemacht. Hermann bemerkt dazu: bona
observatio, si non habeatur pro regula, es fragt sich, ob mit
Recht. Hek. 600 bietet L TQaqyrjvai für 'äQ€(pd^vai, obwohl
dadurch das Versmass gestört wird. Ebenso Aesch. Ag. 737
^QooexQdiprj, wo Heath TTQooe^Qifpürj emendiert hat. El. 32
ist äjir]kXdx^r] noch in L erhalten, dagegen gibt die gleiche
Handschrift mit anderen Phoen. 972 &7iaU.ayelg, während
djiaXkax'&elg sich in A erhalten hat. Aesch. Ag. 348, wo
M fehlt, wird gewöhnlich aus dem Flor, und Farn. djtaAAa-
yerreg aufgenommen, das richtige äjiaXXax^evreg hat der
Beiträge zur Kritik des Euripides. 531
Marcianus erhalten. Zwar findet sieb der zweite Aor. bei
Aeschylos noch an zwei anderen Stellen, wo M nicht fehlt,
aber dort (Prom. 487 und 776) entspricht diese Form dem
Versbedtirfnis. Soph. El. 783 hatte der Schreiber von L
zuerst auch, wie es scheint, äjirjXXäyi^v geschrieben, aber
selber noch äji^lXayßiai hergestellt. Sonst findet sich bei
Sophokles überall (Ant. 244, EL 1335, 0. K. 786, frg. 906)
der I. Aor., nur Ant. 422 bietet L xal rovd^ änalXayevtog,
wo äjiaklax^evTog zu schreiben sein wird. Androm. 592
zeigt lixog, dass äjirikkdyrjg verdorben ist (Cobet eovhq^g).
Bakch. 955 hat P xQv<pr}vai für xQvcp&fjvai in Widerspruch
mit dem Versmass. Bei Aeschylos und Sophokles kommt
ausser Ai. 1145, wo das Versmass xQvcpeig erfordert, nur
xQvcp^vat vor. Bakcb. 243 geben die Handschriften LP
iQQdqyrj für sQQaqy&at, was der gleichen Vorliebe entsprungen
scheint. Hek. 672 gibt nur die Handschrift E äjirjyyeXfj für
äjiYiyyik^. Hek. 335 hat nur eine jüngere Handschrift
§i(p&£VT€g erhalten, dagegen bietet Androm. 10 Qicp^evra die
eine Klasse der Handschriften (PL). Es ist eine Folge der
unrichtigen Wertschätzung dieser Klasse, dass man gewöhnlich
aus der anderen Klasse ^Kpevia aufnimmt. Eur. frg. 489
hat bereits Valckenaer QKp&evta für QKpevxa vorgeschlagen.
Bei Sositheos frg. 3 p. 823 N. ist vielleicht iQQtcpr] der Vor-
liebe für den Jambas im 5. Fusse zuzugestehen.
Sehr gewöhnlich ist die Vertauschung von dsT und
XQ^> von XQV ^^^ XQ^l'^ ßXQ^'^)' ^^ schwanken die
Handschriften zwischen deT und XQ^^ ^^ ^"^ ^^^ Beispiele
Eines Stuckes aufzuzählen, Or. 564 tbg jieTocoih'jvai jus XQ^
{dei BL), 672 rakamcoQETv jue dei {dei yg. XQ^] ^i ^^^ ^^^
übrigen), 864 nvevju' djiooQfj^at /ue deT (fie yQ^) BF), sogar
TL XQ^I (plkcov; haben 667 alle Handschriften ausser B. Ebd.
596 geben die Handschriften it xQV /^^ ögäv für n XQ^^-
Da die Bedeutung der beiden Wörter und der Gebrauch
derselben sich nicht merklich unterscheidet, wird meistens
532 N. Wecklein
die Wahl des einen oder anderen ron der Wertsehätzcing
der Handscbriflen abhängen; nnr selten wird man sich gegen
die Handschriften entscheiden können, wenn aoch die Gefahr
nahe liegt, dass nnser Text nicht das ürBprftngliche gibt.
Hek. 282 ov rovg XQajovyiag j^gt] xgcneTr ä ßiij X9^^^ ^^^
Bmnck nicht ohne Grund de! verlangt wegen des folgenden
XQeojv, ebenso wegen des folgenden 7017 ebd. 983 äUa oj]-
fioireiy oe XQ^^ ^* Z9V ^^^- Weil will otjucuretv XQ^^'*^
schreiben, aber wer die häufige Verwechslung Ton X91^ ^^^
XQtj beachtet, wird in ;ro^v keine Stütze fQr yj^oyr sehen.
Nnr f&r die Bedeutung ,es ist bestimmt (verhängt)*, in
welcher yori pLt noif\oai dem itiiÄa} noiijaeiy nahe kommt,
mOasen wir X9'] verlangen und de! abweisen. Am besten
ergibt sich diese Bedeutung z. B. aas Soph. O. T. 791
6 ^ölßog . . Tioovqdrf] kiycüv, (bg ufj^Qi ftev XQ^^ ^ «'"it"
Or^vai xii. Aus diesem Grunde muss man Soph. EI. 339
ei d^ ikei^deoav ßie Sei ^fp*, fwv xgarovvziov iml Ttdvr^
äxovoiia wohl ^e xQh abreiben (=^ et fulXoy iievOega ^fjvf.
Ebenso scheint Hek. 150
rj ydo oe Xtxal dtaxoiXvoovo*
dgq:avdv elvau naidog fteiJag
T] det a' ijiidety rvfißov ngonerrj
q^oiviaooßievrp^ aTuart :iag9evov xxL
der Sinn /o?; für deT zu fordern.
Wie wir oben gesehen haben, geben Or. 564 die meisten
Handschriften richtig öjg TierQoy&rivai ue XQ^ (,dass es mir
bestimmt ist und in Aussicht steht*), L dagegen hat det
Die Gefahr solcher Lesart liegt also um so näher, wo wir
L allein haben, z. B. in der Helena, wo ich 1091
?/ yäo §avetv det /i', f]v axd> xexyo}fiein),
ij Tiaroida t' ikdelv xal aov exadxjai öeßiag
und 1654 iv roToi S* avroTg dei r«r e^evyßai yd^ioig
i/.deiv t' ig oTxovg xal ovroixfjoai Jiöoei
Beiträge zur Kritik des Euripides. 533
XQ^ statt Sei für nötig erachte. Auch Androm. 245
ooq)rj aoqyy] ov' xatdaveiv d^ S/LiO)g ae Sei
dürfte xQV ^^^ Erwiderung der Hermione verschärfen.
Häufig beginnt Euripides einen Fragesatz mit ov nov
in dem Sinne «ich will nicht hoffen, dass*, ,es wäre schlimm,
wenn*. Dieses ovnov hat den Abschreibern gewöhnlich
Anstoss erregt und ist gern mit 1} nov oder ovtko ver-
tauscht worden. Med. 695 ov nov teroljurjx'' Soyov aiox^cnov
rode; ist ov nov von Witzschel hergestellt. Die Handschriften
geben ^ (fj) nov, Elmsley hat ^ ydg, Schenkl //^ nov ver-
mutet. El. 235 oß nov onavlCei rov xa&' fjfjLeqav ßiov; ist
or nov in L erhalten, dagegen bietet das Citat bei Dio
Chrys. 13, 5 fjnov, Iph. T. 930 ov nov voaomn:ag delog
vßqioev dojuovg; haben L und P zwar ou nov von erster
Hand, aber am Rande hat L 7]nov und von zweiter Hand
ovno), P von zweiter Hand fjnov. Phoen. 1072 d) ^/Arar',
ov nov ^v^rpoQOLv rjxeig cfioojv ^EreoxXeovg davovrog; rührt
ov nov für fjnov von Härtung her. Hei. 135 ov nov viv
'Kkevrig aloxQov äXeoev xkeog; gibt L ovnay corr. in 7] nov,
G nov (ohne ov), ov nov hat Seidler geschrieben. Ebd. 575
ov nov (pQovoj fiiv ev, rö (Y öfxfxa jtwv vooei, 000 ov nov
ßaQßdgojv ovkäo'&^ vno, 791 ov nov nQOOfjreig ßiorov; hat L
}j nov über ov nov, G das erste Mal ov nov, an der zweiten
und dritten Stelle 7j nov, Herakl. 1101 ov nov xar^l&ov
av&ig elg "Atdov ndXiv . . dga/LKov; gibt L ovnco, Dindorf hat
ovnov hergestellt. An zwei Stellen finde ich ov nov unbe-
helligt geblieben, El. 630 ol* nov t^c oong yvcogiei /i' idajy,
yeQOv; Iph. A. 670 oß nov [jC eg äXka dojjuar'' olxiCeig, ndreg;
Hik. 762
i] nov nixQwg viv ßeonneg ijyov ex (povoi^;
ist i] nov von niemanden beanstandet worden. Aber Adrastos
fragt ^es haben doch nicht Sklaven die Leichen aufgehoben?
534 N. WecJdein
das wäre mir schmerzlich*. Also ist ov nov zu schreiben.
Hek. 775
(b rXfjfjLOV Yi nov xQ'^f^ov fjQdo'^tj XaßeXv;
ist ov nov (,ich will nicht hoffen, dass er so gemein war,
sich durch Gold zu dieser Missethat verleiten zu lassen")
ebenso zu setzen wie in der oben angeführten Stelle Med. 695.
Or. 844
yvvalxegf ^ nov T<bvS^ äqxoQfAriTai d6fi(ov
xkrifjLmv 'Ogiarrig ^eojbiavei Xvaof] dafielg;
sagt Elektra passender zum Ausdruck ihres Schreckens ov
nov als fj nov, Ueberhanpt dürfte nach den aufgezählten
Fällen fj nov an der Spitze eines Fragesatzes zweifel-
haft werden. Es scheint nur eine Behauptung oder viel-
mehr Vermutung einzuleiten (, gewiss wohl") wie Aesch.
Prom. 537 i] nov ri oefivdv ioTiv 8 ^vvajbLnexeiQ, Soph. Phil.
1130 ^ nov iXeivov ÖQäg, Ai. 382 fj nov nokvv yeXo}&' vq>*
rjdovfjg äyeig, 1008 ?} nov jue TeXa/biwv . . öi^aix^ hv eimgö-
oconog und öfters bei Sophokles (Ai. 622, 850, 1229, Trach.
846), Plat. Gorg. 448 A ^ nov äga Qqdicog änoxQivei, c5
roQyia. In diesem Sinne kann ^ nov Or. 435
rfe d^ äXXog; fj nov T(bv dm^ Alyla&ov (piX(ov.
stehen. Das Fragezeichen, welches gewöhnlich gesetzt wird,
ist dann wegzulassen. Doch würde ov nov . . (plXcov; als
Ausdruck der Entrüstung sehr geeignet sein. Nebenbei
bemerkt, ist än'^ eine ungeeignete Bezeichnung. Eine ganz
andere Bewandtnis hat es etwa mit dem Sophokleischen rd>r
dji* Oldlnov xaxd>v. Auch sollen die ehemaligen Freunde
des Aegisthos bezeichnet werden, also t&v nox" Alyia&ov
q)iXcov. Nicht sicher bin ich bei Tro. 59
^ nov viv e'x^Qav rrjv ngiv ixßaXovaa vvv
ig ohixov fjX&eg nvQi xaxjj&aXo/bLevtjg ;
Beiträge zur Kritik des Euripides, 535
Wenn viv richtig und ig oIxtov ^l'&eg wie (ßniioag kon-
struiert, also auch xat]]'d^ako}jLi€vrjv zu schreiben ist, so
wird ov Jiov herzustellen sein: „Ich will nicht hoffen, dass
du jetzt, nachdem Troja verbrannt und nicht mehr zu helfen
ist, zum Mitleid gestimmt worden bisf^.
Aesch. Eum. 851 xal reo fxh el ov xägt^ ißxov 7iQ0<p€Q-
XEQa, (pQoveXv de x&fxol Zevg edcoxev ov xaxd>g ist ooq^coriQa
für TtQocpeQriga überliefert. Vgl. Hom. ^786 xexvov ijuiöv,
yevej] fxhv {}7i€Qr€Q6g ioriv ^AxMevg, TigeoßvTEQog dh ov iooi.
Was hier vTiegzegog, ist dort nqofpeQxiQa, Diese Vertauschung
von ootpibxBQog und TtQocpegxeQog steht nicht vereinzelt.
Ich habe schon anderswo bemerkt, dass Soph. frg. 787, 3
der Sinn xco JigotpeQxdxcp für reo ootpcoxdxcp fordert und dass
El. 1370 (pQ0VTi^e&^ (bg xovxoig xe xal ooipoyxsQOig äXloioi
xovxcov Ttletooi juaxovfÄevoi nicht die Weisheit, sondern die
Kraft in Betracht kommt und xal nQO(peQXEQoig näher liegt
als etwa xAXxificoxeQoig. Am sichersten lässt sich diese Ver-
tauschung erkennen Hik. 842
eiTie y^ (bg oo(pa)X€Qog
vioioiv äoxcbv xcbvd^' biioxrjiLioyv yäg el.
Natürlich ist oocpcüxegog vor imoxrj/ucov yäg el unbrauchbar,
wesh£db Hermann eiTi^' imoxij/Licov yäg el unter Tilgung der
übrigen Worte schreiben wollte. Kirchhoff hat ebi'' iitel
oo<pd)v egcog, HeimsÖth ei(p\ onoyg oacpdyg eg(b, andere anderes
vermutet. In eine y' cbg 7igo(pegxegog veoiotv äoxayy xcovde
bezieht sich ngocpegxegog auf das höhere Alter wie Soph.
0. K. 1531 Xip jtgo(pegxdxcü ydvco und man versteht jetzt in
Gegensatz dazu veoioiv. Auch Soph. frg. 481, 6
Tiöjg dfjx^ eycoy^ äv '&vrjxbg ex '&vr]xfjg xe (fvg
Aiög yevoljurjv ev (pgoveiv ooqpojxFgog;
scheint ngorpegxegog in Verbindung mit ev (pgoveiv stil-
gerechter zu sein.
536 N. Wecklein
Hek. 820 rl ovv h^ äv rig iknioai Jiqd^eiv xaXfbg; bietet
Ti nur die beste Handschrift A, die übrigen n&g. Phoen. 878
erwähnt für äyib u ob dgayv, noXa d' ov Xeycov ejit] der
Schol. die Variante xäycb xi /xtj öqcov, noTa S* ov Xeyo)v ejzt],
was offenbar nur ein Versuch ist, den Hiatus ti ov zu be-
seitigen. Da sich tl ovv öfters findet (Aesch. Pers. 789,
Sieb. 192, 691, Eum. 903, Hik. 310, Soph. Phil. 100,
Ai. 873), scheint die Meinung Porsons (Phoen. 892), welcher
diesen Hiatus verwirft, und der Versuch mancher Kritiker,
an einzelnen Stelleu den Hiatus zu beseitigen, nicht gerecht-
fertigt zu sein. Phil. 100 z. B. schreibt Wakefield n fi'
ovv ävojyag für n ovv ii ävoiyag, eine scheinbar leichte
Aenderung, aher auch Eum. 903 ist xi ovv /*' ävwyag über-
liefert, wo wieder Porson rl jbi' ovv setzen will. Pers. 789
will Nauck ein'' ovv, Sieb. 192, 691 Blomfield Jicbg ovv und
ri VW, Hik. 310 Heath xi d' ovv schreiben. An der oben
angeführten Stelle der Hek. setzt Nauck Jicbg in den Text.
Aber die Neigung eher den Hiatus zu beseitigen als neu zu
schaffen lässt sich aus der zu Phoen. 878 erwähnten Variante
erkennen. Und dass man lieber Jicog an die Stelle von xi
als umgekehrt setzte, verrät El. 570
IIA. Jicbg einag, d) yegai', äveXnioxov koyov;
IIP. ögäv ^OQ€oxr]v xövSe xov 'Ayafii/Livovog.
Wenn Jid>g ehiag richtig wäre, müsste man mit Victorius
wenigstens ÖQoyv schreiben. Aber augenscheinlich ist r/r'
eJjTag das Richtige. Vgl. die ganz gleiche Stelle Soph.
Trach. 184 reV eJjiag, o) yegaie, xovöe jaoi koyov; ÄFF, xdyj
ig dojiwvg oovg xov Jtokv^rjXov ndoiv ij^eiv.
Ein auffälliger Ausdruck begegnet uns Kykl. 601 ov t'
CO xakaiv7]g Nvxxog ixnaidevfi\ '"Yttve. Inwiefern soll der
Schlaf ein Ixnaidevfia der Nacht heissen können? Wie
allein naideveiv gebraucht werden kann, lehrt frg. 945 &r.i
XI xaivbv ijjueQa naidevexai (tj fjjLLeQa dei xi xaivöv slg ro
Beiträge zur Kritik des Euripides. 537
(pQOvxü^eiv (piQEi). El. 886 ov x c5 7ia()ao7il(n\ ävögog evae-
ßeoTQxov jiaidei'fia IlvXddtj könnte man glauben, Fylades
habe etwa wie Achilleus oder Hippolytos {dyvov UiTdecog
jiaidevfiaTa Hipp. 11) einen besonderen Erzieher gehabt; da
aber oiSenbar von dem Vater die Rede ist, begreift man
nicht, warum Pylades nicht als dessen Sohn bezeichnet wird.
Frg. 27 ») ßQ(^X^ ^ö' o'divog dvegog' äXXä Jtotxdiq noamdun*
ÖEivd jABv (pvla novTOV x^oyiojv t' deQioiv re ödfAvaxai Jiai-
öfv^axa kann von naiöevfxaxa noch weniger die Rede sein.
Hieran haben schon andere Anstoss genommen und F. W.
Schmidt hat yevvT^juaxa vermutet. Aehnlich ist der Ausdruck
Androm. 1101 fiijXa, q)vX}iddog üaQvaolag jiatÖFVjuaxa und
frg. 939 w Tiayxdxiaxa yj^övia yijg Tiaidev/uaxa, wo Fritzsche
yevWjfiaxa oder xexvdofxaxa vorgeschlagen hat. Diese Fehler
der Ueberlieferung werden wohl auf gleiche Weise zu heben
sein. Auf welche Weise dies zu geschehen hat, zeigt uns
frg. 52, 5
ofJLoiav ;|ri?cüv äjiaoiv i^ejialdevoev oiptv.
Dass hier vom Traideveiv gar nicht die Rede sein kann,
erkennt man aus dem Vorhergehenden : xö ydo Tidlai xal
TiQcbxov OT* iyevo/ite&a. An dieser Stelle ist nur eine Emen-
dation möglich, i^eipixvoev. Die Vermittlung mag durch
(pvxeieiv gegeben sein, wie Aesch. Sieb. 316 der cod. Med.
(pvxevei für qfHxvei und frg. 99, 10 der Aegyptische Papyrus
(pvdevfjidxoDV für gixvjudifov bietet. Hiernach also werden
wir an den obigen Stellen eine Vertauschung von Tiaidev/xa
und (fixvjiia annehmen und El. 887 drSgog Evoeßsoxarov
gpixvjaa, Andrem. 1101 (pv^^dSog UaQvaoiag q^HTv/uaxa,
frg. 27 ödjLLvaxai (pixvfiaxa, 939 yfjg cpixv fxaxa schreiben.
Vgl. Aesch. Ag. 1280 jtnjxQoxrovov <fixv/na. Minder sicher
ist die Verbesserung von Kykl. 601, weil sich EX(pixvfia
sonst nicht findet. Freilich ist auch ixnaidevjna ein una^
keyoixEvov. Aber der Sinn der Stelle legt eine andere Ver-
538 K. WecUein
mutang nahe. Aesch. Pers. 817 bieten die Handschriften
ixTtaidsverai f6r das von Schütz hergestellte ixmdvetaL Wenn
man ein Wort ixnldvfxa annehmen könnte, würde sich die
Bezeichnung für den Schlaf als etwas das aus der Nacht
hervorquillt gut eignen.
Nicht selten werden in den Handschriften eg und nqog
vertauscht. Alk. 1121 gibt B ßkSyjov ngog avrrjv, die übrigen
(L) ßXhpov d^ ig avTt]v, das gewöhnlich aufgenommene ngog
ist wegen der fehlenden Verbindung nicht zu bevorzugen.
Ebenso schreibt man ebd. 607 gewöhnlich vexvv fxev ijdt]
TiävT^ exovra ngdonokoi (pegovoiv ägdrjv ig rdtpov re xal
Ttvgdv nach der einen Klasse der Handschriften, während
die Lesart der anderen Klasse (L) ngög rdtpov dem Sinne
entsprechender ist. Richtig ist ig ebd. 629 ovr' fß'&eg ig
rovd^ iS ijüLOv xXfj^elg xdq)ov (,du gingst zur Beerdigung*).
Hek. 405 hat L ig, die übrigen ngdg. Bakch. 775
Taqßa) fikv ebietv rovg ioyovg iiev&eQovg
elg töv xvqqwov, äXl^ Sficog elgi^oerai
seigt schon die prädikative Stellung von ikev&egovg an, dass
nur von einer freimütigen Rede dem Herrscher gegenüber,
nicht von einer gegen den Herrscher gerichteten Rede ge-
sprochen werden soll, also muss es Jtgog tov Tvgawov heissen.
Die Bedeutung von elg erkennt man z. B. aus El. 329 xal
TovTo ToXfiq. Tovnog elg fi^äg kiyeiv. Ebd. 1165
äXi' eioogco ydg elg dö/novg ögfico/uevriv
erfordert der Sprachgebrauch ngdg öofiovg. Sie eilt auf
das Haus zu. Vgl. El. 340 Tigbg dojiiovg (bg^irjfievov (og/ico"
^evov Paley). Hik. 679
o? d* lorgeqpov
TKokovg ig äXxi]v au'&ig ig nagaißdxag
ist das doppelte ig lästig und man hat av nagaißdrmg, thg
nagaißdxag vermutet. Aber auch der Sinn verlangt ngbg
Beiträge zur Kritik des Euripides, 539
äXxTJv, Ebd. 688 muss man an rtjv ig ovgavöv xoviv ngo-
oavxelkovoav Anstoss nehmen, weil ngög in solchen Zu-
sammensetzungen die Bedeutung „dazu, daran* hat. Da-
gegen sagt man elg ovQavbv elaavidcov, also hier rtjv ig
(oder TtQog) ovgavöv x6viv ioaviiXkovaav, Die Ver-
tauscbung scheint hier einen besonderen Grund in dem über-
flussigen Streben, die letzte Silbe von xdviv zu yerlängem
gehabt zu haben.
Auch lg und iv findet man verwechselt. So bietet
Alk. 190 die eine Klasse der Handschriften ig äyxdXag, die
andere (L) iv äyxdXaig. Die Bevorzugung der einen Klasse
hat es mit sich gebracht, dass gewöhnlich ig äyxdkag auf-
genommen und das gewähltere Xajußdvovo' iv dyxdXaig ver-
schmäht wird. Auch in dem bei dem Schol. zu Aristoph.
Plut. 907 aus den Bakchen citierten Vers
el fiYj ydg Xdiov ekaßov ig x^Q^^ juvaog
entspricht iv ;^€^aJy dem Sinne weit mehr. El. 79
ßovg elg dgovgag etoßakcbv onegcb yvag
spricht nicht nur die Wiederholung von slg, sondern auch
die Wendung ^evyrj i/jißdkkeiv elg dygov für ifißakcbv,
Hik. 1206 ist iv yaiag iiv^oTg xgvy^fov für ig . . jtwxovg zu
schreiben, weil man xgvTtreiv x'^^'^^f ^^ ;t^or/, nicht ig x^dva
sagt. Hipp. 1248 ist (hjzoi d^ exgvcp&ev . . ov xdxoid'* onov
xßovög, nicht ojioi die richtige Lesart. Umgekehrt bietet
die Handschrift P Bakch. 908 ai juev (iXmdeg) relevrcboiv
iv SXßcp für ig oXßov, denn reXevräv ei'g ti verlangt der
gewöhnliche Sprachgebrauch. Vgl. noT TeXevTrjoo) ßiov Hek.
419, oT reXEVTYjoco Xoyov Tro. 1029, nöi TcAeviav Aesch.
Fers. 737, Cho. 526, Soph. 0. K. 476, al TioXXal drvxlai ig
TovTo iieXevrrjaav Herod. 3, 125.
In einer gelehrten Abhandlung der ^Ai^Yjvä hat Kontos
die Vertauschung von //fi>' fjjuegav und xmT fjjuegav nach-
540 N. Wecklein
gewiesen. So wird auch El. 603 vvx^og ij juti?' f)ßUQav för
xa^* fjfUQav zu schreiben sein. Auch sonst finden wir die
Verwechslung von fiExd und xard, Alk. 898 bietet L
xar'' ixetvrjg für xai juec'' ixEmjg. Ebd. 1051 hat Hermann
noTEQn fier^ ävÖQÖJV d'^r'' ivoixrjoet ariyrjv; hergestellt für xai'
ävdQOjv. Ich sehe jetzt, dass ich Phoen. 1006
fid rov //fr' äoTOCOV Zrjv^ ''^QV ^^ (folviov
nicht richtig verbessert habe, indem ich, weil Zeus nicht in
der Oesellschaft der Sterne sich aufhält, sondern ,uber den
Sternen* wohnt, fier^ äorga schrieb. Es wird xar äoroa
zu setzen sein, wie es Tro. 1001 von Kastor, dessen Wohnsitz
eher /ipr' noxQov bezeichnet werden könnte, h^ övxog ov xar"*
äoToa 710) heisst. Vgl. Hei. 1096 "Ilga . . olxeig dorenwv
jiotxiXjuaia. Hek. 214 hat Schaefer xaraxXaioßiai för fiera-
xXatojuai vermutet; es ist wohl ebenso Med. 996 die Schwierig-
keit mit xaraorivo/iai zu beseitigen, da sich für //rra-
oTevojuat keine passende Bedeutung finden lässt.
Häufig ist das Schwanken der Handschriften zwischen
Tiov, not, Tifj, Ticog, zwischen Sjiov, ojioi, ÖTifj, omog u. ä.
Z. B. geben Alk. 785 LP ov für ol ebd. 863 die Hand-
schriften noT für Tiäf Hek. 812 L nov für ndl, Or. 511 nfj
für 7101» 802 TiTi für tiov, Hek. 114 Tifj für tioI, 163 ;;rorEG,
7ir] die übrigen Handschriften, Hei. 738 L oT för ov, Hipp. 1248
ÖTiov EL, 1)717] B, lmo}g P, oTioi C. Ueberhaupt gibt L ausser-
ordentlich häufig Tii] für 7ioX, wenigstens nach den bisherigen
Collationen. Hik. 760 tzov vexgovg fjxeig kutcov; hat Hermann
7Z0V für 7101, El. 238 Elmsley 07ia)g für ottoi' hergestellt.
Herakl. 1245 schwankt die Ueberlieferung zwischen oTitj,
OTiov, 07101, das richtige ist ottov re&f], nicht wie der neueste
Herausgeber schreibt oTit] reOfj. Alk. 834 bieten die Hand-
schriften 7T0V xai ocf€ '&d7iTFi; 7T0V viv evQjjoo) fioXdjv; Der
Sprachgebrauch fordert ttoI . . /uoXcüv, wie Monk gesehen hat.
Das zweite tzov ist wohl dem ersten zuliebe gesetzt worden.
Beüräge zur Kritik des Uuripides, S4l
Vgl. Hipp. 1153 Tiöi (A Tiov) yfjg ävaxxa rfjode Orjoea /noXcov
evQoifi' äv; Der gleiche Vorgang ist Androm. 848 nov /wi
TivQÖg (piXa (pXo^; nov d^ ig nizgag dcQ'&O); zu beobachten,
wo es oflFenbar 7i(bg . . äeQ'&co heissen muss,*) und Bakch. 184
TioT Sei xogeveiv, not xa^iardvai noSa, wo ich schon früher
Ttov xa&iordvat für nötig erachtet habe, ohne Qlauben zu
finden. Ebenso ist Hei. 1607 5 nov voaolev ^v/i/ia^oi für
8noi V, f. zu schreiben. Tro. 465
nov oxdtpog x6 xov oTgaTTjyov; nov noi" ^iißalveiv fiE XQV*
bieten die Handschriften teils noX axd<pog, teils not nox*. Das
letztere wird wohl mit Unrecht unbeachtet gelassen. Schon
der Wechsel des Ausdrucks empfiehlt noT nox^ ifißalveiv
fie XQTJ; Herakl. 74 hat Elmsley nou (für noT) naxijQ unsoxi
yfjg; hergestellt.
Man kann sich denken, dass aus einem ßekxtov sehr
leicht ein ßiXxioxov wurde. Soph. Ai. 743 ngbg x6
xegdioxov xganelg yvco/urjg hat Nauck erkannt, dass Sinn und
Sprachgebrauch xigdiov erfordern. Es ist nicht von Belang,
dass eine geringere Handschrift (cod. Pal.) diese Lesart bietet.
Aesch. Ag. 389 scheint vjieg x6 ßekxiov dem Sinuc mehr zu
entsprechen als vnhg x6 ßekxioxov. Androm. 639
xvdioxov ßgoxoTg
nevrjxa XQV^^^^ ^ xaxöv xal nkovoiov
yajußgov nenaodai xal cplkov
gibt xvdioxov die eine Klasse der Handschriften (A), die
andere (PL) mit Stobaeus fl. 72, 14 xvdior. Nur die über-
mässige Bevorzugung jener Klasse brachte es mit sich, dass
xvdioxov trotz des folgenden ij bei Kirchhoff und Nauck im
Texte steht. Hermann bezieht hieher Hesych. xröiov xgelxxov,
algexcüxegov. Nun aber findet sich überliefert Alk. 900 xi fioi
Cfjy öfjxa xvöioVf (pikoi, xaxcog xkvovxi xal xaxcJyg nengayoxi.
1) Nachtraglich finde ich diese Verbeswernng in einer Abhand-
lung von Busche.
1895. Bitzungsb. d. phil. u. Libt. Cl. 35
542 N. Wecklein
Vergleicht man damit Med. 798 Itco' xl /loi f^y xigdog;
Aesch. Prom. 773 rt dfjr^ ijuol C^v xegdog; so kann man
nicht zweifeln, dass nach dem Vorschlage Purgolds tI fioi
C^v d'^za xegdiov zu schreiben ist. Dieses xigdiov passt
aber auch an unserer Stelle weit besser als xvdiov, denn es
handelt sich nicht um die Ehre, sondern um den Nutzen.
Nicht unmöglich ist es, dass schon die Glosse des Hesjch.
auf einer falschen Lesart der Handschriften beruht; denn
xQEixxov, alQ£x(6x€Qov passt besser zu xegdiov als zu xvdiov.
Vgl. Aesch. Prom. 400 ea /le xfjSe xfj vooco vooeTv, ijiei
xsgdioxov ev (pgovovvxa /birj (pgovelv SoxeTv, wo das Schol.
l'a fjie nagaxivSvveveiv vnkg oov' äjueivöv juoi ioxiv ev 9^^o-
vovvxd ooi doxeiv xotg e^co'&Ev äq)goveiv auf xegdiov hinweist.
Manchmal ist in den Handschriften eine Verkürzung
des Wortes eingetreten wie El. 181 ;|r6i;co för vvxevw,
Heraklid. 893 dal für daixi, Iph. T. 176 doxi/ua für doxt]-
jnaai. In einem Triraeter lag es nahe das Fehlende zu er-
gänzen. Dies scheint mir den Weg zu zeigen zur Ver-
besserung von Hei. 1606
MeveXecog ö' e^cov onXa
önov voooTev ^vixfxayoi xaxaoxojicbv,
xavxf] 7Tgoot}ye X^'-Q^ de^ia ^c(pog,
Sox^ ixxokvjbißäv vaog.
Man glaubt es, auch ohne dass es gesagt wird, dass Menelaos
das Schwert mit der rechten Hand führte. Das Ungeschickte
des Ausdrucks hat schon Hermann bemerkt. Badham bemerkt
zu dieser Stelle: iure displicuit Hermanno x^^Q^ öe^iä: quod
ipse substituit ßagßdgoig fieri potest ut Euripides scripserit;
sed huiusmodi conieciurae non sunt in textum recipiendae.
Als eine notwendige Bestimmung kann ßagßdgoig nicht er-
achtet werden und x^^Q^ wird dann fast lästig. Eine der Be-
schreibung des Vorgangs förderliche Angabe erhalten wir mit
xavxr} Tigoorjye öe^io'yxaxa Si(pog.
Beiträge zur Kritik des EuripUks, 543
Wenn de^KOjaxa in deiitf verkürzt war, lag die Ergänzung
von x^^Q^ nahe. Bakch. 473
ex€i d* ov)]aiv roToi '&vovolv xlva;
wo von den bakebischen Orgien die Rede ist, gibt '^vovoiv
einen zu engen BegriflF. Nicht bloss mit Schlaehtopfern
werden die Orgien gefeiert. Man verlangt den Sinn »den
sie feiernden", nicht „den opfernden", also
Bl^t. <}' ovrjotv roig 'ßvooxovotv xiva;
Das Wort d^vooxeTv erregte auch Aesch. Ag. 87 und wie ich
anderswo gezeigt habe, Soph. 0. T. 896 den Abschreibern
Anstoss.
35
^J^
544
Oefifentliche Sitzung
zu Ehren Seiner Majestät des Königs und Seiner
Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten
am 15. November 1896.
Der Präsident der Akademie, Herr M. v. Pettenkofer,
eröffnet die Sitzung mit folgender Ansprache:
Die heutige Festsitzung zu Ehren unseres hohen Pro-
tectors, des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern, zu dem
wir ehrfurchtsvoll aufblicken, mahnt uns zugleich, seiner
Vorgänger aus dem Hause Witteisbach zu gedenken, welche
sich um unsere Akademie in hervorragendem Maasse verdient
gemacht haben.
Vier von ihnen, welche wir theils als Stifter, theils als
Reorganisatoren der Akademie verehren, hat unsere Akademie
bei der Herstellung und Errichtung dieses Festsaales dadurch
besonders zu ehren geglaubt, dass sie inmitten der Symbole
und Wahlsprüche unserer Akademie ihre Portraits an der
Decke des Saales anbrachte.
Zunächst ist es der eigentliche Stifter unserer Akademie,
Kurfürst Maximilian IH., welcher nach den Worten meines
Vorgängers an dieser Stelle in ihr „einen Herd für Geistes-
bildung und ernste Studien für Bayern geschaffen* und
,in einem bislaug finsteren Gebäude die erste Fackel ange-
zündet hat".
V. Peltenkofer, Eröffnungsrede. 545
Ihm zur Seite ist das Bild des Kurfürsten Karl Theodor,
des Stifters der kurpfälzischen Akademie der Wissenschaften,
welche zugleich mit der alten kurbarerischen in der jetzigen
königlichen Akademie fortbesteht. Karl Theodor hat sich
unter uns dadurch ein bleibendes dankbares Angedenken
gesichert, dass ein von ihm herstammender Fonds von etwa
180,000 Mark, der sogenannte Mannheimer Fonds, eines
der wenigen Stiftungscapitalien ist, über deren Rente unsere
Akademie in freier Weise für wissenschaftliche Zwecke ver-
fügen kann.
Der dritte, als Stifter von uns verehrte Fürst aus dem
Hause Witteisbach ist König Max Joseph L, welcher im
Jahre 1807 der Akademie eine den Fortschritten der Wissen-
schaft, sowie der grösseren Ausdehnung des bayerischen
Staates angepasste Organisation gegeben hat.
Damals wurden unserer Akademie eine grössere Reihe
von wissenschaftlichen Sammlungen und Instituten ange-
gliedert und untergeordnet, von welchen ich die damalige
Hofbibliothek, jetzige Hof- und Staatsbibliothek, das Na-
turaliencabinet, das chemische Laboratorium, das Münzcabinet,
das Antiquarium, das astronomische Observatorium als die
wichtigsten nenne.
Eine Aenderung in dieser Organisation veranlasste die
Verlegung der Ludwig-Maximilians-Universität von Landshut
nach München, welche im Jahre 1826 unter der Regierung
König Ludwigs I. erfolgte. Manche der genannten und
andere wissenschaftliche Institute und Sammlungen mnssten
nun in nähere Verbindung mit der Hochschule gebracht und
desshalb aus ihrer bisherigen Abhängigkeit von der Akademie
theilweise befreit werden. Es erschien als zweckmässig, in
der Form einer Personalunion ihre Verbindung mit der Aka-
demie fortzusetzen, indem die Akademiker, welche Conserva-
toren von Sammlungen waren, auch zu Universitätsprofes-
soren, oder umgekehrt Universitätsprofessoren zu Conserva-
546 V. Pettcnkofer
toren ernannt worden. Die bis dahin der Akademie an-
gegliederten wisBenscbafllichen Institute und Sammlungen
bildeten eine eigene unter dem Generalconservatorium geeinte
Körperschaft, während die Akademie den Charakter eines
freien Vereins von Gelehrten erhielt, dessen Aufgabe es sein
sollte, die Wissenschaft zu pflegen und zu erweitem, sowie
durch vereinte Kraft Werke hervorzubringen, welche die
Kräfte des Einzelnen übersteigen.
Zugleich bekam die Akademie die Aufgabe, die wissen-
schaftliche Verbindung mit gelehrten Körperschaften des In-
und Auslandes zu pflegeu.
Die Personalunion mit jenen im Generalconservatorium
vereinten wissenschaftlichen Sammlungen wurde dadurch her-
gestellt, dass der anfangs gewählte, dann vom König ernannte
Vorstand der Akademie zugleich zum Generalconservator
bestimmt wurde, sowie dadurch, dass in der Regel nur Mit-
glieder der Akademie zu Conservatoren der wissenschaftlichen
Sammlungen und Institute ernannt wurden.
Durch diese Neuorganisation, welche heute noch das
Grundgesetz beider Körperschaften bildet, hat König Ludwig I.
den Anspruch erworben, den Gründern unserer Akademie
beigezählt zu werden.
Unsere Akademie ist in den seitdem verstrichenen sieben
Jahrzehnten der ihr gestellten Doppelaufgabe treu geblieben:
in einer langen Reihe von Bänden hat sie durch vereinte
Kraft wissenschaftliche Werke von bleibendem Werthe ver-
öifentlicht; in stets steigendem Masse hat sie mit gelehrten
Körperschaften des In- und Auslandes wissenschaftlichen
Verkehr gepflogen und auf dem Wege des Schriftentausches
die inzwischen selbständig gewordene Hof- und Staatsbibliothek
mit einem Schatz werthvoller Bücher bereichert.
Aber eine neue grosse Aufgabe ist seither an unsere
Akademie wie an die anderen verwandten Gelehrten- Gesell-
schaften der alten und neuen Welt herangetreten, die Auf-
Eröffnungsrede. 547
gäbe nämlich, nicht nur die wissenschaftlichen Untersuchungen
ihrer Mitglieder durch den Druck zu veröffentlichen, sondern
in freierer Weise auch gelehrte Forschungen Anderer auf
allen Wissensgebieten anzuregen und zu unterstützen. Dieser
Aufgabe können sich die Akademien in ihrer freien, nicht
durch die Zwecke des Unterrichts gebundenen Verfassung
weit besser unterziehen, als die Universitäten, oder als eine
etwa unmittelbar von der Staatsregierung abhängige Behörde.
König Maximilian IL, mit seinem erleuchteten und
warmen Interesse für die Wissenschaft, hatte diese neue Auf-
gabe der Akademie klar erkannt: er begiündete darum bei
der historischen Glasse unserer Akademie eine eigene histo-
rische Commission und stellte ihr die Rente eines Capitals
von 650,000 Mark zur Verfügung mit der Aufgabe, Quellen-
material für die deutsche Geschichte in ihrem ganzen Um-
fang aufzufinden und herauszugeben, wissenschaftliche Ar-
beiten auf diesem Gebiete hervorzurufen und ihre Publication
zu ermöglichen.
Auch für die Naturwissenschaften hatte König Max
Aehnliches im Sinne. Leider hat sein früher Tod die Aus-
führung vereitelt, so dass nunmehr die beiden anderen Classen
unserer Akademie, die philosophisch - philologische und die
mathematisch-physikalische, mit einem gewissen Neid auf ihre
reichere Schwester blicken.
Und doch darf ich, ohne den Vorwurf einer unbilligen
Bevorzugung des Wissensgebietes, dem ich persönlich meine
Dienste gewidmet habe, befürchten zu müssen, hier die Be-
hauptung aufstellen, dass heutzutage das Bedürfniss, auf dem
Gebiet der Naturwissenschaften wissenschaftliche Unter-
suchungen anzuregen und zu unterstützen, allgemein als das
allerdringendste empfunden wird.
Unsere Hoffnung, dass auf dem Wege der Staatshülfe
dieses Bedürfniss eine ausgiebige Befriedigung finden werde,
ist — offen gestanden — nur eine geringe. Es wäre auch
548 V. PcttenJcofer, Eröffnungsrede.
unbillig, YOQ der Mehrheit der aus der Masse des Volkes
gewählten Vertreter zu erwarten, dass sie alle ein klares
Verstandniss dafür haben, dass mittelbar die der reinen
Wissenschaft dienenden Untersuchungen und Forschungen
stets auch eine die Wohlfahrt und den Wohlstand des ganzen
Volkes fordernde Folge haben, wofür ich Beispiele in meiner
Antrittsrede als Präsident der Akademie roitgetheilt habe.
Ferner sind die Anforderungen, welche Heer, Schule, Ver-
kehr u. s. w. an die Steuerkraft des Landes stellen, so gross,
dass jede Landtagsverhandlung fast immer wie ein Markten
zwischen Regierung und Volksvertretung über das Mehr oder
Minder der für diese noth wendigsten Bedürfnisse erforder-
lichen Geldmittel erscheint.
Eher dürfen wir erwarten, dass einzelne einsichtige und
zugleich wohlhabende Männer, namentlich Industrielle, welche
mit einem durch eigene wissenschaftliche Vorbildung ge-
schärften Urtheil erkannt haben, welche Vortheile der von
ihnen betriebene Industriezweig mittelbar streng wissen-
schaftlichen Forschungen und Untersuchungen verdankt, sich
ihrerseits der Wissenschaft gleichsam wieder dankbar erweisen
werden, indem sie unserer Akademie die nöthigen Mittel zur
Verfügung stellen, naturwissenschaftliche Forschungen und
Untersuchungen anzuregen und zu unterstützen. Solche
Männer werden nicht so engherzig oder kurzsichtig sein, za
erwarten, dass derartige Untersuchungen gleich von vorn-
herein sofort einen in Qeldwerth umzurechnenden Nutzen
versprechen, sondern sich von den Wahlsprüchen, welche
unsere Akademie bei Ausschmückung dieses Saales sich an-
geeignet hat, den vor Augen halten, welcher sagt: Serimus
arbores posteritati profuturas. Lasst uns Bäume pflanzen
der Nachwelt zum Nutzen!
549
Wahlen.
Der Classensekretär, Herr W. v. Christ giebt sodann die
von der Akademie vorgenommenen und von Seiner König-
lichen Hoheit dem Prinz-Regenten bestätigten Wahlen be-
kannt. Es wurden in der philosophisch-philologischen Classe
gewählt:
für die philosophisch-philologische Classe:
als ordentliche Mitglieder:
Herr Dr. Karl Krumbacher, ao. Professor an der Uni-
versität München, bisher ao. Mitglied,
Herr Dr. Adolf Purtwängler, o. Professor der Archäo-
logie an der Universität München und Conservator des
k. Museums von Abgüssen klassischer Bildwerke,
Herr Dr. Georg Ebers, Professor emeritus der Universität
Leipzig, jetzt in München,
als correspondirende Mitglieder:
Herr Kunt Frederik Söderwall, o. Professor der nor-
dischen Sprachen an der schwedischen Universität Lund,
Herr Dr. Karl Brugmann, o. Professor für indogermanische
Sprachwissenschaft an der Universität Leipzig,
Herr Dr. phil. et jur. Henry Sweet, Privatgelehrter zu
Oxford, England;
für die historische Classe:
als ausserordentliches Mitglied:
Herr Dr. Hans Riggauer, Conservator des k. Münzcabinets
und Honorarprofessor an der Universität München,
als correspondirende Mitglieder:
Herr Dr. Gustav Schmoller, o. Professor für National-
ökonomie an der Universität Berlin,
550 WäMen.
Herr Dr. Karl Bücher, o. Professor der Nationalökonomie
und Statistik an der Universität Leipzig,
Herr Dr. Eduard Meyer, o. Professor der Geschichte an
der Universität Halle.
Sitzung vom 7. December 1895.
Philosophisch-philologische Ciasse.
Herr Iw. v. Müller hielt einen Vortrag:
Ueber die Unechtheit der dem Galen beigelegten
Schrift über die beste medicinische Schule.
Derselbe wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Herr W. Christ legt eine Abhandlung vor von 6. Unckr:
Zu Josephos. I. Die unpassend eingelegten Senats-
consulte.
Dieselbe wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Herr E. Kühn legt eine Abhandlung vor von Rice. Simon:
Ueber einige Com mentatoren des Jajurveda.
Dieselbe wird in den Sitzungsberichten erscheinen.
Historische Classe.
Herr Sigm. Riezler hielt einen Vortrag über:
Geschichte der Hexenprocesse in Bayern bis zum
Ende des 30jährigen Kriegs.
Die Publikation wird nicht in den Akademieschriften
erfolgen.
551
Zu Josephos.
Von G. Ungrer.
(Vorgetragen am 7. December.)
I. Die unpassend eingelegten Senatuseonsulte.
Unter den vielen Aktenstücken aus römischer Zeit, welche
Josephos seiner Geschichte des jüdischen Volks einverleibt
hat, nehmen zwei Senatuseonsulte in griechischer Sprache
und ein dritter, in den Text eines pergamenischen Psephisma
verwobener Senatsbeschluss sowohl durch ihr verhältniss-
mässig hohes Alter als durch die Behandlung, welche ihnen
der Oeschichtschreiber hat angedeihen lassen, ein besonderes
Interesse in Anspruch: er bringt sie in eine zu ihrem Inhalt
nicht passende Umgebung und macht es dadurch nöthig die
wahre Zeit ihrer Abfassung auf dem Weg der Vermuthung
zu suchen. Bei einem von ihnen, welches er in der Ge-
schichte des J. 128 anbringt, beträgt sein Fehler nur einige
Jahre, aber bei den zwei andern fast ein ganzes Jahrhundert:
diese führt er unter den Belegen für die Vergünstigungen
auf, welche den Juden von Caesar und andern römischen
Machthabern zur Zeit des Bürgerkriegs gewährt worden sind;
er verwechselte bei einem oder beiden den Hohenpriester
Johannes Hyrkanos (134 — 103) mit seinem Enkel Hyr-
kanos II (63 — 40).^) Den Sachverhalt im Allgemeinen haben
1) Uebcr die Reglerungejahre der makkabäischen Fürsten siebe
Artikel IL
552 G, ünger
hinsichtlicli der ältesten Urkunde schon die frühesten Forscher
erkannt, und das Psephisma von Pergamon gibt ihn durch
Nennung des zur Zeit regierenden syrischen Königs kund;
aber eine streng wissenschaftliche Behandlung hat die ganze
Frage erst durch Ritschi und seinen Schüler Mendelssohn
erfahren. Die Hauptgedanken rühren von jenem her, der
im J. 1860 schon ihre Ausführung vorbereitete und diese
1873 hauptsächlich betrefiFs der ältesten Urkunde im Rheini-
schen Museum XXVIII 586 — 614 (Nachtrag ebend. XXIX
337 ff.) veröffentlichte; mit ihm traf Mendelssohn: de senati
consulti Romanorum ab Josepho ant. 14, 8, 5 relati tem-
poribus (Promotionsabhandlung, Leipzig 1873) im, Ergebniss
zusammen und führte dann nicht nur in selbständiger Weise
die Untersuchung über die zwei andern aus, sondern wies
auch den zu der ersten gehörenden Geleitbrief in der Akten-
sammlung des Josephos zu den erwähnten Vergünstigungen
nach, s. Acta societatis philologae Lipsiensis ed. Fr. Rit-
schelius t. V (1875) p. 90—158, wo auch die genannte
Dissertation wiederholt ist. Neuen Anlass zur Discussion
gab die Vertheidigung, welche der von Josephos dem eben er-
wähnten Senatsbeschluss gegebenen Zeitbestimmung Mommsen
im Hermes IX (1875) S. 281 — 291 widmete: ihm entgegneten
Mendelssohn und Ritschi im Rh. Museum XXX 419—435;
andere sich anschliessende Darlegungen, welche wenig wesent-
lich Neues zu Tage förderten, verzeichnet Schürer, Geschichte
des jüdischen Volkes im Zeitalter Jesu Christi I (1*890) S. 200.
Die Ausführungen Mendelssohns haben ziemlich allge-
mein Beifall gefunden; sie gipfeln darin, dass sie das viel-
umstrittene Senatusconsult in das J. 139, das andere und
•
die erste, den dritten Senatsbeschluss vorführende Hälfte der
pergamenischen Urkunde (auch die Theiluug derselben in
zwei Stücke, deren zweites wirklich in Caesars Zeit fällt, ist
ein Verdienst Ritschl's) in das J. 133 bringen. Im Nach-
stehenden soll gezeigt werden, dass die zwei erstgenannten
Zu Josephos, 553
Consulte um je 11, das dritte nm 21 Jahre später zu
setzen sind.
A: ant. 14, 8, 5. Jahr 128 (5. Dez.), nicht 139.
Bei seinem Aufenthalt in Syrien (im J. 47) ernannte
Caesar, wie Josephos antiq. jud. 14, 8, 5 erzählt, den Hyr-
kanos zum Hohenpriester, Antipatros (Vater des Herodes)
aber zum Verwalter Judäas, erlaubte auch dem Hyrkanos,
die von Pompejiis geschleiften Mauern Jerusalems wieder
aufzubauen und Hess den Consuln in Rom die Weisung zu-
gehen, diese Verfügungen durch eine Inschrift auf dem
Capitol bekannt zu machen. ''Der yom Senat gefasste Be-
schluss nun, fährt Josephos fort, hat folgenden Inhalt'; in
Wirklichkeit hat er einen ganz andern als den zu erwartenden,
nämlich dass am 13. December im Tempel der Concordia
unter dem Vorsitz des Prätors L. Valerius L. f. vom Senat
mit den Gesandten der Juden der alte Freundschaftsbund
erneuert, die Bitte um Schutzbriefe au die selbständigen
Stadtgemeinden und an Könige für ihr Land und ihre Häfen
gewährt und die Stiftung des mitgebrachten, 50000 Gold-
stücke werthen goldenen Schildes als Wahrzeichen des Bundes
genehmigt wurde. 'Dieses geschah, fügt Josephos hinzu,
unter dem Hohenpriester und Ethnarchen Hyrkanos im
9. Jahre, Monat Panemos.' Der Text lautet in Niese's Aus-
gabe wörtlich folgendermassen :
xal rd yevofievov vno rrjg ovyxlrjxov ddy/tia rovrov ?x^i
xov XQonov,
Aevxiog OvaXigiog Aevxiov vldg orQarrjyog ovveßovkev-
oaxo xfj ovyxkijxcp eidoig Jexe/ußQiaig iv xco xPjg '^Ofiovolag
vacp. yQacpojbievcp xco doyjnaxi naQrjöav Aovxiog Kcojiioviog
Aevxiov vldg KoXUva xai IlaTteioiog Kvglva. tieq! ojv ^AXe-
^avÖQog ^Idaovog xal Novjurjviog 'Arxio^ov xal ^AXe^avönog
Aü)Q(y&eov ^lovdaioiv jiQeoßFvxai, ävÖQsg äya&ol xal ov/Lijbiaxoi
dielex'Otjoav ävavFovfievoi xdg jigoiTirjoyjiuvag jroog ^PcDßiaiovg
554 G. Unger
xägizag xal xrjv (piXiav, xal äoTilda ;jfOva^v ovfißoXov Tf\g
ovfxfiaxidg yevojuevrjv ävi^veyxav &Jtb xQvoojv fivQiddcov nevxE,
xal ygÖLfi^at* avxolg rjSicooav do'&rjvai nQog re rag avrovo^
jiiovjuevag jidXeig xal ngog ßaoikeig vnhg xov rrjv x^^Q^v avzwv
xal Tovg XijuSvag ädeiag rvyxaveiv xal ßirjdev ädixeto&ai, ^do^ev
avv&Eö'&ai (piXiav xal x^Qixag ngog avrovg, xal öo<ov idet)-
'ärjoav tvx^iv rairr' avxoig thoqooxeiv xal rrjv xo/Jiio&eioav
domda nQogdi^ao'&at,
ravra eyevero inl 'Ygxavov äQXiegioiyg xal i^dgxov
hovg ivaxov fiifvog Ilave^ov.
Dass zwischen diesem Seuatuscoiisult und den Ver-
fügungen Caesars keinerlei Beziehung besteht, ist leicht zu
ersehen. Unter ihnen befindet sich keine Aufforderung an
den Senat und andrerseits steht in der Urkunde kein Wort
davon, dass die den Juden gewahrten Vergünstigungen von
dem Dictator ausgegangen seien, auch sind die vom Senat
bewilligten von ihnen durchaus verschieden. Den Irrthum
des Josephos haben schon die älteren Forscher seit Scaliger
erkannt und ihn aus Verwechslung des Hyrkanos I mit Hyr-
kanos II erklärt; nur Dodwell und in neuerer Zeit Mommsen
haben die Darstellung des Josephos vertheidigt, sind aber
von Mendelssohn und Ritschi mit schlagenden Gründen wider-
legt worden: so hat z. B. Mendelssohn darauf hingewiesen,
dass von Häfen der Juden seit dem J. 63 keine Rede mehr
sein konnte, weil Pompejus diese ihren früheren Besitzern,
den Syrern zurückgegeben hatte (Jos. ant. 14, 4, 5). Man
könnte nun meinen, damit sei die Abfassung des Senatus-
consults unter Hyrkanos I gesichert; aber Ritschi und Mendels-
sohn haben sich den Gedanken Ewald's (Gesch. des Volks
Israel IV S. 438) angeeignet und weiter ausgeführt, in dem
1 Makkab. 15 mitgetbeilten Rundschreiben, welches der
Consul 'Lucius' den Gesandten des Hohenpriesters Simon
(reg. 142 — 134) einhändigte, sei der Geleitbrief zu erkennen,
welchen unser Senatusconsult den Gesandten der Juden ver-
Zu Joseplios, i>*><>
spricht, und sind dadurch zu der Ansicht gekommen, dieses
sei ebenso, wie jenes, 139 v. Chr. im Consulat des L. Cal-
purnins Piso, in welchem Ritschi den Lucius nachgewiesen
hat, ausgefertigt worden.
Diese Ansicht hat allgemeinen Beifall gefunden, aber
die Gründe, welche Momrosen gegen die Verbindung des
Senatusconsults mit dem Rundschreiben des Consnls Lucius
beigebracht hat, sind von seinen Gegnern nur zu einem
geringen Theil entkräftet worden und ihnen lassen sich noch
andere, nicht minder beweiskräftige zugesellen. Der Senats-
beschluss ist vielmehr am (römischen) 13. December 626
= 5. Dezember 128 gefasst^) und im Panemos d. i. Sivan
(6. Juni bis 5. Juli) 127 im Tempelarchiv niedergelegt worden.
1. Die übereinstimmenden Punkte, um derenwillen unser
Senatsbeschluss mit dem Rundschreiben dos J. 139 in Ver-
bindung gebracht wird, sind folgende drei: Erneuerung der
früher geschlossenen Freundschaft; Angebot und andrerseits
Genehmigung der Schenkung eines goldenen Schildes im
Werth oder Gewicht von 1000 Minen (Rundschr.) = 50000
Goldstücken d. i. Shekeln;*) Beschützung der Juden durch
abmahnendes Rundschreiben an die Staaten, von welchen
sie eine Schädigung befürchten könnten. Der erste Punkt
beweist gar nichts: nach dem Abschluss des Freundschafts-
1) L. Valerius L. f., welcher bei der andern Auffassong mit
dem Consul des J. 62S/1S1 L. Valerius Flaccus identisch ist, muss
hienach für einen jüngeren Zeitgenossen desselben gehalten werden.
Der Zeit nach liesse sich der L. Flaccus, dessen Quäetor laut Cic.
di?in. in Q. Caecilium 19, 63 M. Aurelius Scaurus (Consul 646/108)
war, passender für den jüngeren von beiden halten; dann müsste
man annehmen, dass diesem der Quästor so lange untergeordnet
gewesen sei, als er, was zur Zeit jener Senatssitzung der Fall war,
in seiner Eigenschaft als Stadt- oder als Fremdenprä tor den eigent-
lichen Vorgesetzten des Quaj^tors, den Consul vertreten hat.
2) Mendelssohn erinnert daran, dass ein xQvaov? gewöhnlich
einer Doppeldrachme entsprach.
•■>'^o
G, Vm^er
Tertra?^ cnter Jc'ks (l Makkab. 8) und sein^- Kmeuerunz
unter Jonathan (1 Makk. 12» war die im Bondschreibes
aa-gesproehece unter Simon die zweite oder dritte, die ici
S«natuH:on.^';It gecebmigte also, wenn sie anter Hjrkac'j?
stattfand, die dritte oder rierte Emenerang und wieder eice
solche wird aii^gesprochen in dem Senatusconsolt B: Tgl.
Ah<!chn. 8. Ganz das Gleiche gilt von der Schutzgewährung.
w»;lche w*:fiter nichts als die Ansführung jenes Vertrages ist:
)>^i der Oljerherrschaft, welche Rom in jenen Zeiten über
die Staaten der Mittelmeerk Osten aosöbte, genügte ein Rand-
Schreiben an diesie, um die Juden auch ohne Waffengewalt
zu schützen. Nicht anders als mit diesen Punkten Terhält
es sich mit dem zweiten: es war stehende Sitte, dass die
Gesandten ein Ehrengeschenk in der Form einer Stiftung
auf dem Capitolium überbrachten, wie andrerseits der Senat
sie mit Gold- oder Silbergerath zu beschenken pflegte, und
da desfsen Geldwerth ein für allemal fixirt war, so ist es,
wie Mommsen bemerkt, wohl möglich, dass die Gabe an
Jupiter in ähnlicher Weise für jeden Staat bei Wieder-
holungen eine feste Norm annahm. Wie sollten, schliesst er
die Betrachtung der drei Punkte, Erneuerungen der Bfindniss-
vertrage anders als tralaticisch ausfallen, und Mendelssohn
Rh. Mus. XXX 421 erkennt die Richtigkeit dieser Bemerkung
ausdrücklich an. Damit gesteht er aber stillschweigend auch
zu, dass die Verbindung unseres Senatusconsults mit dem
Rundschreiben des J. 139 in der Luft schwebt: denn Grunde
gegen die Beziehung desselben auf Hyrkanos sind sonst keine
vorgebracht worden.
2. Als Vorsitzender des Senats ist im Consult ein Prator
genannt, dagegen Verfasser des im J. 139 vom Senat be-
schlossenen Rundschreibens ist ein Consul; die Ausführung
solcher Beschlüsse lag aber dem Beamten ob, unter dessen
Vorsitz sie gefasst worden waren, und da die Ausfertigung
ohne Zweifel sofort erfolgte, der Prätor aber, so weit unsere
Zu Josephos. 557
Eenntniss^) reicht, nur bei Abwesenheit des Gonsuls den
Senat berufen hat, so finden wir mit Mommsen in dieser
Abweichung einen neuen Beweis gegen die Verbindung beider
Aktenstücke mit einander. Ritschi meint (Rh. Mus. XKVIII
604. XXIX 344), der Prätor habe auch den ortsanwesenden
Consnl bei vorübergehender Verhinderung desselben vertreten
können; angenommen, dies sei statthaft gewesen, so ist doch
aus der in den älteren Verhältnissen begründeten Vorstellung,
dass der Senat nur eine den Vorsitzenden berathende Ver-
sammlung sei, die Folgerung zu ziehen, dass eigentlich dieser
als der Beschliessende angesehen werden müsse; wie sich in
den Redeformen (consulere senatum, si videtur u. a.) diese
Auffassung auch nach der Aenderung des zwischen beiden
Theilen bestehenden Verhältnisses forterhalten hat, so musste
sich auch die in den Verhältnissen der alten Zeit selbst-
verständliche Identität des Executors der Beschlüsse mit dem
Leiter der Beschlussfassung wenigstens in solchen Fällen fort-
erhalten, in welchen die Execution schnell und leicht vor
sich gehen konnte. So hat denn auch Mendelssohn die Aus-
flucht RitschFs für ungenügend erklärt und zu einer andern,
freilich ebenso ungenügenden Hypothese gegrififen. Er findet,
wie vor ihm Clinton, in dem vnaxog Lucius nicht den Consul
L. Piso, sondern den Prätor des Consults L. Valerius: vnaxog
sei nur die verkehrte Uebersetzung eines hebräischen Aus-
drucks von an sich weiterer Bedeutung (z. B. Fürst, Erster),
welcher in dem ursprünglich in jener Sprache abgefassten
Makkabäerbuch gestanden habe; dem im Griechischen wenig
bewanderten üebersetzer, von welchem der uns erhaltene Text
des Bucbas herrührt, tbue man zu viel Ehre an, wenn man
ihm zumuthe, die feine (?) Distinction von vnaxog Consul
und axQaxYiydg Prätor gekannt zu haben. Das Original ist
nach 105 und vor 63 v. Chr., die Uebersetzung also frühestens
1) Mommsen, Staatsr. II, 1 S. 180 und 232.
1895. SitsnngBb. d. phiL n. hist. Gl. 36
558 Q. ünger
um Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts geschrieben
(vgl. Schürer, Gesch. des jüd. Volks im Zeitalter Jesu Christi
II 580), zu einer Zeit also, in welcher Syrien schon Provinz
war und von Beamten verwaltet wurde, welche griechisch
redend und schreibend mit gebildeten Juden durch unmittel-
baren Verkehr bekannt werden konnten.
3. Haupt der Gesandtschaft Simons im J. 139 ist Nu-
menios, S. des Antiochos, im Senatusconsult dagegen Ale-
xander Jasons Sohn, um diese von Mommsen mit Recht
hervorgehobene Abweichung zu beseitigen, behauptet Mendels-
sohn, Numenios erscheine nur desswegen 1 Makk. 14, 24
(vgl. mit c. 15, 1) als einziger Gesandter überhaupt und etwas
genauer c. 15, 25 (Nov/ui^no^ xal ol nag* avtov) als der ein-
zige, dessen Name genannt wird, weil er schon c. 12, 16 und
14, 22 als (erstes) Mitglied der Gesandtschaft Jonathans und
der ersten Simons erwähnt sei. Hieraus folgt aber doch
nicht, dass er in so auszeichnender Weise behandelt werden
konnte, wenn er wie im Senatusconsult nicht einmal der
eigentliche Sprecher der Gesandtschaft gewesen ist.
Es lohnt sich vielleicht, der Ursache nachzugehen, durch
welche diese Aenderung herbeigeführt worden ist. In dem-
selben Jahr 139, in welchem die Gesandten Simons das in
Rede stehende Rundschreiben auswirkten, wurden Juden, welche
in Rom Proselyten machten, von dem Fremdenprätor ausge-
wiesen, Valerius Maximus 1, 3, 2 im Auszug desNepotianus:
Judaeos quoque, qui Romanis tradere sacra sua conati erant,
idem Hippalus (Cn. Cornelius Hispalus) urbe exterminavit
arasque privatas e publicis locis abjecit; in dem des Paris:
idem Judaeos, qui Sabazi lovis*) cultu Romanos inficere mores
conati erant, repetere domos suas coegit. Gewiss mit Recht
bringt Mendelssohn, welchem Ritschi und Schörer I 20O,
II 505 fg. sich anschliessen, diese Propaganda mit der An-
1) Misflyerstand des hebr. Jehova Zebaoth, xvgiog SaßacoS.
Zu Josephos. 559
Wesenheit der Gesandten Simons in Verbindung, um so mehr als
diese im jüdischen Seleukidenjahr 172 = 1. Nisan (März/ April)
140 — 139 nach Rom abgegangen*) und erst im jüdischen Se-
leukidenjahr 174 heimgekommen sind; er yermuthet, die
Gesandten oder deren Begleiter hatten sich in solcher Weise
vergangen und nach der Senatsaudienz sei ihnen in freund-
schaftlicher Weise angerathen worden, sich aus dem Staub
zu machen. Mommsen hält es für unmöglich, zwischen der
Ausweisung der jüdischen Proselytenmacher, einer Strafe,
und der Verabschiedung der Gesandten eines befreundeten
Volks einen Zusammenhang zu erkennen; doch darf man
sich vielleicht von dem Hergang ungefähr folgende Vor-
stellung machen. Die jüdischen Gesandten konnten nicht,
wie es üblich war,*) dem Jupiter in seinem Heiligthum auf
dem Capitol opfern und ihm dort ein Weihgeschenk dar-
bringen, sie tibergaben dieses nach der Genehmigung des
Senats wahrscheinlich dem Consul, 1 Makk. 15, 18 fjveyxav
de äoTilda XQ'^^V'^ ^^ fxvwv ;^d/o)i'; V. 20 ^So^e dk 'fjjuiv
di^aa&ai t^v äonlda Tiag^ avr&v (ähnlich im Senatiisconsult).
Ohne Zweifel haben sie in der Audienz sich über die Gründe
ihres auffallenden Verfahrens entschuldigend ausgesprochen,
indem sie erklärten, ihr Glaube erlaube ihnen weder einen
fremden Gott noch überhaupt ein Bild anzubeten; jedenfalls
ist auch ihre stille Voraussetzung, die Darbringung und Dedi-
eation des Schildes werde von den Römern selbst besorgt
werden, erfüllt worden und dies vielleicht in der Weise ge-
schehen, dass die Juden inschriftlich als mittelbare Geber
1) Diese Aerajahre beginnen mit dem Nisan 311, nicht, wie
gewObnlicfa angenommen wird, mit dem Nisan 312, s. Seleakiden&ra
der Makkabäerbücher, Sitznngsb. 1895 S. 236 if. Unser Fall liefert
dafür einen nenen Beweis: die Gesandten, welche 189 vom Senat
empfangen worden, waren sieber nicht scbon in dem mit Mftrz/April
141 beginnenden Jabr nach Rom gereist.
2) S. Mommsen, Rom. Forschungen I 347.
36*
560 6?. ünger
bezeichnet wurden. Wie es sich aber auch hiermit verhalten
haben möge, der ganze Vorgang musste grosses Aufsehen
machen und die allgemeine Aufmerksamkeit auf alle an-
wesenden Juden lenken, untergeordnete Begleiter der Ge-
sandten (z. B. Dolmetscher), griechisch redende Diener, seit
dem Freundschaftsyertrag des Judas in Rom wohnende oder
verkehrende jüdische Handelsleute mögen, von Geschäfts-
freunden und andern mit ihnen in Berührung kommenden
Römern oder Ttalikem über ihren Glauben und Gultus ein-
gehender befragt, im apologetischen Eifer zum Angriff auf
den Bilderdienst und die Vielgötterei übergegangen sein und
dadurch manchen zur offenen Aussprache und Bethätigung
ihrer dem römischen Gultus feindlichen Ideen veranlasst
haben. Die Pflicht der jüdischen Gesandtschaft, in erster
Linie ihres Hauptes, des Numenios wäre es gewesen, jenen ^)
entweder im Voraus ein solches Vorgehen zu untersagen oder
sobald es dazu gekommen war, strafend einzuschreiten und
die Fortsetzung unmöglich zu machen; wenn die römische
Obrigkeit aus politischen Gründen es unterliess, die Ge-
sandten zur Rechenschaft zu ziehen, so musste diese doch das
über ihre Glaubensgenossen verhängte Strafgericht bloss-
stellen und zwischen ihnen Uneinigkeit,*) unter den Bekann-
ten der Ausgewiesenen aber laute Unzufriedenheit hervorrufen.
Dieser Vorfall war es, welcher bei der nächsten Bot-
schaftersendung es nöthig erscheinen liess, einen andern als
1) Auch die Juden, welche sich Handels wegen oder aus andern
Gründen in Rom aufhielten, unterstanden dem Gebot des Vertreters
ihres Hohenpriesters und Fürsten.
2) Hat einer oder der andre Gesandte selbst Mitschuld an der
begangenen Taktlosigkeit gehabt, so war er schon durch da? Be-
wusstsein, zum UnglQck von Glaubensgenossen beigetragen und sich
compromittirt zu haben, genug bestraft, wenn die Römer ihn bloss
durch kühleres Verhalten ihren Unmuth fühlen Hessen oder gar vor-
nehm darüber hinwegsahen.
Za Josephos. 561
NnmeDios zum Haupt der Gesandtschaft zu machen; ihm
wenigstens die Mitgliedschaft zu lassen, hat sicher der Um-
stand bewogen, dass an Eenntniss der Verhältnisse und der
mas(!gebenden Persönlichkeiten in Rom kein anderer dem
Manne gleich kam, der dort zwei- oder dreimal die Ver-
handlungen mit Erfolg geleitet hatte und durch jene Eigen-
schaften wie sicher auch durch seine Geschäftsgewandtheit
für die neue unentbehrlich erscheinen konnte. Aus alledem
folgt, dass die Botschaft, welche das Senatusconsult A er-
wirkt hat, weder mit der des Jahres 139 identisch noch ihr
vorausgegangen ist, sondern in eine spätere Zeit fallt.
4. Wesentliche Identität des Inhalts der beiden^) Senats-
beschlüsse, schreibt Mommsen, ist allerdings vorhanden; doch
kann man, wie sich zeigen wird, hierüber abweichender Mei-
nung sein und es gibt auch hiervon abgesehen noch ein An-
zeichen, dass das von Josephos überlieferte Senatusconsult nicht
dem Jahr 139 angehört. Den Gesandten des Simon ist vom
Consul Lucius bloss das Rundschreiben, aber kein Senatus-
consult mitgegeben worden; 1 Makk. 15 heisst es vor der
Mittheilung des Schreibens: ^l^e Nov/ii^viog xal ol nag' avrov
ix 'Pwfirjg, exovreg inioxokäg xdig ßaodevai xal raig x^Q^^^>
iv alg iyiyQOTuo rdde^ und zuletzt nach der Aufzählung von
23*) Adressaten: rd de ävriyQa(pov avrwv lygatpav Sifxayvi
reo dg^iegei; an beiden Stellen müsste das Senatsconsult mit-
genannt sein, wenn den Gesandten auch von diesem der Con-
sul eine (natürlich ins Griechische übersetzte) Abschrift für
Simon eingehändigt hätte. Sich und den Staatsschreibern
konnte er eine solche Bemühung überhaupt ersparen, weil
der Inhalt des Rathsbeschlusses im Rundschreiben angegeben
ist, und er hat es offenbar unterlassen, weil der Text gleich
1) Im Rundschreiben 1 Makksb. 16 ist der Inhalt des ihm vor-
ausgegangenen Rathsbeschlusses mitgetheiit.
2) Zu ihnen kommt noch Ptolemaios Physkon, an welchen das
im Text mitgetheilte Exemplar des Rundschreibens gerichtet ist.
502 G, Unger
dem des Rundschreibens in 24 Exemplaren für die Adressaten
und ebensovielen Abschriften für Simon hätte geliefert werden
müssen.
5. Die Gesandten Simons verfolgten und erreichten im
J. 139 noch einen zweiten Zweck, welcher unserem Senatos-
consult fremd ist: während dieses die Fürsten und Freistaaten
nur zur Vermeidung von Feindseligkeiten gegen die Juden
auffordert, dient das Rundschreiben nicht bloss als Schatz-
brief, sondern verlangt auch eine positive Leistung für jene,
nämlich die Auslieferung flüchtiger jüdischer Verbrecher,
1 Makk. 15 et Tiveg ovv Xoifxol dia7i€<pevyaaiv ix tijg x^^Q^^
ain&v Tigdg ifiäg, naQddote avrovg ZifKovi x(d ägxiBQeh
8n(og iHÖixtjo]] h avxölg naxä x6v vö/Ltov airtcbv. Wäre die
Urkunde A im J. 139 ausgefertigt, so müsste in ihr auch
dieses Verlangen ausgesprochen sein: denn der auf Grund
eines Senatsbeschlusses erfolgte Erlass konnte und durfte zu
Gunsten der Juden weder mehr noch weniger anordnen, als
was vom Senat beschlossen war. Diese Anordnung konnte
unter Umständen viele Mühe verursachen, weil die Namen
der Uebelthäter bekannt gemacht, ihre Identität festgestellt,
ihr Aufenthalt oder Versteck ermittelt und ihre Festnahme
bewerkstelligt werden musste. Die Mittheilung der Namen
niusste von den jüdischen Gesandten geschehen, welche zu
diesem Behuf eine Liste derselben mit sich führten; die wei-
tere Thätigkeit fiel den Regierungen zu, in deren Gebiet sich
die Flüchtlinge aufhielten; ausgeliefert wurden sie ohne
Zweifel an die Gesandten: denn sie z. B. aus Sikyon oder
Pergamon nach Judäa zu schaffen, konnte man den Regie-
rungen nicht zumuthen. Eben aus dem oft langen Aufenthalt,
welchen die Gesandten Simons desswegen an dem Sitz der
Adressaten nehmen mussten, erklärt sich die lange Dauer
ihrer Reise, von Sei. 172 (Nisan 140—139) bis 174 (Nis.
138 — 137). Mit dieser Abweichung hängt die folgende zu-
sammen.
Zu Josephos, 5Ö3
6. Das Consult A befiehlt, den Gesandten Scbutzbriefe
fUr die Jaden mitzugeben an die selbständigen Stadt-
gemeinden und an Konige {ngög re tdg ainovofiovfjievag
Ttokeig xal jigög ßaoiXeig); das Rundschreiben 1 Makk. 15
dagegen wendet sich an die Könige und Territorien:
rjgeoev ovv (nämlich t^ ovyxkfjxcfi) yqdxpai %oXg ßaadevoi
xcd Toig x^Q^^f ebenso vorher der Erzähler: (die Gesandten
kamen) Ijovxtg bticfTokäg toig ßaadevoi xal xalg x<^Q^^^ ^^^
am Schluss in der Aufzählung der Adressaten, s. unten. Die
Ursache der Wahl des umfassenden Ausdrucks ^co^ai liegt,
wie ein Blick auf die Namen erkennen lässt, darin, dass er
sich auf staatsrechtlich weit von einander verschiedene Ge-
biete bezieht. Neben autonomen Städten, Inseln und Ländern
wie Karien, Lykien, Samos, Rhodos, Halikarnassos, Knidos,
Kos, Arados u. a. lesen wir an letzter Stelle xal Kvnqov xal
KvQfjrrjv^ also die Namen von zwei Provinzen des Ptolemaios
Pbyskon, an welchen das im Buch mitgetheilte Exemplar
des Rundschreibens gerichtet war. Offenbar wurde von diesen
abhängigen Gebieten nicht vorausgesetzt, dass ihre Bevölke-
rung die Sicherheit Judäas gefährden könne, sondern dass
dorthin sich ein oder der andere Verbrecher geflüchtet haben
könnte, und mit besonderen Exemplaren des Rundschreibens
worden sie behufs schnellerer Erledigung der Aufgabe wegen
ihrer grossen Entfernung von Aegypten bedacht, wo das Be-
steben des Judenviertels von Alexandreia allein schon der
Regierung genug zu thun geben konnte. Aehnliches gilt
von dem winzigen, eine selbständige politische Rolle zu spielen
unfähigen, aber durch seinen Freihafen zu grosser merkan-
tiler Bedeutung gelangten Eiland Delos, welches seit 168 den
Athenern gehörte; auch hier ging die Verfolgung und Fort-
schaffnng der Flüchtlinge leichter vor sieb, wenn das römische
Schreiben statt nach Athen gleich zu der dortigen Behörde
kam. Die Vermuthung, dass in allen mit dem Rundschreiben
bedachten Ländern und Städten schon damals eine grössere
564 G. Unger
Zahl von Juden gewohnt habe (Schürer II 495), findet in
diesen und andern durch sie verständlichen Auffälligkeiten
der Namenliste eine glänzende Bestätigung, so z. B. darin,
dass das in viele selbständige Stadtgemeinden gespaltene
Kreta nicht wie Gjpem, Rhodos und andere Inseln besonders
genannt wird, wohl aber eine ihrer grössten Städte, Goriyna:
nur dort befand sich also eine grössere ZahP) von Juden,
aber nicht in Enossos, Ljktos, Pergamon, Kydonia und andern
Siädten. In die Liste sind wahrscheinlich alle Gebiete auf-
genommen, in welchen sich damals Judengemeinden befanden :^)
da die Flüchtlinge sich voraussichtlich an Orte gewendet
hatten, wo sie hoffen konnten, bei Glaubensgenossen, welche
von ihren Vergehen nichts wussten, den fQr rechtlos gewordene
Exulanten nöthigen Unterschlupf zu finden, so musste die Re*
gierung der Heimath in allen Gebieten nach ihnen fahnden,
in welchen sich Landsleute in grösserer Zahl aufhielten.
Das Namenverzeichniss ist auch in andern Beziehungen
von geschichtlicher Wichtigkeit. Wenn Myndos neben Karien,
Phaseiis neben Lykien, Side neben Pamphylien besonders
genannt wird, so ist daraus zu schliessen, dass diese Städte
von der Volksgemeinde {xoivdv) der Länder, zu welchen sie
gehörten, sich fernhielten oder ausgeschlossen waren. Achaia,
d. i. das Gebiet des Achaierbundes, wird nicht genannt, wobi
aber Sikyon, welches nach der Zerstörung Eorinths mit der
Mark dieser Stadt auch ihren Handel und die fremden Kauf-
leute an sich gezogen hatte; ob der Acbaierbund zur Zeit
(im Frühling 139, s. unten) schon wieder ins Leben getreten
war, ist unklar; geschehen ist dies nach Pausanias OL 160
1) Vereinzelte (gläubige) Jaden sind wohl überhaupt nur selten
im Ausland sesshaft gewesen : gewisse Feste wie z. B. der YersOhnnngs-
tag konnten nur von einer Genossenschaft begangen werden.
2) Rom fehlt, weil Numenios dort ohne Zweifel schon die n($thi-
gen Schritte gethan hatte.
Zu Josephos, 5(55
= 140/139—137/136 v. Chr. und vielleicht schon Ol. 160,1.»)
Unter den Königen wird Demetrios von Syrien genannt, der
im Jahr 139 mit den Parthern Krieg führte und (vermuthlich
am Ende desselben) von ihnen gefangen genommen warde;
dass der Name seines Gegners, des Knaben Äntiochos VI
fehlt, der sich mit seinem Leiter Diodot noch in Apameia
behauptete, erklärt sich vielleicht ans dem Fehlen von Juden
in dem Gebiet dieser Stadt und dieses aus der Thatsache,
dass die Juden im J. 142 von ihm abgefallen und zu Deme*
trios übergegangen waren. Der Nennung des Arsakes (Mi-
thridates), der zu Rom in keinem Vertragsverhältniss stand
und vor kurzem durch die Wegnahme Mediens, im J. 140
aber durch die Eroberung Babyloniens den Mittelmeerstaaten
näher gerückt war, liegt zunächst das Bestehen verschiedener
Judengemeinden im Partherreich zu Grund; es dürfte aber
auch die Rücksicht auf die Sicherheit Judäas miteingespielt
haben, s. Abschnitt 8.
Eine besondere Betrachtung erheischt der Name Sam-
psames oder Sampsame. Die wörtliche Mittheilung des Rand-
schreibens endigt mit der oben ausgeschriebenen Stelle über
die flüchtigen Verbrecher, dann spricht der Erzähler selbst:
xal rn airä Sygayfe ArjjLirjTQiq) T(ß ßaoiXei xal ^ArrdlcOf 'Agia-
od'&i] xaVAgoaxu, xal eig ndoag xci)Qag xai'^) ^^afjLyfdjLiu xal
^nagridraig xal eig AfjXov . . . xal Kingov xal KvQrjvr]v. xb Öe
dviiygacpov avrwv eyQayfav ^ijua)vt reo ägj^iegeT. Weil mit -Za^-
tpd/nf] die Aufzählung der Jiäaai xcoQai beginnt, ist der Name
einer Stadt darin gesucht und auf die jetzt Samsun genannte
am Pontus gerathen worden; dies ist aber das alte Amisos
1) S. Umfang und Anordnnng der Geschichte des Poseidonios,
PbilologQS 1896 S. 78.
2) D. i. .sowohl dem Sampsames als auch deo Spartiaten u. s. w." ;
vielleicht ist aber xal der Zusatz eines Abschreibers oder des Ueber-
setzers, welcher eig ,-rdaag x^Q^^ nicht auf die zwei Personennamen
beziehen zu dürfen glaubte.
5ü() G. Unger
und der Dativus nötbigt, an eine Person, also an einen
Fürsten, Häuptling oder Oberpriester zu denken; die zweite
;|rc6^a ist ebenfalls nicbt durcb einen Ortsnamen bezeichnet.
Da die Liste alle Staaten ins Auge fasst, in welchen sich
Judengemeinden befanden, so liegt es am nächsten auf das
Oberhaupt der Ituräer zu rathen/) welche sich yom Libanon
allmählich über das Bergland hinaus nach allen Seiten aus*
breiteten. Ihr in unseren Quellen zuerst genannter Regent')
Ptolemaios, Sohn des Mennaios, bedrohte um 85 schon das
grosse Damaskos; noch mächtiger wenigstens nach Süden hin
finden wir die Ituräer zwei Jahrzehnte früher, als sie das
Land Galiläa besassen, welches ihnen der Judenkönig Aristo-
bulos im J. 103 entriss (s. Schürer I 219); vorher werden sie
in Berichten aus der makedonischen Zeit nicht erwähnt. Das
Joch der Seleukiden haben sie vermuthlich während der
Thronstreitigkeiten derselben, vielleicht gleich den Juden in
dem grossen Bürgerkrieg der Jahre 145 — 140 abgeschüttelt
und wie jene zugleich ihr Gebiet weiter ausgedehnt. Der
Name Sampsames weist wie Sampson (Simson) und Sam-
psigeramos (Fürst von Emesa zur Zeit des Pompejus) auf
Verehrung des syrischen Sonnengottes hin, welcher in der
Libanoustadt Heliopolis ein angesehenes Heiligthum besass;
auf dessen Hohenpriester bezieht sich vielleicht der Titel auf
den Münzen späterer Tbeilfürsten: Avoavlov xexQdQxov xai
&QXieQe<og, Zi]voda>Qov xexQdQxov dgxt^QioDS' Noch Ptolemaios
scheint als nomineller Vasall der Sjrerkönige gleich Simon,
dessen Enkel Aristobulos zuerst den Eöuigstitel annahm, nur
Ethnarch gewesen zu sein; daher konnte, wie in dem Rund-
schreiben Simon nur als Hoherpriester, seine Gesandten aber
als Botschafter der Juden bezeichnet werden, so der Name
des Sampsames mit den Territorien zusammen genannt werden ;
1) Das Beste über ihre Geschiebte bei Schürer I 598—608.
2) König wird er nirgends genannt.
Zu Josephos, 567
vielleicht ist auch er wie Simon eigentlich Hoherpriester
gewesen. Besass er Galiläa schon, so war sein Gebiet eines
der ersten, welche yon den fluchtigen Juden aufgesucht
wurden, und es erklärt sich daraus, dass Simon und Hyrka-
nos bei ihrem Umsichgreifen keinen Versuch gemacht haben,
Galiläa wenigstens zum Tbeil wiederzugewinnen: die der-
zeitigen Herren dieses Landes waren ihre natürlichen Bundes-
genossen, so lange es galt, sich die Unabhängigkeit von
Syrien zu erhalten.
7. Während in dem Senatusconsult die von dem Rund-
schreiben des J. 139 verlangte Auslieferung der Verbrecher
fehlt, hebt es andrerseits als Gegenstand des römischen
Schutzes neben dem Land noch besonders die Häfen der
Juden hervor, von welchen in jenem keine Rede ist; es ver-
langt von den Königen und Freistaaten : onoig , , . /lit} noXe-
firjacooiv auTovg xal rag nöleig avrcbv xal Ttjv x^Q^'^ amibv.
Aus dem Abschnitt 5 angegebenen Grund ist auch hierin ein
Beweis zu suchen, dass das Rundschreiben einer andern Zeit
augehört als der Rathsbeschluss. In eine spätere bringt diesen
der Umstand, dass die Juden im J. 139 nur einen einzigen
Hafen, den von Joppe, besessen haben. In demselben Jahr
Sei. 172 (Nisan 140 — 139), in welchem Simons Gesandte
nach Rom gereist sind, nahm er diese Stadt in Besitz und
dehnte dadurch das jüdische Gebiet bis zum Meere aus,
1 Makk. 14, 5 — 7. 33 — 34; im vorhergehenden Jahr hatte
er die Stadt Gazara westlich von £mmaus (Nikopolis) erobert,
sie neu befestigt und seinen Sohn Johannes Hjrkanos als
Statthalter dort eingesetzt; von ihr war der Hafen von Jamnia
weniger weit entfernt als Joppe und nach Josepbos hätte er
in der That auch Jamnia gewonnen, ant. jud. 13, 6, 7 xaze-
axgeipazo SljAOiv rd^agd re nöhv xal ^I67i7ir}v xal 'IdfAviav,
bell. jud. l, 2, 2 algeJ FdCagd re xal ^lonnrjv xal ^Idjuviav,
Diese Angabe wird als irrthümlich angesehen: als um 136
Antiochos Sidetes den Diodotos, welcher 137 den Knaben
568 G, UnofT
Antioehos VI ao^i dem Wege geraamt and unter dem Namen
TrjpfaoD sich das Diadem aufgesetzt hatte, in Dora behigerte,
verlangte er Ton Simon die festen Platze zaroek, welche sie
eingenommen hatten, und bezeichnete als diese die Südte
Joppe, Gazara and die Barg von Jemsalera. 1 Makk. 15, 28.
35; Jarania war also syrisch geblieben. Eben hier schloß
Kendebaios, welchen Antioehos bei seinem Abzog von Dora
als Strategen des Küstenlandes zarückiiess, sein Hanptqnartier
auf, um Ton da aus, weil Simon die Zurückgabe verweigerte,
in Judäa einzufallen; unter dem kriegerischen Alexander
Jannaios (102 — 77) wird die Stadt von Josephos unzweifel-
haft richtig als jüdisch bezeichnet (ant. 13, 15, 4) und war das
nach ant. 13, 12, 2 zu schliessen schon vor jenem. Die Angabe
des Josephos ist iudess nicht geradezu falsch, sondern, wie aus
unserem Senatusconsult hervorgeht, ungenau: bloss der Hafen
von Jamnia ist gemeint, welcher denselben Namen geführt
hat wie die Stadt, Plinius bist. nat. 5, 68 Jamniae duae,
altera intus, vgl. mit Ptolemaios geogr. 5, 16, 2: an der Küste
'lafxveircov Xifiriv und 5, 16, 6: im Innern *ldfiveia. Er war
von der Stadt ziemlich weit entfernt und wohl auch nicht
befestigt, konnte daher von dem thatkräftigen Statthalter
Uazara's, dem wir, da Simon selbst in den letzten Jahren
die Kriegführung seinen Söhnen übertrug, die That zutrauen
dürfen, leicht weggenommen werden. Jetzt war es nothig,
ihn durch Werke und Besatzung gegen den Versuch der
Jamniten, ihn wiederzugewinnen, zu sichern; so wurde aus
dem Hafen eine Hafenstadt und von den Seefahrern, fGr
welche die eigentliche Stadt weniger Wichtigkeit hatte, er-
hielt sie den Namen Jamnia. Da die Wegnahme nur den
Hafen betraf und wahrscheinlich ohne Kampf vor sich ging,
konnte sie von einem Geschichtschreiber leicht übersehen
werden. Kendebaios erlitt von dem Statthalter eine schwere
Niederlage, in welcher sein ganzes Heer vernichtet wurde,
1 Makk. 16; bald darnach wird dieser den Hafen genommen
Zu Josephos. 569
haben. Jene Niederlage ist das letzte in dem Makkabäerbuch
erzählte Ereigniss vor dem Tode Simons (Monat Shbat Sei.
177 =3 26. Jan. bis 24. Febr. 134) und daher im Zusammen-
halt mit den obengenannten Daten in das J. 135, das Senatus-
eonsult also frühestens in die Zeit des Hyrkanos I zu setzen.
8. Auch der Feind, welchen die Juden fürchten, ist im
Senatusconsult ein anderer als im Rundschreiben: jenes will
bloss im Allgemeinen die Befehdung derselben verhüten {vjieg
Tov r/jv xe "jiihqav amcbv xal rovg hjuevag ädelag Tvyx^veiv
xal fir]öev udixeio'&ai)^ dieses ausdrücklich auch den Bund
mit einem Feind der Juden: oTicog firj , . . nokefirjooioiv avxovg
xal rag jioXeig avrwv xal xyjv ;rrj6^av avxcbv xal Tva jut] ovju/ia-
Xtjoooi xoig Jiokefxovoiv avxovg. Da im Consult ein solcher
Bund nicht ausgeschlossen ist, so darf vermuthet werden,
dass der Gegner, welchen das Kundschreiben ins Auge fasst,
ihnen für sich allein nicht überlegen gewesen sei. Das trifft
auf Antiochos VI zu. Ihn besiegte Demetrios im J. 140 und
warf ihn nach Apameia zurück, aber seinen Sieg weiter zu
verfolgen wurde er dadurch verhindert, dass der Partherkönig
in demselben Jahr 140 Babylonien eroberte. So machte er
denn im Winterhalbjahr grosse Rüstungen und zog im Früh-
ling 139 gegen jenen zu Felde, wurde aber, vermuthlich im
Ausgang des Jahres, gefangen genommen, s. Seleukidenära
d. Makk. S. 262 fg. Als in dem erwähnten Winterhalbjahr
140/139 die Gesandtschaft Simons nach Rom abging,^) hatte
1) 1 Makk. 14 wird schon vor der VolksversaxnmluDg des 18.
Elul Sei. 172 von ihrem Abgang berichtet, was Schürer I 199 aus
dem S. 559 Anm. 1 bemerkten, für uns nicht massgebenden Grund
(Elul 172 = Sept. 141) verwirft; aber auch der Abgang vor dem
14. Sept. 140 erscheint noch zu früh. Schürer vermuthet, dieser sei
vom Verfasser desswegen vor der Versammlung eingeschaltet, weil
er nach der ungenauen Wiedergabe des Volksbeschlusses c. 14, 40
(Vgl. Schürer I 193) diesen bereits als eine Wirkung der Gesandt-
schaft angesehen habe. Die Vorgänge können auch nach ihrer inne-
ren Zusammengehörigkeit j?ruppirt sein, so dass auf die Unter-
570 G. Ungar
Demetrios vor, den schwächeren Feind im Lande lassend
gegen den weit stärkeren in den Osten zu ziehen; er lebte
der Hoffnung, von den das Joch der verachteten Parther
widerwillig tragenden Völkern der verlorenen Provinzen des
Selenkidenreichs verstärkt, jenen niederzuwerfen und dann
desto leichter den anderen zu überwältigen. Dieser war
immerhin zur Zeit noch ziemlich stark: mit Apameia hielten
zu ihm die von diesem gewöhnlich abhängigen Städte La-
rissa, Kasiana, Megara, Apollonia u. a.; in Easiana war
Diodot geboren, in Apameia gross geworden, s. Strabon
p. 752; Truppen hatte Demetrios offenbar nur wenige zuröck-
laBsen können, die Herrschaft der Seleukiden über Syrien
stutzte sich in erster Linie auf die Ergebenheit der make-
donisch-hellenischen Colonien, welche im Kriegsfall Heeres-
folge leisteten; grosse Rüstungen erheischten die Anwerbung
grosser Söldnerschaaren. Zog Demetrios nicht bei Zeiten
zur Rettung der jenseit des Eupkrat nach Hülfe rufenden
Colonien aus, so drohten die diesseitigen mit Abfall: eine
Meldung dieser Art hat Justinus 36,1 mit dem Verhalten
der Städte im Anfang seiner Regierung (reciperato patemo
regno rerum snccessu corruptus in segnitiam labitur tantana-
que odium apud omnes inertiae . . . contraxit. itaque cum ab
imperio eins passim civitates deficerent, ad abolendam seg-
nitiae maculam bellum Parthis inferre statuit) verwechselt
und so die Vorgänge einiger Jahre übersprungen; ähnliche
Erzählungslücken finden sich auch sonst nicht wenige bei
nehmungfen Simons seine Ehrang durch das Volk und teine Anerken-
nung durch Antiochos Sidetes folgt, ähnlich wie in c. 4, s. Selenkidenfin
S. 292. Die Gesandten sind wegen der Rflatangen des Demetrios
wohl im Wintersemester (spätestens am letzten Adar = 21. Mfin 199)
abgeschickt nnd im ersten oder zweiten Vierteljahr 139 Tom Senat
empfangen worden, Tgl. Abschn. 5 am Schlnss. Ueber ihren Ecfblg^
in Rom mögen sie bald darnach einen Bericht an Simon gesdiickt
haben.
i-
» ;-
Zu Josephos. 571
ihm, vgl. z. B. Seleukidenära S. 306. Andrerseits versteht
man so auch die fibertreibende Angabe 1 Makk. 15, De-
metrios habe den Partherzug unternommen, um Verstärkungen
gegen (Diodotos) Tryphon heranziehen zu können (rov im-
ojidaac&ai ßoij^eiav avrcp, SjKog nokejLii^aj] rov TQvq)cova):
die jüdischen Berichterstatter kannten von den grossen Co-
lonien Syriens am besten die ihnen am nächsten gelegenen,
deren stärkste eben Apameia war.
Der Gedanke, welcher Simon zur Anrufung römischen
Schutzes bewog, war ohne Zweifel die nahe genug liegende Be-
fürchtung, dass zwischen dem Partherkönig und Antiochos VI
eine gegen den gemeinsamen Feind gerichtete Verbindung
zu Stande kommen würde. Der Machthaber, dessen Gegner-
schaft Hyrkanos im Anfang seiner Regierung fürchten musste,
war Antiochos Sidetes; in der That rückte dieser gleich 134
ins Land, legte sich nach Verwüstung desselben vor Jeru-
salem und eroberte es um Anfang November 133. Gegen
ihn hat aber Hyrkanos die römische Hülfe entweder gar
nicht oder vergebens angerufen: ein Senatusconsult würde
den Bedränger unfehlbar zum Abzug veranlasst haben, vgl.
zu Consult B; der Bundesvertrag verpflichtete beide Theile
nicht ein für allemal zu gegenseitiger Unterstützung, son-
dern machte diese von ihrem jeweiligen Ermessen abhängig
(1 Makk. 8, 25 und 27 (bg äv 6 xaigög vnoyQacpfj)^ desswegen
musste in jedem besonderen Falle der Bund erneuert werden.
Nachdem Antiochos Sidetes im November oder December 130
im Partherkrieg sein Ende gefunden hatte, benützte Hyrkanos
die augenblickliche Entblössung seines Reichs von Truppen
zu Erwerbungen auf dessen Kosten: östlich des Jordans er-
oberte er nach 6 monatlicher Belagerung (etwa April — Sep-
tember 129) Medaba, dann das unbekannte Samoga (Jos.
ant. jud. 13, 9, 1; Samaga bell. jud. 1, 2, 6) nebst den
Nachbarorten; weiter, wohl im J. 128 Sichem und den
Tempelberg Garizim mit den umliegenden Ortschaften der
572 Q, ünger
Kuthäer*/) dann im Süden Adora, Marissa und viele andere
Plätze der Idumäer. Der in den letzten Tagen des Sidetes
nach Syrien zurückgekehrte Demetrios musste alle diese Ueber-
griflfe wider seinen Willen dulden, weil er sich zu tief in die
ägyptischen Händel eingelassen hatte (Jos. ant. 13, 9, 3). Im
J. 130 war Ptolemaios Physkon (145 — 116) von den Alexan-
drinern verjagt und die Regierung seiner Gattin Kleopatra
übertragen worden ; als er auf Cypern Rüstungen zum Wieder-
gewinn desselben machte, versprach sie dem Syrerkonig als
Preis seiner Hülfe den Besitz des ganzen Landes (Justin 39,1);
ehe er aber diese leisten konnte, wurde ihr Heer von dem
Feldherm des Ptolemaios geschlagen und vernichtet (Diodor
34, 20), worauf sie nach Syrien floh (Just. 39, 1) ; jetzt er-
schien Demetrios vor Pelusion, wurde aber von Ptolemaios
aufs Haupt geschlagen und zum Abzug genothigt (Porphyrios
b. Euseb. chron. I 257). Nun meuterten seine Truppen, viele
Städte, unter ihnen Antiocheia und Apameia fielen von ihm
ab (Jos. ant. 13, 9, 3. Porphyrios a. a. 0. Justin 39, 2)
und hielten bei Ptolemaios um Zusendung eines Königs aus
dem Seleukidenhause an. Er schickte ihnen mit einem Heere
den Sohn eines Kaufmanns, dem er den Namen Alexander
gab; zum Spott wurde er Zabina (der Erkaufte) genannt.
Seine ersten Münzen zeigen das Jahr Sei. 184 (ca. 25. Sept.
129 — 11. Oct. 128); jedenfalls ist er im J. 128 und wohl erst
im Sommer gekommen. Sei es, dass Alexander oder dass
Demetrios in dem jetzt angefachten Kriege siegte, in beiden
Fällen konnte nach Beendigung desselben der Sieger voraus-
sichtlich über die ganze Macht des Seleukideureiches verfügen
und in beiden war zu erwarten, dass er von Hyrkanos min-
destens die geraubten Gebiete zurückverlangen werde, Grund
]) D. i. die Nachkommen der von den Assyrem nach Samareia
verpflanzten Einwohner Kutha*8 und anderer Gebiete; die Stadt Sa*
mareia selbst wagte Hyrkanos erat später anzugreifen.
Zu Jaaephos, 573
genug für Hyrkanos, die bewährte Gunst Roms Yon Neuem
anzurufen.
Durch den Umstand, das Alexander Zabina von Ptole-
maios unterstützt wurde, bekam die jüdische Küste für ihn
eine besondere Wichtigkeit wegen der Verbindung zu Wasser
und zu Land mit Aegypten: die Küstenstrasse lief durch die
Mark von Joppe und Gazara (Strab. p. 758), südlich von Joppe
waren die Häfen bis Alexandreia wenig brauchbar, die nörd-
lichen aber: Ptolemais, Tyros und Sidon, wie die Münzen
lehren, dem Demetrios treu geblieben. Hyrkanos musste also
fürchten, dass g^en diese Orte Alexander sich frühzeitig
wenden werde. Daher die Hervorhebung der Häfen im
Senatusconsult; im J. 139 war zu dergleichen kein Anlass
gewesen. Jenes ist, nach dem von Josephos (s. Abschn. 9)
beigegebenen Datum zu schliessen, im 8. Jahr des Hyrkanos
(beginnend mit Nisan 128) zu Stande gekommen, also genau
in dem Jahr, in welchem Hyrkanos allen Grund hatte, sich
des Bundes mit Rom zu erinnern.
9. Als Absender der Botschaft werden in dem Senatus-
consult nur die Juden überhaupt bezeichnet; wenn Josephos
gleichwohl den Hohenpriester, welcher damals an ihrer Spitze
gestanden ist, Hyrkanos nennt, diesen aber irrthümlich für
Hyrkanos II hält, erklärt sich seine Eenntniss des Hohen-
priestemamens ebensowohl wie seine Unkenntniss der Person
des Hohenpriesters nur durch die Annahme, dass das von
ihm angegebene Regierungsjahr des Hyrkanos sammt dem
Monat der Urkunde selbst beigeschrieben war. Aus der Un-
richtigkeit seiner Angabe, dass das (im December zu Stande
gekommene) Senatusconsult im Panemos (Juli, s. unten S. 575)
beschlossen worden sei, folgt weiter, dass xavxa iyivexo von
ihm selbst hinzugefügt worden ist; die Urkunde lieferte bloss
das Datum 'unter Hyrkanos . . . Panemos'. Dieses hat also dem
Senatusconsul selbst nicht angehört, ist vielmehr in Jeru-
salem hinzugesetzt worden, ura die Zeit seiner Ueberreichung
1895. BitzungBb. d. phil. a. hiat Gl. 37
574 G. ünger
durch die Gesandten oder seiner Einyerleibaug in das Tempel-
archiy anzugeben. Ganz dentlich erkennen wir einen ähn-
lichen Vermerk in den Worten, welche Josephos nach unse-
rem Senaiusconsalt and der erwähnten Datimng irrthümlieh
als Anfang eines zu Ehren des Hyrkanos II abgefassten atti-
schen Psephisma (ineßiynxv tpriq)ioaa xovxov juqiixov rör rgo-
TiQv) roittheilt: ^Eni 7igtrtäveo)g xal legißog Atowolov rov
*Aoxli]mddov firivÖQ Jlaveixov nifutzt] äju&vtog inedo&fi roig
atQaxrjyöig ynj(piöua *A^vaUov^ nach welchen erst der wahre
Anfang desselben (^Enl *Aya&oxXeovg äQxonog n. s. w.) folgt.
Mendelssohn will in diesen Worten^) den Anfang eines andern,
von einer unbekannten hellenistischen Stadtgemeinde be-
schlossenen Psephisma finden, dessen Fortsetzimg und Schlnss
Terloren gegangen sei, und vermuthet, die Worte xavia iyi-
vero bil xxL seien von dem jüdischen Archivar ursprüng-
lich diesem Psephisma beigesetzt gewesen. Aber — um
von der Gewaltsamkeit dieser Hypothesen gar nicht zu
reden — Aufgabe des Archivars ist es nicht, in der Weise
eines Historikers die Zeit eines geschichtlichen Vorganges,
sondern die der Uebergabe oder Niederlegung von Urkunden
anzugeben: mit xavxa iyeyexo u. s. w. will Josephos sagen,
dass diese Akte, d. i. die Gewährung der von ihm angegebenen
Vergünstigungen im 9. Jahr des Hyrkanos, Monat Panemos,
geschehen seien.
Die Verkennung der zwei Ärchivnotizen äussert sich bei
Josephos in verschiedener Weise: während er die zweite für
einen Bestandtheil, den Anfang des in der Urkunde über-
lieferten Textes hält, ist er hinsichtlich der ersten nicht in
einen solchen Irrthum verfallen, fehlt aber darin, dass er
das Datum nicht richtig verstanden hat. Die Verschieden-
heit erklärt sich daraus, dass die Bemerkung zur zweiten in
ungewöhnlicher Weise in griechischer Sprache gegeben war.
1) Ueber sie und das attische Psephisma s. Artikel II.
Zu Jo8epho8. 575
die zur ersten aber in einheimischer, wodurch er vor dem Irr-
thnm über ihren Verfasser bewahrt wurde. Der Monatsname
ist also hier Yon ihm aus dem Hebräischen oder vielmehr
Aramäischen, welches spätestens seit Mitte des zweiten vor-
christlichen Jahrhunderts (s. Schürer II 8) in Palästina
herrschte, in das Griechische übersetzt; woraus sich ergibt,
dass der Panemos hier die zu seiner Zeit dem Thammuz
(Juli) entsprechende Bedeutung hat Dagegen noch zur
Zeit Caesars trafen die makedonischen Monate in Syrien in
ihre eigentliche Jahreszeit, so dass jener dem Sivan (Juni)
entsprach, s. Zeitrechnung der Griechen und Römer in Müllers
Handb» d. klass. Alterthumsw. l' S. 770; diesen setzt also die
zweite Archivnotiz voraus. In beiden aber ist nicht etwa
der aramäische Monat auf den makedonischen als genau
gleichzeitigen reducirt, sondern jener Monatsname durch den
ihm gewöhnlich, aber keineswegs immer entsprechenden über-
setzt: so schon in den Daten chaldäischer d. i. babylonischer
Stembeobachtungen bei Ptolemaios (Seleukidenära S. 243),
auf den Inschriften von Palmyra (Schürer I 631) und in den
zwei Hauptwerken des Josephos, in dem älteren sogar ohne
irgend eine Andeutung, dass er eigentlich die jüdischen Monate
meint, s. Tagdata des Josephos, Sitzungsb. 1893. II, 465 ff.
Das Senatusconsiilt wurde am 13. Dec. 626 =5. Dez. 128
beschlossen und nach Abgabe der Schutzbriefe an die Regie-
rungen im 9. Jahr des Hyrkanos 1, Monat Thammuz, also
am 6. Juli/ 3. August 127 in Jerusalem sei es überbracht
oder in Verwahrung genommen.
B: ant. 13, 9, 2. Jahr 122 (10. Febr.), nicht 133.
Zwischen dem Bericht über die Eroberungen des Hyr-
kanos in den Jahren 129—128 und der Erklärung ihrer Zu-
lassung von Seiten Demetrios' (s. zu A Abschn. 8), also gerade
bei dem Jahr, in welches das Consult A fällt, legt Josephos
ant. 13, 9, 2 ein anderes ein. Laut diesem beräth der Senat
37*
576 O, Ungar
am 6. Februarius unter dem Vorsitz des Prätors (?) Fannios
über die Gesuche der jüdischen Gesandten um Erneuerung
des Bundes, Beihülfe zum Wiedergewinn der von Antiochos
trotz des Senatsbeschlusses im Krieg weggenommenen Plätze
Joppe, Gazara u. a., Verbot des Durchmarsches seiner Truppen,
Aufhebung seiner Anordnungen in jenen Plätzen, Sendung
römischer Botschafter behufs Auslieferung der Platze und
Abschätzung des angerichteten Schadens und um ein Geleite-
rundschreiben für die Gesandten; er beschliesst, den Bund
zu erneuern, die (anderen Punkte?) aber wegen dringender
eigener Angelegenheiten später in Erwägung zu ziehen und
(dabei) für die Verhütung neuer Unbilden zu sorgen; den
Gesandten solle Fannius Gelder für die Heimreise anweisen.
Dieser, setzt Josephos hinzu, entliess sie mit Reisegeld und
dem verlangten Rundschreiben.
Der Text des Consults lautet bei Niese folgendermassen :
^dwiog Mdgxov vlög otQaTrjydg^) ßovXijv ijyayev tiqo
öhtü) eldcüv ^eßgovaglcov iv KofxixUo Tiagönog Aovxiov
Mawiov Aovxlov vlov Mevxlva^) xal Fätov ^efuigcortov
nevvaiov^) vlov ^aXiqva neQl &v hcqioßevoev Hifxoyv Aoai-
•&iov xal 'AjiolXcoviog ^AXe^dvÖQOv xal AiödcjQog ^Idoovog
ävdqeg xaXol xal dya'&ol Ttejutp&evreg vno drifxov tov *Iovdakov,
[o?] xal dieXi^'^rjoav Ttegl q)iXiag tfjg 'b7iaQxovat]g rovroig
xal ovfxfxaxiag ngog '^Pcojualovg xal x(bv drjfjLoolcov jzgay/idxoyy,
ÖTKog T€ 'lojtnrj xal kijuiiveg xal FdCcoga xal nrjyal^) xal ooag
TtdXeig avTcbv Sllag xal ;fft>ßca nokeficbv iXaßev ^Ävxloxog naga
t6 Tfjg avyxkijrov ddy/ua ravra dnoxaraara^fj, tva xe xoTg
oxgaxiwxaig xoTg ßaoihxöig ui] i^fj diä xrjg x^Q^^ '^V^ avxibv
1) Zn schreiben axQarijyog vjtazog, s. Abscbn. 7.
2) Mevrjvia Manntius, Tgofievriva Ritscfal.
3) Fvaiov Niese.
4) IlijY^'^ Holwerda; vielleicht Peqiin, Beqiin, Wohnsitz des Rabbi
Josua ben Chaoanja, Mitglieds der Schale von Jamnia um 90—110,
8. Schürer II 307.
Zu Josephos. 577
xal rwv vntjxöcov avrcöv dieQxead'ai, xal Sncog rd xaxd zbv
jioXeßov ixeivov tpi]<pta'&SvTa inö 'Avxiöxov nagä ro t^c ovy-
xXiflxov ddyfxa äxvga ySyrjTai, iva re Ttgioßeig nijutpavxeg äno-
do&ijvai le avrolg novfjoiootv rd vti* *Avzi6xov ä(patQe&ivta
xal rffv x^Q^'^ dtaxifiriocovxai jr^v iv tö> nokifxcp dieq^&aQjLiivfjv,
Sncug TS avröig ngög xe ßaoikelg xal ö^fjLOvg iketr&igovg
yQdjUjuaxa d(batv elg &o(pdXeiav xfjg slg olxov inavödov. Ido^ev
ovv Tiegl xovxiov xavxa' ävav€d>aaa'9at q)iXtav xal ov/jLjLiaxlav
TtQog ävögag äya^ovg xal vn6 drjfxov nefjjqy&svxag äya^ov
xal (piXov, Die Fortsetzung gibt Josephos in indirecter Rede:
jzegl fiiyxoi ygafifJLdxcov ^) äjiexglvavto ßovXevoeo'&ai, 8xav änö
xibv idkov ^ ovyxli]xog evoxoktjO]], onovödaeiv xe xov koutov
fxridhv elg avxovg ädlxtj/jia xoiovxo yeria^^ai dovval xe avxoTg
xov axgaxfjyöv^) ^dwiov xQVf^^^^ ^ ^^^ drifiootov, Sncog äv
elg XTjv olxeiav inaviX'&oiev. Den eigenen Zusatz des Josephos
s. in Abschn. 8.
1. So auffallend wie das erste steht dieses Senatusconsult
nicht mit der geschichtlichen Umgebung, in welche es Jose-
phos gebracht hat, in Widerspruch: wenn Hyrkanos die er-
wähnten ostjordanischen, samaritischen und idumäischen Plätze
an sich bringen konnte, so hätte er, falls damals die Erobe-
rungen im Westen verloren waren, zwar wohl auch noch
diese wiedergewinnen können, infolge dessen aber längere
Zeit gebraucht, als es angesichts des ümstandes, dass er das
Eingreifen des Demetrios jederzeit befürchten musste, räthlich
war; hier, wo es sich nicht um widerrechtlichen Neuerwerb,
sondern um Rückgewinn früheren Besitzes handelte, konnte
er, wenn der Senat auf sein Gesuch einging, viel leichter und
ohne Blutvergiessen zum Ziel gelangen. Allerdings ist es,
1) Vorzuziehen ist die gut beglaubigte Lesart t&v jigayfidTcov^
8. Abschn. 8 S. 588.
2) Gonsul bedeutet oTQajijyög in römischen Urkunden nur, wenn
die volle Bezeichnung yorausgegangen ist, s. Mommsen Staatsr. 11, 1
S. 194.
578 G. Unger
da Josephos von einer Eroberang jener Köstenplätze durch
Änfciocbos Sidetes nichts meldet und seine Erzählung nur im
letzten Jahr desselben (130 y. Chr.) insofern ffir sie Raani
lässt, als sie aus diesem bloss den Tod des Königs meldet,
sehr fraglich, ob er das Gonsult am rechten Platz eingestellt
hat, und seine Angabe (ant. 13, 10, 1), Hyrkanos sei nach
dessen Tod abgefallen, setzt voraus, dass sie in jenem Jahr
nicht stattgefunden hat, sonst würde er das feindselige Auf-
treten des Hyrkanos nicht als Abfall bezeichnet haben ; auch
ist es zumal bei der Hochherzigkeit des Königs nicht wahr-
scheinlich, dass er die im J. 131 durch Theilnahme am Feld-
zug gegen die Parther bewiesene Yasallentreue so schlecht
belohnt hätte, und er hat dazu auch weder Zeit noch die
nöthige Macht gehabt, da er mit den gesammten Streit-
kräften seines Reichs vom Sommer 131 bis zu seinem Unter-
gang um Ende November 130 in Hochasien mit den Parthern
Krieg führte.
Bitschl und Mendelssohn erklären gleichwohl den Antio-
chos der Urkunde für Ant. Sidetes (an den offenbar auch
Josephos gedacht hat), weil unter einem früheren Antiochos
jene Küstenplätze noch nicht jüdisch waren und von den
späteren Königen dieses Namens keiner die Macht besessen
habe, sie den Juden zu entreissen, und letzteres mfisste zu-
gegeben werden, wenn der Titel des Fannius im Text richtig
angegeben wäre. Dieser ist ohne Zweifel, da ein anderer
Fannius aus jener Zeit nicht genannt wird, G. Fannius M. f.
Strabo, der bekannte spätere Geschichtschreiber, Liebling des
Scipio Aemilianus, Schwiegersohn des G. Laelius und Freund
des G. Gracchus, Gonsul 122 und demnach spätestens 125
Prätor; nach Antiochos Sidetes regierte Demetrios wieder,
bis er Sei. 187 (Okt. 126-125) von Alexander Zabina ge-
stürzt wurde; seinem ältesten Sohn Seleukos folgte einige
Monate später der zweite Sohn Antiochos Grypos; von diesem
sind zwar Münzen aus demselben Jahr vorhanden, aber seine
Zu Josephos. 579
Maebt war damals noch so gering, dass ihm die Eroberung
jener Plätze nicht zugeschrieben werden kann: der grösste
Theil des Reichs gehörte dem Gegenkönig, was daraus her-
vorgeht, dass Porphyrios zwischen üemetrios und seiner Re-
gierung die Lücke eines ganzen Jahres^) lässt. Es ist jedoch
fraglich, ob in unserer Urkunde Fannius ursprünglich bloss
als argatf^yög (Prätor) bezeichnet war: das Tom Senat be-
schlossene und, wie Mendelssohn nachgewiesen hat, noch Yor-
handene Geleiteschreiben für die Gesandten (S.586), nennt
ihn Consul (oTQartiydg vjtaTog)^ was wenigstens aus äusseren
Gründen vorzuziehen ist: nach oTQaxriydg konnte vTtarog
leicht ausfallen (auch der Vorname des Fannius ist durch ein Ver-
sehen verloren gegangen), während andrerseits es nicht wahr-
scheinlich ist, dass ein Abschreiber dem Titel argcnr^yög eigen-
mächtig ifjiaTog hinzugefügt haben würde. Dieser Erwägung
kommen aber die geschichtlichen Verhältnisse zu Hülfe.
2. Da in die letzten Jahre des Antiochos Sidetes, wie
oben bemerkt worden ist, ein Krieg desselben mit Hyrkanos
nicht gesetzt werden kann, so verlegen Ritschi und Mendels-
sohn die (vermeintliche) Rückerwerbung der früher syrischen
Küstenplätze durch ihn in die der Belagerung Jerusalems
(Sommer oder Fröhherbst 134 bis um Ende Oktober 133)
voraufgegangene Zeit gleich nach seinem feindlichen Einzug
ins Land: nur aus römischer Intervention erkläre es sich,
dass der König, dessen Reich ohne jene Städte gar nicht
recht habe bestehen können, sie unter so unbegreiflich milden
Bedingungen, gegen jährliche Zahlung des Tributs, welchen
sie seinen Vorgängern entrichtet hatten, den Juden gelassen
habe. Die Herrschaft der Juden über Joppe und Gazara,
durch welche das unmittelbar königliche Gebiet in zwei
nirgends mit einander zusammenhängende Stücke zerrissen
1) Er rechnet es offenbar dem Alexander zu^ dessen Regierangs-
jahre er nicht angibt.
580 G. Unger
wurde, konnte indesä nur dann empfindliche Störungen ver-
ursachen, wenn die Juden unabhängig und zugleich feindlich
gesinnt waren ; aber Hyrkanos schwor Treue und hielt seinen
Schwur bis zum Tod seines Lehensherrn. Früher hatte Antio-
chos, ein für allemal wie es scheint (Schürer I 201), 1000
Talente für die Belassung jener Plätze von Simon verlangt,
dieser aber bloss 100 geben wollen; er trug nun, weil er
selbst noch mit Diodotos Tryphon zu thun hatte, dem Kende-
baios die Kriegführung auf; als dieser besiegt wurde, wartete
er so lange, bis Tryphon und dessen Anhang überwältigt
war; dann im Sommer oder Herbst 134 erschien er. Wenn
er nun beim Friedensschluss zu der Schleifung der Mauern
Jerusalems noch die Uebernahme der von den strittigen Orten
gezahlten Jahressteuer, Entrichtung von 500 Talenten, Heeres-
folge und Geiselnstellung forderte, so sind diese Bedingungen
gerecht und verhältnissmässig mild zu nennen; zur Erklärung
ihrer Milde reicht es aber hin, dass Antiochos jetzt den
sicher nie ausser Augen gelassenen Plan, die Gefangenschaft
seines Bruders Demetrios zu endigen und die an die Parther
verlorenen Provinzen wiederzugewinnen, in Angriff nehmen
konnte; für diesen war ihm die willige Ergebung und die
Heeresfolge der tapfersten Nation des Reichs von grossem
Werth und desswegen hatte er, was er auch nach römischer
Intervention nicht zu thun gebraucht hätte, die bereits
H.unger leidenden Juden durch Bewilligung der Waffenruhe
während des Laubhüttenfestes und Sendung werthvoUer Opfer-
gaben zum Augebot der Gapitulation ermuntert.
3. Mit der Erzählung des Josephos ist die Annahme
einer der Belagerung Jerusalems vorausgehenden Eroberung
von Joppe und Gazara durch Antiochos nicht vereinbar,
ant. 13, 8, 2 elg rr^v 'lovdalav ivißaXev . . ., dfjc&aag dh ri^v
X(OQav TÖv 'Ygxavdv elg avrijv hixXeioe rijv tiöXiv; er weiss
auch nichts davon, dass sie etwa während der Belagerung
stattgefunden habe. Dass er den Vorgang übersehen hätte,
Zu Jasephos, 581
ist desswegen unwahrscheinlich, weil eben der Streit um jene
Plätze die Ursache des Krieges gewesen ist, und aus einem
andern Umstand ist zu schliessen, dass er in seinen Quellen
nichts davon gefunden hat. Er setzt die Gesandtschaft des
Hyrkanos nach Rom in die Zeit des Demetrios bald nach
dem Tod des Antiochos Sidetes. Wie kommt er dazu, da
doch in dem Senatusconsulfr nichts davon steht? Offenbar
durch Yermuthung und zu dieser hat er gegriffen nach ver-
geblichem Forschen in seinen Quellen; hätte er in der sieber
eingebend erzählten Gescbichte jenes Krieges etwas davon
gefunden, so würde er die Gesandtschaft nicht 5 — 6 Jahre
später in das J. 128 gesetzt haben. Da der Vorgang, welcher
sie herbeiführte, aucb nicht vor dem ersten Jahre des Parther-
kriegs geschehen sein kann, denn in diesem begleitete Hyr-
kanos das Heer und Antiochos war so rücksichtsvoll, nach
der Schlacht am Lykos 2 Tage lang wegen des Sabbats
und eines darauf folgenden jüdischen, wahrscheinlich des
Pfingstfestes zu rasten, so blieb bloss das Jahr des zweiten
Partherfeldzugs übrig, welchen Hyrkanos gar nicht oder
nicht bis zum Ende mitgemacht hat (ant. 13, 9, 1 äxovoag
T&v 'AvTiöxov '^dvatov inl rag h Zvqlq. ndkeig i^eargdcsvoev),
und da Antiochos um Ende November gestorben, das Senatus-
consult aber am 6. Februarins abgefasst war, so musste ihm
die Gesandtschaft in die Zeit des Demetrios fallen. Der Ab-
fall des Hvrkanos aber und seine widerrechtlichen Erwerbun-
gen in Syrien gewannen dabei eine Rechtfertigung: sie wurden
durch die von Antiochos zugefügte Unbill entschuldigt. Dass
er in ihm den Antiochos des Senatusconsults findet, ist da-
durch noch nicht erklärt: Josephos kann auf ihn bloss ge-
rathen haben; es ist aber auch denkbar, dass er von einer
damals nach Rom gegangenen Gesandtschaft des Hyrkanos
gelesen habe: dies war die Botschaft, welche das Senats-
oonsult A herbeigeführt hat.
4. Ritschi und Mendelssohn beziehen auch den Senats-
582 G. Unger
beschluss C auf jene Belagerung, können sich aber über das
Zeifcverhältniss beider Urkunden zu einander nicht einigen.
Ritschi hält G für die ältere; diese gebe den Senatsbeschluss,
gegen welchen Antiochos, wie es in B heisst, sich vergangen
hatte; erst nach dem Einlauf von B habe er sich gefügt.
Mendelssohn bezieht die Worte nagä x6 r^g avyxXi^rov ddyfia
(mit Recht) auf das Senatusconsult A, lässt zuerst den am
6. Februarius gefassten Beschluss B, welcher bloss die Bundes*
erneuerung genehmigte, dann (etwa im August) auf Andringen
einer neuen Gesandtschaft die in diesem auf später Ter-
schobene Berathung zu Stande kommen, deren Ergebniss er
in G erkennt. Gegen Ritschi spricht die Unwahrscheinlich-
keit der Annahme, bei dem damaligen Verhältniss Roms zu
den Mittelmeerländern habe ein König die Kühnheit gehabt,
einer an ihn ergangenen Aufforderung des Senats zu trotzen;
gegen Mendelssohn der Umstand, dass nach dem Geleite-
rundschreiben zu seh Hessen die aufgeschobene Berathung in
der nächsten Senatsyersammlung stattgefunden hat; gegen
beide die bestimmte Angabe in G, welche dieses Consult in
die Zeit des Antiochos Kyzikenos, also frühestens in das
J. 113 bringt.
5. Der Gedanke, das Eingreifen Roms habe einem be-
lagerten römischen Bundesgenossen weiter nichts als die Mil-
derung der Gapitulationsbedingungen verschafft, yerkennt die
einfachsten Voraussetzungen eines Bundes mit einem mächti-
gen Staat, insonderheit eines solchen mit der Weltgrossmacht.
Der von Judas abgeschlossene, von Jonathan, Simon und
Hyrkanos erneuerte Vertrag verpflichtete beide Theile zur
Bundeshfilfe im Krieg {avjui/Jiaxla) in jedem Falle, in welchem
der angerufene Theil die Nothwendigkeit derselben durch
Erneuerung des Bundes für geboten erachtete. Selbstver-
ständlich sollte seine Hülfe so ausgiebig sein, als er sie ohne
wesentlichen eigenen Schaden leisten konnte. Wenn nun
Hyrkanos belagert oder mit Belagerung bedroht war, so
Zu Josephos, 583
würde er doch sicher nicht bloss um Herbeiführung milder
Capitulaiionsbedingungen, sondern einfach um Abwendung
oder Endigung der Belagerung und um Befreiung von der
feindlichen Invasion gebeten und ebenso gewiss der Senat
ein solches Gesuch genehmigt haben, weil dieser in der Wir-
kung grosse Dienst in der Ausführung so leicht war, wie es
nur ii^end eine Hülfeleistung sein konnte: die Bundeshülfe
hätte weiter nichts gekostet als die Ausfertigung eines
Schreibens an den König, und sie würde um so sicherer ge-
währt worden sein, als ja die Absicht des Senats beim Ab-
schluss des Bundes darauf ausging, die Unabhängigkeit der
Juden zu erhalten und dadurch das Seleukidenreich zu
schwächen. Hatte im J. 168 der Stab eines römischen Ge-
sandten genügt, den Herrscher dieses damals weit mächtigeren
Reiches mit seinem Heere unverweilt aus dem schon halb
eroberten Aegypten hinauszuweisen, so hätte es jetzt nach
dem Fall der Grossmächte Makedonien und Garthago zu
diesem Behuf nicht einmal der Sendung eines besonderen
Botschafters bedurft: ein Blatt Papier, überreicht Ton dem
aus Rom gekommenen Gesandten des bedrohten Fürsten hätte
dieselben Dienste geleistet. In Wirklichkeit bitten aber die
Juden, in deren Land Antiochos nach Ritschi und Mendels-
sohn zur Zeit schon eingebrochen ist, nicht um Bewirkung seines
Abzugs, sondern der Herausgabe der von Rechtswegen ihm ge-
hörenden und jetzt ihnen wieder abgenommenen Küstenplätze,
während es ihnen doch im andern Falle am nächsten gelegen
hätte, auf die Rettung ihres ganzen Landes hinzuwirken.
6. Der Inhalt des Senatusconsults weist auf ganz andere
als auf die durch den Einfall des Antiochos Sidetes im
J. 134 geschaffenen Verhältnisse hin. Die Bitte, zur Rück-
gabe der weggenommenen Küstenplätze zu helfen, setzt vor-
aus, dass die Juden im Besitze ihres Heimathlandes zur Zeit
nicht gestört oder bedroht sind; ganz unverständlich, ja
lächerlich thöricht wäre, wenn der Feind noch im Lande
584 G. Unger
weilt, sich hier immer weiter und so drohend ausbreitet, dass
die Belagerung und schliessliche Einnahme Jerusalems be-
vorsteht, das Änsinuen an den Senat, königlichen Truppen
den Durchmarsch zu verbieten, Aufhebung der in jenen
Plätzen eingeführten Neuerungen zu befehlen und Botschafter
zur Abschätzung des angerichteten Schadens zu schicken.
Der einzige Orund, welcher zur Verlegung dieses und
des dritten Consults in die Zeit des Antiochos Sidetes geführt
hat, ist die Voraussetzung, dass nach ihm kein Seleukide
mehr die Macht besessen habe, welche der in beiden genannte
Antiochos gehabt haben muss. Was es mit dieser Ansicht
auf sich hat, soll zur Urkunde G gezeigt werden; für B dürfte
schon das bisher Beigebrachte vollauf zum Erweis genügen,
dass hier von einem späteren Antiochos die Rede ist. Dies
geht, wenn die zu A gegebene Darlegung das Richtige ge-
troffen hat, schon aus der Erwähnung eines älteren, von
Antiochos durch Besetzung Joppes und der andern früher
syrisch gewesenen Orte und durch dort getroffene Aende-
rungen (Uebertragung der Aemter an königlich Gesinnte,
Vertreibung der Gegner Syriens u. dgl.) verletzten Senats-
beschlusses hervor: dies ist offenbar nicht der von 139, in
welchem bloss Schutz für die Städte und das Land der Juden
ausgesprochen wird, sondern das Gonsnlt A: denn dieses setzt
ausdrücklich den Schutz der Häfen hinzu. Daraus folgt,
dass unser Consult erst nach dem Jahr 128, also frühestens
unter Antiochos Grypos ausgefertigt ist.
In dieselbe Zeit führt auch die Erwähnung von ünter-
thanen der Juden: den königlichen Truppen solle es nicht
erlaubt sein diä rrjg x^Q^^ '^V^ avxwv xal xwv i7ti]x6(ov
avtanf diiQxec&ai. Ein von den Juden abhängiges Land gab
es unter Antiochos Sidetes noch nicht: die dem Königreich
entrissene Eüstengegend war von Heiden geräumt und mit
Juden bevölkert worden; von Joppe und Gazara wird dies
ausdrücklich bezeugt (1 Makk. 13) und der früher zu Jamnia
Zu Joaephos. 585
gehörige Hafen war selbstverständlich von Juden besetzt
worden. Mendelssohn benützt daher die gut beglaubigte
Variante xfjg avxmv vtitjxocov ovxoiv diig^so^ai^) zu der Con-
jectur did r^g x^Q^^ '^V^ avr&y {(bg) v7tr)x6cov öncov dieQ-
Xso&ai, in welcher d>g vTtfjxöcov Svx(üv einen unnützen Zusatz
bildet und zugleich einen unvollständigen Gedanken enthält:
es müsste noch ^ Idlag oijorjg dabei stehen. Unterthauen-
land, dessen alte Einwohner nicht vertrieben wurden, kam
erst unter Hyrkanos in jüdischen Besitz und zwar zuerst in
den Jahren 129 und 128, gleich nach dem Tod des Antiochos
Sidetes, s. zu A Abschn. 8.
7. So mächtig, dass er es unternehmen konnte, das ge-
raubte Küstenland den Juden wieder zu entreissen, war Antio-
chos Grypos erst um die Zeit, da Fannius das Consulat antrat,
oder kurz vorher geworden. Er besass im J. 125 nach dem
Sturz seines Vaters Demetrios II und dem Tod seines Bruders
nur wenige Plätze (vgl. Abschn. 1); die letzten Münzen des
Demetrios und seine ersten datiren aus Sei. 187 (Okt. 126 bis
125), aber Porphyrios zählt ihm erst die Zeit von Ol. 164, 2
= Sel. 189;*) in diesem Jahr scheint er demnach eine nen-
nenswerthe Macht erworben zu haben. In das nächste
(Okt. 123 — 122) setzt Porphyrios die Niederlage und den Tod
seines Nebenbuhlers; dazu stimmen die Münzen, da die letzten
Alexanders aus Sei. 190 stammen. Jetzt beherrschte also
Orypos das ganze Reich und war dem Hyrkanos an Streit-
kräften weit überlegen. Wir müssten also auch ohne Anhalt
in der Textüberlieferung im Anfang des Senatsconsults orga-
TYiyog {vnaxog) schreiben; glücklicher Weise steht der ver-
1) Nach avxcbv war xai x&v ansgefallen und vjirjxöcov avxwv
dadurch unverständlich geworden ; in Folge davon wurde avx&v in
ovTCDv verwandelt.
2) Porphyrios legt den Olympiadenjahren den makedonischen
Kalender zu Grund (Ol. 1,1 = Okt. 777-776), s. Seleukidenära S. 300
bis 809.
586 G, Ungtr
langte Titel schon in dem Randschreiben, Jos. ant. jud. 14,
10, 15:
FAiog ^Awiog Fatov^) vlög axQaTrjydg tmarog Kc6ü)v
ägxovoi ;|fa/^€iv. ßoiko/nat vfiäg eldirai, Sri nQeoßeig *Iovdaio>v
fxoi 7tQogrjk'9ov ä^iovvrsg kaßeTv xd avyxlrjtav döy/iara td
negl avx&v ytyovdxa. inoxhaxxai dh xä ÖEdoyfiha. vfxäg o^^v
^iXo) (pQovxtoai xal TtQOvotjaai xwv dv&QtonoDV xaxd xd xfjg
avyxlijxav ddyjbia, Sncog dtd x'qg vfxetiqag x^Q^^ ^^^ '^V^
olxetav 'äa<paX<bg ävaxofuo&cboiv,
Josephos ftthrt dieses Schreiben anter den Urkanden auf,
welche von den im J. 49 den Juden gewährten Vergünsti-
gungen zeugen (ant. 14, 10, 13 — 19); seine Zugehörigkeit
zu unserem Senatusconsult hat Mendelssohn erkannt und be-
wiesen. Den Statthalter von Asia in Ephesos, was im Jahr 49
C. Fannius war, konnten die jüdischen Gesandten nicht an-
gehen, um die Urkunden über Beschlüsse des Senats in Em-
pfang zu nehmen, diese erhielten sie in Rom, und jene Ver-
günstigungen bestanden nur in Befreiung vom Kriegsdienst
und Schutz ihrer Gultusausübung; hier dagegen haben wir
das an die Koer gerichtete Exemplar des Qeleiterundschreibens,
welches im Consult B den Gesandten mitzugeben der Consul
C. Fannius beauftragt wird. Die Adresse Fdiog . . . ;|ra<io«r
will Mendelssohn von dem Brief abtrennen und auf den
Statthalter yon 49 beziehen, wodurch es möglich würde, den
überlieferten Vatersvornamen beizubehalten; aber seine Be-
hauptung, der Prätor (oder Consul) in Rom habe keinen
Grund gehabt, ein Empfehlungsschreiben für die Juden nach
Kos zu richten, ist ebenso unrichtig wie seine Erktimng der
in Wirklichkeit nur dem Consul zukommenden Bezeichnung
axQaxYiybg vnaxog als Titel jenes C. Fannius, der im Jahr 49
nicht einmal Prätor, sondern Proprätor gewesen ist, s. Wehr-
1) Im Hinblick auf das vorausgehende F&iOi aus Moqxov ver-
schrieben.
Zu Josephos, 587
mann, fasti praetorii p. 72, wesswegen auch bei JosephoB
ant. 10, 14, 13 mit Rechfc Ernesti's Conjectar 0awlov tov
ävTiüXQaTTjyov (st. äQxioxQaxrjyov) in den Text gesetzt worden
ist: aus dieser Stelle, in welcher der Proprätor T. Ampius
erklärt, dass auf seine Veranlassung der Consul (des J. 49)
Lentnius die Juden in Äsia vom Kriegsdienst befreit und
sowohl der Proprätor Fannius als der Proquästor L. Antonius
die Juden vor Belästigungen zu schützen zugesagt hätte,
folgerte Josephos, der 14, 10, 16 ein hierauf bezügliches
Schreiben des Lentulus und c. 10, 17 das des Antonius mit-
theilt, in obiger Urkunde sei das entsprechende Schreiben
des andern Proprätors zu erkennen.
8. Der Geleitebrief und das Consult dienen einander
wechselseitig zur Erläuterung. Der Senat hat, wie dieses
angibt, am 6. Februarius Ton den Anliegen der Gesandten
nur das die kürzeste Zeit in Anspruch nehmende, die Er-
neuerung des Bündnisses erledigt und damit die Anweisung
des Reisegeldes verbunden, die Berathung der Einzelheiten
aber wegen vordringender eigener d. i. städtischer Angelegen-
heiten auf später verschoben; im J. 122, zur Zeit der Thätig-
keit des C. Gracchus hat es offenbar an solchen nicht gefehlt.
Dass jene erheblich später und erst nach dem Erscheinen
einer neuen jüdischen Gesandtschaft in Berathung genommen
worden seien, konnte man mit einem Schein des Rechts aus
dem Zusatz des Josephos zu der Mittheilung des Raths-
beschlusses schliessen: ^Awiog fikv oiv ovrwg djionijbuzei
Tovg Tcov Uovdalcov Jigloßeig xQrjfxaxd re dovg avroTg ix tov
drifxooiov xai doyfxa ovyxXi^TOv ngög rovg diajiejuipovrag xal
äoq)aXfj jzaQs^o/ievovg rijv ol'xaÖe nagovoiav; aber woher
konnte er von diesen Vorgängen Kenntniss haben, wenn er,
wie ans der falschen Stelle, die er dem Consult anweist, her-
vorgeht, keine andere Quelle benützt hat als dieses? Aus ihm
also hat er den Inhalt seiner Meldung gefolgert: die Reise-
geldanweisung ist darin ausdrücklich angeordnet; ans dieser
588 G, ünger
lind dem anscheinenden Nichtvorhandensein eines die beson-
deren Wünsche^) der Juden in Erwägnng ziehenden Consults
schloss er, dass die Gesandten ohne ein solches wieder abgereist
seien, und daraus weiter, dass vorher noch in einer zweiten
Sitzung der zur Abreise nöthige Gbleitebrief beschlossen, die
besonderen Wünsche des jüdischen Volks aber erst später nach
deren Abreise in Erwägung gezogen worden seien, und dar-
aufhin hat er angenommen, dass den Gesandten ausser dem
ihm vorliegenden Senatusconsult noch ein bloss das Geleite
betreffendes mitgegeben worden sei. Er irrte aber darin,
dass er das Geleiteschreiben in einem Gonsult suchte; das
Geleite anzuordnen war Sache des Senatsvorsitzenden, welcher
zu diesem Behuf ein Rundschreiben ausfertigte, eben das,
welches wir in einem Exemplar noch besitzen.
Die Verschiebung des Bescheids auf die besonderen
Wünsche der Juden hatte ihren Grund darin, dass die Be-
rathung derselben voraussichtlich lange gedauert und dadurch
die in derselben Sitzung nothige Beschlussfassung über drin-
gende, vielleicht erst nachträglich auf die Tagesordnung ge-
setzte römische Angelegenheiten beeinträchtigt haben würde.
Dringend, nur nicht hinsichtlich des Tages, waren aber auch
die Anliegen der Juden und nachdem mit der Erneuerung
des Bundes die Pflicht ihnen zu helfen übernommen und an-
erkannt, ja in dem Gonsult sogar über ihr Gesuch hinaas
1) Ihre Bezeichnung ist im Eingang der Urkunde zusammen-
gefasst in dem Ausdruck drjfji6aia ngdyfjiaxa, (besondere) Anliegen des
Volks, und daher nicht negl juivroi yQafifAaxGiv {djtexQivavto ßovXsiattr&ai)^
sondern mit guten Hdss., welche durch die älteste Textqoelle (die
lat. Uebersetzung: rebus ablatis) unterstQtzt werden, ntQt fAsyzot xmv
nQayiA&xcav zu schreiben, nicht mit Kiese eine tiefergeheinde Verderb-
niss anzunehmen. Zu den eigentlichen 'Angelegenheiten des Volks*
gehört das Bedürfniss eines Geleitebriefs für die Gesandten nicht,
von ihm sprechen sie bloss anhangsweise zuletzt. Die Lesart yocLfA-
fMLxoiv ist eine aus falscher Beziehung auf ygafifiaxa dö^aiv hervor-
gegangene Aenderang.
Zu Jasephos. 589
>
der Wiederkehr ähnlicher Insulten vorzubeugen versprochen
war, so läs<)t sich nur annehmen, dass sie in der nächst-
folgenden Sitzung des Senats verhandelt und möglichst den
Wünschen, jedenfalls aber dem Interesse derselben ent-
sprechend beschieden worden seien. Hätte die Erledigung
der von den Gesandten vorgetragenen Wünsche erst mehrere
Monate später (im August wie Mendelssohn will) stattfinden
sollen, wozu dann die Verhütung neuer, nach ihr erwarteter
Unbilden versprechen, da doch in der Zwischenzeit schon
genug hinzukommen konnten? Die Gesandten bekamen also
in der That noch ein zweites Senatusconsult, aber ein anderes
als Josephos gemeint hat, und dass sie mehr als eines mit
fortgenommen haben, bezeugt der Geleitbrief in dem Pluralis
doyfjLOta^ wofür nachher zur Abwechslung dedoyfxiva gesagt
ist. Mendelssohn will im Zusammenhang mit seiner Hypo-
these von der späten Behandlung der besonderen Wünsche
des Hjrkanos ddyfxaxa auf die einzelneu Bestimmungen des
Consults beziehen; aber auf eine Urkunde angewendet be-
zeichnet ddyfxa in römischen Aktenstücken und überhaupt
das ganze Senatusconsult. Wenn Fannius nachher von einem
einzigen döy/na spricht, so geschieht es, weil er dort das
den Geleitebrief verordnende, d. i. das später zu Stande ge-
brachte im Sinn hat.
Hat die erste Audienz der Gesandten am 6. Februarius
632 = 10. Februar 122 stattgefunden, so spielte der in dem
Consult erwähnte Krieg, da während der Regenzeit gewöhn-
lich die WaflFen ruhten, vermuthlich im Herbst 123; es ist
daher fraglich, ob Antioehos Grypos (um den 17. October
oder 18. September 123 beginnt das Jahr, in welchem er
den Alexander Zabina zu Fall brachte) damals schon die
Macht des ganzen Reiches in seiner Hand gehabt oder noch
mit dem Gegenkönig gekämpft hat. Die Besehwerde der
Juden über eigenmächtige Durchzüge seiner Truppen durch
ihr Land und die auffallenden, weil eigentlich selbstverständ-
1895. Bitsungsb. cL phU. n. bist Gl. 38
I
I
590 O. Ünger
liehen Zusätze noXe/A&v (tXaße) und xaxä xbv ndXefwv hteüßov
legen aber die Yermuthung nahe, daas der eigentliche Feind,
welchen Grjrpos damals bekriegte, Alexander Zabina war,
und Hyrkanos nur sei es durch indirecte Unterstützung dieses
seines Freundes oder durch drohendes Auftreten nach dem
widerrechtlichen Durchzug mit in den Krieg verwickelt
worden sei. Jedenfalls ist es sicher, dass ihm Grypos damals
aus demselben Grund überlegen war, wie dem Gegenkönig:
Ftolemaios Physkon hatte, diesem grollend, seine Tochter
Tryphaina mit Grypos verlobt und ihm ein Hülfsheer ge-
schickt, bei dessen Erscheinen ein grosser Theil der syrischen
Städte von Alexander abfiel (Justin 39, 2).
Das Senatusconsult A hatte die beabsichtigte Wirkung
gethan: dies ersieht man daraus, dass der befürchtete Verlust
der Häfen und der andern früher syrischen Plätze, wie Con-
sult B zeigt, nicht eingetreten war; auch der Freiindschafts-
vertrag, welchen Alexander mit Hyrkanos schloss (Jos. ant.
13, 9, 3), darf wohl hauptsächlich aus der Parteinahme Roms
für diesen erklärt werden. So wird wohl auch die Vorsicht,
mit welcher Antiochos Grypos als Alleinherr Syriens sich
hütete, die Juden zu bekriegen, nicht bloss, wie Josephos
ant. 13, iO, 1 meint, aaf die Furcht vor den erst mehrere
Jahre nach 122 (Justin 39, 2, 9) begonnenen Rüstungen
seines Stiefbruders Antiochos Eyzikenos, sondern zunächst
auf die Wirkung des Consults B zurückzuführen sein; da^
er die Häfen und mit ihnen die andern früher syrischen
Plätze wieder herausgegeben hat, geht aus Gonsult 0 hervor.
C: ant. 14, 10, 22. Jahr 112, nicht 133.
Unter den Urkunden, welche Josephos a. 14, 10 als Belege
für die von Caesar und andern Machthabem jener Zeit dem
Hyrkanos II gewährten Vergünstigungen zusammenstellt, steht
eine, deren erste, sichtlich aus älterer Zeit stammende Hälfte
Ritschi und Mendelssohn von ihr abgetrennt und einer ver-
^u ffosephos. 591
lorenen andern zugewiesen haben, § 22: ^rj(piajtia IJegya-
/Ltrjvfov. inl TiQVTdvecog Kgarbinov fxtjvbg Aaiolov [^^cüt^]
yv(6ßifj oxQaxrjyayv, inel 'Pco/iaToi xaraxolov^ovvTeg jfj x(bv
TiQoyovoiv dycoyfj xovg vneQ xrjg xoivrjg &7idvTcov dv^gcoTtcov
daq)aleiag xivdvvovg dvade^ovrai xal q)iXonjuovvTat rovg ovjU'
fidxovg xal <püovg h •evdaijuoviq xal ßeßalq, xaraoTTJoai
elgi^vT], nifJLxpavTog ngög avrovg zov idyovg xwv *Iov5aloyv
xal 'Ygxavov rov dQXieqiayg avi&v Jtgioßeig üxgdxcova Oeo^
doxov 'AtzoXXcoviov 'Ale^dvdgov Alvelav ^Avxuidxgov 'Agioxo-
ßopXov ^Afivvxov Zmobtaxgov ^iXbiitov ävdgag xaXovg xal
dya&ovg, xal nsgl xcbv xaxd fiigri efi(paviodvx(ov idoy/zdxioev
r} ovyxkfjxog Ttsgl (hv inovf\navxo xovg Xdyovg^ ÖTicog jLtrjdkv
ädtxfj 'Avxloxog 6 ßaoiXevg ^Avxidxov vlog ^lovdalovg ov/zfidxovg
'PoifJiaUov, Snayg xe (pgovgia xal Xi/ievag xal x^Q^'^ ^^^ ^^
XI äXXo dq>eiXexo avxcbv d7tod(y&fj xal i$fj avxoTg Ix xcbv
XijiiSvwv firiS*^) i^ayayeiv^ Iva xe jurjöelg dxeXrjg fj ix xrjg^Iov-
didcov x^Q^^ ^ ^^^ Xifiivayv avxcbv i^dycov ßaoiXevg fj dfjfiog
f} jLiövog IhoXefjLoiog 6 ^AXe^aydgicov ßaoiXevg did xö elvai
övfxfxaxog fj/nixegog xal (piXog, xal xrjv h 'Iojctij] cpgovgdv
ixßaXeiv, xai^cog idsT^&rjaav hierauf folgt mit xrjg ßovXfjg
fjficbv Aovxiog Ilhxiog u. s. w. der Antrag eines Rathsherrn,
diesen Weisungen Folge zu leisten und sicheres Geleite den
Gesandten zu gewähren; dann wird vorgetragen, wie Theo-
doros, dem Rath und der Gemeinde vorgestellt, den Brief
und das Senatusconsult abgegeben, die Tugenden des Hyrka-
nos geschildert habe und der Beschluss gefasst worden sei, den
Juden in jeder Weise gefallig zu sein; von diesem Beschluss
habe er gebeten eine Abschrift an Hyrkanos zu schicken und
durch die Ueberbringer um weitere und noch eifrigere Be-
thätigung einer Freundschaft zu bitten, welche schon zwischen
Abraham und ihren Ahnen bestanden habe.
Dass Josephos einen Irrthura begangen hat, haben die
1) S. Abschn. 5.
38*
\
592 6?. Ünger
älteren Erklärer an der Nennung des Antiochos erkannt und
in diesem (mit Recht) den Antiochos Eyzikenos gesucht;
durch die von Ritscbl eingeführte Theihing des Schriftstücks
verbleibt der zweiten Hälfte die von Josephos dem Oanzen
gegebene Zeitbestimmung. Dass sich der Antrag des Pettius
(tva (pQovrlacoßÄSv ravta ovjcog ymic&ai TiQovoijoal te Tfjg
äo(paXovg elg olxov tcüv nQeoßevxcov ävaxofJLidijg) nicht auf
die Ausführung der in der ersten Hälfte enthaltenen römi-
schen Anordnungen bezieht, ist klar; vielmehr ist, wie Mendels-
sohn p. 156 zeigt, der Schutz der Juden in ihrer Cultus-
Übung gemeint; ebenso unwiderleglich ist sein Hinweis auf
die Verschiedenheit der Gesandtschaft: an der Spitze der von
Hjrkanos H geschickten steht Theodoros, der unter den im
Anfang genannten Botschaftern gar nicht vorkommt. Dazu
kommt, dass Theodoros auch ein Schreiben des Hyrkanos
mitgebracht hat, während in der ersten Hälfte bloss von
einem Senatusconsult die Rede ist; der Hohepriester nimmt
in der zweiten eine viel höhere Stellung ein als in der ersten,
wo dem jüdischen Volk der Vorrang eingeräumt ist; hier
dagegen erscheint Hjrkanos durchweg sogar als der einzige
Vertreter der jüdischen Staatshoheit, so heisst es z. B. xotv^
ndvxag evegyerel xal xat' Idiav rovg Tigög avzöv äq)ixojnivovg,
Könige Syriens hat es zur Zeit der Regierung des Hyr-
kanos II (63—40) gar nicht mehr gegeben, wie auch von
63 bis 47 keine jüdischen Häfen; die letzten Könige herrschten
nur vorübergehend zwischen 69 und 63 in einem kleinen
Theil des Landes, von 83 bis dahin war es im Besitz des
Tigranes und vorher seit dem Tod des Antiochos Kyzikenos
(gest. 94) in mehrere Stücke zerrissen gewesen, deren Besitzer
einander fortwährend bekriegten. Fest steht, dass, wenn die
Worte ^AvTioxog 6 ßaodevg 'Avtioxov vl6g keinen Textfehler
enthalten, an keinen andern Antiochos gedacht werden kann
als an Kyzikenos, Sohn des Antiochos Sidetes und der Kleo-
patra, Tochter des Ptolemaios Philometor, welche zuerst dem
Zu Josephoe. 593
Alexander Bala den im J. 137 von Diodot aus dem Weg ge-
räumten Antiochos VI und dann dem Demetrios II den Antio-
chos Grypos geboren hatte. Ritschi und Mendelssohn setzen
den Senatsbeschluss in die Zeit der Belagerung Jerusalems
durch Ant. Sidetes (hierüber s. zu B Abschn.4) und behaupten
daher, l^vnöxov sei aus AtjfMrjrQiov verdorben. Outschmid
im Literar. Centralblatt 1874 No. 38 will die üeberlieferung
durch die Annahme vertheidigen, Sidetes habe jene Plätze
erobert, Kyzikenos aber besitze sie zur Zeit des Senatus-
consults und wolle sie nicht herausgeben; aber Schürer I 207
widerlegt ihn aus dem Text, wo 'Avrloxog 'Avriöxov vlög
auch Subject von äcpeiXexo ist. Die Behauptung jedoch, dass
der Beschluss mit B in die Zeit des Sidetes falle, ist keines-
wegs erwiesen worden; sie lässt sich aus dem Text selbst
widerlegen und die handschriftliche Üeberlieferung findet auch
in der geschichtlichen eine Stütze.
1. Gegen die Deutung auf Antiochos Kyzikenos ist nur
ein einziger Grund geltend gemacht worden: die Schwäche
dieses Königs und überhaupt der Nachfolger des Sidetes,
von welchen keiner den Juden gegenüber eine so grosse
Macht entfaltet habe, dass er ihnen die früher syrischen Plätze
(Joppe, Gazara u. s. w.) hätte entreissen können. Mendels-
sohn weiss hiefür keinen andern Beleg anzuführen, als die
flüchtige und lückenhafte Uebersicht, welche Josephos ant. 13,
9, 3 — 10, 1 von der Geschichte des Verhältnisses zwischen
jenen Königen und Hyrkanos I gibt: gleich nach dem Tod
des Sidetes, als Demetrios II zum zweiten Mal regierte, habe
jener (129 — 128), weil Demetrios durch die ägyptischen
Händel abgelenkt war, syrisches Unterthanenland im Osten,
Norden und Süden abgerissen, Alexander Zabina (128 — 122)
mit ihm Freundschaft geschlossen, Grypos (122 — 112) ihn
nicht anzugreifen gewagt, weil er von Kyzikenos zuerst be-
droht, dann (117 — 112) bekriegt wurde, dieser selbst aber
(112 — 94) habe weiter nichts als einen verwüstenden Heeres-
592 6?. Ünger
älteren Erklärer an der Nennung des Antiochos erkannt und
in diesem (mit Recht) den Antiochos Kyzikenos gesucht;
durch die von Ritscbl eingeführte Theilung des Schriftstücks
verbleibt der zweiten Hälfte die von Josephos dem Ganzen
gegebene Zeitbestimmung. Dass sich der Antrag des Pettius
{Xva (pQovxlawfXBv ravxa ovrcog ywio'&ai TiQOvofjoal te xrjg
&oq)aXovg elg olxov x&v JiQeaßevxcbv ävaxo^tdrjg) nicht auf
die Ausführung der in der ersten tlälfte enthaltenen romi-
schen Anordnungen bezieht, ist klar; vielmehr ist, wie Mendels-
sohn p. 156 zeigt, der Schutz der Juden in ihrer Gultus-
übung gemeint; ebenso unwiderleglich ist sein Hinweis auf
die Verschiedenheit der Gesandtschaft: an der Spitze der von
Hyrkanos II geschickten steht Theodoros, der unter den im
Anfang genannten Botschaftern gar nicht vorkommt. Dazu
kommt, dass Theodoros auch ein Schreiben des Hyrkanos
mitgebracht hat, während in der ersten Hälfte bloss von
einem Senatusconsult die Rede ist; der Hohepriester nimmt
in der zweiten eine viel höhere Stellung ein als in der ersten,
wo dem jüdischen Volk der Vorrang eingeräumt ist; hier
dagegen erscheint Hyrkanos durchweg sogar als der einzige
Vertreter der jüdischen Staatshoheit, so heisst es z. B. xotvf]
Ttdvtag evegyeiei xal xaz^ Idlav zovg ngdg avzov ätpixojiievovg,
Könige Syriens hat es zur Zeit der Regierung des Hyr-
kanos II (03—40) gar nicht mehr gegeben, wie auch von
63 bis 47 keine jüdischen Häfen; die letzten Könige herrschten
nur vorübergehend zwischen 69 und 63 in einem kleinen
Theil des Landes, von 83 bis dahin war es im Besitz des
Tigranes und vorher seit dem Tod des Antiochos Kyzikenos
(gest. 94) in mehrere Stücke zerrissen gewesen, deren Besitzer
einander fortwährend bekriegten. Fest steht, dass, wenn die
Worte ^Avrioxog 6 ßaodevg 'Avztoxov vl6g keinen Textfehler
enthalten, an keinen andern Antiochos gedacht werden kann
als an Kyzikenos, Sohn des Antiochos Sidetes und der Kleo-
patra, Tochter des Ftolemaios Philometor, welche zuerst dem
Zu Josephos, 593
Alexander Bala den im J. 137 von Diodot aus dem Weg ge-
räumten Antiochos VI und dann dem Demetrios II den Antio-
chos Grypos geboren hatte. Ritschi und Mendelssohn setzen
den Senatsbeschluss in die Zeit der Belagerung Jerusalems
durch Ant. Sidetes (hierüber s. zu B Abschn. 4) und behaupten
daher, 'y^vriöxov sei aus ArjjLirjxQiov verdorben. Gutschmid
im Literar. Centralblatt 1874 No. 38 will die üeberlieferung
durch die Annahme vertheidigen, Sidetes habe jene Plätze
erobert, Kyzikenos aber besitze sie zur Zeit des Senatus-
consults und wolle sie nicht herausgeben; aber Schürer I 207
widerlegt ihn aus dem Text, wo 'Avtioxog 'Avriöxov vl6g
auch Subject von äq)eiXexo ist. Die Behauptung jedoch, dass
der Beschluss mit B in die Zeit des Sidetes falle, ist keines-
wegs erwiesen worden; sie lässt sich aus dem Text selbst
widerlegen und die handschriftliche üeberlieferung findet auch
in der geschichtlichen eine Stütze.
1. Gegen die Deutung auf Antiochos Kyzikenos ist nur
ein einziger Grund geltend gemacht worden: die Schwäche
dieses Königs und überhaupt der Nachfolger des Sidetes,
von welchen keiner den Juden gegenüber eine so grosse
Macht entfaltet habe, dass er ihnen die früher syrischen Plätze
(Joppe, Gazara u. s. w.) hätte entreissen können. Mendels-
sohn weiss hiefür keinen andern Beleg anzuführen, als die
flüchtige und lückenhafte Uebersicht, welche Josephos ant. 13,
9, 3 — 10, 1 von der Geschichte des Verhältnisses zwischen
jenen Königen und Hyrkanos I gibt: gleich nach dem Tod
des Sidetes, als Demetrios II zum zweiten Mal regierte, habe
jener (129 — 128), weil Demetrios durch die ägyptischen
Händel abgelenkt war, syrisches Unterthanenland im Osten,
Norden und Süden abgerissen, Alexander Zabina (128 — 122)
mit ihm Freundschaft geschlossen, Grypos (122—112) ihn
nicht anzugreifen gewagt, weil er von Kyzikenos zuerst be-
droht, dann (117 — 112) bekriegt wurde, dieser selbst aber
(112 — 94) habe weiter nichts als einen verwüstenden Heeres-
592 G, Ünger
älteren Erklärer an der Nennung des Antiochos erkannt und
in diesem (mit Recht) den Antiochos Eyzikenos gesucht;
durch die von Ritscbl eingeführte Theilung des Schriftstücks
verbleibt der zweiten Hälfte die von Josephos dem Ganzen
gegebene Zeitbestimmung. Dass sich der Antrag des Pettius
{tva (pQovriacofiev Tavxa ovrcog ywio'&ai ngovotjoal ts Ttjg
äoipaXovg elg olxov tcüv jiQeoßevrcbv ävaxofMd^g) nicht auf
die Ausführung der in der ersten üälfte enthaltenen romi-
schen Anordnungen bezieht, ist klar; vielmehr ist, wie Mendels-
sohn p. 156 zeigt, der Schutz der Juden in ihrer Gultus-
übung gemeint; ebenso unwiderleglich ist sein Hinweis auf
die Verschiedenheit der Gesandtschaft: an der Spitze der von
Hyrkanos II geschickten steht Theodoros, der unter den im
Anfang genannten Botschaftern gar nicht vorkommt. Dazu
kommt, dass Theodoros auch ein Schreiben des Hyrkanos
mitgebracht hat, während in der ersten Hälfte bloss von
einem Senatusconsult die Rede ist; der Hohepriester nimmt
in der zweiten eine viel höhere Stellung ein als in der ersten,
wo dem jüdischen Volk der Vorrang eingeräumt ist; hier
dagegen erscheint Hyrkanos durchweg sogar als der einzige
Vertreter der jüdischen Staatshoheit, so heisst es z. B. xoivfj
jidvrag eisgyerel xal xar' Idlav rovg ngbg avxov ätptxofxevovg,
Könige Syriens hat es zur Zeit der Regierung des Hyr-
kanos II (03 —40) gar nicht mehr gegeben, wie auch von
63 bis 47 keine jüdischen Häfen; die letzten Könige herrschten
nur vorübergehend zwischen 69 und 63 in einem kleinen
Theil des Landes, von 83 bis dahin war es im Besitz des
Tigranes und vorher seit dem Tod des Antiochos Kyzikenos
(gest. 94) in mehrere Stöcke zerrissen gewesen, deren Besitzer
einander fortwährend bekriegten. Fest steht, dass, wenn die
Worte ^Avxioxog 6 ßaodevg 'Avrioxov vl6g keinen Textfehler
enthalten, an keinen andern Antiochos gedacht werden kann
als an Kyzikenos, Sohn des Antiochos Sidetes und der Kleo-
patra, Tochter des Ptolemaios Philometor, welche zuerst dem
Zu Josephos. 593
Alexander Bala den ira J. 137 von Diodot aus dem Weg ge-
räumten Antiochos VI und dann dem Demetrios II den Antio-
chos Grypos geboren hatte. Ritschi und Mendelssohn setzen
den Senatsbeschluss in die Zeit der Belagerung Jerusalems
durch Ant. Sidetes (hierüber s, zu B Abschn. 4) und behaupten
daher, "Avriöxov sei aus Arifir^xQiov verdorben. Gutschmid
im Literar. Centralblatt 1874 No. 38 will die üeberlieferung
durch die Annahme vertheidigen, Sidetes habe jene Plätze
erobert, Kyzikenos aber besitze sie zur Zeit des Senatus-
consults und wolle sie nicht herausgeben ; aber Schürer I 207
widerlegt ihn aus dem Text, wo 'Avxloxog ^Avrioxov vlög
auch Sabject von ä<p€iXeTo ist. Die Behauptung jedoch, dass
der Beschluss mit B in die Zeit des Sidetes falle, ist keines-
wegs erwiesen worden; sie lässt sich aus dem Text selbst
widerlegen und die handschriftliche üeberlieferung findet auch
in der geschichtlichen eine Stütze.
1. Gegen die Deutung auf Antiochos Kyzikenos ist nur
ein einziger Grund geltend gemacht worden: die Schwäche
dieses Königs und überhaupt der Nachfolger des Sidetes,
von welchen keiner den Juden gegenüber eine so grosse
Macht entfaltet habe, dass er ihnen die früher syrischen Plätze
(Joppe, Gazara u. s. w.) hätte entreissen können. Mendels-
sohn weiss hiefür keinen andern Beleg anzuführen, als die
flüchtige und lückenhafte Uebersicht, welche Josephos ant. 13,
9, 3 — 10, 1 von der Geschichte des Verhältnisses zwischen
jenen Königen und Hyrkanos I gibt: gleich nach dem Tod
des Sidetes, als Demetrios II zum zweiten Mal regierte, habe
jener (129 — 128), weil Demetrios durch die ägyptischen
Händel abgelenkt war, syrisches Unterthanenland im Osten,
Norden und Süden abgerissen, Alexander Zabina (128 — 122)
mit ihm Freundschaft geschlossen, Grypos (122—112) ihn
nicht anzugreifen gewagt, weil er von Kyzikenos zuerst be-
droht, dann (117 — 112) bekriegt wurde, dieser selbst aber
(112 — 94) habe weiter nichts als einen verwüstenden Heeres-
592 &. Ünger
älteren Erklärer an der Nennung des Antiochos erkannt und
in diesem (mit Recht) den Antiochos Eyzikenos gesucht;
durch die von Ritschi eingeführte Tbeilung des Schriftstficks
verbleibt der zweiten Hälfte die von Josephos dem Ganzen
gegebene Zeitbestimmung. Dass sich der Antrag des Pettios
{iva (pQovtiaco/jiev ravxa ovrcog ymia^ai Ttqovorjoal re Trjg
äo(paXovg elg oixov x&v JiQeoßevxcov ävaxoßiid^g) nicht anf
die Ausführung der in der ersten Hälfte enthaltenen romi-
schen Anordnungen bezieht, ist klar; vielmehr ist, wie Mendels-
sohn p. 156 zeigt, der Schutz der Juden in ihrer Galtns-
tibung gemeint; ebenso unwiderleglich ist sein Hinweis auf
die Verschiedenheit der Gesandtschaft: an der Spitze der von
Hjrkanos H geschickten steht Theodoros, der unter den im
Anfang genannten Botschaftern gar nicht vorkommt. Dazu
kommt, dass Theodoros auch ein Schreiben des Hyrkanos
mitgebracht hat, während in der ersten Hälfte bloss von
einem Senatusconsult die Rede ist; der Hohepriester nimnit
in der zweiten eine viel höhere Stellung ein als in der ersten,
wo dem jüdischen Volk der Vorrang eingeräumt ist; hier
dagegen erscheint Hyrkanos durchweg sogar als der einzige
Vertreter der jüdischen Staatshoheit, so heisst es z. B. xotrfj
ndvrag evEQyejei xal xat' idiav xovg JiQog avxöv ätpixofj^ovg,
Könige Syriens hat es zur Zeit der Regierung des Hyr-
kanos n (03—40) gar nicht mehr gegeben, wie auch von
63 bis 47 keine jüdischen Häfen; die letzten Könige herrschten
nur vorübergehend zwischen 69 und 63 in einem kleinen
Theil des Landes, von 83 bis dahin war es im Besitz des
Tigranes und vorher seit dem Tod des Antiochos Kyzikenos
(gest. 94) in mehrere Stücke zerrissen gewesen, deren Besitzer
einander fortwährend bekriegten. Fest steht, dass, wenn die
Worte ^Avxioxog 6 ßaodevg 'Avxioxov vl6g keinen Textfehler
enthalten, an keinen andern Antiochos gedacht werden kann
als an Kyzikenos, Sohn des Antiochos Sidetes und der Kleo-
patra, Tochter des Ptolemaios Philometor, welche zuerst dem
Zu Josephos, 593
Alexander Bala den ira J. 137 von Diodot aus dem Weg ge-
räumten Antiochos VI und dann dem Demetrios II den Antio-
cho8 Grypos geboren hatte. Ritschi und Mendelssohn setzen
den Senatsbeschluss in die Zeit der Belagerung Jerusalems
durch Ant. Sidetes (hierüber s. zu B Abschn. 4) und behaupten
daher, l^vridxov sei aus Ar^/LirjtQlov verdorben. Gutschmid
im Literar. Centralblatt 1874 No. 38 will die Ueberlieferung
durch die Annahme vertheidigen, Sidetes habe jene Plätze
erobert, Kyzikenos aber besitze sie zur Zeit des Senatus-
consults und wolle sie nicht herausgeben; aber Schürer I 207
widerlegt ihn aus dem Text, wo 'Avtloxog 'Avriöxov vl6g
auch Subject von ä(peiXexo ist. Die Behauptung jedoch, dass
der Beschluss mit B in die Zeit des Sidetes falle, ist keines-
wegs erwiesen worden; sie lässt sich aus dem Text selbst
widerlegen und die handschriftliche Ueberlieferung findet auch
in der geschichtlichen eine Stütze.
1. Gegen die Deutung auf Antiochos Kyzikenos ist nur
ein einziger Grund geltend gemacht worden: die Schwäche
dieses Königs und überhaupt der Nachfolger des Sidetes,
von welchen keiner den Juden gegenüber eine so grosse
Macht entfaltet habe, dass er ihnen die früher syrischen Plätze
(Joppe, Gazara u. s. w.) hätte entreissen können. Mendels-
sohn weiss hiefür keinen andern Beleg anzuführen, als die
flüchtige und lückenhafte Uebersicht, welche Josephos ant. 13,
9, 3 — 10, 1 von der Geschichte des Verhältnisses zwischen
jenen Königen und Hyrkanos I gibt: gleich nach dem Tod
des Sidetes, als Demetrios II zum zweiten Mal regierte, habe
jener (129 — 128), weil Demetrios durch die ägyptischen
Händel abgelenkt war, syrisches Unterthanenland im Osten,
Norden und Süden abgerissen, Alexander Zabina (128 — 122)
mit ihm Freundschaft geschlossen, Grypos (122 — 112) ihn
nicht anzugreifen gewagt, weil er von Kyzikenos zuerst be-
droht, dann (117 — 112) bekriegt wurde, dieser selbst aber
(112 — 94) habe weiter nichts als einen verwüstenden Heeres-
594 Q, Unger
zug in das Judenland unternommen, Hyrkanos aber, ihn von
Aegypten verlassen und durch die langjährigen Kämpfe mit
Grypos (reg. 1 1 1 — 96) beide Brüder geschwächt sehend, ihnen
Trotz geboten; als er dann (108 oder 107), fahrt Josepbos
in c. 10, 2 jetzt ausführlicher erzählend fort, Samareia be-
lagerte und Kjzikenos zum Entsatz heranzog, wurde dieser
von Hyrkanos geschlagen; er entlehnte von Ptolemaioe La-
thuros 6000 Mann, fQhlte sich aber trotz dieser Verstärkung
nicht kräftig genug, jenem im offenen Felde entgegenzutreten.
Von da an lesen wir sowohl bei Josephos als bei andern
Schriftstellern nichts mehr von Händeln der Juden mit Kyzi-
kenos oder Grypos.
Josephos selbst ist keineswegs der Ansicht, dass es haupt-
sächlich die Stärke des Hyrkanos gewesen sei, welche die
Seleukiden am Rückgewinn der rerlorenen Gebiete rerhindert
habe: Demetrios wird durch die ägyptischen Händel abge-
zogen, sein Gegner Zabina schliesst Freundschaft mit Hyr-
kanos (vgl. zu B Abschn. 8), Grypos hütet sich vor einem
Angriff, weil er von Kyzikenos bedroht wird, beiden Brüdern
kann Hyrkanos trotzen, weil sie fortwährend einander in den
Haaren liegen und dadurch geschwächt werden; einen Beleg
dafür gibt Josephos in der Geschichte der Belagerung von
Samareia. Dass das Seleukidenreich auch nach Sidetes, wenn
es einen einzigen Herrn hatte, dieser also das ganze grosse
Syrien nebst Kilikien und einen Theil Mesopotamiens besa^,
den Juden allein überlegen^) war, ist nicht zu bezweifeln; dieses
ist aber, was Josephos übergeht, von 123/122 bis 114/113
und dann von 113/112 bis 112/111 der Fall gewesen. Aller-
dings konnte trotz dieser Ueberlegenheit Hyrkanos die ge-
raubten Plätze behaupten oder wiedergewinnen, wenn eine
höhere Macht, die römische sich ins Mittel legte, und diee
l) Durch die viel grössere Zahl von Streitern, welche es stellen
konnte, und die Einkfinfte, welche die Anwerbung von weit mehr
Söldnern gestattete.
Zu Josepho8, 595
ist in der Tbat, wie theils zu B gezeigt worden ist theils
unten wahrscheinlich gemacht werden soll, beide Mal der
Fall gewesen. Umgekehrt konnten aach syrische Theil-
herrscher den Juden überlegen sein, wenn sie von einer
Grossmacht wie Aegypten unterstützt wurden.
2. Das Gebiet, dessen Zurückgabe an die Juden verlangt
wird, entspricht nur zum Theil dem in B beschriebenen: es
enthielt keine (eigentlichen) Städte, sondern nur 'Castelle,
Häfen und plattes Land', also weder Joppe noch Gazara.
Von Joppe wird dies ausdrücklich bezeugt: diese Stadt hatte
der König zwar ebenfalls weggenommen, Ptolemaios (Lathuros)
aber seine Besatzung hinausgejagt. Das ist der klare, aber
trotzdem von Ritschi, Mendelssohn, Schürer u. a., ja schon
van Stark, Gaza und die philistäische Küste (1852) S. 497
auf eine Weisung an Antiochos, seine Besatzung aus Joppe
herauszuziehen, gedeutete Sinn der Worte xal t^v h ^Idjuifj
(pQovQäv ixßaXetv, xa^ojg ideij'&tioav. Eine solche Weisung
würde nach Sncos . . . änodo^, unter <pQ0VQia Joppe und
Gazara unrichtig mitverstanden, überflüssig und, wenn sie
doch ausgesprochen werden wollte, dort und nicht am Schluss
angebracht sein; deutet man tpQovgia bloss auf Castelle, so
würde Gazara fehlen und daraus wieder die Unrichtigkeit
der Beziehung auf Antiochos Sidetes hervorgehen, auch die
Stellung am Schluss abermals fehlerhaft sein. In Wirklich-
keit heisst ixßakeiv (pQovgdv nicht die eigene Besatzung
herausziehen, sondern eine fremde hinauswerfen und wenn
Ptolemaios allein Zollfreiheit bei Ausfuhr aus den jüdischen
Häfen geniessen soll, so kann der Hinweis auf seine Eigen-
schaft als Bundesgenosse und Freund der Römer nicht der
einzige Grund gewesen sein, welchem er diese Vergünstigung
verdankt hat: sonst müssten noch viele andere Staaten der
gleichen theilhaftig geworden sein; noch mehr: jene Worte
schliessen, da für den Infinitiv sich kein anderes Regens im
Text findet, sich eng an die voraufgegangenen iva xe jurjöeig
596 G. ünger
äTeXfjg fi . . . 1} fjiovog IlxoXeixaiog 6 ^Ale^avögicov ßaadevg
diä TÖ elvai ov/jL/Aaxog ^ßiheQog xal (piXog an; htßakeiv
ist also von diä xb abhängig und xa'&wg idtri^oav besagt,
dass Ptolemaios auf Bitten der Juden die syrische Besatzung
vertrieben hat, was in den geschichtlichen Zusammen bang
(s. Abschn. 3) sehr gut passt.
Da unter den Häfen der Juden die von Joppe and
Jamnia zu verstehen sind, so muss angenommen werden,
dass Antiochos nur die Stadt Joppe, nicht auch ihren Hafen
eingenommen hatte, was voraussetzt, dass dieser befestigt
war. Joppe, von jeher eine angesehene und selbständige
Stadt (Buch Josua 19, 46. Diodor 19, 59. 93) und als solche
durch Festungswerke geschützt, lag zwar dem Meere nahe,
aber der Hafen war nicht in diese einbezogen und konnte
unter Umstanden ebenso gut zur Bildung einer Hafenstadt
(inlveiov) die Grundlage liefern wie der von Jamnia: djro
rov imveiov x'^g *I6nrjg, schreibt Strabon p. 760, eigtjxai Sri
ioxlv h ärpei (rarra), womit er sich auf p. 759 zurück bezieht:
äq?OQäo&a( (paaiv än^ avxov (dem Platz, wo der Sage nach
Andromeda ausgesetzt gewesen war) ta 'leQoaöXifßxa. Ptole-
maios 1 hatte im J. 315 die Mauern der Stadt geschleift
(Diodor 19, 93), sie waren aber ohne Zweifel, wie solches in der
Regel der Fall gewesen ist, bald wieder hergestellt worden;
im J. 164 oder 163 Hess Judas den Hafen Nachts in Brand
stecken und alle Schiffe anzünden, die auf sie Geflohenen
aber (d. i. die Hafenbevölkerung) niederstechen, die Stadt
selbst blieb ihm verschlossen (war also vollständig ummauert);
er zog daher einstweilen ab und verfuhr ebenso gegen den
Hafen von Jamnia und die dortige Flotte, also dass man das
Feuer in Jerusalem sehen konnte (2 Makk. 12). Aus diesen
Thatsachen folgt, dass die Angabe 1 Makk. 14, 34, Simon
habe (im J. 140) Joppe befestigt, auf den Hafenplatz zu be-
ziehen ist, wie auch ebenda V. 5 €?Mße x^v *I6n7tf}v dg kifxevi.
Hai inoirjaev eigodov xaig vrjooig xtjg '&aX(ioofjg sich auf die
:,.*'
Zu Jodephos. 597
Herstellung eines eigentlichen Hafens durch Schöpfung einer
guten £infahrt bezieht: von Natur war der Platz, wie Josephos
bell. jud. 3, 9, 3 sagt, äUfJievog wegen der steilen nur durch
zwei Felsen Yorsprünge eine Rhede bietenden Küste; immer-
bin war er allezeit, wie noch jetzt, der eigentliche Hafen-
platz fQr die Bevölkerung Judäas (Propb. Jona 1, 3. 2 Chron.
2, 16. Esra 3, 7) und, wie Schürer II 71 bemerkt, der relativ
beste Palästinas, von Diodor 1, 31 als der sicherste der Küste
von da bis Alexandreia bezeichnet. Eben jene Eigenschaft
des Ufers begünstigte den Gedanken, ihn besonders zu be-
festigen: die Sichtbarkeit Jerusalems in der Hafenstadt er-
klärt Strabon aus ihrer hohen Lage {h oxpei de ioiiv Ixavcbg
3. Eine Spur des Zusammenstosses der Juden mit Antio-
chofi Kyzikenos hat sich in der Abschn. 1 citirten XJebersicht
des Josephos erhalten. Der Bruderkrieg des Grjpos und
Kyzikenos , meldet er ant. 13, 10, 1, liess dem Hyrkanos
Müsse, die Hülfsquellen Judäas auszubeuten und reiche Geld-
mittel anzusammeln; dann schreibt er: xov juevroi Kv^ixrjvov
xi]v ytjv xaxovvrog (pavsQcbg xal avTÖg rtjv avzov
nQ6<paaiv ijiedsixvvto xal rcbv dj€ Alyvnxov avjufidxcov
igrjlJLOV öqwv rdv lAvzioxov xal avrov re ngärrovra xaxcbg
xal TÖv äöeXcpov amov h xoXg ngög äH'^Xovg äycboiv &fi<po-
xegcov xaxeq)Q6vtjaev. In den hervorgehobenen Worten findet
Mendelssohn p. 139 den stärksten Beweis, dass Kyzikenos,
da er schon bei dem Unternehmen das jüdische Gebiet zu
verwüsten von Hyrkanos mit solcher Leichtigkeit zu Paaren
getrieben worden sei (ut quem . . . Hyrcanus tarn facile fre-
gerit), niemals die Macht gehabt habe, den Juden jene Plätze
zu entreissen; er hat aber die dunkle Stelle nicht eingehender
behandelt und sich über die schwierige Frage, wie es Hyr-
kanos angestellt habe, um durch emöelxvvo&ai xtjv avrov
TiQÖqnioiv einen so grossen Erfolg in einem Krieg herbei-
zuführen, gar nicht ausgesprochen. Klar ist zunächst nur so
598 Q, Unger
viel, dass Josephos nicht von einer Waffenthat des Hyrkanos
spricht, sondern von einer sei es mfindlich oder schriftlich
an den Tag gelegten Offenbarung seiner politischen Stellung-
nahme (jiQÖipaaig): denn hudebiwcf^ai heisst weiter nichts
als zur Schau tragen, sich mit etwas sehen lassen; im
Sinn Mendelssohns genommen müsste das Actirum nnd der
Aorist, ako biedeiit stehen.
Der Zusatz qnzvegdjg xal avxog ijiedelxwzo besagt, dass
die politische Haltung, welche Eyzikenos durch den ver-
wfistenden Einfall an den Tag legte, eine Haltung wie man
sie einem ganz fremden Machthaber gegenüber beobachtet,
jetzt Hyrkanos ebenfalls offenkundig und erklärter Massen
einnahm oder vielmehr (worauf das Imperfectum führt) ein-
zunehmen anfing. Bis dahin also hatte er eine zweideutige
Haltung beobachtet. Josephos bezieht sich mit diesen Worten
auf seine a. a. 0. vorausgegangene Darstellung zurück: 'wäh-
rend jener ganzen Zeit lebte Hyrkanos in Frieden: nach dem
Tode des Sidetes nämlich machte er sich von freien Stücken
von den Makedonen los (avzdg . . . r&v Maxeddvcav äjiimrj)
und leistete ihnen weder wie ein Untergebener noch wie ein
Freund einen Dienst mehr (oike (bg iTvfjxoog oCxe (bg tpUog^)
airdg ovdh hi nageix^Y' Dem Antiochos hatte Hyrkanos
Vasallentreue und Steuerzahlung gelobt; dieser Verpflich-
tungen konnte er dem Demetrios, Alexander und Grypos
gegenüber entledigt scheinen, aber Kyzikenos war als Sohn
des Sidetes dessen Rechtsnachfolger.^) Als dieser mit Heeres-
1) Durch Zazug im Krieg oder Tributzahlang, bezw. Oeldzuschass.
Die offene Auflehnung durch Eroberung benachbarter Plätze, um
deren willen Demetrios ihn hatte bekriegen wollen (ant. 18, 9, Z\ Ter-
gisst Josephos oder er fasst dieses Vergehen, einer andern, fttr Hyr-
kanos Partei nehmenden Quelle folgend, als Folge Ton Streitigkeiten
mit Nachbarn auf, welche das Verhältniss zum Königreich wenig be-
rühren.
2) Eine solche Anschauung scheint dieser Darstellung zn Grund
SU liegen: sonst könnte hier von ^)li.og (einem sich ohne Heeresfolge-
Zu Josephos. 599
luachfc in sein Land rückte und ihm nur die Wahl zwischen
Unterwerfung und offener Auflehnung liess, da musste er
Farbe bekennen und erklärte dann auch offen, dass er sich als
selbständig und von demSeleukidenreich unabhängig betrachte.
Mit einer solchen Erklärung allein würde er natürlich
den König nicht zum Umkehren veranlasst haben; letzteres
scheint aber nach dem von Josephos in der ganzen Dar-
stellung eingehaltenen Gedankengang zu schliessen in der
That gelungen zu sein. Dann hat Josephos sich auch hier
einer Uebergehung schuldig gemacht. Ausser den in Abschn. 1
namhaft gemachten ist noch in tcbv &je^ Alyvirtov av/ifidxo)v
^Qf^ßior ÖQtav eine solche zu finden: so spricht man, wenn im
Vorausgehenden schon von der Bundesgenossenschaft Aegyptens
(die keineswegs selbstverständlich war) die Rede gewesen ist;
dort ist sie aber nicht erwähnt. Schon die Quelle^) der ganzen
Uebersicht war, wie die Consulte zeigen, nicht genau unter-
richtet und Josephos hat sich offenbar kein klares Bild von
den Vorgängen gemacht, ehe er daran ging, sie (was man
annehmen muss) aus dem Gedächtniss in der Kürze noch ein-
mal zu erzählen. Hievon abgesehen konnte ein der Geschichte
jener Zeit weniger kundiger oder ein fahrlässiger Erzähler,
da die einzige Stadt, welche Kyzikenos eingenommen hat,
Joppe gewesen, diese ihm aber von Ptolemaios entrissen
worden ist, sich auch vorstellen, dass der eigentliche Gegner
des Kyzikenos dieser gewesen sei, der vor Kurzem Joppe den
Syrern entrissen, dann die Stadt an Kyzikenos verloren und
pflicht und Tribatzahlang unterordnenden Dynasten, wie es Simon
dem DemetrioB gegenüber gewesen war) keine Rede sein.
1) Zun&chst sein eigenes, a. a. 0. (13, 10, 1) und sonst oft von
ihm mit cS? xal iv akkoig öedrjlcjxafAsv und ähnlichen AusdrÖcken
citirtes Werk, eine Geschichte, wie es scheint, Syriens unter make-
donischer Herrschaft. Ueber den Versuch Destinon's, jene Ausdrücke
auf gedankenlose Aneignung der Selbstcitate eines Vorgängers zurück-
zuführen, 8. Artikel V (Josephos und die 70 Jahrwochen Daniels).
600 a, Unger
sie wiederum eingenommen habe; Hyrkanos erlitt bei solcher
Auffassung nur eine vorübergehende, auf Plünderung seines
Gebiets hinauslaufende Schädigung.
Wie dem aber auch gewesen sein mag, das Mittel,
welches Hyrkanos gegen Kyzikenos zur Behauptung seiner
Selbständigkeit anwenden konnte, muss nicht nothwendig ein
Waffengang gewesen sein; mit weit grösserer Aussicht auf
Erfolg konnte er sich auf die Anerkennung derselben durch
eine Macht, deren Ausspruch auch jener respectiren musste,
und sogar auf sein Bündniss mit ihr berufen: vermuthlich
legte er ihm zunächst die zu seinen Gunsten 128 und 122
ausgefertigten Senatsconsulte vor, in welchen er als Bundes-
genosse Roms und damit als von Syrien unabhängiger Regent
anerkannt war, und weil das Bündniss die Römer nicht ein
für allemal zum Einschreiten verpflichtete, Kyzikenos also
sich vorläufig nicht daran zu kehren brauchte, so schickte
er, als dieser von der Verwüstung des Landes zur Wegnahme
der Stadt Joppe und der Häfen überging, Gesandte an Ptole-
maios und nachdem dieser Joppe befreit hatte oder (die
Gesandten können dies auch ei-st in Rom erfahren haben)
schon vorher an den Senat, welcher auf seine Wünsche gern
einging. Das Eingreifen Aegyptens mag den Seleukiden zum
Stillstand, das Eintreffen des Senat usconsults ihn zur Heraus-
gabe der noch besetzt gehaltenen Plätze bewogen haben.
4. Der Einfall des Kyzikenos hat nach 116 und vor 107
(vgl. Abschn. 1) stattgefunden. Nach dem Sturz des Ale-
xander Zabina (im J. 123/2) regierte Antiochos Grypos, wie
Justinus 39, 2 fg. erzählt, Syrien in Sicherheit und Frieden,
bis nach einer Reihe von Jahren ^) ihm in seinem Stiefbruder
Antiochos Kyzikenos ein Gegenkönig erstand, der Anfangs
schwach, (im J. 116) durch den Ehebund mit Kleopatra, der
Tochter des eben verstorbenen Ptolemaias Physkon erstarkte:
1) Statt octo (VIII) ist dort vielleicht IUI zu fchreiben; Zahlen-
fehler sind im Text Justins oft zu finden.
Zu Josephos. 601
die Königin Wittwe Kleopatra, kraft seines Testaments Re-
gentin mit dem von ihr selbst zu wählenden älteren oder
jüngeren Sohn, hatte die Mitregentschaft des älteren nach
einem vergeblichen Versuch den jüngeren vorzuziehen, nur
unter der Bedingung zugelassen, dass er sich von seiner
Gattin und Schwester Kleopatra trenne, diese wusste das auf
Cypern stehende Heer auf ihre Seite zu bringen und führte
es dem neuen Gatten zu, welcher nunmehr den Kampf im
freien Feld versuchen konnte. Er wurde aber geschlagen,
Antiocheia, wo sich seine Gattin befand, belagert und nach
der Einnahme der Stadt Kleopatra auf Befehl ihrer Schwester,
der Gemahlin des Grjpos, umgebracht; nicht lange nachher
fiel in einer neuen Schlacht der Sieg dem Kyzikenos zu und
Tryphaina erlitt jetzt dasselbe Schicksal, welches sie ihrer
Schwester bereitet hatte. Dies geschah nach den Angaben
des Porphyrios bei Eusebios I 257 fi^. zu schliessen im Jahr
Sei. 200 = Okt. 113— 112: örypos, schreibt er, regierte 11
Jahre, von Ol. 164, 2 (= Sei. 189) bis 166, 4 (incl.), dann
floh er vor Kyzikenos nach Aspendos und dieser herrschte
nun 18 Jahre, von Ol. 167, 1 (Sei. 200) an, aber schon
Ol. 167, 2 (Sei. 201 = Okt. 112—111) kam Grypos zurück
und entriss ihm die Herrschaft so weit, dass er sich mit
Koilesyrien begnügen musste.
Dass Kyzikenos, so lange er mit Grypos um Syrien
rang, so thöricht gewesen sei, sich durch einen Einfall in
das Land des Hyrkanos einen neuen Feind zu schaffen, lässt
sich nicht wohl annehmen; auch hat der Kriejj mit Grypos
wahrscheinlich in Nordsyrien gespielt; dasselbe gilt von der
Zeit nach der Rückkehr des Grypos, als er auf Koilesyrien
beschränkt war: denn die Kämpfe zwischen den Brüdern
kehrten nach ihrem Aufhören immer bald wieder^) und seine
1) Hieraus erklärt es sich, dass Josephos die kurze Zeit der
Herrschaft des Kyzikenos über ganz Syrien unbeachtet lassen konnte.
602 O, Ünger
grosse Schwäche um 107 (Abschn. 1) erklärt sich nur ans
dem kQrzlichen Vorausgehen eines Krieges, in welchem er
wieder den Kürzeren gezogen hatte. Aber zu dem Vollbesitz
des Reiches gelangt, konnte er daran denken, endlich jenen
sei es zur Herausgabe der geraubten Plätze oder zur Rück-
kehr in das von seinem Vater geschaffene Verhältniss zu
zwingen, und für die Verlegung seines Einfalls in diese Zeit
spricht anch die bei Josephos auf die Erwähnung desselben
folgende Bemerkung: xai x&of isC Alyvjvtov oviiißAjiov egt}-
fjLov 6qq)v tov 'AvtIoxov 9ctX, Die Hülfe des ägyptischen
Heeres hatte ihm den schliesslichen Sieg über Grjpos ver-
schafft; nach dessen Flucht war kein Grund mehr zum Ver-
bleiben dieser Hülfstruppen vorhanden und eben aus ihrer
sei es von Kyzikenos angeordneten oder, worauf der Ausdruck
iQTjßiov führen könnte, von Ptolemaios verlangten Entlassung
erklärt sich der Umstand, dass der zurückgekehrte Grypos ihn
wieder besiegen könnte. Das Verhältniss der Lagiden zu
jenem musste jedenfalls nach dem Sturz des Grypos ein
anderes werden. Nachdem Antiochos Megas im J. 198 dem
Ptolemaios Epiphanes Koilesyrien entrissen hatte, bildete der
Wiedergewinn dieses Landes den Mittelpunkt der ägyptischen
Politik; aber der Krieg, welchen der junge Ptolemaios Philo-
metor seinethalben 169 anfing, fiel unglücklich ffir ihn aus
und machte den Sieger Antiochos Epiphanes vorübergehend
zum Herrn Aegyptens. Erst die inneren Wirren Syriens
brachten Aegypten in Vortheil. Ptolemaios Philoraetor gab
dem falschen Prinzen Alexander Bala seine Tochter zur Fran,
unterstützte aber, als jener zu selbständig auftrat, den Deme-
trios II; Ptolemaios Physkon stellte selbst einen falschen Se-
leukiden, den Alexander Zabina diesem gegenüber, wandte
aber, als dieser ebenfalls sich zu fühlen anfing, seine Gunst
dem Grypos zu. Ohne Zweifel war es der Grundsatz, Syrien zu
schwächen und von zwei dort Streitenden immer den schwäche-
ren zu begünstigen, welcher den alexandrinischen Hof be-
Zu Joeephos, 603
stimmte, dem Ejzikenos das Heer zu belassen, welches ihm
Eleopatra eigenmächtig zugeführt hatte, und wiederum zu
Gunsten des Rebellen Hyrkanos jenem das eben eingenommene
Joppe zu entreiesen, als er mit Grypos fertig geworden war.
So darf es auch nicht Wunder nehmen, dass derselbe Ptole-
raaios Lathuros, welcher Joppe befreit hatte, einige Jahre
später, als Kyzikenos nur noch Eoilesyrien behauptete, diesem
HQlfstruppen schickte.
Porphyrios lässt die 1jährige AUeinherrachaft des Kyzi-
kenos Ol. 167, 1 (v. Chr. 113/2) anfangen und 167, 2 enden;
hiernach begann sie frühestens im Herbst 113 und endigte
spätestens im Sommer 111. Wir dürfen, wenn Kyzikenos
den Einfall in das jüdische Gebiet nach dem Sieg über
Grypos gemacht hat, diesen in den Frühling und das Senatus-
consult in den Sommer 112 setzen.
5. In der verdorbenen Stelle xal i^fj amdlg Ix twv
h/jUvü)v fjLTiS^ i^ayayeiv setzt Gronovius avxcbvj Gutschmid
avtcp an die Stelle Ton avxoig; dem Antiochos wäre hiernach
die Ausfuhr aus jüdischen Häfen ganz verboten worden. Dies
ist unverständlich: sein Gebiet grenzte ja auch zu Land und
zwar auf allen Seiten an das jüdische. Besser hat wenigstens
den Sitz des Fehlers der Leser erkannt, von welchem die in
4 älteren Hdss. begangene Weglassung der Negation herrührt:
denn diese müsste vor, nicht nach i^ß stehen und auch nicht
durch fitjdi^ sondern durch /Lirjdev ausgedrückt sein. Der
Gedanke jedoch wird durch die aus äusseren Gründen an sich
schon verwerfliche Weglassung keineswegs ein besserer: dass
die Juden erst Roms Erlaubniss zur Ausfuhr aus ihren eigenen
Häfen bedurft und bekommen hätten, wäre ebenso wenig
glaublich, als dass die Römer sie ihren Bundesgenossen und
Schützlingen verboten hätten; dazu kommt auch hier, dass
man eine Angabe über den Handel zu Land vermissen
würde. Die Ausfuhr erlaubt man aus seinem eigenen Gebiet,
und aus der Beschränkung auf die Häfen, während gleich
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605
Üeber einige Gommentatoren zu Sütren
des weissen Tajnrveda.
Von R« Simon.
(Vorgelegt am 7. December.)
I. Karka.
An der Spitze der uns ihren Werken oder ihren Citaten
nach bekannten Gommentatoren zu den Sutren des weissen
Yajurveda steht Karka. Er wird als Autorität angeführt
sowohl von Yäjnikadeva,*) Deva,*) Ananta') und Mahädeva*)
zu Kätyayana's^rautasutra, als auch von Harihara,*) Re^iuka,^)
Jayaräma,*') Gaflgadhara®) und Rämakr^^a®) zu Päraskara's
1) Siebe S. 619 Anm. 2.
2) The wbite Yajurveda ed. A. Weber, III. Bd. 1856—9, S. 967,
991, 1022, 1058, 1092, 1104.
8) Ibid. S. VII. VIII der Vorrede, ferner S. 214.
4) Ibid. S. (204), 227, 236, 256, 257, 264, 270, 276, 284, 300,
301, 302, 346, 352, 376, 411.
5) Vgl. weiter unten seine Citate.
6) Siebe seine Citate.
7) Ms. Chambers 373: fol. la: drs^vä Earkamukhaih krtani
bAbu90 bbäsyS^i u. s. w.
fol. 75b: grhyabbäsyam alekbTdam dr^tvä Kark5dikau9alarn /
fol 76a: Karkädidvijavargäi^äm drstva bbäsyani bhüriyah |
grhyasya sa priyam bbäsyani Jayarämo *likbat spbutam •
8) Speijer, De ceremonia apud Indes quae vocatur jätakarma.
Leiden 1872. S. 24.
9) Meine .vedischen Schulen*^ S. 40.
1895. Sitsangsb. d. pbil. a. hlBt. Gl. 39
606 B. Simon
Grhyasutra, und es ist zum grössten Theil seine Weisheit,
aus der seine Nachfolger bei der Erklärung des Opferrituals
und der häuslichen Culte des weissen Yajurveda ihre Fäden
gesponnen haben, indem sie zwar nur durch das Mass von
Unselbständigkeit, mit der sie hierbei zu Werke gegangen
sind, sich Yon einander unterscheiden, durch diese Unselb-
ständigkeit aber eben zu schätzbaren Trägern altiiberkommener
Auslegungen und Anschauungen werden und uns Gewähr für
die Continuität der Tradition leisten.
Der jüngste unter diesen Commentatoren, Rnmakr^aa,
ein wenn auch später, so doch wichtiger und zuverlässiger
Compilator,^) welcher auch den Gommentar des Karka nach
eigenen Angaben gründlich benutzt hat, theilt, bei Gelegenheit
der Aufzählung der alten smrtikartaras bezw. dharmafästra-
pravartakiis,*) diese in munis und paurusäcärySs,^) ihre Lehr-
bücher in är§eyani*) und pauru^a^i ^ästragii*) ein, worin er
nur alter traditioneller Auffassung von dem Gegensatz zwischen
heiliger, geofifenbarter und menschlicher Lehre folgt.') Wäh-
rend nun zwar Karka nicht zu den munis, vielmehr zu den
Lehrern gehört, die pauru^äcaryas genannt werden, so werde
doch, so fährt Käniakr^^a fort, Karka's (sowie Harihara's,
Vasudeva*s, YajSikadeva's, Re^uka^s) Ansicht einem ,muni-
1) SteDzler, Uebersetznng des Päraskara. Abhdl. K. M. VI, 4.
Leipzig 1878. S. VIII ff.
2) Neue Lehrernamen bieten die Anfzählungen, die ^^nkhali-
khitiu (bei Hemädri I, S. 527), ferner Paitblnasi (ibid.), Angirds (l. c.
S. 528), Yama (1. c, II, S. 19) meist in metrischer Form geben. So
gut wie nichts Neues bringen die Citate im Madanaparijäta des
Vi9ve9varabhatta hierfQr bei.
3) Vedische Schulen S. 56.
4) Nyäyamälävistara I, 3,24 (nach Muir, Orig. S. T.* H. 179)
hat dafür: apauru.sejäh (sc. ManvädismrtayaJ^).
5) Vedische Schulen S. 57.
6) So z. B. schon Yäska, Nir. II, 208, 1, 20.
Üeher einige Commentataren zu Sütren etc. 607
mafcam^ gleichgeachtet, im Falle die heilige Ueberlieferung
versage, und sein Ausspruch, da dieser unmittelbar auf jene
zurückginge,^) nach der übereinstimmenden Meinung der
Gelehrten,') für ein ,muniyäkyam^ gehalten. Selbst wenn
keine anderen Indicien vorlägen, so dürfte hieraus, aus
Karka's Qleichschätzung mit einem muni, schon auf ver-
hältnissmässig entlegene Zeiten geschlossen werden, denen
wir ihn zuweisen dürfen.
Den Namen Karka treffen wir nicht allzuhäufig in Indien
an: in den Formen Kakka, Karka, Kakkala, Kakkara^) u.a.m.
Schon früh erscheint er so in der Familie der Kästrakiita-
Försten von Mslkhöd (Manyakheta),*) in der uns schon um
das Jahr 685 ein Herrschet dieses Namens, Karka oder
Kakka L, entgegentritt,*) derselbe, dessen dritter Nachfolger
Indralll. Haupt des einen Zweiges dieser Fürsten auf Gnjarät
wurde.*) Karka III., welcher um 973 regierte, ist der letzte
1) MuDiväkjanäm utpannatvät.
2) 9i?^^&mmatvät.
3) cfr. Bflhler, Ueber das Leben des Jainamönches Heinacandra.
Wien 1889. Anhang, Anm. 37.
4) Zusammenfassend siehe Sewell, Lists of inscriptions and sketcli
of the dynasties of southem India (Arcbaeological Survey of Southern
India vol. II). Madras 1884. S. 232 ff. — Ferner Fleet, Torkhede
copper-plate grant of the time of Govindaräja of Gujarät in Epigr.
Ind. III, 58
5) cfr. Bühler, Da9a avatara inscription at Elurd. in Arch. Survey
of Western India V, 1883, S. 89 u. m.
6) Von vollständiger Deutlichkeit scheinen die Verwandtschafts-
verh<nisse zwischen der Haupt- und Nebenlinie noch nicht zu sein.
So kann doch wohl schwerlich Govinda III., nach Fleet, 1. c. S. 53,
zugleich Onkel des Govinda von Gujarät und Onkel des Karka II.
sein. Und wie kann damit vereinigt werden, dass, nach Hultzsch,
A räs(rakO^ grant of Krsi^a II: Ep. Ind. I, 52, Indra III., der jüngere
Bruder des Govinda III., zugleich ein Vetter des Karka II. von Gujarät
sein soll?
39*
608 ß, Simon
jener Familie.^) Ferner ist ein Kakka, Sohn des Bhilladit^'a,
in einer Steininschrift als mächtiger Herrscher aus der Familie
der Pratihara-Fürsten bezeugt,*) welche wahrend des 8. und
9. und vielleicht bis in die erste Hälfte des 10. Jahrhunderts
im Marwar-District von Räjputana') regierte. Früher noch
als innerhalb dieser beiden Fürstenfamilien finden wir Karka
als Name für Brahmanen. In einer Inschrift aus dem Jahre
95ka 394 (= 472/73) wird unter den zu beschenkenden
Brahmanen ein Karkka aus dem Lak^ma^a-gotra/) ein
Earkka (Paus dem Vatsa-gotra) *) aufgeführt, in zwei Land-
schenkungs- Urkunden aus dem Jahre 9äka 380 und 385
(? = 458/9 bezw. 463/4) Karkkadhyapaka aus dem Dhüm-
r5ya^ia(Dhaumraya9a)-gotra®) genannt.') In einer Inschrift
9äka 627 (= 705/6) finden wir einen Earkkasvamiu ^) aus
1) Er wurde besiegt von Tailapa IL von KaIjSQa (I. A. VI, 59),
welcher niederwarf ,Karkararavastambhau* (I.A. XVI, 18.23; XXI, 167).
Die Familie hat jedoch noch bis 982 geblüht. J. F. Fleet, Calcnlations
of ffindu dates No. 47 (I. A. XX, 35).
2) Jodhpur inscription of the Pratibära Bäuka by Munahi Debi-
prasäd of Jodhpar in J. R. Ab. Soc. 1894 8. 1 ff.
3) MaQiJavyapura der Inschrift = Mandor nach dem Heraiu-
geber. Auf der Landkarte heisst es: Mandra.
4) Fleet, Sanskrit and old Canarese inscriptions No. 46 im
L A. VII, 248 = Dowson, J. R. As. Soc. new eeries I, 247, welcher
statt Eärkkasya «Eärkusya* liest.
5) Fleet, ibid. S.249 = Dowson ib. S.269: bei Beiden »Earkrsya*.
6) Schon von A. Weber, I. L. ^ S. 166 Anm. 152 herangexof^en.
Säyapa zu Para9ara8mrti I, 1, S. 99 Z. 7 erw&hnt Dhumräyapakrtäh
(dharmSh). Dhümravarqa bei V;*ddhagautama S. 766. DhQmra h&ofig
bei Hemädri.
7) Während in allen diesen Zeugnissen der Name aller anderen
Brahmanen, denen etwas geschenkt wird, im Dativ steht, steht merk*
würdiger Weise der des Karka statt des zu erwartenden Dativs steta
im Genetiv.
8) Ueber svSmin als Namenbestandtheil siehe R. 0. Bhandarkar,
Report etc. 1883/84 S. 31.
Ueber einige Comtnentatoren zu Sütren etc, 609
dem Kau9ika-gotra. ^) In der Mandasör-Inschrift des Yafo-
dharman um 530^) heisst der Vater des Vasula,') welcher die
Qloken der Inschrift verfasste, Kakka. Sehr beliebt scheint
der Name unter den Jainapriestern gewesen zu sein. Aliein
in der Patt^yall des Upake9agaccha/) welche bis auf Par^va-
natha zurückgeführt wird, heissen unter den 75 aufgeführten
Oberhauptern 18, also nahezu der vierte Theil, Eakka, von
denen die ersten 7 vor das Jahr 939 fallen.*)
Nach Aufrecht^) befindet sich unter den Dichtern, deren
Strophen Qrldharadasa in seinem Süktikar^amrta zusammen-
stellt, auch ein KarkarSja. Es ist nicht unwahrscheinlich,
dass dieser Karkaräja identisch ist mit Karka IL, welcher
um 812 in Gujarat regierte, aus der Familie der Rä^t^aküfas,
dem Sohne des Indraraja. '^) Denn unter allen Rästraküta-
Fürsten, welche sich Karkaräja nennen, ist er der einzige,
dessen literarische Interessen und dessen Beschäftigung mit
den Wissenschaften inschriftlich bezeugt sind. Von ihm
heisst es:^)
9ästrarthabodhasukhalalitacittayrttih.
In einer anderen Inschrift,') die sich auf ihn bezieht,
wird von ihm gesagt:
(astrarthabodhaparipalitasarvaloka^.
1) Fleet, Sanskrit and old Canarese iDscriptiona No. 68 im
I. A. IX, S. 131.
2) Corp. I. Ind. III, 142 No.88 u. 149, No.84: »Eakkasya sünnnä*.
8) Väsula kommt in der Ehoh-Inschrift aas dem Jahre 482/3
auch als Gk>tra-Name eines Ka^ba- Anhängers vor. Corp. I. Ind. III, 103.
4) Eingeleitet und übersetzt von Hoernle. I. A. XIX, S. 233 ff.
5) Siehe Hoernle, I. c. S. 240.
6) Catalogos Catalogomm. Leipzig 1891. S. 82.
7) Lassen, I. Alt. III, 537 ff. Sewell, I. c. 283. Fleet, 1. c. 58.
BOhler, I. A. VI, 59 n. Arch. Sorvey of Western India V, S. 88 Z. 16.
8) Bflbler, Inscriptions from Kävi. L A. Y, 147 Z. 81 u. XII, 179.
9) Account of Tamba Patra Plates dag up at Baroda in Goojrat
by H. T. P (rinsep) im J. A. S. ß. VIII, 292 ff.
610 B. Simon
Dass gerade diese Eigenschaften an ihm besonders her-*
vortraten, dafür scheint noch der Umstand ins Gewicht zu
fallen, dass seine übrigen Qualitäten, welche in den ihm
gewidmeten Versen zu rühmender Anerkennung gelangen,^)
sowohl ihm als auch Karka I. zugesprochen werden,^) dass
aber die eine in unmittelbarem Zusammenhang mit diesen
genannte literarische Qualität auf ihn allein beschränkt
bleibt. Zwar wird in der oben genannten Inschrift (Z. 25)
auch von Kakka, dem Sohn des Bhilläditya, gesagt:
[tato?] vyäkara^am ta[rkko] jyotihfästram kalsnvitam |
sarvvabhasakavitvam ca vijnätam suvilaksa^am ||
wonach auch er auf den Ruhm eines Dichters Anspruch
erheben dürfte. Doch werden wir Bedenken tragen, den
im Süktikar^ämrta überlieferten Vers ihm zuzuweisen, da
(^rldharadasa den Verfasser desselben ausdrücklich Karkaraja
nennt, die in der Inschrift aufgeführten Pratihara- Fürsten
aber nur Eakka heissen. Die volle Form KakkarSja als Name
und Titel findet sich scheinbar nur bei den Rästraküta-
Fürsten. Auf diese Familie werden wir also von vornherein
mit grösserer Wahrscheinlichkeit hingewiesen , wenn wir
überhaupt den Versuch machen, nach dem spärlichen Material
den Karkaraja des (^ridharadasa zu identifizieren.
Kehren wir zu Karka, dem Commentator des weissen
Yajurveda, zurück. Durfte oben bereits im Allgemeinen ein
ziemlich hohes Alter für ihn in Anspruch genommen werden,
so ist im Besonderen darüber Folgendes zu bemerken. Karka
wird citirt von Hem5dri, welcher unter dem König Mahadeva
von Devagiri (1260 — 71) und seinem Nefien und Nachfolger
Räraacandra (1271 — 1309) lebte. HemSdri citirt ihn zwar
1) Yo gau^anämapariväram uvaha pürvam (mukhyam)
9rlkar(k)karäjasubhagay7apade9am uccail^ ||
2) J. A. S. B, VIII, 294 v. 4 = Ep. Ind. III, B5 Z. 10 und I. A.
V, U7 V. 81,
Ueber einige Commentatoren zu Sütren etc. 611
sehr häufig, jedoch nur im 3. Theile, dem Pari9esakha94ä
des Caturvargacintama^i, indem er in den meisten ITällen
sich oder andere in Gegensatz zu der von Karka vorgebrachten
Ansicht setzt, den er bald EarkopSdhyaya, bald Upädhyäya-
karka, bald Adhyapakakarka, bald schlechthin nur Karka
nennt. ^) Der Caturvargacintäma^i ist spat verfasst. Harihara
nämlich, mit dem Beinamen Agnihotrin, der Gommentator
zu Päraskaragrhyasütra , citirt unter seinen Vorgängern
Re^uka^) und Karka; Re9uka citirt wiederum Karka.')
Einerseits ist nun für Re^uka als Abfassungszeit seines
Gommentares das Jahr 1266 durch seine eigene Angabe
sicher bezeugt, andererseits wird sein Nachfolger, der eben
genannte Harihara, häufig von Hemädri citirt.*) Ihr Ver-
hältniss zu einander, wie sie sich gegenseitig citiren, stellt
sich graphisch so dar:
Hemädri unter den Yadava-Pürsten 1260-1309
Harihara
RcQuka um 1266
Karka.
1) Nach der Ausf^abe in der Bibliotheca Indica im 111. Theil:
1. ^fäddhakalpa : Karkopädhyäya: 83,7 v.u.; 157, 14; 1050,8 v.u.;
1052,3; 1053,1; 1065, 6 v.u.; üpädhyäyakarka : 1209,5; 1210,1;
1281,8; 1326,9; 1361,13; 1435,14; 1453,10; 1481,4 v.u.; Adhya-
pakakarka: 1124,9 v.u.; Karka: 1405, 3 v.u.; 1435,3 v.u.; 1438,11;
1452,9; 1454, 6 v.u.; 1561,2; 2. Kälanirnaya: Karkopädhyäya : 326, 4
V. u.; 380, 8 v. u.; 597, 8; 610, 8.
2) Siehe weiter unten.
3) Siehe unten. ReQuka citirt ihn einmal unter dem Namen:
Karkopädhyäya, sonst nur: Earka; Harihara jedoch nur: Karko-
pädhyäya. Kämadeva, KarmapradTpikä (Ms. Chambers 457 d) fol. Ib:
Earka, sonst, s. 6. fol. 39a, 41a: Karkopädhyäya. Rämakrsi;ia stets:
Karkäcärya. Vgl. S. 605 Aura. 7 und S. 619 Anm. 2.
612 B. Simon
Hieraus folgt, dass Hemädri mindestens ein jGngerer
Zeitgenosse des Harihara gewesen sein moss, und möglicher
Weise auch Bepuka an der Lebenszeit des Haiihara oder
sogar an Beider Lebenszeit einen gewissen Antheil gehabt
hat. Damit aber nun Einer den Andern als Vorgänger
oder als zeitgenössische Autorität citiren kann, wird es
nöthig sein, den Zeitraum zwischen ReQuka und HemSdri
möglichst gross anzusetzen, und da f&r Ersteren das Jahr
1266 als Grenze nach rückwärts festgelegt ist, wenigstens
die Abfassungszeit des Caturvargacintama^i möglichst spat
— frühestens um 1300 — hinunterzudrücken. Durch Re-
Quka wird aber des Weiteren nun auch die Zeit des Karka
genauer bestimmt und als unterste Grenze fQr ihn die erste
Hälfte des 13. Jahrhunderts festgelegt.^) Eine weitere Be-
stimmung nach rückwärts steht offen. Hemadri nämlich
citirt Trika9(}ama9(}ana Bhaskarami9ra,^) den Verfasser der
Apastambadhvanitak3rik3s. Wie Bhandarkar in seiner Analyse
dieses Werkes gezeigt hat,') citirt dieser Trika^^&mavdana
Karka und eine von ihm verfasste paddhati. Folgen wir der
Ansicht Bhandarkar 's, bo muss TrikS^^ama^^^na wenigstens
1—200 Jahre vor Hemadri, d. h., wenn wir für letzteren
als runde Zahl das Jahr 1300 annehmen, also um 1200 bis
1100, möglicher Weise schon im 11. Jahrhundert gelebt
haben. Da nun Karka einerseits von Trika^cJamaQ^ana
citirt wird, andererseits nach den Mittheilungen Kielhom's*)
1) Dass Säya^a den E[arka citirt, hat bereite A. Weber, Vor-
lesungen über indische Literaturgeschichte, ^ 1876/8 Berlin, S. 156,
bemerkt.
2) Im Pari9e8akhaQ4a: I: 8. 802, 805, 807, 1881. II: S. 14, 15,
161, 163, 222.
8) R. G. Bhandarkar, Report on the search for sanskrit mana-
scripts in the Bombay presidency during 1883/84. Bombay 1887.
S. 27—29.
4) A catalogue of S. Mss. ezisting in the Central pronncei
prepared by order of E. Willmot edited by P. Kielhom. Nagpw
1874. S. 178 No. 113 (jedoch: Trikav^ama^ijÄna).
Üeber einige CommerUataren eu StUren etc, t)13
einen Gommentar zu TrikaQ4aD3&94Anft^8 Werk verfasst hat,
80 sind Beide Zeitgenossen und Karka^s Zeit ist durch die
Trika^^aniav^äna^s aufs Genaueste bestimmt — unter der
Voraussetzung, dass unser Karka mit dem Verfasser der
paddhati und dem Commentator des TriksUi^^maQJ&na iden-
tisch ist, einer Voraussetzung allerdings, die nichts weiter für
sich anzufahren vermag, als dass ihr nichts widerspricht.
Literarisch thätig kennen wir femer noch unter den
Jainas einen Kakka, der nach Ausweis der Paf^ayali des
Upake^agaccha ^) Zeitgenosse*) des Hemacandra war, zu
dessen Grammatik er einen Gommentar') verfasste. Er hat
um 1230 gelebt und muss so identisch sein mit dem Kakkala,
auf dessen Befehl Gu^acandra, der Schüler Devasüri^ eben-
falls einen Gommentar zu Hemacandra*s Grammatik schrieb.^)
Im Folgenden soll nun nur die Rede sein von dem
Karka, welcher Commentare zu KätyHjana^s (^rautasütra
und Paraskara^s Grhyasütra rerfasst hat. Bekanntlich hat
Weber bei der Herausgabe des Qrautasütra kein vollständiger
Gommentar des Karka vorgelegen, sondern nur die Theile
zu 111, 8, 31 — IV, 15, 30 und der ganze zweite Theil zu
adhy. XII — XXVI ; *) letzterer ist vollständig abgedruckt.
Auf den ersten Theil musste somit leider verzichtet werden.
Beide Theile geben vollständig die Handschriften, welche
Shridhar R. Bhandarkar in seinem Gatalogue of the coUections
1) ed. Hoernle, I. A. XIX, 233.
2) 1. c. S. 241.
3) «Eakkalasya vyäkhya* cfr. Kielhorn, Indra^omin and other
j^ammarians I. A. XV, 181. Kakkala Deminutivum zu Karka oft'.
Buhler, Ueber das Leben des Jainamönches Hemacandra. Wien 1889.
S. 17 u. Anm. 37.
4) A. Weber, Katalog der Berliner Sanskrit- und Präkrit-Hand-
schriflen II, 1 S. 254 und Aufrecht, Catalogus Oxoniensis. Oxonii
1867. S. 171a.
b) The white Yajurveda part. III ed. by A. Weber. Berlin-
London 1866—9. S. VIL
614 B. Simon
of Manuscripts deposited in the Deccan College (Bombay
1888) unter No. XIV, 68 und 69 S.216 aufführt. Die erste der-
selben — 314 Blätter zu je 9 Zeilen, 31,4 cm breit, 12,4 cm
hoch — umfasst den pürvärddha (adhy. I — XI), die zweite
— 187 Blätter zu je 11—12 Zeilen, 27,4 cm breit, 11,4 cm
hoch — den uttarardha (adhy. XII — XXVI). Eingeleitet
wird der Commentar durch den Vers:
(^riga;^e9äya namah j|
TrayTsusamvittivivekanirnialat samagranih9reyasasiddhi-
hetavah |
Sama8ta9Sstrartha8utattyabodhaka jayanti Kätyäyanapa-
dapäipsavah , 1 ,
Sodann beginnt der Commentar selbst. Derselbe lautet
zu I, 1, 1 und 2:
Athato 'dhikarah ] 1 ||
yyakhyäsyata iti sfitra^esah l| 9astraprayojanasambandhabhi-
dhänam dar9apuroaroasadau krtam | idanim padärthamatra-
vyakhyänam kriyate || tatrayam atha9abdah purvavrttayedü-
dhyayanantaryaprajnaptyarthah | pürvam vrtte hi vedädhya-
yana uttaro vie&ra upapadyate | vedavakyarthanirnpavam liy
atra bhavati { atah9abdas tad eva Tedadhyayanain hetutvena
pradar9ayati { yasmsd adhito vedo 'ta uttarakälam vic^ra-
syävasara iti i| adhik3ra9abdena ca karmavisayah kartr^ysparo
'bhidhlyate '[ pratijnjlsutram etat | pratijnatam idam adhikSro
yyakhySsyata iti | pratijnakara^aip 9i9yabuddhisaniadhänär-
tham I; apare tv anyathä vyäcaksate i, nityanaimittikakämya-
karmanibandhanottarakalam gcEryeQa paribhasopanibaddha |
tatrlTyam atha9abdah karmSnantaryaprajnaptaye jj hetvarthaf
cätah9abdah | yasmad abhihitani karmSuy atas tesv adhikäro
'bhidhiyate | ka etair agnihotradibbir adhikriyata iti | evam
pratijnate satldam vicaryate ■ kirn phalavanti karma^y uta-
phalavanti | kirn tSvat präptam i aphalavantlti brömah | na
üeber einige Commentatoren zu Sütren etc. 615
hi tatsamanaDtararn phalam upalabhyate | ägamo 'pi nai-
vamvidho 'sti | yenSgnihotradibhih svargah sadhyata iti {|
nanu cägnihotram jahuyat svargakSraah | daryapuraamasa-
bhyäm syargakämo yajetety evatn ädina phalavattavagarayate
naitad evam | tatra hi yägahoraayob (rutyS vidhsnam
yajeteti ySgasya kartavyatocyate | juhuyad iti ca horaasya
na cänyat padantaram asti yatah phalam upalabhyeta | dar-
9apür9amäsa9abdah karma^i vartate 'gnihotra9abda9 ca |
svargakama^abdena ca ka[nieuä]vi9is(ah puruso 'bhidhlyate ||
yajetety anena ca yägasya kartavyatocyate 9rutyä | evam
juhuyäd iti homasya | tena yatra phalabiiddhih samrteti {
evam prapta ucyate
pbalayuktani karma^i {j 2 ||
pbalasya sadhakanlty arthah | kasmad vakyat | dar9apnr9a-
masabhyäm svargakSmo yajeta | agnihotram juhuyat svarga-
kama iti ca || nanöktam yo \ra kartavyatävacanah sa y^gasya
[kartavyatani aha] homasya ca < naitad evam | y^gasya karta-
vyatayäm hi vidhTyaraanayäin vakyam evedam anarthakam
syat I na hi yägenänyasya sadhyata | anena yägo 'py anar-
thako vakyam ca j atha tu yagah sadhanatvena vidhTyate
svargam ptati tadadhatvarthavidbanena 9rutir apy anugrhyate |
vakyam apy arthavad bhavati | na ca vedamatrasySpy anar-
thakyam isyate { tasmat svargah sSdhyo yaga9 ca sadhanaip {
tat katham iti cet | ilia svargakamo yajeteti yad advayam
api na vidhayakam na vänuvadakaip | na hi dvayor vidhT-
yaraanayoh paraspare^a sambandho bhavati ] na canüdyarafi-
nayoh | tasmat tatraikam ^ padam udde9akam anyat pratinir-
de9akam iti | tatra [yadi] y5godde9ena svargakamo vidhTyate
svargam kamayamänena yägah kartavya iti tada väkyarthah
tatha sati väkyasyanarthakyam bhavati yägasya cädrstapari-
kalpanam svargakämatäyä9 ca atha tu svargakäraodde9ena
yago vidhTyate tada [sa] tasyopakärako bhavati | purusapra-
yatnarOpo hy asau | svargakämasya caneke upakäräh | putra-
616 JB. Simon
pa^vSdilSbharupSh l| tatra caikayakyopattaip svargam eya
sadhayatiti | nätlya c5drs(aparikalpana tasmat svarga^ sadhyo
yagaf ca sadhanam |l api ca yEgasya kartavyatayäm asä-
manjasyam sySt | syargam k^mayate yagam karotiti | tasmafc
8yargakamodde9ena yagavidhanam | ataf ca phalavanti kar-
mS^tty uktam || aha ca |
svargakämo yajeteti dve pade ced vidhayake |
parasparam asambandhö nanuvado 'pi yajyate ;|
ato 'nädyapadenaike napare^a yidhlyate |
yadi tatraiya sambandh&s tato yujyeta nSnyatha
anudya yadi yagaip tu syargakamo yidhlyate |
kamanayas tatbs yagad adrstam kalpam eya hi
svargakümam anüdyatha yadi yago yidhlyate |
tasyopakarakatyena tatah syargasya sadhyate |l
prayatuaröpo yago ^jSim oihphalah sa ca nesyate
yidheyo pi hi sädhyasya sadhanatyena jayate j|
svarga9 ca sadhyo nanyat tat sadhyam kimcid apisyate
prayatnarüpo yago 'pi tena syat tasya sadhanam ||
uddi9ya syargakämam tu sphu^e yägayidhau sati |
ekayakyagatah syargas tenaivaiha prasadhyate •]
sadhyaiii nanyad dhi yagasya na canyat syargasadhanani
sädhyasadhanasambandhas teneß^a]^ syargayagayoh*
Ohne weitere Mittheilungen über sich oder sein Werk
schliesst der Commentator mit den üblichen glückbringenden
Worten, denen dann nur noch Angaben der Abschreiber
über das Datum der Herstellung der yorliegenden Hand-
schriften folgen.^) In dem Schlusscolophon zu den 26 adh-
yayas wird der Verfasser nur ein einziges Mal*) schlechthiu
Earka genannt, daneben findet er sich hie und da auch in
1) Der erste Theil: samvat 1837 agahanasükalapakse 6 bodba-
väsare [\ 9rir astu Ij Der zweite Tbeil: samvat 1667 varse 9räva9a-
9Qdi 18 8ome likhitam || 9ri]t^ ||
2) Zu adbyaya XVII.
Ueher einige Commefiiatoren eu Süiren etc. 617
der Form: KarkopädhySya,^) in der überwiejfenden Mehrzahl
der Fälle heisst er jedoch: üpadhySyakarka ; *) sein Com-
mentar heisst (Käty5yanasütra-)Bh58ya, vereinzelt daneben
auch ^Vivara^a. Bei dem verhältnissmässig hohen Alter
unseres Commentators wären Citate von grosser Wichtigkeit.
Leider lässt er uns hier fast im Stich. Am ausführlichsten
ist er noch im 1. adhySya, wo er seine Citate jedoch auch
meist nur anonym') beibringt. Namentlich finden sich in
seinem ganzen Werk nur genannt: Pitrbhütyacarya,*) Brhas-
pati,*) Jaimini,*) Ya9ogobhi,'') Pävini,®) die Schalen der
Madhyandina,®) Ka^va,*®) ferner Nyayasütra,^^) Vaikhanasa-
vidhi,") Chandogya,") Aparä vyäkhyä/*) Vyäkhyantara,")
Vyakhya,") Nairuktas,") Kathaka,") AtharvaT?a, ") Ma-
1) So auch im Anfang und im Schlnss des ebenfalls von ihm
verfassten Gommentares zu Kätyäyana's Snänasütra. Siehe J. Eggeling,
Catalogue of the Sanskrit Mannscripts in the Library of the India
Office I. London 1887. S. 107 a.
2) Vgl. zu diesem Wechsel oben S. 611 Anm. 1 und Änm. 8.
3) Sie einleitend mit: apare, itare, anye, äha ca, itarasmin pakse,
uktam, eke, kecit, brümah, yaugikä 9aTikä, 9rüyate, 9äkhäntare u. dgl.
4) I, fol. 8b und Weber, grautasütra S. 1036, 18. Nach P. Peter-
sen, Report etc. (Bombay 1882—87) II, 173 ist er Verfasser eines Com-
mentares zu Eätyäyana*s ^^^^tasütra.
6) I, fol. 46 a.
6) I, foL 45 b, 62 b.
7) I, fol. 58 a: Ya90gobhiprabhrtikrtavyäkbyä. VergL Weber,
I. Litt. ^ S. 166 Anm. 161 und ***). Ananta bat nicht die richtige
Reihenfolge.
6) I, fol. 143 a.
9) I, fol. 86 b.
10) Weber, ^rautasütra S. 1103, 6.
11) Ibid. 992, 16.
12) Ibid. 1017, 20.
13) I, fol. 306 a und Weber, 1. c. S. 1102. 3.
14) I, fol. 6b, 237a, 237b.
15) I, fol 42b.
16) I, fol. 12 b.
17) I, fol. 135a.
18) I, fol. 28b.
19) I, fol. 29a (= Atharvaijaveda).
I
618 n, Simon
naya,^) Gautama.^) Zu Kstj. II, 1, 2 bei Gelegenheit
einer aosfuhrliclien Erörterung der Anweisung, dass der
Yajamäna oder der Adhvaryu Brennholz zum Feuer nach-
zulegen hat, heisst es I, fol. 49 b — 50 a:
nanu cStrapy acaryasya pratyaksam eva yacanam sma-
ranti hi pancada9a9äkhopanibaQdhanam krtam acSrje^eti {
tasmSn nästi pratyaksakrto vi^esah ncyate | (äkhädvayam
adhikrtya tätparye^änupravrtta äcäryas tatra nityanainiitti-
kakämyavaikalpikäni kärtsnyenopanibaddhäni ^äkhädvayayy-
atireke^änaiyamikamätram eva | tena ^äkfaädyayavihitasye-
tare^ästi yi9e9as tadyihitam pratyaksapaksaniksiptatu iva
yathä kathamcid api jnäyate | fäkhäntariyam punah pra-
yatnato jnäpanTyam ity adhyaryugrahaQam ' nanu katipaya-
fäkhopasaiphäre saty asarya^äkhäpratyayatyäd anädaraQlyam
etat sütrakärayacanam { naitad eyam | eyam hi smaranti |
yä eya kä^ cana panca ye da^a yä (äkhä upanibadhyaute
tatraiya naiyamikäfigapradhänakarmopasainhärah sambhäyj-
ate kim uta pancada9a9äkhopanibandhana iti | tasniäd apa-
ricodanä^arya^äkhäpratyayatyam iti ,; atha saryafakhäpraty-
ayakarmopasamhärenaiyädbikriyeta | tathä saty a9a[kyayä]-
kyärthopade^ät sarya9äkhänäin äoarthakyam eva syät sina-
ryate hy eka9atam adhyaryu9äkhänäin iti | tathaikade9ädhy-
ayanenäpy adfaikäram smaranti |
yedän adhitya yedau yä yedain yäpi yatbäkramam |
ayiplutabrahmacaryo grhasthä9ramam äyased |{
iti ' tathä ca lingam { yo yaijnäto 'nucänas tarn ayakä9ayed
iti II sarya9äkhäpratyayatye hy anücäno na ka9cit syät | apare
'dhyaryugrahaljiam yajamänasambandhärtham yyäyaroayanti
Karka ist yon seinen Nachfolgern stark ausgenutzt worden,
und wenn Harihara und Re^uka ihn auch namentlich nicht
1) I, fol. 29 a.
2) I, fol. 312 a: dbarmasütrakäragautamenoktaTn.
Ueher einige Commentatoren eu Sütren etc, 619
allzuhäafig anführen,^) so haben sie ihu doch inhaltlich bei
jeder Gelegenheit herangezogen. Niemand hat ihn aber
gründlicher ausgeschrieben als Yäjnikadeva, der ihn nicht
nur an zahlreichen Stellen mit Namen nennt, ^) sondern
auch ganze Gedankengänge, vollständige Sätze und Wen-
dungen ohne Veränderungen in seinen Commentar hinüber-
genommen bat.^) Was derselbe dadurch zwar an Selb-
ständigkeit verliert, gewinnt er reichlich wieder durch
üeberlieferung der Ansichten eines um Jahrhunderte älteren
Autors. Einen Begriff davon gibt ein Vergleich des oben
mitgetheilten Stückes (zu I, 1, 1 und 2) aus Karka^s Com-
mentar mit dem entsprechenden bei Weber abgedruckten
aus dem des Yäjnikadeva. lieber Deva, Ananta, Mahädeva
siehe oben S. 605 Anm. 2 — 4.
Ebenso wie nun Karka an der Spitze der Commentatoren
zum Qrautasütra steht, ist er auch das Haupt derer zum
1) Siehe weiter unten.
2) The white Yajurveda ed. A.Weber, TU. Bd.: Karka: 151,12
152,18; 188,4; 189,13; 193,G; 194,5; 195,17; 197, 1; 210,16; 216, 18
217,7; 221,17; 257,1.16; 264,10; 271,14; 272,2t; 280,4; 282,4
303,4; 370,13; 884,7,20; 385,22; 461,8; 493,22; 514,7; 643,22; 602,8
619,22; 624,8; 627,2; 636,16; 645,24; 658,18; 666, 10,20; 668,23
670, 10; 678, 24; 679, 12; 683, 21; 684, 14; 688, 23; 711, 17; 783, 14
745, 17; 762, 7; 765,3,26; 768,8; 808, 25; ^23, 3; 831, 11, 17; 834, 1.
Karkädayas: 183, 24; 723, G. Karkäcärya: 275, 20; 44i,24. Karkä-
cäryäs: 165,7; 182,14; 184,12; 185,10; 189,1; 211,8; 222,8; 249,12;
259,7; 277,17; 467,18; 566,14; 611,8; 706,24; 746,21; 765,8;
776, 11; 837, 16.
3) Ein Yäjfiika Näräja9a, Sohn des Rämacandra und Bruder
des Gangädhara, verfisste geradezu eine Karkänugä Padärthadipikä
(nach Aufrecht, Catalogas Catalogorum). Dieser Gangädhara ist
übrigens zu trennen von dem Verfasser der Samskärapaddhati, dessen
Vater Dämodara hiess und nicht, wie Aufrecht will, Rämägnihotrin,
was der Name seines Grossvaters war. Siehe Speijer, Jätakarm»
S. 24, 25.
620 A. Simon
GrhyasQhra des Paraskara. Dieser sein Commentar liegt
Yollständig vor in zwei Handschriften des Deccan College :
A (= X, 44 S. 129 in 8. R. Bhandarkar, Catalogue) :
Schlechte Handschrift auf dunkelbraunem Papier, in zwar
grosser, aber lässiger und undeutlicher Schrift, 46 Blätter
(18 cm : 11 cm) umfassend. Buchstaben, Silben, Worte sind oft
ausgelassen, oft doppelt gesetzt. Auf Psr. II, 11, 5 (fol. 29b)
folgt erst Pär. H, 14, 11 — 18, und dann erst kommt H, 11, 6
(fol 30a). Es fehlen im Text III, 5 bis HI, 10, 31; statt
dessen ist ein Stück aus einer metrischen Grhjakärikä^) yon
146 9loken, die Cereroonien des vr^otsarga, päyasaprä^ana,
präya9cittayidhi behandelnd, eingeschoben. Ohne weitere
Einleitung beginnt sofort der Text. Der Schluss lautet:
Karkopädhyäyakrto (!) grhyaviyara^am samäptam iti j sam
1560 var^e vaifä^a^udi 2 bhaume pustakaip likbäpitam | Qrlr
astu 11 Qubham astu ||
B (= XIV, 78 S. 217 in S. R. Bhandarkar, Catalogue) :
Gute, vollständige, deutlich geschriebene und ziemlich fehler-
freie Handschrift von 37 Blättern (24,5 cm : 11 cm). Sie
beginnt :
Päraskarakrtasmärttasutravyäkhyä gurüktitah |
Karkopädhyäyakrteyam *) tene natvä jagadgurum j|
und schliesst:
Iti ^rlkarkopädhyäyakrtam grhyasütratippaQam sampür-
Qam I iti ^rlsamvat 1858 mth bhädauvadi ekam 1 rväsomä-
rasamäpta {| 9rTgura(!)govindanäräyan(!)ajTsahäya ij frlsiva
1) So bezeichnet das eingeschobene Stück lich selbst in den
Unterschriften zu den einzelnen Ceremonien. Wie der Veigleich
ergibt, Jst es nicht die Grhyakarikä des Re^nka. Citirt werden
darin: Apastamba, Ä9va)äyana, Katha9ruti, Ka^häs, KürmapuräQa,
EauBitaka9ruti, Näräya^a, Baudfaayana, Bharad^äja, Bhasyakära«
Bhäskara, Väjasanejinas.
2) Ms.: Oyakeney®.
lieber einige Commenialoren zu Sülren etc. 621
Während bei A zur Bezeichnung des Verfassers Karko-
pädhyäja mit Upädhjäyakarka, des Werkes grhyabhi^ya mit
grbyavivaraiQa wechselt, nennt JB den Verfasser durchgehends
Karkopädhyäya, seinen Commentar grhyabhä^ya neben grhya-
sütra^ippava. Es werden im Verlauf dea Cotnmentarea eine
grosse Zahl von Gitaten, besonders von metrischen, heran-
gezogen, zum grössten Theil anonym.*) Namentlich nennt
Karka nur folgende Autoren und Werke: Äpastamba,')
Gautama , *) Pitämaha , *) Pracetaa , ') Manu , *) Mänava , ')
Yäskäcärya,') Vasi§tha,*) Vä3tu95stra,'*) (|laükha. *') Der
Commentar zu Päraskara I, 1, 1 lautet (unter Zugrundelegung
der Handschrift B) folgendermassen:'^)
Qrautäny ädhänädlni karmäQy uktäni | tadanantarain
smürtäny anuvidhtyant« | tatraitad ädimain sITtram ||
athäto grhyasthälipäkänäqi karma j Tjükhyäsyata iti
^esah I' taträyam atba^abda änantarye '^) j 9rautänuvidbäna-
samanantaram smürtäny anuvidhTyanta iti | änantaryaprajäap-
tiprayojanarn 9rautesv adhikärädy *•) upaspr^ed '*) apa ity
evam antam sarvakarmasädhüraQam yatra syüt taträpi ")
pravrttir yathä syäd iti !| pürvarp prayrttam ca ^rautänäm
upanibandbanam ity etatsütrakärapravrttyä jSäyate [ pro^yetya
grbän *^ upati^hate piirvarad iti ^raute^u gihopaathänaip
vihitaip 1 tatpiirvavad ity anenätrütidi^yate | tathä prok^vX^
ca pürvavad iti ,| atah^abdo lietvartha^ j yasmäc chrautäny
t) Einffeleitet durch: anje, apare, Shn^, itare, iti, aktam, noyate,
eke, hecit, tatbä, patbanti, yathä, vacanät, fröjata, smaranti a. i. f.
2) B fol. Ib u. 2b. 3) B foi. 2a, I6b, 2Sb, 32b. i) B fol. Üb.
6) B fol. 34b. 6} B fol. 2a, 86a. T) B fol. 32b. 8) B fol. 7a.
9) B lol. 2a. 10) B fol. 3Da. 11) B fol. 32b.
12) Die gaDze EiDleitung hat fai^t wfirtlich Jafaräran, SajjaDa-
vallabha (IIa. Chambera 373) fol. la~2b ttberDommen.
18) A: änartaye. U) B: »kärSd. 15) B: apaspA Aiapa
npaP. 16) B: "räpi. 17) A: grahan.
ises. Sflmngtb. d. phll. n. hial. Cl. 40
622 B. Simon
abhihitani smärtSny eYäva^i^yante | atas tani yaktaTjanlti
nanu puryam smärtanäm garbhädhänädiDäm anu^^bänazn
pa9cäc ehrautÄDäm ity ato 'nusthäaakramepa smartÄny era
punram abhidhejänity atrocyaie | naitad evam | pratyaki$a-
9rutityät | pratyaksä bi 9rutaya]^ (rauie^u ^) | smärte^a pnnah
kartrsamänyäd anumeyäb | smärtanäm api bi vedamülatvam
uktam I tasmät pratyaksafravavät täny eva pürvam abbidhl-
yante l| apare tv anyatbä var^ayanti | smara^äd era smrtl-
näm prämäQyam | ayyayacchinnam^) bi smarapam astakädl-
näm a^^akäh kartaryä iti | anädir ayaip saipsarah | smara9ani
apy esäm anädy eveti || nanu coktam Apastambena | tesam
utsannäh ') pä^hä^ prayogäd anumiyanta iti | ato vedamüla-
katvam*) | naitad evam | 9äkhänäm satlnäm utsädo bbavati
näsailnäm |{ taträyaiu do^a^ syät | ya eva ka9 cit kam cic
cbäkhäm na pafbati tasyaitad vihitam smärtam syät | yas
tu pa^het tasya 9rautam iti || tatra purusäpek^ayä tad eva
9rautam smärtam cety ayuktarupatä syät | smara^ät smrtir
iti samjnä cänvarthiki ^) { yuktakarmänustbänam ®) ca sma-
ra;^am Manugautamavasisthäpastambädibbir granthenopani-
baddham | tasmät kartrsamänyäd anus^heyo 'yam artba ity
anumlyate [ tathä ca lingam naimittikam vyähutibomam
prakrtyämananti | yady rkto bbür iti caturgrhltam äjyam
grhTtvä gärhapatye jubavatha yadi yaju^o bhuva ity ägiiT-
dbriye 'nvähäryapacane vä haviryajne yadi sämatab svar
ity ähavanlya iti prakrtyäba | yady u avijnätam^) asat sar-
vä^y anudrutyäbavanlye ®) jubavatbeti | avijnätam ca yan
na vijnäyate kim [ärgvaidikam yäjurvaidikam sämavaidikam
iti*) I vina^tam*®) ca yat^^) karma tat smärtam avijnätam
ity ucyate | vedamnlakatvam ^*) by evänvii^yamä^am ^')
1) Vergl. RämakräQai Einleitung zum Sainskäraga^apati S. 42
Z. 12. 2} A : atyantanava^ 8) A : uchannä^. 4) A : <^latvam.
6) A: ynktarüpä. 6) A: tatkarO 7) B: oua. 8) A: Odhru«
B: ^v9. 9) A: iti vinistam veti. 10) A: vinis^ 11) A: om.
12) A: oiatve. 13) A: Onksamä»
üeber einige Oammentaiären zu Sütren etc. 623
jnayaie*) | tat^) kirn]') mulam iti | tasmät smrtiprayähäd evä-
yam artho nustheya iti gamyate || grhyasthälipäkäDäm kar-
meti*) grhyah ^älägnir ävasatbya aupäsana ity anarthäntaram {
tatra ye sthälipäkäs te gthyaethällpäkä^ | sthälTpäkagraha-
Qam cäjyapurojäfadbänäsaktvädyupalaki^apartham | katbam
JDäyaie | yena stbällpäkam npakratnyäjyam upasamharati
nirapyäjyam adbi9riiyety evam») äjyagrahapam •) api'sthäli-
päkädyupalaksa^^ärtham eva { yena sarvesäm evedam ^^ädha-
ravam^) karmocyaie ^) | na hy atra prakrtivikrtibbäva ^) iti
vidhyädividhyantavatl prakrtir ucyate | yatra punar yidhyä-
dimätram vidhyantas tu nästi sä vikrtir iti | na cätra yidhy-
ädividhyantasyarüpatä { sarvä^y eva sthälipäkädlni prakrtya
dharmavidbänam
Es kann von keinem indischen Commentator, auch dem
besten nicht, erwartet werden, dass sein Commentar mit
derselben Ausführlichkeit fortgesetzt wird, als er begonnen
ist. Auch bei Karka schwächt sich der Erklärungseifer von
Paragraph zu Paragraph ab. Will er schon von Anfang
an auf eine Erläuterung der Sprüche verzichten und sich
nur darauf beschränken, die Vorschriften zu erklären und
deren Reihenfolge and Anwendung zu bestimmen, so wird
auch selbst dieser Vorsatz um so weniger ausgeführt, um so
mehr sich der Commentar dem Ende nähert, bis im 3. kä^dia
schliesslich nur noch die Vorschrift ohne jeden weiteren
Zusatz und von dem dazugehörigen Spruch nur das erste
Wort, mit ity anena mantre^a eingeleitet, angeführt wird,
bei III, 13, 2 aber der Commentar sogar ganz aufhört und
der Schlusskolophon folgt. Trotzdem enthält der Commentar
besonders in den ersten beiden käpj^ ^i^l Beachtenswerthes,
im Grossen und Ganzen aber an wichtigeren Dingen nichts,
1) A: jäjate. 2) A: om. 8) B: [] om. 4) B: iti.
5) AB: evam ädi. 6) A: äjyam. 7) A: karmasadhä^. 8) A:
ucyate, 9) AB: Ovikära«.
40*
624 R. Simon
was nicht, dem Sian oder sogar den Worten nach, in die
Commentare des Jayaräma (nach 1655 p.) ^) und des Rama-
krSQa (im 18. Jahrhundert)*) übergegangen und von dort
aus durch Stenzler in den Anmerkungen zu seiner lieber-
Setzung von Päraskara's Hausregeln bekannt gemacht wäre.
Im Folgenden werden eine Anzahl von Beispielen dafür vor-
geführt, den Mittheilungen und Erklärungen Jayaräma's und
Rämakr^Qa's die Originalworte Karka's gegenübergestellt und
so die Quelle Jener aufgezeigt werden. Das geschieht aller-
dings weniger, um die Unselbständigkeit Jayaräma's und
Rämakr^aa^s darznthun oder weil gerade auf Earka^s Priorität
besonderes Gewicht zu legen wäre, als vielmehr in der Ab-
sicht zu zeigen, mit welch' absoluter Sicherheit sich hier die
Tradition mindestens 5 — 600 Jahre fortgepflanzt hat, mit
welcher fast wörtlichen Bestimmtheit sie trotz der zahlreichen
Zwischenglieder von den älteren Lehrern zu jüngeren Arbeitern
fortgeschritten ist, und wie so viele Ausführungen Jayaräma's
und Räraakrsaa's , die wir zuerst geneigt sein dürften für
jung zu halten, da sie ohne jede Berufung auf eine Autorität
von ihnen gegeben werden, thatsächlich auf einen um Jahr-
hunderte älteren Autor zurückgehen.*)
Fol.*) IIa: paro bhavati paräbhavam gacchatiti = Jr.*)
fol. 21a z. I, 11, 6. — fol. 12 a: simhiti riflgi^ikocyate =
Rk. *) z. I, 13, 1.') — fol. 12 b: kürmapittafabdenodaka-
yukta9arävam ucyate = Jr. fol. 23b z. I, 14, 5. — fol. 13a:
1) Siehe Stenzler, Indische Hausregebi, Abh. K. M. VI. Bd.
No. 4. Leipzig 1878. S. VI.
2) Siehe Yediscbe Schalen S. 2 und Eggeling, Catalogne of the
India OfBce III. London 1891. S. 660.
8) Siehe hierfür auch S. 621 Anm. 12.
4) Mit Zugrundelegung von B.
6) = Jayaräma.
6) = RämakfSQa.
7) Rk. hat jedoch: ringa^Ika.
Ueher einige Commentataren zu Sütren etc. 625
bhadrapltham *) mrdupTtham = Jr. fol. 23 b, Rk. z.'I, 15, 4.
— fol. 15 b: krka^ti kankapahärikocyate = Jr. fol. 29 b z.
I, 19, 10.^) — fol. 18b: uddbrtodakena snänaiii na väryate
=: Rk. z. II, 5, 12. — fol. 20 a: [kalpa^abdena grantha-
Diätram abhidblyate |] na ca kalpamätre granthamätre 'dhi-
gate snäylta^) | [na hy etävatä tadanui^thänayogyatä bha-
yati |] tasmäd arfchato granthata9 cädhigamya snäyäd iti =
Jr. fol. 38 b z. II, 6, 7. — fol. 21b: upahäsafabdenäbhiga-
manam ucyate*) = Jr. fol. 41b, Rk. z. II, 7, 9. — foL 21a:
iasyäm . . . anantarhitäyäm ca trQädinä = Jr. fol. 42 a z.
II, 7, 15. — fol. 26 a: maitro hi brähma^a ucyate = Jr.
fol. 42 a z. II, 7, 18.*) — fol. 22 a: näpitädeh pratii?idhyate |
. . . arväg da9ähät prasave sati { . . . cbatträdinä = Jr. fol. 42 a
z. II, 8, 4. 5. — fol. 22 b : tayor apy uttaratah | . • > tasmät
sväd annäd yad yad i^tatamam tat tad grhapatir a9näti =
Jr. fol. 42b z. II, 9, 8. 15. — fol. 22a: taträpi präya90 hasta
eva bhavati | ata^ käladvayasyopäkara^akarmaQO vikaipo
'yam | apare tu kälacatus^ayam va^^ayanti = Jr. fol. 43 a
z. II, 10, 2. — fol. 23 b: etad eva vratäde9e vratavisarge ca
= Rk. z. II, 10, 10. — fol. 23 b: samidädhänam ca bhedena
na yaugapadyena | . . . mantrabrähmaQayoh = Jr. fol. 43 b,
Rk. z. II, 10, 13. 18. — fol. 24a: apare tv anyathä ] yad
yad upädhyäyäd grbyate 9ilpädy api tat tat sarvagrahaQena
1) AB lesen: madra^.
2) Jr. hat jedoch : ^harikä.
8) Jr: snanärho bhavati.
4) = ESmadevai Earmapradipika fol. 41 b.
6) Der ursprÜDgliche Zustand in II, 7, 18 ist der gewesen, dass
sarvata ätmänam gopayeta Qlosse war za dem vadhatrah des Textes.
In der Handschrift B des Karka fehlt sie. Aher in A ist diese Glosse
bereits in den Text eingedrungen, ebenso wie in der Stenz1er*schen
Handschrift B (siehe die kritischen Anmerkungen zu seiner Ausgabe
^es Pärukara- Textes Abb. K. M. VI, No. 2. Leipzig 1876. S. 54).
Jayaräma erweitert den Sinn des Textes, indem er (fol. 42 a) vadha-
trah commentirt: vadhäd gfaätäd ätmänaip param vS trSyate
626 B. Simm
grhyate | filpTnam api hy anadbjäyaprasiddhir asti = Jr.
fol. 44a z. II, 11, 1. — fol. 24a: ßtÄiiitayidyndvr^tyädisain-
ghah 5= Jr. (nach Sfcenzler) z. II, 11, 3. — fol. 26 a: ulkä-
dharäya = Jr. fol. 47 b, Rk. z. II, 14, 20. — fol. 27a: paksä-
diprabhrtisu = Jr. fol. 50 a, Rk. z. II, 17, 3. — fol. 27 b:
8triya9 ca balikarma kuryuh = Jr. fol. 50 b z. II, 17, 18. —
fol. 29 b: dhayalagrhe ta catun^u konesa filästhäne^u^) homah*)
stambhastbänlyatyäc chilänäm «s Jr. fol. 59 a z. III, 4, 3.')
Diese Beispiele wären mit Leichtigkeit noch um ein
Bedeutendes zu vermehren. In Bezug auf den Text, der
Karka vorgelegen bat und soweit er ihn selbst gibt, ist zu
bemerken, dass er im Qrossen und Ganzen mit dem von
Stenzler hergestellten Text Qbereinstimmt. In einigen Fällen
treten Abweichungen hervor : l. Ä oder B oder Beide
stimmen mit Lesarten überein, die auch von Stenzler be-
nutzte Handschriften zeigen, von ihm aber in den kritischen
Apparat verwiesen sind.*) 2. Ä oder B oder Beide wefeen
1) Jr: catasko9a9Uä^.
2) Jr: ä^nejädihomah.
8) Ueber die Frage, ob die Ceremonie der ScheitelschlichtiiDg
(I, 16) nur bei der ersten oder auch bei jeder folgenden Schwanger-
schaft vorznnebmen sei, spricht sich Karka fol. 13 a folgendermassen
aus: dvitiyädisu garbhe^? aniyamah |! apare tu var^ayanti sTman-
tonnayanam pratbamagarbha eva (B : eveti) bhavati (B : om) | taamin
vyäkhyäne dvitiyädinäm garbhäväi;! tatsamskSralopa];^ präpnoti '
tasmän naitad isyate " Vergl. J. Jolly, Z. D. M. G. 46, 419, ferner
Hariharabhäsya S. 73. Za II, 7, 10 erklftrt Karka fol. 21 a ,vijanya* des
Textes mit: ,na garbhi9r.
4) I: 3, 19: B: niröksayati (= AJr); 4, 8: A: OpQrve^a (« BC);
6,2: B: pravrtya (= C); 13,1: A: nädadhita (= A); 14,8: B:
9ungäip9 ca (= BCJrRkKpVp). II: 1, 6: B: väyur uda<> (= ABQ;
6,9: A: Oyat samidham tfi (— BC); 6,86: B: Vayanätitah (= BC);
6,48: B: ^repsur (» BC); 6,16: AB: <^mucya dav^am ni^ (cfr.BC);
7,6: B: phalaprapatana^ (=^ Rk); 11,6: AB: Vbdesn (» C); 18,2:
AB: «änaduhau (= BCVp); 17,18: AB: o^e?akf|roesu (« A).
üeber einige CammentcUoren zu Sütren etc. 627
Lesarten auf, die sich in dem von Stenzler benutzten Material
nicht finden.^) Schwerlich aber dürften diese von irgend
einem Einfluss auf den Stenzler'schen Text sein.
II. BeQuka.
Die von mir benutzte Handschrifb ist angeführt bei
Shridhar R. Bhandarkar, A Gatalogue of the coUections of
Manuscripts deposited in the Deccan College, Bombay 1888,
unter No. XII, 139, S. 177. Die Handschrift ist in Devanä-
garl, stellenweise gut, ebenso oft aber auch mit der grössten
Flüchtigkeit und ündeutlichkeit geschrieben und umfasst
221 Blätter zu je 7 Zeilen (23 cm : 10,5 cm). Sie beginnt:
II 9rTh l{ om namalj^ {| 9rlga9e9äya namah {| 9rl9äradajai^)
nama^ ||
Pnrä puräri^aropaih purä^y upapupürire |
yad gu^agrämam udgirya ga^anätho jayaty ayam |{ 1 {|
Makhadikarmavijüänakumudodbodhahetave ') |
namas tasmai gaQe9äinhrinakhacandramarIcaye |j 2 ||
Hutl9tibudhismrtibhaktilajjä9äntyädiyo$idvaravallabho 'ham |
bravimi samskäravidhim nisekäd brähmam prapamyäbjabha-
vämhripadmam '| 3 |]
Sainskäro dvividhah prokto brähmo daivo manti^ibhih |
garbhadhänädiko brähmo daivikah päkayajnikah |{ 4 ;| u. s. w-
1) I: 8,20: AB: yadj api na; 13,1: B: catartham snä^; 15,4
AB: <>iiermadrapi^; 16,20: A: ^^am hastam pra<^. II: 1, 9: B: ^nam
undayati ; 6, 81 : AB : tasya snätasya ; 6, 26 : A : alamkrtam bhüyäd ;
8, 3. 4: A: 9ayala^r(9Üp ; 11,6: A: ärtanisvane ; 13,6: A: agnim
abhi^; 14, 25:A: asamspr^täli ; 17,12: A: iti 9rüyaDte vi^. III: 2,5
AB: ity evam aha; 3, 10: A: sarväsu; 4, 9: A: proksayet; 6, 2: A
pratapya bhraO; 10,2: A: ^trorevä^^; 10,46: AB: »dakam rtO; 10,58
AB: Obham ca da^; 11, 10: A: ^jeii ca.
2) Ms: 9ri8äradaya
8) Ms: OmudobdhodbaO.
628 B. 8imm
Der Schluss (auf foL 221a) lantet:
Aslc^) chäQ4iIft^&ni9ajo dvijayarah sanjanyajanmäkrtih
9rT8orae9varadTksitämbujabhaTäpatyätmajah») satpadah
sacchästrärghatnahodadher ') nirayadher vaidagdhadugdiiäm-
budheh*)
9rImädbyand]nadharmadurdharayaroddhäraikadhuryas^)
tatah i 1
Sünus*) tatkulapadD[iakhaQ4&tapaDah ^rlmän mahefäbhidhah
sürir bhüriya9äh '') 9ruti8mrtisadäcäraikanii=f(ho^) 'bfaayat*) |
tatsunuh^^) katisünu(!?) tatra tatinikallolanakro mahäms
teneyaip^^) racitä prayogayiyrtit 9rTrevukärye9a ") . . 2
Abde k§ayäkbye^') madhusamjnamäsi ^*)
9äke**) 'stayusyT9yarasammitänke ^*) |
granthah krto^^) ^am kamalälayänghri-
saroruhämäditasatpadena '| 3
Yad uktam anuruktam (!) yä yac coktam asamanjasam |
tad atra nipuvaih^^) samyag yidhätayyam samanjasam I 4
{{ iti grbyakärikäh samäptah '!
II 9ubham bhavatu | 9rTh |;
Gescbrieben ist die vorliegende Handschrift yon Vyäsa-
dämodara(?) im Jahre s. 1581.
Dass der Grossyater Re^aka^s yäterlicherseits Sonie9Tara
(aus dem Qä94ila~Geschlecht) hiess, geht sowohl aus V. 1
des mitgetheilten Schlusses, als auch aus anderen Stellen
des Commentares **) heryor und ist bereits yon Stenzler,
1) Ms: £910. 2) Ma: ^haväjatjä^. 8) Ms: ^fafhamähSdadhe.
4) Ms: ^budhaih. 5) Ms: ^dharmadaradhurodväraiO. 6) Ms: ^nas.
7) Ms: bhürir yasa. 8) Ms: Onis(o. 9) Ms: bhayet. 10) Ma:
^süna. 11) Ms: ^na yam. 12) Ms: 9rTreQiikaryah sadhih.
18) Ms: ^yäkse. 14) Ms: mmadhusamjnimä^. 16) Ms: säke.
16) Ms: öva9vlsvara0. 17) Ms: krato. 18) Ms: ^pu^ai.
19) 111,87: Yajva 8ome9varah 9rimäD laksmlpSdSbjasatpadah
tatpautre^a krtä grbyakärikä yibudhapriyä ';
Ebenso X, 46.
Ueher einige Gommentatoren zu SiUren etc. 629
Abb. f. d. Kunde des Morgenlandes VI, 4 S. XI bemerkt
worden. Repuka*s Vater hiess Mabe^a, der aueb den Namen
Govardbana fübrie. Letzteren bezeicbnet Stenzler, 1. c. als
Reaoka's Grossvater mütterlicherseits. Aus dem Gommentar
geht das aber nicbt hervor. An den drei Stellen,*) wo
der Name Govardbana überhaupt vorkommt, faeisst es stets
gleichlautend :
Govardhanätmajätena yajvanä ReQukena tu
prayogavivrtih krtä
Der Commentator nennt sich selbst Re^uka,*) Reuu-
kärya") und Re^ukägnihotrin,*) sein Werk grhyakärikä *)
oder prayogavivrti,*) einmaP) samskäravidbi. Wie Vers 3
des Schlusses lehrt, schrieb er seinen Gommentar im Jahre
9äka 1188 (- 1266 n. Ghr.). Die Mittheilung Stenzler's,
1. c. S. XI, er habe seinen Gommentar im Jahre 9äka 1288,
also um genau 100 Jahre später verfasst, muss auf einem
Versehen beruhen, da abgesehen davon, dass dem die Worte
1) n,13; Vn,27j IX, 151.
2) II, 13; VII, 27.
3) IV, 44; IX, 151; XVn,306; XX, 213; XXI, 101; XXin,817.
4) V, 20. Uarihara sowie RämakrsQa nennen ihn Re^udiksita,
Anantabhatt^ in seinem Vidhänapärijäta (siehe Eggeling, Catalogue
etc. III, London 1891, S. 438 b) Re^u. Zum Wechsel von Rei^u and
Re^nka vergl. den Wechsel zwischen Apare^a, Sohn des Ananda
(G. Bühler, Kanheri Inscriptions No. 16 in Archaeol. Survey of Western
India V, S. 74 ff., London 1883) und Aparei^uka, Sohn des Änanda
(ibid. No. 4).
5)1,72; 111,37; IV, 44; VIII, 47; X, 46; XXII, Schlussvers;
XXni,817; XXVII, 38.
6) II, 14; VII, 27; IX, 151 ; XVII, 305; XX, 213; XXI, 101. Anan-
tadeva, Smrtikanstubha (Eggeling, I.e. S. 443 b) nennt das Werk kurz
Re^ukärikä, ebenso Anantabhatta (1. c.) und Rämakrs^a im ^räddha-
samgraha (Eggeling, 1. c. S. 561 b), Kämadeva, Karmapradipikä (Ms.
Chambers 457 d) fol. Ib: Re^ukä kärika.
7) Veis 3 der. Einleitung.
630 J^. Simon
der von mir benutzten Handschrift widersprechen, auch die
Yon Stenzler selbst eingesehene Handschrift nach der Be-
schreibung von Eggeling in seinem Catalogne of the Sanskrit
Manuscripts in the library of the India Office I, London
1887, S. 67 No. 1665 A (= No. 1665 bei Stenzler 1. c. S. XI)
in ihrem Schluss nicht nur mit der Bombayer übereinstimmt;,
sondern auch noch ausdrücklich in Ziffern hinter dem in
Frage kommenden Vers die Zahl 1188 angibt.^) Der in
metrischer Form abgefasste Commentar zerfällt in 27 Ab-
schnitte von sehr verschiedener Länge je nach Wichtigkeit
und Länge der Sacramente. Die Reihenfolge derselben, zum
Theil abweichend von der von Päraskara eingehaltenen,*)
hat bereits Eggeling 1. c. S. 67 mitgetheilt. An Einzelheiten
sind hervorzuheben Re^iuka^s Bestimmungen über das Alter
des Mädchens und des Mannes bei der Heirath.') Sie lauten
auf fol. 75 a, b und 76 a (XVII, 42—48):
a^avarsä bhaved gauri navavarsä ca rohi^T |
da9avarsä bhavet kanyä ata ürdhvam rajasvalä*) || 42^)
1) Diese Bombajer Handschrift (Bhandarkar, 1. c. S. 177 : .com-
posed in 9aka 1188*) wird dieselbe sein, welche Kielhorn in seinem
Report on the search for Sanskrit Mss. in the Bombay Presidency
during the year 1880—1, Bombay 1881, auf S. 59 No. 139 {,com-
posed in 9Ska 1188*) aufführt, und ist daher mit Recht von Auß«cht,
Catalogus Catalogomm, Leipzig 1891, auf S. 834 b fortgelassen.
2) Siehe Stenzler, 1. c. S. XI.
3) Zum Inhalt siehe J. JoUy, Zar Geschichte der Kinderehen
Z. D. M. G. 46, 413 und 47, 610.
4) Ms: r%ja8valäl^.
5) Gleichlautend findet sich dieser Vers wieder bei Tama
(Hemädri, Cvc. III, 2 S.802, Nilakai^tha, Samskäramayükha fol. 46h),
Samvarta (Samvartasmrti v. 66 «= Säya^a zur Parä^arasrnfti 1, 2 S. 79),
Ka9yapa (Madanapärijäta S. 150), Bhat^a Siddhe9vara, Samskärama-
yükha (Ms. Chambers 491b) fol. 121a und im Ms. B von Gobhila-
putra*8 G|'hjä8amgrahapari9i8ta (ed. Bloomfield) II, 18 Anm. 11, die
erste Hälfte desselben bei Parä9ara und Apastamba (Hemädri, ibid.).
üeher einige Commewtotoren zu Sütren etc. 631
da^ame nagnika tS syld dyäda9e vrsalT smrtS^)
apara vr^alT jneyS kumarT ya rajasvalä*) !| 43')
prapte tu dvada9e varse yah kanyam ua prayacchati
masi masi rajah tasyah pita pibati fo^itani i| 44^)
Die Bezeichnung gaurl, rohii^T, kanjä, rajasvalä, wahrscheinlich fdr
je ein acht-, neun-, zehn- und mehr als zehnjähriges Mädcheni wie
sie hier ReQuka gibt, kennt auch Marlci (SäyaQa zur Parä9ara8mrti
I, 2 S. 79). Begreiflicherweise wechselt dieselbe häufig. Samvarta
(Hemädri l. c. I, S. 682 = III, 2 S. 801, Bhatta, Siddhe9Tara, 1. c.
fol. 121a) und Yama (Säya^a 1. c. S. 79) nennen ein acht-, neun- und
zehnjähriges Mädchen : gauri, nagnikä, kanyakä; Eä97apa (Hemädri I,
8. 682 ; sein y. 2 ist zu vergleichen mit Samvarta v. 1 (Säya^a 1. c.
S. 78), Samvartasmrbi v. 65, Angiras v. 2 (Hemädri III, 2 S. 803) und
Gobhilaputra, Grhyä8amgrahapari9ista II, 19) nennt ein sieben- and
zehnjähriges Mädchen: gauri, kanyakä; Yäjnavalkya (Hemädri 111,2
S. 801) ein acht- und zehnjähriges Mädchen : gauri, kanyakä. Ohne
Altersangaben zu machen, beschränkt sich Angiras (Hemädri I, S. 682
= III, 2 S. 808 = Grhyäsamgraha II, 18; sein v. 3 (Hemädri HI, 2
S. SOS) ist = Samvarta (Madanapärijäta S. 150 = Samvartasmrti 68))
darauf, die Eigenschaften einer gauri, rohi^T, 9yämä (?) und nagnikä
anzugeben, ebenso Marlci (l. c). Yergl. Yajne9vara9arman, Aryavid-
yäsudhäkara S. 108—9.
1) Mt: smftäh.
2) Ms: rajasyaläh.
8) lieber nagnikä siehe J. Jelly, 1. c, ferner Väyupuräija (Mada-
napärijäta S. 149 = Säyaqa zur Parä9arasmrti I, 2 S. 79), Samgraha
(Hemädri III, 2 S. 808 = Säya];ia ibid., der jedoch statt nagnikä
kanyakä citirt), Angiras (1. c.) und Säyai>a*s eigene Definition (1. c).
Ein zweijähriges Mädchen nennen Samvarta (Hemädn I, S. 682 =
111,2 S. 801) und Yama (Säyaijia 1. c. S. 79), wie Re^uka, vrsali,
Kä^yapa (Hemädri I, S. 682) und Yäjnavalkya (id. HI, 2 S. 801)
kumäri. Re^uka v. 43 b ist = Devala (id. III, 2 S. 801) v. Ib, welch*
letzterer in v. la (= Yamasmrti v. 25) noch weitere Bedeutungen
▼on Yrsali anfQhrt. Ebendaselbst wird vrsali erklärt von Brhaspati,
Vi$9a (= VisQUsmrti 24 S. 89 Z. 2 v. u.)» im Madanapärijäta S. 150
von Atri and Ka9yapa (v. 1 = Brhaspati l. c).
4) Der Vers findet sich gleichlautend wieder bei Yama (= Yama-
smrti V. 22, Nilaka^tha, 1. c. fol. 46 b), Parä9ara und Äpastamba
632 B. amum
etac ca prftyikam^) jneyam na rajodar9aiiam bbaTet |
kasam cid api vars e ^smin *) muninapi tat 45
udvahet trimfadabdas tu kanyam dTadafayarsikim |
tryastavar^^) 'stavarsam va^) dharme sldati satyarah 46^)
ekayimfatiyaris^o va saptavar^m aväpnuyat |
varsair ekagu^m bharyam udvahet trigU9ah srayaip 47^)
trim9adyar9o "0 da^abdäm vä^) bharyam yindati nagnikam |
tasmad*) advahayet kanyam yavan nartumati bhavet j^ 48*®)
Ferner berichtet Revuka auf fol. 20 b und 21a über die
Ceremonie des Stechens der Ohrlöcher, des kar^Lavedha, welche
sich bei keinem der anderen Commentatoren zum weissen
Yajurveda wiederfindet. Er schiebt dieselbe, ebenso wie nach
ihm Vi^veyvara Bha^ta, der Verfasser des Madanaparijata,
zwischen die Ceremonie des niskrama^a und annapräfana.
Der Verfasser der Vyäsasamhita, welcher den kan;LaYedha
wohl nennt, aber nicht beschreibt, weist ihr die Stelle
(Hetnädri III, 2 S. 802). Obige ünterlassangsBÜDde achten einem
bhrü^aban gleich Närada (Hemädri III, 2 S. 804), Vyaga (VjäsaBam-
hitä II, 7 S. 668), Atri, Ea97apa (Madanaparijata 8. 160) und Yama
(ibid. S. 149), während Vasistha (Hemädri III, 2 S. 803 and Saja^a
1. c. I, 2 S. 78 = yasisthasmrti adhy. 18 S. 760) dieselbe nnr als dosa
bezeichnet. Die Hölle stellen dafür in Aussicht Paithinasi (Hemädri
III, 2 S. 804) und Parä9ara (ibid. S. 803 = Samvartasiprti v. 67 =
Tamasmfti v. 23), speciellere Strafen Brhaspaii (Hemädri III, 2 S. 808).
1) Ms: präci kirn. 2) Ms: nabhäsa^i. 3) Ms: as^varso.
4) Ms: tarn. 6) = Manu IX, 94.
6) Der ganze Vers ebenso bei Bha(^ Siddhe9vara 1. c. fol. 121 b,
die erste Hälfte zusammen mit v. 48a eingeleitet durch: Bärhaspatye
*pi, die zweite durch: Vais^ave 'pi.
7) Ms: tnm9ayarso. 8) Ms: ca. 9) Ms: tasyäm.
10) Der erste Halbvers gleichlautend bei Bha^^ Siddhe^vara 1. c,
eingeleitet durch: Bärhaspatye 'pi, der zweite Halbyers ebenso bei
Samvarta (Madanaparijata S. 160 v. 2a = Säya^a 1. c. S. 78 v. 2a =^
Saipvartasmrti v.68a), Kä9yapa (Hemädri I, 2 S. 682 t. 3a), Angiras
(ibid. lU, 2 S. 803 ▼. 3 a) und Tama (ibid. S. 803).
üeher einige Commentataren eu Sütren etc. 633
zwischen der Tapanakriyä und dem Tratade9a zu^) und setzt
sie an das Ende der neun Sacramente, die bei einem weib-
lichen Wesen ohne Mantras vorzunehmen sind.^)
Nllakautliäi ^^^ Sohn des Mimämsakabhatta QaHkara,
bespricht sie in seinem Samskaramayükha,') ebenso wie
Candracü(}abhatta in seinem Samskaranir^aya ^) zwischen
namakarma und niskrama^a, Anantadeva in seinem Sams-
kärakaustubha ^) zwischen annaprä9ana und bälasya raksa-
vidhi, Vedäcärya in seinem Smrtiratnakara®) zwischen tam-
bülalaksa^a und strisamskära, Bhafta Siddhe9yara in seinem
Samskäramayükha '') zwischen dugdhapana und niskrama^a,
Vi^vefvara Gägäbhatta in seinem Käyasthadharmadtpa ®)
zwischen doläroha und upave9ana, Näräya^abha^ta , der
Sohn des Räme9varabhattasüri, in seinem Prayogaratna *)
zwischen dugdhapana und süryavalokana.
1) Yyasasamhitä 1, 13:
garbhadhänam pumsavanam Bimanto jätakarma ca
nämakriyä niskrama^o 'iiiiä9anam yapanakriyä |
kar9aYedho yratäde90 vedärambhakriyävidbih |
2) Ibid. I, 15:
navaitäli kar^avedhäntä mantravarjam kriyäli striyäh
Vergl. Re^uka fol. 28 b, VII, 26:
garbhädhänädikä annaprä9anäiitä maliinlace |
akarQayedbäh syuh kriyä nänyä ity äha Bhäskarah ||
3) Ein Theil seines Bbagayantabbäskara. Der SamskäramaySkha
ist herausgegeben in Bombay, Jüänadarpa^a-Dnickerei, 1884; kar^a-
yedha: fol. 13 a.
4) Siehe Eggeling, Catalogue of Sanskrit Mannscripts in tbe
India Office. London I, 1887. S. 98 b und 99a.
5) ed. Bombay 1861, fol. 105 b. Der Verfasser lebte mn 1650
(J. JoUy, Z. D. M. G. 46, S. 277).
6) Siehe Eggeling, 1. c. III, 1891, S. 473 a.
7) Ms. Chambers 491b: fol. 31b bis 32 b.
8) Siehe Eggeling, 1. c. III, 1891, S. 527 b.
9) ed. Bombay 1861, fol. 45 b. Der Verfasser lebte am 1550.
634 B. Simon
Der ziemlich verderbte Text lautet bei Re9aka:
kärttike paaipamäse vä caitre yS phalgune 'pi va |
kar^iavedham pra9amsanti ^uklapakse (ubhe 'hani || 5 ^)
sunaksatre 9ubhe candre svasthe 9lr8odaye fubhe |
diDacchidravyatipatavistayaidhrtavarjite |, 6
citränuradhämrgarevatlsa
punarvasau pui^yakaräfvinTsa {
9rutau dhanii^tbämrdu^üttarBsu *)
lagne gurau labhamrge 9ubbe 'tah^) {| 7
.; ;■ .'; I *)
nirandhrau mandaviddhau ca 90^0 'py abhara^änvitau ] 8
9i9or ajatadantasya ^j DiEtar utsaHgasarpi^ah *) {
sauciko vedhayet kar^au sücyä dyigUQ.asütrayä \\ 9*^)
pancame *bde trtlye vä*) pürvähne pranmukhaya ^) tu |
tasmai präil madhuram datvä pitqnyo ySpi ka9 cana j' 10
vedbayed daksi^am purvam kramät täv api mantrayet |
bhadram kar9ebhir vaksyaiiti ^^) manträbhyaqi pratiman-
trata]^ il 1^
kar^avedhanimittam tu tato brähmaQabhojaDam
ke ein nandimukham 9raddham iha necchanti sarayah { 12
prajapatir rsis trisfhup chandah sysd ä9yamedhike |
anayor devatadyä yä ädya syat**) kärrnukitarS [ 13
1) 5 a nnd 6 b werden yon Nllaka^tha, L c, und yon Bha^tft
Siddhe9yara, 1. c, dem Garga zugeschrieben (an beiden Stellen: 5b:
kärttike pünjiamäse), yon Anantadeya, 1. c, und dem Verfasser des
Viramitrodaya dem Vyäsa.
2) Ms: ^bätimrsüO. 8) Ms: labhamrge 9iibhe tatah.
4) Ms: kle9äyi8t5?ineyidyaa kar^au bhanme nikfotatah |
5) Ms: ^dantadamsya. 6) Ms: uisargasar*^.
7) Diesem auch von Bha^ta Siddhe9yara citirten Vers 9 a und 9b
geht dort unmittelbar Vers 6 b vorher. Alle drei sind nach seiner
Angabe einem «samgraba* entnommen, worunter wohl der auch von
Anantadeva oft citirte Muhürtasamgraha zu verstehen isi
8) Ms : ca. 9) Ms : <>khasya. 10) Ms : vaksyanü. 1 1) Ms : syä.
Üeher einige Commentaioren zu Sütren etc. 635
In diesem Texte sind ojSenbar zwei yerschiedene Dar-
stellungen zusammengeflossen : die eine, welche als Bedingung
für die Vornahme der Handlung das Kind noch ohne Zähne
sein lässt;^) die andere, welche das dritte, fünfte oder ein
späteres Lebensjahr dafür festsetzt. Damit stimmt überein,
dass sämmtliche von Ramakr^^a, welcher dies Sacrament
ausführlich bespricht, herangezogenen Werke entweder nur
die eine oder nur die andere Bedingung kennen, ebenso
Hemadri, yi9ve9yarabhatta und die übrigen oben genannten
Autoren. ReQuka hat hier zwei yerschiedene Bestimmungen
unyermittelt neben einander gesetzt, ohne sich selbst für eine
derselben zu entscheiden. Und zwar gehören yy. 5 — 9 und
10 — 13 zusammen. Nach dem Zeugniss Hemädri^s (III, 2
adhyäya 14 S. 741) und Viyejvarabhatta's (IV. stabaka
S. 359) sind die Verse 5—9 einem Jyotihfästra entnommen.
y. 5 wird unter dem Titel: Viramitrodaye Vyäsah,*) y. 9*)
als Ansicht Reuuka's citirt yon RämakrSQa, Samskäraga^apati
A fol. 393 ff., B fol. 183 ff. Des Letzteren ausführliche Be-
schreibung des kar^ayedha siehe im Anhang.
Auf fol. 13 a, III, 31 — 34 beschreibt Re^uka folgender-
massen den ,garbhiuyä dharmah^ :
angärabhasmästhikapälaculhl-
9urpädike$üpayi9en na närl |
solukhalädye *) drsadädike yä
1) Nach Einigen ist hierbei jedoch der erste Monat nach der
Geburt unter allen Umständen verboten, so z. B. im Vyävahäroccaya
(bei Anantadeva, 1. c. fol. 105 b) und in einem Citat Vjäsa's (bei
Nilakai^tha, 1. c. fol. 13 a). Ferner in einem von Rughoo Nundun,
Institutes of the Hindoo Religion, Serampore 1884/5 (Bengali-Druck)
I 8. 981 angeführten Oitat des Räjamärta^da und in einer von dem-
selben einer Dipikä entnommenen Vorschrift.
2) Siehe S. 684 Anm. 1. 3) Siehe S. 684 Anm. 7.
4) Ms: solüsalä^. Vergl. Nilaka^^ha, ^äntimayukha fol. 77a:
Gargah | yrttam vä musalam väpi sphu^ate yäpy ulükhalam ||
▼fttam dalanajantram |
636 B, Simon
jantre tu ^) arakopari^fst I 31
DO märjanTgoma7api;L(}ak&dau
karyan na yari^y avagahanam sa 1
angärabhümyäm na nakbair likhet k^am
kalim vapurbbafigam atbo na koryät ij 32
no muktake^I vivasatha va syäd
bbunkte na samdhyavasare na ^ete |
supySn na yamyacarapärdrapada
nadhah9irodyiguamanah^) 9ucih syät i| 33
namafigalam vakyam udirayet sa
9ünyälayam vrki^atalam na yayat |
ti^t^en na valmlkam atbo na bäsyä
raksänvita bbartrbite rata syat ] 34')
Im Grossen und Ganzen bescbränkt sich Re^uka sonst
darauf, die von Paraskara vorgeschriebenen Hausregeln einfach
nur zu beschreiben. Jedoch fügt er hier meist einer jeder
derselben astrologische Angaben hinzu und bestimmt die
günstige Stunde des Tages, die günstige Gonstellation der
Gestirne u. dergl., unter der jedes einzelne Sacrament vor-
zunehmen sei. Ausserdem führt er zahlreiche Ansichten
Anderer, mit und ohne Namen der Quellen, ein. Er citirt:
Angiras: 12,7
Atharva^iam yruti: 1,53
Apastamba: 11,50; 23,444
Apastamblya8ütrabhä.?yakä-
rah: 9,8
A9valäyana: 9,60; 23,178;
23,310; 23,367
U9auas (?) : 23, 758
Karka: 2, 2; 3, 1 («kopadh-
yaya); 11,3; 11,8
1) Ms: oiäsämliivjO. 2} Ms: Omanä.
8) Viel ansfBhrlicher als Revuka behandeln Anantadeva, Sams-
karakaustubha fol. 82 b ff., Nilaka^tba, SamskSramayOkha fol. 9aft.
und ßhatta Siddhe9vara, Samskäramayäkha fol. 17a die Verhaltungs-
jmassregeln für eine schwangere Frau unter Zagrandelegnng der im
Padma- bezw. MirkaQ^eya- und Matsya-Parä^a hierfür gegebenen
Yorschrifben.
Ueher einige Commentatoren zu Sütren etc.
637
Ka5yapa: 3,36; 12,7
Kathaka9ruii : 23, 369 ; 23, 504
KatTyagrhyasutra : 2, 14;
7, 27; 9, 151; 17, 305;
20,213; 21,101; 23,817
Kätlyapari9is(a: 3, 17
KatTyasufcra: 5,20; 23,488
Katyayana: 18,2; 23,481
Kecit: 1,8; 1,47; 3,5; 4, 10;
4, 35 u. m.
Kecit sürayah: 6, 13
Garbhopanisad: 1,53
Gälavii): 23,315
Gürjarah: 23, 799
Gobhila: 8,43; 14,3; 23, 102;
23,116; 23,123; 23,391;
23, 393
Govindaräja «) : 23,500
Gantaraa: 9, 120; 9, 128;
10, 21 ; 10, 23 ; 10, 28 ;
10,45; 12,7; 13,23; 15,6;
17,63
Jabali: 4,4
Jyotirvidah: 1,28
Tittiri: 9,114; 13,24
Taittiripatha : 23,104
TaittirTya: 12, 17
Trivikrama: 11,37; 12,11
12, 17; 17, 193; 17,260
17,263; 18,25; 19,24
23, 448
Devala: 1, 25; 1, 37; 3, 2;
21,12
Devasvamin: 23,813
Naraya^a: 3, 5; 23, 542;
23, 812
Padma: 3,36
ParSfara: 12, 8
Päraskara: 17, 151
Pitamaba: 23,514
Pura^ikah: 23,389
Paithinasi: 9,5; 9,6; 9,82;
23,308; 23,427
Paura^iikam vacas: 26, 1
Pracetas: 9, 126; 23, 72;
23, 138
Prajapati: 4, 6
BahvrcTnam grhya: 17,27
Brahmasütra: 1,40
Bharadvaja: 12, 7
Bbavanäga: 11, 7; 11, 37;
11,40; 12,17; 19,6
Bhavisyottara : 11,6
Bhäratädi: 23,220
1) Der Name erscheint als Lehrername auch im Yäju-Paraqa
I, 60, 24; ferner citirt ihn Säyava in seinem Gommentar zar Paräya-
ra9mrti an drei Stellen, NilakaQ^ha, Samskaramayükha fol. 9 a als
Verfasser eines Jjotisaratna. Die Gälaväs als Schulname theils des
weissen Tajnrveda, theils des Sämaveda vergl. Vedische Schulen s. v.
2) Verfasser einer Smrtimanjari. Ueber sein Alter siehe J. Jelly,
Z. D. M. G. 46, 279.
1896. Sitrangsb. d. pbil. u. bist Ol. 41
638
S. Simon
Bhsr^yakära: 23,488
BhS^ak&radi: 3, 5
BhHskara: 7,26
Manu: 1,8; 1,56; 4,24; 5,6
9,125; 13,6; 13,7; 13,16
15, 6; 15, 69; 17, 90
17, 137; 23, 296; 23, 623
Manvädi: 11, 5; 16, 15;
23, 309 ; 23, 444 (?) ;
23,647; 23,798
Mäi;davya: 12, 8
Maisya: 3,36
Mrirkau4eya: 23,301
Medhätithi: 23,228; 23,237;
23, 500
Yama: 5,7; 9,128; 17,51;
17,65
Yäjnavalkyädi : 11,4
YäjnavalkTyavacas : 1, 72;
17,16
YogT9vara: 23,597
Kati^astra: 1,42
Linga: 18,6
Lollatai): 23,228
LoIIatadayah: 23,221
Vatsa: 12,8
Varahamihira: 1,18
Vasistha: 9,131; 17,96
VatsySyana: 1, 41
Vrddhavasistha : 23,304
Ymn: 3,4; 17,14
VifYarfipa: 23,228
Vyäsa: 4, 6; 23, 424
(;;ankara: 3,30; 5, 12
Qaflkha: 4,24; 5,10; 9,132;
23,316; 23,527
Qankhadhara: 23,500
gankhalikhitau: 1,27
gumbhu»): 23,228
Qaunaka: 10,45; 11,45;
20,14; 23,283
(^auDakasütra: 1,41; 2,2
QrTdhara: 23,541; 23,812
QrTdharah smrtyarthasäre ') :
23, 440
1) Schon von 9i'i<ll>ai'Mvämin citirt. ^ Ein Lolla(faa war nach
dem Samgltaratnäkara des Qärngadeya Commentafcor zam Bfaäratiya-
nätya9ä8tra (siehe Eggelinjs^, Catalogae etc. II, London 1889, S. 316a).
2) Die richtige Namensform ist Qambhu. Derselbe wird schon
von Apaiärka (J. Eirste, Collation des Textes der YajSayalkja-
smrti etc. Denkschriften der K. Ak. W. in Wien, 1898, 42, 5 S. 11)
citirt, von Hemadri nur im Q^^ddhakalpa des Pari9esakhaQ4a : HI, 1
S. 1183. 1678, zusammen mit ^^nl^hadhara ibid. S. 1330, von Kama-
läkara, ^üdradharmatattva, von Qrldharasvämin, Smrtyarthasära and
in der Parä9arasmrtivyäkhyä des SäyaQa (siehe Aufrecht, Cata1o£fU8
Ozoniensis S. 279 b, 286 a, 270b und Ed. I, 2 ind. S. 12).
8} Ueber sein Alter siehe J. Jolly, Z. D. M. Q. 40, 279.
Ueher einige Commentatoren zu Sütren etc.
6B9
grati: 1,39
Satyavrata: 23,320; 23,461
SämkhySyana: 4, 5
8u9ruta: 1,51; 1,70; 1,72
Smrfci: 17,33
Hari9Tsata: 23,373
Härlta: 3,2; 13,9; 23,298;
23, 413
IIL Harihara.
Die Zeit Harihari's ist durch Hemsdri und Reyuka
bestimmt. Ersterer, um 1300, citirt üaribara,^) Harihara
seinerseits citirt*) unter seinen Quellenwerken den Commentar
des ReQuka, welcher um 126G verfasst ist. Mithin wird
Harihari in der Zeit zwischen 1266 und 1300 seinen Com-
mentar abgefasst haben.') Dieser Commentar ist in zwei
vollständigen und vortreflFlich geschriebenen Handschriften
und einer unvollständigen erhalten , welche alle Shridhar
R. Bhandarkar in seinem Catalogue of the collections of
Manuscripts deposited in the Deccan College, Bombay 1888,
aufführt.*) Er liegt aber auch gedruckt vor in der guten
1) Nur im ersten (Qräddbakalpa) und zweiten (Eälanir^aya)
Abschnitt des dritten Theiles (Pari9esakhaQda) seines Caturvargacin-
tämavi entweder allein: I: 87,1 v.u.; 91,4; 149,8; 159,12; 182,6;
183,2; 212,14; 392,12; 590,8 v.u.; 1139,4; 1175,2; 1339,5; 1349,6.
II: 447,4, oder in Verbindung mit 9ankhadhara: I, 145, 5 v.u.; 212,7,
und Medhätithi: I, 1131,9 v. u.
2) Siehe 8. 644.
8) Siehe oben S. 610 bis 618.
4) Die erste Handschnft (1. c. XIII, 191 S. 211; 224 Bl&tter zu
je 10 Zeilen ; 24 : 10,5 cm) ist geschrieben : samvat 1800 varse 9äli-
vähana9äke 1666 pravartamäne bbävanämasamvatsare | udagajane
grismaksi(?)tau mahämangalyaphalapradajyesthamäse krsi^apakse na-
vamyäm gnruväsare pürväbhädrapadänaksatre pritiyoge taitilakara^e
mithnnalagne | evam pancänge | adyeha 9rTsimhapuravä8tavyam udl-
cyasahasrajfiätiyapaiii^yabhäradväjatatsunumadhusiidanatatsutamaha-
vajitatsnnaharikrsii^asatapaQ^äliarisatapap^yadeväkarasnta - ratne9va-
re^a likhitam |> Die zweite Handschrift (1. c. II, 48 S. 8; 207 Blätter
SU je 10 Zeilen ; 26,2:18,2 cm) ist geschrieben: samvat 1926 na varse
41*
640 R, Sinum
und ziemlich zuverlässigen Ausgabe^) von Lädhärama^arman,
Bombay samvat 1946 (= 1890). Ueberall heisst der Ver-
fasser entweder nur Harihari oder er führt noch den Bei-
namen Agnihotrin.') In seinem schlechtbin bhäsya genannten
Werk werden die Sacramente in derselben Reihenfolge be-
handelt, wie sie der von Stenzler herausgegebene Text gibt,
lieber die Einschöbe weiter unten. Die dabei zur Verwen-
dung kommenden Mantras hat Harihara in den wenigsten
Fällen zu erklären unternommen, einige hat er offenbar
selbst nicht mehr verstanden*) und beschränkt sich meist
darauf, die Anfangs- und Schlussworte derselben anzugeben.
Der Text des Pnraskara, dessen Betrachtung wir die obige
Ausgabe zu Grunde legen, unterscheidet sich in manchen
9äke 1791 nä pravartatnäne phalgnnamäse krspapakse titban 12 dvä-
da9yäm 9ricandravä8are | 1. metärämam krs9ajädavaji9rihalavadama-
dhye västavyam || Die dritte Handachrift (1. c. XVII, 18 S. 838;
125 Blätter zu je 12 Zeilen; 24,5: 11 cm) ist unvollständig: Es fehlen
die ersten drei Blätter (bis Päraskara I, 2, 2) and der Schlass.
1) Zu dem 5 Seiten langen Yerzeichniss der Dnickfebler am Schloss
der Ausgabe kommen allein in dem Text des Päraskara noch folgende
hinzu: I: 4,12: anusamvya^; 4,16: agnis ^e; 5,11: panthäm; 6,2:
pateh; 12,4: päpinäm; 16,2: pr9ni; 18,4: ca trih; 18,6: cittizn.
II: 6,16: 9ä^iaks^; 5,42: ^^vitrikä"; 8,6: ^purise; 10,2: paÄcamim;
14, 1 1 : Opän avanejayati ; 17, 8 : ^jann upa*. III : 2, 7 : *ysLm 9f°; 8, 1 1 :
**rsüsu su^; 4,4: ucchrayämi; sunrtä''; brbatl; par^am; purya®; 4,7:
ähuti; pähi; 4,8: väjim; cobbau; 4,17: a8vapna9 ca; 4,18: ^räjam;
6,2: caksur^; yaksmam 91^; 8,11: om. kürcesu; 8,12: üvadhyam;
9, 6: vä yo vä; 11,2: parivyaya^opäkaraQani^; 11,4: ^am; ^di9et;
12,10: sincantu; 18,4: etya; 18,6: ^cam äsya; <Hä ?äk täm; 14,6:
^opastham; 14,12: ^ro risad; 15,20: 9akune.
2) Ebenso am Scbluss der von ihm verfassten Snänapaddbati,
welcher lautet: ity agnihotrihariharaviracitä kätyäyanasnänavidhi-
ftütravyäkhyänapürvikä snäoapaddbatih samäpta ,1 (Ms. Chambers 281
fol. 16 b). In der Einleitung kommt sein Name nicht vor. Hemädri,
ebenso wie Kämadeva, nennt ihn nur Harihari, Bämakrä^a in der
Einleitung zu seinem Saipskäraga^apati Hariharami9ra.
3) Siehe z. B. I, 18, 6: svätmänam (statt: STädmänam).
üeber eimge Commentatoren zu Sütren etc. 641
Punkten von dem Stenzler 'sehen Texte und bietet einige
sonst nicht bekannte Lesarten. Die zahlreichen auffallenden
Uebereinstimmungen femer mit den Ton Stenzler (Text S. 50)
mit B und C bezeichneten Handschriften zeigen, dass Harihara
ein Text yorgelegen haben muss, welcher, ausser aus anderen
Quellen, auch aus der Quelle geschöpft war, aus welcher
B und G geflossen sind. An Lesarten heben wir hervor:
I: 1,2: nirupya^; 2,11: äyäsy;*) 3,5: padyam;*) 4,3: ud-
dhrta®; 4,16: manusyajah; ^) 5,11: jyotismadhye hy aja®;
7,2: pragäyämasyägrata^;^) 8,10: purusah; 8,13: grama-
pra®; 11,2: tväm na^, tvam nä^, tväm nsfi; 16,2: canäya-
tanam avarä jaräyu; 16,5: athäsyäyu$yam; 16,7: tristris
tryäyu®; 19,7: **pra8ärakä°. II: 1,16: pa^yasi;*) 1,21:
aksuQvan; 2,21: *^au8adhibhyah ; 4,3: °ksyottii?thantsami-
dham*) ädadhäti agne sami^; 6,20: purucT; 7,4: iti fruter hy;
7, 6: ®am vrajatTti 9niteh; 14, 4: väru^iTr;'') 14, 5: ^re hi da^;
16,1: prsätakä.») III: 3,13: maghyä^ 5,2: »>lani ca ta^;
5, 4: sthapaty asya patnT sara^; 8, 11 : pu . . esa te ba** ; 8, 17:
rasasya tu® ; 9, 5 : raksatu sarvatah ; 9, 7 : näbhyastham ;
10,36: ced atTtasya; 10,54: ^kumbham ca da®;») 12,9:
®hutTr ju®; 13,4: ®8ä sudu®; 13,6: dugdho; 13,6: matya-
dyasveti;*®) 14,11: iha rantv iti; 15,22—4: labhet tat;
15,24: ®ti brahmä tvä prä9natu bra®. ^^) In folgenden
Fällen stimmt Harihara mit B und C, B oder C, vereinzelt
auch mit anderen Handschriften überein : 1:5,9: vijnätam
ca vijnäti9 ca (=^ B) ; 5, 9 : dar9a9 ca paur^iamäsam ca
1) Siehe S. 271 Z. 6 der Ausgabe.
2) Harihara: pädyam padbhyäm äkramai^iyam.
3) Siehe 8. 271 Z. 8 v. u. der Ausgabe.
4) Vergl, die Lesart von A (Stenzler, Text 1. c. S. 51).
5) Siehe S. 272 Z. 18 der Aasgabe.
6) = BC. 7) Vergl. BC. 8) Als fem. sg. (?)
9) Ebenso liest Karka (A fol. 86 b).
10) Vergl. A and Jayaräma. 11) Vergl. B.
642 B. Simon
(=BC); 5,10: asmin brahma^y asmin (= BG); 5,11: ^tam
ma ägäd (-- A Text BKpVp); 16, 2: pTvarTm na (-= B).
II: 1, 19: <>re^ia raajjayata su« (-- Codd.); 2, 16: Vera I, 8, 8
ganz wiederholt (— BG), jedoch statt prajapati^ t^ä: brhaspatis
tva; 4,8: savitä adadhätu medhuin me devl sarasvatl äda*
dhätü medhsm a^vi® (- BC); 7,6: ^u^kava* (=BJrVp);
7,15: om. ca (=- C); 11,2: Oävasphürjjadbhü^» ^) {-- C);
11, 2: Vte§v (-- BC). III: 2, 2: ratrim upa (- BC); 3, 5:
niskrtim (^- BC); 6,3: virOpak^a^ 9vetapak$o niahäyafäh |
atho citrapaksah (= BC); 7, 2: sakhibhyo (-= BC); 7, 3:
chitva 0^ BC); 8,6: sthallpäkamifrä^y avadänäni ca ru^
(= B); 9, 6: 8äptaja<> (= AB); 11, 10: yajet tas« (= B);
14,10: atryäya (-- BC).
Einschübe: 1. nach II, 2, 10: = BC, abgedruckt bei
Speijer, 1. c. S. 22, von den Herausgebern eingeklammert
(S. 100), von Harihara besprochen (S. 103); bereits Karka
kennt ihn. Er sagt (A fol. 20a) : asmin avasare') prasiddhya
yajnopavTtam icchanti*) |! 2. nach II, 4, 8: -= BC, abge-
druckt bei Speijer, 1. c. S. 23. Harihara (S. 109): prasid*
dhatvac chifitaparamparaearitatyät kriyate. Schon Karka
(A fol. 22 a) bezeichnet ihn als späteren Zusatz: tryayusakara^ani
anuktam api sütrakareQa.*) 3. nach 11,5,27: ^ BC; Hari-
1) Die von Jayaräma und Ramakrma zu avasphOrja gegebene
Erkl&rung findet sich wörtlich so schon bei Harihara sor Erklftmng
von avasphflrjanti.
2) B: aträvasare.
8) B: eveccho.
4) Dass gewisse KOrpertbeile mit Asche bestreut werden, findet
sich, wie hier bei dem tryäyusakara^a, nach den Ausführungen
Rämakrsqa^s auch bei dem nach Päraskara I, 19 eingeechobenen
9i9araksäT]dhana. Es heisst dort (A fol. 415 b = B fol. 198 b) nach
Yoraufgegangenen 6 ^l^ken zum Schluss:
iti bbasmäni mantryaiva bhflsayet tena bhasmana
9irolalätädyangesu rak^äm kuryad yathä vidhibi ||
Siehe ferner bei AnantadoTa, Samskärakanstubha fol. 40:
üeber einige Compientatoren zu Sütren etc.
643
hara kennt und commentirt ihn, Karka kennt ihn noch
nicht. 4. nach II, 15, 2: ^ B; Karka kennt ihn noch nicht.
5. nach III, 5, 5: = BG; Karka unbekannt, von Harihara
nicht commentirt und von den Herausgebern an den Schluss
ihrer Ausgabe gesetzt.
Aus den Citaten Hemfidri^s geht hervor, dass Harihara
Jayantasvamin, ') ferner einen sonst unbekannten Bh^Olä-
cärya*) und Vifvaröpa*) gekannt hat. In seinem Com-
mentare selbst citirt er folgende Autoren und Werke
namentlich oder anonym:
Afigiras: 96
Anye: 73, 92, 118, 239
Amarasimha: 79
Äpastamba: 101, 119
Äfvaläyana: 57, 193
A9yaläyanagrhyapari9ista: 73
A^valayanäh: 55
Äha: 57, 63, 234, 242
Iti: 11, 95, 125, 145, 233,
234, 235, 245
Itihäsapura^ädivicitrakathäh :
241
Itihasapurä^Sdiyidagdhaka-
th?ih: 249
Kgya^rliga: 30
Eke: 28, 118
Eke 3cary3h: 7, 28, 242, 243,
245
Katha9ruti: 17
Kathäh: 17,57
KarkopSdhyäya: 7, 73, 103,
130
Kalpatarukara*): 119, 130
Ka^va: 57, 235
KätTyasütra: 79
Kätyäyana: 9, 55, 79, 145,
150, 178, 243
bhasmasnänavidhir lainge
i9änena 9irode9e mukhe tat purusepa tu |
hrdo de9am agbore^a gahyam vämena suvrata
sadjena pädau sarvängam prai^avena tu 9odhayet
T9änädipädopetair raantrai9 caturthyantair i9änädmämabhir välepayed
ity arthah il
1) Hemädri III, 1 S. 1389, 6.
2) Ibid. III, 1 S. 1139, 3.
8) Ibid. III, 1 S. 159, 12.
4) = Laksmidhara. Vgl. über ihn J. Jolly, Z. D. M. G. 46, S. 273.
644
B, 8inum
Kecit: 13, 15, 49, 63, 232, 235
Grhyakau<Ja: 6
Grhjasamgrahakara: 181
Gobhila: 55, 57, 85, 206
Oautama: 96
Chandogapari9ista: 15, 54, 69,
102,108,120,150,158,178
Chandogäh: 55
Jatnadagni: 110
Jaimini: 79
Jaiminlyah: 8
Jyotib^astra: 6, 28
Tatha: 102, 120,231,232,253
TaittirTyabrshma^a: 55
Devala: 73
Dharma9ästra: 92
Niruktakärayäskäcaryah: 29
Paribha^a: 29, 39
Pävini: 165
Päraskaräcarya: 57
Puräpa: 31
Paithlnasi: 182
Pbalafruti: 231
Brhaspati: 110
Brahmapurana: 19, 96, 108
Brahma: 96
Bhärata: 250
Bhäradväja: 57
Bhä^yakära: 14, 107, 113,
137, 166
Matsyapurä^a : 207
Manu: 21, 27, 42, 54, 56,
57, 63, 96, 101, 136, 139,
141, 242, 247
MarTci: 108
Mädhyandina: 57, 235
Yama: 96, 102
Yajnavalkya: 25, 31, 57, 63,
85, 96, 102, 109, 123, 243
Yäskäcäryäh: 29
RSmaya^a: 251
Refludlksita: 103
Laugäksi: 95
Vacanat: 6, 9,69, 106, 137,
156, 158, 170, 171, 20t),
212, 230, 244, 247
Väjasaneyinah: 55
Väjasaneyinah pancaday^y,^-
kha9rayivah: 57
Väsudeva (dTksita): 1, 103
Vmu: 119
Vi?^upuj«va: 65
Yrddhafätatapa: 96
<;;afikhalikhitau : 119
Qatätapa: 110
(^ulbaTacana: 219
gruti: 22, 245
Sämagal^: 57
Smara^a: 96, 138, 156, 194,
243, 246
Smrti: 63,65, 118,239,245,
246
Smrtyantara: 14, 28, 63, 118,
123, 124, 202, 234, 238,
244, 245, 247, 251
Hanta: 73, 97
üeber einige Cominentaioren zu SOtren etc. 645
Zum Schluss sei K. M. Chatfield Esq., Director of Public
lustruction, Bombay, an dieser Stelle ergebenster Dank für
die Benutzung der Handschriften von Earka, ReQuka und
Haribara ausgesprochen.
Anhang.
Das Stechen der Ohrlöcher (karaavedha)
nach Rämakrs^a.
Nach Päraskara I, 17 (A: fol. 393b, B: fol. 183b^))
bespricht Rämakrsaa zuerst das bhömyupave9ana, dantot-
pattiphala, katlsütrabandhana, sodann den kar^aYedha:
Atha kar^avedbah tatra yäjnikäh pathanti | atha kar-
ijiavedho varse trtTye pancame vä pusyenduciträharirevatTsu
pürvähne kumärasya madhuram datvä pratyafimukhäyopa-
vistäya daksi^am ^) kar^am abhimantrayate bhadrain kar-
ijiebhir iti vaksyantTved iti ca') bhindyät | tato brähmai.ia-
bhojanam^) iti pari9ii^am
1) £>ie Handschriften sind die von Eg^eling im Catalogue of
ihe Sanskrit Manuscripts in the Library of the India Office I S. 66 b
und 67 a und b unter No. 440 (358), 677 (369) (= A) und 912 (360)
(= B) aufgeführten. A ist zu Grunde gelegt. Vergl. Stenzler, üeber-
aetzung des Päraskara S. VII.
2) AB vor daksi^am: dakbäyopayis^äja.
3) AB: ca.
4) Bis hierher findet sich diese Stelle auch in dem von Speijer
mit A bezeichneten Codex und ist von ihm S. 21 seines De ceremonia
apud Indos quae vocatur jätakarma, Leiden 1872, mitgetheilt. Ebenso
in den Ozforder, von Stenzler mit B und G bezeichneten Handschriften
des Päraskara -Textes; jedoch lesen, einer handschriftlichen Notiz
Stenzler*8 zufolge, beide ^opavistasya da^; C: ca atha bhindyät; bei
B fehlen die zwei letzten Worte. Speijer's Vorschlag, das iti vor
vaksyanti fortfallen zu lassen, zu verbinden ,ut fiat versus tristubh'
und zu lesen: bhadram kari^ebhir vaksyanti vedäh, ist schwer be-
greiflich. Bhadram kan^ebhih steht Väj. S. 26, 21, vak^yantived Väj.
8. 29, 40.
646 B. Simon
vtramitrodaye brhaspatih ^) |
janmato dafame yähni dyädafe vätha so<}a(e |
saptame mäsi vä karyäd da9an]e mäsi vä punah
tatbä ca gargah') |
oiäse i^a^tbe saptame väpy a^tame dvädafe *hni vä
kar^avedham prafamsanti puS7Syah9rIyivardha7e
madanaratne 'pi {
prathame saptame mäsi a^ame da9ame tathä |
dväda9e vä^) tathä kuryät kaniiavedhain fubhävaham *)
vatsare ^yugma ity artbah^) vlramitrodaye |
arke 'nuküle fa^ini pra^aste
tärabale candravivrddhipaki^e |
ayugmavarse (ubhadaip (ifüDäm
karQasya vedbam munayo vadanti
tatbä ca räjamärtau4&t ^) |
tSräcandränukule *hni 9aste bbäsvati väkpatau {
ayuksamvatsare '') präbuh karQavedbavidhim budhah
aträjatadantasyaiva kar^avedbo mukhyah kärikäyäin ;
9i9or ajatadantasya mätur utsangasarpi^a iti
Atba mäsädi vlramitrodaye yyäsah^) |
kärttike pau^am^se vä caitre vä pbälgune 'pi vä |
kar^avedbam pra9ainsanti ^) 9uklapak§e 9abbe dine
1) Dies Gitat findet sieb gleichlautend bei Bhatta Siddhe9?ara,
1. c. fol. 81b; bei Nilakavtha, I. c. fol. 18a fehlt: da9ame mäsi vä.
2) Die erste Hälfte dieses Gitats lautet bei NIlakaQ^ha, Ananta-
deva, Bhatta Siddhe^vara übereinstimmend:
mäse sas^be saptame väpy as^ame mäsi vatsare |
8) AB: ca.
4) AB: Vedha9rubhäv®; B: ^bbävabe.
6) Die vier Worte stehen offenbar an falscher Stelle.
6) Ebenso bei Anantadeva, 1. c. fol. 106 b.
7) A: ®yusamva®; B: ^uvasamva®.
8) Siehe S. C84 Anra. 1.
9) B: «sati.
Ueher einige CommentcUoren eu SiUren etc, 647
jyotirnibandhe
yedhyau kar^äv adantasya visamatve^) 'pi vä 9i9oh |
fuklapak^e fubhe väre caitrapaui^orjaphälgune i
nrsimhah*) I
ekädafyäsfamlparvariktä ') varjyäh fubbävahäh^) i
^res^hä^ ca tithayah sarvä|;i krsue väaty atrikam vinä
^akunyädlni vi^tim *) ca vi^ese^ia vivarjayet |
fubbayoge^u sarvesu kar^avedhah ^ubhäyabah^)
karQadvayäd iti ksipramrdubhih . . yogaih'') ^ubhaih |
gurau lagne 'tba^) ke 'py ähur uttaräsu (rutiyyadhah
vrddhanäradah ®) |
vr^bhe mithune mlne kullre kanyakäsu ca |
tuläcäpe tu kurvlta karpavedham fubbävabam
randbrärivyapago nes^o guruh 9e8esu 9obhanah
sutarandbragatah saumyo^^) 'nesfah 9esesu 9obbanah
saptä^tamagatab 9ukro na 9ubho 'uyatra 9obbanah |
candro dvitrisutas trlsudbarmakarmagatah 9ubhah
trisa(Jäpagatäh ^^) saumyäh 9ubbäh kar^asya vedhane
karpayedbe triläbbastbau krürau nentau 9ubbä9nbbau
sa ca rätrau na käryah !| tatbä ca vasistbah |
na ka9 cid isto 'stamara9ib samstbam ^^)
tithidvayam Tävamasamjnakam ca |
na tatra kuryäd divase yi9esäd
ratrau na kuryät kbalu kar^avedbam
1) A: ^samede; B: ^sameve.
2) Der Anfang citirt von Anantadeva, 1. c, der erste (^loka von
Bhatta Siddhe9vara, 1. c. fol. 32 a.
8) AB: ekähasya stsLunP. 4) AB: ^^ahah. 6) A: ^\,&ffi
B: %<^. 6) AB: Ovahäh. 7) AB: Odubhaisträyagaih.
8) Siehe oben S. 888.
9) Der erste (ploka ebenso bei Anantadeva and Bha^ta Siddhey-
▼ara, beide fahren aber dann ganz anders fort.
10) B: Oyä. 11) AB: OgatS. 12) A: V^thams; B: 09i8am-
sthama.
648 B. Simon
Atha sucInirQayah tatra brhaspatih^) |
9ätakumbhamayT stiel vedhane fobhanaprada
räjati väyasi vapi^) yathä vibhavaiah 9Qbhä '!
smrtimabäingiaYe tämrity apy uktam {
Quklasütrasamäyaktatämrasücyätha vedhayet
Atha var9ayi9e9e9a sücTvyavasthä i tatra ylramitrodaye br-
haspatih') |
sauyarQl räjaputrasya räjati vipravaifyayoh |
fiidrasya cäyasl^) sücT niadhyamastäfigulätmikä
madhyangulimadhyatDaparvamitam angulam tena prama9e-
näsfäfigulety artha iti prancah tan na | anak^rarthatvat
kirn tu madbyama cäsäv a^tärigalatmiketi sabhyo Vthah
madhyamä natisvalpä nätyadhikety artha^ ',
Atheti kartavyata Yi§9udharmottare ^) |
9i9or evatha kartavyam karpavedham yathä 9rau {
pürvahne pujanam kuryat ke9ayasya harasya ca |{
brahma9a9 candrasüryabhyäin digl9anain tathaiva ca
naäutyayoh sarasvatyä brähma^änam gaväm tatha [
gurüQäm ma^cjanam ®) krtvä tatra datvävaräsanam
tathopaye9ayet tatra dbätrlm 9uklambaräin tathä
alamkrtam tadutsafige balam dhrtvä tu santvitam
ghrtasya iii9calam samyag alaktakarasäfikite li
vidhyed evaip krte chidre sakrd evätra läghavat {
präg dak^iQe'') kumärasya bhi^ag väme tu yositah
1) Nach Nilaka^tha und Bha^t^ Siddheyvara ist dies Citat einem
Subodha genannten Werk entnommen.
2) A: värtba.
8) Ebenso bei Anantadeva, 1. c. fol. 106a, mit der darauffol-
genden Erklärung: bälasya madhyamängulimadhyaparvamitangule-
nästängulety artbah
4) B: Osä.
5) Ebenso bei Bha^ta Siddbeyvara fol. 82 b and Anantadeya
fol. 106 a.
6) Anantadeya: arcanani.
7) Anantadeva: prädak^.
U^er eifäge Cammentataren zu Sütren etc, 649
9i9or vivardhanam ksryam jävad äbhara^ak^apam ^)
karvavedhadine ^) Tipräh sämvatsaracikitsakau
pöjyäf cävidhavä näryah suhrda9 ca tathä dvijä iti
Atha kar^ak^lanam äba jyotirnibandhe ') |
vedbä (!) trtlyanaksatre kßälayed u^paväriQeti
atra purusakarQarandbravrddhivi^aye yifei^m äba devalah^)
karparandbre raveh cbäyä na vi^ed agrajanmanab j
tarn di'stvä vilayam ySati puuyaugbä9 ca purätanäh
tasmai (.räddbam na dätavyam yadi ced äsuram^J bbavet
aviddbakarQädini^edbam äba ^älafikäyana^ ^) |
aviddhakarpair yad bbuktam '') lambakar^ais ^) tatliaiva ca') |
dagdbakar^ais tu yad bbuktam tad vai raksämsi gaccbati
tatpramäpam ähatuh 9ankhagobbilau |
ha nu möläd adbah karaau lambau^^) tu parikTrtitau |
dvyafigulau tryafigulau 9astau tena 9ätätapo 'bravit
strT9üdrayor apy etad bbavati
Atbäsya spastaprayogah |
pürvoktadine kumäre^a saba pitarau snätväbatayäv<^änisi pari-
dhäyopavi9ya de9akälau smrtväsmin puviyäbe 'sya kumärasya
karpavedhani abam karisye tadaflgatvena vibitaip svastipui.i-
yähaväcanam ^^) mätrkäpnjanam nändT9räddharn cähani ka-
risye sar^am sampadya pürväbne ke9avam barain brabmäi;ain
candramasam süryam dikpälän a9vinT kumärau sarasvattni * *)
bräbmaijän gaväm nama mantreua püjayitvä tato gurün
varäsana upave9ya pöjayitvä tato 'varäsane dhätriui upave9ya
]) Anantadeva: ^ksamam. 2) Anantadeva: ^vedhe sadä.
8) Dies Citat ist nach Bha^ta Siddhe^vara, der es fol. 31b
gleichlautend anführt, dem Arpava — gemeint ist wohl der schon
von Hemädri citirte Smrtimahäri^ava — entnommen.
4) Der erste Qloka gleichlautend bei Bhatta Siddhe9vara fol. 82 b
nnd Anantadeva fol. 106 a.
5) B: däsura. 6) B: cäla^; AB: ®käya namah. 7) AB:
bhaktam. 8) B: lamsak^ 9) A: cä. 10) B: limbau.
11) B: OcanaO. 12) AB: Oyatl.
650 B, Simon, Ueher einige Commentataren mu Sütren etc.
taduts^fige pünrabhiniukham alaipkrtam bslakam dhrtvS ku-
märabaste^) ^arkaradi madhuram datvä pitänyo va daksi^a-
kaixLam yathoktasucya vedhayet tato vämam {| bhadram kar-
^ebhir^) ity anena daksioakarpam abhimantrayaie {
yak^yantlved aganiganti kar^ain
priyam sakbäyaip pari^asvajänä |
yoseya (inkte vitatadhi dhanyan
jyä iyam samane pärayantT') ,
iti mantre^a yämam abhimantrayaie ,{ tatah kar^ayedhani-
mifctam yathafakti brähma^abbojanain J yedhä (!) irtlya-
naksatra u^^aväripa ksälayet^) j
iti ... karpayedhah ,
1) B: Ohastam. 2) Yäj. S. 26, 21. S) Väj. S. 29, 40.
4) Roha^arthe fügt in seinem Prayogaratna fol. 45 b Näräya^a-
bhatta hinzu, welcher sich im Grossen und Ganzen mit den ?on
RämakrsQa gegebenen Vorschriften in Uebereinstimmnng befindet.
Er schliesst: rücjlhau ca kaTQau yatba bhara^adbära^aksamatä bba-
vati tathä yardhaniyau pumsah Büryara9mipraye9ayogyarandhrapar-
yantam yardhayel lambakar^ata tu nisiddhä | striQäm yatheccham j;
S. 608 Anm. 6 ist zu lesen: Parä9ara8mrti (Bomb. S. Ser.) 1, 1
8. 109 Z. 3.
>^
651
Verzeichniss der eingelaufenen Druckschriften
Juli bis December 1895.
Die Torehrlichen Gesellschaftan und Institute, mit welchen aiisere Akademie in
Tausch verlcehr steht, werden gebeten, nachstehendes Verzeiehnias zugleich als Empfltngs-
bostätigung au betrachten.
Von folgenden G^esellscliaften nnd Instituten:
SoeüU d'J^midation in Äbbeoille:
Mtooirea. Tome 18. 19. 1893/94. 8«.
Bulletin. Annt^e 1892 No. 2—4, 1893 No. 1—4, 1894 No. 1. 2. 8«.
Cinquentenaire de M. Ernest Prarond. 1894. 8^.
Royal Society of South- Äuatralia in Adelaide:
Transactions. Vol. 19, part 1. 1895. 8^.
SUdslavische Akademie der Wissenschaften in Agram:
Ljetopis za godinu. 1894. 1895. 8^
Rad. Vol. 117-122. 1894/95. 8«.
MoDomenta spectantia historiam Slavorum merid. Vol. XXVL 1894. 8^.
Monnmenta historico-juridica Slav. merid. Vol. V. 1894. 8^.
Djela. Vol. XIV. 1. 1895. 4«.
Tade Smiiiklas, 2iTot i djela D» Franje Ra6koga. 1895. d9.
Milan Reäetar, Zadarski i Raüinin Lekcionar. 1894. 8^.
New 'York State Library in Alhany:
New- York State Museum. 47"» annual Report for 1893. 1894. 8°.
New- York State Library. 76*»» annual Report for 1892/93. 1894. S^.
Üniversity of the State of New -York in Albany:
State Library Bulletin, a) Bibliography No. 1. b) Additiona No. 2.
1894/95. 80.
Societe des Antiquaires de Picardie in Amiens:
Bulletin. Annde 1893 No. 1—4. 1894 No. 1. 1893/94. 8^.
K, Akademie der Wissenschaften in Amsterdam:
Verfaandelingen. Afd. Natuurkunde I Sectie. Deelll, 7. Deellll, 1— 4.
II Sectie. Deel IV, 1-6. 1894/95. 4«.
Verhandelingen. Afd. Letterknnde. Deel I, No. 4. 1895. 4®.
652 Verzeichniss der eingelaufenen Druekachriflen,
Zittingflvenlagen. Afd. Natanrkande. Jaar 1894/95. 1895. 4^.
Verslagen en MededeeÜDgen. Afd. Letterkunde 3* Reeks, Deel 11.
1895. 8".
Jaarboek yoor 1894. S^,
Myrmedon aliaque poemata. 1895. 8^.
Peabody Institute in Baltimore:
28^b annual Report. Jane 1, 1895. 8^.
Johns Hopkins ünioersity in Baltimore:
Circulars. Vol. XIV, No. 119, 120, 121. 1895. 4«.
American Journal of MatbematicR. Vol. XVI, 4. XVII, 1 — 3.
1894/95. 4^.
The American Journal of Philology. Vol. XV, 2 — 4. XVI, 1.
1891/95. 80.
American Chemical Journal. Vol. 16, No. 7 u. 8. Vol. 17, No. 1—7.
1894/95. 80.
Johns Hopkins Univer^ity Stadien). Ser. XII. No. 8-*12, Ser. XIII,
No. 1-8. 1894/95. 8».
Naturforschende Gesellschaft in Basel:
Verhandlungen. Band XI, 1. 1895. 8«.
Historisch-antiquariHche Gesellschaß in Basel:
Basler Chronik. Leipzig 1895. 8«.
UniversitätshibliotheJc in Basel:
Schriften der Universität aus dem Jahre 1894/95. 4^ und 8*.
Bataviaasch Gejiootschap van Kutisten en Wetenschap})en in Batacia:
Tijdschrift. Deel 38, afl. 4. 5. 1895. 8«.
Notulen. Deel 32, afl. 4; Deel 33, afl. 1. 2. 1895. 8«.
Verhandelingen. Deel 48, stuk 2; Deel 50, 1. 1894/95. 8«,
Nederlandsch-IndischPlakaatboek. Deel Xlll. 1895. 8®.
Kgl. naluurkundige Vereeniging in Nederlandsch Indic zu Batavia:
Natuurkundig Tijdschrift. Deel 54. 1895. 8.
Boekwerken ter tafel gebracht in de vergaderingen 1893. 1894.
1894/95. 80.
Historischer Vereifi in Bayreuth:
Archiv für Qeschichte u. Alterthumskunde in Ostfranken. Band XIX, 2.
1894. 8«.
jBl. Akademie der Wissenschaften in Belgrad:
Glas. No. 48. 1895. 8®.
Spomenik. No. 26. 27. 29. 1895. 4^.
A'. preussische Akademie der Wissenschaften in Berlin:
Abbandlungen aus dem Jahre 1894. 4^.
Sitzungsberichte. 1895, No. 26 38. 4«.
K. geolog, Landesanstalt und Bergakademie in Berlin:
Abhandlungen. Neue Folge. Heft 16, 17 u. 19 mit sugebörigen
Atlanten. 1895. 4? u. fol.
Deutsche cheviische Gesellscliaft ifi Berlin:
Berichte. 28. Jahrg., No. 12—18. 1896. 8^.
Verzeichn%88 der eingelaufenen Druckschriften, 653
Deutsche geologische Gesellschaft in Berlin:
Zeitschrift. Band 46, Heft 4; 47, Heft 1. 2. 1894/96. 8«.
Physikalische Gesellschaft in Berlin:
Die Fortschritte der Physik im Jahre 1893. 49. Jahrg., Abth. I -III.
Do. i. J. 1889; 45. Jahrg. 3 Voll. Braunschweig 1895. 8^.
Verhandlungen. 12. Jahrg. No. 1, 13. Jahrg. No. 1—4, 14. Jahrg.
No. 1 u. 2. Leipzig 1894. 8^.
Physiologische Gesellschaft in Berlin:
Centralblatt für Physiologie. 1895. No. 8—14. 16—19. 8».
Kaiserlich deutsches archäologisches InstittU in Berlin:
JahreBbericht über d. Jahr 1894/95. 1895. 4®.
Jahrbuch. Band X, Heft 2 u. 3. 1895. 4^.
Geodätisches Institut in Berlin:
Zenithdistanzen zur Bestimmung der Höhenlage der Nordsee-Inseln
Helgoland etc. 1895. 4^.
A. Westphal, Untersuchungen über den selbstregistrirenden Universal-
pegel zu SwinemQnde. 1895. 4^.
K. preuss. meteorologisches Institut in Berlin:
Bericht über d. Jahr 1894. 1895. 8^.
Ergebnisse der meteorol. Beobachtungen in Potsdam im Jahre 1894.
1895. 4^
Ergebnisse der Gewitterbeobachtungen im Jahre 1891. 1895. 4®.
Ergebnisse der Niederschlagsbeobachtungen im J. 1893. 1895. 4^.
Jahrbuch über die Fortschritte der Mathematik in Berlin:
Jahrbuch. Bd. XXIV, Heft 2. 3. 1895. 8°.
Verein für Geschichte der Mark Brandenburg in Berlin:
Forschungen zur Brandenburgischen und Preussischen Geschichte.
Band VIII, 1. Leipzig 1895. Q^.
Naturwissenschaftliche Wochenschrift in Berlin:
Wochenschrift. Band X, Heft 6—11. 1895. fol.
Zeitschrift für Instrumentenkunde in Berlin:
Zeitschrift. 15. Jahrg. 1895. No. 7-12. Juli— Dezember. 4^.
Naturforschende Gesellschaft in Bern:
Mittheilungen aus d. Jahre 1894. 1895. 8^.
Allgemeine Schweizerische Gesellschaft für die gesammten Naturwissen-
schaften in Bern:
Neue Denkschriften. Band 34. 1895. 4^.
Verhandlungen. 77. Jahresversammlung. Schaffhauseo 1894. 8®.
Nebst einer französischen Uebersetzung. Gen^ve 1894. 8^.
Historischer Verein in Bern:
Archiv. Band XIV, 3. 1895. 8<>.
Societe d' Emidation du Doubs in Besan^on:
Mämoires. VL Sdrie, Vol. 7. 8. 1893/94. 8^.
R. Deputazione di storia jmtria per le Provincie di Romagna
in Bologna:
Atti. Serie lU. Vol. XIH, fasc. 1—3. 1895. 4^.
1805. Sitzongsb. d. pbil. u. hist. Cl. 42
654 Vereeichnisa der eingelaufenen Druckeehriften.
Universität in Bonn:
Schriften aus dem Jahre 1894/95 in 4^ u. S^»
Verein von Alterthumsfreunden im Rfieinlande in Bonn:
Bonner Jahrbücher. Heft 96—98. 1895. 49,
Naturhistorischer Verein der preussischen Bheinlande in Bonn:
Verhandlnngen. 51. Jahrg. 2. Hälfte. 1894. 8^.
Societe des sciences physiques et naturelles in Bordeaux:
Mdmoires. IV* S^rle, tome III, 2. IV, 1. 2. Parii et Bordeaux
1898/94. 80.
Obiervations pluviom^triquea 1892/93. 1893. 8^.
SociitS LinnSenne in Bordeaux:
Actes. Vol. 45. 46. 1898. 6^.
Catalogue de la biblioth^qae, fa^c. 1. 1894. 8®.
Societe de geographie commerciale in Bordeaux:
Bulletin. 1895. No. 13—20. 8«.
Archiv der Stadt Braunschweig:
Urkundenbach der Stadt Braunschweig. Bd. II, Abth. 1. 1895. 4^.
ScfUesische Geselhchaß für vaterländische Cultur in Breslau:
72. Jahresbericht nebst Ergänzungsheft. 1895. 8^.
Historisch-statistische Sektion der k. k. Mährischen LandwirthsehaftS'
Gesellschaft in Brunn:
Urkunden zur Geschichte der Stadt BrQnn. 1895. 8®.
AcaMmie Boy die des sciences in Brüssel:
M^moires des membres in 49. Tome 50, part 2. T. 51. 52. 1893/94. 4<>.
Mämoires couronnäs in 4^. Tome 53. 1893/94. 49,
M^moires conronnds in S^. Tome 47. 50. 51. 52. 1892/95. 8^
Correspondance du Cardinal de Granvelle. Tome X et XI. 1893/94. 49,
Biographie nationale. Tome XII, 2. XUl, 1. 1892—94. 09.
Bulletin. 8. Sdrie. Tome 29. No. 6; Tome 30, No. 7— 10. 1896. 8*.
Academie Boy die de mededne in Brüssel:
Mdmoires couronnäs et autres mämoires. Tome XIV, No. 1 — S.
1895. 8^.
Bulletin. IV. Sdrie. Tome IX, No. 7—10. 1895. 8«.
Institut international de bibliographie in Brüssel:
Bulletin. Vol. 1, No. 1. 1895. 8».
SoditS des Bollandistes in Brüssel:
Analecta Bollandiana. Tome XIV, 3 u. 4. 1895. 8^.
Sociite entomologique de Belgique in Brüssel:
Annales. Tom. 88. 1894. 8\
Sociiti Boyale malacölogique de Belgique in Brüssel:
Annales. Tome 27. Ann^e 1892. B^.
Procös-verbaux. 1892—95. ^.
Verzeichm88 der eingelaufenen Druckschriften, 655
K. ungarische Akademie der Wissenschaften in Budapest:
Ungarische Revue. 1895. Heft 6—7. 8<>.
Almanacb. 1895. H^.
Njelvtadomänyi Közlemänyek. ( Sprach wissenscliaftl. Mittheilungen.)
Bd. XXIV, 3. 4; XXV, 1. 2. 1893/94. 8^.
Zs. Simonyi, A Magyar hatärozök. (Die Bestimmungswörter im Un-
garischen.) Bd. II. 2. 1896. 80.
6y. Zolnay, Nyelvemläkeink. (Unsere Sprachdenkmäler.) 1894. 4®.
Tört^nettud. Ertekez^sek. (Historische Abhandlungen.) XVI, 2—5.
1893-96. 80.
T^glas Gabor, Ujab adalekok. (Neuere Beiträge zu den Felsen-
inschriften.) 1894. 40.
Monumenta comitialia regni Transylvaniae. Vol. XVI. XVII. 1693 — 94. 8^.
Öväry, L. A. M. T. Akad. töttdnelmi bizottsaganak oklev^Imäsolatai.
(Urkunden- Ab Schriften d. histor. Commission.) Bd. 2. 1894. 8®.
Kiräly J., Pozsony v&ros Joga a Eöz^pkorban. (Pressburger Stadt-
recht.) 1894. 80.
Archaeologiai firtesitö. (Archäolog. Anzeiger.) XIII, 3-5; XIV, 1 — 5;
XV, 1-3. 1893. 40.
Archaeologiai Közlem^nyek. (Archaol. Mittheil.) Bd. XVII. 1895. fol.
Tarsadalmi iSrtekez^sek. (Staatswissensch. Abhandlungen.) XI, 7—10.
1894-95. 80.
Nyelvtudomdn. £rtekez^sek. (Sprachwissenschaft!. Abhandlungen.)
XVI, 4. 6. 1894. 80.
Mnnkäcsi B., A Votjäk nyelv szötära. (Votjakisches Wörterbuch.)
fasc. 3. 1893. 8^
Magyarorszägi tanulök külföldön. (Ungarische Studirende im Aus-
landd.) Vol. III. 1893. 80.
AcBÄdy J., Ket penzügytörtenelmi tanulmäny. (Zwei finanzgeschicht-
liche Studien.) 1894. S®.
Fraknöi V., Mätyas Kiraly levelei. (Sektion für äussere Angelegen-
heiten.) Vol. I. 1893. 80.
Thaly K., Bercs^nyi hdzassäga. (Die Ehe Bercsenyi's.) 1894. 80.
Monumenta Hungariae historica. Class. II. Vol. 33. 1894. 80.
Hampel J., A r^gibb Közepkor emldkei. (Denkmäler des früheren
Mittelalters.) Vol. I. 1894. 80.
Termesz^lludomänyi ^rtekeze^iek. (Naturwissenschaft!. Abhandlungen.)
XXIU, 8—12. 1894. 80.
Mathematikai ißrtekezdsek. (Mathem. Abhandlgn.) XV, 4. 5. 1894. 8^.
Mathematikai Ertesitö. (Mathemat. Anzeiger.) XI, 6—9. XII, 1 — 12.
XIII, 1. 2. 1893-95. 80.
Mathematikai Közlemenyek. (Mathem. Mittheilungen.) XXV, 4. 5.
XXVI. 1. 2. 1893—94. 80.
Mathematische und naturwissensch. Berichte aus Ungarn. XI, 1. 2.
XII, 1. 2. 1893—95. 80.
Rapport. 1893. 1894. 1894—95. 80.
ChyzerC.&L. Kulczyüski, Araneae Hungariae. Tom I.II, 1. 1892-94. 40.
Meyer Ootth. Alfred, Der silberne Sarg des heil. Simeon in Zara
(in Ungar.* Sprache.) 1894. fol.
Szamota Istvdn, A Schlägli Magyar Szöjegyz^k. 1894. 8^
42*
656 Verzeickniss der eingelaufenen Druckßchrißen,
Statistisches Bureau der Haupt- und Besidenzstadi Budapest:
Publikationen. Vol. XXV, 2. 1895. 8«.
K. ungarische geologische Anstalt in Budapest:
ärkOnyye (Jahrbuch.) Bd. XI, 8-6. XII, 1. 1895. 8^ and Atlas
zu Xlf 4 in fol.
MittheilQDf^en aus dem Jabrbuche. Bd. IX, 7. 1895. 8^
Földtani Közlöny. Bd. XXV, 1—6. 1895. 8'*.
Botanischer Garten in Buitenzorg (Java):
Mededeelingen nit *8 Lands Plantentuin. No. XIV. Batavia 1895. 4^.
Bumänisches meteorologisches Institut in Bukarest:
Analele. Tom. IX, anul 1893. 1695. 4^.
Soditi Linneenne de Normandie in Caen:
BuUetin. IV. Sörie. Vol. 8, faac. 1-4. Vol. 9, fasc. 1. 1894/95. 8».
Äsiatic Society of Bengal in Caleutta:
Bibliotheca Indica. New Ser. No. 850-59. 1894—95. &^.
Journal. No. 844—46. 1895. 8«.
Proceedings. No. 4—8, April— Au^at 1895. 8**.
Geological Suroey of India in Caleutta:
Records. Vol. 28, part 3 u. 4. 1895. 4^.
Meteorological Department of the Government of India in Caleutta:
Monthlj Weather Review 1895 Januarj — July and Annual Sam-
mary 1894. 1895. fol.
Indian Meteorological Memoire. Vol. V, part 7 — 10. Caleutta 1895. fol«
Indian Meteorolo^^ical Memoire. Vol. VI[, part 1—4. Simla 1895. fol.
Report on the Administration in 1894/95. 1895. fol.
PhilosophiccU Society in Cambridge:
Proceedings. Vol. VIII, part 5. 1895. 8<>.
Museum of comparative Zoology at Hartard College in Cambridge^ Mass. :
Bulletin. Vol. 27, No. 1—6. 1895. 8<>.
Memoire. Vol. XVIII, XIX, 1. 1895. 4«.
Physikalisch'techniscJie Beichsanstalt in Charlottenburg:
Wissenschaftliche Abhandlungen. Bd. II. Berlin 1895. 4°.
Die Thätigkeit der physikalisch-technischen Reichsanstalt 1894/95.
Berlin 1895. 4».
K. sächsisches meteorologisches Institut in Clvemnitz:
Jahrbuch 1894. Jahrg. XII, 1. Hälfte. 1895. 40.
Society des sciences naturelles in Cherbourg:
Remarques sur la nomenclature h^paticologique 'pftr Aug. Le Jolit.
Paris 1894. 8P,
Zeitschrift „The Monist" in Chicago:
The Monist. Vol. 5, No. 4. Vol. 6, No. 1. 1895. 8«.
Zeitschrift „The Open Court" in Chicago:
The Open Court. No. 409—480. 1896. 4».
Verseiehni8s der eingelaufenen Druckschriften. 657
Norweg. Orctdmesaungs-Gammission in Christiania:
Astronomiache Beobachtangen. 1895. 4^
0. £. SchiOU, Resultate der 1894 aasgefUhrten Pendelbeobachtangen.
1896. 8«.
Naturforschende Gesellschaft Graubündens in Ghur:
Jahreabericht. Neue Folge. Bd. 38. 1895. 8^
P. Lorenz, Die Ergebniase der aanitarischen Untersachangen der
Rekruten des Kantons Graubünden. Bern 1895. 4^.
Chemiker-Zeitung in Cöthen:
Chemiker-Zeitung 1895. No. 48-101. fol.
Universität in Czemowitz:
Yerzeichnias der Vorlesungen. Winter-Semester 1895/96. 1895. 8^^.
üebersicht der akademischen Behörden 1895/96. 1895. 8^.
Die feierliche Inauguration des Rektors am 4. Okt. 1894. 1895. 8^.
Provinzial'Conimission zur Verwaltung der westpreussischen Provinzial-'
Museen in Danzig:
Abhandlungen zur Landeskunde der Provinz Westpreussen. Heft IX.
1894. 40.
Colorado Scientific Society in Denver, Colorado:
5 Abhandlungen ans den Proceedings von 1895. 8^.
Verein für Änhaltische Geschichte in Dessau:
Mitiheilungen. Band VII, 3. 1895. 8^
Academie des Sciences in Dijon:
Mömoires. IV. Serie. Tome 4. Annöes 1893— 9i. 1894. 8«.
Gelehrte estnische Gesellschaft in Dorpat:
Sitzungsberichte 1894. 1895. 8®.
Union gSographique du Nord de la France in Douai:
Bulletin. Vol. 18, trimestre 1—3. 1895. 8«.
K. sächsischer Älterthumsverein in Dresden:
Jahreabericht 1894/95. 1895. S^.
Neues Archiv für s&chsische Geschichte. Bd. XVI. 1895. 8^.
Generaldirektion der kgl. Sammlungen in Dresden:
Bericht über die Verwaltung der kgl. Sammlungen in Dresden
1892/98. 1895. fol.
American Chemical Society in Easton, Pa.:
The Journal of the American Chemical Society. Vol. 17, No. 10.
1895. 80.
Scottish Microscopical Society in Edinburgh:
Proceedings. Session 1894—95. p. 177—276. 8«.
Royal Society in Edinl)iirgh:
Proceedings. Vol. XX, p. 385—480. 1895. 8^.
Verein für Geschichte in Eisleben:
Mansfelder Blätter. IX. Jahrg. 1895. 8^.
658 Verseickniss der eingelaufenen Drucksibhriften.
Gesellschaft für badende Kunst und vatetiänd. Älterthüw^er in Emden :
Jahrbuch. Bd. XI, 1. 2. 1895. S^.
Naturforschende Gesellschaft in Emden:
79. Jahresbericht für 1893/94. 1896. 8».
K, Universität Erlangen:
Schriften aus dem Jahre 1894/95. A^ u. 8^.
Beale Accademia dei Georgofüi in Florenz:
Atti. IV. Ser. Vol. 18, disp. 2. 1895. 8^
Senckenhergische naturforschende Gesellschaft in Frankfurt ajM.:
Abhandlungen. Band XIX, No. 1. 2. 1895. 4P.
Bericht. 1896. 8«.
Physikalischer Verein in Frankfurt a/M,:
Jahresbericht für 1893/94. 1896. 8«.
Naturwissenschaftlicher Verein in Frankfurt a/0,:
Helios. 13. Jahrg. 1895. No. 1-6. eP.
Naturforschende Gesellschaft in Freiburg ijBr, :
Berichte. Bd. IX, 1-3. 1894-95. 8^.
Kirchlich-historischer Verein in Freiburg i/Br.:
Freiburger Diöcesan-Archiv. Bd. 24. 1895. 8^.
Universität Freiburg in der Schweiz:
Collectanea Friburgensia. Fase. IV. 1895. 4^.
Behörden, Lehrer und Studirende. Wint.-Sem. 1895/96. 1895. 8^.
Institut national in Genf:
Bulletin. Tome 83. 1895. 8^
Observatoire in Genf:
Resumd meteorologique de Tann^e 1894. 1895. 8^.
Sur quelques particularit^? de Thiver 1894/95. par A. Kammermann.
1895. 8«.
Societe de physique et d*histoire naturelle in Genf:
Mämoires. Tome XXXII, 1. 1894-95. 4°.
Universität Genf:
Schriften aus dem Jahre 1894/95. S^.
Museo civico di storia naturale in Genua:
Annali. Ser. II. Vol. 14. 15. 1894-95. 8«.
Oberhessische Gesellschaft für Natur- und Heilkunde in Giessen:
30. Bericht. 1895. 8».
Universität in Giessen:
Schriften aus dem Jahre 1894/95 in 4« und 8^.
Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz:
Neues Lausitzisches Magazin. Band 71, Heft 1. 2. 1895. 8^.
K. Gesellschaft der Wissenschaften in Gi>ttingen:
Göttingische gelehrte Anzeigen. No. VII— XII, Juli— December 1895. 4®.
Nachrichten. Hist-philol. Classe. Heft 8. 4. 189B. 4^.
, Mathem.-phya. Classe. Hefe 2. 3. 1895. 4^
Verseiehniss der eingelaufenen Drtiekschriften, 659
Astronomische Hittheilangen der k. Sternwarte su Oöttingen. Tb. IV.
1895. 40.
Geschäftliche Mittheilungen. 1895. No. 2.
Sternwarte in Göttingen:
A. von Eoenen u. W. Schur, Ueber die Auswahl der Punkte bei
Gottingen, an welchen bei Probe-Pendelmessungen Differenzen
KU erwarten waren. 1895. 4^.
Denison Scientific Association in Oranville (Ohio),
Balletin of the Scientific Laboratories of Denison Universifcy. Vol. VIII,
part 1. 2. 1893/94. 8^.
The Journal of Comparaiive Neurölogy in QranvUle:
Journal. Vol. V, p. 71— 138. 8^.
Landesmuseum Joanneum in Graz:
LXXXIII. Jahresbericht über das Jahr 1894. 1895. &>,
Historischer Verein für Steiermark in Graz:
Mittheilungen. 43. Heft. 1895. 8<>.
Naturwissenschaftlicher Verein für Steiermark in Graz:
Mittheilungen. Jahrg. 1894. Heft 31. 1895. 8^
Gesellschaft für Pommersche Geschichte in Greifswald:
Pommersche Genealogien. Bd. 5. 1896. 8^.
K. niederländische Regierung im Haag:
J. A. C. Ondemans, Die Triangulation von Java. IV. Abth. 1895. 4^.
Nederlaiidsch kruidkundig Archief. I. Ser. 6. Deel. 4« Stuk. Nijmegen.
1895. 8<>.
K, Instituut voor de Taal, Land- en Volkenkunde van Nederlandsch
Indic im Haag:
Bijdragen. VI. Reeks. Deel I, aflev. 9. 4. 1895. 8®.
De Gar^beg*8 te Ngajogyäkartä door J. Groneman. 1895. 4°.
Sociite Hollandaise des Sciences in Haarlem:
Archives N^erlandaises des sciences exactes. Tome 29, livr. 2. 3. 1895. 8^.
Oeuvres compl^tes de Christiaan Huygena. Vol. VI. La Haje 1895. 4^.
Teyler Genootschap in Haarlem:
Arcbives du Mus^e Teyler. Ser. II. Vol. 4, partie 4. 1895. 4®.
Verhandlungen van Teylers tweede Genootschap. N. R. Deel. V,
stuk 1. 1895. 8<>.
Verhandlungen van Teylers godgeleerd Genootschap. N. S. Deel. XV.
1895. 80.
Gymnasium zu Hall in Tyrol:
Programm 1894/95. 1895. 8».
Kais. Leopoldinisch-Carölinische deutsche Akademie der Naturforscher
in Halle:
Leopoldina. Hell XXXI, No. 11-22. 1895. 4».
Thüringisch-sächsischer Geschichte- und AUerthumsverein in Halle:
Jahresbericht für 1894/95. 1895. 8^
660 Verzeichnias der eingelaufenen Druekethriften.
Deutsche margetüändische OeeeUadioft in Haue:
Zeitachrift. Band 49, Heft 2. 8. Leipzig 1895. 8^.
üniceraität Halle:
Schriften ans dem Jahre 1894/95 in 4^ and 8.
Naturwissenschaftlicher Verein für Sachsen und Thüringen in Halle:
Zeitschrift f. Naturwissenschaften. Bd. 68, Heft 1 n. 2. Leipng 1896. 8*.
Stadthibliothek in Hamburg:
Jahrbach der Hambnrgischen wissenschaftl. Anstalten. XI. Jahi^. 1893
nnd Beiheft. 1894. 4^.
Weiter auische Gesellschaft für die gesammie Naturkunde in Hamm:
Bericht. 1892-96. 1896. 8».
Historischer Verein für Niedersachsen in Hannover:
Zeitschrift. Jahrgang 1896. S9,
Universität Heidelberg:
Leo Königsberger, Hermann ▼. HelmhoHz^s üntersachangen über die
Grandlagen der Mathematik und Mechanik. 1896. 4^.
Schriften der Universität ans dem Jahre 1894/95 in 4<^ n. 8^.
Historisch-philosophischer Verein in Heidelberg:
Neue Heidelberger Jahrbücher. Jahrg. V, Heft 2. 1895. 8^^.
Finländische Gesellschaft der Wissenschaften in Helsingfors:
Observations m^t^orologiques. 1889—1890. Kaopio 1895. fol.
Obserrations (m^t^^orologiques). Vol. XII, livr. 1. 1894. fol.
Acta Bocietatis scientiaram Fennicae. Tom. 20. 1895. 4^.
öfversigt XXX VL 1893/94. 1894. 8*.
Bidrag tili kännedom af Finlands Natur och Folk. Heft 54-56,
1894/95. 80.
Universität Helsingfors :
Schriften der Universität Helsingfors aus d. Jahre 1894/96 in 4^ u. 8^.
Verein für siebenhürgische Landeskunde in Hermannstadt:
Archiv. N. F. Band XXVI, Heft 8. 1895. 8«.
Jahresbericht für das Jahr 1894/95. 1895. 8».
Siebenbürgischer Verein für Naturwissenschaften in Hermannstadt:
Verhandlungen. 44. Jahrg. 1895. 8<^.
Michigan Mining School in Houghton:
Prospectus of elective studies. May 1896. 8^.
Karpathen- Verein in Iglö:
Jahrbuch. XXII. Jahrg. 1895. 8».
Ferdinandeum in Innsbruck:
Zeitschrift. 8. Folge. Band 89. 1895. 8^
Medicinisch-naturioissenschaftliche Gesellschaft in Jena :
Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft. Bd. 29, Heft 8 u. 4. Bd. 30,
Heft 1. 1895. 8^.
Vereeiehniss der eingelaufenen Dnuskschnften. 661
Verein für Thüringische Geschichte und ÄUerthumskunde in Jena:
Zeitechrift. Bd. VIII, 3. 4; IX, 1. 1893/94. S«.
Regesta diplomatica necnon epistolaria historiae Thnringiae. 1. Halb-
band. 1896. 40.
Naturforschende Gesellschaft bei der Universität Jurjew (Dorpat):
SitzuD^berichte. Bd. X, 3. 1895. 8^
Schriften. No. VIII. 1895. 4».
Universität Jurjew (Dorpat);
Schriften der Universität aas dem Jahre 1894/95 in 4^ u. 8^
Centrälhureau für Meteorologie etc, in Karlsruhe:
Jahresbericht des Centralbnreans fiir das Jahr 1894. 1895. 4^.
Grossherzoglich technische Hochschule in Karlsruhe:
Schriften aus dem Jahre 1694/95 in 49 n. 8<>.
Grossh, hadische Staats- Alt erthümersammlung in Karlsruhe:
Veröffentlichungen der grossh. badischen Sammlungen. 1895. 4^.
SocUti physico-mathematique in Kasan:
Bulletin. II« Särie. Tome IV. No. 3. 4; V, No. 1. 2. 1894/95. 8^.
Universität Kasan:
ütschenia Sapiski. Tom. 62, No. 2. 7. 8. 9. 11. 1895. 8«.
Verein für hessische Geschichte in Kassel:
Zeitschrift. N. F. Bd. XIX. 1894. 8«.
Mittheilungen. Jahrgang 1892. 1893. 8^.
Verein für Naturkunde in Kassel:
Abhandlungen und Bericht XL. 1895. 8^
Universität Kharkow:
Sapiski. 1895. Heft 3. 8^.
K, Universität in Kiel:
Schriften aus dem Jahre 1894/95. 4^ u. ^,
Gesellschaft für Schlestoig-Holstein-Lauenburgische Geschichte in Kiel:
Zeitschrift. Band 24. 1894. 8<>.
Naturwissenschaftlicher Verein für Schleswig-Holstein in Kiel :
Schriften. Band X, Heft 2. 1835. 8».
Universität in Kiew:
Iswestija. Vol. 25, No. 3-10. 1895. 8^
Aerztlich-naturwissenschaftlicher Verein in Klansenburg :
firtesitö. 3 Hefte. 1895. 8®.
Kroatische archäologische Gesellschaft in Knin:
Glasilo. Band I, Heft 3. 1895. 4».
Physikalisch-öko}iomische Gesellschaft in Königsberg:
Schriften. 35. Jahrgang. 1894. 1895. 4^.
Universität in Königsberg:
Schriften aus dem Jahre 1894/95. 4^ u. 8^.
662 VergeiehniM der eingeUmfenen Drueksdmften,
C^neaiogisk Inttüui in Kopenhagen:
Arabere og Eabyler SkildrinKer af Carit Etlar. 2 Bde. 1868—70. 89.
K, Akademie der Wiseensehaften in Kopenhagen:
Oversigt. 1896. No. 2. 8«.
Skrifter. 1) historisk. Afd. IV, 2. 2) oatnrrid. Afd. Till, 1. 1895. 4».
Gesellschaft für nordische Alterthumskunde in Kopenhagen:
AarbOger. II. Raekke. Band 10, Heft 2 n. 8. 1895. 8^.
Akademie der Wissenschaften in Krakau:
Sprawozdania komisyi fizjograficzney. Tom. 29. 1894. 8^.
Zbiör wiadomosci do AntropoL Tom. XVIII. 1895. 8^.
Anzeiger. 1895. Juni, Jnli, Oktober. November. 8^.
Rozprawy. a) histor.-filoz. Ser. II, Tom. 6. b) mathemat. Ser. 11,
Tom. 7. 1895. 80.
Biblioteka pisarzy polskich. Tom. SO. 1895. 8^.
Finkel, Bibliografia histor. Tom. 2, Heft 1. 1895. 8^
Archiwom IJterat Tom. 8. 1895. 8^.
Pamigtnik (mathemat.) Tom. 18, Heft S. 1895. 4^
Historischer Verein für Niederhayem in Landshut:
Verhandlangen. 31. Band. 1895. 8^.
Soeiiti Vaudoise des scienees naturelles in Lausanne:
Balletin. III. Serie. Vol. XXXf, No. 117. 118. 1895. 8».
MaatscH^appü van Nederlandsehe Letterkunde in Leiden:
TijdBchrift. Deel XIV, No. 3, 4. 1895. 8^
K. sächsische Gesellschaft der Wissenschaften in Leipzig:
Abhandlangen der philol.-hist. ClMse. Band XV, No. 3. 4. 1895. 4^.
Berichte. Philol.-hiat. Classe. 1895. I. IL S^. •
Abhandlungen der math.-phys. Classe. Bd. XXII, No. 2 — 5.
Berichte. Math.-phys. Classe. 1895. Heft II— IV. 8^.
Journal für praktische Chemie in Leipzig:
Journal. N. F. Bd. 51, Hefb 12. Bd. 52, Heft 8-11. 1895. SP.
Anatomische Gesellschaft in Leipzig:
Wilhelm His, Die anatomische Nomenclatar. 1895. 8®.
Aittronrnnische Gesellschaft in Leipzig:
Katalog. I. Abth. 10. Stack. 1895. 4^
Vierteljahrsschrift. 80. Jahrg. Heft 3. 1895. 8*
Archiv der Mathematik und Physik in Leipzig:
Archiv der Mathematik und Physik. IL Reihe, 14. Thei), 1. a. 2. Heft.
1895. 8".
Verein für Erdkunde in Leipzig:
Wissenschaftliche Veröffentlichungen. Bd. IL 1895. 8^.
MittheiluDgen. 1894. 1895. 8».
Factdti in LUle:
Travaux et M^moires. Tome III, No. 10—14. 1898. 8^.
üniversity of Nebraska in Lincoln:
Balletin of the Agricultural Experiment Station. No. 48. 1895. 8*.
Verzeiehnisa der eingdaufenen Druckst^iriften, 663
Museum Frandsco-Carolinum in lAnz:
53. Jahresbericht, nebst 47. Lieferung der Beiträge zur Landeskunde.
1895. &^,
Zeitschrift ^La CeHuW in Loewen:
La Cellule. Tome XT, 1. 1895. 4^
The English Historical Beview in London:
Historical Review. Vol. X, No. 39. 40. 1895. 8^.
Boy dl Society in London:
Philosophical Transaetions. Vol. 135, part IL A. B. 1895. 4^.
Proceedings. Vol. 58, No. 347-352. 1895. 8<>.
JB. Ästronomical Society in London:
Monthly Notices. Vol. 55, No. 8. 9. Vol. 56, No. 1. 1895. 80.
Chemical Society in London:
Journal. No. 392—397. July— December 1895. 8®.
Proceedings. No. 154—156. 1895. 8«.
Geoloyical Society in London:
The quarterly Journal. No. 201— 20i. 1895. 8<>.
Geological Literatnre during the halfyear ended Dec. 1894. 1895. 8^.
Linnean Society in London:
Proceedings. Nov. 1893 to June 1894. 8®.
The Journal. Zoology. Vol. 25, No. 158 — 160. Botany. Vol. 30,
No. 209. 210. 1894. 8<>.
The Transaetions. IL Ser. Zoology. Vol. VI, part 3. Botany. Vol. IV,
part 2; V, part 1. 1894-95. 4".
List 1894/95. 1894. 8«.
Medical and Chirurgical Society in London:
Transaetions. Vol. 78. 1895. 8®.
Boyal Microscopical Society in London:
Journal. 1895. Part 4-6. 8«.
Zoölogicäl Society in Lo idon :
Proceedings. 1895. Part IL 8®.
Zeitschrift „Natur e" in London:
Nature. Vol. 52, No. 1334-57. 1895. 4».
Äcademy of Science in St. Louis:
Transaetions. Vol. VI, No. 18. Vol. VII, No. 1—3. 1895. 8".
Societe geologique de Belgique in Liittich:
Annales. Tome XX, 3; XXI, 3; XXII, 1. 2. 1892-95. 8«.
Section historique de Vinstitut Boyal Grand-Ducal in Luxemburg:
Publications. Vol. 42—44. 1895. 8^
Historischer Verein der fünf Orte in Luzerm
Der Qeschichtsfreund. Bd. 50 u. 1 Fascikel Beilagen. Stans 1895. 8^.
Academie des sciences in Lyon:
Cartulaire Lyonnais, documents inädits recueillis et publids par M.-C.
Guigne. Tome II. 1893. 4«.
Mdmoires. Sciences et lettres. III. Ser. Tome 2. Paris 1893. 4^.
^
664 Verseiehmss der eingelaufenen Druckedvriften,
Soeieti ^agricülture, seienee ei industrie in Lyon:
Annales. VIT. S^r. Tome I. 1898. 1894. 4«.
SociiU ^anihrapciogie de Lyon:
Bulletin. Tome 12. 18. 1894—95. 8*.
Socieie lAnnSenne in Lyon:
Annales. Tome 88—40. 1891—98. 8^
Onothera oo Oenothera. Les &nes et le rin par le D^ Saini-Lager
Paris 1893. 8«.
B. Äcademia de la historia in Madrid:
Boletin. Tomo 27, cnad. 1—6. 1895. 8^.
E. Äcademia de eieneias in Madrid:
Memorias. Tomo XVI. 1895. 4^
Fondaeione acientifica CagncHa in Mailand:
Atti. Vol. XII, Xm. 1894/96. 8».
R, Istituto Lombardo di seienze in Mailand:
Rendiconti. Ser. IL VoL 26. 1893. Vol. 27. 1894. 8^.
Memorie. a) Classe di lettere. Vol. XIX, 2; XX, 1. b) Classe di
scienze matematiche. VoL XVII, 4; XVm, 3. 1898/95. 4P.
Indice generale dei lavori dalla fondazione air anoo 1888. 1891. 8^.
Societä Italiana di seienee naturäli in Mailand:
Atti. Vol. 35, läse. 1. 2. 1895. ^.
Societä Storica Lomharda in Mailand:
Archivio Storico Lombardo. Ser. III. Anno 22, fasc. 6. 7. 1895. 8^.
Literary and phHosophical Society in Manchester:
Memoirs and Proceedings. FV. Serie. Vol. 9, No. 8 — 6. 1894/95. 8*.
Universität in Marburg:
Schriften aas dem Jahre 1894/95 in 4® n. 8^*.
FactUtS des sciences in Marseille:
Annales. Tomo III, fasc. 1—8 et Supplement. Tomo IV, fasc. 1 — 3.
1893/94. 40.
Annales de Tlnstitat botanico-g^logique colonial. Vol. I. Paris 1893. 8^.
Verein für Geschichte der Stadt Meissen in Meissen:
Mittheilungen. Band IV, 1. 1895. 8^.
Aeadtmie in Mete:
Mdmoires. Ann^ 1892/93, 1893/94 et 1894/95. 1895. 8*.
Observatorio nieteorologico central in Mixieo:
Boletin mensual. Mayo— Setiembre 1895. 4^.
Comision geolögiea Mexicana in Mexico:
Boletin. No. I. 1895. 4«.
Expedicion cientifica al PopocatepeÜ por Josd G. Agoilera j Esequiel
Ordones. 1895. 8».
Begia Accademia di scienze lettere ed arti in Modena:
Memorie. Serie IL Vol. 10. 1894. 49.
Vtri€idmU$ der fimgtUtufemen Drmcttdknftem^ 665
Awnmmuiraiiome dtUe Ptibblicasiomi Cnssimesi im Momtetofsimo^Caferia > :
Spicileginm Casiiieitse. Tonia^ IV, 1. 1895. foL
IfUemationaies Tau^^k-Burea^ der R^pubrii Uru'juijf im Montevideo:
Comercio ex&erior j morimiejito de naTe^rtcion en el ano 1S04. 1$95. •€*.
NnestfO pais por Orestes Anüjo. \G9o, 8^.
Aciifiemie de seiencff ei UUrt^ in Montp^Uierz
M^moira. Section des lettres. 2* Stfrie. Tome 1, Xo. I — I.
SectioB des sciencem. 2»Ser. Tome 1. No. 1 — 4. Tome 8. No. I.
Section de m^ecine. 2* S^fHe. Tome 1, No. 1. 1898. 81*.
Dasehlcfm^sK^e-* ethn^jra}^ Loches Mu.*ritm in Mo<l<im:
SiatematitscheskoeOpisanie Ko'lekzir i>a«ch¥3W9kaeo ethnograiiUchee-
ka«o Mdml Bd. iV. Idd5 V.
Directiom des Mtuie^s pihUc et R^yurniantzotr in Mo^iam:
Compte-rendo «in ra». Sprache >. 1892—94. 1895. B9.
Society Imperiale des Saturcuistes in Mi^<kau:
Bnlletio. Annee 1895. No. 1. 2. 1S95. 8^.
lAeh (ßjfervatory in M<mnt Hamilton^ Cahforuia:
Contribnlioiu. Xo. 4. Sacramento 1895. 8^.
Deutsche Gts^Jhchaft für AnihrofiAojie in Berlin und München:
Correspondenxblatt. 1895, Xo. 6 — 10. 4**.
K. hauet. techniscJte Hochschule in Müfidwtn:
Programm für das Jahr 1895/96. 1895. 8^.
Bericht för das Jahr 1894 95. 1895. 4«.
Personalstand. Winier-Semeäter 1895—96. 1695. e9.
Universität in München:
Schriften ans dem Jahr 18^ in l^ n. 6*.
HUton9cher Verein in München:
MonaUschnft. 1395. Xo. 10. 11. 8<».
OberiHiyensches Archir. Bd. 49. Heft 1. 1895. 8^.
56. and 57. Jahresbericht 1895. 8*.
AerziUcher Verein in München:
Sitmngsberichte. Bd, IV. 1894. 1895. 8^.
Al:adem\.^cher Verla ff München:
Hochschal-Nachricbten. 1695. No. 55—59. 4^.
WestphäL Provinsial -Verein für Wissenschaft und KunM in Münsiier:
22. Jahresbericht für 1893,94. 1894. 8<*.
Acad^mie de Stani.ylas in Xancy:
Mämoires. 5« Serie. Tome 10. 11. 1693. 8«.
Sociite des sciences in Xanci/:
Bulletin. S4r, II. Tome 13, fasc. 28. 29. Paris 1894. 8«.
Catalogue de la bibliotheque. 1694. ^.
Beale Accndemia di scienze moraii et politiche in AV'ijW:
Atti. VoL 27. 1894—95. 1895. 8«.
666 Verzeiehniss der eingelaufenen Druehsehriften,
E, ÄecadeftUa deUe scienze fisiche e mixtematiehe in Neapel:
RendicoBto. Ser. 3. Vol. I, fasc. 5—11. 1895. 8^.
Atti. Ser. IL Vol. 7. 1896. 4«.
Zoologisehe Station in Neapel:
Mittheilungen. Bd. XII, 1. Berlin 1895. ^.
Historischer Verein in Neuburg a/D.:
KoUektaneen-Blatt. 58. Jahrg. 1894. 8^.
North of England Institute of Engineers in New-Gastle (upon-Tyne):
Transactions. Vol. 44, part 4 und Appendix. 1895. 8^.
Report of the Proceedinga of the fiameless explosivea Committee.
Part I, 2. 1895. 80.
Connecticut Äcademy of Ärts and Sciences in New'Haven:
Transactions. Vol. IX, 2. 1895. 8^.
2 he American Journal of Science in New-Haten:
Journal. No. 295 n. 296. Julj and August 1895. No. 298 — 300.
October— December 1895. 8®.
Ohseroatory of the Yale University in New-Haoen :
Report for the year 1894—95. 1895. 8®.
American Museum of Natural History in New-Yorh:
Annnal Report for the year 1894. 1895. &^.
American Chemical Society in New- York:
Journal. Vol. 17. No. 8. 9. 11. Easton 1895. 8<>.
American Geographical Society in New-York:
Bulletin. Vol. 27, No. 2. 8. 1896. 8«.
State Museum in New-York:
Bulletin. Vol. 3, No. 12. 13. Albanj 1895. 8°.
Naturhistorische Gesellschaft in Nürnberg:
Abhandlungen. Band X, Heft 8. 1895. 8^.
Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg:
Jahresbericht 1893. 1894. 1894/95. 8^.
Mittheilungen. Heft 11. 1896. 8».
Verein für Naturkunde in Offenbach:
33.-36. Bericht 1891—96. 1895. 8«.
Verein für GesMchte und Landeskunde in Osnabrück:
Mittheilungen. 20. Band. 1895. 8^.
Naturwissenschaftlicher Verein in Osnabrück:
10. Jahresbericht. 1896. 80.
Geological Survey of Canada in Ottawa:
Annual Report. New Series. Vol. VI. 1895. 8*^.
Boy ad Society of Canada in Ottmca:
Proceedings and Transactions. Vol. XII. 1895. 4®.
Circolo matematico in Palermo:
Rendiconti. Tomo IX, fasc. 3-6. 1895. 49,
Verzeiehmss der eingelaufenen Druckschriften, 667
Äcadimie de midedne in Paris:
Bulletin. 1895. No. 26—61. 8^.
AcadSmie des sciences in Paris:
Comptea rendus. Tome 121, No. 1-6. 8—26. 1895. 49.
Bibliotheque nationale in Paris:
Gatalogue des Manuscrits arabes. Fase. 3. 1895. fol.
beeile polytechnique in Paris:
Journal. Cahier 63 et 64. 1893/94. 4«.
Comite international des poids et mesures in Paris:
Travanx et Mdmoirea. Tome 8. 10. 1893/94. fol.
XVI« Rapport aar Texercice de 1892. 1893. fol.
Moniteur Scientifique in Paris:
Moniteur. Liyr. 643—648. Juillet-Ddcembre 1895. 4«.
Musie Quimet in Paris:
Annalea in 4». Tome XXV. XXVI, 1. 1894. 4^
Annalea. Biblioih^qae d'ätodea. Tome 4. 1894. 8^.
Revue de Thiatoire des röligiona. Tome 27, 8; 28, 1—3; 29, 1—3;
80, 1-3; 81, 1. 1893/94. 8^.
Museum d^histoire naturelle in Paris:
Bulletin. Ann^e 1895, No. 4—6. S».
Nouvellea Archivea. Sär.III. TomeV, VI, 1.2. VII, 1. 1893—95. 4^.
Centenaire de la fondation du Maa^am d'hist. nat. Volame comm^-
moratif. 1893. 40.
Societi d^anthropologie in Paris:
Bulletina. 1893. No. 5-12. 1894. No. 1—9. 1893/94. 8«.
Mämoires. III. Sörie. Tome I, fasc. 1—8. 1898/94. S®.
Societe de geographie in Paris:
Comptea rendus. 1895, No. 9—13. 8<>.
Bulletin. VII. Särie. Tome XVI, 2 et 3 trim. 1895. 8®.
SociH^ de mathematique de France in Paris:
Bulletin. Tome 23, No. 4—8. 1895. 8».
Societe zoologique de IfVance in Paris:
Bulletin. Tome 18. 1893. 8fi.
Mämoirea. Tome VI, partie 1—4. 1898. 8^.
Academie Imperiale des sciences in St, Petersburg:
Bulletin. V. Sdr. Tome 2, No. 5. Tome 3, No. 1. 1895. 4P,
Comiti giologique in St. Petersburg:
Bulletina. Vol. XII, 8. 9; XIII, 1-9; XIV, 1—6 et Suppl. au Tome XIII.
1893 95 8®
Mömoirea. Vol. VIII, 2. 3; IX, 3. 4; X, 3; XIV, 1. 3. 1894/95. 49.
Bussische astronomische Gesellschaft in St, Petersburg:
Iswestija. Heft 4. 1896. 8^.
£phdmeridea dea ^toilea (W. DOlIen) ponr 1896. 1895. 8^.
Kaiserl. russische geographische Gesellschaft in St, Petersburg:
Beobachtungen der rusaiachen Polaratation an der Lenamündung.
Th. I. 1882-84. 1896. 40.
668 Vereeichniss der eingelaufenen Druekschriften.
Kaiserl, mineralogische Gesellschaft in St, Petersburg:
Materialien zur Geologie Russlands. Bd. XVII. 1895. 6^.
Physikal, -chemische Gesellschaft an der kais, Universität St. Petersburg :
Schumal. Tom. XXVII, Heft 4—8. 1895. S^.
Socike des naturalistes de St, PHershurg:
Travaux. a) Section de geologie. Vol. 23. b) Section de Zoologie.
Vol. 25. c) Section de botaniqae. Vol. 25. 1895. 8^.
Protokoly. 1895. No. 1—5. 8<>.
Kaiserliche Universität in St, Petersburg:
Oboarenie. 1895/96. 1895. (fi,
Woatotschnyje Samjetki. (Orientalische Bemerkungen.) 1895. 4^
Academy of natural Sciences in Philadelphia:
Journal. Vol. IX, part 4. 1895. fol.
Proceedings. 1895, part I. 8^.
Historical Society of Pennsylvania in Philadelphia:
The Pennsylvania Magazine of History. Vol. XIX, No. 1—8. 1895. 8®.
Alumni Association of the College of Pharmacy in Philadelphia:
Alumni Report. Vol. 81, No.9. June 1895. Vol. 32, No. 1. 2. Oetober,
November 1895. 8°.
American Philosophical Society in Philadelphia:
Proceedings. Vol. 34, No. 147. 1895. 8«.
Transactions. New Seriea. Vol. XVIII, part 2. 1895. 4\
R. Scuola normale superiore di Pisa:
Annali. Scienze fiaiche. Vol. VII. 1895. 8^.
Portland Society of natural History in Portland:
Proceedings. Vol. II, part 3. 1896. 8®.
Böhmische Kaiser Fr ajiz- Joseph- Akademie in Prag:
Rozprawy. Tfidal, Ro6nfk3, öisloö; THda II, Roönik 3, cf3lo22— 32.
Tiida III, Roioik 3, öislo 1 und 4. 1894. 80.
Hiatoricky Archiv. Öislo 6. 1895. ^.
Vöatnfk. Ro6nik IV. ÖisIo 1—3. 1895. 8«.
Bulletin international. Claaae des sciences math^matiquea I. 1894. 8^.
Gesellschaft zur Förderung deutscher Wissenschaft, Kunst und
Literatur in Prag:
üeberaicht über die Leistungen der Deutschen Böhmens auf dem Ge-
biete der Wissenschaft etc. im Jahre 1893. 1895. 8^.
Mathematisch-physikalische Gesellschaft in Prag:
Öasopis. Band 24, No. 1-5. Bd. 25, No. 1. 1894/95. 8».
K, K, Deutsche (Carl- Ferdinands) Universität in Prag:
Ordnung der Vorlesungen. Winter-Semester 1895/96. 1895. S^.
Personalstand 1895/96.
Verein für Natur- und Heilkunde in Pressburg:
Verhandlungen. Jahrg. 1892 - 93. N. Folge. Heft 8. 1894. 8^.
VereeMniss der eingdaufenen Druckschriften. 669
Aräiaeclogical Instüuie of America in Trineeton (Netc-Jfrsey):
American Jonmal of Archaeoloj^. Jan. — Sept. 1895. 8^.
Kgl, botanische CrtseUschaft in Begensburg:
Katalog der Bibliothek. Th. I. 1895. 8^^.
Historischer Verein in JRegen^urg:
Verhandlongen. Band 47. 1895. 8^.
Observatorio in Bio de Janeiro:
Annnario 1895. 1894. 8®.
Oeotogical Society of America in Bochester:
Bulletin. Vol. VI. 1895. 8®.
B, Accademia dei Lincei in Born:
Atti. Ser.IV. Memoire della classe di scienze fisiche. Vol. VII. 1894. 4^.
Atti. Ser. V. Classe di acienze fisiche. Rendiconti. Vol. IV. Semestre 1,
fasc. 12. Semestre 2, fasc. 1—7. 1895. 4^.
Atti. Ser. V. Classe di scienze morali. Vol. I, partl. Memorie. 1694.
Vol.ül, part.2. Notizie degli scayi. April— Aug. 1895. 1894/95. 4^.
Rendiconti. Classe di scienze morali. Serie V. Vol. IV, fasc. 4—8.
1895. 8<>.
Rendiconto dell* adnnanza solenne del 9 Giugno 1895. 1895. 4^.
B. Comitato geologico d'ItaJia in Born:
Bollettino. Anno 1895, No. 2 u. 3. 8^.
Accademia Pontificia d£ Nuovi Lincei in Born:
Atti. Anno 47, Sessione V. Anno 48, Sessione I— VII. 1894/95. 4^.
Kais, deutsches archäologisches Institut (röm. Ahth.) in Bom:
Mittheilungen. Vol. X, No. 1. 2. 1895. 8^
B, Ministero della Istruzione pubhlica in Bom:
Indici e cataloghi. 42 Hefte. 1886/95. 8^.
Zeitschrift L' Oriente in Bom:
L*Oriente. Rivista trimestrale. Anno 11. No. 1. 2. 1895. 8^.
Kgl. italienische Begierung in Bom:
Opere di Galilei. Vol. V. Firenze 1895. 4«.
B, Societä Bomana di storia patria in Bom:
Archivio. Vol. XVIH, 1. 2. 1895. 8».
Universität Bestock:
Schriften aus dem Jahr 1894/95 in 4^ u. 8^.
Acadimie des sciences in Bouen:
Pr^cis'analytique des travaux. Annäe 1891/92 et 1892/93. 1893/94. 8^.
Accademia degli Agiati in Bovereto:
Atti. Anno 145, Serie III. Vol. I, fasc. 2. 1895. 8^.
The American Association for the avancement of science in Salem:
Proceedings for the 48^ Meeting. August 1894. 1895. 8^.
American Journal of Science in Salem :
Journal. No. 297. (Sept. 1895.) 8».
1896. Slttangsb. d. pbtl a. hist CI. 43
670 Vereeichniss der eingelaufenen Druckschriften.
Historischer Verein in 8t. OaUen:
ürkundenbuch der Abtei Sanct Gallen. Th. lY, Lief. 4. 1896. 4^.
Der Kloaterbruch in Rorschach und der St. Galler Krieg 1489/90
von Job. Häne. 1895. 8^.
Observatorio astronömico meteorolögico in San Sälvaior:
Anales. 1895. fol.
California Äcademy of Sciences in San Francisco:
Proceedinga. Vol. IV, part 2. 1895. 8®.
Memoire. Vol. II, No. 4. 1895. 4«.
Gesellschaft für Salzburger Landeskunde in Salzburg:
Mittheilungen. 35. Vereinsjabr. 1895. 8^.
K, K, Staatsgymnasium in Salzburg:
Programm für das Jabr 1894/95. 1895. 8^.
Instituto y Observatorio de marina in San Fernando:
Almanaque naütico para 1897. Madrid 1895. 4^.
K. K. archäologisches Museum in Spalato:
BuUettino. Anno 18, No. 6—11. 1895. SP.
Historischer Verein der Pfalz in Speyer:
Mittbeilungen. XIX. 1895. 8«.
K. schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm:
öfversigt. Vol. 51. 1894. 1895. 8^
Astronomiska Jakttagelser. Vol. V, Heft 1—4. 1893—95. 4<>.
Hj. Tb^el, Ora Sveriges zoologiska bafsstation Eristineberg. 1895. 8^.
Handlingar. Bd. 26. 1894/95. 4^.
K. Vitterhets, Historie och Äntiquitets-Äkademie in Stockholm:
Antiquarisk Tidskrift för Sverige. Del V, No. 4; Del XIV, No. 2;
Del XVI, 1—3. 1895. Q^.
Geologiska Förening in Stockholm:
Förbandlingar. Bd. 17, Heft 1-6. 1895. 8<>.
Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften in Strassburg:
Monatsbericbt. Heft 6 u. Heft 1895. 8^.
Universität Strassburg:
Scbriften aus dem Jabre 1894/95. 40 u. 8^.
K. statistisches Landesamt in Stuttgart:
Beschreibung des Oberamts Cannstadt. 1895. 8^
Geological Suroey of New -South -Wales in Sydney:
Records. Vol. IV, 4. 1895. 4P.
Memoirs. Palaeontology. No. 9. 1895. 4°.
Eoyal Society of New -South -Wales in Sydney:
Journal and Proceedings. Vol. 28. 1894. 8®.
Department of Mines and Ägriculture of N.- South -Wales in Sydney:
Annaal Report for tbe year 1894. 1895. fol.
Verzeichnias der eingelaufenen Druckschriften, 671
Obaercatorio aatronömico naeional in Tacubaya:
Boletin. Tomo I, No. 22. Mexico 1895. 4^.
Annario. Ano de 1896. Mexico 1895. 8®.
Narake Videnskaba Selakab in Ihrondhjem (Drontheim):
Skrifber 1898. 1894. S^.
Physikcäischea Observatorium in Tiflis:
Beobachtungen im Jahr 1898. 1895. fol.
Beobachtungen der Temperatur des Erdbodens in den Jahren 1888/89.
1895. 8«.
Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Oatasiena in Tokyo:
Mittheilungen. Heft 56 u. Suppl.-Heft 2 zu Bd. VI. 1895. 4«.
Universität Tokyo (Japan):
The Journal of the College of Science. Vol. 7, part 5. 1896. 4^.
The Imperial üniversity Calendar. 1894/95. 8^.
Biblioteca e Museo comunale in Trient:
Archivio Trentino. Anno XII, fasc. 1, 1895. 8°.
B. Accademia delle scienze in Turin:
Atti. Vol. 30, disp. 12—16. 1895. 8^.
B. Museo geologico in Turin:
Essai 6ur Torogenie de la terre par Fed. Sacco. 1895. 8®.
Universität Tübingen:
Schriften aus dem Jahre 1894/96. 4^ u. 8®.
K. Gesellschaft der Wissenschaften in Upsdla:
Nova Acta. Ser. III. Vol. XV, 2. 1896. 4«.
Universität in Upsdla:
Schriften der Universität aus d. J. 1894/95 in 4** u. ^,
Historisch Genootschap in Utrecht:
Bijdragen en Mededeelingen. Deel XVI. ^sGravenhage 1895. 8^.
Verslag van de algemeene vergadering der leden, 16. April 1895.
'sGravenhage 1896. 8^.
Werken. III. Serie. No. 6. s'Gravenhage 1894. 8».
Physiologisch Laboratorium der Hoogescliool in Utrecht:
Onderzoekingen. IV. Reeks. III, 2. 1895. 8^.
Äteneo Veneto i» Venedig:
L'Ateneo Veneto. Serie XVIII. Vol. 1. 2. 1894. 8»
B, Istituto Veneto di scienze in Venedig:
Atti. Tomo 52, disp. 4-9. Tomo 53, disp. 1-3. 1893—95. 8«.
Memorie. Vol. 25, No. 1—3. 1894. 4<>.
Bureau of Ethnology in Washington:
Chinook Text« by Franz Boas. 1894. 8°.
Archeologic Investigations in James and Potomuc Valleys, by Gerard
Fonke. 1894. 8^.
Tke Siouan Tribes of the East by JanipM Mooney. 1894. 6^.
(372 Verzeiehniss der eingelaufenen Druckschriften.
U, S, Departement of Ägrieulture in Washington:
Bulletin. No. 6. DiviBion of Omitholof?y. 1895. B^.
Surgeon GeneraVs Office, U. S. Army in Washington:
Index-Catalogue. Vol. XVI. 1896. 4^
ü, S. Coast and Geodetic Survey in Wikshington:
Bulletin. No. 34. 1896. 8<^.
United States Geological Survey in Washington:
Bulletin. No. 118-122. 1894. 8«.
Monographs. No. XXIII. XXIV. 1894. 4«
14th annual Report 1892/93. Part I. IL 1899/94. 4^.
Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in Wien:
Denkschriften. Mathem.-natnrwissenschafd. Classe. Bd. 61. 1894. 4®.
Sitzungsberichte. Philos.-histor. Classe. Band 131 and Register zu
Band 121—130. 1894. 80.
Sitzungsberichte. Mathem.-physikal. Classe. Band 103, Abth. 1,
No. 9-10, Abth. 2*, No. 6—10, Abth. IIb, No. 4—10, Abth. III,
No. 6-10. 1894. 8^
Archiv für österreichische Geschichte. Band 81, Hälfte IL 1895. 8^.
Fontes rerum Austriacarum. Abth. IL Bd. 47, Hälfte 2. 1894. &<>.
Monumenta conciliorum generalium. Tom. III, pars 3. 1895. foL
Almanach. 44. Jahrg. 1894. 8^.
K. K. geologische Reichsanstalt in Wien:
Jahrbach. Jahrg. 1895. Band 45, Heft 1. 1895. 4®
Verhandlungen. 1895. No. 8—13. 4'>.
K, K. Centralanstalt für Meteorologie in Wien:
Jahrbücher. Jahrg. 1892. Band 37. 1894. 4^.
Oesterreichische Crradmessungs-Commission in Wien:
Astronomische Arbeiten. 1895. 4^.
K. K. Gesellschaft der Aerzte in Wien:
Wiener klinische Wochenschrift. 1895. No. 27—42. 44—52. 4».
Anthropologische Gesellschaft in Wien:
Mittheilungen. Band XXV, 2. 3. 1895. 4®.
Zoologisch-botanische Gesellschaft in Wien:
Verhandlungen. 45. Band, Heft 6—9. 1895. 8^.
K. K, naturhistorisches Hofmuseum in Wien:
Annalen. Band X, 2. 1895. 4^.
Verein zur Verbreitung natunvissenschaftlicher Kenntnisse in Wien:
Schriften. 35. Band. Vereinsjahr 1894/95. 1895. 8».
Verein für Nassau' sehe Alterthumskunde in Wiesbaden:
Annalen. 27. Band. 1895. gr. 8^.
Nassauischer Verein für Naturkunde in Wiesbaden:
Jahrbücher. Jahrg. 48. 1895. 8».
Physik alisch-medicinische Gesellschaft in Würzburg:
Verhandlungen. N. F. Bd. 29, No. 2—6. 1895. 8^,
Verzeichnisa der eingelaufenen Druckschriften, 673
Observatorium der haiserl, Marine in WüheHmshaven:
Beobachtangen der meteorolog. Station. Th. I. Berlin 1896. 4^.
Orientdl üniversity Institute in Woking:
Vidmodya, the Sanscrit critical Journal. Vol. 24, No. 4—8. 1895. 8».
Herzogliche Bibliothek in Wolfenbüttel:
Otto V. Heinemann, Die Handschriften der herzoglichen Bibliothek
zu Wolfenbüttel. Band V. 1895. 8».
Naturforschende Gesellschaft in Zürich:
Vierteljahrsschrift. 40. Jahrg. Heft 2. 1895. 8^
Physikalische Gesellschaft in Zürich:
7. Jahresbericht. 1893 u. 1894. 1895. 8^.
Zeitschrift: Astronomische Mittheilungen in Zürich:
Astronom. Mittheilungen. Jahrg. XII, No. 85 u. 86. 1895. 8^.
Von folgenden Privatpersonen:
Le Prince Albert I«' de Monaco:
Resultats des campagnes scientifiques. Fase. VIII et IX. 1895. fol.
Eduard Bodemann in Hannover:
Die Lei bniz- Handschriften der k. ötfentl. Bibliothek in Hannover. 1895. 8*^*
Renward Brandstetter in Luzern:
Malaio-Polyneaische Forschungen. No. IV. 1895. 4^.
Ludwig Friedländer in Strassburg:
Juvenalis saturarum libri V. 2 Voll. Leipzig 1895. 8^.
H, Fritsche in St. Petersburg:
Ueber den Zusammenhang zwischen der erdmagnetischen Horizontal-
intensität und der Inclination. 1895. 8^.
Ernst Haeckel in Jena:
Systematische Phylogenie der Wirbelthiere. Bd. III. Berlin 1895. 8".
C, A. Hering in Dresden:
Das Entwicklungsgesetz der Erde und der Erzlagerstätten. 1895. 8^\
Gustavus Detlef Hinrichs in Saint-Louis:
The Elements of Atom-Mechanics. Vol. 1. 1894. 8^.
Charles Janet in Paris:
6 zoologische Abhandlungen in Separatabdrücken a. d. Jahre 1895. &\
James E, Keeler in Chicago. (London?):
1. Conditions affecting the Form of Lines in the Spectrum of Saturn.
2. A Spectroscopic Proof of the Meteoric Constitution of Saturn*s
Rings. 1895. 8».
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675
Namen-Register.
Bragmann 549.
Brann ▼. 183.
Bucher 550.
Carriere 184.
Christ V. 1, 3, 183, 549.
Cornelius v. 200, 205.
Billmann 197.
Dove 222, 223.
Ebers 549.
Friedrich 206, 207, 428.
Furtwängler 549.
Haury 32.
Hefner- Alteneck v. 32.
Heigel 206.
Ismail Pascha 180.
Keil 198.
Eeinz 206.
Erumbacher 1, 549.
Kuhn 205.
Lossen 32, 33.
Maurer v. 32.
Meyer Ed. 550.
Meyer W. 428.
Müller Iw. V. 550.
676 Namen- Register.
Newton 199.
Paul 222, 817.
Pettenkofer v. 178, 544.
Bieder 2, 560.
Riggauer 549.
Röscher 201.
Rossi de 199.
Rück 32.
Schack V. 177.
Schmidt E. 200.
Schmitt John 204.
Schmoller 549.
Simon 550, 605.
Simonsfeld 206.
SOderwall 549.
Stieve 222.
Sweet 549.
ünger 222, 286, 550, 551.
Wecklein 477, 479.
Wölfflin V. 428, 429.
Zographos 202.
(577
Sach-Kegister.
Benedict tod Narsia und seine MOncbsregel, von WOlfflin, S. 429—454
DentBch, Das älteste Zeugniss für den Namen Deutsch, von Dove,
S. 223-285.
Eigla, Zwei Rechtsfälle in der Eigla, Ton Maorer, S. 65—124.
Earipides, Beiträge zur Kritik des Euripides, von Wecklein, S. 479—548.
Festsitzung, öffentliche, am 28. März 1895 S. 177—204; am 15. No-
vember, S. 544—550.
Za Josephos. I. Die anpassend eingelegten SenatsconsuUe, von Unger,
S. 651—604.
Markgräfin Jakobe, die Verheirathung der Markgräfin Jakobe mit
Herzog Johann Wilhelm von Jülich-Cleve-Berg , von Lossen,
S. 83—64.
Montanisten, Ueber die Canones der Montanisten bei Hieronymus,
von Friedrich, S. 207-221.
Kekrologe auf Fr. Graf v. Schack, Ismail Pascha, v. Brunn, Carriere,
Dillmann, Keil, Newton, Rawlinson, Rossi, K. Schmidt, Röscher,
S. 179-202.
Pindar, Schnitzel ans einer Pindarwerkstätte , von Christ, S. 3 81.
Prokop, üeber Prokophandschriflen, von Haury, S. 125 — 176.
678 Sach'Register.
Seleakidenftra der Makkab&erbücher, Ton Unger, S. 286—316.
Tristan als Mönch, von Panl, S. 817—427.
Yeda, Ueber einiji^e Commentatoren zu Sütren des weissen Yajurveda,
von Simon, S. 6Ö5— 650.
Verzeichniss der eingelaufenen Drackschriften von Janoar bis Juni
1895, S. 455-476; von Juli bis Dezember 1895, S. 661— 674.
Wahlen, 8. 549-550.
Zographos-Preis, S. 202—204.
Inhalt.
Die mit * beseicbiioten Abfa«nd]aiigen sind in den Sitcungsberichten niebt abffednielct.
rhilos.'phüol. Classe. Sitzung vom 2, November 1895.
N. Wecklein: Beiträge zur Kritik des Enripides .... 479
Historische Classe. Sitzung vom 2, November 1895,
•W. Preger: Ueber eine noch unbekannte Schrift Sates . . 477
"^H. Simonsfeld: Neue Beiträge zum päpstlichen Urkunden-
wesen im Mittelalter und zur Geschichte des 14. Jahr-
hunderts 477
OeffentUche Sitzung zu Ehren Seiner Majestät des Königs und
Seiner KönigL Hoheit des Prinz-Begenten am 15. November 1895.
M. V. Pettenkofer: Eröfinungsrede 544
Wahlen 649
Philos. -philo!. Classe. Sitzung vom 7, Dezefnber 1895.
*lw, V.Müller: Ueber die Unechtheit der dem Galen beige-
legten Schrift über die beste medicinische Schule . . 660
G. Ungar: Zu Josephos. I. Die unpassend eingelegten Senatus-
consulte 661
R. Simon: Ueber einige Commentatoren des Yajurveda . . 605
Historische Classe. Sitzung vom 7. Dezember 1895.
*S. Riezler: Geschichte der Hexenprocesse in Bayern bis zum
Ende des 30jährigen Krieges 660
Einsendung von Druck.scliriften 661
Register 676
Akademische Buchdruckerei von F. Straub in MQneheo.
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